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03.07.2012

Eurocodes 2012 - Auswirkungen auf Bauverträge

Bei den Eurocodes (bauaufsichtlich eingeführt am 01. Juli 2012) handelt es sich um europaweit vereinheit-lichte technische Normen (EN) im Bauwesen, die vom Europäischen Komitee für Normung (CEN) verfasst wurden. Konkret handelt es sich um einheitliche Regeln für die Bemessung und Konstruktion von Ingeni-eurbauwerken. Dieses europäische Regelwerk gilt für 27 EU-Staaten und 4 EFTA-Länder (Norwegen, Schweiz, Liechtenstein, Island).

Aufbau der Eurocodes

Eurocodes sind – wie DIN-Normen – keine Rechtsnormen sondern private technische Normen mit Empfeh-lungscharakter, die die einheitliche Planung, Bemessung und Ausführung von baulichen Anlagen in Europa ermöglichen sollen. Derzeit gibt es 10 Eurocodes mit insgesamt 58 Teilen und über 5.200 Seiten:

Eurocode 0: Grundlagen der Tragwerksplanung (DIN EN 1990)

Eurocode 1: Einwirkungen auf Tragwerke (DIN EN 1991)

Eurocode 2: Bemessung und Konstruktion von Stahlbeton- und Spannbetontragwerken (DIN EN 1992)

Eurocode 3: Bemessung und Konstruktion von Stahlbauten (DIN EN 1993)

Eurocode 4: Bemessung und Konstruktion von Verbundtragwerken aus Stahl und Beton (DIN EN 1994)

Eurocode 5: Bemessung und Konstruktion von Holzbauten (DIN EN 1995)

Eurocode 6: Bemessung und Konstruktion von Mauerwerksbauten (DIN EN 1996)

Eurocode 7: Entwurf, Berechnung und Bemessung in der Geotechnik (DIN EN 1997)

Eurocode 8: Auslegung von Bauwerken gegen Erdbeben (DIN EN 1998)

Eurocode 9: Berechnung und Bemessung von Aluminiumkonstruktionen (DIN EN 1999)

Nationale Anhänge

Die Eurocodes geben zu bestimmten Parametern Empfehlungen, denen ein Mitgliedstaat folgen kann, oder von denen er durch eigene Festlegungen in einem Nationalen Anhang (NA) abweichen kann. Die Euro-codes sind daher immer zusammen mit dem Nationalen Anhang des jeweiligen Landes anzuwenden.

In den Nationalen Anhängen haben die Mitgliedstaaten die Möglichkeit, die in den Eurocodes angegebenen national zu bestimmenden Parameter festzulegen. Diese nationale Festlegung ermöglicht es, den Eurocode an spezielle landesspezifische Anforderungen anzupassen, die sich zum Beispiel aus den vorherrschenden klimatischen und geografischen Bedingungen ergeben.

Verbindliche Einführung zum 1. Juli 2012

Die Fachkommission Bautechnik der Bauministerkonferenz hat bereits mit Schreiben vom 25. August 2010 darauf hingewiesen, dass die Eurocodes 0, 1, 2, 3, 4, 5, 7 und 9 zum 1. Juli 2012 verbindlich als Techni-sche Baubestimmungen eingeführt werden sollen.

Ab dem 1. Juli 2012 (Stichtagsregelung) gelten dann nur noch die vorgenannten Eurocodes als Technische Baubestimmungen, die korrespondierenden nationalen Normen werden aus der Liste der Technischen Baubestimmungen gestrichen. Mit ihr er Einführung werden die Eurocodes zu gel-tenden bauordnungsrechtlichen Bestimmungen, verlier en damit ihren „reinen“ Empfehlungscharak-ter.

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Herausgeber: Baugewerbliche Verbände, Graf-Recke-Straße 43, 40239 Düsseldorf

Tel. 0211 / 91429-0, Fax: 0211 / 9142931

Verantwortlich: Rechtsanwalt Rolf Zimmermanns

E-Mail: [email protected]

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Auswirkungen der Eurocodes auf Bauverträge

Die bauaufsichtliche Einführung zum Stichtag 1. Juli 2012 hat Auswirkungen auf neu abzuschließende aber auch auf bereits abgeschlossene Bauverträge. Zum einen hat der Auftragnehmer die gesetzlichen und be-hördlichen – also auch die bauordnungsrechtlichen – Bestimmungen zu beachten, § 4 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 VOB/B. Zum anderen hat er die anerkannten Regeln der Technik einzuhalten (§§ 4 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2, 13 Abs. 1 Satz 2 VOB/B).

Eurocodes als anerkannte Regeln der Technik

Allgemein anerkannte Regeln der Technik sind die Summe der im Bauwesen anerkannten wissenschaftli-chen, technischen und handwerklichen Erfahrungen, die durchweg bekannt und als richtig und notwendig anerkannt sind.

DIN-Normen geben nicht per se die allgemein anerkannten Regeln der Technik wieder. Sie können die an-erkannten Regeln der Technik widerspiegeln aber auch hinter ihnen zurück bleiben. Nach der Rechtspre-chung des Bundesgerichtshofs geht mit der Beachtung von DIN-Normen jedoch zunächst die widerlegbare Vermutung einher, dass die Leistung den anerkannten Regeln der Technik entspricht.

Aufgrund der derzeit fehlenden Praxiserprobung der Eurocodes gibt es zu der Frage, ob die Euro-codes heute schon die anerkannten Regeln der Techni k wiedergeben, noch keine Rechtsprechung. Auch wenn die bauordnungsrechtliche Einführung der Eurocodes am 1. Juli 2012 nicht mit der Fra-ge gleichzusetzen ist, ab wann die Eurocodes anerka nnte Regeln der Technik im Sinne des Zivil-rechts darstellen, ist davon auszugehen, dass die E urocodes ab 1. Juli 2012 mit einiger Wahrschein-lichkeit als anerkannte Regeln der Technik anzusehe n sind.

Zeitpunkt der Abnahme entscheidend

Im Zeitpunkt der Abnahme muss das Werk frei von Mängeln sein. Die Bauleistung muss folglich zum Zeit-punkt der Abnahme u.a. den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechen (vgl. BGH, Urteil vom 14. Mai 1998 – VII ZR 184/97).

Ändern sich zwischen Vertragsschluss und Abnahme der Werkleistung die anerkannten Regeln der Tech-nik, schuldet der Bauunternehmer die Einhaltung der im Zeitpunkt der Abnahme gültigen anerkannten Re-geln der Technik. Er muss seine Leistung folglich an die geänderten Normen anpassen und diese bei der Ausführung seiner Leistung beachten. Problematisch sind also diejenigen Fälle, in denen zwischen Ver-tragsschluss und Abnahme eine Änderung der allgemein anerkannten Regeln der Technik eintritt.

Bauordnungsrechtlich tritt aufgrund der Stichtagsregelung eine Änderung zum 1. Juli 2012 ein, die von den Bauunternehmen zu beachten ist. Da die Eurocodes am 1. Juli 2012 zu geltenden bauo rdnungsrechtli-chen Bestimmungen und die korrespondierenden nation alen Normen aus der Liste der Technischen Baubestimmungen gestrichen werden, sind aus bauordn ungsrechtlicher Sicht ab diesem Zeitpunkt allein die Eurocodes maßgebend.

Im Verhältnis zum Auftraggeber – also aus zivilecht licher Sicht – kommt es hingegen entscheidend darauf an, welche anerkannten Regeln der Technik im Zeitpunkt der Abnahme gelten. Da nicht mit Bestimmtheit vorhergesehen werden kann, ab welchem Zeitpunkt die Eurocodes die anerkannten Regeln der Technik wiederspiegeln, sollten diese au ch aus zivilrechtlicher Sicht ab 1. Juli 2012 ein-gehalten werden. Es spricht einiges dafür, mit bauo rdnungsrechtlicher Einführung der Eurocodes diese auch als anerkannte Regel der Technik anzuseh en.

Abnahme nach dem 1. Juli 2012

Geht man davon aus, dass die eingeführten Eurocodes ab 1. Juli 2012 als anerkannte Regeln der Technik anzusehen sind, so schuldet der Bauunternehmer im Zeitpunkt der Abnahme die Einhaltung der Eurocodes. Bei Verträgen, bei denen die Abnahme nach dem Stichtag 1. Juli 2012 erfolgt, sind somit regelmäßig die Eurocodes einzuhalten.