Europäische Standards für die Präanalytik von Patientenproben

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706 BIOTECHNOLOGIE BIOspektrum | 06.11 | 17. Jahrgang Molekulare Diagnostik Europäische Standards für die Präanalytik von Patientenproben RAINER SCHMIDT, MARGIT HEINRICH DIN – DEUTSCHES INSTITUT FÜR NORMUNG E. V., BERLIN ó Der Bedarf an standardisierten Technolo- gien, die auf dem Gebiet der molekularen Dia- gnostik für Zuverlässigkeit sorgen, zeigt sich auch an der europäischen Forschungsinitia- tive SPIDIA (Standardization and improvement of generic pre-analytical tools and procedures for in-vitro diagnostics), die im Herbst 2008 ihre Arbeit aufgenommen hat. Das auf vier Jahre begrenzte und von der Europäischen Kommission finanzierte Pro- jekt soll Standards für die präanalytische Gewinnung, Handhabung und Verarbeitung von Patientenproben schaffen und damit Nut- zen und Potenzial der in vitro-Diagnose in ganz Europa erweitern. Untersuchungen haben gezeigt, dass die Entnahme, Behandlung und Verarbeitung des Probenmaterials kritisch für die spätere Ana- lyse von RNA-, DNA- oder Protein-Profilen ist. Je nach Vorgehensweise können sich die dia- gnostischen Marker ohne eine funktionie- rende Stabilisierung während der Zeit zwi- schen Entnahme der Probe und Analyse zum Teil drastisch verändern und so zu verfälsch- ten oder unbrauchbaren Ergebnissen führen. Trotz der großen Bedeutung der molekula- ren Diagnostik in ganz Europa, gibt es bisher noch keine standardisierten Abläufe für die entscheidende Probenvorbereitung. Die von unterschiedlichen Verfahren erhaltenen Ergebnisse sind daher oft kaum vergleichbar. Die Erarbeitung von Standards zur Prä- analytik hat zum Ziel, reproduzierbare Ergeb- nisse und damit eine höhere Akzeptanz der Anwendung im klinischen Labor und letzt- lich eine größere Verbreitung der Methoden der molekularen Diagnostik zu erreichen. Auch im Hinblick auf die immer stärker in den Vordergrund rückenden individuellen Patiententherapien, die eine verlässliche molekulare Diagnostik voraussetzen, sind standardisierte Technologien wünschenswert. Das Projekt SPIDIA ist ein Zusammen- schluss von 16 Partnern aus elf Ländern, dem Firmen wie TATAA BIOCENTER AB, PreAna- lytix GmbH (ein QIAGEN/BD-Unternehmen), DIAGENIC ASA, Aros Applied Biotechno- logy A/S, Dako Denmark A/S, NOVAMEN, ImmunID Technologies und akademische Einrichtungen wie die Universitäten Mün- chen, Florenz, Graz und Rotterdam sowie öffentliche Institute wie das Institut für Bio- technologie der Tschechischen Akademie der Wissenschaften in Prag und das Institut für Medizinische Statistik und Biometrie von Fondazione IRCCS Instituto Nazionale dei Tumori in Mailand angehören. Das Projekt wird von der QIAGEN GmbH in Hilden koor- diniert. Mehr Informationen sind erhältlich unter www.spidia.eu. Das Forschungskonsortium SPIDIA speist seine Ergebnisse in das Europäische Nor- mungskomitee CEN/TC 140 „In vitro dia- gnostic medical devices“ ein. Diese Aufgabe kommt dem Deutschen Institut für Normung e. V. (DIN) als Partner des Forschungspro- jekts SPIDIA zu, da das Sekretariat des CEN/TC 140 vom Normenausschuss Medizin (NAMed) im DIN e. V. geführt wird. Eine Arbeitsgruppe des CEN/TC 140 wird in Kür- ze ein erstes Arbeitspapier für eine Europä- ische Norm zur Präanalytik für die molekulare Diagnostik vorbereiten. National werden diese Arbeiten im DIN in einem Arbeitsausschuss des NAMed (www.named.din.de) gespiegelt. Das DIN fun- giert als „runder Tisch“, an dem Vertreter der interessierten Kreise konsensbasierte Nor- men markt- und zeitgerecht erarbeiten (www.normung.din.de). An diesen Norm-Projekten interessierte Experten können ihre Interessen über das DIN europäisch und international einbrin- gen und so auf den Inhalt der entstehenden Normen direkt Einfluss nehmen. Zusehends wird das Einbringen von Forschungsergeb- nissen in die Normung wichtig für die Repu- tation eines Wissenschaftlers. Netzwerke auf europäischer und internationaler Ebene ent- stehen, die z. B. auch bei der Beantragung von europäischen Forschungsprojekten hilf- reich sind. Es findet ein Informationsaus- tausch mit Herstellern und Anwendern statt und eigene Forschungsaktivitäten werden dort bekannt. ó Rainer Schmidt und Margit Heinrich Korrespondenzadresse: Dr. Margit Heinrich NAMed im DIN e. V. Burggrafenstraße 6 D-10787 Berlin Tel.: 030-2601-2071 Fax: 030-2601-42071 [email protected] www.named.din.de DOI: 10.1007/s12268-011-0113-4

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706 BIOTECHNOLOGIE

BIOspektrum | 06.11 | 17. Jahrgang

Molekulare Diagnostik

Europäische Standards für die Präanalytikvon PatientenprobenRAINER SCHMIDT, MARGIT HEINRICH

DIN – DEUTSCHES INSTITUT FÜR NORMUNG E. V., BERLIN

ó Der Bedarf an standardisierten Technolo-gien, die auf dem Gebiet der molekularen Dia-gnostik für Zuverlässigkeit sorgen, zeigt sichauch an der europäischen Forschungsinitia-tive SPIDIA (Standardization and improvementof generic pre-analytical tools and proceduresfor in-vitro diagnostics), die im Herbst 2008ihre Arbeit aufgenommen hat.

Das auf vier Jahre begrenzte und von derEuropäischen Kommission finanzierte Pro-jekt soll Standards für die präanalytischeGewinnung, Handhabung und Verarbeitungvon Patientenproben schaffen und damit Nut-zen und Potenzial der in vitro-Diagnose inganz Europa erweitern.

Untersuchungen haben gezeigt, dass dieEntnahme, Behandlung und Verarbeitung desProbenmaterials kritisch für die spätere Ana-lyse von RNA-, DNA- oder Protein-Profilen ist.Je nach Vorgehensweise können sich die dia-gnostischen Marker ohne eine funktionie-rende Stabilisierung während der Zeit zwi-schen Entnahme der Probe und Analyse zumTeil drastisch verändern und so zu verfälsch-ten oder unbrauchbaren Ergebnissen führen.

Trotz der großen Bedeutung der molekula-ren Diagnostik in ganz Europa, gibt es bishernoch keine standardisierten Abläufe für dieentscheidende Probenvorbereitung. Die vonunterschiedlichen Verfahren erhaltenenErgebnisse sind daher oft kaum vergleichbar.

Die Erarbeitung von Standards zur Prä-analytik hat zum Ziel, reproduzierbare Ergeb-

nisse und damit eine höhere Akzeptanz derAnwendung im klinischen Labor und letzt-lich eine größere Verbreitung der Methodender molekularen Diagnostik zu erreichen.Auch im Hinblick auf die immer stärker inden Vordergrund rückenden individuellenPatiententherapien, die eine verlässlichemolekulare Diagnostik voraussetzen, sindstandardisierte Technologien wünschenswert.

Das Projekt SPIDIA ist ein Zusammen-schluss von 16 Partnern aus elf Ländern, demFirmen wie TATAA BIOCENTER AB, PreAna-lytix GmbH (ein QIAGEN/BD-Unternehmen),DIAGENIC ASA, Aros Applied Biotechno-logy A/S, Dako Denmark A/S, NOVAMEN,ImmunID Technologies und akademischeEinrichtungen wie die Universitäten Mün-chen, Florenz, Graz und Rotterdam sowieöffentliche Institute wie das Institut für Bio-technologie der Tschechischen Akademie derWissenschaften in Prag und das Institut fürMedizinische Statistik und Biometrie vonFondazione IRCCS Instituto Nazionale deiTumori in Mailand angehören. Das Projektwird von der QIAGEN GmbH in Hilden koor-diniert. Mehr Informationen sind erhältlichunter www.spidia.eu.

Das Forschungskonsortium SPIDIA speistseine Ergebnisse in das Europäische Nor-mungskomitee CEN/TC 140 „In vitro dia-gnostic medical devices“ ein. Diese Aufgabekommt dem Deutschen Institut für Normunge. V. (DIN) als Partner des Forschungspro-jekts SPIDIA zu, da das Sekretariat desCEN/TC 140 vom Normenausschuss Medizin(NAMed) im DIN e. V. geführt wird. EineArbeitsgruppe des CEN/TC 140 wird in Kür-ze ein erstes Arbeitspapier für eine Europä-ische Norm zur Präanalytik für die molekulareDiagnostik vorbereiten.

National werden diese Arbeiten im DINin einem Arbeitsausschuss des NAMed(www.named.din.de) gespiegelt. Das DIN fun-giert als „runder Tisch“, an dem Vertreter derinteressierten Kreise konsensbasierte Nor-men markt- und zeitgerecht erarbeiten(www.normung.din.de).

An diesen Norm-Projekten interessierteExperten können ihre Interessen über dasDIN europäisch und international einbrin-gen und so auf den Inhalt der entstehendenNormen direkt Einfluss nehmen. Zusehendswird das Einbringen von Forschungsergeb-nissen in die Normung wichtig für die Repu-tation eines Wissenschaftlers. Netzwerke aufeuropäischer und internationaler Ebene ent-stehen, die z. B. auch bei der Beantragungvon europäischen Forschungsprojekten hilf-reich sind. Es findet ein Informationsaus-tausch mit Herstellern und Anwendern stattund eigene Forschungsaktivitäten werdendort bekannt. ó

Rainer Schmidt und Margit Heinrich

Korrespondenzadresse:

Dr. Margit HeinrichNAMed im DIN e. V.Burggrafenstraße 6D-10787 BerlinTel.: 030-2601-2071Fax: [email protected]

DOI: 10.1007/s12268-011-0113-4