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Abschlussbericht Evaluierung und Fortentwicklung der Rettungskette bei medizinischen Notfällen in Offshore-Windparks Kurztitel: Rettungskette Offshore Wind II (ROW II) gefördert von der Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse (BG ETEM) vorgelegt unter der Leitung von Prof. Dr. med. Christian Jürgens und Dr. rer. nat. Nils Weinrich BG Klinikum Hamburg Hamburg, 31.08.2017

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Abschlussbericht

Evaluierung und Fortentwicklung der Rettungskette bei medizinischen Notfällen

in Offshore-Windparks

Kurztitel: Rettungskette Offshore Wind II (ROW II)

gefördert von der Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse

(BG ETEM)

vorgelegt unter der Leitung von

Prof. Dr. med. Christian Jürgens und

Dr. rer. nat. Nils Weinrich

BG Klinikum Hamburg

Hamburg, 31.08.2017

Der vorliegende Abschlussbericht fasst die Ergebnisse der Arbeiten im Forschungsprojekt „Rettungskette Offsho-re Wind II“ (ROW II) zusammen. ROW II wurde mit Förderung der Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse (BG ETEM unter dem Titel „Evaluierung und Fortentwicklung der Rettungskette bei medizini-schen Notfällen in Offshore-Windparks (Kurztitel: Rettungskette Offshore Wind II)“ durchgeführt.

Der Abschlussbericht wurde nach bestem Wissen und mit der erforderlichen Sorgfalt entsprechend dem Kennt-nisstand der Autoren zum Projektstand 31.08.2017 abgefasst. Die in dem Bericht geäußerten Ansichten und Meinungen der Autoren müssen nicht mit denen ihrer jeweiligen Organisation übereinstimmen.

Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die vollständige oder auszugsweise Veröffentlichung bzw. Vervielfälti-gung des Berichts bedarf der vorherigen schriftlichen Zustimmung des BG Klinikums Hamburg.

Autoren des Berichts (in alphabetischer Reihenfolge):

Dr. rer. nat. Dirk Dethleff

Prof. Dr. med. Christian Jürgens

Birgitt Kowald

Dr. med. Markus Stuhr

Dr. rer. nat. Nils Weinrich

BG Klinikum Hamburg

Bergedorfer Straße 10

21033 Hamburg

© ROW, BGKH 2017

Vorwort

Der vorliegende Bericht stellt die Erkenntnisse und Ergebnisse dar, die während der Arbeiten im Forschungsprojekt „Rettungskette Offshore Wind II“ (ROW II) gewonnen wurden. Das Projekt wurde von März 2015 bis Mai 2017 im Rahmen einer Förderung durch die Berufsge-nossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse (BG ETEM) durchgeführt. Ziel des Projekts war die Evaluierung und Fortentwicklung der Rettungskette bei medizinischen Not-fällen in Offshore-Windparks, deren wissenschaftliche Grundlagen im Vorgängerprojekt „Er-arbeitung eines Rettungskettenkonzepts für Unfallverletzte in Offshore-Windenergieanlagen“, gefördert von der Berufsgenossenschaft Handel und Warenlogistik (BGHW), erarbeitet wur-den. Der Bericht soll den für den Arbeits- und Gesundheitsschutz zuständigen inner- und außerbetrieblichen Stellen Hilfestellung und Orientierung bei der Gestaltung und Sicherstel-lung der Rettungskette in dieser noch jungen Arbeitsumgebung bieten und richtet sich somit sowohl an die Unternehmen und privaten Institutionen, als auch an die Behörden und öffent-lichen Einrichtungen, welche in diesem Bereich tätig sind.

Die kontinuierliche Unterstützung und Diskussionsbereitschaft seitens der BG ETEM wäh-rend der Durchführung der Forschungsarbeiten, die aktive Zu- und Mitarbeit zahlreicher wei-terer Berufsgenossenschaften, welche für die Arbeitnehmer1 und Arbeitgeber im deutschen Offshore-Windbereich zuständig sind, sowie die Wertschätzung und Unterstützung der For-schungsarbeiten durch die Unternehmen selbst, die Offshore-Windparks und ihre Netzan-bindung ans Festland in deutschen Gewässern errichten, betreiben und betreuen, haben maßgeblich zur erfolgreichen Ausgestaltung und Erstellung des vorliegenden Berichts beige-tragen. Ihnen allen – und besonders unserem Wissenschaftlichen Beirat – gilt unser Dank für das während des Projekts entgegengebrachte Vertrauen und Engagement, die zahlreichen fruchtbaren Diskussionen und die stets positive Zusammenarbeit.

Namentlich möchten wir an dieser Stelle insbesondere Herrn Dr. med. Gerhard Kraus, ehem. Fachgebietsleiter Arbeitsmedizin / Arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren der BG ETEM, danken, der uns als Ansprechpartner bei der BG ETEM für das Forschungsprojekt ein fort-währender Diskussionspartner war und uns jederzeit mit Rat und Tat unterstützt hat.

Dank gilt zudem unseren Kolleginnen und Kollegen am BG Klinikum Hamburg, die unsere Forschungsarbeit mit großem Engagement und Interesse begleitet und unterstützt haben. Ebenfalls gilt unser ausdrücklicher Dank der Geschäftsführung des BG Klinikums Hamburg für die Schaffung eines herausragenden Arbeitsumfeldes sowie für die fortwährende und unkomplizierte Unterstützung, um dieses Forschungsprojekt im Sinne des Leitgedankens aus dem SGB VII „Heilen und Helfen mit allen geeigneten Mitteln“ durchführen zu können.

1 In dem vorliegenden Bericht wird zur Erleichterung des Leseflusses bei Personenangaben die männliche Form

verwendet. Diese schließt die weibliche Form ein.

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Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis .................................................................................................................... i

Abkürzungsverzeichnis.......................................................................................................... iii

Kurzzusammenfassung ......................................................................................................... 1

1 Einleitung ....................................................................................................................... 4

2 Rettungsrelevante Meeres- und Umweltbedingungen .................................................... 8

2.1 Zusammenfassung .................................................................................................. 8

2.2 Einleitung, Fragestellung und Zielsetzung ............................................................... 8

2.3 Methodik ................................................................................................................11

2.4 Ergebnisse .............................................................................................................12

2.4.1 Zusammensetzung Grundgesamtheit der befragten Luftrettungsmitarbeiter ...12

2.4.2 Beantwortungsqualität und semi-quantitative Ergebnisse ................................12

2.4.3 Quantitative Ergebnisse ..................................................................................13

2.5 Diskussion ..............................................................................................................20

2.6 Schlussfolgerungen und Ausblick ...........................................................................21

3 Retrospektive Analyse des Unfall- und Erkrankungsgeschehens ..................................22

3.1 Zusammenfassung .................................................................................................22

3.2 Einleitung ...............................................................................................................22

3.3 Methodik ................................................................................................................24

3.4 Ergebnisse .............................................................................................................25

3.4.1 Ergebnisse der Auswertung nach allgemeinen Kategorien ..............................25

3.4.2 Ergebnisse der Auswertung nach speziellen Kategorien .................................33

3.5 Diskussion ..............................................................................................................38

3.6 Ausblick ..................................................................................................................39

4 Erste Hilfe .....................................................................................................................40

4.1 ROW-Workshop „Erste Hilfe in Offshore-Windparks“ .............................................40

4.2 Empirische Befragung von Trainingsteilnehmern zu Unfallkontexten und Verletzungsmustern ..........................................................................................................41

4.2.1 Zusammenfassung ..........................................................................................42

4.2.2 Einleitung, Fragestellung und Zielsetzung .......................................................43

4.2.3 Methodik .........................................................................................................43

4.2.4 Ergebnisse ......................................................................................................45

4.2.5 Diskussion, Schlussfolgerungen und Fehlerdiskussion ...................................53

5 Telekonsultation ............................................................................................................58

5.1 Zusammenfassung .................................................................................................58

5.2 Einleitung ...............................................................................................................59

5.3 Methodik ................................................................................................................59

5.4 Ergebnisse .............................................................................................................59

5.5 Diskussion ..............................................................................................................61

5.6 Ausblick ..................................................................................................................61

ii

6 Rettungsdienstliche Weiterversorgung ..........................................................................62

6.1 Zusammenfassung .................................................................................................62

6.2 Einleitung ...............................................................................................................62

6.3 Methodik ................................................................................................................62

6.4 Ergebnisse .............................................................................................................63

6.5 Diskussion ..............................................................................................................69

6.6 Ausblick ..................................................................................................................70

7 Zusammenfassung und Ausblick ...................................................................................71

Literaturverzeichnis ..............................................................................................................72

Anhang A: Tabelle Statistische Kennwerte Umweltfaktoren .................................................76

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Abkürzungsverzeichnis

ABS American Bureau of Shipping

AG Arbeitsgruppe

ArbSchG Arbeitsschutzgesetz

AWZ Ausschließliche Wirtschaftszone

BG ETEM Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse

BMU Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

BMVI Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur

DGAI Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin

DGUV Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung

DGzRS Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger

DIMDI Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Information

DIVI Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin

ESAW Europäische Statistik über Arbeitsunfälle

GW Gigawatt

GWh Gigawattstunden

HEMS-TC Helicopter Emergency Medical Service Technical Crew Member

ICD Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme

MW Megawatt

n/a not available

NotSan Notfallsanitäter

NSB3 Nordseeboje 3

ONRT Offshore-Notfall-Reaktions-Team

OWEA Offshore-Windenergieanlagen

PLB Personal Locator Beacon

PSAgA Persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz

RettAss Rettungsassistent

ROW Rettungskette Offshore Wind

RTH Rettungshubschrauber

SART Search and Rescue Transponder

SGB VII Siebtes Buch Sozialgesetzbuch

TemRas Telemedizinisches Rettungsassistenzsystem

TMAS Telemedical Maritime Assistance Service

TNA Telenotarzt

WEA Windenergieanlage

WHO Weltgesundheitsorganisation

ZeMOR Zentrales Medizinische Offshore Register

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Kurzzusammenfassung

Ziel des Forschungsprojekts „Rettungskette Offshore Wind II“ war das bisher erarbeitete Konzept einer innovativen Rettungskette für medizinische Notfälle bei Bau und Betrieb von Offshore-Windparks zu evaluieren und fortzuschreiben. Aufbauend auf den Erkenntnissen und Ergebnissen des Vorgängerprojekts „Erarbeitung eines Rettungskettenkonzepts für Un-fallverletzte in Offshore-Windenergieanlagen“ sowie relevanter anderer Forschungsarbeiten sollten zudem sowohl die Möglichkeiten als auch die Grenzen aufgezeigt werden, die aktuell bei der Gestaltung der Rettungskette zu nutzen, respektive zu berücksichtigen sind. Das Projekt wurde von März 2015 bis Mai 2017 im Rahmen einer Förderung durch die Berufsge-nossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse (BG ETEM) am BG Klinikum Ham-burg durchgeführt.

Zwecks Erfassung von belastbaren Aussagen zur Rettungsrelevanz von 61 Offshore-Umweltparametern wurden Befragungen von Rettungspersonal bei einem deutschen Offsho-re-Luftrettungsdienstleister durchgeführt. Die Grundgesamtheit der Befragten setzte sich aus folgenden Berufsgruppen zusammen: Piloten (37 %), Notärzte (25 %), Hoist Operator (21 %) und Rettungsassistenten bzw. Notfallsanitäter (17 %). Bei den Befragungen wurden Umwelt-faktoren wie „Windböen“, „Windhose/Tornado“, „Hagel“, „Seenebel“, „Hubschrauberverei-sung“ und „Dunkelheit“ berufsgruppenübergreifend als erhöht rettungsrelevante Offshore-Parameter benannt. Bei anderen Faktoren (z. B. Strömung, Eigenblendung Leuchtmittel, mangelnde Unterscheidbarkeit Himmel/Wasser, optische/autokinetische Illusionen) konnten berufsgruppenspezifisch unterschiedliche Einschätzungen zur Rettungsrelevanz des jeweili-gen Offshore-Parameters abgeleitet werden.

Der retrospektiven Analyse des Unfall- und Erkrankungsgeschehens lagen Informationen zu 1.732 medizinischen Ereignisse im Zeitraum 2008 bis 2016 zugrunde. Diese unterteilten sich in 902 Verletzungen (52,1 %), 823 Erkrankungen (47,5 %) und sieben unklare Ereignisse (0,4 %). Die Ereignisse fanden zu 57,6 % (998 Fälle) während der Bauphase und zu 42,4 % (734 Fälle) während der Inbetriebnahme- und Betriebsphase statt. Als überwiegender Unfall- und Erkrankungsort traten die Errichterschiffe (38,6 % der Fälle) und die Plattformen (28,1 %) in den Vordergrund. Untergeordnet fanden die medizinischen Ereignisse auch auf Windenergieanlagen (17,7 %) und sonstigen Schiffen (14,7 %) statt. Bei alleiniger Betrach-tung der Unfälle fanden diese vorwiegend auf Windenergieanlagen (30,7 %) und Errichter-schiffen (29,4 %) sowie nachgeordnet auf Plattformen (21,4 %) und sonstigen Schiffen (17,1 %) statt. Bei individueller Betrachtung der Windenergieanlagen (WEA) fanden hier deutlich überwiegend Unfälle (90,2 %) statt, Erkrankungen traten dagegen in den Hinter-grund (9,5 %). Durch äußere mechanische Einwirkungen (z. B. „geraten in“, „getroffen von“ etc.) bedingte Unfälle standen mit 55,7 % deutlich im Vordergrund, gefolgt von sogenannten SRS-Unfällen (Stolpern/Rutschen/Stürzen) mit 23,1 %. Bei den Verletzungsarten standen Kontusionen (29,5 %), Schnittwunden (15,7 %), Distorsionen (13,0 %), sonstige Wunden (12,6 %) und Augenverletzungen (10,0 %) im Vordergrund. Bei den verletzten Körperregio-nen waren vornehmlich die oberen und unteren Extremitäten (Summe: ~66 %) sowie der Kopf (~19 %) betroffen. Bei den verletzten Körperteilen war zu 33,4 % die Hand betroffen gefolgt von Bein- einschl. Knie- (ca. 10,9 %), Fuß- einschl. Fußknöchel- (10,6 %), Augen- (10,0 %) sowie Schulter- und Armverletzungen (8,4 %). Weitere Verletzungen am Kopf wa-ren mit in Summe ca. 8 % vertreten. Die hauptsächlichen Erkrankungsarten standen im Zu-sammenhang mit Schmerzen (31,0 %) sowie Beschwerden des Atmungssystems (28,6 %) gefolgt von Hauterkrankungen (8,1 %) und Erkrankungen des Verdauungssystems (6,2 %). Als häufigste Diagnose gemäß ICD-Klassifikation zeigte sich die offene Wunde des Handge-lenkes und der Hand mit 8,0 %, gefolgt von akuter Rhinopharyngitis (Erkältungsschnupfen) mit 7,3 % sowie die oberflächliche Verletzung des Handgelenkes und der Hand mit 7,0 %. Aber auch Rückenschmerzen (4,9 %) und Fremdköper im Auge (4,4 %) sind relativ häufig vertreten. In insgesamt 295 Fällen (24,1 %) wurde eine Evakuierung des Patienten durchge-führt, davon in 225 Fällen per Hubschrauber (18,4 %) und in 70 Fällen per Schiff (5,7%). Bei etwa 46 % der 225 Hubschrauber-Evakuierungen waren unfallverletzte Personen betroffen.

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Die Aussagen der befragten Trainingsteilnehmer zur Häufigkeit von Unfall- und Verletzungs-vorkommnissen in deutschen Offshore-Windparks zeigten in ihrer Gesamtheit wesentliche Übereinstimmungen mit den statistischen Auswertungen des ROW-Forschungsprojekts. So haben die Befragten das hohe Maß an „persönlichen Unfallursachen“ erkannt und die Wind-energieanlagen sowie Schiffe als Haupt-Unfallorte erfasst. Auch wurden „mechanische Um-stände“ sowie „Stolpern/Rutschen/Stürzen“ von den Befragten als Haupt-Unfallarten reali-siert. Die Trainingsteilnehmer sahen ebenfalls einen primären Unfallzusammenhang zu Mon-tage- und Reparaturprozessen, welche wiederum vornehmlich mit manuellen Tätigkeiten als Unfall-relevante Arbeitsprozesse und spezifische Tätigkeiten einhergehen. Das deutlich er-höhte Auftreten von Distorsionen, Kontusionen und offenen Wunden als Haupt-Verletzungsarten wurde von den Befragten ebenso erkannt wie die Extremitäten und der Bereich Kopf/Gesicht als überwiegend verletzte Körperteile. Auch bei den Haupt-Unfalltageszeiträumen „morgens“, „nachmittags“ und „abends“ gab es wesentliche Überein-stimmengen mit den Erkenntnissen des ROW- Forschungsprojekts. Weniger Übereinstim-mungen bzw. sogar deutliche Abweichungen zwischen den Erhebungen im Trainingsumfeld und den statistischen Analysen des ROW-Forschungsprojektes zeigten sich jedoch in Teil-aspekten der Fragen zu „Unfallorten“, „Unfallarten“, „spezifischen Tätigkeiten“ sowie „Verlet-zungsarten“ und „verletzte Körperteile“. So wurden beispielsweise „Elektrische Anlagen“ als häufiger Unfallort eingeschätzt. Einhergehend damit wurden Elektro-Unfälle, aber auch ins-besondere Absturzunfälle, als deutlich häufiger vorkommend eingestuft, als statistisch er-fasst. Die Verletzungsarten „Stromschlag“ und „Knochenbruch“ wurden ebenfalls durch die Befragten im Vergleich zu den statistischen Erkenntnissen überbetont. Das „Wissensverhält-nis“ im Berufsgruppenvergleich zwischen den technischen Berufsgruppen (Techniker, Indust-riekletterer, Taucher etc.) und den Führungskräften bzw. „Multiplikatoren“ (Ingenieure, HSE-Manager, Nautiker, Mediziner, Wissenschaftler) deutet überdies an einigen Punkten darauf hin, dass spezifische Inhalte unter Umständen dezidierter an die Gruppe der Multiplikatoren herangetragen werden sollten. Primärursachen wie „Persönliche Sorgen/Ängste“, „Private Probleme“ und „Suchtmittelmissbrauch“ sollten im Trainingsumfeld vom Trainer/Dozenten unter fachkundiger medizinischer bzw. arbeitspsychologischer Begleitung thematisiert und nach Möglichkeit in Gruppen oder Einzelgesprächen diskutiert werden.

Eine zunehmend wichtige Rolle spielen in der Offshore-Rettung Instrumente, die es gestat-ten, den Ersthelfer und professionelle Rettungskräfte (Rettungsassistenten/Notfallsanitäter) bei der Einleitung und Durchführung entsprechender Maßnahmen in Echtzeit zu unterstüt-zen. Am Klinikum Oldenburg ist beispielsweise eine Telemedizin-Zentrale zur telemedizini-schen Versorgung von Offshore-Windparks und anderen Regionen ohne direkte ärztliche Akutversorgung entstanden. Dort ist permanent ein entsprechend qualifizierter Arzt verfüg-bar, der sich mittels Vitaldatenübertragung sowie hochauflösender Audio- und Videosequen-zen ein Bild der Situation machen und dem Ersthelfer sowie dem vor Ort anwesenden Ret-tungsfachpersonal entsprechende Anweisungen geben kann. Die Gesellschaft für Maritimes Notfallmanagement (Tochtergesellschaft der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrü-chiger (DGzRS)) betreibt eine Notfallleitstelle für Offshore-Windparks und verfügt durch eine Kooperation mit der Berliner Universitätsklinik Charité und dem Unfallkrankenhaus Berlin ebenfalls über telemedizinische Unterstützungsangebote. Zudem unterhält die Offshore Response and Safety GmbH mit Sitz in Rastede eine Leitstelle für die Koordination von me-dizinischen Notfällen in Offshore-Windparks inkl. telemedizinischer Unterstützung. Um die Weiterentwicklung dieser Thematik zu fördern, wurde aus dem ROW-Projekt die Diskussi-onsrunde „Boberger Gespräch Telemedizin Offshore“ initiiert, aus der heraus erste Eckpunk-te für eine Adaptation bestehender Strukturempfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) an die Offshore-Umgebung formuliert wurden.

Die notfallmedizinische Versorgung in Offshore-Windparks ist von besonderen Rahmenbe-dingungen geprägt, die dieses Einsatzgebiet signifikant von anderen Einsatzgebieten unter-scheidet. Die Entfernung zum Festland, besondere Umweltbedingungen, Limitationen in der Zugänglichkeit, Arbeiten in Höhen und Tiefen sowie die Weitläufigkeit der Windparks stellen Herausforderungen für die medizinische Versorgung und Rettung von verletzten oder er-krankten Arbeitern dar. Die Anforderungen an Mensch und Technik bedürfen daher einer

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besonderen intensiven Betrachtung. Hinsichtlich der Qualifikationsanforderungen für das auf betrieblichen Rettungshubschraubern eingesetzte Personal wurden im Rahmen von Exper-tenkonferenzen unter dem Dach des Runden Tisches Maritime Sicherheitspartnerschaft ers-te Kriterien, sog. Kompetenzfelder, formuliert. Auch für die schiffsgebundene Rettung als Ergänzung und Rückfallebene zur Luftrettung wurde im Rahmen einer Arbeitsgruppe unter Federführung des ROW-Projekts ein Anforderungskatalog erstellt.

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1 Einleitung

Im Rahmen der Energiewende werden in der deutschen Nord- und Ostsee Offshore-Windparks (OWP) geplant, errichtet und in Betrieb genommen. Bis zum Jahr 2020 sollen Windenergieanlagen mit einer Gesamtleistung von rund 6,5 Gigawatt (GW) und bis zum Jahr 2030 von rund 15 GW in Nord- und Ostsee installiert werden [1], was der Errichtung von mindestens 3.000 Windenergieanlagen der 5-Megawatt-Klasse entspricht.

Die für die Nutzung der Offshore-Windenergie in Deutschland geeigneten Flächen liegen dabei überwiegend in der sog. ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ), d. h. außerhalb der 12-Seemeilen-Zone und damit vergleichsweise weit von der Küste entfernt, was einerseits durch Natur- und Umweltschutzinteressen [1] und andererseits durch die bereits intensive Beanspruchung des Meeres durch Schifffahrt, Fischerei, Marine und andere Nutzungen be-gründet ist.

Abb. 1.1: Mit Stand 01.07. 2017 im Bau befindliche, errichtete und einspeisende Offshore-Windparks in der deut-

schen Nord- und Ostsee (Quelle: Stiftung OFFSHORE-WINDENERGIE).

Mit Stand 30.06.2017 speisten insgesamt 1.055 Offshore-Windenergieanlagen (OWEA) mit einer installierten Gesamtleistung von rund 4,7 GW Strom ins Netz ein. Zudem waren zu diesem Zeitpunkt 54 weitere OWEA mit einer Leistung von ca. 296 Megawatt (MW) vollstän-dig errichtet, die allerdings noch keinen Strom ins Netz einspeisten. Weitere Anlagen mit einer Gesamtleistung von etwa 749 MW befanden sich darüber hinaus zur Jahresmitte 2017 in Bau. [2]

Somit waren Mitte 2017 insgesamt etwa 82% der bis 2020 angestrebten 6,5 GW im Bau, installiert oder bereits in Betrieb (s. a. Abb. 1.2). Einen Überblick über die insgesamt 19 zur Jahresmitte 2017 einspeisenden, errichteten und im Bau befindlichen Windparks in deut-schen Gewässern gibt Abb. 1.1.

Die Stromerzeugung aus Windenergie auf See betrug im Jahr 2016 etwa 12.365 Gigawatt-stunden (GWh) [3], womit rund drei Millionen Haushalte mit Strom versorgt werden können [4]. Im ersten Halbjahr 2017 wurden bereits 8.480 GWh Strom produziert [3], was rund 70 % der gesamten Vorjahresarbeit entspricht.

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Abb. 1.2: Offshore-Leistung in konkreter Umsetzung (d. h. mindestens in Bau befindlich) und ihr Anteil (in Pro-

zent) an dem Ziel von 6.500 MW bis 2020 mit Stand 30.06.2017 (nach [2]).

Trotz größter Anstrengungen in der Primärprävention, die auch für den Offshore-Windbereich höchste Bedeutung hat, sind medizinische Notfälle unterschiedlicher Schwere-grade bei Bau und Betrieb der Offshore-Windparks nicht vollständig auszuschließen. Deren Bewältigung im Sinne einer lückenlosen Versorgung des Notfallpatienten, die am Ort des Geschehens beginnt und in der Klinik endet (siehe Abb. 1.3), bedarf gerade in diesem Be-reich einer besonderen Betrachtung. Zwar können als Grundlage zunächst die allgemein üblichen und etablierten Schemata bei der Bewältigung medizinischer Notfälle dienen, doch müssen zeitliche, räumliche sowie ressourcen- und umweltbezogene Faktoren berücksichtigt werden, die insbesondere in ihrer Kombination einen wesentlichen Einfluss auf die Effektivi-tät und Effizienz der Rettungskette und damit auf das Outcome des Notfallpatienten haben [5, 6]. So sind Leitlinien und Standards, welche sich an Land, in der Schifffahrt oder der Offshore-Öl- und Gasindustrie über mehrere Jahrzehnte etabliert haben, zwar wesentliche Orientierungshilfen, können jedoch nicht ohne entsprechende Modifikation und Adaptierung auf die noch junge Arbeitsumgebung in Offshore-Windparks übertragen werden.

Abb. 1.3: Glieder der Rettungskette vom Eintreten des Notfalls bis zur Übergabe des Patienten im Krankenhaus

(aus [7]).

Die spezifischen Bedingungen bei Bau, Betrieb und Wartung von Windparks auf hoher See erfordern eine spezielle Ausbildung sowie charakteristische Berufs- und Fachkenntnisse des eingesetzten Personals [8]. Auch ist eine an die marine Umwelt und die maritime Arbeitsum-gebung adaptierte Strategie der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes erforderlich, wobei zu berücksichtigen ist, dass insbesondere medizinische Notfälle in dieser Umgebung die Betroffenen und Beteiligten vor besondere Herausforderungen stellen. Im Hinblick auf eine effiziente Erste Hilfe und Notfallrettung sind neben arbeitsstättenspezifischen Aspekten wie enge Räumlichkeiten und große Höhen sowie der Weitläufigkeit der Windparks insbe-

4.749 MW

296 MW

749 MW

706 MW

Mit Netzeinspeisung Installiert ohne Netzeinspeisung

In Bau Zusätzlich umzusetzen bis 2020

10,9 %

4,6 %

73,0 %

11,5 %

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sondere die zum Teil erhebliche Entfernung zum Festland zu berücksichtigen, welche letzt-lich die Eintreffzeit professioneller Hilfe von Land wie auch die Transportzeit in die nächste geeignete Klinik bestimmt [6]. Auch haben die Meeres- und Umweltbedingungen direkten Einfluss auf die Zugänglichkeit zu den Windenergieanlagen und Plattformen sowie auf die generelle Einsatzfähigkeit luft- und wassergebundener Rettungsmittel [8] und sind damit mit-entscheidend für die Durchführbarkeit einer erfolgreichen Notfallversorgung mit entspre-chender Rettung und anschließendem Transport auf das Festland [5].

Zur Unterstützung der Akteure im Offshore-Windbereich in Bezug auf Gestaltung und Si-cherstellung der Rettungskette werden seit Anfang 2012 im Rahmen des Forschungsprojekts „Rettungskette Offshore Wind“ in enger Zusammenarbeit mit den im Bereich Offshore akti-ven Unternehmen sowie den für diesen Bereich relevanten Unfallversicherungsträgern, Be-hörden und Institutionen die wissenschaftliche Grundlagen zur optimalen Ausgestaltung der Rettungskette erarbeitet. Übergeordnetes Ziel ist dabei, diese wissenschaftlichen Grundla-gen für eine optimale Ausgestaltung der Rettungskette nutzbar zu machen sowie ein mög-lichst einheitliches Konzept für die Notfallversorgung und Rettung von verletzten und akut erkrankten Offshore-Arbeitern bei Bau und Betrieb von Offshore-Windparks zu skizzieren.

Vorläufige Analysen von Unfällen bei Bau und Betrieb deutscher Offshore-Windparks im Rahmen der ersten Phase dieses Projekts zeigten, dass sich die Hauptunfallarten (mecha-nisch: ca. 60 %, Stolpern/Rutschen/Stürzen: ca. 25 %, elektrisch: ca. 6 %, Gefahrstoffe: ca. 3 %, Absturz: ca. 2 %) im untersuchten Kollektiv prozentual nicht wesentlich von denen un-terscheiden, welche sich bei Bau und Betrieb von Windenergieanlagen an Land (Onshore) ereignen [5, 9, 10]. Hinzu kamen im Offshore-Bereich Tauchunfälle mit ca. 3 %. Anhand vor-läufiger Betrachtungen von Akuterkrankungen bei Bau und Betrieb von Offshore-Windparks zeigte sich, dass neben unspezifischen Schmerzsymptomatiken (16 %) vor allem respiratori-sche (16 %) sowie gastrointestinale (11 %) Erkrankungen im Vordergrund standen.

Sowohl hinsichtlich der Unfallverletzungen als auch der Akuterkrankungen ergibt sich im Offshore-Bereich jedoch die Besonderheit, dass nicht in jedem Notfall unverzüglich professi-onelle medizinische Hilfe zur Verfügung steht und dass generell ein Krankentransport in die nächste geeignete Klinik aufgrund der Entfernungen auch unter Verwendung von Hub-schraubern deutlich mehr Zeit in Anspruch nimmt als an Land. Daher muss aus medizini-scher Sicht besonderes Augenmerk auf das sogenannte „therapiefreie Intervall“ gelegt wer-den, das die Zeitspanne zwischen Eintritt des Notfalls und dem Beginn qualifizierter medizi-nischer Hilfe bezeichnet [11, 12, 13, 14, 15]. Die Länge dieses Intervalls ist mitentscheidend für das Überleben und die Prognose des Notfallpatienten [11, 12] und somit ein wichtiger prädiktiver Faktor für das Outcome von Notfallpatienten [16].

Um einen ersten Rahmen für die Ausgestaltung der Rettungskette sowie eine erste Pla-nungsgröße für Erste-Hilfe-Maßnahmen und rettungsdienstliche Einsätze im Offshore-Windbereich zu schaffen, wurde im Forschungsprojekt „Rettungskette Offshore Wind“ früh-zeitig die Notwendigkeit zur Forderung einer maximal akzeptablen Zeitspanne zwischen Ein-gang der Notfallmeldung in der zuständigen Leitstelle und dem Eintreffen eines Notarztes am Notfallort identifiziert. Dabei muss allerdings grundsätzlich der Entfernung zum Land sowie der Weitläufigkeit der Windparks Rechnung getragen werden. In Zusammenarbeit mit der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI), dem Hava-riekommando (HK) sowie weiten Teilen der Industrie wurde ein Zeitraum von 60 Minuten bis zur notfallmedizinischen Versorgung in Offshore-Windparks empfohlen [5, 17, 18, 19]. Dieser Zeitraum stellt einen Kompromiss zwischen den notfallmedizinischen Erfordernissen und den ökonomischen Möglichkeiten dar, begründet aber gleichzeitig erhöhte Anforderungen an den Ersthelfer, da dieser eine wesentlich längere Zeit überbrücken muss, als beispielsweise bei vergleichbaren Situationen an Land. Somit bekommen die Maßnahmen der Ersten Hilfe als erstes Glied der Rettungskette in Offshore-Windparks eine herausragende Bedeutung.

Im Rahmen der Projektgruppe „Rettung und Erste Hilfe Offshore“ (REH) des Fachbereichs Erste Hilfe der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) wurden daher Empfeh-lungen ausgearbeitet, welche den Unternehmen Hilfestellung bei der erforderlichen Planung und Umsetzung von Maßnahmen unter den besonderen Bedingungen im Offshore-Bereich

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geben sollen [20]. Leitsätze der erweiterten Erste-Hilfe-Offshore sind dabei im Wesentlichen, eine patientenseitige Verschlechterung des Gesundheitszustandes sowie dauerhafte Folgen bei schweren Arbeitsunfällen und akuten Erkrankungen zu vermeiden, den Ersthelfer nicht allein auf sich gestellt zu lassen und auf worst-case-Situationen vorbereitet zu sein, d. h. Erste-Hilfe-Maßnahmen zur Blutstillung, zum Freihalten der Atemwege, zur Immobilisation bei Frakturen und zur Schmerzbehandlung durchführen zu können [20].

Die rettungsdienstliche Versorgung von Verunfallten oder akut Erkrankten bei Bau und Be-trieb deutscher Offshore-Windparks wurde und wird in erster Linie durch private Unterneh-men im Sinne externer betrieblicher Rettungsdienste sichergestellt und begründet sich ins-besondere in § 3 und § 10 ArbSchG in Verbindung mit dem Fehlen eines öffentlichen Ret-tungsdienstes für diesen Bereich. Bedarf und Notwendigkeit zur Einrichtung eines öffentli-chen Rettungsdienstes für die AWZ, welcher nach derzeitiger Auffassung der Bundesregie-rung Ländersache wäre [18], wird auf politischer, juristischer und wirtschaftlicher Ebene kont-rovers diskutiert und führte als Interimslösung im Juli 2012 zum Aufbau zweier Offshore-Notfall-Reaktions-Teams (ONRT), welche bei komplexen Rettungssituationen zum Einsatz kommen sollen [21] und vom Havariekommando koordiniert sowie aus- und fortgebildet wer-den [18]. Gemäß aktueller Definition der komplexen Rettungssituation seitens des Bundes-ministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) [22] zeichnet sich diese insbeson-dere durch das Erfordernis zur Durchführung spezieller seilgestützter Rettungstechniken unter individualmedizinischer Notfallversorgung aus. Eine endgültige Entscheidung bezüglich der Vorhaltung eines öffentlichen Rettungsdienstes für diese speziellen Situationen ist damit allerdings noch nicht getroffen.

Insgesamt konnte in der ersten Projektphase festgestellt werden, dass ein stetig wachsen-des und in Teilen belastbares Arbeitsgerüst für die aktuellen und zukünftigen Aufgaben zur Gestaltung einer effizienten Rettungskette für den Offshore-Windbereich zur Verfügung steht. Dennoch bestand aufgrund weiterhin teilweise fehlender valider Daten, phasenweise sehr dynamischer Entwicklungen am Markt sowie unterschiedlicher Auffassungen und Inte-ressen der beteiligten Akteure weiterhin Forschungsbedarf, um eine fundierte und die Pro-zesse begleitende wissenschaftliche Basis zur Formulierung von Empfehlungen und einheit-lichen Standards zu schaffen. Ziel der zweiten Projektphase war es daher, die bisher erarbei-teten Inhalte und Ergebnisse im Hinblick auf ein innovatives Rettungskettenkonzept für me-dizinische Notfälle bei Bau und Betrieb von Offshore-Windparks zu evaluieren und fortzu-schreiben.

Um dieses Ziel zu erreichen, wurde die Analyse des Unfall- und Erkrankungsgeschehens auf den Zeitraum bis Ende 2016 ausgedehnt sowie unter Anwendung zweier international aner-kannter Klassifizierungssysteme vertieft. Im Rahmen der Projektgruppe „Rettung und Erste Hilfe Offshore“ (REH) des Fachbereichs Erste Hilfe der Deutschen Gesetzlichen Unfallversi-cherung (DGUV) wurde das Konzept vom Ersthelfer-Offshore weiterentwickelt und dabei insbesondere auch das Thema Telekonsultation vertieft. Zudem wurden systematische Be-fragungen im Trainings- und Rettungsumfeld vorgenommen, um belastbare Aussagen zu persönlichen bzw. antizipierten Erfahrungen hinsichtlich Unfallverletzungen sowie der Ret-tungsrelevanz von Umweltparametern zu erhalten. Darüber hinaus wurde im Rahmen zweier Arbeitsgruppen wesentliche Aspekte der rettungsdienstlichen Weiterversorgung per Luftret-tung und schiffsgebundener Rettung thematisiert und diskutiert.

Nach dieser Hinführung zum Thema mit Darstellung der Aufgabenstellung und Forschungs-ziele werden die Forschungsarbeiten und -ergebnisse einer Befragungsstudie zur Relevanz der Meeres- und Umweltbedingungen bei Rettungseinsätzen mittels Hubschrauber darge-stellt (Kapitel 2). Anschließend werden die Ergebnisse der retrospektiven Analyse des Unfall- und Erkrankungsgeschehens im Offshore-Windbereich für den Zeitraum 2008 bis 2016 (Ka-pitel 3) vorgestellt. Nachfolgend werden die Forschungsarbeiten und -ergebnisse im Hinblick auf die Fortentwicklung des Konzepts Ersthelfer-Offshore erläutert (Kapitel 4) sowie die Ent-wicklungen der Telekonsultation (Kapitel 5) und der rettungsdienstlichen Weiterversorgung (Kapitel 6) beleuchtet. Im Anschluss werden die zentralen Ergebnisse noch einmal zusam-mengefasst und ein kurzer Ausblick gegeben (Kapitel 7).

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2 Rettungsrelevante Meeres- und Umweltbedingungen

2.1 Zusammenfassung

Zwecks Erfassung von belastbaren Aussagen zur Rettungsrelevanz von 61 Offshore-Umweltparametern wurden Befragungen von Rettungspersonal bei einem deutschen Offsho-re-Luftrettungsdienstleister durchgeführt. Von den 25 Befragungen – durchgeführt im Rah-men von sieben Befragungsterminen – konnten 24 Befragungsunterlagen ausgewertet wer-den. Die Grundgesamtheit der Befragten setzte sich zu 100 % aus männlichen Personen zusammen und bestand aus folgenden Berufsgruppen: Piloten (37 %), Notärzte (25 %), Hoist Operator (21 %) und Rettungsassistenten (17 %). Von den 61 abgefragten Offshore-Parametern wurden exemplarisch 14 Umwelt-Faktoren aus den Kategorien „Luftströmung“ (3), „Niederschlag“ (1), „Kondensation/Atmosphäre“ (3), „Meer“ (2), „Eisbildung“ (1) und „op-tische Phänomene“ (4) zwecks Quantifizierung deren Auftretenshäufigkeit und Gewichtung sowie der daraus resultierenden Relevanzfaktorierung für die Offshore-Rettung ausgewertet. Dabei wurden Umweltfaktoren wie „Windböen“, „Windhose/Tornado“, „Hagel“, „Seenebel“, „Hubschraubervereisung“ und „Dunkelheit“ berufsgruppenübergreifend als erhöht rettungsre-levante Offshore-Parameter benannt. Bei anderen Faktoren (z. B. Strömung, Eigenblendung Leuchtmittel, mangelnde Unterscheidbarkeit Himmel/Wasser, optische/autokinetische Illusio-nen) konnten aus der jeweiligen Vergabe von niedrigen bzw. deutlich erhöhten Relevanzfak-toren berufsgruppenspezifisch unterschiedliche Einschätzungen zur Rettungsrelevanz des jeweiligen Offshore-Parameters abgeleitet werden. Diese Erkenntnisse wurden jedoch statis-tisch nicht abgesichert.

2.2 Einleitung, Fragestellung und Zielsetzung

Einleitung

Hubschrauber besitzen als Einsatzmittel für die Rettung Verletzter und Akuterkrankter von Windenergieanlagen in Offshore-Windparks eine charakteristische Robustheit in Bezug auf die vorherrschenden bzw. potentiell auftretenden Atmosphären-, Meeres- und Umweltpara-meter. Diese Robustheit in Bezug auf die herrschenden Umweltparameter ist sowohl aus rettungstechnischer Sicht der Hubschrauberbesatzungen als auch unter medizinischen As-pekten des professionellen Rettungspersonals von großer Wichtigkeit für die zielgenaue Pla-nung und sichere Durchführung eines Rettungseinsatzes von Verletzten und Akuterkrankten.

Die effektive Rettung von Notfallpatienten ist jedoch auch aus dem Blickwinkel der Deut-schen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) und der Berufsgenossenschaften (BGen) von entscheidender Bedeutung. Patienten sollen schnellstmöglich einer entsprechenden Zielklinik zugeführt, dort medizinisch versorgt und therapiert sowie anschließend rehabilitiert und wieder in den Arbeitsprozess eingegliedert werden. Aus diesen Gründen soll – insbe-sondere auch unter Berücksichtigung der Umweltbedingungen – mit Hilfe der Luftrettung die zeitnahe, sichere und effektive Rettung Unfallverletzter und Akuterkrankter in Offshore-Windparks gewährleistet werden.

Die Ausprägung von Meeres- und Atmosphärenphänomenen – also generell von Umweltpa-rametern – kann entscheidenden Einfluss auf die Durchführbarkeit der Rettung von Offshore-Windenergieanlagen haben. Um belastbare Aussagen zur Rettungsrelevanz von Offshore-Umweltparametern zu erhalten und um die von den Wetterbedingungen und dem Meereszu-stand abhängige Robustheit der Rettungstransporteinheit (Hubschrauber mit Besatzung) belastbarer klassifizieren und quantifizieren zu können, wurden Befragungen mit Hilfe einer „Umwelt-Rettungs-Matrix“ (Befragungs-Matrix; Abb. 2.1) durchgeführt. Die erhaltenen Aus-sagen des Luftrettungspersonals wurden wissenschaftlich ausgewertet.

9

Abb. 2.1: Auskunftsbogen für Luftrettungspersonal zur Rettungsrelevanz von Umweltparametern; A: Einleitende

Fragen; B: Rettungsmatrix. – Fortsetzung nächste Seite –

Einleitende Fragen

1. Welche Tätigkeit üben Sie aus bzw. welche Position bekleiden Sie im (Rettungs)Hub-schrauber im Offshore-Windenergie Umfeld? (Mehrfachnennungen möglich)

___________________________________________________________________________

2. Wie viele Luftrettungseinsätze leisten Sie im Umfeld der Offshore-Windenergie (Windparks) pro Jahr (a) ab?

1-5/a 6-10/a 11-15/a 16-20/a >20/a

3. Wie viel Flugzeit (in Stunden, h) leisten Sie im (Rettungs)Umfeld der Offshore-

Windenergie pro Jahr (a) ab (inklusive Überwasser-Trainings)? <50h/a 50 - <100h/a 100 - <150h/a 150 - <180h/a >180h/a

4. Auf welchen Hubschraubertypen waren Sie im (Rettungs)Umfeld an Offshore Wind Energieanlagen bislang eingesetzt? (Mehrfachnennungen möglich)

Sikorsky Sea King Dauphin BK 117 S 76 Super Puma EC 136

andere

____________________________

5. Anlagen welchen Offshore-WEA Gründungstyps sind Sie bislang angeflogen und haben dort Rettungsflüge bzw. Rettungsoperationen durchgeführt? (Mehrfachnennungen

möglich) Monopile Tripile Jacket andere

_____________________ _____

6. Über welchen Seegebieten waren Sie bislang mit Bezug zur Luftrettung an/von Offshore-Windenergieanlagen tätig? (Mehrfachnennungen möglich)

AWZ NORDSEE 12nm-Zone NORDSEE AWZ OSTSEE 12nm-Zone OSTSEE

anderes

____________________________

A

10

OffshoreWindUmwelt-Rettungs-Matrix(Hubschrauber);ROWIITeam,BGKlinikumHamburg

Relevanz-

FaktorEinflussgröße

(Nordsee/Ostsee) pro100OffshoreFlugstunden(OFS) 1 3 5 (AxG)<5mal 5-<20mal 20-<50mal ≥50mal

nie(1) selten(2) häufig(3) oft(4) sehroft(5) niedrig mittel hoch Faktor

LuftströmungWindstille(Flaute)Wind(0-4Bft;0-7ms

-1)

Wind(5-6Bft;8-14ms-1)

Wind(7-8Bft;15-20ms-1)

Wind-Böen

Sturm/Sturmböen(>8Bft;>17ms-1)

Orkan/Orkanböen(>11Bft;>28ms-1)

Gewitter(Blitz)Gewitter(Böen)Wake-EffektWindhoseTornado

NiederschlagRegen

Starkregen(sichtbehindernd)Schnee(sichtbehindernd)Schnee(flugbehindernd)Hagel(sichtbehindernd)Hagel(flugbehindernd)

Graupel(sichtbehindernd)Graupel(flugbehindernd)

Kondensation/AtmosphäreEisnebelSeenebel

SeenebelBänkeaufgelockerteWolkendecke

geschlosseneWolkendeckeniedrigeWolkenbasis

hoheWolkenobergrenzeRotor-Lee-Wolken

Lufttemperatur(<5°C(N),<5°-<0°C(O),WH;bsh.de/dwd.de)

MeerBewuchsderAnlage

GezeitenStrömung

Wasserstand(Ebbe,Flut,Sturmflut)

Oberflächentemperatur(10°-<5°(N)-<0°C(O),WH;bsh.de)

Oberflächensalzgehalt(~34ppm(N),~10ppm(O);bsh.de)

Gischt/seaspray(Starkwind)Gischt/seaspray(Fahrtwind)

Windsee,Oberflächenwellen(Hs<3.5m)

Kreuzseen(Hs<3.5m)

Dünung/Swell(Hs<3.5m)

FernwellenWellenloch(Lee-SeiteGründung)

StehendeWellenWellenhoherAmplitude(Riesenwellen)

Grundsee

EisbildungO-WEARotorblattEiswurf

AnlagenvereisungEisfall

HubschraubervereisungMeereis(Nordsee)

Meereis(Ostsee)

OptischePhänomeneDunkelheit/Dämmerung

EigenblendungLeuchtmittelDirektesGegenlicht(Sonne)

ReflektionenWasseroberflächenReflektionenMeereis/Schnee

ReflektionenvereisteO-WEAMangelndeUnterscheidbarkeitHimmel/Wasser

Optische/autokinetischeIllusionenRythmischerSchattenwurfO-WEARotorblätter

Erfahrene(E)/Vermutete(V)

AuftretenshäufigkeitUmweltfaktor(A)

GewichtungUmweltfaktor(G)

bemessenanEinflussaufRettungUmweltfaktoren

B

11

Die Befragungs-Matrix bezieht sich dabei ausschließlich auf Rettungsszenarien und ret-tungsbezogene Flugmanöver direkt in Offshore-Windparks bzw. an Offshore-Windenergieanlagen. Hierbei dienen die persönlichen und individuellen wetter- und meeres-abhängigen Erfahrungen des Luftrettungspersonals in der flugtechnischen Durchführung der Luftrettung an Offshore-Windenergieanlagen als Basis für die Auswertungen. Im Besonderen galt das Interesse dabei auch den Erfahrungen des Rettungspersonals in der Übergabe und Übernahme von Laienhelfern und professionellem Rettungspersonal sowie von Verletzten und Erkrankten direkt an den Windenergieanlagen. Neben realen persönlichen Erfahrungen mit dem jeweiligen Rettungsszenario bzw. den genannten Umweltparametern wurden auch Antworten der Befragten zur umweltabhängigen Durchführbarkeit der Luftrettung auf Vermu-tungs- oder Antizipationsbasis akzeptiert und wissenschaftlich ausgewertet.

Fragestellung und Zielsetzung

Wesentlicher Hintergrund der empirischen Untersuchung waren Fragestellungen zum Wis-sen bzw. zur Erfahrung der Befragten bezüglich des Themenfeldes „Luftrettung bei Vorherr-schen verschiedener Umweltparameter“ in Offshore-Windparks. Hierzu zählten i) die Erfas-sung und Quantifizierung der Auftretenshäufigkeit und Rettungsrelevanz von Umweltparame-tern in Offshore-Windparks, ii) die Ableitung von Umweltparameter-bezogenen Grenzwerten (benchmarking) für Luftrettungseinsätze mittels sog. „Relevanzfaktoren“, iii) die Anwendung der Parameter-bezogenen Aussagen auf verschiedene Rettungsszenarien (Hoistplattform, Turmfuß, Wasseroberfläche) sowie iv) das Treffen von Aussagen zur Parameter-abhängigen Möglichkeit der Übergabe/Übernahme von Rettungspersonal und Patienten. Ziel der empiri-schen Befragungen war es somit, mittels der Quantifizierung des Wissens des Luftrettungs-personals zu o. g. Fragestellungen punktuell die weitere Optimierung der Offshore-Luftrettung voranzutreiben sowie weiteren positiven Einfluss auf die medizinische Versor-gungssicherheit und Rettung von Arbeitnehmern in deutschen Offshore-Windparks zu neh-men. Wesentlicher Aspekt der Befragung war zudem, dass sich die zur Bewertung vorge-stellten Umweltparameter spontan im Zuge der Rettungsmaßnahme einstellen und nicht durch vorherige Wetterrecherchen seitens des Flugpersonals ableitbar waren.

2.3 Methodik

Inhalt und Ausprägung der Umwelt-Rettungs-Matrix (Abb. 2.1) entstammen der ersten Phase des ROW-Forschungsprojekts (vergl. [9], S. 24). Die Befragungen der Luftrettungsteams fanden an zwei Standorten der Firma Northern HeliCopter GmbH statt (Flugplatz Emden; Flugplatz St. Peter-Ording) zwischen Juli und Dezember 2016 statt. Im Rahmen von sieben Befragungsterminen gaben insgesamt 25 Personen Auskunft.

Die Befragungen wurden während des Arbeitstages bzw. des Bereitschaftsdienstes der Mit-arbeiter und Luftrettungsteams (bestehend aus Piloten, Notarzt, Hoist-Operator und Notfalls-anitäter/Rettungsassistent) durchgeführt. Die Befragungen fanden anonym und nach Einwil-ligung der Trainingsteilnehmer statt. Die individuelle Zuordnung der Auskunftsbögen ist im Nachhinein nicht möglich, da keine Namen oder persönlichen Daten der Befragten aufge-nommen wurden.

Zunächst wurden Fragen zum persönlichen Tätigkeitsumfeld (z. B. Art der Tätigkeit, Anzahl der jährlichen Einsätze und Flugstunden etc.) der Luftrettungsmitarbeiter beantwortet (Abb. 2.1 A). Des Weiteren wurde von den Befragten eine quantitative Einschätzung der Auftre-tenshäufigkeiten (erfahren oder vermutetet; 1 für „nie“ bis 5 für „sehr oft“) von 61 unter-schiedlichen Umweltparametern in den Kategorien „Luftströmung“, „Niederschlag“, „Konden-sation/Atmosphäre“, „Meer“, „Eisbildung“ und „optische Phänomene“ abgegeben sowie eine Gewichtung (1 = „niedrig“, 3 = „mittel“, 5 = „hoch“) der Parameter bemessen an deren Ein-fluss auf die Rettung vorgenommen (Abb. 2.1 B). Aus den resultierenden Größen (Ziffern) wurde im Nachgang durch das ROW-Team für jeden einzelnen Umweltparameter der soge-nannter „Relevanzfaktor“ als dessen individuelle Einflussgröße auf die Luftrettung in Offsho-re-Windparks berechnet (z. B.: maximaler Relevanzfaktor 25 resultierend aus Auftretenshäu-figkeit 5 „sehr oft“ multipliziert mit Gewichtung 5 „hoch“).

12

Das Luftrettungspersonal hatte die Möglichkeit, die Beantwortung der Fragen gänzlich zu verweigern. Von dieser Option wurde jedoch kein Gebrauch gemacht. Die quantitative Aus-wertung der Analysen erfolgte mit dem Programm Microsoft Excel 2010 (Microsoft Corpora-tion, Redmond, WA, USA) und dem Statistikprogramm SAS (Version 9.2; SAS Institute In-corporation, Cary, NC).

Zudem wurden Umweltparameter-relevante Fragen zu Rettungsszenarien an Hoist-Plattformen, im Turmfußbereich von Offshore-Windenergieanlagen sowie von der Wasser-oberfläche gestellt. Die Beantwortungsergebnisse zu diesen Fragen sind jedoch nicht Ge-genstand der folgenden Auswertung.

2.4 Ergebnisse

2.4.1 Zusammensetzung Grundgesamtheit der befragten Luftrettungsmitarbeiter

Die Grundgesamtheit der Befragten setzte sich zu 100 % aus männlichen Personen zusam-men. Das Lebensalter der befragten Trainingsteilnehmer lag – bei semi-quantitativer Be-obachtung – etwa zwischen ca. ≤30 Jahren und >50 Jahren. Insgesamt wurden 25 Personen befragt, wobei nur 24 Befragte in der Auswertung berücksichtigt wurden.

Etwa 37 % der Personen waren Piloten, während 25 % der Befragten als Notärzte in den Luftrettungsteams tätig sind (siehe Abb. 2.2). Auf die Hoist Operator entfiel ein Anteil von 21 %. Die restlichen 17% der Befragten waren Rettungsassistenten bzw. Notfallsanitäter.

Abb. 2.2: Berufliche Zusammensetzung der befragten Luftrettungsmitarbeiter.

2.4.2 Beantwortungsqualität und semi-quantitative Ergebnisse

In der Gesamtbetrachtung aller Befragungsergebnisse zeigte sich bei den meisten Fragen eine hohe Beantwortungsdichte und -genauigkeit. Jedoch wurden nicht alle Fragebögen voll-ständig bearbeitet. Dies galt aus Zeitgründen insbesondere für die Befragungen zu Luftret-tungseinsätzen an den verschiedenen Gründungsstrukturen.

Kohärenzmängel in der Bewertung einiger in der Befragungs-Matrix unmittelbar aufeinander folgender Umweltparameter (z. B. Nebel-, Vereisungs- und Eiswurfszenarien) kamen nur

n=9

n=6

n=5

n=4

0

5

10

15

20

25

30

35

40

Pilot Notarzt Hoist Operat. RettAss/NotSan

Pro

zen

t

Berufsgruppen

13

vereinzelt vor. Diese erschwerten jedoch teilweise die Ergebnisfindung. Die offensichtlich non-konforme Beantwortung der Matrix (scheinbar willkürliche und teilweise widersprüchliche Angaben bzw. Bewertungen) führte in einem Einzelfall zu dessen Nichtberücksichtigung in der Auswertung.

2.4.3 Quantitative Ergebnisse

Alle im Rahmen der Befragungen ausgeteilten Fragebögen wurden wieder an den Vertreter des ROW-Forschungsprojekts zurückgegeben. Somit lag die Rückläuferquote der Unterla-gen bei 100 %.

2.4.3.1 Tätigkeitsumfeld Luftrettungspersonal

Etwa die Hälfte (46 %) des befragten Luftrettungspersonals hatte zum Zeitpunkt der Erhe-bung an bis zu maximal 10 Luftrettungseinsätzen pro Jahr im Offshore-Windbereich teilge-nommen. Etwa 37 % der Befragten hatten bis zu 20 Einsätze pro Jahr absolviert, während 17 % der Luftretter an mehr als 20 Luftrettungen pro Jahr beteiligt waren.

Ein Drittel der Befragten (ca. 33 %) hatte weniger als 50 Flugstunden pro Jahr im Offshore-Rettungsumfeld absolviert. Etwa 50 % des Luftrettungspersonals lag bei einer Einsatzleis-tung von 50 bis 100 Stunden pro Jahr und je ca. 8 % hatten 100 bis 180 Stunden bzw. mehr als 180 Flugstunden pro Jahr absolviert.

Zur Art des während eines Luftrettungseinsatzes angeflogenen Gründungstyps der Offshore-Windenergieanlagen gaben 75 % der Befragten die „Monopile“-Struktur an. Bei der Möglich-keit zur Mehrfachnennung gaben zudem 50 % des Luftrettungspersonals die „Tripile“-Struktur als Zielpunkt des Luftrettungseinsatzes an, während etwa 30 % der Luftretter „Ja-cket“-Strukturen angeflogen waren.

Zur Frage der Seegebiete, in denen die Luftretter tätig sind bzw. waren, gaben – wiederum bei der Möglichkeit zur Mehrfachnennung – ca. 96 % der Teilnehmer die Ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ) der Nordsee, ca. 75 % die 12-Seemeilen-Zone der Nordsee sowie je 4 % die AWZ und die 12-Seemeilen-Zone der Ostsee an. Weitere 8 % der Befragten gaben Luftrettungsgebiete wie das Nordpolarmeer (Arktischer Ozean), Irland, Niederlande und Norwegen an.

2.4.3.2 Auftretenshäufigkeit, Gewichtung und Relevanzfaktor der Umweltparameter

Im Rahmen der Ergebnisfindung wurden zu Punkt i) unter Fragestellung und Zielsetzung (s. o.) von den 61 abgefragten Umweltparametern exemplarisch 14 Parameter aus den Ka-tegorien „Luftströmung“ (3), „Niederschlag“ (1), „Kondensation/Atmosphäre“ (3), „Meer“ (2), „Eisbildung“ (1) und „optische Phänomene“ (4) näher ausgewertet. Die Analyse der quantita-tiven Bewertung von Auftretenshäufigkeit und Gewichtung der 14 Umweltparameter durch das Luftrettungspersonal – sowie der daraus resultierenden Relevanzfaktoren – wird im Nachgang dargelegt. Der Vergleich der Relevanzfaktoren bezüglich der Umweltparameter wurde pro Kategorie als Boxplots dargestellt und der jeweiligen exemplarischen Analyse der entsprechenden Kategorie vorangestellt. Die statistischen Kennwerte aller 61 abgefragten Umweltparameter sind am Ende dieses Berichtes ab Seite 76 im Anhang A tabellarisch auf-geführt.

Die Einschätzungen des Luftrettungspersonals bezüglich „Auftretenshäufigkeit“ und „Gewich-tung“ zu den jeweiligen Umweltparametern (s. Abbildung Abb. 2.1 B) in den Bewertungsin-tervallen „1 bis 5“ bzw. „1, 2 und 3“ sowie der daraus durch Multiplikation abgeleitete „Rele-vanzfaktor“ (Bewertungsintervalle 1 bis 25) wurden in der jeweiligen Intervallhöhe aufsum-miert und in Prozentform angegeben. In der quantitativen Auswertung der Antworten wurde nicht zwischen „erfahrenen“ und „vermuteten“ Einschätzungen der Umweltparameter seitens des Luftrettungspersonals unterschieden.

14

Kategorie „Luftströmung“

Abb. 2.3: Vergleich der Relevanzfaktoren (Berechnung als Produkt aus Auftretenshäufigkeit multipliziert mit Ge-

wichtung) bezüglich Umweltfaktoren aus der Kategorie Kondensation/Atmosphäre, dargestellt als Boxplot, Medi-an (mittlere Linie der Box) und Quartile (Box), Mittelwert (), Minimum (untere Begrenzung), Maximum (obere Begrenzung). 19 detektierte Ausreißer (Software SAS ®). Anmerkung: Wenn keine Median-Linie sichtbar ist, ist der Wert entweder mit dem 1. oder 3. Quartil identisch. Sind keine Interquartilsabstände sichtbar, fallen die Werte mit dem Median zusammen (siehe Tabelle Statistische Kennwerte Umweltfaktoren im Anhang).

Windböen (Kategorie „Luftströmung“)

Bei insgesamt mittlerer Auftretenshäufigkeit und einer vom Luftrettungspersonal zudem als „mittel“ (zu 52 %) bis „hoch“ (zu 31 %) eingestuften Gewichtung des Umweltfaktors „Windbö-en“ entfielen auf dessen Relevanzfaktorhöhe von 9 (im Spektrum von 1 bis 25) als Einfluss-größe auf die Luftrettung ca. 40 % der Nennungen der Befragten bzw. der nachfolgenden Berechnungen. Auf die Gruppe der erhöhten bzw. deutlich erhöhten Relevanzfaktoren zwi-schen 10 und 20 entfielen in Summe ebenfalls ca. 40 % der Berechnungen. Die niedrigsten Prozentzahlen (ca. 4-8 %) für die Rettungsrelevanz von Windböen entfielen auf die Faktoren zwischen 2 und 6 (Summe: 20 %). Die Anzahl der Antwortenden lag bei 23, wobei von 18 Personen ein Erfahrungshintergrund für die Luftrettung unter böigen Windbedingungen an-gegeben wurde.

Windhose und Tornado (Kategorie „Luftströmung“)

Bezüglich d es Umweltfaktors „Windhose“ entfielen bei geringer Auftretenshäufigkeit und einer (zu 100 %) als „hoch“ vom Luftrettungspersonal eingestuften Gewichtung ca. 42 % der Berechnungen auf einen Luftrettungs-Relevanzfaktor von 5 sowie etwa 58 % der Nennungen auf den Relevanzfaktor 10. Die Anzahl der Antwortenden lag bei 24, wobei 15 Personen ei-nen Vermutungshintergrund für die Bewertung der Luftrettung unter dem Auftreten einer Windhose zugrunde legten.

Bei einer sehr geringen Auftretenshäufigkeit und einer ebenfalls als „hoch“ (zu 100 %) vom Luftrettungspersonal eingestuften Gewichtung des Umweltfaktors „Tornado“ entfielen ca.

15

58 % der Nennungen bzw. Berechnungen auf einen Luftrettungs-Relevanzfaktor von 5 und etwa 42 % der Kalkulationen auf den Relevanzfaktor 10. Die Anzahl der Antwortenden lag bei 24, wobei 18 Personen einen Vermutungshintergrund für die Luftrettung unter dem Auf-treten eines Tornados angaben.

Kategorie „Niederschlag“

Abb. 2.4: Vergleich der Relevanzfaktoren (Berechnung als Produkt aus Auftretenshäufigkeit multipliziert mit Ge-

wichtung) bezüglich Umweltfaktoren aus der Kategorie Niederschlag, dargestellt als Boxplot, Median (mittlere Linie der Box) und Quartile (Box), Mittelwert (), Minimum (untere Begrenzung), Maximum (obere Begrenzung). 14 detektierte Ausreißer (Software SAS ®). Anmerkung: Wenn keine Median-Linie sichtbar ist, ist der Wert ent-weder mit dem 1. oder 3. Quartil identisch. Sind keine Interquartilsabstände sichtbar, fallen die Werte mit dem Median zusammen (siehe Tabelle Statistische Kennwerte Umweltfaktoren im Anhang).

Hagel – flugbehindernd (Kategorie „Niederschlag“)

Für den Umweltfaktor „Hagel (flugbehindernd)“ entfielen bei einer mittleren Auftretenshäufig-keit und einer erneut als „hoch“ – d. h. zu 100 % vom Luftrettungspersonal – eingestuften Gewichtung ca. 8 % der Nennungen bzw. Berechnungen auf einen Luftrettungs-Relevanzfaktor von 5, etwa 88 % der Kalkulationen auf den Faktor 10 sowie ca. 4 % der Nennungen auf einen Relevanzfaktor von 15. Die Anzahl der Antwortenden lag bei 24, wobei 16 Personen einen Vermutungshintergrund für die Luftrettung unter dem Auftreten einer von flugbehinderndem Hagel angaben.

16

Kategorie „Kondensation/Atmosphäre“

Abb. 2.5: Vergleich der Relevanzfaktoren (Berechnung als Produkt aus Auftretenshäufigkeit multipliziert mit Ge-

wichtung) bezüglich Umweltfaktoren aus der Kategorie Kondensation/Atmosphäre, dargestellt als Boxplot, Medi-an (mittlere Linie der Box) und Quartile (Box), Mittelwert (), Minimum (untere Begrenzung), Maximum (obere Begrenzung). 18 detektierte Ausreißer (Software SAS ®). Anmerkung: Wenn keine Median-Linie sichtbar ist, ist der Wert entweder mit dem 1. oder 3. Quartil identisch. Sind keine Interquartilsabstände sichtbar, fallen die Werte mit dem Median zusammen (siehe Tabelle Statistische Kennwerte Umweltfaktoren im Anhang).

Eisnebel und Seenebel (Kategorie „Kondensation/Atmosphäre“)

Bei einer geringen Auftretenshäufigkeit und einer als „hoch“ (d. h. zu 88 %) vom Luftret-tungspersonal eingestuften Gewichtung des Umweltfaktors „Eisnebel“ entfielen ca. 21 % der Berechnungen auf einen Luftrettungs-Relevanzfaktor von 5, etwa 75 % der Kalkulationen auf den Faktor 10 sowie ca. 4 % der Nennungen auf einen Relevanzfaktor von 15. Die Anzahl der Antwortenden lag bei 24, wobei je 12 Personen einen Erfahrungs- bzw. Vermutungshin-tergrund für die Bewertung der Luftrettung unter dem Auftreten von Eisnebel zugrunde leg-ten.

Bezüglich des Umweltfaktors „Seenebel“ entfielen bei einer mittleren Auftretenshäufigkeit und einer ebenfalls als „hoch“ (d. h. zu 78 %) vom Luftrettungspersonal eingestuften Gewich-tung ca. 9 % der Berechnungen auf einen Luftrettungs-Relevanzfaktor von 5, etwa 52 % der Kalkulationen auf die Summe der Faktoren 9 und 10 sowie ca. 39 % der Nennungen auf ei-nen Relevanzfaktor von 15. Die Anzahl der Antwortenden lag bei 23, wobei 12 Personen einen Vermutungshintergrund für die Bewertung der Luftrettung unter dem Auftreten von Seenebel zugrunde legten.

Niedrige Wolkenbasis (Kategorie „Kondensation/Atmosphäre“)

Bei einer erhöhten Auftretenshäufigkeit und einer als „mittel“ (75 %) bis „hoch“ (25 %) vom Luftrettungspersonal eingestuften Gewichtung des Umweltfaktors „niedrige Wolkenbasis“ entfielen ca. 40 % der Berechnungen auf einen Luftrettungs-Relevanzfaktor von 9 sowie fast 50 % der Nennungen auf die Summe der Relevanzfaktoren von 10 bis 20. Die Anzahl der

17

Antwortenden lag bei 24, wobei 21 Personen einen Erfahrungshintergrund für die Bewertung der Luftrettung unter dem Auftreten von niedrigen Wolkendecken zugrunde legten.

Kategorie „Meer“

Abb. 2.6: Vergleich der Relevanzfaktoren (Berechnung als Produkt aus Auftretenshäufigkeit multipliziert mit Ge-

wichtung) bezüglich Umweltfaktoren aus der Kategorie Meer, dargestellt als Boxplot, Median (mittlere Linie der Box) und Quartile (Box), Mittelwert (), Minimum (untere Begrenzung), Maximum (obere Begrenzung). 8 detek-tierte Ausreißer (Software SAS ®). Anmerkung: Wenn keine Median-Linie sichtbar ist, ist der Wert entweder mit dem 1. oder 3. Quartil identisch (siehe Tabelle Statistische Kennwerte Umweltfaktoren im Anhang).

Strömung (Kategorie „Meer“)

Bezüglich des Umweltfaktors „Strömung“ entfielen bei einer hohen Auftretenshäufigkeit und einer als „niedrig“ bis „mittel“ (Summe: 87 %) vom Luftrettungspersonal eingestuften Gewich-tung ca. 60 % der Berechnungen auf einen Luftrettungs-Relevanzfaktor zwischen 3 und 5. Etwa 30 % der Nennungen entfielen auf die Summe der Relevanzfaktoren von 12 bis 25. Die zwischen diesen beiden Relevanzfaktor-Gruppen befindlichen Bewertungen von 6 und 9 lagen im unteren einstelligen Prozentbereich. Die Anzahl der Antwortenden lag bei 23, wobei 12 Personen einen Erfahrungshintergrund für die Bewertung der Luftrettung unter dem Auf-treten von Meeresströmung zugrunde legten.

Gischt (Kategorie „Meer“)

Für den Umweltfaktor „Gischt“ entfielen bei einer erhöhten Auftretenshäufigkeit und einer überwiegend als „mittel“ – d. h. zu 52 % vom Luftrettungspersonal – eingestuften Gewich-tung ca. 22 % der Nennungen auf einen Luftrettungs-Relevanzfaktor von 3, etwa 31 % der Berechnungen auf den Faktor 9 sowie in Summe ca. 26 % der Nennungen auf die Relevanz-faktoren 12 und 15. Die Anzahl der Antwortenden lag bei 23, wobei 13 Personen einen Er-fahrungshintergrund für die Luftrettung unter dem Auftreten von Gischt angaben.

18

Kategorie „Eisbildung“

Abb. 2.7: Vergleich der Relevanzfaktoren (Berechnung als Produkt aus Auftretenshäufigkeit multipliziert mit Ge-

wichtung) bezüglich Umweltfaktoren aus der Kategorie Eisbildung, dargestellt als Boxplot, Median (mittlere Linie der Box) und Quartile (Box), Mittelwert (), Minimum (untere Begrenzung), Maximum (obere Begrenzung). 1 detektierter Ausreißer (Software SAS ®). Anmerkung: Wenn keine Median-Linie sichtbar ist, ist dieser entweder mit dem 1. oder 3. Quartil identisch (siehe Tabelle Statistische Kennwerte Umweltfaktoren im Anhang).

Hubschraubervereisung (Kategorie „Eisbildung“)

Bezüglich des Umweltfaktors „Hubschraubervereisung“ entfielen bei einer geringen Auftre-tenshäufigkeit und einer als „hoch“ (96 %) vom Luftrettungspersonal eingestuften Gewich-tung ca. 37 % der Berechnungen auf einen Luftrettungs-Relevanzfaktor von 5 und 6. Etwa 63 % der Nennungen entfielen den Relevanzfaktor 10. Die Anzahl der Antwortenden lag bei 24, wobei 13 Personen einen Vermutungshintergrund für die Bewertung der Luftrettung unter dem Auftreten von Hubschraubervereisung zugrunde legten.

19

Kategorie „Optische Phänomene“

Abb. 2.8: Vergleich der Relevanzfaktoren (Berechnung als Produkt aus Auftretenshäufigkeit multipliziert mit Ge-

wichtung) bezüglich Umweltfaktoren aus der Kategorie optische Phänomene, dargestellt als Boxplot, Median (mittlere Linie der Box) und Quartile (Box), Mittelwert (), Minimum (untere Begrenzung), Maximum (obere Be-grenzung). 10 detektierte Ausreißer (Software SAS ®).

Dunkelheit (Kategorie „Optische Phänomene“)

Bei einer erhöhten Auftretenshäufigkeit und einer als „mittel“ bis „hoch“ (Summe: 84 %) vom Luftrettungspersonal eingestuften Gewichtung des Umweltfaktors „Dunkelheit“ entfielen ca. 17 % der Berechnungen auf einen Luftrettungs-Relevanzfaktor von 5, etwa 25 % auf die Faktoren 9 und 12 sowie fast 40 % der Nennungen auf die Summe der Relevanzfaktoren von 15 bis 25. Die Anzahl der Antwortenden lag bei 24, wobei 18 Personen einen Erfah-rungshintergrund für die Bewertung der Luftrettung unter dem Auftreten von Dunkelheit zu-grunde legten.

Eigenblendung Leuchtmittel (Kategorie „Optische Phänomene“)

Bezüglich des Umweltfaktors „Eigenblendung Leuchtmittel“ entfielen bei einer geringen bis mittleren Auftretenshäufigkeit und einer als „mittel“ bis „hoch“ (Summe: 75 %) vom Luftret-tungspersonal eingestuften Gewichtung 25 % der Berechnungen auf einen Luftrettungs-Relevanzfaktor von 2. Etwa 40 % der Nennungen entfielen auf den Relevanzfaktor 6, und ca. 33 % der Nennungen wurden der Faktorensumme von 10 bis 25 zugesprochen. Die Anzahl der Antwortenden lag bei 24, wobei 18 Personen einen Erfahrungshintergrund für die Bewer-tung der Luftrettung unter dem Auftreten von Blendung durch Leuchtmittel zugrunde legten.

Mangelnde Unterscheidbarkeit Himmel und Wasser (Kategorie „Optische Phänomene“)

Für den Umweltfaktor „Mangelnde Unterscheidbarkeit Himmel und Wasser“ entfielen bei ei-ner mittleren bis erhöhten Auftretenshäufigkeit und einer überwiegend als „mittel“ bis „hoch“ (Summe: 92 %) eingestuften Gewichtung ca. 21 % der Nennungen auf einen Luftrettungs-Relevanzfaktor von 9 sowie etwa 54 % der Berechnungen auf die Summe der Relevanzfak-

20

toren 10, 15 und 20. Die restlichen 25 % der Nennungen betrafen die Relevanzfaktoren 3 und 6. Die Anzahl der Antwortenden lag bei 24, wobei 17 Personen einen Erfahrungshinter-grund für die Luftrettung unter dem Auftreten von mangelnder Unterscheidbarkeit zwischen Himmel und Wasser angaben.

Optische und autokinetische Illusionen (Kategorie „Optische Phänomene“)

Bei einer geringen bis mittleren Auftretenshäufigkeit und einer als „mittel“ bis „hoch“ (Sum-me: 92 %) vom Luftrettungspersonal eingestuften Gewichtung des Umweltfaktors „Optische und autokinetische Illusionen“ entfielen ca. 35 % der Berechnungen auf einen Luftrettungs-Relevanzfaktor von 6 sowie etwa 44 % der Nennungen auf die Summe der Relevanzfaktoren 10 bis 15. Andere Relevanzfaktoren waren nur mit kleineren Prozentzahlen vertreten. Die Anzahl der Antwortenden lag bei 23, wobei 14 Personen einen Vermutungshintergrund für die Bewertung der Luftrettung unter dem Auftreten von optischen und autokinetischen Illusi-onen zugrunde legten.

2.5 Diskussion

Die mit der Auftretenshäufigkeit, Gewichtung und Relevanzfaktorierung von Umweltparame-tern in direktem Zusammenhang stehende Rettungsrelevanz der Umweltparameter wird im Nachgang diskutiert. Bei einigen der Befragungsergebnisse wurde zudem ein semi-quantitativer Berufsgruppenvergleich andiskutiert.

Rettungsrelevanz Umweltparameter-Kategorie „Luftströmung“

Die exemplarische Auswertung der Luftströmungsfaktoren „Windböen“, „Windhose“ und „Tornado“ zeigt, dass die Höhe deren Relevanzfaktoren für die Rettung vorwiegend durch die (z. T. geringe) Auftretenshäufigkeit des jeweiligen Umweltparameters bestimmt wird. Die Gewichtung der Einzelfaktoren lag demgegenüber überwiegend bei „hoch“. Die hohe Zahl der befragten Personen mit Vermutungshintergrund (18 von 24 Befragten) scheint keinen Einfluss auf die Ergebnisse genommen zu haben, da beide Gruppen („Erfahrene“ und „Ver-mutende“) aufgrund der objektiven Relevanz der hier diskutierten Parameter für Flugmuster und Rettungspersonal sehr ähnlich geantwortet haben.

Rettungsrelevanz Umweltparameter-Kategorie „Niederschlag“

Die beispielshafte Auswertung des Niederschlagsphänomens „Hagel – flugbehindernd“ ver-deutlicht, dass dieser Umweltfaktor von allen Befragten bei mittlerer Auftretenshäufigkeit mit einer durchgängig hohen Gewichtung versehen wurde, sodass bei fast 90 % aller Nennun-gen ein Relevanzfaktor für diesen Parameter von 10 kalkuliert wurde. Die erhöhte Zahl der Personen mit Vermutungshintergrund (16 von 24 Befragten) hatte offensichtlich keinen Ein-fluss auf die Ergebnisse. Sowohl „Erfahrene“ als auch „Vermutende“ haben berufsgruppen-übergreifend aufgrund der hohen Gewichtung des Faktors „Hagel“ diesem Parameter eine deutlich erhöhte Relevanz für das Flugmuster, das Rettungspersonal und den Rettungspro-zess bzw. das Rettungsszenario beigemessen.

Rettungsrelevanz Umweltparameter-Kategorie „Kondensation/Atmosphäre“

Die exemplarische Auswertung der Kondensations- und Atmosphärenfaktoren „Eisnebel“, „Seenebel“ und „Niedrige Wolkenbasis“ zeigt, dass die zunehmende Höhe deren Relevanz-faktoren für die Rettung – bei nahezu durchgängig hoher Gewichtung – eindeutig durch die steigende Auftretenshäufigkeit der einzelnen Umweltparameter (Eisnebel: „gering“; Seene-bel: „mittel“; Niedrige Wolkenbasis: „mittel bis hoch“) bestimmt wird. Ob auch die zunehmen-de Anzahl der Personen mit Erfahrungshintergrund (Eisnebel: 12 von 24; Seenebel: 11 von 23; Niedrige Wolkenbasis: 21 von 24) einen Einfluss auf die steigende Höhe des Relevanz-faktors für die Luftrettung hat, ist statistisch nicht überprüft worden.

Rettungsrelevanz Umweltparameter-Kategorie „Meer“

Trotz einer hohen Auftretenshäufigkeit des Meeresparameters „Strömung“ kam es aufgrund dessen von ca. 60 % der Befragten nur als „niedrig“ bis „mittel“ eingestufter Gewichtung bei

21

diesem Anteil der Grundgesamtheit zu einer geringen Relevanzfaktorierung (3 bis 5) dieses Parameters für die Luftrettung. Die Aussagen von weiteren 30 % der Befragten resultierten jedoch in deutlich erhöhten Relevanzfaktoren zwischen 12 und 25. In der Verteilung zwi-schen eher niedrigen bzw. deutlich erhöhten Relevanzfaktoren (60 % versus 30 % der Be-fragten) könnten berufsgruppenspezifische Sichtweisen zum Ausdruck kommen, wonach die Relevanz des Faktors „Strömung“ je nach Einsatzspektrum der betreffenden Berufsgruppe bei einer möglichen Wasserrettungen tendenziell niedriger (z. B. Pilot, Hoist Operator) oder auch höher (z. B. Notfallsanitäter, Notarzt) bewertet werden. Diese Aussage ist statistisch nicht überprüft worden.

Rettungsrelevanz Umweltparameter-Kategorie „Eisbildung“

Bei einem der objektiv kritischsten Umwelteinflüsse (hohe Gewichtung) auf die Rettungsein-heit Hubschrauber, der „Hubschraubervereisung“, resultierten aus den Nennungen der Be-fragten aufgrund der insgesamt als gering eingestuften Auftretenshäufigkeit dieses Phäno-mens zu etwa einem Drittel niedrige (Faktor 5-6) sowie zu ca. zwei Drittel mittlere (Faktor 10) Relevanzfaktoren für die Luftrettung. Auch bei diesem Umweltparameter war tendenziell kein Unterschied zwischen den „erfahrenen“ und „vermuteten“ Befragten feststellbar. Ähnliche Verteilungen zeigten sich bei den Phänomenen „Eiswurf“ und „Eisfall“ von einer Windener-gieanlage.

Rettungsrelevanz Umweltparameter-Kategorie „Optische Phänomene“

Bei der exemplarischen Auswertung der Umweltparameter „Dunkelheit“, „Eigenblendung Leuchtmittel“, „Mangelnde Unterscheidbarkeit Himmel und Wasser“ sowie „Optische und autokinetische Illusionen“ zeigt sich zunächst einmal, dass eine gegenüber den meisten an-deren Umweltparametern erhöhte Anzahl von Befragten (bis zu 18) bereits persönliche Er-fahrungen mit diesen Faktoren gesammelt haben. Der Faktor „Dunkelheit“ wird berufsgrup-penübergreifend mit erhöhter Rettungsrelevanz verknüpft. Bei den drei letztgenannten Phä-nomenen zeigt sich jedoch, dass hier berufsgruppenspezifische Unterschiede in der Ein-schätzung der Rettungsrelevanz dieser Faktoren bestehen. Diese Aussage ist statistisch nicht überprüft worden.

2.6 Schlussfolgerungen und Ausblick

Maritime Umweltbedingungen wie Starkwind oder Sturm, Niederschläge (z. B. Regen, Schnee), Wellengang und Sichtverhältnisse (z. B. Seenebel, Wolken, Dunkelheit) sind mit-entscheidend für eine erfolgreiche Notfallversorgung per Hubschrauber mit entsprechender Patientenrettung und den Transport Unfallverletzter und Akuterkrankter auf das Festland. Die Entscheidung, bei widrigen Umweltbedingungen zu einem Rettungsflug zu starten obliegt dem Piloten und ist abhängig von dessen fliegerischem Können, der Erfahrung und Persön-lichkeitsstruktur.

Sollte der worst case-Fall eintreten, dass eine luftgestützte Notfallversorgung und Rettung eines Unfallverletzten oder Akuterkrankten mittels Hubschrauber aufgrund der maritimen Umweltbedingungen nicht möglich ist und auch eine schiffsgebundene Rettung nicht um-setzbar ist, ist es zwingend erforderlich, geeignete Mittel vor Ort zu haben um das Zeitfenster zu überbrücken, bis das Wetter sich beruhigt hat und eine Rettung möglich ist. Zu den ge-eigneten Mittel zählen u. a. eine gute Ausbildung in Erste Hilfe-Maßnahmen sowie eine tele-medizinische Anbindung.

Im Hinblick auf die schiffsgebundene Rettung wäre es sinnvoll, zukünftig auch Nautiker und Decksleute der in deutschen Offshore-Windparks tätigen Reedereien zu befragen, bei wel-chen spezifischen Umweltbedingungen eine Rettung generell durchführbar erscheint und welche Kombinationen von Rettungseinheiten und Rettungsszenarien im Windpark bzw. an einer Offshore-Windenergieanalage bei bestimmten Umweltverhältnissen favorisiert bzw. empfohlen werden können.

22

3 Retrospektive Analyse des Unfall- und Erkrankungsgeschehens

3.1 Zusammenfassung

Der Auswertung lagen Informationen zu 1.732 medizinischen Ereignisse im Zeitraum 2008 bis Ende 2016 zugrunde. Diese unterteilten sich in 902 Verletzungen (52,1 %), 823 Erkran-kungen 47,5 %) und sieben unklare Ereignisse (0,4 %). Die Ereignisse fanden zu 57,6 % (998 Fälle) während der Bauphase und zu 42,4 % (734 Fälle) während der Inbetriebnahme- und Betriebsphasen statt. Sofern erkenntlich, fanden die medizinischen Ereignisse vorherr-schend am Tage statt.

Als überwiegender Unfall- und Erkrankungsort traten die Errichterschiffe (38,6 % der Fälle) und die Plattformen (28,1 %) in den Vordergrund. Untergeordnet fanden die medizinischen Ereignisse auch auf Windenergieanlagen (17,7 %) und sonstigen Schiffen (14,7 %) statt. Bei alleiniger Betrachtung der Unfälle fanden diese vorwiegend auf Windenergieanlagen (30,7 %) und Errichterschiffen (29,4 %) sowie nachgeordnet auf Plattformen (21,4 %) und sonstigen Schiffen (17,1 %) statt. Bei individueller Betrachtung der WEA fanden hier deutlich überwiegend Unfälle (90,5 %) statt; Erkrankungen traten dagegen in den Hintergrund (9,5 %).

Durch äußere mechanische Einwirkungen (z. B. „geraten in“, „getroffen von“ etc.) bedingte Unfälle standen mit 55,7 % deutlich im Vordergrund, gefolgt von sogenannten SRS-Unfällen (Stolpern/Rutschen/Stürzen) mit 23,1 %. Quantitativ nachrangig folgten Unfälle, denen ein Fremdkörper im Auge (7,3 %) sowie ein elektrisches Ereignis (4,5 %) zugrunde lagen. Be-züglich der mit dem Unfallgeschehen im Zusammenhang stehenden Arbeitsprozesse und spezifischen Tätigkeiten standen Handwerksarbeiten (28,2 %), die allgemeine Fortbewegung (19,1 %) sowie Versatz- und Verladearbeiten (8,6 %) prozentual im Vordergrund. Bei den Verletzungsarten standen Kontusionen (29,5 %), Schnittwunden (15,7 %), Distorsionen (13,0 %), sonstige Wunden (12,6 %) und Augenverletzungen (10,0 %) im Vordergrund. Bei den verletzten Körperregionen waren vornehmlich die oberen und unteren Extremitäten (Summe: ~66 %) sowie der Kopf (~19 %) betroffen. Bei den verletzten Körperteilen war zu 33,4 % die Hand betroffen gefolgt von Bein- einschl. Knie- (ca. 10,9 %), Fuß- einschl. Sprunggelenk (10,6 %), Augen- (10,0 %) sowie Schulter- und Armverletzungen (8,4 %). Wei-tere Kopfverletzungen waren mit in Summe ca. 8 % vertreten.

Hauptsächliche Erkrankungsarten standen im Zusammenhang mit verschiedenartigen Schmerzen (31,0 %) sowie Beschwerden des Atmungssystems (28,6 %) gefolgt von Hauter-krankungen (8,1 %) und Erkrankungen des Verdauungssystems (6,2 %).

Als häufigste Diagnose gemäß ICD-Klassifikation zeigte sich die offene Wunde des Handge-lenkes und der Hand (ICD-Code S61) mit 8,0 %, gefolgt von akuter Rhinopharyngitis (Erkäl-tungsschnupfen; ICD-Code J00) mit 7,3 % sowie die oberflächliche Verletzung des Handge-lenkes und der Hand (ICD-Code S60) mit 7,0 %. Aber auch Rückenschmerzen (4,9 %, ICD-Code M54) und Fremdköper im Auge (4,4 %, ICD-Code T15) sind erhöht vertreten.

Von 1.223 bezüglich einer medizinischen Evakuierung auswertbaren Fällen wurde in insge-samt 295 Fällen (24,1 %) eine Evakuierung des Patienten durchgeführt, davon in 225 Fällen per Hubschrauber (18,4 %) und in 70 Fällen per Schiff (5,7 %). Bei etwa 46 % der 225 Hub-schrauber-Evakuierungen waren unfallverletzte Personen betroffen.

3.2 Einleitung

Ein wesentlicher Schwerpunkt der Projektarbeiten war die Fortführung und Vertiefung der Analyse des Unfall- und Erkrankungsgeschehens bei Bau und Betrieb von Offshore-Windparks, welche im Rahmen einer vorläufigen Übersichtsstudie bereits Bestandteil des Vorgängerprojekts war (siehe [9], S. 28ff. und [10]). Aufbauend auf den Ergebnissen und Erkenntnissen im Vorgängerprojekt für den Erfassungszeitraum 2008 bis 2012 sollte die sys-

23

tematische Erfassung und Analyse des Unfall- und Erkrankungsgeschehens auf den Zeit-raum bis (ursprünglich) Ende 2015 ausgedehnt werden. Während der Zeitraum 2008 bis 2012 im Wesentlichen von Bauaktivitäten dominiert war, sollte hiermit erstmals auch eine separate Betrachtung der Betriebsphase der Parks möglich werden, welche aufgrund der besonderen Bedingungen während dieser Phase (z. B. eingeschränkte Ressourcen in Bezug auf Personal und Material) für die diesbezügliche Präventionsarbeit und Ableitung reaktiver Maßnahmen bedeutend ist. Letztlich konnte der Zeitraum der Erfassung bis Ende 2016 aus-gedehnt werden.

Um eine Vergleichbarkeit des Unfall- und Erkrankungsgeschehens auf internationaler Ebene zu ermöglichen, sollte zudem eine Klassifizierung der medizinischen Ereignisse nach der internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprob-leme (ICD, englisch International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems) erfolgen. Diese Klassifikation ist das wichtigste, weltweit anerkannte Klassifikati-onssystem für medizinische Diagnosen und wird seit ihrer 6. Revision (1948) von der Welt-gesundheitsorganisation (WHO) herausgegeben [23]. Die aktuelle, international gültige Aus-gabe ist ICD-10, Version 2016. In Deutschland kommt aktuell die ICD-10-GM (German Modi-fication) Version 2017 zur Anwendung [24], welche u. a. für die an der vertragsärztlichen und vertragspsychotherapeutischen Versorgung teilnehmenden Ärzte und Psychotherapeuten oder davon geleiteten Einrichtungen verbindlich ist und vom Deutschen Institut für Medizini-sche Dokumentation und Information (DIMDI) herausgegebenen wird. Die ICD-10 ist grund-sätzlich eine einachsige, monohierarchische Klassifikation mit einer dreistelligen allgemeinen Systematik (DAS) bzw. einer vierstelligen ausführlichen Systematik (VAS) und gliedert sich nach [23, 27] in:

22 Krankheitskapitel (z. B. Kapitel X: Krankheiten des Atmungssystems)

261 Krankheitsgruppen (z. B. Gruppe M40-M54: Krankheiten der Wirbelsäule und des Rückens)

2.037 dreistellige Krankheitsklassen (Kategorien) (zum Beispiel S01: Offene Wunde des Kopfes)

12.161 vierstellige Krankheitsklassen (Subkategorien) (zum Beispiel S01.5: Offene Wun-de der Lippe und der Mundhöhle)

Ferner sollten alle erfassten Unfälle nach den Vorgaben der EU-Verordnung 349/20112 zur sogenannten „Europäischen Statistik über Arbeitsunfälle“ (ESAW, englisch European Statis-tics on Accidents at Work) im Hinblick auf den Unfallzeitpunkt, die Art der Verletzung, das betroffen Körperteil sowie die Variablen der „Phase III“ (Arbeitsprozess, Spezifische Tätig-keit, Abweichung, Kontakt – Art der Verletzung und Gegenstände) kodiert werden (Beispiel siehe Tabelle 3.1). Die Kodierungsmethodik nach ESAW ist in einem frei zugänglichen Do-kument [25] beschrieben. Sie findet in weiten Teilen auch innerhalb der Deutschen Gesetzli-chen Unfallversicherung (DGUV) im Rahmen der Analyse von Arbeitsunfällen Anwendung. Ebenso finden diese Daten Eingang in weitere Berichte des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) und des Europäischen Amtes für Statistik (EUROSTAT) [26]. Mit die-sem Vorgehen sollte insbesondere ein systematischer Vergleich des branchenübergreifen-den Bereichs Offshore mit einzelnen Branchen auf nationaler und europäischer Ebene er-möglicht werden sowie – sofern mit den vorliegenden Informationen möglich – ein genaueres Verständnis über Ursachen und Begleitumstände eines Unfalls (d. h. wie und unter welchen Umständen sich dieser ereignet hat und wie es zu den Verletzungen gekommen ist) zu er-halten.

2 Verordnung (EU) Nr. 349/2011 der Kommission vom 11. April 2011 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr.

1338/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates zu Gemeinschaftsstatistiken über öffentliche Gesundheit und über Gesundheitsschutz und Sicherheit am Arbeitsplatz betreffend Statistiken über Arbeitsunfälle.

24

Tabelle 3.1: Beispiel für die Verschlüsselung der Ursachen und Begleitumstände (nach [25]):

Auf einer Baustelle schraubt ein Auszubildender an einem Heizkessel mit einem Schraubenschlüssel eine Mutter los. Die Schraube bricht, und die Hand des Opfers prallt heftig gegen die Kesselwand.

Variable Code Bezeichnung (Zusammenfassung)

Arbeitsprozess 51 Demontage, Zerlegung

Spezifische Tätigkeit 21 Arbeiten mit manuellen (nicht kraftbetriebenen) Handwerkzeugen

Gegenstand – 2-stelliger Code 06 Handgeführte, nicht kraftbetriebene Werkzeuge

Abweichung 31 Brechen von Material

Gegenstand – 2-stelliger Code 06 Handgeführte, nicht kraftbetriebene Werkzeuge

Kontakt – Art der Verletzung 53 Kontakt mit hartem oder rauem Gegenstand

Gegenstand – 2-stelliger Code 10 Ortsfeste Maschinen und Ausrüstungen

3.3 Methodik

Die überwiegend in Tabellen- oder Textform vorliegenden Informationen und Daten stamm-ten von medizinischen Ereignissen auf Errichterschiffen, Windenergieanlagen, sonstigen im Windpark befindlichen Schiffen sowie Umspann- und Konverter-Plattformen und wurden mit-tels übergeordneter allgemeiner Kategorien (s. a. Tabelle 3.2 linke Spalte) systematisch ana-lysiert. Zu diesen Kategorien zählten Datum, Uhrzeit, Art des Ereignisses, Phase (Bau, Inbe-triebnahme, Betrieb), Tageszeit (astronomisch unterteilt nach Sonnenaufgang und Sonnen-untergang in Tag und Nacht), Ereigniskategorie, Ort des Ereignisses, genauer Ort des Er-eignisses (wenn dieses in einer WEA stattgefunden hat), Unfallart, Verletzungsart, verletzte Körperregion, mit einer Verletzung in Verbindung stehender Arbeitsprozess, Erkrankungsart sowie die Art des Patiententransports, sofern eine medizinische Evakuierung (MedEvac) erforderlich war.

Tabelle 3.2: Verwendete allgemeine und spezielle Auswertungskategorien.

Allgemeine Auswertungskategorien Spezielle Auswertungskategorien

Datum ICD-10-GM Version 2017 Code, dreistellig

Uhrzeit Ereigniszeitpunkt nach ESAW-Methode

Art des Ereignisses ESAW-Code Art der Verletzung

Projektphase ESAW-Code Betroffenes Körperteil

Tageszeit ESAW-Code Arbeitsprozess

Ereigniskategorie ESAW-Code Spezifische Tätigkeit

Ort des Ereignisses ESAW-Code Gegenstand der spez. Tätigkeit

Genauer Ort des Ereignisses wenn WEA ESAW-Code Abweichung

Unfallart ESAW-Code Gegenstand der Abweichung

Verletzungsart ESAW-Code Kontakt – Art der Verletzung

Verletzte Körperregion ESAW-Code Gegenstand des Kontakts

Arbeitsprozess während des Unfalls

Erkrankungsart

Art des Rücktransports („Evakuierung“)

Zudem wurde für jedes Ereignis eine Kodierung nach ICD-10-GM Version 2017 gemäß dreistelliger Systematik sowie für Unfallverletzungen eine Kodierung nach ESAW im Hinblick auf den Unfallzeitpunkt, die Art der Verletzung, den betroffenen Körperteil, den Arbeitspro-zess, die spezifische Tätigkeit, die Abweichung vom normalen Ablauf, die Kontakt - Art der Verletzung und um ggf. beteiligte Gegenstände vorgenommen (siehe Tabelle 3.2 rechte Spalte). Zur Kodierung der Gegenstände wurden dabei nur die ersten zwei (Haupt)-Stellen

25

des ansonsten 4-stelligen Kodes verwendet, um die Variablenvielfalt in diesem Bereich im Hinblick auf statistische Auswertungen zu begrenzen.

Die der Analyse zugrundliegenden Informationen und Daten wurden von den Betreibern bzw. Bauherren einer Vielzahl von Projekten, Dienstleistern aus dem Bereich des Offshore-Notfallmanagements sowie dem Havariekommando Cuxhaven in anonymisierter Form zur Verfügung gestellt und umfassten insgesamt 1.732 Ereignisse während Bau und Betrieb von zwölf Windpark- sowie neun Netzanbindungsprojekten. Die Bestimmung von standardisier-ten Begrifflichkeiten und Inhalten innerhalb vieler Kategorien unterlag dabei limitierenden Faktoren. So mussten Kompromisse in der Zuordnung der vorliegenden symptomatisch-deskriptiven sowie erläuternden Informationen zu den entsprechenden medizinischen Ver-dachtsdiagnosen und im Falle von Unfällen zu den Angaben über den Unfallhergang, die Begleitumstände und die Verletzungsart (Merkmale des Unfalls) eingegangen werden. Kli-nisch bestätigte Diagnosen lagen im Regelfall nicht vor. Zur standardisierten Erfassung der zur Verfügung gestellten Informationen und Daten wurde eine Excel-Arbeitsmappe mit dem Programm Microsoft Excel 2010 (Microsoft Corporation, Redmond, WA, USA) programmiert. Nach Einpflege aller Daten in eine Basistabelle dieser Arbeitsmappe wurden mehrfach Plau-sibilitätsprüfungen (insbesondere zwischen ICD-Code, Art der Verletzung bzw. Erkrankung, betroffene Körperregion und den ESAW-Kategorien „Art der Verletzung“ sowie „Betroffener Körperteil“) vorgenommen, um mögliche Inkonsistenzen zu beheben. Die quantitative Aus-wertung der Analysen erfolgte schließlich ebenfalls mit dem Programm Microsoft Excel 2010 sowie dem Statistikprogramm SAS (Version 9.2; SAS Institute Incorporation, Cary, NC).

3.4 Ergebnisse

Im Folgenden werden die Ergebnisse der Analyse vorgestellt. Dabei wird zunächst auf die Ergebnisse der Auswertung nach allgemeinen Kategorien (siehe Tabelle 3.2 linke Spalte) eingegangen und anschließend auf die Ergebnisse der Auswertung nach den speziellen Ka-tegorien im Hinblick auf ICD- und ESAW-Klassifikation (siehe Tabelle 3.2 rechte Spalte).

3.4.1 Ergebnisse der Auswertung nach allgemeinen Kategorien

In die Auswertung konnten insgesamt 1.732 Fälle eingeschlossen werden, die sich im Zeit-raum 2008 bis 2016 ereigneten. Diese unterteilten sich in 902 Verletzungen (52,1 %), 823 Erkrankungen (47,5 %) und sieben unklare Ereignissen (0,4 %) (siehe Abb. 3.1). Die Ereig-nisse fanden zu 57,6 % (998 Fälle) während der Bauphase und zu 42,4 % (734 Fälle) wäh-rend der Inbetriebnahme- (88 Fälle) und Betriebsphase (646 Fälle) statt (siehe Abb. 3.2).

26

Abb. 3.1: Art des medizinischen Ereignisses im Zeitraum 2008 bis 2016 (n=1.732).

Abb. 3.2: Projektphase des medizinischen Ereignisses (n=1.732).

In 696 von 1.732 Fällen (40,2 %) konnte der Zeitpunkt des medizinischen Vorfalls3 im Rah-men der vorliegenden Informationen nicht identifiziert werden (siehe Abb. 3.3). Die verblei-benden medizinischen Vorfälle fanden vorherrschend am Tage statt (857 Fälle; 49,5 %). 179 Fälle (10,3 %) ereigneten sich während der (astronomischen) Nacht. Bezogen auf die hin-sichtlich der Tageszeit auswertbaren Unfallverletzungen fanden diese zu 77,6 % am Tag und zu 22,4 % in der Nacht statt, während die bezüglich der Tageszeit auswertbare Erkran-kungsmeldungen zu 90,6 % am Tag und zu 9,4 % in der Nacht stattfanden. Eine genauere Darstellung der zeitlichen Verteilung im Tagesverlauf bezüglich der Unfallverletzungen er-folgt im Kapitel 3.4.2 unter dem Punkt „Ereigniszeitpunkt nach ESAW-Methode“.

33

Als Zeitpunkt des medizinischen Vorfalls gilt in der vorliegenden Studie bei Unfallverletzungen der Zeitpunkt des Unfallereignisses, während bei Erkrankungen i. d. R. der Zeitpunkt der Meldung des Erkrankung gemeint ist, da im Falle von Erkrankungen eine Bestimmung des ursächlichen Zeitpunkts i. d. R. nicht möglich ist.

Verletzungen 52,1%

Erkrankungen 47,5%

unklar 0,4%

Art des medizinischen Ereignisses

Verletzungen

Erkrankungen

unklar

0

200

400

600

800

1000

1200

Bau Inbetriebnahme Betrieb

An

zah

l

Projektphase

27

Abb. 3.3: Tageszeit des medizinischen Ereignisses4 (n= 1.732).

Als Ereigniskategorien standen mit 910 Ereignissen (52,5 %) vornehmlich medizinische Be-handlungsfälle (MTC; Medical Treatment Case) im Vordergrund, gefolgt von 432 Ereignissen (24,9 %), die nur eine Erste Hilfe (FAC; First Aid Case) erforderten, sowie 280 Ereignissen (16,2 %), die zu mindestens einem Ausfalltag (LTC; Lost Time Case) führten (siehe Abb. 3.4). 103 Fälle (6,0 %) konnten keiner dieser Rubriken zugeordnet werden. Sieben Ereignis-se (0,4 %) führten zum Tode (F; Fatality).

Abb. 3.4: Kategorie des medizinischen Ereignisses (n=1.732).

Ort des medizinischen Vorfalls war in 668 Fällen das Errichterschiff (38,6 %), in 486 Fällen (28,1 %) Plattformen und in 254 Fällen (14,7 %) sonstige Schiffe. 307 Fälle (17,7 %) fanden in Windenergieanlagen und fünf Fälle (0,3 %) im Wasser statt (siehe Abb. 3.5). 12 Fälle (0,7 %) konnten nicht lokalisiert werden.

4 n/a = not available.

485

140

277

367

38

418

5

1

1

0

100

200

300

400

500

600

700

800

900

Tag Nacht n/a

An

zah

l

unklar

Erkrankung

Verletzung

0

100

200

300

400

500

600

700

800

900

1000

FAC MTC LTC F n/a

An

zah

l

Ereigniskategorie

28

Abb. 3.5: Ort des Ereignisses (n=1.732).

Von den 307 Ereignissen, die in bzw. an Windenergieanlagen stattfanden, konnten 227 be-züglich einer genaueren Lokalisation ausgewertet werden (siehe Abb. 3.6). Dabei stand der Bereich „Transition Piece“ mit 62 (27,3 %), „Maschinenhaus“ mit 53 (23,3 %), Nabe mit 45 (19,8 %) und Turm mit 41 (18,1 %) im Vordergrund. 13 Vorfälle ereigneten sich am Boat-landing (5,7 %), 10 im Bereich der Windenbetriebsfläche (4,4 %) und drei im Rotorblatt (1,3 %).

Abb. 3.6: Genauer Ort, wenn Ereignis in oder an WEA stattfand (n=227).

Bezüglich der Unfallarten konnten insgesamt 806 Ereignisse ausgewertet werden (siehe Abb. 3.7). Bei den Unfallarten standen durch äußere mechanische Einflüsse bedingte Unfälle („getroffen von“, „geraten in“, „gestoßen an“, etc.) prozentual deutlich im Vordergrund (449 Fälle; 55,7 %), gefolgt von sogenannten SRS-Unfällen (Stolpern/Rutschen/Stürzen; 186; 23,1 %). 59 Ereignisse (7,3 %) standen mit „Fremdkörper im Auge“ in Verbindung und 36 (4,5 %) Ereignisse hatten einen elektrischen Hintergrund. Diesen folgten Unfälle mit Gefahr-stoffen (20 Fälle; 2,5 %), Abstürze (18; 2,2 %), Unfälle thermischer Natur (17, 2,1 %) sowie Tauchunfälle (6; 0,7 %). In neun Fällen (1,1 %) war die Unfallart unklar und sechs Fälle

Errichterschiff 38,6%

Plattform 28,1%

Sonst. Schiffe 14,7%

WEA 17,7%

Wasser 0,3%

n/a 0,7%

Ort des Ereignisses

Errichterschiff Plattform Sonst. Schiffe WEA Wasser n/a

0

10

20

30

40

50

60

70

An

zah

l

Genauer Ort bei WEA

29

(0,7 %) konnten sonstige Unfallarten (z. B. nichtthermischen Strahlenschäden) zugeordnet werden.

Abb. 3.7: Unfallart (n=806).

Hinsichtlich der Verletzungsarten konnten 879 Fälle ausgewertet werden (siehe Abb. 3.8). Dabei standen Kontusionen (259 Fälle; 29,5 %), Schnittwunden (138; 15,7 %), Distorsionen (114; 13,0 %), sonstige Wunden (111; 12,6 %) und Augenverletzungen (88; 10,0 %) im Vor-dergrund. Nachrangig zeigten sich Verletzungsarten wie Muskelzerrungen (36; 4,1 %), Kno-chenbrüche (32; 3,6 %), Stromschläge (30; 3,4 %), Brandverletzungen (22; 2,5 %), Verlet-zungen durch oberflächliche Fremdkörper (z. B. Splitterverletzung; 10; 1,1 %), Zahnverlet-zungen (7; 0,8 %), Luxationen (7; 0,8 %) sowie vier Amputationsverletzungen (0,5 %). Sons-tige Verletzungen traten zu 2,4 % (21 Fälle) auf. Eine detaillierte Betrachtung der Rubrik „Wunde“ ist in Abb. 3.9 gegeben.

Abb. 3.8: Verletzungsart (n=879).

050

100150200250300350400450500

An

zah

l Unfallart

0

50

100

150

200

250

300

An

zah

l

Verletzungsart

30

Abb. 3.9: Sonstige Wunden (n=111).

Im Hinblick auf die verletzten Körperregionen zeigt sich, dass vornehmlich die oberen und unteren Extremitäten (43,8 % bzw. 22,2 %) sowie der Kopf (18,6 %) betroffen waren (siehe Abb. 3.10). Der Rücken (2,5 %), der Brustkorb (1,9 %) sowie die restlichen Körperregionen (Becken, Hals, Bauch) wurden mit jeweils ca. 0,5-1,0 % deutlich weniger häufig verletzt. Mehrere Körperregionen waren in 1,6 % der Fälle, der ganze Körper in 4,1 % der Fälle be-troffen. In 3,1 % der Fälle konnte die verletzte Körperregion nicht identifiziert werden. Eine genauere Auswertung im Hinblick auf die verletzten Körperteile erfolgte im Rahmen der Auswertung nach ESAW (s. u.).

Abb. 3.10: Verletzte Körperteile (n=902).

Bezüglich der mit einem Unfallgeschehen im Zusammenhang stehenden Arbeitsprozesse und spezifischen Tätigkeiten konnten 753 Fälle von den 902 Unfallverletzungen ausgewertet werden (siehe Abb. 3.11). Dabei standen Handwerksarbeiten mit 28,2 %, die allgemeine Fortbewegung mit 19,1 % sowie Versatz- und Verladearbeiten mit 8,6 % prozentual deutlich

38

23

9 5

10

26

0

5

10

15

20

25

30

35

40A

nza

hl

Sonstige Wunden

395

200 168

23 17 9 7 4 14 37 28

050

100150200250300350400450

An

zah

l

Verletzte Körperregion

31

im Vordergrund. Prozesse und Arbeiten wie Reinigungs-/Aufräumarbeiten (4,2 %), Heben und Tragen (3,3 %), Überstieg (2,4 %), Überwachung/Messung (1,4 %), Personenversatz (1,0 %) und Taucharbeiten (0,6 %) traten quantitativ in den Hintergrund. Zudem wurden bei 132 Vorkommnissen (14,6 %) sonstige Tätigkeiten ausgeführt. Bei 149 Unfallverletzungen (16,5 %) war die Tätigkeit nicht dokumentiert.

Allerdings darf an dieser Stelle nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Diagnose „Rücken-schmerzen“– obgleich in dieser Analyse als Erkrankung klassifiziert – in 19 Fällen im Zu-sammenhang mit dem Arbeitsprozess „Heben/Tragen“ und in vier Fällen im Zusammenhang mit „Handwerksarbeiten“ stand, und daher einer besonderen Aufmerksamkeit bedarf (siehe unten).

Abb. 3.11: Arbeitsprozess, der mit einer Verletzung in Verbindung stand (n=902).

Von den insgesamt 823 Erkrankungen, die im Betrachtungszeitraum erfasst und dokumen-tiert waren, konnten 794 Fälle hinsichtlich der Art der Erkrankung ausgewertet werden (siehe Abb. 3.12). Hauptsächliche Erkrankungsarten standen im Zusammenhang mit Schmerzen (31,0 %) sowie Beschwerden des Atmungssystems (28,6 %) gefolgt von Hauterkrankungen (8,1 %) und Erkrankungen des Verdauungssystems (6,2 %). Untergeordnet fanden sich Ki-netosen (3,7 %), Herz-Kreislauf-Erkrankungen (3,3 %), Bindehautentzündungen (2,5 %), körperliche Befindlichkeitsstörungen (2,3 %), Herpesinfektionen (1,4 %), psychische Befind-lichkeitsstörungen (1,1 %), Sodbrennen (1,0 %). Schlafstörungen (0,8 %) und Bewusstseins-störungen (0,6 %). Sonstige Erkrankungen machten in dieser Darstellung 9,6 % der aus-wertbaren Fälle aus.

Die 246 Fälle von Schmerzen unterteilen sich in Rückenschmerzen (81 Fälle), Kopfschmer-zen (52 Fälle), Zahnschmerzen (27 Fälle), Bauchschmerzen (24 Fälle), Ohrenschmerzen (13 Fälle), Schmerzen im Knie (12 Fälle), Schmerzen im Fuß (8 Fälle), Nackenschmerzen (7 Fälle), Schmerzen in der Brustgegend (7 Fälle), Schulterschmerzen (6 Fälle) sowie sonstige Schmerzen (9 Fälle) (siehe Abb. 3.13), wobei hinsichtlich der Rückenschmerzen – wie oben schon erwähnt – 23 Fälle im Zusammenhang mit „Heben/Tragen (19 Fälle) und „Hand-werksarbeiten“ (4 Fälle) standen.

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Arbeitsprozess

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Abb. 3.12: Erkrankungsarten (n=794).

Abb. 3.13: Schmerzen (n=246).

Bezüglich eines notfallmäßigen Rücktransports des Erkrankten oder Verletzten an Land bzw. eines Verbleibs des Betroffenen im Windpark konnten insgesamt 1.223 Fälle ausgewertet werden. Während in 928 dieser Fälle (75,9 %) kein notfallmäßiger Rücktransport stattfand, kam es in 295 Fällen (24,1 %) zu einer medizinischen Evakuierung (MedEvac) der Patienten (siehe auch Abb. 3.14). In 225 Fällen kam dabei ein Hubschrauber als Rettungseinheit zum Einsatz (18,4 %), wohingegen ein Schiff bei 70 medizinischen Notfällen (5,7 %) das Ret-tungsmittel der Wahl war. Bei 147 (49,8 %) dieser insgesamt 295 Einsätze wurden Unfallver-letzte transportiert. Während die Helikoptereinsätze in etwa gleicher Anzahl verletzungs- (~46 %) und erkrankungsbedingt (~54 %) waren, kamen Schiffseinsätze etwas mehr bei Ver-

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Schmerzen

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letzungen (~63 %) als bei Erkrankungen (~37 %) vor. Generell zu berücksichtigen ist an die-ser Stelle allerdings, dass in 509 aller Fälle (29,4 % von insgesamt 1.732 Ereignissen) keine Informationen zu einem möglichen notfallmäßigen Rücktransport vorlagen.

Abb. 3.14: Medizinische Evakuierungen (n=1.223).

3.4.2 Ergebnisse der Auswertung nach speziellen Kategorien

ICD

Von den insgesamt 1.732 dokumentierten Ereignissen konnten 1.697, d. h. 98 % nach ICD-Klassifikation kodiert werden. In Tabelle 3.3 auf Seite 34 ist die Anzahl der Diagnosen bezo-gen auf die einzelnen Kapitel nach ICD dargestellt. Zudem sind in Abb. 3.15 auf Seite 35 die Top 10 der in der vorliegenden Analyse am häufigsten vorkommenden ICD-Kategorien ab-gebildet. Diesen 10 Kategorien können demnach ca. 48 % aller Ereignisse zugeordnet wer-den. Ferner zeigt sich, dass offene Wunden des Handgelenkes und der Hand (ICD-Code S61) mit 8,0 %, akute Rhinopharyngitis (Erkältungsschnupfen; ICD-Code J00) mit 7,3 % und oberflächliche Verletzungen des Handgelenkes und der Hand (ICD-Code S60) mit 7,0 % die drei führenden Diagnosen sind. Aber auch Rückenschmerzen (4,9 %, ICD-Code M54) und Fremdköper im Auge (4,4 %, ICD-Code T15) sind relativ häufig vertreten.

Eine genauere Analyse der ermittelten ICD-Codes insbesondere im Zusammenhang mit an-deren Auswertungskategorien ist Gegenstand laufender Arbeiten im Rahmen einer Disserta-tion und wird nach Abschluss dieser Arbeiten gesondert veröffentlicht.

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kein Helikopter Schiff

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Erkrankung

Verletzung

34

Tabelle 3.3: Anzahl der Diagnosen bezogen auf die einzelnen Kapitel nach ICD (n=1.697).

Kapitel Gliederung Titel Anzahl

I A00-B99 Bestimmte infektiöse und parasitäre Krankheiten 65

II C00-D48 Neubildungen 0

III D50-D90 Krankheiten des Blutes und der blutbildenden Organe sowie bestimmte Störungen mit Beteiligung des Immun-systems

0

IV E00-E90 Endokrine, Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten 1

V F00-F99 Psychische und Verhaltensstörungen 8

VI G00-G99 Krankheiten des Nervensystems 13

VII H00-H59 Krankheiten des Auges und der Augenanhangsgebilde 29

VIII H60-H95 Krankheiten des Ohres und des Warzenfortsatzes 16

IX I00-I99 Krankheiten des Kreislaufsystems 22

X J00-J99 Krankheiten des Atmungssystems 212

XI K00-K93 Krankheiten des Verdauungssystems 48

XII L00-L99 Krankheiten der Haut und der Unterhaut 43

XIII M00-M99 Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems und des Bin-degewebes

142

XIV N00-N99 Krankheiten des Urogenitalsystems 6

XV O00-O99 Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett 0

XVI P00-P96 Bestimmte Zustände, die ihren Ursprung in der Perina-talperiode haben

0

XVII Q00-Q99 Angeborene Fehlbildungen, Deformitäten und Chromo-somenanomalien

0

XVIII R00-R99 Symptome und abnorme klinische und Laborbefunde, die anderenorts nicht klassifiziert sind

164

XIX S00-T98 Verletzungen, Vergiftungen und bestimmte andere Fol-gen äußerer Ursachen

928

XX V01-Y84 Äußere Ursachen von Morbidität und Mortalität 0

XXI Z00-Z99 Faktoren, die den Gesundheitszustand beeinflussen und zur Inanspruchnahme des Gesundheitswesens führen

0

XXII U00-U99 Schlüsselnummern für besondere Zwecke 0

35

Abb. 3.15: Top 10 der Diagnosen nach ICD (n=1.697).

Ereigniszeitpunkt nach ESAW-Methode

Bezüglich des Ereigniszeitpunkts im Tagesverlauf konnten insgesamt 804 Ereignisse (46,4 % aller Fälle) ausgewertet werden. Diese untergliedern sich in 560 Unfallzeitpunkte, 241 Zeitpunkte von Erkrankungsmeldungen und drei Zeitpunkte, die im Hinblick auf eine Zuordnung zu Verletzungen oder Erkrankungen unklar waren.

In Abb. 3.16 sind die Unfallzeitpunkte im Tagesverlauf dargestellt, während in Abb. 3.17 die Meldezeitpunkte im Falle von Erkrankungen angegeben sind. Dabei bedeutet Code 00 den Zeitraum von 00:00 bis 00:59, Code 01 den Zeitraum von 01:00 bis 01:59, Code 02 den Zeit-raum von 02:00 bis 02:59, usw.

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ICD-Code (Top 10)

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Abb. 3.16: Unfallzeitpunkt (Tagesuhrzeit in h; n=560).

Abb. 3.17: Meldezeitpunkt (Tagesuhrzeit in h) bei Erkrankungen (n=241).

ESAW-Code „Art der Verletzung“

Im Hinblick auf die Art der Verletzung nach ESAW-Methodik konnten alle 902 Fälle kodiert werden. Demnach sind oberflächliche Verletzungen mit 381 Fällen (42,2 %) dominierend, gefolgt von offenen Wunden mit 216 Fällen (23,9 %) sowie Verstauchungen und Zerrungen mit 153 Fällen (17,0 %). Andere Verletzungsarten summieren sich in dieser Darstellung auf 152 Fälle (16,9 %), wobei bei 22 Fällen (2,4 %) die Art der Verletzung nicht bekannt oder nicht spezifiziert war.

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Meldezeitpunkt bei Erkrankungen

37

Abb. 3.18: Art der Verletzung nach ESAW-Methodik (n=902).

ESAW-Code „Betroffenes Körperteil“

Bezüglich der betroffenen Körperteile gemäß ESAW-Methodik ergibt sich folgendes Bild (siehe Abb. 3.19): In 33,4 % der Unfälle war die Hand (exkl. Handgelenk) betroffen. Bein- einschl. Knie- (ca. 10,9 %), Fuß- einschl. Sprunggelenk (10,6 %) und Augenverletzungen (10,0 %) folgten prozentual nahezu gleichrangig mit Schulter- und Armverletzungen (8,4 %). Weitere Kopfverletzungen waren mit in Summe 7,2 % vertreten. In 3,1 % der Fälle konnte der verletzte Körperteil leider nicht identifiziert werden.

Weitere Analysen der ermittelten ICD-Codes insbesondere im Hinblick auf die Variablen der „Phase III“ (Variablen über Ursachen und Begleitumstände) sowie im Zusammenhang mit anderen Auswertungskategorien sind Gegenstand laufender Arbeiten im Rahmen einer Dis-sertation und werden nach Abschluss dieser Arbeiten gesondert veröffentlicht.

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Art der Verletzung nach ESAW-Methodik

38

Abb. 3.19: Betroffenes Körperteil nach ESAW-Methodik (n=902).

3.5 Diskussion

Insgesamt weist die quantitative Verteilung der Offshore-Unfallarten deutliche Analogien zu Onshore-Windparks auf [28]. Im Vordergrund stehen dabei mechanisch bedingte Unfallarten sowie die Gruppe der Stolpern-Rutschen-Stürzen-Unfälle. Die niedrigen Prozentanteile von Absturzunfällen am Gesamtunfallgeschehen werden – wie bereits vom ROW-Team für den Bereich der Onshore-WEA in [28] diskutiert – der ausgeprägten Sicherheits- und Siche-rungsmentalität des im Offshore-Windbereich arbeitenden Personals in deren Umgang mit der persönlichen Schutzausrüstung gegen Absturz (PSAgA) zugeschrieben. Gegenüber den geringen Zahlen der Absturzunfälle bezogen auf das Gesamtunfallgeschehen im Offshore- und Onshore-Windbereich sind dagegen aus dem deutschen Baugewerbe Anteile von bis zu 10 % (gesamte deutsche Bauwirtschaft; [29]) sowie von ca. 14,5 % bis 18,6 % in spezifi-schen Branchen wie dem Gerüst- und Montagebau in Teilen des ostdeutschen Baugewerbes bekannt [30].

Im Hinblick auf die verletzten Körperregionen zeigte sich, dass analog zur deutschen Bau-wirtschaft [29] vornehmlich die oberen und unteren Extremitäten sowie der Kopf betroffen sind. Der hohe Prozentsatz von Handverletzungen (33,4 %) geht überein mit aktuellen statis-tischen Erhebungen der Deutschen Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) [31], denen zu-folge die Hand in 33,3 % aller meldepflichtigen Unfälle im Gesamtfeld des betrieblichen Ar-

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Betroffenes Körperteil nach ESAW

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beitsunfallgeschehens im Einzugsbereich der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) als verletztes Körperteil betroffen ist. Es kann somit abgeleitet werden, dass die ho-hen Prozentanteile von Handverletzungen sowohl in der deutschen Offshore-Windindustrie als auch im gesamten deutschen betrieblichen Arbeitsunfallgeschehen im Zusammenhang mit den vornehmlichen und wiederkehrenden spezifischen manuellen Arbeitsprozessen und Tätigkeiten stehen

Die Summe der Extremitäten- und Kopfverletzungen in Offshore-Windparks (ca. 85 %) deck-te sich näherungsweise mit den Angaben von etwa 88 % für das gesamte deutsche betriebli-che Unfallgeschehen [31]. Bemerkenswert ist dass der Anteil an Kopfverletzungen in Offsho-re-Windparks mit 18,6 % einen mehr als doppelt so hohen Prozentsatz wie im sonstigen be-trieblichen Arbeitsumfeld (8,6 %) einnimmt.

Auch bei den Verletzungsarten lassen sich Analogien zwischen den Offshore-Windparks und dem gesamten deutschen betrieblichen Arbeitsunfallgeschehen ableiten. Aktuelle Erhebun-gen der DGUV [31] für das gesamte betriebliche Unfallgeschehen zeigen, dass vorwiegend Verletzungen wie Kontusionen (Prellungen, Quetschungen, Schürfwunden) und Distorsionen (Verstauchungen und Zerrungen; Gesamtsumme: 47,6 %) sowie oberflächliche Wunden (20,7 %) auftreten. Im Bereich der deutschen Offshore-Windparks traten 42,2 % Kontusionen und Distorsionen sowie 23,9 % oberflächliche Wunden auf.

3.6 Ausblick

Eine tiefergehende Analyse der im Rahmen des Projekts erhobenen Datensätze inklusive gegebenenfalls noch zusätzlicher, seitens einiger Unternehmen zugesagter Datensätze für den Zeitraum 2008 bis 2016 ist Gegenstand laufender Arbeiten. Diese inkludieren insbeson-dere auch die Analyse der Variablen der „Phase III“ (Variablen über Ursachen und Begleit-umstände) sowie multivariate Analysen der vorliegenden Daten. Aufgrund der Datenmenge und der Anzahl der hiermit möglicherweise zu beantwortenden Fragestellungen wird diese Analyse noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Es ist fest geplant, die diesbezüglichen Er-kenntnisse in geeigneter Form in Fachzeitschriften nach Vorliegen der Analyseergebnisse zu veröffentlichen.

Übergeordnet kann festgehalten werden, dass die retrospektiven Informations- und Daten-sammlungen von verschiedenen Betreibern, Betrieben und zuständigen Behörden bezüglich der Unfall-, Verletzungs- und Akuterkrankungsmuster in deutschen Offshore-Windparks im Rahmen der vorliegenden Studie von erheblichen strukturellen und inhaltlichen Unterschie-den sowie von deutlicher Inhomogenität gekennzeichnet waren. Bereits auf betrieblicher Ebene unterscheiden sich die methodischen Erfassungsansätze im Hinblick auf die Melde-schwelle und die Qualität und Quantität des Formularwesens erheblich.

Grundsätzlich ist die innerbetriebliche Dokumentation zur eigenen Qualitätskontrolle in ihrem Umfang nicht gesetzlich geregelt. Dies hat zur Folge, dass betriebliche Ereignismeldungen von kurzen stichpunktartigen Meldungen, in denen lediglich Eckdaten des Ereignisses er-fasst werden, bis hin zu deren Erfassung in umfangreichen Datenbanken reichen. Ein ge-meinsamer Kerndatensatz existiert nicht und so sind die Zusammenführung dieser Meldun-gen sowie deren systematische Auswertung nur sehr eingeschränkt und mit hohem Arbeits-aufwand möglich.

Um ein Höchstmaß an Homogenisierung und Standardisierung bei der zukünftigen Erfas-sung und Auswertung derartiger Informationen und Daten zu gewährleisten, wurde im Rah-men des ROW-Forschungsprojekts konzeptionell ein „Zentrales Medizinisches Offshore Re-gister“ (ZeMOR) entwickelt und erprobt [9, 10, 19]. Mit einer zukünftigen Implementierung von ZeMOR steht den im Offshore-Windbereich tätigen Unternehmen ein wirksames Instru-ment zur Evaluation und Optimierung der bisher umgesetzten Maßnahmen sowie zur Über-prüfung der Qualität der medizinischen Versorgung Unfallverletzter und Erkrankter in Offsho-re-Windparks zur Verfügung.

40

4 Erste Hilfe

Die Maßnahmen der Ersten Hilfe dienen der Überbrückung der Zeit vom Auffinden der ver-letzten bzw. erkrankten Person bis zum Eintreffen professioneller (notfall-)medizinischer Ret-tungskräfte. Im Rahmen der im Fachbereich Erste Hilfe der Deutschen Gesetzlichen Unfall-versicherung angesiedelten Projektgruppe „Rettung und Erste Hilfe Offshore“ wurde eine Empfehlung „Erste Hilfe in Offshore-Windparks“ erarbeitet [20, 32, 33] und Anfang 2014 auf der Homepage des Fachbereichs veröffentlicht. Diese wurde während des Berichtszeitraums im Rahmen eines Folgeprojekts fortentwickelt und liegt nunmehr als dritte Version [34, 35] sowie in einer englischsprachigen Übersetzung [36] vor.

Zur Evaluation und Fortentwicklung dieser Empfehlung wurde im November 2015 ein Work-shop durchgeführt, an dem Vertreter der Offshore-Unternehmen, Anbieter von telemedizini-schen Leistungen für den Offshore-Bereich sowie Bildungseinrichtungen, welche einen Kurs zum Ersthelfer-Offshore gem. Fachbereichsinformation zu diesem Zeitpunkt bereits anboten bzw. in Kürze anbieten wollten, aktiv teilnahmen und über ihre bisherigen Erfahrungen bei der Umsetzung des Konzepts berichteten. Zudem wurden im Rahmen einer im Vorfeld durchgeführten Befragung der Bildungseinrichtungen einige Basisdaten erhoben, die einen groben Überblick über die bisherige Umsetzung im Hinblick auf entsprechende Weiterbil-dungslehrgänge geben sollte. Ferner wurde eine empirische Befragung von Trainingsteil-nehmern zu Unfallgeschehen und Verletzungen in deutschen Offshore-Windparks bei zwei verschiedenen Trainingsanbietern durchgeführt, um deren Kenntnis- und „Präventionsstand“ zu bestimmten Fragestellungen zu erfassen, mögliche Lernerfolge der Befragten im Training abzuleiten sowie mithilfe einer punktuell vorzuschlagenden Optimierung von Trainingsinhal-ten weiteren positiven Einfluss auf die Arbeitssicherheit und die Prävention von Arbeitneh-mern in Offshore-Windparks nehmen zu können.

Aufgrund ihrer Bedeutung sowohl für den Bereich der Ersten Hilfe als auch der medizini-schen Versorgung durch professionelles Personal wurde der Telekonsultation als unterstüt-zender Prozess in der Rettungskette Offshore Wind ein eigenständiges Kapitel (s. Kapitel 5) gewidmet.

4.1 ROW-Workshop „Erste Hilfe in Offshore-Windparks“

Im November 2015 wurde in Kooperation mit dem Fachbereich Erste Hilfe der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) und der Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse (BG ETEM) ein ganztätiger Workshop zur Ersten Hilfe in Offsho-re-Windparks (OW-P) durchgeführt. Ziel dieser Veranstaltung war, anhand von Vorträgen aus Offshore-Betrieben und der Gemeinschaft der Trainingsanbieter den Stand der Umset-zung der Fachbereichsinformation „Erste Hilfe in Offshore-Windparks“ zu diskutieren sowie Möglichkeiten für die Evaluierung des Weiterbildungskonzepts zum Ersthelfer-Offshore zu kommunizieren und vorzubereiten.

Im Rahmen dieser Veranstaltung wurden Ergebnisse einer zuvor durchgeführten (schriftli-chen) Befragung zur Umsetzung der Fachbereichsinformation bei verschiedenen Bildungs-einrichtungen vorgestellt. Demnach wurden bis November 2015 bei sechs Bildungseinrich-tungen, die sich an der Umfrage beteiligten hatten, 86 Lehrgänge zum Ersthelfer-Offshore mit insgesamt 896 Teilnehmern durchgeführt. Die ersten Lehrgänge fanden dabei bereits im April 2014 statt. Drei der sechs Bildungseinrichtungen hatten zum Zeitpunkt der Erhebung zudem bereits Refresher-Kurse für den Ersthelfer-Offshore durchgeführt.

An der Veranstaltung selbst nahmen insgesamt 108 Personen teil, wobei das Teilnehmerfeld im Hinblick auf vertretene Branchen recht heterogen ausfiel (s. Abb. 4.1). Es wurden acht Vorträge gehalten, wobei zwei Vorträge dem Thema Telekonsultation Offshore gewidmet waren.

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Abb. 4.1: Zusammensetzung der Teilnehmer am ROW-Workshop „Erste Hilfe in Offshore-Windparks“.

Im Fazit der Veranstaltung konnte festgehalten werden, dass die den Weiterbildungslehr-gängen zugrunde liegenden Schulungskonzepte eine starke Gewichtung auf den praktischen Teil (Skill-Training, Szenario-basiertes Training) vorsehen und grundsätzlich ein positives Feedback sowohl von den Kursteilnehmern (Bezug zum Arbeitsumfeld, realitätsnahe Fallbei-spiele, hoher Praxisteil etc.) als auch von den Ausbildern (Ausbildung zu Windpark-spezifischen Themen möglich, hohe Motivation bei den Kursteilnehmern etc.) zu verzeichnen ist. Kritisch hinterfragt wurden u. a.

der für den Weiterbildungskurs vorgesehene zeitliche Umfang,

das Fehlen der Angabe einer maximalen Teilnehmerzahl sowie des Trainer-Teilnehmer-Verhältnisses (insbesondere im Hinblick auf die praktischen Kursanteile),

die ggf. zu niedrigen Anforderungen an Ausbildungsstellen und Ausbilder,

eine fehlende Zertifizierung der Ausbildungsstellen sowie

die nach wie vor uneinheitliche technische Umsetzung der Kommunikationsanbindung.

Insgesamt konnte eine hohe Akzeptanz für das erarbeitete Konzept des Ersthelfers-Offshore bei den Teilnehmern festgestellt werden, wenngleich einige Aspekte der Empfehlung einer Konkretisierung, z. B. im Hinblick auf Telekonsultation, Erste-Hilfe-Räume und Notfallmedi-kation bedurften. Neben der Hervorhebung der Gefährdungsbeurteilung mit Hinweisen zu deren Umsetzung (exemplarische Maßnahmenmatrix), einer Überarbeitung der Anforderun-gen an die Ausbildungsstellen und Ausbilder und einer Spezifizierung der Qualifikation pro-fessionellen Rettungsfachpersonals vor Ort („Offshore-Medic“) wurde gerade letzteres bei der Fortentwicklung der Fachbereichsinformation berücksichtigt. In diesem Zusammenhang sollte die Fachbereichsinformation auch in Zukunft ein fortlaufend – und möglichst anhand von Praxiserkenntnissen – adaptiertes und aktualisiertes Schriftstück sein, welches dem Un-ternehmer in Form einer Empfehlung wesentliche Hilfestellungen für die Sicherstellung der Ersten Hilfe in Offshore-Windparks sowie bei der erforderlichen Planung und Umsetzung von Maßnahmen der medizinischen Erstversorgung und Organisation der Rettung unter den be-sonderen Bedingungen im Offshore-Bereich gibt.

4.2 Empirische Befragung von Trainingsteilnehmern zu Unfallkontexten und Verletzungsmustern

Die empirische Befragung von Trainingsteilnehmern zu Unfallgeschehen und Verletzungen in deutschen Offshore-Windparks wurde zwischen Juni und Dezember 2016 bei zwei ver-schiedenen Trainingsanbietern durchgeführt. Es handelte sich dabei um die Firma „ISC Trai-

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ning & Assembly GmbH“ (Molfsee/Rostock) und die „OffTEC Base GmbH & Co. KG“ (Enge-Sande). Während sechs Trainingsterminen konnten insgesamt 54 Personen jeweils vor (Erstbefragung) und nach (Zweitbefragung) den zweitägigen Trainingsmodulen „Ersthelfer Offshore“ bzw. „Sea Survival“ befragt werden. Für die Auswertungen wurden primär die Erstbefragungen herangezogen. Die Ergebnisse wurden mit statistischen Erhebungen der ersten Phase des ROW-Forschungsprojekts verglichen.

4.2.1 Zusammenfassung

Die quantitative Auswertung der 54 Erstbefragungen verdeutlicht, dass die Aussagen der befragten Trainingsteilnehmer zur Häufigkeit von Unfall- und Verletzungsvorkommnissen in deutschen Offshore-Windparks in ihrer Gesamtheit in wesentlichen Teilen Übereinstimmun-gen mit den statistischen Auswertungen des ROW-Forschungsprojekts zeigen. So haben die Befragten das hohe Maß an „persönlichen Unfallursachen“ erkannt und die Windenergiean-lagen sowie Schiffe als Haupt-Unfallorte erfasst. Auch wurden „mechanische Umstände“ sowie „Stolpern/Rutschen/Stürzen“ von den Befragten als Haupt-Unfallarten realisiert. Die Trainingsteilnehmer sehen ebenfalls einen primären Unfallzusammenhang zu Montage- und Reparaturprozessen, welche wiederum vornehmlich mit manuellen Tätigkeiten als Unfall-relevante Arbeitsprozesse und spezifische Tätigkeiten einhergehen. Das deutlich erhöhte Auftreten von Distorsionen, Kontusionen und offenen Wunden als Haupt-Verletzungsarten wurde von den Befragten ebenso erkannt wie die Extremitäten und der Bereich Kopf/Gesicht als überwiegend verletzte Körperteile. Auch bei den Haupt-Unfalltageszeiträumen „morgens“, „nachmittags“ und „abends“ gab es wesentliche Übereinstimmengen mit den Erkenntnissen des ROW- Forschungsprojekts.

Weniger Übereinstimmungen bzw. sogar deutliche Abweichungen zwischen den Erhebun-gen im Trainingsumfeld und den statistischen Analysen des ROW-Forschungsprojektes zeig-ten sich jedoch in Teilaspekten der Fragen zu „Unfallorten“, „Unfallarten“, „spezifischen Tä-tigkeiten“ sowie „Verletzungsarten“ und „verletzte Körperteile“. Demzufolge wurden bei-spielsweise „Elektrische Anlagen“ – im Gegensatz zu den Erkenntnissen aus den statisti-schen Erfassungen – als häufiger Unfallort eingeschätzt. Einhergehend damit wurden Elekt-ro-Unfälle, aber auch insbesondere Absturzunfälle, als deutlich häufiger vorkommend einge-stuft, als statistisch erfasst. Die Verletzungsarten „Stromschlag“ und „Knochenbruch“ wurden ebenfalls durch die Befragten im Vergleich zu den statistischen Erkenntnissen überbetont. Als häufig von Verletzungen betroffene individuelle Körperteile wurden die Bereiche Hals, Schulter, Arm und Rücken – und in diesen Fällen nicht übereinstimmend mit den ROW-Erkenntnissen – eingestuft. Über die Gründe der „Überbetonung“ von Elektro- und Ab-sturzunfällen sowie der damit assoziierten vornehmlichen Verletzungen wie Stromschlag, thermische Einwirkung und Knochenbruch kann aus arbeitspsychologischer Sicht spekuliert werden, dass sich unter Umständen in diesen Bewertungen eher Befürchtungen oder gar „Ängste“ denn belastbares Wissen oder verlässliche Vermutungen der Befragten widerspie-geln.

Aufgrund der – im Vergleich zu den statistischen Erhebungen – insbesondere in der Zweitbe-fragung festgestellten Überbewertung bestimmter Unfallarten und Verletzungsmuster seitens der Trainingsteilnehmer sollte punktuell die Vermittlung bestimmter Trainingsinhalte ange-dacht werden. Auch das „Wissensverhältnis“ im Berufsgruppenvergleich zwischen den tech-nischen Berufsgruppen (Techniker, Industriekletterer, Taucher etc.) und den Führungskräften bzw. „Multiplikatoren“ (Ingenieure, HSE-Manager, Nautiker, Mediziner, Wissenschaftler) deu-tet an einigen Punkten darauf hin, dass spezifische Inhalte unter Umständen dezidierter an die Gruppe der Multiplikatoren herangetragen werden sollten. Primärursachen wie „Persönli-che Sorgen/Ängste“, „Private Probleme“ und „Suchtmittelmissbrauch“ sollten im Trainings-umfeld vom Trainer/Dozenten unter fachkundiger medizinischer bzw. arbeitspsychologischer Begleitung thematisiert und nach Möglichkeit in Gruppen oder Einzelgesprächen diskutiert werden.

43

4.2.2 Einleitung, Fragestellung und Zielsetzung

Einleitung

Die Verhütung von Arbeitsunfällen in Offshore-Windparks ist ein wichtiger Bestandteil der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes. Grundlage einer effektiven Prävention ist dabei – neben vielen anderen Faktoren – auch die tiefergehende Kenntnis der Mitarbeiter z. B. über den Unfallkontext und die daraus resultierenden Verletzungsmuster in Offshore-Windparks.

Um Aussagen zur aktuellen Kenntnis von Offshore-Mitarbeitern über Unfälle und Verlet-zungsmuster zu erhalten, wurde das persönliche Wissen zu diesem Themenfeld bei Offsho-re-Trainingsteilnehmern erfragt. Hierfür wurde ein Auskunftsbogen entworfen (Abb. 4.2), der sich auf Unfälle in Offshore-Windenergieanlagen (OWEA) oder im Offshore-Windpark (z. B. Umspannplattform, Transformatorenplattform, Wohnplattform; auch Schiff) bezieht.

Die persönlichen Erfahrungen der Trainingsteilnehmer mit Unfällen dienten somit als Basis für die wissenschaftlichen Auswertungen des ROW-Forschungsprojekts. Die Ergebnisse wurden mit den tatsächlich erhobenen statistischen Unfalldaten verglichen, um daraus in Form von Schlussfolgerungen Ansätze für ein punktuell optimiertes Training der Offshore-Mitarbeiter sowie eine verbesserte Prävention im Bereich der Arbeitssicherheit und des Ge-sundheitsschutzes abzuleiten.

Fragestellung

Wesentlicher Hintergrund der empirischen Untersuchung waren Fragestellungen zum Wis-sen der Befragten bezüglich des Themenfeldes „Unfall und Verletzung“ in Offshore-Windparks. Hierzu zählten i) die Erfassung und Quantifizierung des generellen Kenntnis-stands von Trainingsteilnehmern zu diesem Thema sowie in welchem Maße dieser Kennt-nisstand mit den statistischen Ergebnissen des ROW-Forschungsprojekts überein stimmt, ii) das mögliche Hinzulernen der Trainingsteilnehmer im Trainingsumfeld oder auch die Auf-nahme nicht zutreffenden Wissens, iii) die mögliche Veränderung des Beantwortungsverhal-tens der Teilnehmer bzw. der Qualität und Quantität der Antworten zwischen Erst- und Zweitbefragung sowie iv) das „Wissensverhältnis“ zwischen verschiedenen Berufsgruppen untereinander sowie zur Gesamtgruppe.

Zielsetzung

Ziel der empirischen Befragungen war es, mittels der Quantifizierung des Wissens der Trai-ningsteilnehmer zu obengenannten Fragestellungen deren Kenntnis- und „Präventionsstand“ zu erfassen, mögliche Lernerfolge der Befragten im Training abzuleiten sowie mithilfe einer in den Schlussfolgerungen punktuell vorzuschlagenden Optimierung von Trainingsinhalten weiteren positiven Einfluss auf die Arbeitssicherheit und die Prävention von Arbeitnehmern in Offshore-Windparks zu nehmen.

4.2.3 Methodik

Inhalt und Nomenklatur des Auskunftsbogens (Abb. 4.2) wurden an die im Rahmen des ROW-Forschungsprojekts bislang untersuchten Fragestellungen zu Unfall und Verletzung (z. B. [10, 37]) sowie an bestehende nationale [38] und internationale [25] Statistiken zum Unfall- und Verletzungsgeschehen angelehnt. Die Befragungen fanden an zwei Trainings-standorten (ISC Training & Assembly GmbH“, Rostock; OffTEC Base GmbH & Co. KG, En-ge-Sande) im Rahmen verschiedener Trainingsmodule (Ersthelfer Offshore, Sea Survival) statt. Im Rahmen von sechs Trainingsmodulen gaben insgesamt 54 Personen Auskunft.

Die Befragungen wurden jeweils vor („Erstbefragung“) und nach („Zweitbefragung“) dem jeweiligen zweitägigen Trainingsmodul mit identischen Auskunftsbögen durchgeführt. Die Befragungen fanden anonym und mit Einwilligung der Trainingsteilnehmer statt. Die Zuord-nung der Auskunftsbögen von Erst- und Zweitbefragung wurden mittels eines spezifischen Buchstaben-Codes gewährleistet (z. B. AA für Erstbefragung und AA’ für Zweitbefragung).

44

1

Einleitende Fragen i) Welche Tätigkeit üben Sie im Umfeld der Offshore-Windenergie aus? (Mehrfachnennungen möglich)

___________________________________________________________________________

ii) Seit wie vielen Jahren arbeiten Sie im Bereich der Offshore-Windenergie? <1 Jahr 1 Jahr - <3 Jahre 3 Jahre - <6 Jahre 6 Jahre - 10 Jahre >10 Jahre

iii) Wie häufig/regelmäßig arbeiten Sie auf Offshore-Windstrukturen? werktäglich 1-3 x pro 1 x pro 1 x pro Monat seltener

Arbeitswoche Arbeitswoche

iv) Arbeiten Sie vorwiegend während der Bau- oder der Betriebsphase? (Mehrfachnennungen möglich) Bauphase Betriebsphase

v) Auf Anlagen welchen Offshore-WEA Gründungstyps haben Sie bislang gearbeitet?

(Mehrfachnennungen möglich) Monopile Tripile Jacket andere

__________________________

vi) Auf welchem Typ Offshore-Plattform haben Sie bislang gearbeitet? (Mehrfachnennungen möglich) Umspann- Wohn- Transformatoren-

plattform plattform plattform andere

___________________________

vii) In welchen Seegebieten waren Sie bislang mit Bezug zur Offshore-Windenergie tätig?

(Mehrfachnennungen möglich) AWZ NORDSEE 12sm-Zone NORDSEE AWZ OSTSEE 12sm-Zone OSTSEE

anderes

____________________________

viii) Sind Sie ausgebildeter Ersthelfer-Offshore (EH-O) nach DGUV/BG? ja nein

2

Angaben zum selbst erfahrenen / erwarteten Unfall- und Verletzungs-

geschehen auf O-WEA bzw. in Offshore-Windparks

1. Bitte schätzen Sie die Häufigkeit der Unfallursachen (Technisch/Organisatorisch/Persönlich) bzw. deren Kombinationen ein. (Bitte von 7 ’ sehr häufig’ bis 1 ’sehr selten’ beziffern)

persönlich organisatorisch technisch technisch- organisatorisch- technisch- technisch-organis.-

persönlich persönlich organisatorisch persönlich

keine Einschätzung keine Antwort

2. Bitte schätzen Sie die Häufigkeit der vor den Unfallursachen liegenden Primärursachen (sog. ’root causes’) ein. (Bitte von 10 ’ sehr häufig’ bis 1 ’sehr selten’ beziffern)

Kosten- Zeit-/Termin- Personal- Hunger/Durst/ Schlafmangel/ Kälte/Wärme/ druck druck mangel/druck fehlender Klogang Seekrankheit Nässe etc.

Persönliche Private Suchtmittel- keine Einschätzung keine Antwort

Sorgen/Ängste Probleme missbrauch andere

____________________________

3. Bitte schätzen Sie die Häufigkeit der Unfallorte ein. (Bitte von 10 ’ sehr häufig’ bis 1 ’ sehr selten’

beziffern)

Windenergie- Elektr. Hochgeleg. Turm* Gründungs- Umspann- Wohn-

anlage* Anlagen Arbeitsplatz struktur* Plattform* Plattform*

Transformator- Schiff* keine Einschätzung keine Antwort Plattform* anderer

____________________________

*Bitte ergänzen Sie – falls möglich – Ihre Angaben in untenstehender Auswahl (ankreuzen)

3

4. Bitte schätzen Sie die Häufigkeit der Unfallarten ein. (Bitte von 10 ’ sehr häufig’ bis 1 ’ sehr selten’

beziffern)

Mechanisch* Elektro- Absturz* Stolpern/Rutschen/ Thermisch* Gefahrstoffe Tauchunfall

Unfall (>1m) Stürzen

Inhalations- (Beinahe-) keine Einschätzung keine Antwort

Trauma Ertrinken andere

_______________________ *Bitte ergänzen Sie – falls möglich – Ihre Angaben in untenstehender Auswahl (ankreuzen und eintragen)

5. Bitte schätzen Sie die Häufigkeit der Arbeitsprozesse, die mit einem Unfall in

Zusammenhang stehen, ein. (Bitte von 9 ’ sehr häufig’ bis 1 ’ sehr selten’ beziffern)

Montage- Prüf-/Kontroll- Wartungs- Reparatur- Transport- Anschlag- Reinigungs- arbeiten arbeiten arbeiten arbeiten arbeiten arbeiten arbeiten

Personen- keine Einschätzung keine Antwort

versatz andere

______________________

6. Bitte schätzen Sie die Häufigkeit der spezifischen Tätigkeiten ein, die während eines Unfalls

ausgeführt wurden. (Bitte von 8 ’ sehr häufig’ bis 1 ’ sehr selten’ beziffern)

Allg. Fort- Heben/Tragen/ manuelle Arbeiten m. Bedienung Führung Transp.-/

bewegung Ziehen/Schieben Handhabg. Handwerkz. Maschine Fördermittel

Anwesenheit keine Einschätzung keine Antwort

ohne Angabe andere

______________________

4

7. Bitte schätzen Sie die Häufigkeit der Verletzungsarten (infolge eines Unfalls) ein. (Bitte von 10

’ sehr häufig’ bis 1 ’ sehr selten’ beziffern)

Distorsion/ Offene Strom- Knochen- Ver- Dislokation/ Ampu- Augen- Commotio/

Kontusion* Wunden° schlag bruch brennung Luxation tation verletzg. Innere Verletzg.

andere *Umknicken / Verstauchen / Verdrehen / Dehnung / Zerrung / Quetschung / Prellung etc.

________________ °Riss-, Schnitt-, Stich-, Platz-, Schürf-, Kratzwunde etc.

keine Einschätzung keine Antwort

8. Bitte schätzen Sie die Häufigkeit der verletzten Körperregionen / Körperteile ein. (Bitte von 10

’ sehr häufig’ bis 1 ’ sehr selten’ beziffern)

Kopf/ Hals-/Schulter- Brust- Bauch-/Becken- Rücken Arm Hand Bein Fuß

Gesicht bereich bereich bereich

andere keine Einschätzung keine Antwort

_____________________

9. Bitte schätzen Sie die Häufigkeit der Unfallzeiträume ein. (Bitte von 6 ’ sehr häufig’ bis 1 ’ sehr selten’

beziffern)

morgens vormittags mittags nachmittags abends nachts

keine Einschätzung keine Antwort

10. Hatten Sie bereits Offshore einen Unfall oder eine Akuterkrankung? (wenn ja: bitte angeben, a-i)

a) Unfallursache ____________________ e) Spezifische Tätigkeit ____________________

b) Primärsache ____________________ f) Unfallart ____________________

c) Unfallort ____________________ g) Verletzungsart ____________________

d) Arbeitsprozess ____________________ h) Verletzter Körperteil ____________________

keine Antwort i) Akuterkrankung ____________________

11. Bitte schätzen Sie das prozentuale Verhältnis zwischen Unfällen (U) und Akuterkrank-ungen (A) in Offshore-Windparks ein. (Bitte ankreuzen/benennen)

30% U / 70% A 50% U / 50% A 70% U / 30% A anderes

___________________________

keine Einschätzung keine Antwort

A B

C D

Abb. 4.2: Mehrseitiger Auskunftsbogen für Trainingsteilnehmer der Module „Ersthelfer Offshore“ und „Sea Survi-val“.

45

Zunächst wurden Fragen zum persönlichen Tätigkeitsumfeld der Trainingsteilnehmer beant-wortet (Abb. 4.2 A). Des Weiteren wurde von den Befragten eine quantitative Bewertung der Vorkommenshäufigkeiten (gewusst oder vermutet) von Unfallursachen, Primärursachen (zeitlich/operativ vor den Unfallursachen liegende Gründe/Ereignisse), Unfallorten, Unfallar-ten, mit einem Unfall in Verbindung stehenden Arbeitsprozessen und spezifischen Tätigkei-ten, Verletzungsarten, verletzten Körperregionen, verletzten Körperteilen, Unfall-Tageszeiträumen sowie von eigenen möglichen Unfällen (oder Akut-Erkrankungen) vorge-nommen (Abb. 4.2 B, C, D).

Hierbei kam ein Ziffersystem zur Anwendung, welches den Befragten eine Einstufung (quan-titative Bewertung) der Vorkommenshäufigkeit eines bestimmten Sachverhaltes oder Pro-zesses von z. B. „1 (sehr selten)“ bis „10 (sehr häufig)“ erlaubte. Das Ziffersystem variierte von Frage zu Frage je nach Anzahl der zu bewertenden Sachverhalte bzw. Prozesse (Rubri-ken; vergleiche Abb. 4.2).

Die Trainingsteilnehmer hatten bei jeder Frage die Möglichkeit, sowohl deren Beantwortung gänzlich zu verweigern als auch die Rubriken “keine Antwort“ bzw. “keine Einschätzung“ anzukreuzen. Die quantitative Auswertung der Analysen erfolgte mit den Programm Micro-soft Excel 2010 (Microsoft Corporation, Redmond, WA, USA) und dem Statistikprogramm SAS (Version 9.2; SAS Institute Incorporation, Cary, NC).

4.2.4 Ergebnisse

Zusammensetzung Grundgesamtheit der befragten Trainingsteilnehmer

Die Grundgesamtheit der Befragten setzte sich – bei semi-quantitativer Betrachtungsweise – zu ca. 96 % aus männlichen und zu ca. 4 % aus weiblichen Trainingsteilnehmern zusam-men. Das Lebensalter der befragten Trainingsteilnehmer lag etwa zwischen 20 Jahren und >50 Jahren. Insgesamt wurden 33 Personen im Rahmen des Trainingsmoduls „Ersthelfer Offshore“ befragt, während 21 der Befragten am Modul „Sea Survival“ teilnahmen. Etwa 54 % der Personen gehörten technischen und Ingenieur-Berufen an (inklusive Taucher; Abb. 4.3), während sich ca. 21 % der Befragten auf Berufsgruppen wie Führungskräfte, HSE-Manager, Nautiker, Mediziner und Wissenschaftler verteilten. Die restlichen 25 % der Trai-ningsteilnehmer waren Praktikanten (ca. 8 %) oder machten keine Angaben zu ihrem Beruf bzw. ihrer Tätigkeit.

Abb. 4.3: Berufliche Zusammensetzung der befragten Trainingsteilnehmer.

46

Beantwortungsqualität und semi-quantitative Ergebnisse

In der Gesamtbetrachtung aller Befragungsergebnisse zeigte sich bei den meisten Fragen ein recht hohes Übereinstimmungsniveau mit den statistischen Erhebungen des ROW-Forschungsprojekts [9, 10]. Jedoch wurden nicht alle Fragebögen von den Teilnehmern voll-ständig bearbeitet. Dies traf insbesondere auf die Zweitbefragung zu. Zudem wurde von mehreren Personen bei bestimmten Fragen (z. B. zu „Spezifische Tätigkeiten“, „Verlet-zungsarten“ und „Verletzte Körperteile“) in der zweiten Befragung weniger übereinstimmend mit den ROW-Forschungsergebnissen geantwortet als in der Erstbefragung.

Von mehreren Befragten wurde wiederholt das angebotene Zifferspektrum für die Bewertung von Häufigkeiten nicht ausgenutzt. Zudem wurden teilweise in der Beantwortung der Fragen nur niedrige Ziffern oder aber nur hohe Zahlen verwendet sowie einzelne Ziffern mehrfach gebraucht.

Inkonsistenzen bei den Auskünften zu einzelnen Fragen zwischen Erst- und Zweitbefragung (z. B. Art der Tätigkeit, arbeitsrelevante Auskünfte) sowie Kohärenzmängel in der Beantwor-tung aufeinander folgender Fragen (z. B. zwischen „Spezifische Tätigkeit“ und „Verletzter Körperteil“) erschwerten teilweise die Ergebnisfindung. Die non-konforme Ausfüllung der Auskunftsbögen (Kreuze anstatt Ziffern) sowie scheinbar willkürliche und teilweise wider-sprüchliche Antworten führten in wenigen Einzelfällen zum Ausschluss von der Auswertung.

Quantitative Ergebnisse

Alle im Rahmen der Trainingsmodule ausgeteilten Fragebögen wurden wieder an die Dozen-ten zurückgegeben. Somit lag die Rückläuferquote der Unterlagen bei 100 %.

Tätigkeitsumfeld Trainingsteilnehmer

Etwa ein Viertel (26 %) der befragten Trainingsteilnehmer waren zum Zeitpunkt der Erhe-bung seit weniger als einem Jahr im Offshore-Windbereich beschäftigt. Fast die Hälfte der Befragten (48 %, kumuliert) waren weniger als drei Jahre in dem Sektor tätig. Etwa 40 % der Teilnehmer arbeiteten bereits zwischen drei und mehr als 6 Jahren im Offshore-Bereich, während ca. 11 % der Personen hierzu keine Angaben machten.

Die Hälfte (50 %) des befragten Personals hielt sich bis zum Zeitpunkt der Befragung selte-ner als einmal pro Monat auf Offshore-Strukturen auf. Demgegenüber befanden sich nur ca. 10 % der Trainingsteilnehmer werktäglich Offshore. Die restlichen Befragten (ca. 40 %) ar-beiteten ein- bis dreimal pro Woche bzw. auch nur einmal pro Monat Offshore oder machten keine Angaben.

Ein Drittel (33 %) der Befragten arbeitete ausschließlich während der Betriebsphase auf Offshore-Strukturen. Knapp drei von zehn der Trainingsteilnehmer (28 %) waren während der Bau- und Betriebsphase tätig, während etwa ein Fünftel (22 %) des Personals nur in der Bauphase Offshore arbeitete. Knapp 17 % der Befragten machten zu dieser Frage keine Angaben.

Bezüglich der Gründungstrukturen von Offshore-Anlagen, auf denen die Befragten bisher arbeiteten bzw. in aller Regel arbeiten, antworteten etwa 17 % der Trainingsteilnehmer, dass sie auf Monopile- und Jacket-Strukturen tätig sind bzw. waren. Jeweils etwa 6 % der Teil-nehmer arbeiteten entweder auf Monopile- oder auf Jacket-Strukturen. Etwa 7 % der Teil-nehmer arbeiteten sowohl auf Mono- und Tripile- als auch auf Jacket-Strukturen. Gut 6 von 10 Befragten (ca. 63 %) machten hierzu keine (belastbaren) Angaben.

Etwa 28 % der Trainingsteilnehmer gaben an, dass sie auf Umspannplattformen tätig sind bzw. waren. Annähernd 35 % der Teilnehmer arbeiteten in verschiedenen Arbeitsplatz-Kombinationen auf Umspann-, Transformatoren- und Wohnplattformen. Ungefähr 37 % der Trainingsteilnehmer gaben zu dieser Frage keine (belastbaren) Antworten.

Zur Frage der Seegebiete, in denen die Befragten tätig sind bzw. waren, gaben ca. 28 % der Teilnehmer die Ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ) und die 12-Seemeilen-Zone der Nordsee an. Etwa 23 % der Antworten entfielen auf die AWZ und die 12-Seemeilen-Zone der

47

Ostsee. Ungefähr 30 % der Trainingsteilnehmer gaben an, dass sie in unterschiedlichen – und auch in Kombinationen der verschiedenen – Seegebiete von Nord- und Ostsee arbeiten. Knapp 19 % der Befragten machten zu dieser Frage keine Angaben.

Bei der Erstbefragung brachten knapp drei Viertel (72 %) der Trainingsteilnehmer zum Aus-druck, dass sie bislang kein Ersthelfer-Offshore-Zertifikat erworben hatten. Dies betraf rein rechnerisch neben den 33 Teilnehmern des Moduls „Ersthelfer Offshore“ auch 6 Personen aus dem Modul „Sea Survival“.

Quantitative Bewertung von Vorkommenshäufigkeiten

Für die Analyse der quantitativen Bewertung von Vorkommenshäufigkeiten bestimmter Un-fallumstände und Verletzungsmuster sowie der damit in Verbindung stehenden Arbeitspro-zesse wurden ausschließlich die Ergebnisse der Erstbefragung der Trainingsteilnehmer her-angezogen. Ein Vergleich zwischen den Antworten von Erst- und Zweitbefragung wurde nur in Teilen durchgeführt. Zudem wurde für einige der Befragungsergebnisse ein Berufsgrup-penvergleich angestellt. Die Wertungen (Ziffern 1-x) der antwortenden Personen zu den je-weiligen Einzelrubriken der Fragen (vergl. Abb. 4.2 B bis D) wurden aufsummiert und arith-metisch gemittelt. Neben dem Mittelwert wurde die Standardabweichung jeder einzelnen Rubrik bestimmt.

a) Unfallursachen

Bei einem maximal möglichen Wert von 7 wurde die Vorkommenshäufigkeit der „persönli-chen Unfallursachen“ von den Befragten im Mittel mit 5,4 bewertet (Abb. 4.4). Dieser Unfall-ursache folgten mit gemittelten Bewertungen von 4,3 und 4,2 die „technisch-persönlichen“ und die „organisatorisch-persönlichen“ Unfallursachen. Die niedrigsten Bewertungen wurden bei den „technisch-organisatorischen“ (3,2) sowie den „organisatorischen“ (3,2) und „techni-schen“ (2,4) Unfallursachen abgegeben. Die Standardabweichungen für die Einzelrubriken lagen zwischen 1,6 („technische Unfallursachen“) und 2,1 („persönliche Unfallursachen“). Die Anzahl der Antwortenden lag bei 39.

Abb. 4.4: Verteilung der Vorkommenshäufigkeit von Unfallursachen laut Trainingsteilnehmern.

48

b) Primärursachen

Die Vorkommenshäufigkeit der Primärursachen „Zeitdruck/Termindruck“ sowie „Personal-mangel/Personaldruck“ wurden von den Antwortenden im Mittel mit 7,9 bzw. 7,2 am höchs-ten eingestuft (Abb. 4.5; maximal möglicher Wert: 10). Der Faktor „Kostendruck“ lag demge-genüber etwa bei 5. Die Faktoren „Schlafmangel, Seekrankheit, Kälte, Wärme, Nässe etc.“ wurden im Mittel mit ca. 5,3 bewertet. Die Primärursachen „Persönliche Sorgen/Ängste“ (4,4), „Private Probleme“ (4,0), „Hunger, Durst und fehlender Klogang“ (3,4) sowie der „Suchtmittelmissbrauch“ (2,3) lagen im Gesamtmittel bei einer Bewertung von ca. 3,5. „Ande-re Primärursachen“ wurden von n=6 Befragten mit einer mittleren Wertigkeit von ca. 6,3 ein-gestuft, jedoch im Wesentlichen nicht mit belastbaren Aussagen hinterlegt. Die Standardab-weichungen für die Einzelrubriken lagen zwischen 1,6 („Suchtmittelmissbrauch“) und 2,7 („Kostendruck“). Die Anzahl der Antwortenden lag bei 27.

Abb. 4.5: Verteilung der Vorkommenshäufigkeit von Primärursachen laut Trainingsteilnehmern.

c) Unfallorte

Bei einem maximal möglichen Wert von 10 wurde die Vorkommenshäufigkeit der Unfallorte „Windenergieanlage“ (7,2), „Turm“ (5,8) sowie „Hochgelegener Arbeitsplatz“ (5,5) von den Trainingsteilnehmern im Gesamtmittel mit 6,3 am höchsten bewertet (Abb. 4.6). Der Unfallort „Schiff“ wurde im Mittel mit 5,3 eingestuft. Die Unfallorte „Umspannplattform (5,3), Transfor-matorenplattform (4,5) und Wohnplattform (2,6)“ wurden in ihrer Vorkommenshäufigkeit im Gesamtmittel mit ca. 4,1 bewertet. Die Rubriken „Elektrische Anlagen“ sowie „Gründungs-struktur“ lagen bei Werten von 5,3 bzw. 4,8. Die Standardabweichungen für die Einzelrubri-ken lagen zwischen 2,1 („Wohnplattform“) und 3,1 („Schiff “). Die Anzahl der Antwortenden lag bei 37.

49

Abb. 4.6: Verteilung der Vorkommenshäufigkeit von Unfallorten laut Trainingsteilnehmern.

d) Unfallarten

Bezüglich der auftretenden Unfallarten wurden – bei einem maximal möglichen Wert von 10 – „Stolpern/Rutschen/Stürzen“ (7,9) und „mechanisch“ (7,4) von den Befragten im Mittel am höchsten eingestuft (Abb. 4.7). Die Unfallarten „Absturz“ und „elektrischer Unfall“ wurden mit 5,6 bzw. 5,0 bewertet. Niedrigere Werte wurden den Unfallarten „thermisch“ (4,3), „Gefahr-stoffe“ (4,1), „Tauchunfall“ (2,9) und „Inhalationstrauma“ (2,3) beigemessen. Die Unfallart „(Beinahe-)Ertrinken“ wurde von nur zwei Befragten als relevant erachtet (Mittelwert: 5.5). Die Standardabweichungen für die Einzelrubriken lagen zwischen 1,6 („Inhalationstrauma“) und 2,7 („Absturz“). Die Anzahl der Antwortenden lag bei 40.

Abb. 4.7: Verteilung der Vorkommenshäufigkeit von Unfallarten laut Trainingsteilnehmern.

50

e) Arbeitsprozesse und spezifischen Tätigkeiten

Betreffend der Vorkommenshäufigkeit der mit dem Unfallgeschehen im Zusammenhang ste-henden Arbeitsprozesse (möglicher Maximalwert: 10) wurden „Montagearbeiten“ (7,3), „Re-paraturarbeiten“ (5,7), „Wartungsarbeiten“ (5,2) sowie „Prüf- und Kontrollarbeiten“ (3,5) im Gesamtmittel mit 5,4 am höchsten bewertet (Abb. 4.8). „Transportarbeiten“ und „Anschlagar-beiten“ wurden im Mittel mit 5,0 bzw. 4,9 eingestuft. Die Arbeitsprozesse „Personenversatz“ (4,0) und „Reinigungsarbeiten“ (2,7) wurden mit einer geringeren Häufigkeit gewertet; „ande-re Arbeitsprozesse“ wurden nur untergeordnet (n=2; Mittelwert: 1) genannt. Die Standardab-weichungen für die Einzelrubriken lagen zwischen 1,7 („Reinigungsarbeiten“) und 2,6 („Per-sonenversatz“). Die Anzahl der Antwortenden lag bei 37.

Abb. 4.8: Verteilung der Vorkommenshäufigkeit von Arbeitsprozessen im Zusammenhang mit Unfallgeschehnis-

sen laut Trainingsteilnehmern.

Bei den spezifischen Tätigkeiten (maximal möglicher Wert: 8; s. Abb. 4.9) erhielten „He-ben/Tragen/Ziehen/Schieben“ (6,2) sowie „Arbeiten mit Handwerkszeug“ (5,9) im Mittel die höchsten Einstufungen. Die „Bedienung von Maschinen“ und die „Manuelle Handhabung“ erhielten mit jeweils 4,9 die nächsthöchsten Bewertungen als Unfall-relevante Tätigkeiten. Spezifische Arbeitsumstände wie „Allgemeine Fortbewegung“ (4,7), „Führung von Transport- und Fördermitteln“ (4,0) sowie „Anwesenheit ohne Angabe“ (2,7) erhielten insgesamt niedri-gere Bewertungen; „andere spezifische Tätigkeiten wurden untergeordnet (n=2; Mittelwert: 1) genannt. Die Standardabweichungen für die Einzelrubriken lagen zwischen 1,6 („Manuelle Handhabung“) und 2,0 („Bedienung von Maschinen“). Die Anzahl der Antwortenden lag bei 36.

51

Abb. 4.9: Verteilung der Vorkommenshäufigkeit von spezifischen Tätigkeiten im Zusammenhang mit Unfallge-

schehnissen laut Trainingsteilnehmern.

f) Verletzungsarten

Hinsichtlich der Vorkommenshäufigkeit von Verletzungsarten (möglicher Maximalwert: 10, s. Abb. 4.10) wurden „Kontusion/Distorsion“ (Quetschung, Prellung, Dehnung, Zerrung etc.) sowie „Offene Wunden“ (Schürf-, Schnitt-, Kratzwunden etc.) mit Mittelwerten von 7,8 bzw. 7,7 am häufigsten genannt. „Verbrennung“ und „Stromschlag“ wurden im Mittel mit 4,7 bzw. 4,5 bewertet. „Dislokationen/Luxationen“ (4,4), „Augenverletzungen“ (4,2) und „Knochen-bruch“ (4,0) wurden niedriger in ihrer Vorkommenshäufigkeit eingestuft. Nachrangig wurden die Verletzungsarten „Commotio/innere Verletzung“ (2,6) und „Amputation“ (1,6) genannt. Die Standardabweichungen für die Einzelrubriken lagen zwischen 1,7 („Commotio/innere Verletzung“) und 2,8 („Stromschlag“). Die Anzahl der Antwortenden lag bei 39.

Abb. 4.10: Verteilung der Vorkommenshäufigkeit von Verletzungsarten im Zusammenhang mit Unfallgeschehnis-

sen laut Trainingsteilnehmern.

52

g) Verletzte Körperregionen

Im Hinblick auf die verletzten Körperregionen (möglicher Maximalwert: 10) wurden die obe-ren und unteren Extremitäten im Mittel mit 7,5 bzw. 6,3 als die am häufigsten von Unfällen betroffenen Körperregionen benannt. „Kopf und Gesicht“ wurden zusammen im Mittel mit 5,8 bewertet. Die „Rücken- und Beckenregion“ sowie die „Thorax- und Abdomenregion“ wurden mit Mittelwerten von 4,9 bzw. 3,4 eingestuft; „andere Körperregionen“ wurden untergeordnet genannt. Die Standardabweichungen für die Einzelrubriken lagen zwischen 1,6 („Thoraxbe-reich“) und 2,7 („Kopf/Gesicht“). Die Anzahl der Antwortenden lag bei 40.

h) Verletzte Körperteile

Bei den verletzten Körperteilen (möglicher Maximalwert: 10, s. Abb. 4.11) wurde die „Hand“ mit einem Durchschnittswert von 8,3 als hauptsächlich verletzte Gliedmaße benannt. „Arm“, „Fuß“ und „Bein“ folgten mit mittleren Vorkommenshäufigkeiten von 6,6, 6,5 und 6,1. Der Bereich „Kopf/Gesicht“ wurde mit einem Mittelwert von 5,8 eingestuft. Die Körperteile „Rü-cken/Becken“ (4,6), „Hals-/Schulterbereich“ (4,0) und „Thorax/Abdomen“ (3,4) wurden als weniger häufig betroffen eingeschätzt; „andere Körperteile“ wurden nur untergeordnet ge-nannt (n=2; Mittelwert: 1). Die Standardabweichungen für die Einzelrubriken lagen zwischen 1,6 („Thoraxbereich“) und 2,7 („Kopf/Gesicht“). Die Anzahl der Antwortenden lag bei 40.

Abb. 4.11: Verteilung der Vorkommenshäufigkeit von verletzten Körperteilen im Zusammenhang mit Unfallge-

schehnissen laut Trainingsteilnehmern.

i) Unfall-Tageszeiträume

Die höchsten Unfallvorkommen (bei einem Maximalwert von 6) wurden von den Befragten auf den „Nachmittag“ (3,8), den „Abend“ (4,5) und die „Nacht“ (4,6) gelegt (s. Abb. 4.12). Dieser Einschätzung folgten quantitativ die Tageszeiträume „morgens“ mit einem Mittelwert von 3,2 sowie „vormittags“ und „mittags“ mit Werten von jeweils 2,3.

53

Abb. 4.12: Verteilung des Unfallvorkommens auf verschiedene Tageszeiträume laut Trainingsteilnehmern.

k) Eigener Unfall oder Akut-Erkrankung

Die Frage zum selbsterlebten Unfall bzw. zur Akut-Erkrankung konnte nicht ausgewertet werden, da hierzu von den Befragten (bis auf eine Ausnahme) keine Aussagen getroffen wurden.

4.2.5 Diskussion, Schlussfolgerungen und Fehlerdiskussion

Diskussion

Im Folgenden werden die Ergebnisse der Befragungen im Trainingsumfeld in eine verglei-chende Diskussion zu den aus den ROW-Projekten bekannten statistischen Erhebungen (z. B. [9, 10]) bezüglich des Themenfeldes „Unfall und Verletzung“ in Offshore-Windparks gestellt. Es kann festgehalten werden, dass die Aussagen der Trainingsteilnehmer in we-sentlichen Teilen deutliche Übereinstimmungen mit den statistischen Erfassungen des ROW-Forschungsprojekts zeigen. Unterschiede zwischen den Trainingserhebungen und den sta-tistischen Erfassungen ergaben sich in Teilen insbesondere bei den Fragen zu „Unfallorten“, „Unfallarten“, „spezifischen Tätigkeiten“ sowie „Verletzungsarten“ und „verletzte Körperteile“.

Unfallursachen und Primärursachen

Über eine statistische Erfassung von Unfallursachen in deutschen Offshore-Windparks lie-gen bislang keine Erkenntnisse vor. Aus dem deutschen Onshore-Windbereich ist jedoch bekannt, dass die Unfallursachen auf den Strukturen zu über 80 % im persönlichen Verhal-ten der Verunfallten begründet liegen [39, 40]. Hierbei handelt es sich um die Ursachen-Bereiche „persönlich“, „technisch-persönlich“ und „organisatorisch-persönlich“. Analog zu diesen Erkenntnissen lassen sich die Befragungsergebnisse aus dem Offshore-Trainingsumfeld betrachten. Die Befragten gaben an, dass sie die Vorkommenshäufigkeit von „persönlichen“, „technisch-persönlichen“ und „organisatorisch-persönlichen“ Unfallursa-chen auf Offshore-Windstrukturen ebenfalls am höchsten einstufen. Dieser Umstand zeigt, dass die durch die Befragten erlebten – oder auch vermuteten – Verteilungen von Offshore-Unfallursachen den statistischen Auswertungen von Unfallursachen in Onshore-Windparks ähnlich sind bzw. gleichen.

Auch zu den Primärursachen im Unfallgeschehen deutscher Offshore-Windparks liegen bis-lang keine statistischen Erfassungen oder wissenschaftlichen Erkenntnisse vor. Die befrag-ten Offshore-Arbeitnehmer sehen bei der Ursachenkette vor dem eigentlichen Unfallereignis

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quantitative – d. h. messbare – Faktoren wie „Zeit- und Termindruck“, „Personalmangel und Personaldruck“ sowie „Kostendruck“ deutlich im Vordergrund. Demgegenüber treten Primä-rursachen wie „persönliche Sorgen und Ängste„ sowie „private Probleme“ bis hin zum „Suchtmittelmissbrauch“ (qualitative Faktoren) von der Einschätzung der Befragten her et-was in den Hintergrund, wenngleich die Summe dieser Faktoren auf einer Skala von 1 bis 10 im Mittel bei etwa 3,5 eingestuft wurde. Sogenannte „Externe Faktoren“ – und insofern durch die handelnden Personen nur teilweise oder bedingt beeinflussbare Umstände – wie „See-krankheit, (arbeitsbedingten) Schlafmangel, Kälte, Wärme und Nässe“ werden ebenfalls als wesentliche Primärursachen (Mittelwert: 5,3) für Unfälle eingestuft.

Unfallorte und Unfallarten

Unfallorte in Windenergieanlagen generell – bzw. spezifisch im Turm und an hochgelegenen Arbeitsplätzen – wurden von den Befragten als häufige Ereignisorte eingestuft (Mittelwert: 6,2), wohingegen in den statistischen Erfassungen des ROW-Forschungsprojekts [10, 40] Windenergieanlagen nur in 23 % der Fälle als Ort eines Unfalls festgestellt worden waren. Windpark-Plattformen lagen in der Bewertung der Vorkommenshäufigkeit als durch die Trai-ningsteilnehmer wahrgenommener Unfallort (Mittelwert: 4,1) ebenfalls deutlich über deren bislang erfassten statistischen Häufigkeit (8 %; [10]).

Schiffe, auf denen nach statistischen Erkenntnissen im Zeitraum zwischen 2008 und 2012 fast 70 % aller Unfallorte lagen [10], wurden von den befragten Trainingsteilnehmern deutlich geringer in ihrer Vorkommenshäufigkeit als Unfallort eingestuft (Mittelwert: 5,3). Die hier auf-gezeigten Unterschiede können durch eine möglicherweise zwischenzeitlich veränderte Ver-teilung der Unfallorte, oder aber auch durch eine gegenüber dem statistisch erfassten Auftre-ten der Unfallorte abweichende subjektive Wahrnehmung der Befragten erklärt werden.

Auffällig sind ebenfalls die erhöhten Bewertungen der Trainingsteilnehmer für die Unfallorte „elektrische Anlagen“ (5,3) und „Gründungsstruktur“ (4,8), die in den bisherigen statistischen Erhebungen des ROW-Forschungsprojekts (z. B. [10]) nur untergeordnet in Erscheinung traten. Ob sich in diesen Bewertungen eher Unfall-bezogene Befürchtungen oder gar „Ängs-te“ denn belastbares Wissen oder verlässliche Vermutungen der Befragten widerspiegeln, kann an dieser Stelle nur spekulativ behandelt werden und bedarf u.U. in Zukunft der nähe-ren Betrachtung durch Arbeitspsychologen und Arbeitsmediziner.

Die von den Trainingsteilnehmer als erhöht bewerteten Vorkommenshäufigkeiten der Unfall-arten „Stolpern/Rutschen/Stürzen“ (Mittelwert: 7,9) und „mechanisch“ (7,4) zeigen deutliche Übereinstimmungen mit den statistischen Erkenntnissen des ROW-Forschungsprojekts zu den beiden Unfallarten (Summe: >80 %; [10]). Das spricht für eine pragmatische Sicht der Befragten auf diese Hauptunfallursachen. Anders verhält es sich bei den Unfallarten „Ab-sturz“ und „Elektrounfall“. Diese Ereignisse schätzen die Befragten auf einer Skala von 1 bis 10 mit einer deutlich erhöhten Vorkommenshäufigkeiten ein (Mittelwerte: 5,3 bzw. 5,0), wo-hingegen sich die statistischen Auftretenshäufigkeiten dieser Unfallarten sowohl im Offshore-Windbereich als auch im Onshore-Windbereich im unteren einstelligen Prozentbereich be-wegen (z. B. [10, 41]). Ob es sich bei den Einschätzungen der Vorkommenshäufigkeiten der Unfallarten „Absturz“ und „Elektrounfall“ erneut möglicherweise um eine „psychologische Dimension“ (Assoziationen, Befürchtungen, Ängste) hinter dem Beantwortungsverhalten der Befragten handelt (z. B.: hohe Windenergieanlage = Absturzunfall; elektrische Anlage = Elektrounfall), bedarf u. U. ebenfalls in Zukunft der näheren Untersuchung durch Arbeitspsy-chologen und Arbeitsmediziner. Auch die Bewertungen der Unfallarten „thermisch“, „Gefahr-stoffe“ und „Tauchunfall“ wurden seitens der Befragten mit einer erhöhten Vorkommenshäu-figkeiten eingestuft (Mittelwerte: ca. 3-4), wohingegen diese Arten von Ereignisse in den sta-tistische Erhebungen des ROW-Forschungsprojekts nur wenige Prozentpunkte einnehmen.

Arbeitsprozesse und spezifische Tätigkeiten

Handwerksarbeiten im weiteren Sinne wie z. B. Montagearbeiten und Reparaturarbeiten etc. – als in direkter Verbindung zu Unfallereignissen stehenden Arbeitsprozessen – wurden von den Befragten im Gesamtmittel mit einer Vorkommenshäufigkeit von 5,4 eingestuft. Diese Einschätzung entspricht näherungsweise den durch das ROW-Forschungsprojekt statistisch

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erhobenen Auftretenshäufigkeiten von handwerklichen Arbeitsprozessen mit Unfallbezug (in Summe ca. 40 %; [10, 41]). Ähnliches gilt für die Arbeitsprozesse „Anschlagarbeiten“ und „Versatz- und Verladearbeiten“. Demgegenüber wurden die Arbeitsprozesse „Transportarbei-ten“ (5.0) und insbesondere „Personenversatz“ (4.0) im Gegensatz zu deren statistischer Auftretenshäufigkeit von den Trainingsteilnehmern in Verbindung mit der Entstehung von Unfällen deutlich erhöht bewertet. Aus arbeitspsychologischer Sicht könnte somit speziell der Personenversatz („Überstieg“ etc.) in den Augen der Befragten als ein durchaus kritisches Element im Personentransfer betrachtet werden.

Bei den spezifischen Tätigkeiten liegen insbesondere die Bewertungen der Befragten zu „Arbeiten mit Handwerkszeug“, „allgemeine Fortbewegung“ sowie „Arbeit mit Transport- und Fördermitteln“ größenordnungsmäßig (Mittelwerte: 4-6) im Bereich der auch vom ROW-Forschungsprojekt statistisch erfassten Vorkommenshäufigkeiten (ca. 20-40 %; [10, 41]). Unterschiede zeigen sich jedoch bei der spezifischen Tätigkeit „He-ben/Tragen/Ziehen/Schieben“. Diese Tätigkeit wurde von den Befragten im Mittel mit einer unfallrelevanten Vorkommenshäufigkeiten von 6,2 bewertet, wohingegen diese Arbeitsschrit-te in den statistischen Erfassung des ROW-Forschungsprojekts mit ca. fünf Prozent eine deutlich untergeordnete Rolle spielt.

Verletzungsarten

Das hauptsächliche Vorkommen von Distorsionen, Kontusionen und offenen Wunden als Unfallfolgen wurde von den befragten Trainingsteilnehmern mit hohen Bewertungen von 7,8 bzw. 7,7 weitgehend präzise erkannt (vergl. hierzu z. B. [10, 41]). Die Vorkommenshäufigkei-ten der Verletzungsarten „Verbrennung“ und „Stromschlag“ wurden – im Gegensatz zu deren statistischen Anteilen von nur wenigen Prozentpunkten am Unfallgeschehen [10, 41] – von den Befragten im Mittel als deutlich erhöht eingestuft (4,7 bzw. 4.5). Daraus ergibt sich er-neut die arbeitspsychologische Frage, ob die Befragten u. U. mit der Tätigkeit auf – bzw. in – einer elektrischen Anlage neben dem vermehrten Auftreten von Elektrounfällen auch die erhöhte Wahrscheinlichkeit von Verletzungsarten wie „Stromschlag“ und „Verbrennung“ as-soziieren bzw. implizieren. Auch die Vorkommenshäufigkeiten der Verletzungsarten „Augen-verletzung“ und „Knochenbruch“ wurden von den Trainingsteilnehmern gemessen an den Erkenntnissen des ROW-Forschungsprojekts ([10, 41]; 10 % bzw. 6 %) als häufiger vor-kommend eingestuft (Mittelwerte: 4,2 bzw. 4.0).

Weitere Missverhältnisse dokumentierten sich in einem exemplarischen Vergleich zwischen den Ergebnissen von Erst- und Zweitbefragung. Dieser Vergleich zeigt, dass in der Zweitbe-fragung im Gegensatz zur Erstbefragung (vergl. auch Kapitel „Ergebnisse“) die Verletzungs-arten „Kontusion/Distorsion“ und „Offene Wunden“ als weniger häufig vorkommend einge-stuft wurden, dass jedoch insbesondere die Verletzungsarten „Stromschlag“ und „Knochen-bruch“ mit Werten von 5,2 bzw. 5,6 (Werte nicht im Ergebniskapitel enthalten) deutlich erhöht in ihrer Vorkommenshäufigkeit bewertet wurden. Dieser Umstand lässt die mögliche Schwerpunktsetzung in der Vermittlung bestimmter Trainingsinhalte u. U. als diskutabel er-scheinen.

Verletzte Körperregionen und Körperteile

Die drei wesentlichen von Unfallverletzungen betroffenen Körperregionen – „obere Extremi-täten“, „untere Extremitäten“ und „Kopf/Gesicht“ – wurden seitens der Befragten mit gemittel-ten Bewertungen von 7,5, 6,5 und 5,8 in ihrer Tendenz übereinstimmend mit den statisti-schen Erkenntnissen des ROW-Forschungsprojekts ([10, 41]; Summe dieser verletzten Kör-perregionen: >80 %) eingestuft. Die (übergreifend ausgewerteten) Körperregionen „Tho-rax/Abdomen“ und „Rücken/Becken“ wurden in den Befragungsergebnissen der Trainings-teilnehmer im Vergleich zu den ROW-Erkenntnissen etwas überbetont.

Im Hinblick auf die verletzten individuellen Körperteile zeigte sich, dass die hohe Bewertung von Handverletzungen (Mittelwert: 8,3) sowie Kopf- und Gesichtsverletzungen (Mittelwert: 5,8) durch die Trainingsteilnehmer mit den statistischen Erkenntnissen des ROW-Projekts (33 % bzw. 18 %; [41]) sowie der DGUV (35 % Handverletzungen; [38]) einhergehen. Ande-re individuelle Extremitätenverletzungen (Arm: 6,6; Bein: 6,5; Fuß: 6,1) wurden von den Be-

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fragten gegenüber den Ergebnissen des ROW-Forschungsprojekts (nur wenige bis maximal ca. 10 Prozentpunkte) dagegen überbetont. Gleiches gilt für den gesamten Rumpfbereich (Mittelwert: 4 – von 10 – vs. 1 %).

Unfall-Tageszeiträume

Die Haupt-Unfallzeitfenster auf Offshore-Windstrukturen (nachts/morgens, nachmittags, abends) wurden von den Trainingsteilnehmern übereinstimmend mit den statistischen Aus-wertungen des ROW-Forschungsprojekts zu medizinischen Evakuierungen aus einem deut-schen Offshore-Windpark [41] wahrgenommen. Die abendliche Zunahme der Luftrettungs-einsätze mit Bezug zu Unfallverletzungen könnte dabei mit der nachlassenden Konzentration der Mitarbeiter oder auch einem bevorstehenden bzw. vollzogenen Schichtwechsel zusam-menhängen. Unfalluntersuchungen aus dem Offshore-Öl- und Gasbereich bestätigen derar-tige Schichtwechsel-Phänomene [42].

Berufsgruppenvergleich

Am Beispiel der Vorkommenshäufigkeit von Offshore-Unfallorten wurde ein exemplarischer Berufsgruppenvergleich durchgeführt. Hierzu wurden alle Vertreter technischer Berufe (z. B. Techniker, Industriekletterer, Taucher, Berufs-Praktikanten; 30 Personen) in der Berufsgrup-pe „Techniker/Basis“ zusammengefasst sowie alle Führungskräfte (z. B. Ingenieur, HSE-Manager, Plattform-Master, Mediziner, Nautiker, Wissenschaftler; 15 Personen) in der Grup-pe „Führungskraft/Multiplikator“ kumuliert. Die Anzahl der letztendlich Antwortenden lag im Durchschnitt bei etwa 17 Personen in der Gruppe Techniker/Basis (ca. 55 %) bzw. bei ca. 8 Personen der Gruppe Führungskraft/Multiplikator (ca. 50 %). Beide Gruppen wiesen bei die-ser Frage die geringste Teilnahme der Befragten (gemessen an der gesamten Befragung) auf und zeigten zudem erkennbare quantitative Unterschiede in der Häufigkeitsbewertung der vorkommenden Unfallorte.

Der Vergleich zeigte zunächst, dass beide Gruppen die generelle Häufigkeitsverteilung der Unfallorte – auch bezüglich der Abweichungen zu den statistischen ROW-Ergebnissen sowie gemessen am Ergebnis der Gesamtgruppe – tendenziell ähnlich bewertet haben (vergl. auch Kapitel „Ergebnisse“). Unterschiede zwischen den beiden Gruppen zeigten sich jedoch ins-besondere in der absoluten Höhe der Bewertung der Vorkommenshäufigkeit aller Unfallorte. Hier kam es zu höheren Bewertungen seitens der Gruppe „Führungskraft/Multiplikator“ ge-genüber der Fraktion „Techniker/Basis“. Am deutlichsten zeigte sich dies mit den (gemittel-ten) Werten von 4,8 (Gruppe „Techniker/Basis“) versus 7,3 (Gruppe „Führungs-kraft/Multiplikator“) für den Unfallort „Turm“ sowie von 4,3 (Gruppe „Techniker/Basis“) versus 6,3 (Gruppe „Führungskraft/Multiplikator“) beim Ereignisort „Gründungsstruktur“.

Aufgrund der nur etwa 50-prozentigen Beteiligung der Befragten beider Berufsgruppen an der Beantwortung zur Frage der Vorkommenshäufigkeit von Unfallorten auf Offshore-Windstrukturen lässt sich bei dieser Thematik ein eher weniger stark ausgeprägter Wissens-stand der Trainingsteilnehmer mutmaßen. Bei der Gruppe „Führungskraft/Multiplikator“ wur-de zudem deutlich, dass Einzelpersonen in Teilen der Fragen ein deutlich lückenhaftes – jedoch berufsspezifisch notwendiges bzw. obligates – Wissen offenbarten. Dies erstreckte sich bis hin zu Äußerungen, dass „bis heute keine Unfälle bekannt“ seien und die Fragebö-gen komplett unbearbeitet blieben.

Schlussfolgerungen und Ableitung von Empfehlungen zur Präventionsoptimierung

Aus den Befragungen der Trainingsteilnehmer konnten im Vergleich zu den statistischen Erhebungen des ROW-Forschungsprojekts folgende Schlussfolgerungen für Empfehlungen zur Optimierung von Trainingsinhalten zwecks der zukünftigen Verbesserung der Prävention und der Arbeitssicherheit in deutschen Offshore-Windparks abgeleitet werden:

I. Das deutliche Maß an genereller Übereinstimmung zwischen den Befragungsergebnissen im Trainingsumfeld und den statistischen Erkenntnissen des ROW-Forschungsprojekts legt nahe, dass die befragten Offshore-Tätigen im Wesentlichen die Zusammenhänge zwischen Arbeitsprozessen, spezifischen Tätigkeiten, Unfallereignissen sowie Verletzungen und ver-letzten Körperteilen erkannt haben. Dieser Umstand sollte als „Wissensbasis“ der Offshore-

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Tätigen verstanden und dazu genutzt werden, die diesbezüglichen Trainingsinhalte seitens der Trainingsanbieter im Sinne der Prävention und des Arbeitsschutzes sowie der Vertiefung der Sicherheits- und Sicherungsmentalität auf Arbeitsplätzen in deutschen Offshore-Windparks weiter zu entwickeln und intensiv an das Trainingsklientel heranzutragen.

II. Die bei den Primärursachen von den Trainingsteilnehmern mit erhöhten Vorkommenshäu-figkeiten bewerteten Umstände wie „Persönliche Sorgen/Ängste“, „Private Probleme“ und „Suchtmittelmissbrauch“ sollten im Trainingsumfeld zumindest – u. U. auch unter fachkundi-ger medizinischer bzw. arbeitspsychologischer Begleitung – vom Trainer/Dozenten themati-siert und nach Möglichkeit in Gruppen oder Einzelgesprächen diskutiert werden.

III. Die von den statistischen ROW-Erkenntnissen punktuell im Trainingsumfeld deutlich ab-weichenden Ergebnisse bei den Fragen zu „Unfallorten“, „Unfallarten“, „spezifischen Tätig-keiten“ sowie „Verletzungsarten“ und „verletzte Körperteile“ legen nahe, dass sich hier u. U. eher Unfall-bezogene Assoziationen oder gar Befürchtungen und „Ängste“ („psychologische Dimension“) denn belastbares Wissen oder verlässliche Vermutungen seitens der Befragten widerspiegeln. An diesen Punkten bedarf es der weiteren Aufklärung in den entsprechenden Trainings. Diese Maßnahmen können in Einzelfällen durch arbeitspsychologische Begleitung unterstützt werden.

IV. Die in einem exemplarischen Vergleich zwischen den Ergebnissen von Erst- und Zweit-befragung dokumentierten Missverhältnisse in Bezug auf die Verletzungsarten „Kontusi-on/Distorsion“ und „Offene Wunden“ sowie „Stromschlag“ und „Knochenbruch“ bedürfen ebenfalls der besonderen Betrachtung. Hier sollte zukünftig auf eine angemessene – und auch zu anderen Trainingselementen kohärente – Schwerpunktsetzung in der Vermittlung dieser Inhalte in den Trainings geachtet werden. Auch diese Trainingsinhalte können in Ein-zelfällen arbeitspsychologisch begleitet werden.

V. Bei der Beantwortung zur Frage der Vorkommenshäufigkeit von Unfallorten auf Offshore-Windstrukturen lässt sich ein eher weniger stark ausgeprägter Wissensstand aller Trainings-teilnehmer – aber auch einzelner Berufsgruppen – ableiten. Das teilweise insbesondere in der Berufsgruppe „Führungskraft/Multiplikator“ bei Einzelpersonen deutlich erkennbare lü-ckenhafte – jedoch berufsspezifisch notwendige bzw. obligate – Wissen legt die schlussfol-gernde Empfehlung nahe, dass diese Wissenslücken durch die Trainer und Dozenten zu-künftig in den relevanten Trainings erkannt sowie deren Schließen durch entsprechende Trainingsmaßnahmen positiv beeinflusst werden sollten.

Fehlerdiskussion

Mögliche Übertragungsfehler bei der Eingabe der ca. 6.000 Einzel-Erhebungsdaten in den elektronischen Datenträger (Excel-Tabelle) sind nicht auszuschließen, sollten jedoch im niedrigen einstelligen Prozentbereich liegen. Deutlich stärker dürften diejenigen Umstände Einfluss auf die Ergebnisse genommen haben, die im Bereich „multiple Zifferverwendung“, „Verwendung von überwiegend hohen oder niedrigen Ziffern“ oder auch beim nicht-Beantworten ganzer Fragen oder Bögen sowie bei Kohärenzmängeln in der Beantwortung aufeinanderfolgender – und im unmittelbaren Sinnzusammenhang stehender – Fragen durch die Trainingsteilnehmer angesiedelt sind. Diese Einflussfaktoren wurden jedoch nicht quanti-fiziert.

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5 Telekonsultation

5.1 Zusammenfassung

Eine zunehmend wichtige Rolle spielen in der Offshore-Rettung Instrumente, die es gestat-ten, den Ersthelfer und professionelle Rettungskräfte (Rettungsassistenten/Notfallsanitäter) bei der Einleitung und Durchführung entsprechender Maßnahmen in Echtzeit zu unterstüt-zen. Hierbei kommt insbesondere telemedizinischen Verfahren im Sinne einer Telekonsulta-tion eine besondere Bedeutung zu. Erfahrungen aus der Offshore Öl- und Gasindustrie zei-gen, dass telemedizinische Assistenzsysteme die Möglichkeiten der (notfall-)medizinischen Versorgung vor Ort erweitern [43]. Auch für die Branche der Offshore-Windparks wurden erste telemedizinische Projekte erfolgreich etabliert. Am Klinikum Oldenburg ist beispielswei-se eine Telemedizin-Zentrale zur telemedizinischen Versorgung von Offshore-Windparks und anderen Regionen ohne direkte ärztliche Akutversorgung entstanden, die im Rahmen des Wettbewerbs „Land der Ideen“ mit dem dritten Platz in der Publikumswahl ausgezeich-net wurde. Nach diesem Konzept ist Onshore permanent ein entsprechend qualifizierter Arzt verfügbar, der sich mittels Vitaldatenübertragung sowie hochauflösenden Audio- und Vi-deosequenzen ein Bild der Situation machen und dem Ersthelfer sowie dem vor Ort anwe-senden Rettungsfachpersonal entsprechende Anweisungen geben kann [44]. Die Gesell-schaft für Maritimes Notfallmanagement (GMN, Tochtergesellschaft der Deutschen Gesell-schaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) betreibt eine Notfallleitstelle für Offshore-Windparks und verfügt durch eine Kooperation mit der Berliner Universitätsklinik Charité und dem Unfallkrankenhaus Berlin ebenfalls über telemedizinische Unterstützungsangebote [45]. Zudem unterhält die Offshore Response and Safety GmbH mit Sitz in Rastede eine Leitstelle für die Koordination von medizinischen Notfällen in Offshore-Windparks inkl. telemedizini-scher Unterstützung [46]. Um die Weiterentwicklung dieser Thematik zu fördern, wurde aus dem ROW-Projekt die Diskussionsrunde „Boberger Gespräch Telemedizin Offshore“ initiiert, aus der heraus erste Eckpunkte für eine Adaptation bestehender Strukturempfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) [47] an die Offsho-re-Umgebung formuliert wurden. Zudem konnten erste Erfahrungen ausgetauscht werden. Hiernach zeigt sich, dass bei der Telemedizin ganz überwiegend allgemeinmedizinisch-hausärztliche Fragestellungen überwiegen. Neben der Wahrnehmung einer generellen sai-sonalen Häufung von telemedizinischen Anfragen in den Sommermonaten ist im deutschen Offshore-Bereich derzeit im Jahresdurchschnitt von 3-5 Anfragen/Einsätzen pro Monat aus-zugehen. Diese bestehen mehrheitlich aus Anfragen von verschiedenen Plattformen (Wohn- und Umspannplattformen), wohingegen telemedizinische Beratungen auf Offshore-Windenergieanlagen insbesondere aufgrund technischer Einschränkungen derzeit noch eine Seltenheit darstellen, obgleich gemäß der vorliegenden retrospektiven Analyse des gesam-ten Unfall- und Erkrankungsgeschehens (siehe Kapitel 3) immerhin 307 der insgesamt 1.732 ausgewerteten medizinischen Ereignisse auf Windenergieanlagen (WEA) stattfanden. Vor diesem Hintergrund sollte eine möglichst flächendeckende, stabile Verfügbarkeit telemedizi-nischer Angebote zur Unterstützung der Ersthelfer durch Telekonsultation, wie u. a. auch in der DGUV-Fachbereichsinformation „Erste Hilfe in Offshore-Windparks“ [34] beschrieben, angestrebt werden. Gerade in akuten Notfällen auf WEA ist die Unterstützung der Ersthelfer durch Telekonsultation besonders wichtig. Allgemeiner Konsens ist insofern, dass die Tele-medizin zwingend notwendig ist zur Überbrückung bzw. Verkürzung des therapiefreien Inter-valls. Sie ermöglicht den frühestmöglichen Beginn einer medizinisch notwendigen Behand-lung unter Berücksichtigung von „Worst-Case-Szenarien“. So ist es nach Meinung der Ge-sprächsrunden-Teilnehmer möglich, den Standard der medizinischen Versorgung mit Hilfe von Telemedizin Offshore so nah wie möglich an evidenzbasierte Leitlinien heranzuführen. Zukünftig gilt es somit, die Qualifikationen und technologischen Voraussetzungen durch Entwicklung von Standards zu vereinheitlichen und die „Telemedizin Offshore“ flächende-ckend zu implementieren bzw. die für die Implementierung notwendigen technologischen Voraussetzungen zu schaffen.

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5.2 Einleitung

Die Anwendung telemedizinischer Verfahren setzt sowohl beim Ersthelfer und/oder dem Ret-tungsfachpersonal als auch beim Telenotarzt (TNA) verschiedene Fähigkeiten voraus. Orien-tierung hierzu bietet der Katalog „Voraussetzungen für gute Telemedizin“ der Bundesärzte-kammer [48]. So sind Mindestanforderungen sowohl in der Qualifikation der Ersthelfer und des Rettungsfachpersonals (z. B. Beherrschen der technischen Komponenten) als auch in der ärztlichen Qualifikation (z. B. Kenntnis des Telenotarztes über die Fähigkeiten, Ausstat-tung und Arbeitsbedingungen des Ersthelfers oder Fachpersonals im Rahmen eines Tele-konsultationsverfahrens) zu berücksichtigen. Ein Regelwerk und/oder Standards für die Min-destanforderungen existieren für den Bereich der Offshore-Windparks derzeit allerdings nicht. Ziel des im Rahmen der Projektarbeiten initiierten Gesprächsformats „Boberger Ge-spräch Telemedizin Offshore“ war daher, durch eine erste Auseinandersetzung mit den von der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin publizierten Struktur-empfehlung zu „Telemedizin in der prähospitalen Notfallmedizin“ die Diskussion über spezifi-sche Fragen der Telemedizin Offshore zu fördern und erste Eckpunkte für die Weiterentwick-lung dieses Bereichs zu formulieren.

5.3 Methodik

Alle derzeit in Telemedizin/Telekonsultation für Offshore-Windparks involvierten Personen und Institutionen wurden zu einem „Boberger Gespräch Telemedizin Offshore“ eingeladen, um vor dem Hintergrund der von der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Inten-sivmedizin publizierten Strukturempfehlung zu „Telemedizin in der prähospitalen Notfallme-dizin“ [47] erste Erfahrungen und wesentliche Eckpunkte dieser Technologie für den Bereich Offshore-Windparks zu diskutieren.

Tabelle 5.1: Am „Boberger Gespräch Telemedizin Offshore“ beteiligte Institutionen.

BG Klinikum Hamburg gGmbH

BG ETEM

BG Klinikum Unfallkrankenhaus Berlin gGmbH

Klinikum Oldenburg AöR

5.4 Ergebnisse

Erfahrungen

Augenscheinlich überwiegen in der telemedizinischen Konsultation der deutschen Offshore-Windparks allgemeinmedizinisch-hausärztliche Fragestellungen. Bedeutsam ist, dass sich das Kollektiv der Offshore-Patienten von der Grundgesamtheit der Patienten an Land unter-scheidet. So arbeiten – zumindest aktuell – in Offshore-Windparks mehrheitlich Männer. Mutmaßlich bedingt durch das erhöhte Arbeitsaufkommen ist in den Offshore Windparks eine saisonale Häufung von Anfragen in den Sommermonaten zu verzeichnen (bis zu mehr als drei Anfragen/Tag), während der Jahresdurchschnitt bei 3-5 Anfragen/Einsätzen pro Mo-nat liegt. Die Masse der Anfragen konzentriert sich derzeit auf medizinische Ereignisse im Bereiche der verschiedenen Plattformen. Beratungen auf Offshore-Windenergieanlagen sel-ber stellen derzeit noch eine Seltenheit dar. Zu berücksichtigen sind die in Offshore-Windparks im Rahmen der Telekonsultation adressierten unterschiedlichen medizinischen Qualifikationen. Hier stehen Laien und Ersthelfer gleichermaßen im Fokus wie professionelle Rettungskräfte oder auch Notfallsanitäter und Rettungsassistenten. Allgemeiner Konsens ist, dass die Telemedizin zwingend notwendig ist zur Überbrückung bzw. Verkürzung des thera-piefreien Intervalls. Sie ermöglicht den frühestmöglichen Beginn einer medizinisch notwendi-gen Behandlung unter Berücksichtigung von „Worst-Case-Szenarien“. Es ist nach Meinung der Teilnehmer möglich, den Standard der medizinischen Versorgung mit Telemedizin Offs-

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hore so nah wie möglich an evidenzbasierte Leitlinien zu bringen. Gleichwohl ist „Telemedi-zin Offshore“ noch nicht flächendeckend implementiert (einige Plattformen, manche Schiffe), obwohl nach allgemeinem Kenntnisstand technisch möglich. Auch Unsicherheiten im Hin-blick auf Begrifflichkeiten (Telemedizin vs. Telekonsultation) sind wahrzunehmen und bedür-fen zukünftig einer weiteren Erläuterung.

Technische Mindeststandards

Die DGAI-Strukturempfehlung stellt für die Festlegung technischer Mindeststandards der Telemedizin eine wichtige Grundlage dar, bedarf aber im Hinblick auf die Offshore-Windparks einer Adaptation an die entsprechenden Rahmenbedingungen. Essentiell ist die Möglichkeit für den Telemediziner, ein bewegtes Bild vom Patienten wahrzunehmen. Eben-falls als unabdingbar angesehen wird die Notwendigkeit einer Abstimmung zwischen dem Windpark-Unternehmen und dem Telemedizin-Betreiber hinsichtlich der im Unternehmen implementierten Rettungskonzepte.

Tabelle 5.2: Vorschlag zur Übernahme bzw. Erweiterung der DGAI-Strukturempfehlung [47] im Hinblick auf die

Offshore-Umgebung.

DGAI - Strukturempfehlung Übernahme () oder Vorschlag zur Adaptation/Ergänzung für Offshore-Windparks

- Verfügbarkeit einer bidirektionalen, zuverlässigen Audioübertragung sowie einer verlässlichen, zumin-dest unidirektionalen Videoübertragung in Echtzeit.

- Kontinuierliche Vitaldatenübertragung in Echtzeit bzw. mit geringen, klinisch irrelevanten zeitlichen La-tenzen.

Beim Umfang der übertragenen Vitaldaten ist die Qualifikation des Vor-Ort-Anwenders zu berücksichtigen.

- Sicherer Datentransfer mit Verfügbarkeit einer adä-quaten Datenübertragung bei mindestens 95 % aller Einsätze.

Für Offshore-Windparks sind 95 % als Ziel und nicht als Vorgabe anzusehen. Dies gilt aufgrund der derzeit nicht sicheren digital-technischen Umsetzungsmöglichkeit. Eine sichere Übertragung aus Erste-Hilfe-Räumen auf Plattformen ist jedoch für die Erreichung des 95 %-Zieles unabdingbar.

- Datenverschlüsselung nach dem Stand der Technik.

- Redundante Kommunikationsstruktur als Rückfall-ebene, z. B. über verschlüsseltes Zusatzmobiltelefon.

- Datenschutzkonformes Datenmanagement und Langzeitdatenspeicherung.

- Zugriff auf aktuellste Diagnose- oder Behandlungsal-gorithmen bzw. Verfahrensanweisungen

in digitaler Form für die häufigsten Krankheitsbilder am Telenotarztarbeitsplatz.

- Anbindung an die Leitstelle des Rettungsdienst-

Trägers.

Eine Vernetzung der gesamten Kommuni-kationsstruktur in einem OWP ist zu ge-währleisten.

- GPS-Daten des Rettungsteams und Notarztwagens sowie einsatzrelevante Leitstellendaten zur Unterstüt-zung des Einsatzmanagements bzw. adäquaten Wahl des bestgeeigneten Zielkrankenhauses.

Da die Einsatzorte in OWP meist festgelegt sind, hat das GPS nur nachrangigen Wert. Alle einsatzrelevanten Daten zur Unterstüt-zung des Einsatzmanagements müssen verfügbar sein.

- Forensisch sichere und MIND3-kompatible digitale Dokumentationsmöglichkeit der Telenotarzt-Konsultation.

Die Möglichkeit, einen MIND3-Datensatz zu erheben, muss vorhanden sein.

- Mindestens ein redundanter Telenotarztarbeitsplatz.

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Qualifikation des Telenotarztes

Eine Telenotarztzentrale sollte nach Empfehlung der DGAI mit einem Facharzt aus einem notfallmedizinisch relevanten Fachgebiet besetzt sein, der über die Zusatzbezeichnung „Not-fallmediziner“ verfügt. Aus Sicht der Diskussionsrunde könnte auch eine analoge Qualifikati-on z. B. in klinischer Akut- und Notfallmedizin als äquivalent angesehen werden. In jedem Fall muss die Option gegeben sein, eine fachspezifische Expertise (z. B. konsiliarisch) ein-zubinden. Für den Telenotarzt zwingend erscheint die regelmäßige Einbindung in die inner-klinische (z. B. Schockraum) oder präklinische Notfallversorgung (z. B. Notarzt). Bei entspre-chender Qualifikation (siehe oben) können vor dem Hintergrund der aktuellen oben genann-ten Erfahrungen aus Sicht der Diskussionsteilnehmer auch Fachärzte/-innen für Allgemein-medizin als Telenotärzte geeignet sein – vorausgesetzt, eine unmittelbare konsiliarische Ex-pertise ist vorhanden.

Aufgrund der Rahmenbedingungen ist zudem die Schulung des Telemediziners in Kommu-nikationskonzepten (z. B. Anleitung Ersthelfer) und in den Besonderheiten (spezielle Vor-kommnisse und nötige Maßnahmen) in Offshore-Windparks von Bedeutung. Telemedizin funktioniert nur bidirektional und muss durch entsprechende Schulungskonzepte in der Breite ausgebildet werden.

5.5 Diskussion

Die Bedeutung telemedizinischer Assistenzsysteme wird zukünftig steigen. Das gilt für Spe-zialbereiche wie die Offshore-Windparks oder die Seeschifffahrt, aber gleichermaßen auch für strukturschwache ländliche Regionen. Die hier vorgestellte Initiative kann daher nur eine erste Initialbeschäftigung mit der Thematik darstellen, die an anderer Stelle fortgeführt wer-den muss. Aus der Schifffahrt bekannt sind die weltweit etablierten Systeme einer funkärztli-chen Beratung für die Schiffsführung, in Deutschland wahrgenommen durch Telemedical Maritime Assistance Service (TMAS) Medico Cuxhaven [49]. Auch für den öffentlichen Ret-tungsdienst an Land existiert seit einiger Zeit eine Vielzahl an Projekten zur Verbesserung der (notfall-)medizinischen Versorgung der Bevölkerung mittels des Einsatzes telemedizini-scher Verfahren. Beispielhaft sei hier das inzwischen in die rettungsdienstliche Praxis im-plementierte Projekt Telemedizinisches Rettungsassistenzsystem (TemRas) erwähnt [50]. Hinzu kommt eine Vielzahl regionaler Projekte. Zusammenfassend bedarf es einer übergrei-fenden Weiterentwicklung der inhaltlichen, organisatorischen und technologischen Voraus-setzungen, um die vorhandenen telemedizinischen Offshore- und Onshore-Konzepte unter einem gemeinsamen Dach zu vereinen, ohne die speziellen umfeldtypischen Besonderhei-ten dabei zu vernachlässigen.

5.6 Ausblick

Allgemeiner Konsens – auch aus anderen Formaten wie beispielsweise dem Runden Tisch Maritime Sicherheitspartnerschaft – ist, dass derartige Initiativen gestärkt und im Idealfall in eine institutionalisierte Form gebracht werden sollten. Hierfür würden sich die jeweils fachlich führenden medizinisch-wissenschaftlichen Fachgesellschaften eignen.

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6 Rettungsdienstliche Weiterversorgung

6.1 Zusammenfassung

Die notfallmedizinische Versorgung in Offshore-Windparks ist von besonderen Rahmenbe-dingungen geprägt, die dieses Einsatzgebiet signifikant von anderen Einsatzgebieten unter-scheidet. Die Entfernung zum Festland, besondere Umweltbedingungen, Limitationen in der Zugänglichkeit, Arbeiten in Höhen und Tiefen sowie die Weitläufigkeit der Windparks stellen Herausforderungen für die medizinische Versorgung und Rettung von verletzten oder er-krankten Arbeitern dar. Die Anforderungen an Mensch und Technik bedürfen daher einer besonderen intensiven Betrachtung. Hinsichtlich der Qualifikationsanforderungen für das auf betrieblichen Rettungshubschraubern eingesetzte Personal wurden im Rahmen von Exper-tenkonferenzen unter dem Dach des Runden Tisches Maritime Sicherheitspartnerschaft ers-te Kriterien, sog. Kompetenzfelder, formuliert. Aber auch für die schiffsgebundene Rettung als Ergänzung und Rückfallebene zur Luftrettung wurde im Rahmen einer Arbeitsgruppe unter Federführung des ROW-Projekts ein Anforderungskatalog erstellt.

6.2 Einleitung

Unternehmen, die einen Offshore-Windpark betreiben wollen, haben für den Erhalt einer Bau- und Betriebsgenehmigung auf dem Boden des geltenden Arbeitsschutzgesetzes ein belastbares Schutz- und Sicherheitskonzept vorzuweisen, dass die Behandlung und die Be-förderung von kritisch kranken und (schwer) verletzten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einschließt [19]. Zu diesem Zweck werden für jeden Offshore-Windpark von verschiedenen Anbietern betriebliche Rettungshubschrauber (RTH) vorgehalten. Das Gesamtkonzept eines solchen „Offshore-RTH“ muss dabei sowohl den Gegebenheiten des Fliegens über See als auch der Ausstattung eines landgebunden operierenden RTH genügen bzw. diese übertref-fen. Während für die Luftrettung an Land bereits ein umfangreiches Regelwerk und eine brei-te Erfahrung existieren, fehlt es für den Bereich der Offshore-Windparks weitgehend an Standardisierung und vor allem Empfehlungen, z. B. für eine einheitliche Qualifikation des eingesetzten Personals.

Aus Redundanzgründen oder zur Durchführung von Rendezvous-Verfahren sollten zudem geeignete wassergebundene Rettungsmittel zur Verfügung stehen. Zusammen mit einem entsprechend medizinisch qualifizierten Helfer an Bord des Schiffes soll dieses im Falle ei-nes medizinischen Notfalls eine maritime Rettungseinheit bilden, die eine möglichst optimale Patientenversorgung, -betreuung und -beförderung bis zur Übergabe an einen betrieblichen RTH oder den Regelrettungsdienst an Land ermöglicht. Diese Rettungseinheit soll und muss dabei multiple Eigenschaften besitzen, wobei jedoch nicht eine bestimmte Komponente zu Lasten anderer Faktoren unverhältnismäßig bevorzugt bemessen sein sollte. So dürfen z. B. insbesondere technische Funktionen zur Rettung sowie zur Übernahme und zum Übertritt von Personen nicht untergeordnet betrachtet werden, um dem schwierigen Übergang zwi-schen Schiff und feststehendem Offshore-Bauwerk Rechnung zu tragen.

6.3 Methodik

Runder Tisch Maritime Sicherheitspartnerschaft der Stiftung OFFSHORE-WINDENERGIE

Die Stiftung OFFSHORE-WINDENERGIE (Stiftung der deutschen Wirtschaft zur Nutzung und Erforschung der Windenergie auf See, https://www.offshore-stiftung.de/) wurde 2005 auf Initiative und unter Moderation des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reak-torsicherheit (BMU) gegründet. Beteiligt waren außerdem die Küstenländer und sämtliche Wirtschaftsbereiche, die sich in der Offshore-Windenergie engagieren. Die Stiftung versteht sich als eine Art „Sprachrohr“ der Offshore-Windenergie in Deutschland. Seit 2013 tagt zweimal im Jahr der von der Stiftung organisierte „Runde Tisch Maritime Sicherheitspartner-

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schaft“. Ziel dieser Veranstaltung ist die Förderung der Netzwerkbildung und Kommunikation zwischen allen im Bereich der Sicherheit von Offshore-Windparks, aber auch der maritimen Sicherheit insgesamt, tätigen Personen und Institutionen.

Ausgehend vom Runden Tisch Maritime Sicherheitspartnerschaft wurden zwei Arbeitsgrup-pen (AG) gebildet, die sich aus dem Kreis der Teilnehmer des Runden Tisches und externen Fachleuten zusammensetzten und von Mitgliedern des ROW-Projekts geleitet wurden. In der AG Luftrettung sollten in mehreren Sitzungen relevante Fragen der Luftrettung Offshore erör-tert und konsentierte Empfehlungen z. B. zur Mindestqualifikation des eingesetzten rettungs-dienstlichen Personals erarbeitet werden, während in der AG Alternatives Rettungsmittel Offshore generelle Anforderungen an die schiffsgebundene Rettung als Ergänzung und Rückfallebene zur luftgebundenen Rettung diskutiert und im Sinne einer Empfehlung formu-liert werden sollten.

Tabelle 6.1: An den AGen beteiligte Institutionen.

AG Luftrettung AG Alternatives Rettungsmittel Offshore

ORS/SeaLink DRK Kreisverband Ammerland

BG Klinikum Hamburg BG Klinikum Hamburg

Gesellschaft für Maritimes Notfallmanage-ment (GMN)

Abeking&Rasmussen Schiffs- und Yacht-werft SE

DRF Stiftung Luftrettung gemeinnützige AG TERICON®

Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiff-brüchiger (DGzRS)

Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiff-brüchiger (DGzRS)

Northern Helicopter GmbH Fassmer GmbH & Co. KG

WindeaCare IQ.medworks GmbH

Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. VGB PowerTech e.V.

Alpha ventus Northern HeliCopter GmbH

ADAC Luftrettung gGmbH Klinikum Oldenburg AöR

Wiking Helikopter Service GmbH

VGB PowerTech e.V.

Klinikum Oldenburg AöR

6.4 Ergebnisse

Luftrettung

Grundsätzliche Aspekte

Das technische Flugmuster sollte – soweit im Rahmen von technischen Limitationen mög-lich – geeignet sein, sowohl an möglichst allen Einsatz-Strukturen zu operieren als auch an allen nächstgelegenen geeigneten Krankenhäusern zu landen. Dies betrifft insbesondere die Größe und das Gewicht des Flugmusters im Hinblick auf die Konfiguration der Landeplätze an den entsprechenden Zielkliniken. Die Mindestausstattung eines RTH ist in Europa durch die DIN EN 13718-2 geregelt, so dass die medizinische Ausrüstung und Gerätekonfiguration keinesfalls unterhalb dieser Norm liegen dürfen. Eine höherwertige Ausstattung – entspre-chend den längeren Versorgungszeiten und fehlenden Zwischenlande-Möglichkeiten – ist grundsätzlich zu fordern. Notarzt und Notfallsanitäter (NotSan), bzw. Rettungsassistent (RettAss) sollten gemäß geltenden Regularien im medizinischen Besatzungskonzept eine taktische Einheit bilden. Es besteht Expertenkonsens, dass für den RettAss/NotSan die Zu-satzqualifikation zum HEMS-TC (Helicopter Emergency Medical Service Technical Crew Member) zu fordern ist. Neben der rettungsmedizinischen Kompetenz als Rettungsassistent oder Notfallsanitäter kommen dem HEMS-TC vielfältige Aufgaben aus dem Bereich der

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Cockpitassistenz zu wie z. B. Navigation, Flugraumbeobachtung und Funkverkehr [19]. Die Möglichkeiten der notfallmedizinischen Versorgung entsprechen denen an Land inklusive aller Möglichkeiten zur Immobilisation. Der vorgehaltene RTH sollte sich an seiner Stamm-basis in permanenter Alarmbereitschaft mit einer Vorlaufzeit (Alarm bis Abheben zur Ein-satzstelle) von tagsüber maximal 15 min und nachts maximal 30 min befinden.

Mindeststandards für die erste professionelle medizinische Versorgung

Der Terminus „erste professionelle medizinische Versorgung“ bezieht sich auf den Umstand, dass in aller Regel bereits ein „Ersthelfer-Offshore“ [7, 20] Sofortmaßnahmen durchführt, wobei dieser v. a. im juristischen Sinne aber medizinischer Laie bleibt.

Damit dieses erste professionelle medizinische Team handlungsfähig ist, müssen einige Vo-raussetzungen erfüllt sein:

Medizinischer Standard

Individualversorgung aller denkbaren Verletzungen/Erkrankungen (Berücksichtigung spezieller Risikopotentiale sowie Versorgungsbedingungen)

Versorgung von 2-5 Leichtverletzten/Betroffenen

Rettungstechnischer Standard

Erreichen des Notfallpatienten durch Notarzt und RettAss/NotSan in allen Lagen, ausge-nommen Gefahrenbereiche

einfache technische Rettung (z. B. Turbinenhaus auf Windenbetriebsfläche)

Patientenbetreuung im Rahmen komplexer technischer Rettung

Qualifikationsstandards für das medizinische Personal (im Folgenden: MedCrew)

Zur Beschreibung des Qualifikationsprofils wurden 8 Kompetenzfelder definiert:

Notfallmedizinische Kompetenz

Kompetenz in non-technical skills

Erfahrung in der Patientenversorgung und -betreuung in der Luftrettung sowie unter schwierigen Umgebungsbedingungen

Kompetenz in Windenrettungsverfahren

Kompetenz in technischen Rettungsverfahren und Selbstsicherungstechniken

Erfahrungen in der Patientenbetreuung während technischer Rettung und Windenrettung

Körperliche Leistungsfähigkeit

Sprachkenntnisse: Englisch mit medizinischem Schwerpunkt

Zum Zeitpunkt der Drucklegung des Abschlussberichtes war der Konsensprozess noch nicht abgeschlossen. Die Ergebnisse werden nach Abschluss des Prozesses in einer Fachzeit-schrift publiziert und Interessenten nachgereicht.

Schiffsgebunde Rettung

Generell orientiert sich die Ausstattung und Ausrüstung der maritimen Rettungseinheit an dessen Einsatzspektrum und -zwecken. Die entsprechenden Anforderungen an die Ret-tungseinheit müssen dabei vorhersehbaren Einsatzszenarien genügen. Bezüglich des Über-tritts zwischen Schiff und Anlage stellen heutige Boat-Landing-Strukturen einen einschrän-kenden Faktor für Anlegemanöver entsprechend konstruierter Schiffe dar. Sie bestimmen somit neben den maritimen Bedingungen die Grenzen der Einsatzfähigkeit dieser Schiffe für einen Rettungseinsatz an Offshore-Bauwerken. Aber auch andere Überstiegsmöglichkeiten mit Hilfe spezieller Personentransfersysteme unterliegen Einschränkungen und sind im Hin-

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blick auf eine schnelle Installation und Benutzbarkeit bei Rettungseinsätzen kritisch zu prü-fen.

Aufgrund der allgemeinen Notwendigkeit zur Vorhaltung von Schiffen, die für einen Crew Transfer vorgesehen sind und somit generell einen Personentransfer ermöglichen, ist in Ver-bindung mit betriebstaktischen und -ökonomischen Aspekten aus heutiger Sicht zunächst ein entsprechend ausgerüstetes CTV (Crew Transfer Vessel) für den Einsatz als wassergebun-denes Rettungsmittel zu bevorzugen, das passende Eigenschaften in Bezug auf eine schnel-le Anlandung und die adäquate Versorgung eines Notfallpatienten aufweist. Eine spätere, optimierte Lösung kann ein speziell für die Rettung und Notfallversorgung zweckbestimmtes Schiff vorsehen.

Seegangsabhängige Einsatzverfügbarkeit

Ein wesentlicher Aspekt für die Einsatzgrenze wassergebundener Rettungseinheiten sind die meeresbezogenen Umwelteinflüsse. Hier sind für wassergebundene Fahrzeuge vornehmlich die Windstärke und -richtung sowie der damit verbundene Wellengang zu nennen. Zur Beur-teilung des Schifffahrts-bezogenen Seegangs wird häufig die Signifikante Wellenhöhe (Hs; mittlere Wellenhöhe des oberen Drittels der Wellenverteilung; [51]) herangezogen.

Um einen Einblick in den Jahresgang des Wind- und Wellengeschehens in der offenen Nordsee zu gewähren, werden exemplarisch einige Umweltdaten aus der Deutschen Bucht (Nordseeboje 3, NSB3) diskutiert. An der NSB3 lag z. B. im Jahr 2011 die Hauptwellenrich-tung zu 60 % (in etwa analog zu den Windrichtungen) in einem Sektor zwischen 240° und 360° (West-Süd-West bis Nord; siehe Tabelle 1). Etwa 70 % der Wellen in der Deutschen Bucht (NSB3) besaßen in diesem Jahr eine signifikante Höhe von ≤ 2 m; 86 % der Wellen hatten in summarischer Betrachtung eine Hs von ≤ 3 m Höhe (Tabelle 1). Der verbleibende Wellenanteil besaß eine signifikante Höhe von > 3 m und verteilte sich zu 75 % auf die Herbst- und Wintermonate und zu 25 % auf das Sommerhalbjahr. Maximale temporäre Hs der gesamten südlichen Nordsee lagen im Jahre 2011 bei ca. 10 m Höhe. Temporäre Hs von > 10 m sowie maximale individuelle Wellenhöhen von ca. 17-18 m in dieser Meeresregion wurden im Monat November der Jahre 2006 und 2007 gemessen [52].

Aus rettungstechnischer Sicht sollten die an Offshore-Bauwerken zum Einsatz kommenden wassergebundene Rettungseinheiten gemäß der Wellenhöhenverteilung eine Hs-Verträglichkeit von mindestens 2 m besitzen. Schiffe mit dieser Wellenhöhenverträglichkeit hätten in ca. 70 % der im Jahre 2011 erfassten Seegangs-Situationen an Offshore-Windenergieanlagen im Bereich der Deutschen Bucht (NSB3) zu Rettungszwecken einge-setzt werden können (Tabelle 6.2).

Tabelle 6.2: Wellenparameter Deutsche Bucht, Nordsee.

Rettungsbezogene schiffstechnische Eigenschaften

Ist ein Boat-Landing als Überstiegs- bzw. Übergabemöglichkeit vorgesehen, so sollte die Struktur des Schiffsanlegers des Offshore-Bauwerks für Anpralllasten von 25 t oder mehr ausgelegt sein, um den Einsatz eines Boat-Landing-fähigen Schiffes als wassergebundene Rettungseinheit zu ermöglichen. Dabei muss das Schiff selbst eine Boat-Landing-kompatible Bugform mit entsprechender Befenderung haben. Zusätzlich ist eine ausreichend große hin-

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dernisfreie Decksfläche hinter der bugseitigen Befenderung erforderlich, um in diesem Be-reich die sichere Übernahme eines auf einer Trage befindlichen Patienten mitsamt zwei Trä-gern und einem medizinischen Helfer von der Anlage auf das Schiff zu ermöglichen.

Der Transfer des Patienten von dem Offshore-Bauwerk auf die wassergebundene Rettungs-einheit setzt zudem eine geringe Roll- und Stampfbewegung des Schiffes am Boat-Landing voraus. Diese Bewegungskomponenten sollen einen Rollwinkel von 4° und einen Stampf-winkel von 2° nicht überschreiten. Dabei sollen die vertikalen und lateralen Beschleuni-gungswerte nicht über 0,2 g bzw. 0,1 g liegen.

Im Zuge des Patiententransports in Richtung Festland oder zum Übergabepunkt an einen Hubschrauber („Rendezvous-Verfahren“) sollen bei möglichst hoher Geschwindigkeit Roll-winkel von 12° sowie Stampfwinkel von 5° nicht überschritten werden. Optimal für einen schonenden Patiententransport ist jedoch eine deutlich geringere Rollbewegung mit maximal 6° und eine Stampfbewegung von maximal 4° Auslenkung während der Fahrt bei einer an-genommenen signifikanten Wellenhöhe von 2 m. Die maximal zulässigen vertikalen und late-ralen Beschleunigungswerte während der Transferfahrt der Rettungseinheit sollen analog zu denen beim Boat-Landing-Übergang des Patienten sein.

Zudem sind Vorrichtungen zur sicheren Rettung von Personen im Wasser („PIW-Device“) sowie handelsübliche Personal Locator Beacon (PLB) oder Search and Rescue Transponder (SART) für im Wasser befindliche Personen schiffsseitig vorzusehen.

Als nicht praktikabel wird der Einsatz eines seegängigen „fast rescue boat“– startend z. B. als Beiboot von einer wassergebundenen Rettungseinheit – zwecks Transfer des Patienten von dem Offshore-Bauwerk auf das Mutterschiff angesehen.

Ausleuchtung bordseitiger Rettungswege

Ziel und Zweck leistungsmäßig optimal ausgelegter bordseitiger Leuchtmittel auf einer was-sergebundenen Rettungseinheit ist die schattenfreie Ausleuchtung aller für die Rettung von Personen relevanten Bereiche auf und außerhalb des Schiffes (Boat-Landing und bugseitige Decksfläche, Windenbetriebsfläche und Manövrierzone („maneuvering zone“), Innenberei-che, umgebende Wasseroberfläche). Alle für die Rettung wichtigen schiffsseitigen Markie-rungen müssen zudem deutlich erkennbar sein und etwaige Hindernisse zusätzlich beleuch-tet bzw. angeleuchtet werden.

Für die Ausleuchtung im Bereich des Boat-Landing und der bugseitigen Decksfläche sind eine ausreichende Anzahl von Flutlichtscheinwerfer mit entsprechender Ausrichtung und einer Beleuchtungsstärke von jeweils mindestens 200 Lux vorzuhalten. Der Lichtkegel soll einen Strahlwinkel von wenigstens 60° besitzen. Gleiche Anforderungen gelten für die Win-denbetriebsfläche und den umgebenden Arbeitsbereich. Die im Schiffsinnern gelegenen Ret-tungswege sollten durch eine ausreichende Anzahl von Einzellichtquellen mit 200-300 Lux und der Behandlungsraum mit multiplen Lichtquellen von jeweils 500 Lux Beleuchtungsstär-ke ausgeleuchtet werden. Alle elektrischen Beleuchtungsanlagen müssen die Anforderungen für den Berührungsschutz IP56 (nach DIN EN 60529, 2014) erfüllen.

Für die Ausleuchtung des weiteren Schiffsumfeldes während eines Rettungseinsatzes bzw. für die Suche nach im Wasser vermissten Personen sind zwei Suchscheinwerfer – je einer für jede Schiffsseite – vorzusehen. Diese sollen einzeln von der Kommandobrücke der was-sergebundenen Rettungseinheit aus (fern-)steuerbar sein. Die Suchscheinwerfer müssen um 360° drehbar sein und einen Mindestneigewinkel von 45° aus der Horizontalen nach unten besitzen. Bei einer Sichtweite von 5 sm soll die Reichweite der Suchscheinwerfer (Lichtstär-ke: jeweils 15.000.000 Candela) mindestens 1.000 m, und die Beleuchtungsstärke am Ziel-punkt in dieser Entfernung wenigstens 5 Lux betragen.

Da Suchscheinwerfern mit variablen Lichtkegeln in Bezug auf den Strahlwinkel der Lichtquel-le sehr enge Grenzen gesetzt sind (ca. 4° bis 20°), kann man diese Art Scheinwerfer nicht als Flutlicht nutzen. Folglich wird empfohlen, neben den Suchscheinwerfern zusätzlich min-destens zwei Flutlichtscheinwerfer in die Anforderungen für die Ausleuchtung des Schiffsum-feldes aufzunehmen. Bei entsprechender technischer Eignung und Auslegung der Lichtquel-

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len können auch die o. g. Flutlichtscheinwerfer (Ausleuchtung Boat-Landing, Decksfläche, Windenbetriebsfläche und Manövrierzone) für diesen Zweck eingesetzt werden. Such-scheinwerfer und Flutlicht sowie alle zugehörigen elektrischen Elemente müssen die Anfor-derungen für den Berührungsschutz IP56 (nach DIN EN 60529, 2014) erfüllen.

Windenbetriebsfläche, Mannkorb-Personen-Transferfläche und Patiententransfer

Im Zuge von medizinischen Offshore-Rettungseinsätzen kann es zur Patientenübergabe im „Rendezvous-Verfahren“ zwischen den Rettungseinheiten Hubschrauber und Schiff kom-men. In Anlehnung an das Department of Transport [53] und die Civil Aviation Authority [54] sollen das schiffsseitige Winsch-Areal (Windenbetriebsfläche plus umgebende Manövrierzo-ne) sowie der Annäherungsbereich für den Hubschrauber an die wassergebundene Ret-tungseinheit im Sinne einer Minimalanforderung folgendermaßen gestaltet sein:

der Pilot muss eine ungehinderte Sicht auf das Schiff und das gesamte Winsch-Areal haben, was auch bei der Positionierung und Einstellung der beleuchtenden Elemente zu berücksichtigen ist, um Blendeffekte zu vermeiden

das Winsch-Areal (bzw. die zentrale Windenbetriebsfläche) sollte auf der Backbordseite des Schiffes liegen und muss nicht permanent gekennzeichnet sein, ist jedoch im Notfall durch eine zentrale, maximal 5 m durchmessende Kreislinie mit leuchtenden Farben ein-deutig kenntlich zu machen

das gesamte Winsch-Areal muss eine hindernisfreie An- und Abflugzone haben

die Manövrierzone kann über den Schiffsrand hinaus reichen

die Windenbetriebsfläche muss leicht begehbar sowie frei von Hindernissen und mit min-desten jeweils zwei Zugangs- und Fluchtwegen versehen sein

Analog zum Winsch-Areal (bzw. i. e. S. zur Windenbetriebsfläche) kann für einen Patienten-transfer mit einem Mannkorb in der Minimalanforderung eine Kreisfläche mit 6 m Durchmes-ser auf großen Schiffen bzw. 4,5 m auf kleinen Schiffen als angemessene Aufsetzfläche an-gesehen werden. Idealerweise gilt jedoch, dass für Personenversätze von liegenden Patien-ten mit dafür geeigneten und zugelassenen Mannkörben von feststehenden Einheiten auf Schiffe – bei möglicherweise grenzwertigen Wetterbedingungen – eine hindernisfreie Auf-setzfläche von mindestens 6 m x 6 m vorhanden sein sollte. Hintergrund dieser erweiterten Vorgabe ist, dass Mannkörbe mit einem Durchmesser von ca. 2 m von dem auf der fest ste-henden Einheit befindlichen Kranführer erfahrungsgemäß mit einer horizontalen Präzision von etwa ±1 m auf einer sich bewegenden und deutlich kleineren, schwimmenden Einheit abgesetzt werden können. Unter Einhaltung dieser Vorgabe ist dann von allen Seiten ein sicherer Zugang (Verlassen/Besteigen des Mannkorbs) zum Notfallpatienten bei mindestens einem Meter Sicherheitsabstand zu umgebenden Schiffstrukturen gewährleistet.

Da die beiden Rettungseinheiten Schiff und Hubschrauber insbesondere im Hinblick auf „Rendezvous“-Situationen nicht getrennt voneinander betrachtet werden können, müssen für den Patiententransfer kompatible Kommunikationsmittel auf beiden Einheiten vorgehalten werden.

Bordseitige Patiententransportwege und Behandlungsraum

Auf dem wassergebundenen Rettungsmittel sind hindernisfreie, kurze Zuwegungen zum Behandlungsraum für mindestens zwei Personen mit Trage plus medizinischen Helfer vorzu-sehen. Das bedeutet u. a., dass sich der Behandlungsraum auf dem gleichen Deck wie der Patientenübergang befinden muss. Die zum Behandlungsraum führenden Durchgänge müs-sen ausreichen breit und mit entsprechender Beleuchtung ausgestattet sein (s. o.).

Der Behandlungsraum kann u. U. als Multifunktionsraum eingerichtet sein und sollte eine entsprechende Raumgröße besitzen. In diesem Raum ist eine von mindestens drei Seiten (Kopf, beide Körperlängsseiten) zugängliche Patientenliege vorzusehen, die eine horizontale Lagerung der Person ermöglicht. Um die Praxistauglichkeit dieser Konfiguration zu erhöhen, müssen im Bereich der Patientenliege ausreichend Haltemöglichkeiten für das Rettungsper-sonal sowie ein rutschfester Bodenbelag vorhanden sein (z. B. analog zum landgebundenen Rettungstransportwagen), damit das Personal sich bei Seegang selbst sichern kann.

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Weitere wesentliche Aspekte sind die Lärm- und vibrationsarme Lagerung und Behand-lungsmöglichkeit des Patienten im Behandlungsraum. Als Basiskenngrößen sollten hier ma-ximal 65 dB(A) für den Lärmschwellwert sowie 0,5 ms-2 als Beschleunigungswert für Vibrati-onen gelten [55, 56]. Gemäß des American Bureau of Shipping (ABS) [57] ABS (American Bureau of Shipping; 2014) sollte zukünftig (ein optimiert reduzierter) Vibrationsgrenzwert für den Behandlungsraum von 0,4 ms-2 oder sogar 0,315 ms-2 gelten.

Eine geeignete Beleuchtungsstärke zur medizinischen Versorgung des Patienten auf der Untersuchungsliege im Behandlungsraum wäre mit jeweils 500 Lux aus verschiedenen Rich-tungen gegeben. Im Bereich der Untersuchungsliege ist zudem eine Untersuchungslampe mit ausreichender Beleuchtungsstärke anzubringen.

Präklinische Patientenversorgung, medizinische Basisausstattung, Qualifikation Personal

Die präklinische Versorgung eines Offshore-Notfallpatienten beginnt mit der adäquaten Vor-Ort-Hilfe durch den Ersthelfer-Offshore und wird von einer medizinisch qualifizierten Person der wassergebundenen Rettungseinheit auf dem Offshore-Bauwerk bzw. dem Schiff fortge-führt. Um die auf dem Offshore-Bauwerk begonnene Erste Hilfe entsprechend fortsetzen zu können, benötigt das für die Rettung und medizinische Versorgung qualifizierte Personal eine angemessene medizinische Basisausstattung.

Diese Basisausstattung kann in zielführender Anlehnung an die Ausstattung eines Seenot-rettungsbootes der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) folgendes umfassen: i) Sauerstoffeinheit (mind. 10 Liter), ii) Defibrilator mit Monitoreinheit, iii) Notfall-rucksack, iv) Ergänzungskoffer, v) Notfallkoffer, vi) Notfallbeatmungskoffer, vii) Transport- und Lagerungskomponenten, viii) Dokumentation, ix) Set zum Eigenschutz sowie x) Desin-fektions-/Hygieneartikel und xi) Sonstiges [58]. Mit entsprechenden Anpassungen sind die Komponenten i) Sauerstoffeinheit und ii) Defibrilator mit Monitoreinheit (Spezifikation: AED) sowie iii) Notfallrucksack und vii) Transport- und Lagerungskomponenten jedoch zwingend zu fordern. Ergänzt werden sollte diese Ausrüstung um die Komponente für eine telemedizi-nische Konsultation in Anlehnung an die DGUV Empfehlung für den Ersthelfer-Offshore [34].

Zur Gewährleistung einer ausreichenden präklinischen Versorgung des Notfallpatienten soll-te das Einsatzkonzept für die wassergebundene Rettungseinheit die ständige Präsenz eines medizinisch qualifizierten Helfers mit einem Qualifikationsniveau oberhalb des Ersthelfers-Offshore nach DGUV vorsehen. Die Qualifikation eines (regulären oder zusätzlichen) Crew-Mitglieds der wassergebundenen Rettungseinheit sollte mindestens analog zur Ausbildung des „SAR-Rettungshelfer See“ [59] erfolgen. Diese Ausbildung ist auch deshalb geboten, da bereits die Anforderung an die nachhaltige Pflege und Wartung der auf einer wassergebun-denen Rettungseinheit vorzuhaltenden medizinischen Ausrüstung in aller Regel die Fertig-keiten eines geringer Qualifizierten übersteigt.

Des Weiteren ist eine schnellstmögliche Zuführung des medizinisch qualifizierten Helfers an den Notfallort unter Berücksichtigung der Geschwindigkeit und Seegängigkeit der Rettungs-einheit sowie dessen Verfügbarkeit innerhalb des Windparks anzustreben. Hierfür muss sich idealerweise ein im Windpark befindlicher „Rettungshelfer See“ mitsamt seiner Ausrüstung auf einem CTV in möglichst zentraler geographischer Position zu den möglichen Einsatzor-ten im Park befinden, um jeden äquidistant (und auch randständig) gelegenen Notfallort in ähnlicher und vertretbarer Zeit erreichen zu können.

Idealerweise sollte es einsatztaktisch zudem die Möglichkeit geben, einen im OWP ggf. sta-tionierten NotSan oder RettAss bei Bedarf als geeignete medizinische Fachkraft der wasser-gebundenen Rettungseinheit zuzuführen, die im Einsatzfall die weitere medizinische Versor-gung des Patienten bis zur Übergabe an einen betrieblichen RTH oder den Regelrettungs-dienst an Land übernimmt.

Vorhaltung von geeigneten Mitteln zur telemedizinischen Konsultation bzw. Anleitung des medizinischen Personals durch einen qualifizierten Notfallmediziner

Um eine möglichst effiziente notfallmedizinische Versorgung des Patienten – auch über län-gere Transportzeiten – sicherstellen zu können, ist die medizinische Ausrüstung an Bord mit

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geeigneten technologischen und methodischen Mitteln zur telemedizinischen Konsultation zu erweitern. Dabei gilt als Mindestvoraussetzungen die Datenanbindung an eine Satelliten-Kommunikationsanlage mit einer Mindestbandbreite von 56 kB/sec. Um die gewonnen Vital-daten entsprechend auswertbar beim Telemedizindienst anzeigen zu können, muss ein ge-eignetes – und nach Medizinproduktegesetz zugelassenes – medizinisches Endgerät zur Verfügung stehen. Ferner ist die aktive Einbindung einer Telemedizin-Zentrale mit 24h Ver-fügbarkeit unabdingbar. Zum Thema Telekonsultation siehe auch Kapitel 5.

Standard Operating Procedure (SOP)

Die Erstellung einer Musterprozedur zur arbeitstäglichen Festlegung des Zusammenspiels zwischen Luft-, Wasser- und Landrettung und telemedizinischer Konsultation für deutsche Offshore Windparks ist zwingend zu empfehlen. In diesem Zusammenhang hat es sich be-währt, alle Prozesse der Versorgung und Rettung verletzter oder erkrankter Personen hin-sichtlich ihrer Praxisrelevanz ständig zu überprüfen und/oder eine entsprechende Zertifizie-rung durch externe Sachverständige vorzunehmen. Dabei sind die Prozesse der Rettungs-kette von Erster Hilfe über Notruf und Notrufannahme, die Einbindung von Telemedizin und Hubschrauberrettung inklusive aller möglichen alternativen Rettungs- und Einsatzmittel bis zur Disposition geeigneter klinischer Kapazitäten durch eine Rettungsleitstelle zu erfassen und abzubilden.

Alternative Konzepte zur Vorhaltung geeigneter Schiffe für Rettungseinsätze

Nicht alle Schiffstypen sind hinsichtlich ihrer barrierefreien Zugangswege und inneren Platz-verhältnisse sowie Möglichkeiten zur Lagerung und Vorhaltung benötigter medizinischer Ausstattung für Rettungseinsätze geeignet. Es müssen somit alternative Möglichkeiten – wie z. B. die Vorhaltung einer geeigneten und offshore-tauglichen kleinen Containereinheit (10ft) – vorgesehen werden, um die Notwendigkeit eines alternativen Rettungsmittels zum Rettungshubschrauber zu realisieren. Solche Containereinheiten sind umfänglich ausgestat-tete Rettungseinheiten inklusive der autarken Möglichkeit zur satellitengestützten Daten- und Sprachkommunikation für Telemedizin-Verfahren.

6.5 Diskussion

Die vorliegenden ersten Ergebnisse sowie die Bildung der relevanten AGen dürfen aufgrund der Komplexität der Offshore-Windpark Branche als erfolgreicher erster Schritt zur weiteren technischen und medizinischen Ausgestaltung der rettungsdienstlichen Weiterversorgung Offshore gewertet werden. Die Bildung von Expertengremien sowie die daraus resultierende Entwicklung von Empfehlungen und Standards gelten allgemein als niedrigste Stufe evi-denzbasierter Medizin. In den vorliegenden Themengebieten ist dieses Vorgehen mangels harter Daten derzeit alternativlos.

Im Hinblick auf die Luftrettung existiert mit der Alpin- und Höhenmedizin ein – den widrigen Rahmenbedingungen von Offshore-Windparks zumindest in Teilen – vergleichbarer Bereich [60], in dem mit der Internationalen Kommission für Alpines Rettungswesen eine bereits „in-stitutionalisierte Expertengruppe“ existiert. Aus deren Arbeit ist eine Vielzahl konsentierter Empfehlungen [61, 62], z. B. zu Einsatz von Rettungshubschraubern in den Bergen entstan-den, die für die noch junge Offshore-Windpark Branche hinsichtlich der Methodik wegwei-send sein können. Inzwischen liegen für die Alpin- und Höhenmedizin harte wissenschaftli-che Daten vor, so dass die Entwicklung hin zu einer evidenzbasierten Medizin in den Bergen initiiert ist [63]. In dieser Hinsicht bietet die Offshore-Windpark Branche noch einen großen Entwicklungsspielraum, für den Projekte wie z. B. ZeMOR (Zentrales Medizinische Offshore Register) bedeutsam sein könnten, da momentan nur wenige retrospektive Untersuchungen vorliegen [10, 37, 64].

Bezüglich der schiffsgebundenen Rettung gilt das oben genannte in ähnlicher Weise. Durch die Offshore-Windparks ergeben sich – im Übrigen weltweit – neue Impulse. Neue Schiffsty-pen und Überstiegssysteme wurden und werden entwickelt, um das Problem der Zugäng-lichkeit der Anlagen zumindest ansatzweise zu lösen. Es erscheint logisch, dass auch für

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den Spezialbereich der schiffsgebundenen Rettung neue Netzwerkfomate entstehen sollten, oder bestehende Institutionen (z. B. die International Maritime Rescue Federation) die The-matik aufgreifen und Lösungen für die bestehenden Fragen erarbeiten.

6.6 Ausblick

Die konstruktive Arbeit in den Arbeitsgruppen, die ersten Ergebnisse und die zu erwartenden konsentierten Empfehlungen lassen den Schluss zu, dass eine dauerhafte – oder zumindest längerfristig temporäre – Installation derartiger Expertengruppen für die Weiterentwicklung der Offshore-Windpark-Branche unabdingbar sein dürfte. Es besteht allgemein Konsens, dass dafür eine Institutionalisierung sinnvoll ist, um die dauerhafte und inhaltlich nachhaltige Arbeitsfähigkeit dieser Arbeitsgruppen zu gewährleisten.

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7 Zusammenfassung und Ausblick

Ziel des Forschungsprojekts war es, auf die Ergebnisse des Projekts „Rettungskette Offsho-re Wind (ROW) I“ aufbauend, die Konzeption für eine Rettungskette in Offshore-Windparks fortzuschreiben und mit weiteren wissenschaftlichen Daten zu hinterlegen.

Zentrales Element bleibt die Erste Hilfe bzw. erweiterte Erste Hilfe. Der Projektgruppe „Ret-tung und Erste Hilfe Offshore“ des Fachbereichs Erste Hilfe der DGUV ist es gemeinsam mit dem Forschungsprojekt ROW II gelungen, die Empfehlungen zur Ersten Hilfe in Offshore-Windparks weiterzuentwickeln und um wesentliche Punkte zu ergänzen (z. B. Telekonsulta-tion).

Mit der Auswertung der vorliegenden rund 1.700 Fälle konnte eine noch erheblich größere Detailtiefe und Faktorenbandbreite erreicht werden, so dass ein deutlicher qualitativer und statistischer Mehrwert gegenüber den rund 320 Fällen aus der ersten Projektphase generiert wurde. Der damit verbundene Erkenntnisgewinn liefert wichtige Impulse für die Ausgestal-tung der Rettungskette in Offshore-Windparks sowie die Prävention. Zukünftig kann mit ei-nem Zentralen Medizinischen Offshore Register (ZeMOR) die Chance bestehen, die medizi-nische Versorgung in Offshore-Windparks auf eine tatsächlich evidenzbasierte Grundlage zu stellen.

Nicht nur, aber mit wesentlicher Unterstützung von ROW II sind neue Gesprächs- und Netz-werkformate entstanden, die primär für die Offshore-Branche, aber letztlich auch für die ge-samte maritime Branche eine Verbesserung der Sicherheitsarchitektur fördern. Es bleibt für die Zukunft zu wünschen, dass die gestarteten Initiativen (z. B. Runder Tisch Maritime Si-cherheitspartnerschaft) weitergeführt werden und die Offshore-Windindustrie in der deut-schen AWZ auch im Bereich Sicherheit ihre Führungsrolle ausbaut.

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Literaturverzeichnis

1 Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (2017) Windenergie auf See. Ziele. Stand: 1. August 2014. Online im Internet: URL: http://www.erneuerbare-energien.de/EE/Navigation/DE/Technologien/Windenergie-auf-See/Ziele/ziele.html (Stand: 30.06.2017)

2 Deutsche WindGuard (2017) Status des Offshore-Windenergieausbaus in Deutschland. Deutsche WindGuard GmbH, Varel. Online im Internet: URL: https://www.offshore-stiftung.de/sites/offshorelink.de/files/Factsheet_Status_Offshore-Windenergieausbau_Jahr_1.%20Hj.%202017.pdf (Stand: 06.08.2017)

3 Bundesverband WindEnergie (2017) Windenergie auf See in Deutschland: Ausbauzahlen im ersten Halbjahr 2017. Presseinformation. Online im Internet: https://www.wind-energie.de/presse/pressemitteilungen/2017/windenergie-auf-see-deutschland-ausbauzahlen-im-ersten-halbjahr-2017 (Stand: 06.08.2017)

4 ERNEUERBARE ENERGIEN (2017) Offshore 2016: 818 Megawatt neu am Netz. Online im Internet: URL: http://www.erneuerbareenergien.de/offshore-2016-818-megawatt-neu-am-netz/150/434/100135/ (Stand: 06.08.2017)

5 Stuhr M, Dethleff D, Weinrich N, Jürgens C (2015) Rettung in Offshore-Windparks. In: Ottomann C, Seidenstücker KH (Hrsg.) Maritime Medizin. Springer-Verlag Berlin Heidelberg

6 Weinrich N, Dethleff D, Stuhr M, Nielsen MV, Hory D, Seide K, Jürgens C (2013) Medizinische Notfallversorgung und Rettungskonzepte für Offshore-Windparks. In: Holbach G, Stanik C, Eckert C (Hrsg.) Maritime Lösungen für die Offshore-Windparkversorgung. Universitätsverlag der TU Berlin, Berlin:84-96

7 Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (2013) Erste Hilfe im Betrieb. DGUV Information 204-022. Online im Internet: URL: http://publikationen.dguv.de/dguv/pdf/10002/204-022.pdf (Stand: 11.08.2017)

8 Weinrich N, Jürgens C (2013) Forschung für den Notfall. Orthopädie und Unfallchirurgie - Mitteilungen und Nachrichten 4:400-403

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10 Stuhr M, Dethleff D, Weinrich N, Nielsen MV, Hory D, Seide K, Jürgens C (2015) Vorläufige Auswertung: Medizinische Ereignisse in Offshore-Windparks – Erste Informationen zu Unfallverletzungen und Erkrankungen. Flug u Reisemed 22(1):14-19

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12 Schlechtriemen T, Lackner CK, Moecke HP, Stratmann D, Altemeyer KH (2004) Flächendeckende Notfallversorgung - Sicherstellung mit welchen Strukturen? 8. Leinsweiler Gespräche der agswn e. V. in Zusammenarbeit mit INM, IfN und BAND, 4.-5. Juli 2003. Notarzt 20(1):20-29

13 Hinkelbein J, Gröschel J, Krieter H (2004) Zeitpunkte und Zeitabschnitte zur Beschreibung der Struktur- und Prozessqualität im organisatorischen Rettungsablauf. Notarzt 20(4):125-132

14 Hellmich C (2010) Qualitätsmanagement und Zertifizierung im Rettungsdienst. Springer-Verlag Berlin Heidelberg

15 Burghofer K, Köhler M, Stolpe E, Lackner CK (2008) Erste-Hilfe-Maßnahmen bei Notfällen. Notfall Rettungsmed 11(2): 127-136

16 Ertl LM (2006) Evaluation eines multimedialen Expertensystems für Laienhelfer, Dissertation, LMU München: Medizinische Fakultät.

73

17 Sefrin P (2013) Medizinische Notfallversorgung in Offshore-Windanlagen. DIVI 4:112-114

18 Deutscher Bundestag (2014) Öffentlicher Rettungsdienst in der deutschen Ausschließlichen Wirtschaftszone. Drucksache 18/1729 vom 11.06.2014

19 Stuhr M, Dethleff D, Weinrich N, Nielsen MV, Hory D, Kowald B, Seide K, Kerner T, Nau C, Jürgens C (2016) Notfallmedizinische Versorgung in Offshore-Windparks. Neue Herausforderungen in der deutschen Nord- und Ostsee. Anaesthesist 65:369–379

20 Stuhr M, Kraus G, Weinrich N, Jürgens C, Sefrin P, und die Projektgruppe „Rettung und Erste Hilfe Offshore“ im DGUV-Fachbereich „Erste Hilfe“ (2014) Erste Hilfe in Offshore-Windparks in deutschen Gewässern – Empfehlungen des Fachbereichs Erste Hilfe der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV). Notarzt 30(04):159-168

21 Müller B (2013) Standardisierter Notfallmeldebogen für die Offshore-Windindustrie in der deutschen AWZ und 12-Seemeilen-Zone. Bachelorarbeit, Hochschule für angewandte Wissenschaften Hamburg. Online im Internet: URL: http://edoc.sub.uni-hamburg.de/haw/volltexte/2014/2471/pdf/BA_Bernhard_Mueller.pdf (Stand: 03.07.2017)

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23 Leiner F et al. (2012) Medizinische Dokumentation: Grundlagen einer qualitätsgesicherten integrierten Krankenversorgung; Lehrbuch und Leitfaden. Schattauer Verlag Stuttgart

24 Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information (2016) ICD-10-GM 2017: DIMDI veröffentlicht endgültige Fassung. Mitteilung unter Aktuelles vom 29.09.2016. Online im Internet: URL: https://www.dimdi.de/static/de/klassi/aktuelles/news_0405.html_319159482.html (Stand 06.08.2017)

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27 Andreas H (2013) MDK-Management im Krankenhaus. Bachelor + Master Publishing Hamburg

28 Dethleff D, Weinrich N, Kowald B, Stuhr M, Seide K, Jürgens C (2016) Unfallgeschehen in der Windenergie – Deutsche Onshore- und Offshore-Windparks –, 4. Fachtagung „Arbeitssicherheit in Windenergieanlagen“, Rheinsberg, 15.03.2016

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30 Schüler T, Röbenack K-D, Steinmetzger R (2001) Untersuchung von Absturzunfällen bei Hochbauarbeiten und Empfehlungen von Maßnahmen zu deren Verhütung. Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. Dortmund: 120pp

31 Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) (2016) Statistik – Arbeitsunfallgeschehen 2015. Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung, Referat Statistik, Berlin

74

32 Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) (2014) Erste Hilfe in Offshore Windparks. Fachbereich Erste Hilfe der DGUV. Informationsschreiben des Fachbereiches Erste Hilfe der DGUV

33 Kraus G (2014) 100 km bis zur Küste – Was tun bei Notfällen? etem 3.2014:12-13

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35 Kraus G (2017) Erste Hilfe fern der Küste. etem 3.2017:20-21

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38 Standke W (2014) Statistik Arbeitsunfallgeschehen 2013. Deutsche Gesetzliche Unfall-versicherung (DGUV). Spitzenverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften und der Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand, München; pp 85

39 Dethleff, D, Stuhr, M, Weinrich, N, Nielsen, MV, Seide, K, Jürgens, C (2013) Absturzunfälle in Onshore Windenergieanlagen – Implikationen für die Rettungskette Offshore Wind. Notarzt 29 - A5 (2013); doi: 10.1055/s-0033-1350095)

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41 Dethleff, D, Weinrich N, Kowald B, Stuhr M, Seide K, Jürgens C (2016) Unfallgeschehen in der Windenergie – Deutsche Onshore- und Offshore-Windparks. 4. Fachtagung Arbeitssicherheit in Windenergieanlagen, 15.03.2016, Rheinsberg

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43 Mair F, Fraser S, Ferguson J et al. (2008) Telemedicine via satellite to support offshore oil platforms. J Telemed Telecare 14:129-131

44 Das Klinikum Oldenburg besetzt einen Arbeitsplatz zur telemedizinischen Versorgung von Offshore-Windparks. Online im Internet: URL: https://telemedizin.klinikum-oldenburg.de/ (Zugriff: 20.02.2016)

45 Seenotretter und Berliner Krankenhäuser bringen den virtuellen Notarzt hinaus auf See Online im Internet: URL: http://www.seenotretter.de/aktuelles/neuigkeiten/ansicht/news/seenotretter-und-berliner-krankenhaeuser-bringen-den-virtuellen-notarzt-hinaus-auf-see/ (Zugriff: 20.02.2016)

46 Loddo M (2017) Der maritime Telenotarzt im Offshorebereich. Flug u Reisemed 24(02): 67-72

47 DGAI Info - Aus der Kommission Telemedizin der DGAI (2016) Telemedizin in der prähospitalen Notfallmedizin: Strukturempfehlung der DGAI. Anästh Intensivmed 57:160-166

48 Bundesärztekammer (BÄK) (2010) Voraussetzungen für gute Telemedizin (Zu Punkt V der Tagesordnung: Tätigkeitsbericht der Bundesärztekammer). 113. Deutscher Ärztetag, Dresden. Online im Internet: URL: http://www.bundesaerztekammer.de/page.asp?his=0.2.6578.8260.8265.8432.8433 (Stand: 20.02.2016)

75

49 Flesche CW, Jalowy A (2007) Funkärztliche Beratung bei medizinischen Notfallsituationen in der Kauffahrteischifffahrt. Dtsch Med Wochenschr 132:463-464

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53 Department of Transport (1992) Helicopter Assistance at Sea - Notice to Shipowners, Masters, Officers, Ratings, Shipbuilders and Shiprepairers. Merchant Shipping Notice No. M.1506: pp1-7

54 Civil Aviation Authority (2013) CAP 437 Standards for Offshore Helicopter Landing Areas. Safety Regulation Group; published by TSO (The Stationery Office), UK Civil Aviation Authority; February 2013

55 DNV (2014) Rules for Classification of Ships. Part 6 Chapter 33 “Comfort Class”. Det Norske Veritas. Online im Internet: URL: https://rules.dnvgl.com/docs/pdf/DNV/rulesship/2014-01/ts633.pdf (Stand: 11.08.2017)

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58 DGzRS (2011) Notfallmedizinische Ausrüstung der DGzRS. Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger, Bremen

59 Buschmann C, Niebuhr N, Schulz T (2013) SAR-Rettungshelfer See – Konzept und notfallmedizinisches Curriculum. Flugmedizin Tropenmedizin Reisemedizin 20(3):149-152

60 Zobel A, Wagner F, van Bömmel T (2014) Rettung im Gebirge unter erschwerten Bedingungen. Notfallmed up2date 9(1):61-73

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76

Anhang A: Tabelle Statistische Kennwerte Umweltfaktoren

Umweltfaktoren Nordsee/Ostsee

Luftströmung Mittelwert

Standard-

abweichung Median

Erstes

Quartil

Drittes

Quartil Minimum Maximum erfahren vermutet

Windstille (Flaute) Erfahrene/vermutete Auftretenshäufigkeit 20 4

Auftretenshäufigkeit Umweltfaktor 2,04 0,3666 2 2 2 1 3

Gewichtung Umweltfaktor 2,57 1,5905 3 1 3 1 5

Relevanzfaktor 5,35 3,6756 6 2 6 1 15

Wind (0-4 Bft; 0-7ms-1) Erfahrene/vermutete Auftretenshäufigkeit 21 3

Auftretenshäufigkeit Umweltfaktor 3,04 1,0651 3 2 3,5 1 5

Gewichtung Umweltfaktor 1,26 0,6887 1 1 1 1 3

Relevanzfaktor 3,91 2,6784 3 2 4,5 1 12

Wind (5-6 Bft; 8-14ms-1) Erfahrene/vermutete Auftretenshäufigkeit 21 3

Auftretenshäufigkeit Umweltfaktor 3,61 0,7223 4 3 4 2 5

Gewichtung Umweltfaktor 1,61 0,9409 1 1 3 1 3

Relevanzfaktor 5,61 3,1585 4 3,5 7,5 3 12

Wind (7-8 Bft; 15-20ms-1) Erfahrene/vermutete Auftretenshäufigkeit 18 6

Auftretenshäufigkeit Umweltfaktor 2,70 0,6350 3 2 3 2 4

Gewichtung Umweltfaktor 3,00 1,3484 3 3 3 1 5

Relevanzfaktor 8,09 4,0442 9 6 10 2 15

Wind-Böen Erfahrene/vermutete Auftretenshäufigkeit 18 5

Auftretenshäufigkeit Umweltfaktor 3,05 0,6530 3 3 3 2 4

Gewichtung Umweltfaktor 3,27 1,4203 3 3 5 1 5

Relevanzfaktor 9,95 4,9036 9 9 11,5 2 20

Sturm / Sturmböen (>8 Bft; >17ms-1) Erfahrene/vermutete Auftretenshäufigkeit 15 9

Auftretenshäufigkeit Umweltfaktor 2,30 0,5588 2 2 3 1 3

Gewichtung Umweltfaktor 4,04 1,1862 5 3 5 1 5

Relevanzfaktor 9,09 3,1176 10 6 10 3 15

Orkan / Orkanböen (>11 Bft; >28ms-1) Erfahrene/vermutete Auftretenshäufigkeit 9 15

Auftretenshäufigkeit Umweltfaktor 1,83 0,5762 2 1,5 2 1 3

Gewichtung Umweltfaktor 5,00 0,0000 5 5 5 5 5

Relevanzfaktor 9,13 2,8810 10 7,5 10 5 15

Gewitter (Blitz) Erfahrene/vermutete Auftretenshäufigkeit 14 10

Auftretenshäufigkeit Umweltfaktor 2,04 0,4747 2 2 2 1 3

Gewichtung Umweltfaktor 4,91 0,4170 5 5 5 3 5

Relevanzfaktor 10,04 2,5312 10 10 10 5 15

Gewitter (Böen) Erfahrene/vermutete Auftretenshäufigkeit 13 11

Auftretenshäufigkeit Umweltfaktor 2,22 0,5997 2 2 2 1 4

Gewichtung Umweltfaktor 4,39 0,9409 5 3 5 3 5

Relevanzfaktor 9,70 3,1828 10 6 10 5 15

Wake-Effekt Erfahrene/vermutete Auftretenshäufigkeit 10 13

Auftretenshäufigkeit Umweltfaktor 2,45 1,1843 2 2 3 1 5

Gewichtung Umweltfaktor 3,35 1,4336 3 3 5 1 5

Relevanzfaktor 7,64 4,3594 6 5 9 1 15

Windhose Erfahrene/vermutete Auftretenshäufigkeit 9 15

Auftretenshäufigkeit Umweltfaktor 1,57 0,5069 2 1 2 1 2

Gewichtung Umweltfaktor 5,00 0,0000 5 5 5 5 5

Relevanzfaktor 7,83 2,5343 10 5 10 5 10

Tornado Erfahrene/vermutete Auftretenshäufigkeit 6 18

Auftretenshäufigkeit Umweltfaktor 1,39 0,4990 1 1 2 1 2

Gewichtung Umweltfaktor 5,00 0,0000 5 5 5 5 5

Relevanzfaktor 6,96 2,4951 5 5 10 5 10

Regen Erfahrene/vermutete Auftretenshäufigkeit 20 3

Auftretenshäufigkeit Umweltfaktor 3,23 0,6853 3 3 3 2 5

Gewichtung Umweltfaktor 2,05 1,0235 3 1 3 1 3

Relevanzfaktor 6,76 4,0854 6 3 9 3 15

Starkregen (sichtbehindernd) Erfahrene/vermutete Auftretenshäufigkeit 18 6

Auftretenshäufigkeit Umweltfaktor 2,26 0,4490 2 2 2,5 2 3

Gewichtung Umweltfaktor 3,78 0,9980 3 3 5 3 5

Relevanzfaktor 8,70 3,4037 6 6 10 6 15

Schnee (sichtbehindernd) Erfahrene/vermutete Auftretenshäufigkeit 14 10

Auftretenshäufigkeit Umweltfaktor 2,09 0,2881 2 2 2 2 3

Gewichtung Umweltfaktor 4,04 1,0215 5 3 5 3 5

Relevanzfaktor 8,35 1,9449 10 6 10 6 10

Schnee (flugbehindernd) Erfahrene/vermutete Auftretenshäufigkeit 9 15

Auftretenshäufigkeit Umweltfaktor 2,04 0,4747 2 2 2 1 3

Gewichtung Umweltfaktor 5,00 0,0000 5 5 5 5 5

Relevanzfaktor 10,22 2,3733 10 10 10 5 15

Hagel (sichtbehindernd) Erfahrene/vermutete Auftretenshäufigkeit 11 13

Auftretenshäufigkeit Umweltfaktor 2,04 0,2085 2 2 2 2 3

Gewichtung Umweltfaktor 4,39 0,9409 5 3 5 3 5

Relevanzfaktor 8,91 1,7815 10 7,5 10 6 10

Hagel (flugbehindernd) Erfahrene/vermutete Auftretenshäufigkeit 8 16

Auftretenshäufigkeit Umweltfaktor 2,00 0,3015 2 2 2 1 3

Gewichtung Umweltfaktor 5,00 0,0000 5 5 5 5 5

Relevanzfaktor 10,00 1,5076 10 10 10 5 15

Graupel (sichtbehindernd) Erfahrene/vermutete Auftretenshäufigkeit 13 11

Auftretenshäufigkeit Umweltfaktor 2,17 0,3876 2 2 2 2 3

Gewichtung Umweltfaktor 3,96 1,1862 5 3 5 1 5

Relevanzfaktor 8,70 3,3362 10 6 10 2 15

Graupel (flugbehindernd) Erfahrene/vermutete Auftretenshäufigkeit 8 16

Auftretenshäufigkeit Umweltfaktor 2,09 0,4170 2 2 2 1 3

Gewichtung Umweltfaktor 4,91 0,4170 5 5 5 3 5

Relevanzfaktor 10,26 2,2807 10 10 10 5 15

Eisnebel Erfahrene/vermutete Auftretenshäufigkeit 12 12

Auftretenshäufigkeit Umweltfaktor 1,96 0,3666 2 2 2 1 3

Gewichtung Umweltfaktor 4,83 0,5762 5 5 5 3 5

Relevanzfaktor 9,43 2,1283 10 10 10 5 15

Seenebel Erfahrene/vermutete Auftretenshäufigkeit 11 13

Auftretenshäufigkeit Umweltfaktor 2,57 0,5069 3 2 3 2 3

Gewichtung Umweltfaktor 4,55 0,8579 5 5 5 3 5

Relevanzfaktor 11,55 3,1431 10 10 15 6 15

Seenebel Bänke Erfahrene/vermutete Auftretenshäufigkeit 12 12

Auftretenshäufigkeit Umweltfaktor 2,65 0,6473 3 2 3 1 4

Gewichtung Umweltfaktor 4,13 1,1795 5 3 5 1 5

Relevanzfaktor 10,83 3,7374 10 9 15 3 15

Kondensation/Atmosphäre

Niederschlag

77

Fortsetzung - 2-

Kondensation/Atmosphäre Mittelwert

Standard-

abweichung Median

Erstes

Quartil

Drittes

Quartil Minimum Maximum erfahren vermutet

aufgelockerte Wolkendecke Erfahrene/vermutete Auftretenshäufigkeit 21 3

Auftretenshäufigkeit Umweltfaktor 3,91 0,6683 4 3,5 4 3 5

Gewichtung Umweltfaktor 1,18 0,8528 1 1 1 1 5

Relevanzfaktor 4,41 2,4429 4 4 4 3 15

geschlossene Wolkendecke Erfahrene/vermutete Auftretenshäufigkeit 21 3

Auftretenshäufigkeit Umweltfaktor 3,83 0,5762 4 3,5 4 3 5

Gewichtung Umweltfaktor 1,55 1,1010 1 1 1 1 5

Relevanzfaktor 6,05 4,5927 4 4 4,75 3 20

niedrige Wolkenbasis Erfahrene/vermutete Auftretenshäufigkeit 21 3

Auftretenshäufigkeit Umweltfaktor 3,17 0,6503 3 3 4 2 4

Gewichtung Umweltfaktor 3,52 0,8980 3 3 4 3 5

Relevanzfaktor 11,09 3,5021 9 9 12 6 20

hohe Wolkenobergrenze Erfahrene/vermutete Auftretenshäufigkeit 21 3

Auftretenshäufigkeit Umweltfaktor 3,39 0,8913 3 3 4 1 5

Gewichtung Umweltfaktor 1,00 0,0000 1 1 1 1 1

Relevanzfaktor 3,39 0,8913 3 3 4 1 5

Rotor-Lee-Wolken Erfahrene/vermutete Auftretenshäufigkeit 7 17

Auftretenshäufigkeit Umweltfaktor 2,05 0,8439 2 2 2 1 5

Gewichtung Umweltfaktor 2,43 1,4343 3 1 3 1 5

Relevanzfaktor 4,73 3,5346 4 2 6 0 15

Lufttemperatur (<5°C (N), <5°-<0°C (O), 14 7

WH; bsh.de / dwd.de) Auftretenshäufigkeit Umweltfaktor 2,65 0,7452 3 2 3 1 4

Gewichtung Umweltfaktor 2,60 1,5355 3 1 3 1 5

Relevanzfaktor 6,85 4,7934 6 3 9 2 20

Bewuchs der Anlage Erfahrene/vermutete Auftretenshäufigkeit 4 20

Auftretenshäufigkeit Umweltfaktor 2,26 1,0098 2 2 3 1 5

Gewichtung Umweltfaktor 1,87 1,3247 1 1 3 1 5

Relevanzfaktor 4,35 3,6258 3 2 6 1 15

Gezeiten Erfahrene/vermutete Auftretenshäufigkeit 11 12

Auftretenshäufigkeit Umweltfaktor 3,68 1,3233 4 3 5 1 5

Gewichtung Umweltfaktor 1,45 1,0568 1 1 1 1 5

Relevanzfaktor 5,23 3,8413 5 3 5 1 15

Strömung Erfahrene/vermutete Auftretenshäufigkeit 12 11

Auftretenshäufigkeit Umweltfaktor 3,77 1,1519 4 3 5 1 5

Gewichtung Umweltfaktor 2,09 1,4771 1 1 3 1 5

Relevanzfaktor 7,86 6,4608 5 3,25 11,25 2 25

Wasserstand (Ebbe, Flut, Sturmflut) Erfahrene/vermutete Auftretenshäufigkeit 13 10

Auftretenshäufigkeit Umweltfaktor 3,77 1,1519 4 3 5 2 5

Gewichtung Umweltfaktor 1,95 1,3593 1 1 3 1 5

Relevanzfaktor 6,76 3,9737 5 4 10 2 15

Oberflächentemperatur (10°-<5°(N)- Erfahrene/vermutete Auftretenshäufigkeit 11 11

<0°C(O), WH; bsh.de) Auftretenshäufigkeit Umweltfaktor 3,14 0,8536 3 3 3 1 5

Gewichtung Umweltfaktor 2,20 1,5079 1 1 3 1 5

Relevanzfaktor 6,95 5,5391 4,5 3 9 1 20

Oberflächensalzgehalt (~34ppm (N), ~10ppm (O); bsh.de)Erfahrene/vermutete Auftretenshäufigkeit 3 18

~10ppm (O); bsh.de) Auftretenshäufigkeit Umweltfaktor 3,00 1,2566 3 2 3,25 1 5

Gewichtung Umweltfaktor 1,30 0,9787 1 1 1 1 5

Relevanzfaktor 3,90 3,1937 3 2 5 1 15

Gischt / sea spray (Starkwind) Erfahrene/vermutete Auftretenshäufigkeit 12 12

Auftretenshäufigkeit Umweltfaktor 2,65 0,4870 3 2 3 2 3

Gewichtung Umweltfaktor 3,00 1,4771 3 2 3 1 5

Relevanzfaktor 7,87 4,2137 9 4,5 9 2 15

Gischt / sea spray (Fahrtwind) Erfahrene/vermutete Auftretenshäufigkeit 13 10

Auftretenshäufigkeit Umweltfaktor 2,95 0,7222 3 3 3 1 4

Gewichtung Umweltfaktor 2,82 1,3675 3 1,5 3 1 5

Relevanzfaktor 8,32 4,2357 9 4,5 9,75 1 15

Windsee, Oberflächenwellen (Hs<3.5m) Erfahrene/vermutete Auftretenshäufigkeit 13 11

Auftretenshäufigkeit Umweltfaktor 2,96 0,9283 3 2 3 1 5

Gewichtung Umweltfaktor 2,82 1,6224 3 1 3 1 5

Relevanzfaktor 8,18 5,1974 7,5 3 11,5 2 20

Kreuzseen (Hs<3.5m) Erfahrene/vermutete Auftretenshäufigkeit 6 17

Auftretenshäufigkeit Umweltfaktor 2,82 0,8528 3 2 3 2 5

Gewichtung Umweltfaktor 2,65 1,4336 3 1 3 1 5

Relevanzfaktor 7,55 4,7882 6 3 10 2 15

Dünung / Swell (Hs<3.5m) Erfahrene/vermutete Auftretenshäufigkeit 10 14

Auftretenshäufigkeit Umweltfaktor 3,04 0,7674 3 2,5 4 2 4

Gewichtung Umweltfaktor 2,48 1,2384 3 1 3 1 5

Relevanzfaktor 7,74 4,4335 9 3 12 2 15

Fernwellen Erfahrene/vermutete Auftretenshäufigkeit 2 22

Auftretenshäufigkeit Umweltfaktor 2,22 0,6713 2 2 2,5 1 4

Gewichtung Umweltfaktor 2,39 1,1176 3 1 3 1 5

Relevanzfaktor 5,52 3,5531 6 2 6 1 15

Wellenloch (Lee-Seite Gründung) Erfahrene/vermutete Auftretenshäufigkeit 5 18

Auftretenshäufigkeit Umweltfaktor 2,23 0,7516 2 2 3 1 4

Gewichtung Umweltfaktor 2,65 1,5553 3 1 3 1 5

Relevanzfaktor 6,23 4,2531 6 2 9,75 1 15

Stehende Wellen Erfahrene/vermutete Auftretenshäufigkeit 2 22

Auftretenshäufigkeit Umweltfaktor 2,04 0,7674 2 2 2 1 4

Gewichtung Umweltfaktor 2,22 1,3128 3 1 3 1 5

Relevanzfaktor 5,00 3,9428 6 2 7,5 1 15

Wellen hoher Amplitude (Riesenwellen) Erfahrene/vermutete Auftretenshäufigkeit 3 21

Auftretenshäufigkeit Umweltfaktor 1,87 0,6255 2 1,5 2 1 3

Gewichtung Umweltfaktor 3,70 1,6634 5 3 5 1 5

Relevanzfaktor 6,57 3,5269 6 5 10 2 15

Grundsee Erfahrene/vermutete Auftretenshäufigkeit 2 22

Auftretenshäufigkeit Umweltfaktor 1,70 0,6350 2 1 2 1 3

Gewichtung Umweltfaktor 2,83 1,6963 3 1 5 1 5

Relevanzfaktor 5,09 3,9533 5 2 7,5 1 15

O-WEA Rotorblatt Eiswurf Erfahrene/vermutete Auftretenshäufigkeit 1 23

Auftretenshäufigkeit Umweltfaktor 2,04 0,5623 2 2 2 1 3

Gewichtung Umweltfaktor 4,13 1,4555 5 3 5 1 5

Relevanzfaktor 8,65 4,2917 10 5,5 10 2 15

Meer

Eisbildung

78

Fortsetzung - 3 -

Eisbildung Mittelwert

Standard-

abweichung Median

Erstes

Quartil

Drittes

Quartil Minimum Maximum erfahren vermutet

Anlagenvereisung Erfahrene/vermutete Auftretenshäufigkeit 5 19

Auftretenshäufigkeit Umweltfaktor 2,22 0,5184 2 2 2,5 1 3

Gewichtung Umweltfaktor 3,61 1,4058 3 3 5 1 5

Relevanzfaktor 7,96 3,7596 6 6 10 2 15

Eisfall Erfahrene/vermutete Auftretenshäufigkeit 1 23

Auftretenshäufigkeit Umweltfaktor 2,09 0,4170 2 2 2 1 3

Gewichtung Umweltfaktor 4,30 1,1455 5 3 5 1 5

Relevanzfaktor 9,04 3,2957 10 6 10 2 15

Hubschraubervereisung Erfahrene/vermutete Auftretenshäufigkeit 11 13

Auftretenshäufigkeit Umweltfaktor 1,65 0,4870 2 1 2 1 2

Gewichtung Umweltfaktor 4,91 0,4170 5 5 5 3 5

Relevanzfaktor 8,09 2,4479 10 5 10 5 10

Meereis (Nordsee) Erfahrene/vermutete Auftretenshäufigkeit 5 19

Auftretenshäufigkeit Umweltfaktor 1,83 0,6503 2 1,5 2 1 4

Gewichtung Umweltfaktor 2,04 1,4610 1 1 3 1 5

Relevanzfaktor 4,09 4,3788 2 2 6 1 20

Meereis (Ostsee) Erfahrene/vermutete Auftretenshäufigkeit 1 19

Auftretenshäufigkeit Umweltfaktor 1,67 0,4851 2 1 2 1 2

Gewichtung Umweltfaktor 1,95 1,3934 1 1 3 1 5

Relevanzfaktor 3,44 2,9149 2 2 5,25 1 10

Optische Phänomene

Dunkelheit Erfahrene/vermutete Auftretenshäufigkeit 18 6

Auftretenshäufigkeit Umweltfaktor 3,13 1,3247 3 2,5 4 1 5

Gewichtung Umweltfaktor 3,52 1,5036 3 3 5 1 5

Relevanzfaktor 10,52 6,1116 12 5 15 2 25

Dämmerung Erfahrene/vermutete Auftretenshäufigkeit 19 5

Auftretenshäufigkeit Umweltfaktor 3,30 1,0196 3 3 4 2 5

Gewichtung Umweltfaktor 3,09 1,4114 3 3 4 1 5

Relevanzfaktor 10,26 5,8014 9 6 15 2 25

Eigenblendung Leuchtmittel Erfahrene/vermutete Auftretenshäufigkeit 18 6

Auftretenshäufigkeit Umweltfaktor 2,35 0,8317 2 2 2,5 1 5

Gewichtung Umweltfaktor 3,26 1,5141 3 3 5 1 5

Relevanzfaktor 7,91 5,3844 6 5,5 10 2 25

Direktes Gegenlicht (Sonne) Erfahrene/vermutete Auftretenshäufigkeit 20 4

Auftretenshäufigkeit Umweltfaktor 2,70 0,6350 3 2 3 2 4

Gewichtung Umweltfaktor 3,09 1,2761 3 3 3 1 5

Relevanzfaktor 8,43 4,0657 9 6 9,5 2 15

Reflektionen Wasseroberflächen Erfahrene/vermutete Auftretenshäufigkeit 19 5

Auftretenshäufigkeit Umweltfaktor 2,57 0,7278 3 2 3 1 4

Gewichtung Umweltfaktor 2,48 1,3774 3 1 3 1 5

Relevanzfaktor 6,65 4,4783 6 2,5 9 1 15

Reflektionen Meereis / Schnee Erfahrene/vermutete Auftretenshäufigkeit 8 16

Auftretenshäufigkeit Umweltfaktor 1,78 0,5997 2 1 2 1 3

Gewichtung Umweltfaktor 2,48 1,2384 3 1 3 1 5

Relevanzfaktor 4,57 3,2026 5 2 6 1 15

Reflektionen vereiste O-WEA Erfahrene/vermutete Auftretenshäufigkeit 3 20

Auftretenshäufigkeit Umweltfaktor 1,82 0,5011 2 2 2 1 3

Gewichtung Umweltfaktor 2,36 1,4325 3 1 3 1 5

Relevanzfaktor 4,45 3,3908 4 2 6 1 15

Mangelnde Unterscheidbarkeit Himmel/Wasser 17 7

Auftretenshäufigkeit Umweltfaktor 2,65 0,6473 3 2 3 1 4

Gewichtung Umweltfaktor 3,87 1,3247 5 3 5 1 5

Relevanzfaktor 10,30 4,6362 10 7,5 15 3 20

Optische / autokinetische Illusionen Erfahrene/vermutete Auftretenshäufigkeit 9 14

Auftretenshäufigkeit Umweltfaktor 2,09 0,5264 2 2 2 1 3

Gewichtung Umweltfaktor 3,96 1,3307 5 3 5 1 5

Relevanzfaktor 8,00 3,3665 7,5 6 10 2 15

Rythmischer Schattenwurf O-WEA RotorblätterErfahrene/vermutete Auftretenshäufigkeit 12 11

Auftretenshäufigkeit Umweltfaktor 2,41 0,9081 2 2 3 1 4

Gewichtung Umweltfaktor 2,00 1,4800 1 1 3 1 5

Relevanzfaktor 5,14 4,7238 3 2 6 1 15