Evang. Sammlung in Württemberg e.V. Bismarckstraße … · Koran die Basmala-Formel immer an den...

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R U N D B R I E F 7 3 Oktober 2016 E 47239 Evang. Sammlung in Württemberg e.V. Bismarckstraße 5, 71272 Renningen PVSt, DPAG, „Entgelt bezahlt“ Bitte teilen Sie uns Änderungen Ihrer Anschrift rechtzeitig mit. Vielen Dank! „Es passt nicht zu Christen, Jammerlieder über die Schlechtigkeit der Welt anzustimmen. Sie treffen sich, sie überlegen, was man tun kann, sie beten um gnädige Hilfe, und sie fangen an zu handeln.“ Bundespräsident Joachim Gauck ©

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Oktober 2016

E 47239Evang. Sammlung in Württemberg e.V.Bismarckstraße 5, 71272 Renningen

PVSt, DPAG, „Entgelt bezahlt“

Bitte teilen Sie uns Änderungen Ihrer Anschrift rechtzeitig mit. Vielen Dank!

„Es passt nicht zu Christen, Jammerlieder über die Schlechtigkeit

der Welt anzustimmen. Sie treffen sich, sie überlegen,

was man tun kann, sie beten um gnädige Hilfe,

und sie fangen an zu handeln.“Bundespräsident Joachim Gauck

©

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Agnes Dannhorn

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Liebe Leserinnen und Leser,liebe Freunde der Evangelischen Sammlung,

Barmherzigkeit ist das Thema diesesRundbriefes. Barmherzigkeit ist ein Be-griff, der mir immer schon gut gefallenhat, trägt er doch ganz deutlich zweiWörter in sich: Erbarmen und Herz. Undwirklich ist der Begriff ein Lehnwort ausdem Lateinischen: er kommt von miseri-cordia, „den Armen im Herzen haben“.„Barmherzigkeit“ unterscheidet sich da-bei von „Erbarmen“, indem Barmherzig-keit die grundsätzliche Offenheit desHerzens für die Not des Armen beschreibt,und das Erbarmen das Moment der Hin-wendung selbst.

Diese Unterscheidung kennen auch dieislamischen Texte, allen voran der Koran,dessen jede einzelne Sure (bis auf Sure 9)jeweils mit der Basmala-Formel „Im Na-men Allahs, des All-Barmherzigen, desAll-Erbarmers“ beginnt. Mit Blick auf dievielen Menschen, die auch aus islamischgeprägten Ländern in Deutschland ihreZuflucht gefunden haben, und auf dievielen Menschen in Deutschland, die siewillkommen heißen, finde ich die Fragenach der Auffassung von Barmherzigkeitim Islam sehr bedeutungsvoll.

„All-Barmherziger“ (ar-Rahman) und„All-Erbarmer“ (ar-Rahim) sind im IslamAttribute, die Gott allein zustehen. Sie sind zugleich die ersten zwei der 99Namen Allahs, deren 97 weitere als Ex-plikationen der beiden ersten verstandenwerden. Die Sure 55, überschrieben mit„Der Barmherzige“ schildert das HandelnGottes in und für die Welt als allein inseiner Barmherzigkeit begründet: Gotthandelt von Anfang an und bis zum Weltende für seine Schöpfung.

Ich finde die Beharrlichkeit, mit der derKoran die Basmala-Formel immer an denAnfang des einzelnen Surentextes stellt,also 113 Mal, ganz bemerkenswert: soals wollte er jedem Anfang einen Anfangin Gottes wesenhafter Barmherzigkeitvoranstellen, und als wolle der Koran imapriorischen Licht der BarmherzigkeitGottes gelesen werden. Bei allen theologischen und vor allemheilstheologischen Unterschieden zwi-schen den drei monotheistischen Reli-gionen Christentum, Judentum und Is-lam, gründet die Vorstellung Gottes alsprinzipiell barmherziger Gott in der isla-mischen Theologie religionsgeschichtlich

angedacht ...

Inhalt

„Gott, barmherzig und gnädig” Agnes Dannhorn 3

Erbarmen im Alten Testament Werner Grimm 6

Wer ist denn mein Nächster? Christel Hausding 14 Willkommen in unserer Kirchengemeinde Joachim Scheuber 18 Flüchtlingen mit dem Evangelium begegnen Werner Schmückle 20 Flüchtlinge zu Gast im CVJM C. Witzgall, M. Hensler, U. Gänzle 23

Brotgemeinschaft Ingeborg Ronecker 25

Gebet Karl-Heinz Ronecker 26

IN

HA

L T

„Gott, barmherzig und gnädig“

Adressen der Autoren:

Agnes DannhornReginenstr. 60, 70597 [email protected]

Werner GrimmSeestr.5, 88662 Ü[email protected]

Dr. Christel HausdingSchießmauer 23, 89129 [email protected]

Ingrid und Karl-Heinz RoneckerAm Rainhof 6479199 Kirchzarten-Burg

Kirchenrat Werner SchmückleDürnauer Weg 26B, 70599 [email protected]

C.Witzgall, M.Hensler, U.Gänzlec/o Andreas SchäfferHohe Str. 1, 70174 [email protected]

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angedacht ...

doch in einem gemeinsamen ursprüngli-chen Gottesbild, dem wir im Alten Te-stament begegnen. Gott selbst offenbartsich in 2.Mose 34,6 und gibt sich denNamen „Gott, barmherzig und gnädig“.Der hebräische Begriff für „barmherzig“ist dabei rahum. Mit derselben Doppel-formel bildet sich das Bild eines barm-herzigen und väterlichen Gottes an wei-teren Stellen in den Psalmen und Pro-pheten aus. Bereits im Alten Testamentwird rahum von Gott allein ausgesagt.

Etymologisch können sowohl die hebräi-sche als auch die arabische Bezeichnungfür den barmherzigen Gott in der semiti-schen Wurzel rhm mit der Bedeutung„Mutterschoß“ zu finden sein. Eine Be-deutung, die meiner Auffassung nachnicht unbedingt eine mütterliche SeiteGottes illustriert, sondern vielmehr diebergende Zuflucht im Innersten des Lei-bes veranschaulicht: einen Herzensraum,

angedacht …

der nur dem Leben und der ungetrenn-ten Nähe des bedürftigen Menschen zuGott dient.

Für uns Christen zentrale und für unserLeben existentiell bestimmende Texteder Bibel und damit auch des Neuen Te-staments sprechen von der Barmherzig-keit und Gnade Gottes in Metaphern,Gleichnissen und Erzählungen. Nebenvielen Metaphern Gottes als barmherzi-ger Gott kennen wir in der Anrufung

Gottes Christus in der Gestalt desLammes Gottes. Die Anrufung„Christe, du Lamm Gottes, der duträgst die Sünde der Welt, erbarmeDich unser“ ist eine Bitte um Er-barmen im Zusammenhang derSündenvergebung und in der Ge-wissheit eines Neuen Bundes imeschatologischen Licht des Rei-ches Gottes. In Anlehnung an Tex-te aus Jesaja, Jeremia und an jo-hanneische Texte gründet die Bit-te um Erbarmen des Agnus Dei ineiner Theologie, die in der Barm-herzigkeit Gottes die Möglichkeitvon Sühne und Gnade offenbartsieht.

Auch der Kirchenbau in Europaverwendet seit der frühen mittel-

alterlichen Kirche das Bild des LammesGottes. Eine Darstellung ist mir in derAbtei in Cluny in Frankreich begegnet.Die romanische Klosterkirche in Clunywurde im 11.Jh. erbaut und ist heutenur noch in Teilen erhalten. Das Selbst-bewusstsein der Bauherren war so groß,dass sie die Kirche als maior ecclesia, also als „größte Kirche“ bezeichneten,was sie rund 400 Jahre lang bis zum Bau

des Petersdoms auch tatsächlich war.Nach ihrer Zerstörung im 18. Jh. ist un-ter den Bruchstücken ein Schlusssteinerhalten, der sich in der Vorhalle der ur-sprünglichen Kirche befand und das Ge-wölbe über der Vorhalle trug. Die Dar-stellung auf diesem Schlussstein stelltdas Lamm dar, umrandet von der In-schrift HIC PARVUS SCULPOR AGNUS - IN CELO MAGNUS, also „Hier bin ich alskleines Lamm in Stein gehauen – imHimmel bin ich groß“. Die Anrufung Christi als Lamm Gottes,das wir um Erbarmen und Frieden bit-ten, hat seit der frühen Kirche ihren li-turgischen Ort vor der Austeilung desAbendmahls, das das Opfer Christi inBrot und Wein für den Gläubigen erfahr-bar macht. Gott ist also nicht nur wieder Koran schreibt, als All-Barmherzigerim Himmel präsent und als All-Erbarmerwirksam, sondern er ist zugleich der All-Erbarmer im Opfer, in Brot und Wein, inLeib und Blut für jeden Einzelnen in derGemeinschaft der Gläubigen gegenwär-tig. So treffen in diesem Schlussstein mitdem Lamm und seiner Inschrift wie inder nicht mehr vorhandenen Vorhalleder Kirche viele Bögen zusammen: Er ist der Stein, der einen Bogen spanntvon unserer Zeit heute, wo das Lamm inStein gehauen und in seiner materiellenund räumlichen Beschränkung zu erken-nen ist, zu der Zeit, die kommen wird,wo die Größe und Weite Gottes offenbarsein wird. Von dem Lamm mit demKreuz, das die Vorhalle überwölbt zur

Literaturhinweis: Mouhanad Khorchide, Islam ist Barmherzigkeit. Grundzüge einer modernen Religion, Freiburg 2012, 2. Auflage 2015.

Erfahrung der Präsenz des Auferstande-nen im als Paradies verstandenen Kir-chenschiff. Von den festgefügten Zei-chen der Allegorie des Lamms, die auf-gelöst sein werden im Namen Christi,den wir als Erlöste selber tragen.

Wie der Koran einen immerwährendenAnfang des Erzählens von Gott in derAnrufung Gottes als All-Barmherzigerund All-Erbarmer gefunden hat, so ha-ben wir Christen einen Gott, der sich inJesus Christus unseres Anfangs und En-des annimmt und einen Gott, der unsals Osterlamm wie von der Vorhalle indie Helle des Kirchenschiffs in unserereigenen Endlichkeit begleitet bis in dieZuflucht in Gott, der in der Weite desHimmels gedacht wird.

Von Anfang an - für jeden Einzelnen –auf Erden so klein wie wir Menschen, im Himmel groß und all-barmherzig: sokann uns Gott begegnen. Während derKoran und das Alte Testament die Be-zeichnung „barmherzig“ Gott vorbehal-ten haben, dürfen wir Christen, die wirden Namen Christi tragen, „barmherzig“sein, also einen Raum in unserem In-nersten finden, in dem ein GegenüberZuflucht finden kann.

Seien Sie herzlich gegrüßt von

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nahegelegt …

Wut eines Propheten

„Wahrlich, ich mag sie nicht, die Barm-herzigen, die selig sind in ihrem Mitleid.Zu sehr gebricht es ihnen an Scham“,befand Friedrich Nietzsche, und ausHolland ist der Sinnspruch überliefert:„Barmherzigkeit gegen die Wölfe ist Unrecht gegen die Schafe.“ Die beidenZitate können uns bewusst machen, dass„Barmherzigkeit“ nicht von allen Men-schen und nicht in jeder Hinsicht als einabsoluter Wert empfunden wird. IhreKritiker bekommen Unterstützung voneinem Propheten der Heiligen Schrift.

Den Auftrag JHWHs hat Jona ausgeführt.Der von Gewalt triefenden Metropole Assurs hat der Prophet das Strafgerichtangedroht, alles Leben in ihr werdeJHWH auslöschen. Und dann erlebt Jo-na, dass die Leute von Ninive, der Königvoran, in Sack und Asche Buße tun undumkehren von ihrem bösen Weg. Da lässt Gott sich das Unheil, das er schonbeschlossen hat, doch tatsächlich „ge-reuen“! Wie aber reagiert Jona auf denErfolg seiner Predigt? Sein Gebet zu Gott gerät zum Wutausbruch: „Ach ja,JHWH, ich habe es doch gewusst, dassdu‚ ein freundlicher und barmherzigerGott1 bist, zögernd im Zorn und reich anLiebe2“ (Jona 4,2). Woher weiß Jonadas, was er im Grunde seines Herzensnicht gut findet und jedenfalls für „Hei-

ten im AT wiederfindet3, als „Gnadenfor-mel“ – eine hässliche Bezeichnung fürdas Wunder, dass JHWH das Geheimnisseines ewigen Wesens in Israel kundtut4.JHWHs erste und wichtigste Wesensei-genschaft ist jedenfalls „barmherzig“.Wenn wir bedenken, dass Jesus in Lk6,36 ein Essential seiner Verkündigungauf den kurzen Nenner brachte: „Seidbarmherzig, wie auch euer Vater barm-herzig ist“, wenn sich ferner ein Kreisschließt, sobald wir Jesu Satz aus derBergpredigt hinzufügen: „Selig dieBarmherzigen, denn sie werden Barm-herzigkeit erlangen“ (Mt 5,7), dann istGottes Barmherzigkeit womöglich eintheologisches Zentrum der Schrift Altenund Neuen Testaments.5 Aber, wie anJona gezeigt, umstritten. Und wieschon Ex 34,7 erkennen lässt, minde-stens interpretationsbedürftig.

Was genauer ist die „Barmherzigkeit“JHWHs?

Würden wir uns in dieser Frage von derSeptuaginta, der vorchristlichen Über-tragung des AT ins Griechische, leitenlassen, hätten wir es mit einer Flut vonBelegen zu tun, übersetzt sie doch bei-spielsweise an zahlreichen Stellen dashebräische chäsäd (treue Liebe) miteleos (Mitleid, Erbarmen). Um nicht vie-le der „Barmherzigkeit“ JHWHs naheste-hende Begriffe in einen Topf zu werfen,scheint es geboten, sich der Philologiedes eigentlichen Barmherzigkeit-Be-griffs zuzuwenden. Dies umso mehr, alssie von einem alttestamentlichen Pro-pheten treffend ins Bild gesetzt wurde!

Das hebräische rachamim (Barmherzig-keit, Erbarmen) ist ein Abstraktplural

nahegelegt …

zum Wort für „Mutterleib“, „Mutter-schoß“. Es bezeichnet also eine psychi-sche Energie, die das Bild der unbeding-ten Liebe einer Mutter zu ihrem Kind ‚imHinterkopf‘ hat. Und genau dieses Bildmalt der Zweite Jesaja (Jes 40-55) aus:Die nach 587 v.Chr. in Jerusalem ver-bliebenen armen und weithin schutzlo-sen Leute leben in der Angst, dass sieund ihre Mutter-Stadt von JHWH verges-sen sein könnten. Ihnen stellt JHWHdie seelsorgerliche Frage:

„Kann denn eine Frau ihr Kindlein ver-gessen ohne Erbarmen für das Kind ihresLeibes? Selbst wenn diese (Mütter) ver-gäßen - ich vergesse dich nicht. Sieh, in beide Hände habe ich dich eingezeich-net …“ (Jes 49,15f)

Eine der beglückenden (biologischen?)Phänomene in Gottes Schöpfung, diedurch nahezu nichts aufzuhaltende Lie-be einer Mutter zu ihrem Kind, dientdem Propheten als Bild für eineAnnäherung an eine absolute ‚Qualität‘Gottes. Wir stehen hier vor einer theo-logischen Denkfigur, die derselbe Pro-phet auch in Jes 40,30f und 54,10 an-wendet: Das relativ ‚Beste‘ aus dem un-serer Erfahrung Zugänglichen (von demAusnahmen immer möglich bleiben!) istgerade gut genug, eine Ahnung des ab-solut Guten zu vermitteln6.

Die Barmherzigkeit bzw., angemessener,das Erbarmen Gottes ist jene Energie,die ein Eingreifen erzwingt, um herzzer-reißendes Elend und mit-gefühltes Lei-den in der Schöpfung zu beenden. NichtVerdienst und Würdigkeit seiner Vereh-rer, einzig ihre arge Not fordert des lie-benden Gottes Erbarmen heraus: „Ist

den“ nicht gelten lassen will? Von derSelbstoffenbarung JHWHs am Sinai vorMose:

Da kam JHWH hernieder in einer Wolke,und Mose trat daselbst zu ihm und riefden Namen JHWHs an. Und JHWH gingvor seinem Angesicht vorüber, und er riefaus: JHWH, JHWH, Gott, barmherzig undfreundlich und zögernd im Zorn und vongroßer Liebe und Treue, der TausendenLiebe bewahrt und vergibt Schuld undVerbrechen und Verfehlung, aber unge-straft lässt er niemand, sondern über-prüft die Schuld der Väter noch bei denKindern und Kindeskindern bis ins dritteund vierte Glied! Und Mose neigte sich ei-lends zur Erde und betete an. (Ex 34,5-8)

Bevor Mose von JHWHs Wesen wissendarf, hat er die Gottheit schon mitihrem Namen angerufen. Und da der Na-me in der Welt des AT nicht Schall undRauch ist, sondern eine Kerneigenschaftseines Trägers benennt, weiß Mose alsoschon etwas von dem Gott, der ihn be-rufen hat. Der Gott der Hebräer hat sichihm mit seinem Namen offenbart als der„Ich bin da als der ich (tätig) da seinwerde“ (Ex 3,14). Nun aber erfährt Moseetwas mehr, worauf er mit einer Gebärdeder Ehrfurcht antwortet.

In der Bibelwissenschaft gilt der Satzvon Ex 34,6b, den man in vielen Varian-

Werner Grimm

Erbarmen im Alten Testament

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nahegelegt …

Rest kraft seiner Barmherzigkeit beseiti-gen wird (Mi 7,19)7.

In anderen Situationen „erbarmt“ sichJHWH, wo Leid und Leiden eines Israeli-ten ein nicht mehr mit anzusehendesAusmaß angenommen haben. Dabeitritt die Frage, ob die arge Not einesvon Krankheit oder „Feinden“ schwerangegriffenen Menschen selbstverschul-det oder schicksalhaft ist, in den Hin-tergrund (Ps 69,17ff; 116,3-6 u.a.). Die Urgeschichte solchen Erbarmens, anwelche die Lehrer Israels immer wiedererinnern, ist die von der Errettung derHebräer aus der Knechtschaft in Ägyp-ten (Ps 77,6-21; vgl. Ex 3,7ff; 6,5ff):Gott hat ihr Elend gesehen, ihren Schreinach dem Nothelfer vernommen, undsein Herz gebietet es ihm, jetzt einzu-greifen und sie heraus und weg von denallzu schweren Lasten zu führen.

Gottes Erbarmen im Spiegel des Psalms 103

Den 103. Psalm, der in unserer Abend-mahlsliturgie das Dankgebet eröffnet,hat mein Lehrer Otto Betz den „Lieb-lingspsalm Jesu“ genannt. In ihm be-gegnen sämtliche Motive des Vaterun-sers und in V.3 das messianische Pro-gramm, welches nach Darstellung dersynoptischen Evangelien Jesus leitete:„Der deine ganze Schuld vergibt undheilt alle deine Gebrechen“. Der Psalm,ein ebenso hymnischer wie persönlicherText (V.1-2!), rühmt die Handlungswei-sen bzw. ‚Regierungsprinzipien‘ des Him-melskönigs JHWH: chäsäd „Liebe“ undrachamim/richam „Erbarmen“. Wie einroter Faden ziehen sich die beiden Be-griffe durch den Psalm (V.4.8.11.13.17).

nahegelegt …

Und zwar setzt sich der Psalm mit derWesensoffenbarung des JHWH vom Sinai(siehe oben!) auseinander!

Die Wesensoffenbarung JHWHs nach Ex34,6 schließt in 34,7 mit einem auf denWesenszug chäsäd (Liebe) bezogenenKommentar. Dieser erläutert einmal, wieJHWHs Liebe ‚wirkt‘. Sie zeigt sich darin,dass Er „Schuld und Verbrechen und Ver-gehen vergibt“. Zum andern wird dieFrage nach der Dauer des schon von Na-tur dauerhaften chäsäd beantwortet –JHWHs chäsäd umgreift nicht nur einganzes Menschenleben, sondern auchalle nachfolgende Generationen. Das be-deutet aber nicht, so fügt der Kommen-tar eilends im adversativen zweiten Satzhinzu, dass JHWH auf Strafen prinzipiellverzichtet; vielmehr will Er ein Vergehenso gründlich ahnden, dass auch die Kin-der, Kindeskinder und Urenkel noch un-ter den Auswirkungen und ‚Spätfolgen‘dieser Strafe leiden werden. Die Selbst-offenbarung JHWHs läuft auf die War-nung zu, dass der praktisch niemals en-dende chäsäd JHWHs sein Strafhandelnnicht ausschließt, und dass dieses hin-sichtlich seiner Nachhaltigkeit sehrernst genommen werden muss. An die-ser Stelle steht in Ex 34,7 ein betontes„Nicht!“: „Jedoch straflos lässt er wahr-lich nicht...“ Und genau von dieser Ein-schränkung des chäsäd scheint der Ver-fasser des 103. Psalms angefochten zusein und um eine mit seiner Erfahrungbesser übereinstimmende ‚Exegese‘ deschäsäd zu ringen. Offensichtlich ist dasAusmaß der göttlichen Strafe sein The-ma – ganz entsprechend Ex 34,7b. Aberdabei kommt er durchaus zu einer an-ders getönten Erkenntnis. Wenn er auch

mir Ephraim denn besonders kostbaroder ein Lieblingskind? … Ja, so oft ichmich von ihm abwende, muss ich seinerwieder gedenken. Darum tobt mein In-nerstes für ihn; ich muss mich seiner er-barmen“ (Jer 31,2o).

Welcher Not erbarmt sich JHWH?

Welche Situationen eines Menschen odereines ganzen Volkes schreien nachJHWHs Erbarmen?

Es ist vor allem das Schier-erdrückt-Wer-den von der Last der Schuld. „Bei JHWHist viel Vergebung“ – in solchem Wissenhofft Israel auf sein Erbarmen (Ps 130),darauf, dass JHWH den Sünder gleich-sam wieder an sein Herz drückt – eineBewegung, die etwa in Jes 54,7-10 an-gedeutet ist: „Einen kurzen Augenblicklang habe ich dich verlassen, aber mitgroßem Erbarmen werde ich dich heim-holen (LÜ: ‚sammeln‘). Im Aufwallen desZorns habe ich einen Augenblick meinAngesicht verborgen, aber mit ewigerLiebe habe ich mich deiner erbarmt.“Im Normalfall korrespondiert der barm-herzigen Wiederzuwendung JHWHs dieUmkehr des betreffenden Erbarmungs-würdigen „in die offenen Arme Gottes“(z.B. Jes 55,7; vgl. Lk 15,18-20!); imExtremfall fragt JHWH nicht mehr längerdanach, ob die betreffenden Menschenihrerseits zu ihm umkehren (vgl. Hos11,8ff)! Kraft seines Erbarmens kannGott sein Zorngericht abbrechen: „Erwird sich unser wieder erbarmen, unsereSchuld unter die Füße treten und alleunsere Sünden in die Tiefen des Meereswerfen“, so schließt das Micha-Buch mitstarken Bildern, die versprechen, dassJHWH die Schuldenlast radikal und ohne

Ex 34,7b nicht direkt widerspricht, sosetzt er doch mit seinem vierfachenNein mindestens einen anderen Akzent– fast fällt er Ex 34,7b ins Wort: Jedochnicht für immer! Nicht ewig! Nicht ent-sprechend unseren Sünden! Nicht nachunseren Verschuldungen!

Beide Texte suchen die Liebe Gottes undsein Strafhandeln ins rechte Verhältniszu setzen. Beide wollen mit einem be-schwörenden „Jedoch nicht!“-Satz einerFehleinschätzung wehren. Beider Ziel-punkt ist eine Antwort auf die Frage:Wie sieht es mit JHWHs Strafhandelnaus, wenn JHWH in seinem Wesen Liebeist? Aber genau an der Stelle, wo Ex34,7b das Strafen JHWHs in seinerSchwere und Dauer hervorhebt, da hebtPs 103,9-10 hervor, dass JHWH gegenü-ber schuldig gewordenen Israelitennicht 1:1 zurückzahlt und die Schuldund ihre Strafe nicht endlos nachträgt!

Der Psalmist scheint mit seinem vierfa-chen Nicht düstere Gedanken abzuweh-ren, die im Bedenken von Ex 34,7durchaus aufkommen könnten.Bekämpft er in V.9-10 eine ihm falscherscheinende gängige Dogmatik, die Ex34,7 als die Androhung nimmer enden-der göttlicher Strafe interpretiert? Willer Ex 34,7 aufgrund seiner persönlichenErfahrung entschieden anders verstan-den wissen? Handelt es sich in V.9-10gar um einen jubelnden Erkenntnis-durchbruch, um Ausdruck einer geistli-chen Befreiung?

Jedenfalls: Der Dichter des 103.Psalmsweiß, wovon er spricht; er selbst hatteseine Krankheit und Lebenskrise alsStrafe JHWHs erlitten, wie V.3-4 zu ent-

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nahegelegt …nahegelegt …

nehmen ist. Aber seine persönliche Er-fahrung mit JHWH hat ihn offenbar zurGewissheit geführt, dass in den Lebens-geschichten der Gläubigen am Ende sei-ne Barmherzigkeit triumphieren wird.Eine Strafe ohne Ende kann er nicht mitJHWH zusammenbringen. Triumph derGnade – nicht anders vermag er JHWHund seine Selbstoffenbarung (Ex 34,6f)aufzunehmen und zu bezeugen.Der Psalmdichter unterstreicht sein Be-kenntnis zur Dynamik des göttlichen Erbarmens durch zwei wundervolle Ver-gleiche aus dem familiären Bereich undaus der Kosmologie:

11 Ja, so hoch wie der Himmel über der Erde ist, so waltet seine Liebe über denen, die ihn fürchten.12 Wie fern der Sonnenaufgang ist vom Untergang, so hat er von uns entfernt, was wir verbrochen haben.13 Wie sich ein Vater über Kinder erbarmt, so erbarmt sich JHWH über die, die ihn fürchten.

Und er sagt auch noch etwas darüber,was ihn so gewiss sein lässt: JHWH wirdunsere begrenzte Lebenszeit gnädigberücksichtigen – es bleibt nur ein klei-ner Zeitraum für den Erweis der göttli-chen Barmherzigkeit in der Biographieeines Menschen: „Kennt er doch das Gebilde, das wir sind, ihm ist bewusst,dass wir aus Staub sind. Der Mensch –wie das Gras sind seine Tage, wie desFeldes Blume – so blüht er.“ (V.14f)

Des Menschen Erbarmen (2.Chr 28,15 u.a.)

Wir erinnern uns, dass das „Erbarmen“Gottes oder eines Menschen weniger ei-

ner ethisch-rationalen Entscheidungentspringt, mehr einer seelischen Erre-gung. Das AT siedelt sie im Herzen anoder, zieht man weitere, seltenere Ver-ben für das „Erbarmen“ hinzu, in den„Eingeweiden“ – wir würden heute viel-leicht sagen: im ‚Bauch(gefühl)‘. Überdiese urmenschliche Emotionalität desErbarmens hat Heinz Rothenbühler, mitVerweis auf Jesu Barmherzigen Samari-ter (Lk 12,33) und das dortige splagch-nizesthai, geschrieben: „Die Entschei-dung fällt merkwürdiger Weise nicht imKopf. Dort würde es heißen: ‚Jude, Feindmeines Volkes‘. Sie fällt im Bauch. DerUrtext meldet, dass sich seine Eingewei-de rührten. Wenn er weitergezogen wä-re, ohne zu helfen, hätte er in der Her-berge keinen Appetit aufgebracht undauch nicht ruhig geschlafen. Barmher-zigkeit ist eine Intervention ‚von deranderen Seite her‘, von einem übergrei-fenden Willen her, und befällt den Men-schen in seinen Eingeweiden und kanndort etwas bewirken, wo der Menschwillentlich nichts ausrichten kann.“(S.166)8

Wenn das so ist, wird man nicht unbe-dingt erwarten dürfen, dass ‚Barmher-zigkeit‘ im AT zu einer Norm der Ethikund in der Tora gleichsam angeordnetwird. Jedoch bringt, und dazu leiten dieTheologen des ATs an, das Aufschauenzu JHWH – im Sinne eines ‚Motivations-schubs‘ – Barmherzigkeit unter die Men-schen! Nehmen wir einen der großenLehrtexte, in denen es um Recht undGerechtigkeit geht: Psalm 111 und 112bilden eine Einheit aus Theologie undEthik. Der eine Verfasser der beidenPsalmen hat in Psalm 111 Handlungs-

weisen JHWHs Vers für Vers aneinander-gereiht und in Psalm 112 an der genauentsprechenden Stelle die sich darausjeweils ableitenden ethischen Forderun-gen an den „Menschen“ (V.1!) formu-liert. So heißt es in Ps 111,4 „Freund-lich und barmherzig ist JHWH“ (= Ex34,6) und in Ps 112,4, dass der Auf-rechte eine ‚Lichtgestalt‘ sei, nämlich„freundlich und barmherzig und ge-recht“! Wenn Jesus in Lk 6,36 „Seidbarmherzig, wie euer Vater im Himmelbarmherzig ist“ eine Ethik der Barmher-zigkeit direkt aus dem Gottesbegriff ab-leitet, so kann er dabei auf den EntwurfPs 111/112 zurückgreifen. Oder auchauf das Ethos von Ex 22,20-26:

Den Fremden sollst du weder unter-drücken noch bedrängen, denn Fremdeseid ihr im Land Ägypten gewesen. KeineWitwe oder Waise dürft ihr bedrücken.Falls du sie in irgendeiner Weise be-drückst, dann werde ich, wenn sie wirk-lich zu mir schreien muss, ihr Geschreigewiss erhören … Falls du einem ausmeinem Volk, dem Elenden bei dir, Geldleihst, dann sei gegen ihn nicht wie einGläubiger; ihr sollt ihm keinen Zins aufer-legen. - Falls du wirklich den Mantel dei-nes Nächsten zum Pfand nimmst, sollstdu ihm diesen zurückgeben, ehe die Son-ne untergeht; denn er ist seine einzigeDecke, seine Umhüllung für seine Haut.Worin soll er sonst liegen? Wenn er dannzu mir schreit, wird es geschehen, dassich ihn erhören werde, denn ich bin (die-sen Armen) freundlich zugewandt. (Elberfelder Bibel, in V.26b eigene Über-setzung)

Eckart Otto schreibt dazu: „Das theolo-gische Argument kann Schutz und Soli-

darität begründen, wo eine Begründungaus der Logik der Gesellschaft an eineGrenze kommt … Die an die Einsichtgerichtete Paränese verbleibt im Appell,deren (sic!) Nichtbeachtung keinerechtlichen Konsequenzen nach sichzieht. In diese Lücke greift die Theolo-gisierung ein, die nicht nur die Solida-ritätsforderung auf eine neue Begrün-dungsebene hebt, sondern auch dieDurchsetzung durch JHWH einführt …Gott als der Barmherzige begründet einEthos der Solidarität und der Barmher-zigkeit mit dem Schwachen in der Ge-sellschaft. Wie Gott mit dem Menschenumgeht, so soll sich der Mensch zumMenschen verhalten“ (S.84f)

Auch Propheten fordern, dass man sichin Israel doch die Not von Mitmenschenans Herz gehen lasse und Erbarmen zei-ge (z.B. Sach 7,9). Als ‚Objekte‘ solcherBarmherzigkeit kommen zunehmendauch Menschen außerhalb Israels (z.B.Am 1,11.13) und endlich auch die Tiere(Spr 28,13) in Betracht. So werden imSabbatgebot „dein Ochs und dein Eselund all dein Vieh“ in den Kreis der Fa-milie genommen und dürfen am Ruhe-tag wie die Hausleute ausruhen (Dtn5,14). Zur ‚Bewustseinsweitung‘ in die-ser Richtung wurde der Prophet Jonavon JHWH in einem schmerzhaftenLernprozess geführt (Jona 4,10-11).

Israels Propheten wissen, dass dieBarmherzigkeit vor allem dort auf derStrecke bleibt, wo Stämme oder VölkerKrieg gegeneinander führen und vorGrausamkeiten gegen die Unterlegenennicht zurückscheuen. (z.B. Jes 13,18;Jer 6,23; 21,7; Am 1,11). Einen bemer-kenswerten Vorgang schildert 2.Chr 28:

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nahegelegt …

Nach Salomos Tod war Israel in zweiStaaten zerfallen, das Nordreich Israelmit der Hauptstadt Samaria und dasSüdreich Juda mit der Hauptstadt Jeru-salem. Die ‚Bruder-Staaten‘ standen sichnicht selten feindselig gegenüber. Undso war wieder einmal ein Krieg ausge-brochen, die Truppen von Samaria hat-ten gesiegt und die Grenze wieder einStückchen nach Süden verschoben. Inder üblichen brutalen Weise wurdenKriegsgefangene gemacht und nach Sa-maria verschleppt, um sie zu versklaven.So war das damals in aller Welt. Abernun erinnerte sich plötzlich einer mit-ten im Krieg an die Werte der Religion,an das, was die verfeindeten Länder imGlauben an JHWH trotz allem verband.Ein Prophet aus Samaria namens Odedstand auf und herrschte seine Landsleu-te an: „Ihr habt sie mit solcher Wut er-schlagen, dass es gen Himmel schreit.Nun gedenkt ihr, die Leute von Judaund Jerusalem zu unterwerfen, dass sieeure Sklaven und Sklavinnen seien. Istdenn das nicht Schuld bei euch gegen-über dem HERRN, eurem Gott? So hörtnun auf mich und bringt die Gefangenenwieder hin, die ihr aus euren Brüdernweggeführt habt!“ (V.9-11; LÜ) Was ge-schah? Eine Demonstration! Es stelltensich nun Leute, die diese Rede gehörthatten, denen entgegen, die vom Feld-zug heimkehrten und lagen den Feldher-ren in den Ohren mit der Predigt desPropheten Oded, die sie zu ihrer eige-nen gemacht hatten. Mit welcher Wir-kung? „Da gaben die Krieger die Gefan-genen und die Kriegsbeute in Gegen-wart der Heerführer und der ganzenVolksgemeinde frei, und … sie nahmen

sich der Gefangenen an; sie bekleidetenalle Nackten unter ihnen mit Stückenaus der Beute, gaben ihnen Schuhe,speisten sie, gaben ihnen zu trinken,salbten sie (ihre Wunden mit Öl), setz-ten alle unter ihnen, die arg geschwächtwaren, auf Esel und brachten sie nachJericho, der Palmenstadt, zu ihren An-gehörigen. Dann kehrten sie nach Sama-ria zurück.“ (V.14f)

Barmherzige Samariter, Besinnung auf‚Menschenrechte‘ (Ex 20,15!) mitten imtobenden Krieg, und das 750 Jahre v.Chr. – in dem Land, wo heute hüben unddrüben in vielen Köpfen der HeiligeKrieg wieder herrscht, Hass sich in dieHerzen frisst und Blut an den Händenklebt. Jesus hat, wie zahlreiche tragen-de Motive und Wörter in Lk 10,30-35 er-kennen lassen, den alttestamentlichenText über die „barmherzigen Samarita-ner“ seiner Beispielerzählung zugrundegelegt9 und auf die individuelle Ent-scheidung hin zugespitzt.

Das Wissen um die BarmherzigkeitJHWHs zeitigte schon in alttestamentli-cher Zeit da und dort Humanität, dieuns im von ‚Aufklärung‘ und ‚Fortschritt‘geprägten Zeitalter immer noch vorausist und leider nicht durchschlagend dieVerhaltensweisen in den Konflikten derWelt bestimmt.

Literatur: Heinz Rothenbühler, Abraham inkognito, Einführung in das Althebräische Denken, 1995;Jörg Jeremias, Theologie des Alten Testaments,2015, S.285-300; Eckart Otto, Theologische Ethikdes Alten Testaments, 1994; Werner Grimm, Eingüldenes Kleinod Davids. Die Psalmen des AltenTestaments (3 CDs), Biblische Raritäten 3, 2015.

1 `el channun werachum. channun mit „gnädig“ zu übersetzen, führt leicht zu dem Missverständnis, dass Gott Gnade vor Recht ergehen lässt. Es handelt sich aber eher um eine Verhaltensweise, die unserer Rede vom „lieben Gott“ entspricht. 2 chäsäd mit „Huld“, „Barmherzigkeit“, „Güte“ oder „Gnade“ zu übersetzen, wie es oft geschieht, suggeriert ein Gefälle von oben nach unten. Da chäsäd aber auch als eine Haltung des Menschen gegenüber Gott gefordert ist, gibt man den Begriff am besten durchgängig mit „Liebe“ oder auch mit dem alten, im Evangelischen Gesangbuch zu findenden Wort „Liebestreue“ wieder. Er impliziert eine herzliche Verbundenheit mit der betreffenden Person, die Hilfsbereitschaft einschließt – aufgrund einer vorgegebenen oder gewachsenen Beziehung.3 Z.B. Num 14,18; Joel 2,13; Jona 4,2f; Nah 1,3; Ps 86,15; 103,8; 145,8; Neh 9,17. Noch Röm 2,4 kennt das am Sinai offenbarte Wesen Gottes. Paulus setzt es als konsensfähiges Grundwissen voraus und widmet ihm eine dynamische Interpretation: „Weißt du nicht, dass dich Gottes Güte zur metanoia (Umdenken, Sinnesänderung, Umkehr) leitet?“4 Und damit die Offenbarung seines Namens, JHWH, (Ex 3,14) um wichtige Aspekte ergänzt. 5 Man mag noch einen Schritt weitergehen und ‚Gottes Erbarmen‘ in den Blickpunkt einer ökumenischen Verstän- digung zwischen den abrahamitischen Religionen rücken: Im jüdischen Hauptgebet, der Amidah (Achtzehngebet), bittet die Synagogengemeinde wiederholt um JHWHs Erbarmen, und im rabbinischen Judentum ist „Erbarmer“ eine der Ersatzbezeichnungen für den unaussprechlichen JHWH-Namen. Auch im Islam gilt „Barmherzigkeit“ als eine Eigenschaft Gottes und als wünschenswertes Motiv im zwischenmenschlichen Verhalten.6 Vgl. dazu auch den zunächst seltsam anmutenden Dialog zwischen dem reichen jungen Mann und Jesus in Mk 10, 17-18: „Guter Meister, was soll ich tun, damit ich das ewige Leben ererbe?“ Aber Jesus sprach zu ihm: „Was nennst du mich gut? Niemand ist (absolut) gut als Gott allein. Du kennst (für eine Annäherung an das Gute) die Gebote …“7 Vgl. Joel 2,13; Ps 40,12ff; 51,3; 78,38; 79,8; Dan 9,9.18 u.a. 8 Es finden sich im AT Texte auf dem Weg zur rabbinischen Lehre vom guten Trieb und bösen Trieb: Zwei gegensätz- liche ‚urige‘ Antriebskräfte streiten um das Herz des Menschen, dessen Trachten zum einen „böse“ ist von Jugend auf (Gen 6,5; 8,21), zum andern zur Liebe fähig (Lev 19,18). Die Weisheitsliteratur lehrt, dass es im vom Bösen getriebenen Menschen keine Barmherzigkeit mehr gegenüber dem Mitmenschen gibt: „Das Verlangen des Frevlers geht nach dem Bösen, kein Erbarmen findet sein Nächster in seinen Augen.“ (Spr 28,27) 9 Eine mir von Dr. Manfred Kuntz, Neuweiler, mitgeteilte Entdeckung.

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gepredigt …gepredigt …

Liebe Gemeinde!

Du sollst Gott lieben von ganzem Her-zen, von ganzer Seele, mit allen Kräftenund von ganzem Gemüt und deinenNächsten wie dich selbst. Das ist, sohaben wir es im Konfirmandenunterrichtgelernt, der knapp zusammengefassteInhalt der Zehn Gebote. Gottes Weisun-gen für uns – auf den Punkt gebracht.Ganz einfach und klar klingt das. Aberschon ein Blick ins eigene Leben machtdeutlich: Was in der Theorie so klar er-scheint, stellt sich im gelebten Lebenschwieriger dar als erwartet. Wir haben es im Alltag mit vielen Men-schen zu tun. Wenn wir nur überlegen,wem wir im Lauf der letzten Woche be-gegnet sind, dann ist das schon einestattliche Anzahl. In der Familie, derNachbarschaft, am Arbeitsplatz, nachFeierabend im Verein, in der Gemeinde,überall treffen wir auf Mitmenschen,von denen wir sagen: sie sind unsereNächsten. - Aber sie alle lieben wiemich selbst? Das geht doch gar nicht.

So ist die Frage des Schriftgelehrten inunserem Text sehr schnell unsere eige-ne: Wer ist denn mein Nächster? – DieseFrage wurde damals im Judentum inten-siv diskutiert. Sie ist beileibe keinetheoretische Überlegung, sondern zieltauf die Praxis des Glaubens. Geht es mitder Antwort auf diese Frage doch umsGanze, um das ewige Leben. Nicht nuran der Liebe zu Gott, sondern auch an

der Nächstenliebe zeigt sich der wahreGlaube. Aber das ist doch nicht evange-lisch, oder?

Das ist nicht so zu verstehen, dass sichan unserem Handeln das Heil entschei-det. Da wir Menschen immer wieder ver-sagen, da unser Tun bei allem Bemühenunzulänglich bleibt, könnten wir dannniemals Gewissheit des Glaubens haben.Wenn das von unserem Tun abhinge,könnten wir niemals sicher sein, ob esam Ende reicht. Wir dürfen aber wissen,dass wir zu Jesus Christus gehören unddass er für uns eintritt. Nun geht esaber in unserer Geschichte ausdrücklichum den zweiten Teil des Liebesgebotes.

Aus dem Glauben an Gott, der mir mei-ne Schuld vergibt und mich zu einemneuen Leben befreit, in der Gemein-schaft mit Gott und im Fragen nach sei-nem Willen verändert sich allmählichunser Handeln und unser Alltag. DerGlaube besteht nicht in Erkenntnissenund Wissen über Gott, er führt in dieNachfolge Jesu. Und dann fragen wir:Herr, was soll ich tun? Was willst du? Ein lebendiger Glaube drängt ins Lebenhinein. Er äußert sich im Reden undHandeln und in der ganzen Art, wie wirunser Leben gestalten. Wenn sich danichts verändert, fragt sich, was dasdenn für ein Glaube sein soll. Und dahören wir nun Gottes Auftrag: Du sollstdeinen Nächsten lieben wie dich selbst!

Alle Menschen gleichermaßen zu lieben,kann mit diesem Gebot nicht gemeintsein. Das wäre höchstens ein Gefühl,mit dem wir unser eigenes Gemüt erwär-men. Geholfen ist damit noch niemand.Was nutzt es, warme Gefühle zu hegenfür die Opfer von Naturkatastrophenoder die Flüchtlinge vor Gewalt und Bür-gerkrieg in Syrien oder in Afrika? Mitge-fühl ist billig; es wäre Selbstbetrug,wenn wir es dabei bewenden ließen.Aber allen Notleidenden helfen könnenwir auch nicht. Gerade diejenigen, diesich einsetzen, sehen, dass ihre Hilfe anso vielen anderen Stellen genauso drin-gend gebraucht würde. Da nagt dannständig ein Gefühl des Ungenügens inuns. Was wir auch tun, es ist immer zuwenig. Zu dem Schriftgelehrten sagt Je-sus: „Du hast recht geantwortet. Duweißt Bescheid. Nun tu’s auch!“ DerSchriftgelehrte aber wollte sich selbstrechtfertigen und fragt Jesus: „Wer istdenn mein Nächster?“ Daraufhin erzähltJesus eine Beispielgeschichte.

Ein Samariter, ein Priester und ein Levitkommen darin vor. Für die Juden damalswar klar: Die Samariter hatten nicht denwahren jüdischen Glauben, sie galtenals Sekte. Mit den Samaritern wollteman nichts zu tun haben. Priester undLeviten hingegen genossen ein hohesAnsehen. Sie lebten nach dem Gesetzund waren für den rechten Gottesdienstverantwortlich. Durch ihr Reden undHandeln zeigten sie den Menschen, wasdas Gesetz Gottes forderte und wie einLeben nach Gottes Willen zu führen war. Damit sind die Rollen eigentlich klarverteilt. Priester und Levit kennen dasGesetz, der Samariter nicht. Was also

ist zu erwarten? Eine religiös korrekte,sicher etwas langweilige Belehrung.

Nicht so, wenn der Lehrer Jesus heißt.Bei ihm sollte man genau hinhören,denn in seinen Geschichten geschiehtdas Unerwartete. Da geht das Lebennicht in vorgegebenen Rastern auf. SeinBlick ist ein anderer. Die Geschichte be-ginnt: „Es war ein Mensch, der ging vonJerusalem hinab nach Jericho.“ DiesenWeg kannte man. Und keiner ging ihngern: 27 km durch unwegsames Gelände.1000 m Höhenunterschied waren zuüberwinden. Hier lauerten allerlei Ge-fahren. Immer wieder wurden Kaufleuteüberfallen. Selbst die römische Besat-zungsmacht, die ein großes Interesse ander Sicherheit dieses wichtigen Handels-wegs hatte, konnte ihn nicht absichern.

So kommt es, wie es kommen muss. Je-ner Mensch fällt unter die Räuber. Erwird übel zugerichtet. Nackt und halbtotgeschlagen liegt er am Weg. Sein Habund Gut ist weg, sein Schicksal interes-siert die Banditen nicht. Sie haben, wassie wollen; das schwer verletzte undhilflose Opfer ist ihnen gleichgültig. Dieser geschundene Mensch wird nunzur Anfrage an die Vorübergehenden undzum Stachel in ihrem Gewissen. Er fragtlaut oder unhörbar: Wer wird mir zumNächsten? Mit einem Mal ist das keinetrockene Unterrichtsfrage mehr. Die Notdes schwer Misshandelten, die Wunden,die Schmerzen fordern eine schnelleAntwort. Jedem, der diesen Weg geht,wird die Frage nach der Nächstenliebe in der elenden Gestalt des Ausgeraubtenbegegnen. Nicht theoretisch, sondernals Frage eines Mitmenschen, der ohnedie rechte Antwort zugrunde geht.

Christel Hausding

Wer ist denn mein Nächster?

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unterwegs war. Was hätte ihn sonst aufdiesen gefährlichen Weg geführt? Ersieht den Elenden, der jammerte ihn,und er ging zu ihm hin. Sehen, wissen,was zu tun ist, hingehen, helfen. DerSamariter lässt sich in seinen Geschäf-ten unterbrechen. Er kann innehaltenund aufmerken. Er geht nicht einfachvorüber wie die anderen. Er stellt die eigenen Interessen zurück. Die Not deshalbtot Geschlagenen kommt zuerst. Er handelt ruhig und überlegt, zuerstversorgt er den Verletzten, dann bringtihn in Sicherheit. Erst als er sicher seinkann, dass der Kranke weiter versorgtwird, kann er beruhigt weiterreisen undseinen Geschäften nachgehen.

Der Schriftgelehrte hat verstanden, wasJesus sagen wollte. Die Frage: Wer istmein Nächster? kann nicht theoretischbeantwortet werden. Die Frage stelltsich mitten im alltäglichen Leben, meistwenn’s gerade gar nicht passt, unter-wegs, bei der Arbeit, im täglichen Um-gang miteinander, in der Familie, nachFeierabend, in der Gemeinde. Sie stelltsich, wenn mein Mitmensch fragt: Wirstdu mir zum Nächsten? Vielleicht fragt erleise oder gar unhörbar, aber die Frageist deutlich und unabweisbar. Wer siehört, weiß, was er zu tun hat.Und die Frage nach der eigenen Überfor-derung? So vielen müsste doch geholfenwerden, und meine Kraft reicht dafürniemals aus! Es ging bei Jesu Beispielnicht darum, wie allen geholfen werdenkönnte. Es war ein Mensch, der ging vonJerusalem nach Jericho.... Und um die-sen einen geht es, der jetzt unsere Hilfebraucht, den dürfen wir nicht übersehenund links liegen lassen.

Und wie der Samariter so dürfen auchwir unser Engagement begrenzen. Erhilft spontan, kümmert sich und bringtden Verletzten in Sicherheit, aber dannübergibt er ihn in die Obhut des Wirtes.Er hilft mit seinen Mitteln, indem erdem Wirt den Aufwand bezahlt, aber erlässt nicht etwa seine Geschäfte sausenund pflegt selber den Patienten gesund,möglicherweise bis zur eigenen Erschöp-fung. Er sorgt für den Überfallenen,aber er sorgt auch für sich selbst.

Den entscheidenden Augenblick be-schreibt Jesus so: Er jammerte ihn. Alser den Geschlagenen sah, ging es ihmdurchs Herz. Das ist genau die Gefühls-regung, die vom Vater berichtet wird im Gleichnis vom verlorenen Sohn undauch von Jesus bei der Speisung derFünftausend. Jesus sah die große Mengeund es ging ihm durchs Herz. Jesusselbst erbarmt sich über uns Menschenund nimmt sich unsrer an. Er will unspflegen, damit wir innerlich gesundwerden. Wenn ich seine bedingungsloseLiebe erfahren habe, dann weiß ich,dass er für mich sorgt. Ich komme beiJesus nicht zu kurz. Und aus dieser An-nahme und Geborgenheit heraus kannich von mir absehen und mich für ande-re einsetzen.

Nächstenliebe hat wenig mit Gefühl zutun, sondern eher mit dem Blick für dasNotwendige und vor allem mit der Ent-schlossenheit, sich einzulassen. „Gehhin und tue desgleichen!“ sagt der, deruns alle Tage hält und trägt. Amen.

Der Predigt liegt eine Prädikantenpredigtzugrunde vom 24. August 1997 von Pfarrer Otto Frey, Ulm

gepredigt …gepredigt …

Nun heißt die Frage nicht mehr kühlund distanziert: Wer ist mein Nächster?In seiner Not fragt der Mensch: Wer hilftmir? Wer wird mir zum Nächsten?

Liebe Gemeinde, wir können ja nicht sotun, als hörten wir das alles zum erstenMal. Der barmherzige Samariter gehörtzu den bekanntesten biblischen Ge-schichten. Jeder von uns könnte dieseGeschichte selbst erzählen. Aber begrei-fen wir, dass dieses Wissen uns auchverpflichtet? Der Samariter ist – in undaußerhalb der Kirche – zum Leitbild fürMenschen geworden, die sich in tätigerLiebe notleidenden Menschen zuwen-den. Das Anstößige an dieser Geschich-te ist für uns heutige Hörer ziemlichverblasst, dass nämlich gerade Priesterund Levit, Menschen, die Gottes Gebotkannten, kläglich versagt haben. Ausge-rechnet sie, die Frommen! Versagt, an-gesichts der Not eines Namenlosen aufder Straße von Jerusalem nach Jericho.Warum sie vorbeigegangen sind, darüberkönnen wir nur spekulieren. Vielleichtkommen sie gerade vom Gottesdienst –sie kommen ja von Jerusalem - undfürchten nun, sich rituell zu verunreini-gen. Mag sein, dass die Räuber noch inder Nähe sind, und leicht könnte derHelfer das nächste Opfer werden. Viel-leicht hindert sie im Blick auf denSchwerverletzten auch die Angst vor dergroßen und unübersehbaren Aufgabe.

Solche Gedanken kennen wir doch:„Halt dich raus, wer weiß, was darausnoch wird?“ Die Angst, es könnte einemgenauso ergehen wie dem Opfer. Werweiß, wieviel Zeit und Kraft das kostenkann, sich um diesen Menschen zu küm-mern? Bin ich überhaupt zuständig? –

Es gibt viele gute und weniger gute Ent-schuldigungsgründe. Die Menschen, dieGottes Gebot kennen, an deren Verhal-ten man hohe Erwartungen hat, geradesie versagen angesichts des Hilflosen.Der verachtete Samariter aber tut dasRichtige, das von Gott Gebotene.

Das muss selbst der Schriftgelehrte imGespräch mit Jesus zugeben. So schweres ihm auch fällt. Gefragt, wer dem un-ter die Räuber Gefallenen der Nächstegewesen sei, kann der fromme Mann nurantworten: „Der die Barmherzigkeit anihm tat.“ Das anstößige Wort „Samari-ter“ spricht er nicht aus.

Barmherzigkeit – darum geht es, wennwir fragen: Wem soll ich zum Nächstenwerden? Das Wort Herz steckt darin. Sosehr wir für die Antwort unseren Ver-stand brauchen, so notwendig brauchenwir auch unser Herz. Da wissen wir inaller Regel, was wir zu tun haben, wennes um die Liebe zum Nächsten geht.

In unserer Zeit, die so von rationalemDenken und kühler Ökonomie bestimmtist, hat es das leise Reden des Herzensoft schwer, sich gegen die vielen ande-ren Stimmen durchzusetzen: „Wer erfolg-reich sein will, kann sich Barmherzigkeitnicht leisten.“ Zielstrebig und erfolgso-rientiert eilen wir durch den Tag und ar-beiten unseren Terminkalender ab.Störungen sind unerwünscht! Da mussman notfalls auch über andere hinweg-gehen können. Solchem Denken wider-spricht die leise, aber beharrliche Stim-me in uns. Da redet Gott durch unserGewissen. Der Samariter in der Ge-schichte ist uns dafür ein Vorbild. Mankann annehmen, dass er geschäftlich

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beten für Ihre Familien und für die neueZeit hier in Deutschland!

Hier in Deutschland haben wir Frieden.Unser Staat hat sich in seiner Verfas-sung dazu verpflichtet, GeflüchtetenSchutz zu gewähren. Auch wir werdenversuchen, Ihnen Hilfe zu geben beipraktischen Fragen. Und wir freuen unsauf eine gute Nachbarschaft, auch fröh-liche Stunden miteinander. Gerne helfenwir Ihnen, dieses Land und seine Men-schen besser zu verstehen, kennen undhoffentlich auch lieben zu lernen.

Viele Menschen in Deutschland wissen,wie schlimm eine Diktatur ist. Mancheerinnern sich an unsere schlimmstenKriege, den ersten und den zweitenWeltkrieg, die wir begonnen und mitvielen Ländern geführt und am Endeverloren haben nach vielen MillionenGetöteten und Verhungerten. Viele un-serer Eltern und Großeltern haben Kriegerlebt, wurden aus ihrer alten Heimatvertrieben und mussten selbst fliehen.Nach dem Zweiten Weltkrieg gab esgroßzügige Menschen, die uns geholfenhaben. Es gab sogar Feinde, die unsDeutschen vergeben und uns beschenkthaben. Sie haben uns vergeben, weil siean Jesus Christus geglaubt haben. Jesussagt (Matthäus 5): „Liebe deinen Näch-sten wie dich selbst. Liebt eure Feindeund bittet für die, die euch verfolgen.“Er hat uns die Liebe Gottes gebrachtund lehrt uns, alle Menschen zu lieben,auch Menschen anderen Glaubens undsogar die Feinde. Wir sind dankbar fürdie erfahrene Hilfe und den Geist der

Liebe neue Nachbarn in …, liebe Freunde, herzlich willkommen hier in unserem Dorf / unserer Stadt!Die katholische und evangelische Kirchengemeinde möchten Sie ganzherzlich willkommen heißen.

Wir sind erleichtert, dass Sie nach ei-nem langen schwierigen Weg hier beiuns angekommen sind und hoffen, dasses Ihnen gut geht. Wir danken Gottdafür, dass Sie leben und wünschen Ihnen und Ihren Familien alles Gute,Schutz, Gesundheit und Frieden.

Viele Menschen in … möchten Ihnen inder langen oder kurzen Zeit hier bei unsgerne ein wenig helfen. Es gibt einenArbeitskreis von Helfern („Name desAK“), der sich Ihnen bald vorstellenwird. Diese Menschen kennen sich hieraus und können bei kleinen Dingen Ratund Unterstützung geben. Der „Ak An-kommen“ wird unterstützt von … (z.B.Bürgermeister, „Diakonie“, christlicheGemeinden).

Sie, liebe Nachbarn, kommen aus vielenLändern hierher. Und wir wissen, dassSie wunderbare Gaben, Fähigkeiten undeinen kostbaren Schatz an Wissen undErfahrungen mitbringen. Sie kommenaus Ländern mit einer bedeutenden Ge-schichte und großartigen Kultur. Wirfreuen uns darauf Sie kennenzulernen,mit Ihnen irgendwann einmal gemein-sam Tee und Kaffee zu trinken, mit Ihnen die deutsche Sprache zu lernen,mit Ihnen zu singen und zu lachen undwenn Sie möchten, auch mit Ihnen zu

empfohlen … empfohlen …

Liebe Gottes. Jesus Christus – gelobt seisein Name – hat uns geholfen, unserenFrieden mit Gott zu finden und GottesLiebe zu entdecken. Weil wir diese Er-fahrung gemacht haben, möchten wirKriegsflüchtlingen und Menschen, dievertrieben werden oder wegen ihresGlaubens verfolgt werden, gerne helfen.

Das kleine Geschenk …, das wir in IhreBegrüßungstasche gelegt haben, ist einsymbolisches Geschenk der Freundschaft.Es soll zum Ausdruck bringen, was dieBibel uns gebietet, gegenüber anderenMenschen zu tun (1. Johannes 4): „Gott ist die Liebe; und wer in der Liebebleibt, der bleibt in Gott und Gott inihm.“ Jesus Christus sagt (Matthäus 5):„Glückselig die Trauernden, denn sie wer-den getröstet werden. Glückselig die nachder Gerechtigkeit hungern und dürsten,denn sie werden gesättigt werden. Glück-selig die Barmherzigen, denn ihnen wirdBarmherzigkeit widerfahren. Glückselig diereinen Herzens sind, denn sie werden Gottschauen. Glückselig die Friedensstifter,denn sie werden Söhne Gottes heißen.“

Deshalb wünschen wir Christen allenMenschen Frieden und möchten ihnensagen, dass wir sie lieben. Wir möchtenauch Ihnen, unseren neuen Nachbarnund Gästen, sagen, dass Sie alle will-kommen sind und jeder die gleiche Hilfebekommen soll – egal woher er kommt,ob Sie Muslime sind, Jesiden, Christen,oder gar nicht mehr an Gott glauben.

Liebe Freunde, Sie sind vielleicht nachDeutschland gekommen mit vielen Hoff-

nungen. Dann haben Sie sicher auch In-teresse für die Deutschen mitgebracht.Wir freuen uns, wenn Sie sich für uns in-teressieren, wenn Sie uns Fragen stellenund unsere Regeln des Zusammenlebenskennenlernen möchten.

Sie sind in einem Land angekommen, in dem viele Dinge ganz anders sind.Hier ist es kalt im Winter. Die Leute sindmanchmal auch still und wirken kalt.Aber sie sind einfach nur anders. KeineAngst! Es wird nicht leicht sein, unsDeutsche zu verstehen und unsere Artund Weise, wie wir hier leben, wie wirsingen, wie wir kochen, oder auch wiewir Gottesdienst feiern und beten.

Sie brauchen hier sicher viel Geduld.Vieles geht langsam. Denn wir sindnicht auf so viele Flüchtlinge vorberei-tet. Aber wir möchten Ihnen Mut ma-chen. Es wird auch vieles gut werden!Wenn wir alle gemeinsam zupacken undmithelfen – Einheimische und Gäste –dann können wir viel Gutes erleben.

Wir laden Sie auch herzlich ein in unsereGottesdienste an jedem Sonntagmorgen.Sie sind immer herzlich willkommen inunserer Kirche. Jeder darf kommen undeinfach mit dabei sein, schauen, zu -hören, Ruhe und Frieden erleben.Egal woher Sie kommen oder welchenGlauben Sie haben. In unseren christ-lichen Gottesdiensten freuen wir uns über alle Gäste und Besucher.

Mit herzlichen Grüßen und Segenswünschen, …

Willkommen in unserer Kirchengemeinde

Joachim Scheuber, Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde Winterbach, entwarf diesen Begrüßungstext für Flücht-linge, den auch die dortige katholische Kirchengemeinde mitträgt. Er darf gerne als Mustertext eingesetzt werden. Dieser Text liegt bei der Evangelischen Ausländerseelsorge e.V. auch in arabischer Übersetzung vor. Sie ergänzt ihn fürSie mit dem Namen Ihrer Gemeinde. Schreiben Sie dazu eine Mail an: [email protected].

Joachim Scheuber

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hingewiesen …

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hingewiesen …

Viele Gemeindeglieder engagieren sichbei der Betreuung von Flüchtlingen undAsylsuchenden. Dabei stellt sich auchimmer wieder die Frage, wie auch dasZeugnis unseres christlichen Glaubens indieser Arbeit vorkommen kann. An eini-gen Orten besuchen Flüchtlinge unsereGottesdienste. Teilweise sind auch schonBibelkreise mit Asylbewerbern entstan-den. Manche möchten getauft werden.Bekommen unsere Gemeinden Unterstüt-zung für diese geistlichen Anliegen inder Flüchtlingsarbeit?

Auf Zweierlei kann in diesem Zusammen-hang hingewiesen werden:

Das Amt für missionarische Dienste inWürttemberg versucht, entsprechendeGemeinden und Initiativen zu vernetzenund zum Erfahrungsaustausch anzure-gen. Zu einem ersten Vernetzungstreffenwurde auf Ende September eingeladen.Interessierte können sich auch weiter-hin beim Amt für missionarische Dienstemelden.

Unter Federführung der Missionari-schen Dienste in Baden wurde ein Kurs„Christlicher Glaube im Gespräch“ fürMenschen verschiedener Sprache undHerkunft herausgegeben, und zwar inden Sprachen „Deutsch – Englisch – Persisch“ und „Deutsch – Englisch –Arabisch“.

In neun Einheiten werden Grundlagen des Glaubens vermittelt zu den Themen:

1. Christen in Deutschland

2. Gott als Vater

3. Jesus – sein Leben und seine Botschaft

4. Jesus – sein Tod und seine Auferstehung

5. Der Heilige Geist

6. Kirche als Gemeinschaft der Glaubenden

7. Christen beten

8. Wie Christen leben und handeln

9. Der Gottesdienst

10. Das Abendmahl

Zwei Einheiten zu den SakramentenAbendmahl und Taufe ergänzen denKurs.Der gesamte Kurs ist im Internet verfüg-bar. Für die Teilnehmenden gibt es einBegleitheft (alternativ für Persisch undArabisch). Auf jeweils vier Seiten wer-den Zusammenfassungen der einzelnenEinheiten in drei Sprachen nebeneinan-der abgedruckt und durch Bilder an-schaulich gemacht. Außerdem sind dasApostolische Glaubensbekenntnis, dieZehn Gebote (nach 2. Mose 20) und dasVaterunser in gleicher Weise abgedruckt.

Werner Schmückle

Flüchtlingen mit dem Evangelium begegnen

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erlebt …

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hingewiesen …

Beispiele für den Inhalt von Kurseinheiten:

Einheit 2: Gott als Vater

Jeder Mensch hat einen Vater. Väterkönnen sehr verschieden sein.Frage: Wie haben Sie als Kind ihren Va-ter erlebt? Welchen Kontakt haben Sieheute zu ihrem Vater?Jesus erzählt die Geschichte eines Vaters: Lukas 15,11-24Frage: Was ist an diesem Vater beson-ders?Jesus sagt: Wie dieser Vater, so ist auchGott…Wir verstehen Gott nur dann, wenn wirihn als barmherzigen und liebevollenVater begreifen.

Einheit 10: Das Abendmahl

Christen feiern miteinander Abendmahl.Frage: Haben Sie schon einmal an einemAbendmahl teilgenommen?EinsetzungsworteDie erste Feier des Heiligen Abendmahls(als Passamahl)Die Feier der ersten Christen (Apg 2,46)Heute im Gottesdienst mit den Elemen-ten Brot (meist ungesäuerte Hostien)und Wein (oder Traubensaft)Die Bedeutung des Abendmahls:

1. Mahl der Vergebung2. zur Stärkung des Glaubens im Alltag3. Mahl der Gemeinschaft mit Jesus und untereinander4. Ausdruck von Lob und Dank gegen- über Gott5. richtet unseren Blick auf die end- gültige Gemeinschaft mit Jesus in der Ewigkeit.

Am Samstag, den 4. Juni fand im CVJMwieder der „Stadtbeweger“ statt - einAktionstag für Jugendliche und jungeErwachsene verschiedener Gemeinden,dessen Ziel es ist, ein Segen für dieMenschen in Stuttgart zu sein.

Als eine der angebotenen Aktionen luden wir junge Flüchtlinge aus einernahegelegenen Flüchtlingsunterkunft zu uns in den CVJM ein. Unser Plan war, ihnen die Liebe Gottes weiterzugeben,indem wir die Möglichkeit bieten, einenfröhlichen und abwechslungsreichen Tag zu erleben und neue Kontakte zuknüpfen.

Drei Mitarbeiter holten die Flüchtlingeaus der Unterkunft ab. Dies allein warbereits ein Erlebnis, denn zum einen ka-men die angemeldeten Personen teil-weise erheblich später zum vereinbartenTreffpunkt und zum anderen gab esauch einige spontan Entschlossene, diesich dazu reihten. Sogar die zwei Secu-rity-Männer am Empfang fragten, ob siemitkommen dürften. Es war dann einganz bunter Zug, bestehend aus 22 Per-sonen, der durch die Straßen Stuttgartsin die Stadtmitte pilgerte.

Im CVJM angekommen, gab es im Café„Visavis“ Getränke und Knabbereien füralle. Dies war eine tolle Gelegenheit,um sich in entspannter Atmosphäre ersteinmal ein bisschen kennenzulernen.Obwohl einige der Flüchtlinge noch kein

Carolin Witzgall · Martin Hensler · Ulrich Gänzle

Flüchtlinge zu Gast im CVJM

ICH

GLA

UB

EIch glaube, dass mich Gott geschaffen hat

samt allen Kreaturen,

mir Leib und Seele, Augen,

Ohren und alle Glieder,

Vernunft und alle Sinne gegeben hat

und noch erhält;

dazu Kleider und Schuh, Essen und Trinken,

Haus und Hof, Weib und Kind,

Acker, Vieh und alle Güter;

mit allem, was not tut für Leib und Leben,

mich reichlich und täglich versorgt,

in allen Gefahren beschirmt und vor allem

Übel behütet und bewahrt;

und das alles

aus lauter väterlicher, göttlicher Güte

und Barmherzigkeit,

ohn all mein Verdienst und Würdigkeit:

für all das ich ihm zu danken und zu loben

und dafür zu dienen und gehorsam zu sein

schuldig bin.

Das ist gewisslich wahr.

Martin Luthers Erklärung zum ersten Artikel des Glaubensbekenntnisses

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oder nur wenigDeutsch konnten, klappte dieVerständigung mithilfe von Hand undFuß ziemlich gut. Und für die wichtig-sten Informationen hatten wir glückli-cherweise einen unserer Mitarbeiter da-bei, der fließend Arabisch spricht.

Nach dem gemeinsamen Start im Cafékonnten sich die Kinder und Jugendli-chen im und um den CVJM vergnügen.Einige spielten in der Turnhalle Fußballund trugen ein kleines Turnier aus, einpaar spielten Frisbee oder Tischkickerund für diejenigen, die es etwas ruhigerangehen wollten, gab es die Möglich-keit, Perlenketten und Armbänder zubasteln. Es war also für jeden etwas da-bei und alle Teilnehmer hatten richtigviel Spaß - sodass man am Ende desProgramms den Eindruck gewinnenkonnte, unsere Gäste wollen gar nichtmehr gehen.

Den gelungenenNachmittag ließen wir bei frischen Butterbrezeln ausklingen.

Bei der Verabschiedungsrunde luden wirdie jugendlichen Flüchtlinge noch zumJugendgottesdienst der Stadtbewegerein und tatsächlich nahmen die aller-meisten diese Einladung an! So kam es,dass wir gemeinsam weiter feierten undin der ersten und zweiten Stuhlreihegleich mal ein ganzer Schwung jungerMuslime saß und etwas von der LiebeJesu hörte, an der man uns Christendann auch erkennen soll. Ein Mädchenbestätigte dies spontan: „Ja, dasstimmt, das sieht man bei euch!“

erzählt ...erlebt …

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Ingeborg Ronecker

Der palästinensischen Familie schien es ergangen zu sein wie uns: Das Flugzeug war früher gelandet als der Flugplan angegeben hatte. So saßen wir in der Ankunftshalle des Flughafens von Amman, und wir warteten darauf abgeholt zu werden. Eigentlich warteten nur wir, denn die Familie schien sich häuslich einzurichten. Vater und Mutter setzten sich auf die riesigen Koffer. Die Kinder gruppierten sich um sie, und ehe wir uns versahen, hatte die Frau einen Plastikbeutel mit Pita-broten und eine Thermoskanne mit Tee hervorgezaubert. Sie verteilte das Brot. Leise sprach sie zu den beiden größeren Kindern. Die kamen zu uns herüber und gabenjedem von uns einen Brotfladen. „Schukran“, bedankten wir uns. „Afwan“, antworteten die Kinder lächelnd.Mein Mann und ich schauten zu den Eltern hinüber und grüßten. Es war eine unvergessliche Erfahrung. Wir stammten aus verschiedenen Ländern, hatten uns nie zuvor gesehen undwürden uns wohl auch nie mehr begegnen. Und doch fühlten wir uns – durch ein Stück Brot – vertraut und nahe.

Dieser Beitrag und das folgende Gebet wurden mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers entnommen aus dem Buch:

K.-H. Ronecker, W. Brinkel (Hg.), Brot in deiner Hand, Neukirchner Verlagsgesellschaft 2010

B R O T G E M E I NSCH

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Page 14: Evang. Sammlung in Württemberg e.V. Bismarckstraße … · Koran die Basmala-Formel immer an den Anfang des einzelnen Surentextes stellt, also 113 Mal, ganz bemerkenswert: so ...

Herausgeber: Evangelische Sammlung in Württemberg e.V., Bismarckstraße 5, 71272 Renningen Internet: www.evangelische-sammlung.de

Vorsitzender: Kirchenrat Werner Schmückle, Dürnauer Weg 26B, 70599 Stuttgart-BirkachStellvertretende Vorsitzende: Agnes Dannhorn, Reginenstraße 60, 70597 Stuttgart Andreas Schäffer, Hohe Straße 31, 70174 Stuttgart

Geschäftsstelle: Renate Klingler, Bismarckstraße 5, 71272 Renningen, Tel. (07159) 9399491, E-Mail: [email protected] Bestellung weiterer Exemplare des Rundbriefes bei der Geschäftsstelle

Redaktionskreis: Werner Schmückle (V.i.S.d.P.), Agnes Dannhorn, Hartmut Ellinger, Christel Hausding, Renate Klingler Konto: Evangelische Sammlung in Württemberg Evang. Kreditgenossenschaft Stuttgart, IBAN-Nr.: DE 82520604100000414271, BIC: GENODEF1EK1Rechner: Hermann Braun, Wiesentalstraße 10/2, 71397 Leutenbach-NellmersbachLayout/Satz: ART OFFICE, Martin Lang, Pliezhausen Fotos: Titel, 13: Kees de Kort, aus: Das große Bibel-Bilderbuch, Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart 18: Fotolia, Jonathan Stutz | 23: Fotolia, Daniel Ernst | 27: Fotolia, Shy666, Kritiya | Privat Druck: Grafische Werkstätte der BruderhausDiakonie, Reutlingen

Die Evangelische Sammlung in Württemberg ist ein Zusammenschluss von Theologinnen, Theologen und engagierten Laien innerhalb der Landeskirche.

Ihr Anliegen ist es, den Dienst am Evangelium zu unterstützen, das Leben unserer Kirche mitzugestalten und den missionarischen Auftrag wahrzunehmen.

Grundlage ihrer Arbeit ist das Evangelium von Jesus Christus, wie es in der Heiligen Schrift gegeben und in den Bekenntnissen der Reformation bezeugt ist.

Die Evangelische Sammlung weiß sich den Kernaussagen lutherischer Theologieverpflichtet: Solus Christus (allein Christus), sola gratia (allein aus Gnade), sola fide (allein durch den Glauben), sola scriptura (allein die Schrift).

Viermal im Jahr erscheint der Rundbrief der Evangelischen Sammlung.

erbeten ...

Herr, unser Gott, in Brot und Wein fassen wir die Fragen zusammen, auf die wir keine Antwort wissen:

unseren Hunger und Durst nach Frieden und Liebe,unsere Angst vor Unrecht und Hass,die ganze Menschheitsgeschichte von Schmerzund Freude.

Lass den Geist Jesu Christi unter uns herrschen,dass wir einander Leben und Frieden gebenund unser Brot brechen und teilen nach dem Beispiel

Jesu Christi heute und alle Tage bis in Ewigkeit.

Herr, unser Gott, mit Brot und Wein, den Gaben deiner Schöpfung, bringenwir vor dich uns und alles, was uns belastet:Die Schuld, die wir verharmlost haben, und die wir dochnicht los werden.

Wir bringen die Menschen vor dich, denen wir nicht gerecht wurden, und die, denen wir so schwer vergeben können.

Wir bitten dich für diese Welt um mehr Gerechtigkeit, mehr Frieden, mehr Liebe.Wir bitten auch darum, dass wir unsre Aufgabe erkennen und erfüllen können.

Hilf, dass wir einander nicht einengen und bedrücken, sondern füreinander wie Brot werden, das nährt, und wie ein Trank, der erfrischt.Präge uns durch das Beispiel Jesu und verwandle uns durch deine Liebe.

Karl-Heinz Ronecker