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12 I KU Gesundheitsmanagement 12/2017 FACHGESPRÄCH Eine gemeinsame Verantwortung Interview mit Ralf Heyder Die meisten Krankenhäuser in Deutschland kämpfen mit einer unzureichenden Finanzierung – eine Sonderrolle fällt dabei den Universitätskli- niken zu. Sie sind mit ihrem besonderen Versor- gungsangebot oftmals die letzte Hoffnung für Patienten mit schweren und komplexen Erkran- kungen. Forschung, Lehre und Krankenversor- gung sind hier eng miteinander verknüpft. Frag- lich ist, wie sich der Forschungs- und Medizin- standort Deutschland im internationalen Wett- bewerb weiterentwickeln wird. Entscheidend für die Zukunft könnten hier die Themen Digitalisie- rung des Gesundheitswesens sowie Personalge- winnung und -entwicklung sein. Die KU-Redakti- on sprach darüber mit Ralf Heyder Keywords: Universitätskliniken, Digitalisie- rung, Personalmanagement D ie Warnstreiks an der Charité und dem Universi- tätsklinikum Düsseldorf gehen derzeit durch die Presse. Sind sie das Sinnbild der finanzi- ellen Lage der Universitätsklini- ken? Mit der finanziellen Lage der Uni- versitätskliniken oder gar der Ar- beitssituation der Pflege hat das nichts zu tun. Die Universitätskli- niken sind, was Personalausstat- tung und Bezahlung der Pflege angeht, im Vergleich zu anderen Trägern insgesamt gut aufgestellt. Die Warnstreiks sind eine rein po- litische Aktion der Gewerkschaf- ten im Kontext der Debatte um Personaluntergrenzen. Ver.di hat sich offenbar primär die Universi- tätskliniken als Ziel herausge- sucht, weil sie als große Häuser mit viel Personal in der öffentli- chen Wahrnehmung besonders präsent sind. Die meisten Krankenhäuser in Deutschland kämpfen heute mit einer unzureichenden Finanzie- rung. Warum nehmen die Univer- sitätskliniken dennoch eine Son- derrolle ein? In der Tat haben heute viele Kran- kenhäuser mit finanziellen Proble- men zu kämpfen, nicht nur die Universitätskliniken. Alle leiden unter der unzureichenden Investi- tionskostenfinanzierung. Zudem werden die Kostensteigerungen insbesondere im Personalbereich nicht adäquat ausgeglichen. Dar- über hinaus tragen aber die Uni- versitätskliniken – wie zum Teil auch einige andere große Maxi- malversorger – weitere Lasten: Sie halten besondere Leistungen vor, die trotz hoher Auslastung der Bet- ten im bestehenden Entgeltsystem nicht adäquat vergütet werden. Dazu gehören zum einen die viel- fältigen Zentren mit ihren interdis- ziplinären und multiprofessiona- len Versorgungsangeboten, oder auch die Notfallversorgung. Völlig ungelöst ist zudem die einseitige Belastung durch sogenannte Ext- remkostenfälle. Allein hierdurch entsteht im Mittel eine jährliche Unterdeckung von 4 Millionen Eu- ro je Klinik. Der Fixkostendegressionsab- schlag ist seit dem 1. Januar 2017 wirksam. Universitätskliniken gehören zu den Krankenhäusern Foto: patpitchaya – Fotolia Ralf Heyder Generalsekretär des Verbands der Universitätsklinika Deutschlands e.V. Berlin

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Eine gemeinsameVerantwortungInterview mit Ralf Heyder

Die meisten Krankenhäuser in Deutschlandkämpfen mit einer unzureichenden Finanzierung– eine Sonderrolle fällt dabei den Universitätskli-niken zu. Sie sind mit ihrem besonderen Versor-gungsangebot oftmals die letzte Hoffnung fürPatienten mit schweren und komplexen Erkran-kungen. Forschung, Lehre und Krankenversor-gung sind hier eng miteinander verknüpft. Frag-lich ist, wie sich der Forschungs- und Medizin-standort Deutschland im internationalen Wett-bewerb weiterentwickeln wird. Entscheidend fürdie Zukunft könnten hier die Themen Digitalisie-rung des Gesundheitswesens sowie Personalge-winnung und -entwicklung sein. Die KU-Redakti-on sprach darüber mit Ralf HeyderKeywords: Universitätskliniken, Digitalisie-rung, Personalmanagement

Die Warnstreiks an derCharité und dem Universi-tätsklinikum Düsseldorf

gehen derzeit durch die Presse.Sind sie das Sinnbild der finanzi-ellen Lage der Universitätsklini-ken?

Mit der finanziellen Lage der Uni-versitätskliniken oder gar der Ar-beitssituation der Pflege hat dasnichts zu tun. Die Universitätskli-niken sind, was Personalausstat-tung und Bezahlung der Pflegeangeht, im Vergleich zu anderenTrägern insgesamt gut aufgestellt.Die Warnstreiks sind eine rein po-litische Aktion der Gewerkschaf-ten im Kontext der Debatte umPersonaluntergrenzen. Ver.di hatsich offenbar primär die Universi-tätskliniken als Ziel herausge-sucht, weil sie als große Häusermit viel Personal in der öffentli-chen Wahrnehmung besonderspräsent sind.

Die meisten Krankenhäuser inDeutschland kämpfen heute miteiner unzureichenden Finanzie-rung. Warum nehmen die Univer-sitätskliniken dennoch eine Son-derrolle ein?

In der Tat haben heute viele Kran-kenhäuser mit finanziellen Proble-men zu kämpfen, nicht nur dieUniversitätskliniken. Alle leidenunter der unzureichenden Investi-tionskostenfinanzierung. Zudemwerden die Kostensteigerungeninsbesondere im Personalbereichnicht adäquat ausgeglichen. Dar-über hinaus tragen aber die Uni-versitätskliniken – wie zum Teilauch einige andere große Maxi-malversorger – weitere Lasten: Siehalten besondere Leistungen vor,die trotz hoher Auslastung der Bet-ten im bestehenden Entgeltsystemnicht adäquat vergütet werden.Dazu gehören zum einen die viel-fältigen Zentren mit ihren interdis-ziplinären und multiprofessiona-len Versorgungsangeboten, oderauch die Notfallversorgung. Völligungelöst ist zudem die einseitigeBelastung durch sogenannte Ext-remkostenfälle. Allein hierdurchentsteht im Mittel eine jährlicheUnterdeckung von 4 Millionen Eu-ro je Klinik.

Der Fixkostendegressionsab-schlag ist seit dem 1. Januar 2017wirksam. Universitätsklinikengehören zu den Krankenhäusern

Foto: patpitchaya – Fotolia

Ralf HeyderGeneralsekretär des Verbands der

Universitätsklinika Deutschlands e.V.Berlin

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mit überproportionalem Fall-zahlwachstum. Hat sich hier-durch die finanzielle Lage nochweiter verschlechtert?

Wir befürchten, dass dieser neueAbschlag den Universitätsklinikennoch mehr Geld entziehen wird alsvorher der Mehrleistungsab-schlag. Beziffern können wir denEffekt aber noch nicht, da die not-wendigen Informationen aus denBudgetabschlüssen noch nichtvorliegen.

Durch das Krankenhausstruktur-gesetz (KHSG) sollten zwei Prob-lemfelder hinsichtlich der Vergü-tung gelöst werden. Einerseitssollten die Leistungen von Zen-tren besser vergütet und anderer-seits Unterschiede bei der Notfall-vorhaltung stärker berücksichtigtwerden. Wie sieht der derzeitigeUmsetzungstand dieser beidenRegelungen aus?

Beide Themen wurden vom Ge-setzgeber zur Konkretisierung andie Selbstverwaltung übergeben.Dort haben sich diese für uns sehrwichtigen Fragen festgefahren. Esist unklar, ob die politisch gewoll-te Förderung von Zentren, wie siegerade in den Universitätsklinikenvorgehalten werden, gelingenwird. Bisher hat sich hier finanzi-ell noch nichts verbessert. Viel-mehr droht derzeit in einigen Bun-desländern, in denen es bereitsZentrumszuschläge gab, ein Rück-schritt gegenüber der alten Rechts-lage. Hier muss der Gesetzgebernachjustieren und deutlich ma-chen, was unter einem Zentrum zuverstehen ist und welche Tatbe-stände zusätzlich zu finanzierensind. Vor allem muss endlich aner-kannt werden, dass Zentren auchwichtige Funktionen in der ambu-lanten Versorgung übernehmen.

Für die Notfallversorgung hat dasKHSG eine Zu- und Abschlagsfi-nanzierung vorgesehen, die aufein System unterschiedlicher Not-fallstufen aufbauen soll. DieseStufen sollen vom G-BA festgelegtwerden. Das ist bisher noch nichterfolgt. Entsprechend werden diebesonderen Vorhaltungen der Uni-versitätskliniken – und auch vieleranderer Krankenhäuser – für dieNotfallversorgung weiterhin unzu-

reichend finanziert. Die DeutscheKrankenhausgesellschaft (DKG)plädiert aktuell dafür, diese Rege-lung auszusetzen. Ein Alternativ-konzept zur Lösung der Vorhalte-problematik hat die DKG abernicht. Deshalb hoffen wir, dass derG-BA jetzt endlich die notwendi-gen Grundlagen für eine bessereFinanzierung der Notfallvorhal-tung schafft.

Der Systemzuschlag wurde bis-lang nicht umgesetzt, wäre er dieLösung aller Probleme? Warumwurde die Umsetzung Ihrer An-sicht nach bislang durch die Bun-desregierung blockiert?

Sicher würde auch ein Systemzu-schlag nicht alle Probleme lösen.Da die Bundesregierung dem Sys-temzuschlag eine klare Absage er-teilt hat, stellt sich die Frage aberim Moment auch gar nicht. DieGegner des Systemzuschlags argu-mentieren, man wolle Leistung fi-nanzieren, nicht Türschilder.Gleichwohl stellen wir fest, dassdie leistungsbezogenen Ansätzefür eine bessere Finanzierung vonZentren, Notfallvorhaltungen oderExtremkostenfällen offenkundignicht greifen. Vor diesem Hinter-grund muss weiterhin über dieFrage diskutiert werden, wie einepraxistaugliche Lösung für dieseFinanzierungsthemen aussehenkönnte.

Wie können die Universitätsklini-ken trotz der schwierigen finanzi-ellen Lage in Zukunft bestehen?

Was meinen Sie mit „bestehen“?Woran wird das gemessen? Dieentscheidende Frage ist doch, waswir als Gesellschaft von den Uni-versitätskliniken erwarten. MeinEindruck ist, dass diese Erwartun-gen eher steigen. Man denke nuran den Masterplan Medizinstudi-um 2020. Dazu passt es ordnungs-politisch einfach nicht, dass mandiese Einrichtungen wirtschaftlichso unter Druck setzt, wie das der-zeit passiert. Immer höhere An-sprüche bei immer knapperen Mit-teln – das kann auf Dauer nicht gutgehen. Wenn sich die Rahmenbe-dingungen für die Universitätsme-dizin weiterhin so entwickeln wiein den letzten 15 Jahren, dann wirdder Forschungs- und Medizin-

standort Deutschland im interna-tionalen Wettbewerb Probleme be-kommen. Wenn die Gesellschaftdas nicht will, dann müssen dieRahmenbedingungen verbessertwerden, und zwar erheblich.

Welche Themen muss die deut-sche Hochschulmedizin aus IhrerSicht am dringendsten angehen?

Ein ganz großes Thema ist die Digi-talisierung unseres Gesundheits-wesens. Hier müssen die Universi-tätskliniken als kritische Infra-strukturen im Sinne des IT-Sicher-heitsgesetzes eine tragende Rollespielen. Dieser Prozess stößt der-zeit durch fehlende Ressourcen,die Fragmentierung unseres Ge-sundheitssystems und Überregu-lierung an viele Grenzen. Hiermuss die nächste Bundesregie-rung dringend Verbesserungen aufden Weg bringen.

Ein zweites großes Thema ist diePersonalgewinnung und -entwick-lung. Dabei geht es neben der Si-cherung des ärztlichen Nachwuch-ses für die Versorgung auch dar-um, genug Nachwuchs für die For-schung zu gewinnen. Letztereswird leider bei vielen politischenDebatten um die Medizinerausbil-dung völlig übersehen, ist aber fürden Medizinstandort Deutschlandessentiell. Ein weiteres Thema istdie Entwicklung praxistauglicherakademischer Ausbildungsange-bote für die nicht-ärztlichen Ge-sundheitsberufe, insbesondere diePflege.

Mit dem GKV-Versorgungsstär-kungsgesetz (GKV-VSG) wurde2015 die Hochschulambulanzre-gelung reformiert. Konnte einebessere Vergütung erreicht wer-den?

Die Rechtsgrundlagen für dieHochschulambulanzen (HSA) sindmit dem GKV-VSG tatsächlichdeutlich verbessert worden. Obdass aber am Ende zu einer aus-kömmlichen Finanzierung führenwird, ist aktuell noch völlig offen.Der Gesetzgeber ging seinerzeitdavon aus, dass ab dem Jahr 2016die HSA-Erlöse um 265 MillionenEuro ansteigen. Diese dringendnotwendigen Mittel sind bislangnicht angekommen. Laut gesetzli-

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cher Vorgabe hätten die Budgetsaufgrund der neuen Rechtslage bisMitte 2017 verhandelt sein müssen.Dies ist vielerorts noch nicht pas-siert. Die Kassen spielen auf Zeit.Im Moment zeichnen sich in eini-gen Bundesländern Schiedsver-fahren ab. Es bleibt abzuwarten,was dabei herauskommt.

Forschung, Lehre und Kranken-versorgung sind an Universitäts-kliniken eng miteinander ver-knüpft. Wie wirkt sich das auf denWettbewerb aus?

Dieser Verbund hat viele Vorteile.So ist die Uniklinik als Arbeitgeberbesonders für Menschen attraktiv,die gerne in innovativen, dynami-schen und hochgradig – auch in-ternational – vernetzten Umfel-dern arbeiten. Und die Patientenschätzen, dass sie Zugang zu Be-handlungsmethoden und Spezia-listen haben, die in der Fläche re-gelmäßig nicht verfügbar sind.Universitätskliniken sind mit ih-rem besonderen Versorgungsange-bot oftmals die letzte Hoffnung fürPatienten mit schweren und kom-plexen Erkrankungen. Der Aufga-benverbund aus Forschung, Lehreund Krankenversorgung wird alsovon Mitarbeitern und Patientensehr geschätzt. Im stationären Ver-gütungssystem wird das, was dieUniversitätskliniken auszeichnet,aber leider zum Nachteil. Dasmuss sich ändern.

Die Deutsche Forschungsgemein-schaft warnt davor, dass die For-schung an deutschen Universi-tätskliniken zurückgedrängtwird. Wie kann dieser Entwick-lung entgegengewirkt werden?

Noch stehen wir in der Forschungrelativ gut da. Bei der Anzahl derklinischen Industriestudien liegtDeutschland weltweit an zweiterStelle hinter den USA. Die DFG ar-tikuliert in ihrem Papier aber eineberechtigte Sorge für die Zukunft.Die Universitätskliniken verwen-den momentan sehr viel Kraft dar-auf, trotz schwieriger wirtschaftli-cher Rahmenbedingungen erst-klassige Forschung zu betreibenund wissenschaftlichen Nach-wuchs in ausreichender Zahl zuqualifizieren. Teilweise zehren siedabei von der Substanz. Denn 75

Prozent des Umsatzes eines Uni-versitätsklinikums kommen ausder Krankenversorgung und nur 25Prozent aus Forschung und Lehre.Verschlechtern sich – so wie in denletzten 15 Jahren – die Rahmenbe-dingungen im Bereich der Kran-kenversorgung, dann schadet diesperspektivisch auch Forschungund Lehre – und umgekehrt. Mankann diese Aufgaben nicht vonein-ander trennen. Die DFG hat dahervöllig zu Recht die Sorge, dass dieaktuelle Sparpolitik dazu führt,dass wir in zehn Jahren große Pro-bleme mit dem wissenschaftlichenNachwuchs und der Wettbewerbs-fähigkeit unserer Forschung ha-ben. Wollen wir den Wissen-schaftsstandort Deutschland inder Medizin auch in Zukunft starkhalten, dann brauchen wir dafürwirtschaftlich gesunde Universi-tätskliniken. Wissenschafts- undGesundheitspolitik haben hier ei-ne gemeinsame Verantwortung.

Immer mehr Kliniken bieten inKooperation mit Hochschulenoder Universitäten berufs- bzw.ausbildungsbegleitende Pflege-studiengänge an. Ein konkreterPlan, wie die akademisiertenPflegekräfte dann in der Praxiseingesetzt werden können, exis-tiert häufig nicht. Sollten die Uni-versitätskliniken hier eine Vorrei-terrolle einnehmen?

Ja, ganz klar! Letztlich geht es dar-um, Berufsprofile für akademischausgebildete Pflegekräfte zu defi-nieren und in der Klinik zu imple-mentieren. Die Bereitschaft, sichdieser Aufgabe anzunehmen, ist inder Universitätsmedizin in denletzten Jahren stark gewachsen.Mittlerweile gibt es dazu an vielenStandorten Projekte - Tendenz wei-ter steigend.

Die Digitalisierung bietet enormeZukunftschancen in der Medizin.Unter Federführung der Universi-tätskliniken wird derzeit einevernetzte forschungskompatiblePatientenakte entwickelt, welcheChancen versprechen Sie sichhiervon?

Die Hochschulmedizin will einevernetzte elektronische Patienten-akte entwickeln, die allen beteilig-ten Ärzten bei jedem Behand-

lungsschritt alle relevanten Infor-mationen liefert und gleichzeitigdas neuste Forschungswissen zurVerfügung stellt. Neu daran ist vorallem, dass die vernetzte Patien-tenakte auch an die klinische undbiomedizinische Forschung ange-bunden sein soll. Das heißt, dassdie Daten aus der Krankenversor-gung in der Forschung genutztwerden können, und zwar stand-ortübergreifend. So können vielschneller und aussagekräftiger alsbisher Erkenntnisse über Erkran-kungen und Behandlungskonzep-te gewonnen werden. Gleichzeitigsoll die Akte wissenschaftliche Er-kenntnisse unmittelbar in den Be-handlungsprozess zurückspie-geln, damit neue Evidenz schnel-ler als bisher beim Patienten an-kommt. Bei allen bisherigen ge-sundheitspolitischen Diskussio-nen über die elektronische Patien-tenakte wurde die Forschung aus-geklammert. Unser Anliegen ist es,das zu ändern.

Eine einheitliche Akte ist einenormes Unterfangen und erfor-dert Einigkeit der Universitätskli-niken – besteht nicht auch die Be-fürchtung, dass dieses Unterfan-gen scheitern könnte?

Um hier keine Missverständnisseaufkommen zu lassen: Es geht beidem Projekt der elektronischenund vernetzten Patientenaktenicht um das Programmieren einereinheitlichen Softwarelösung füralle Universitätskliniken. Wir wol-len vielmehr zwischen den Univer-sitätskliniken mit ihren jeweilssehr individuellen IT-Lösungeneinheitliche Standards und Pro-zesse für die Datenhaltung undden einrichtungsübergreifendenDatenaustausch verabreden. Auchdas ist noch eine sehr große Aufga-be, und das wird sicher nicht vonheute auf morgen gelingen. Wirhalten das aber für machbar. Esgibt ja auch schon erste Erfolge imRahmen der vom BMBF geförder-ten Medizininformatikinitiative.Darauf wollen wir aufbauen.

Herr Heyder, vielen Dank fürdas Gespräch

Das Interview führteKU-Fachredakteurin Anna Zarling.