«Facebook ist keine billige Spielwiese»

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7/25/2019 «Facebook ist keine billige Spielwiese»

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werbewoche 03 | 12.02.201618 MARKETING & KOMMUNIKATION

«Facebook ist keine billige Spielwiese»Die rasant wachsende Bedeutung von Facebook fürs Marketing ist atemberaubend. Der Kampf um Aufmerksamkeit im Newsfeedist lanciert. Eine Aufmerksamkeit, die sich nur bedingt erkaufen lässt. Es sind nicht die grossen Budgets, die gewinnen. Es sinddie klugen Kampagnen, die bis zur gewünschten Zielperson vordringen. Die Werbelogik muss neu gedacht werden. Ein Vordenkerist der Schweizer Facebook-Pionier Thomas Hutter. Seine Antworten sind Wegweiser hin zu klugen Kampagnen.

Erinnerst du dich an deinen ersten Face-

book-Post?

Tomas Hutter: Ja, und der war alles andereals spektak ulär, am 16.06.08 ein reiner ext-Post «working» …

Du hast als B2B-Marketer 31 000 Fans auf

Facebook – Wie machst du das?

Das frage ich mich häufig auch. Es ist eine

Kombination mehrerer Faktoren. Mit mei-nem Blog bringe ich seit bald 7 Jahren regel-

mässig Inhalte zu Facebook-Marketing, frü-her auch generell zu Social Media und SEM(Search-Engine-Marketing). Über diesenZeitraum sind über 1750 Blogbeiträge ent-standen. Viele davon top aktuell und fun-diert, häufig ausführlic h und meistens habensie dem Leser einen Mehrwert gebracht. Mei-ne Facebook-Community ist sehr organischentstanden und wenn ich mir die Fans derSeite betrachte, sind darunter viele Men-schen, die eben echt am Tema interessiertsind. In der Folge bekomme ich regelmässigeine sehr hohe Reichweite und die Inhalte

werden gerne, vor allem in Deutschland, vonMagazinen und Zeitschriften aufgegriffen,was zusätzlich Reichweite und so auch wiederFans generiert. Auch meine vielen Referate

an Veranstaltungen in Deutschland und dieSeminare tragen dazu bei.

Wie lautet dein ultimatives Erfolgsrezept?

Das Rezept besteht aus drei Relevanzfakto-ren und ist ganz einfach: Inhalt, Zielgruppeund Zeitpunkt! Das heisst, relevanter Inhaltfür die relevante Zielgruppe zum relevantenZeitpunkt. Wie gesagt, ganz einfach.

Was ist deiner Meinung nach der am häu-

figsten begangene Fehler im Facebook-

Marketing?

Ja, da sind wir wieder bei den drei Relevanz-faktoren, bzw. der Kombination der Fakto-ren. Häufig werden diese leider vergessen.Zusätzlich betrachten viele UnternehmenFacebook als «billige» Spielwiese, auf der manschnell noch etwas publizieren kann, häufigentstehen so belanglose oder zweitklassigeInhalte. Vieles davon ist qualitativ schlecht,wenig kreativ, häufig nicht auf den Kanalund/oder die Zielgruppe angepasst und meis-tens nicht wirklich für den mobilen Konsumaufbereitet. Wird dies dann noch mit einerschlechten strategischen Ausrichtung der

Werbeanzeigen kombiniert, ist der Miss-erfolg grundsätzlich vorprogrammiert.Gerade im Bereich Werbeanzeigen sehe ichtagtäglich extrem dilettantische Arbeiten,leider häufig auch von Agenturen.

Wann nervt dich eine Facebook-Werbung

in deinem Feed?

Die Werbungselbst nervt michnicht. Facebookversteht es gut,Werbeanzeigenfliessend in diePlattform zu inte-grieren. Häufignerve ich michüber die Inhalteder Werbeanzei-

gen. Viele Chan-cen werden durchschlechte Creati-

ves, mangelndeZielgruppenansprache und vielmals auchschlechten Landingpages bzw. wenig durch-dachten Mechaniken verspielt.

Hast du eine Empfehlung, wann und wie

oft man als Marke auf Facebook posten

sollte?

Ja. So häufig wie möglich, solange die In halteden drei Relevanzfaktoren gerecht werden.

Du weilst viel in Deutschland. Wo steht die

Schweiz im Vergleich zum grossen Nach-

barn?

Leider hinten nach. Viele Unternehmen inDeutschland sind in diesem Bereich wesent-lich weiter, obwohl die Rahmenbedingungen(Datenschutz-/Privatsphärendiskussionen)eigentlich grundsätzlich schlechter sind. Vie-len Schweizer Unternehmen geht es aktuellzu gut, so gut, dass man im Marketing, undda vor allem in den neueren Disziplinen,nicht zwingend erfolgreich sein muss. VieleUnternehmen halten sich da an das Bequemebzw. bereits Bekannte. Plakatkampagnenund Zeitungsinserate sind halt «einfach».Man braucht da nicht viel Hirnschmalz und Aufwand zu investieren … Aus meiner Sichtist die Passivität, die man bei uns in der

Schweiz immer wieder antrifft, sehr gefähr-lich.

Du hast einen guten Draht zu Facebook.

Wie muss man sich das vorstellen?

Wir werden von den Account-Managern vonFacebook für unsere kommerziellen Belangesehr gut unterstützt. Wir haben regelmässigWeb-/Videokonferenzen, erhalten News undInfos aktiv von Facebook direkt zugesteckt,haben Kontakte zu den verschiedensten Stel-len von Facebook in Deutschland, in Irland,England und in den USA und dürfen häufigganz neue Funktionen bereits in der Beta-

Phase testen oder für unsere Kunden testen.Dank dem Blog und den damit verbundenen Arbeiten findet auch regelmäss ig ein Aus-tausch mit dem Marketing-/PR-eam von

Facebook statt.

Wo sind auf Face-

book für 2016 be-

sonders kreative

A n w e n d u n g e n

möglich?

Sehr spannendsind die neuenCanvas-Ads vonFacebook, die sehrviel Kreativität zu-lassen und gleich-

zeitig optimaleBedingungen fürMobile bieten. In-teressant finde ich

das Live-Video-Format mit Facebook Liveund Facebook-Mentions. Dieses Format bie-tet sehr spannende Möglichkeiten für Unter-

nehmen. Auch die 360°-Videos dürften vielkreativen Spielraum bieten. Der eppich fürKreativschaffende ist ausgerollt …

Was ist dein Rat in Bezug auf den Einsatz

von prominenten Persönlichkeiten im Face-

book-Marketing?

Ist die Person beliebt, kann das gut funktio-nieren. Allerdings haben die meisten promi-nenten Personen auch ganz viele, d ie sie nicht

toll finden. Je nachdem kann der Einsatz ei-ner prominenten Person interessant sein, umallenfalls deren Fangemeinde erreichen zukönnen. Schlussendlich sind die gleichen Abwägungen notwendig wie beim herkömm-

lichen Marketing.

Was empfiehlst du als erste Massnahme,

wenn ein Shitstorm losbricht?

Ruhe bewahren.

Wie kommen die Facebook-Ads-Preise zu-

stande?

Das Pricing bei Facebook ist extrem komplex.Es spielen viele Faktoren mit: Angebot undNachfrage, Zielgruppe, Relevanz und Leis-tung (z.B. Klickrate). Zusätzlich spielen diePrognosen von Facebook über die zu erwar-tende Leistung mit. Positives und negativesFeedback hat ebenfalls einen Einfluss.

Schlussendlich rechnet Facebook immer miteinem absoluten Gebot basierend auf CPM(cost per mille).

Welche typischen Ziele verfolgt man mit

einer Facebook-Kampagne?

Die Zielsetzungen können sehr vielseitigsein. Häufig sind es klassische Ziele im Be-reich der Markenführung. Ich denke an Mar-kenbekanntheit und Markenwahrnehmung.Hier hat Facebook viel Potenzial. Aber auchsogenannte Performance-Zielsetzungen, dieauf raffic und Abverkauf zielen, sind durch-

aus möglich. Leider fehlen häufig Verständnis

Vertiefendes gibt es auf meinem Blog

huerlimanncc.com sowie auf

thomashutter.com

und Erfahrung, was Ursache und Wirkunganbelangen. Für die gefassten Ziele werdendie falschen Massnahmen angewendet.

Es gibt das Problem mit den Ad-Blockern –

Wie sehr ist Facebook davon betroffen?

In etwa gleich stark wie die durchschnitt-

lichen Seiten mit Werbeplatzierung im Web.

Da nicht alles i n Bezug zu Unternehmen über

reine Ads-Schaltungen passiert, dürften die

 Auswirkungen innerhalb von Facebook weni-

ger schlimm sein. Für Facebook selber sinddiese allerdings grundsätzlich schl imm genug.

Was können Facebook-Ads besser als

Google-AdWords?

Facebook-Ads und Google-AdWords dürfenin der Teorie nicht direkt verglichen werden.Beide Kanäle haben ihre Berechtigung. Face-book-Ads können wesentlich breiter inner-halb der Customer-Journey, des Erlebnis-pfades, eingesetzt werden. Google-AdWordsentfalten ihre Wirkung hauptsächlich dann,wenn eine Nachfrage bereits besteht. Ist dieNachfrage nach einem Produkt oder einerDienstleistung nicht vorhanden, wird es mit

Google-AdWords schwieriger. Facebook hin-gegen bietet gerade im Bereich der Nach-

fragegenerierung sehr interessante Möglich-keiten. Optimalerweise stimmt ein Unter-nehmen den Einsatz von Facebook-Ads undGoogle AdWords gut aufeinander ab, da häu-fig eine Korrelation zwischen Facebook-Adsund gesteigerten Google-Suchanfragendeutlich sichtbar ist.

Welches sind die wichtigsten Schritte bei

einer Facebook-Ads-Kampagne?

 Alle Schritte sind w ichtig. Ei ne g ute Strate-gie, gute Werbemittel, die auf die entspre-chenden Ziele und Zielgruppen angepasst

sind, der richtige Mix der eingesetzten Mass-nahmen, laufendes Controlling sowie einekontinuierliche Optimierung auf die Ziel-setzung sind meiner Meinung nach für denErfolg massgebend.

Was sind die wichtigsten Trends, neue

Anwendungen beispielsweise, die 2016

die Facebook-Marketing-Welt erobern

werden?

Canvas-Ads, 360°-Videos, Live-Formate. Zu-sätzlich dürfte die vermehrte Kombinationvon Retargeting und Ads-Schaltung sehr vielPotenzial bieten. Ich denke, dass Facebook danoch einiges für uns alle bereithält …

Interview: Beat Hürlimann

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