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Was ist Rauschen? Fachartikel

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Was ist Rauschen?

F a c h a r t i k e l

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Nimmt man das Geräusch eines Wasser-falls mit einem Mikrofon auf und bildet dieentstehende elektrische Spannung miteinem Oszilloskop ab, so erhält man etwaeinen Verlauf über der Zeit gemäss Bild 2.Zu einer beliebigen Zeit ist der Wert derSpannung u(t) nicht vorhersagbar. Insofernist ein völlig stochastischer Vorgang gege-ben. Jedoch sind gewisse Eigenschaftendes Vorganges sehr wohl feststellbar. Dazugehören die stati stische Verteilung auf-tretender Frequenzen (Frequenzcharak-teristik) sowie der auftretenden Werte vonu(t) (Amplitudencharakteristik), schliesslicheventuelle innere Regelmässigkeiten desSignals wie eine Modulation der Amplitudeals Folge äusserer Einwirkungen. Solchestatistischen Kenngrössen geben ein aus-sagekräftiges Bild des zugehörigenRauschvorganges. Die Brownsche Bewegung zeigt, dass in derMikrowelt ebenfalls der Zufall regiert:

Bild 1Rauschender Wasserfall:

Unüberschaubare Vielzahl einzel-ner Ereignisse und Frequenzen.

Kleine Partikelchen im Wasser oder in derLuft werden von den umherwirbelndenMolekülen in unvorhersehbarer Weise ange-stossen und ändern ihre Position zufällig imRaum. Eine Messung der Koordinaten überder Zeit würde wieder einen Verlauf, ähnlichwie in Bild 2 dargestellt, ergeben.

Rauschen in der ElektronikIn verschiedenster Form ist Rauschen prak-tisch allgegenwärtig, auch in der Elektronik.Es vereitelt das Vorhaben, durch immerhöhere Verstärkung beliebig kleine Signalemessbar, hörbar oder sichtbar zu machen.Ob die Stereoanlage bei Pianissimo-Stellenein Restrauschen hören lässt oder ob dieFunkübertragung der Bilder von den Voya-ger-Sonden zur Erde eine mühselige Proze-dur im Schneckentempo ist, stets ist derGrund direkt oder indirekt das Rauschen.

Was ist Rauschen?

Rauschen - praxisnah und verständlich erklärt

Jedem ist das Rauschen eines Wasserfalls geläufig. Eineunüberschaubare Vielzahl einzelner Tröpfchen prallt aufein-ander und in die Tiefe. Die Überlagerung all der praktischzu-fällig auftretenden Schallwellen ergibt das charakteristischeGeräusch, das ein Kontinuum aller Tonfrequenzen darstelltund vom Infra- bis in das Ultraschallgebiet reicht.Rauschen ist in verschiedenster Form allgegenwärtig, auchin der Elektronik.

Bild 2Zeitverlauf eines Zufallsprozesses.

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Auch die Digitaltechnik kann dessen Stör-möglichkeiten nicht neutralisieren, sondernnur aus Teilbereichen, wie der Erzeugung,Duplizierung und Speicherung von Informa-tionen, weitgehend verdrängen. Wo jedochSignale erfasst, verstärkt, gemessen undübertragen werden, ist stets dem Rauschenmehr oder weniger Beachtung zu schenken.Es ist Aufgabe des Schaltungsentwicklers,mit angemessenem Aufwand eine möglichstgute Annäherung an die von der Naturgesetzten Grenzen bezüglich Rausch-minimierung und damit einen bestmöglich-en Signal-Rausch-Abstand zu erzielen.

Ursachen des RauschensNachfolgend werden verschiedene Artenvon Rauschen und deren Charakteristikbesprochen. Es wird dabei auf einen mög-lichst grossen Praxisbezug Wert gelegt.

Thermisches Rauschen(auch Johnson- oder Nyquist-Rauschengenannt)

Diese Rauschart tritt infolge der Brown-schen Bewegung der Ladungsträger inallen Wirkwiderständen bereits im strom-losen Zustand auf. An den Enden eines Wi-derstandes R ist eine Leerlauf-Rausch-spannung gemäss Formel (1) messbar(siehe Kasten). Hierbei ist Ur der Effektivwert (RMS) derRauschspannung, deren Momentanwerteur(t) wieder einen Verlauf ähnlich Bild 2nehmen. Schliesst man die Enden des Wi-derstandes kurz, so fliesst ein Kurzschluss-Rauschstrom, der sich nach Formel (2)berechnet.Klemmt man an einen Widerstand R1 einenals rauschfrei angenommenen gleich gros-sen Widerstand R2 an (praktisch realisier-bar durch Kühlung von R2 auf Null Kelvin),

Formeln

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dann empfängt R2 von R1 eine Rausch-leistung Pr gemäss (3). Da R2 = R1 ist, herrscht Leistungsanpas-sung. Die Grösse kTB ist die maximal ver-fügbare Rauschleistung eines thermischrauschenden Widerstandes R. Es ist üblich,für T eine Temperatur von 290 K anzusetzenund die Rauschleistung auf 1 Hz Bandbreitezu beziehen, so dass man eine Rausch-leistungsdichte festlegen kann, die sich aus(4) mit 4·10 -21 W/Hz ergibt.

Schrotrauschen Das Schrotrauschen tritt nur dort auf, woStrom fliesst, jedoch nicht immer. Ursachedes Schrotrauschens ist die nicht unendlichkleine Einheit der Elementarladung e.Fliesst Strom durch einen Draht, so bewe-gen sich die einzelnen Elektronen mit einergewissen Ordnung und gegenseitiger Ab-hängigkeit, vergleichbar etwa einer Marsch-kolonne im Gleichschritt. Die pro Zeiteinheitden Drahtquerschnitt passierende Elektro-nenanzahl ist konstant, der Stromflussgleichmässig, und es tritt kein Schrotrau-schen auf. Wird ein Drahtwiderstand in denStromkreis geschaltet, ist an diesem nurdie thermische Rauschspannung gemässGleichung (1) messbar. Anders ist es, wennLadungsträger eine Potentialschwelleüberwinden und das mit ihrer kinetischenEnergie bewerkstelligen müssen. Diese iststatistisch verteilt. Das Analogon dazu wäreeine grössere Anzahl Spaziergänger, dieunabhängig voneinander einen Boulevard ineiner Richtung entlang flanieren, jedoch mitunterschiedlicher Geschwindigkeit. DasResultat ist eine geringe Schwankung derFlussdichte um einen Mittelwert. Für einenGleichstrom I errechnet sich bei Vorliegender genannten Bedingung (Potential-schwelle) die Grösse des wieder als Effek-tivwert angegebenen Rauschstromes nachFormel (5). Typische Beispiele für das Auftreten vonSchrotrauschen sind:• Sperrströme bei Dioden und Transistoren,

Bias- und Gateleckströme• Photostrom und Dunkelstrom bei

Photodioden und Vakuum-Photozellen• Anodenstrom von Hochvakuum-Röhren

Der Strom durch einen in Durchlassrichtunggepolten pn- Übergang, z.B. durch eineHalbleiterdiode, ist für die meisten prakti-schen Belange (Messung des Stromes im

äusseren Kreis bzw. des Spannungsabfallesan einem von diesem Strom durchflossenenWiderstand) hingegen als frei von Schrot-rauschen anzusehen. Das Schrotrauschen selbst ist gemässGleichung (5) temperaturunabhängig. Oft istjedoch der verursachende Strom I (Bias-Strom, Sperrstrom) stark temperaturab-hängig, weshalb durch Kühlung der be-treffenden Bauelemente eine deutlicheRauschverringerungerreichbar ist.

Andere RauschartenBei stromdurchflossenen Kohleschicht-widerständen (bei Metallschicht-Wider-ständen wesentlich weniger) tritt ein zu-sätzliches Rauschen auf, das mit derStromstärke zunimmt und meist Strom-rauschen genannt wird. Ursache hierfür ist die Zusammensetzungder Widerstandsschichten aus kleinenPartikelchen, zwischen denen beim Strom-fluss winzige Potentialunterschiede über-wunden werden müssen. Es besteht alsoeine gewisse Verwandtschaft zum Schrot-rauschen. Das Stromrauschen hängt jedochstark von der Technologie und Qualität beider Erzeugung der Widerstandsschichtenab und ist bei Drahtwiderständen über-haupt nicht vorhanden. Im Zweifelsfallmüssen die Herstellerangaben zugrundegelegt werden. In der Praxis ist es daher günstig, an denrauschkritischen Stellen möglichst Metall-schichtwiderstände nicht zu kleiner Bauformeinzusetzen. Das Funkelrauschen ist bevorzugt in tiefe-ren Frequenzbereichen (Hz bis kHz) anzu-treffen und hat ebenfalls viel mit derQualität der betreffenden Bauelemente zutun. Bei Elektronenröhren resultiert es auslangsam veränderlichen Emissionen ein-zelner Gebiete der geheizten Katode infolgespontaner Umkristallisationen. BeiHalbleitern gibt es verschiedene Ursachenfür dieses Phänomen, die bislang nur teil-weise erforscht worden sind. Voraus-berechnen lässt sich das Funkelrauschenvom Anwender nicht. Es müssen die Da-tenblattangaben der Hersteller zu Rategezogen werden. Mitunter lohnt sich einemesstechnische Nachprüfung, weil dieStreuungen gegenüber den als typisch an-gegebenen Werten gelegentlich gross sind. Es gibt weitere Rauschursachen (Popcorn-Rauschen bei Operationsverstärkern, f2-

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Rauschen bei sehr hohen Frequenzen, Bar-khausen-Rauschen bei Spulen und Trans-formatoren u. a.), jedoch spielen diese inder täglichen Praxis eine geringe Rolle. Zuletzt wäre noch das Lawinenrauschen zunennen, das bei Z-Dioden, bei oberhalbihrer Sperrspannung betriebenen pn-Über-gängen, Gasentladungsröhren und Ava-lanche-Photodioden auftritt. Es hat eine imVergleich zum fliessenden Strom verhält-nismässig hohe Intensität, die zudem tem-peratur- und exemplarabhängig ist.Eine Konsequenz für die Schaltungs-entwicklung besteht darin, stabilisierteSpannungen von Z-Dioden oder Bandgap-Referenzelementen nicht direkt an dieEingänge rauscharmer Verstärkerstufenanzuschliessen, sondern das Lawinen-rauschen mittels Kondensator oder Tief-pass zu unterdrücken.

AmplitudencharakteristikWie sich aus theoretischen Betrachtungenund aus Messungen ergibt, haben die mei-sten Rauscharten, darunter das thermischeRauschen und das Schrotrauschen, eineGaußsche Amplitudenverteilung gemässBild 3.Für die Momentanwerte des Rauschensbestehen Wahrscheinlichkeiten, die fürkleine Amplituden höher sind als für gros-se. Theoretisch können beliebig hohe Mo-mentanwerte U(t) in positiver oder negativerRichtung auftreten, jedoch ist dies sehr

unwahrscheinlich. So wird sich U(t) häufi-ger im Intervall C aufhalten als in einem derIntervalle B, und noch seltener wird U(t) inden Intervallen A anzutreffen sein. Inte-griert man U(t) über eine längere Zeit, so istdas Integral gleich Null, dem Mittelwertoder Erwartungswert dieser Gaußvertei-lung. Die Standardabweichung δ hingegenentspricht dem Effektivwert (RMS) derRauschspannung. Die Wahrscheinlichkeit,dass sich U(t) zu einem beliebigen Zeit-punkt im Intervall ± δ aufhält, ist 68,3 %. Für

das Intervall ± 2δ sind es bereits 95,5%, für± 3 δ 99,7 % und schon für ± 3,1 δ ist dieAufenthaltswahrscheinlichkeit über 99,9 %.

Messen der RauschintensitätRauschintensitäten werden gewöhnlich alsEffektivwerte angegeben, so auch in denGleichungen (1) bis (5). Steht für Mes-sungen kein echter Effektivwertmesser imbenötigten Frequenzbereich zur Verfügung,kann auch ein gewöhnliches Wechsel-spannungsvoltmeter verwendet werden. Zubeachten ist jedoch, dass solche Geräte aufden linearen Mittelwert des gleichgerichte-ten Signals (Gleichrichtwert) reagieren. DieSkala ist in Effektivwerten kalibriert, wasdann aber nur für sinusförmige Signalekorrekt ist.Der Quotient aus Effektivwert und Gleich-richtwert ist für Sinusspannungen undVollweg-Gleichrichtung 1,11, für gauß-verteiltes Rauschen jedoch 1,25. Will manalso Rauschspannungen mit einem fürSinussignale kalibrierten Voltmeter richtigmessen, so muss man die Anzeigewerte mitdem Korrekturfaktor 1,128 multiplizieren.Eine bequeme, wenn auch ungenauereRauschmessung kann oszilloskopisch erfol-gen. Bei mittlerer eingestellter Helligkeitwird U(t) dargestellt und visuell die Höhe desRauschbandes, also der Spitze-Spitze-Wert,geschätzt. Dies ist natürlich etwas willkür-lich, da es einen Spitzenwert beim gauß-verteilten Rauschen nicht gibt, aber manwird mit der Faustregel (Formel 6):Ueff ≈ 0,2 · Uss(für Analog-Oszilloskope)

meist auf etwa 10 bis 20 % Genauigkeit kom-men, eine für Rauschmessungen ganzakzeptable Präzision. Mathematisch bedeu-tet Gleichung (6) ein Intervall von ± 2,5 δ,verbunden mit einer Aufenthaltswahr-scheinlichkeit des Momentanwertes U(t)von ca. 99%.Bei der Verwendung digitaler Speicher-Oszilloskope (DSO) hat sich die Beziehunggemäss Formel (7) bewährt:Ueff ≈ 0,167· Uss(für DSO)

Der Grund für diese Abweichung ist, dassbei einem DSO auch die seltener erreichtenAmplitudenwerte wegen der Speicherungbeliebig lange dargestellt werden und nichtder Gewichtung infolge der begrenzten

Bild 3:Amplitudenverteilung von Gaußschem Rauschen.

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Nachleuchtdauer des Schirmmaterialsunterliegen wie bei den Analog-Oszillos-kopen. Man schätzt daher den Spitze-Spitze-Wert grösser, was durch den etwaskleineren Faktor wieder kompensiert wird.

FrequenzcharakteristikDas zumeist relevante thermische Rau-schen und das Schrotrauschen haben vonNatur aus eine konstante Leistungsdichteüber die Frequenz, d.h. in jedem gleich-grossen Intervall auf der Frequenzachse isteine gleich grosse Rauschleistung enthal-ten. Man spricht dann von weissem Rau-schen (Bild 4). Betrachtet man statt derRauschleistung die Rauschspannung oderden Rauschstrom, so folgt wegen P ~ U2

bzw. P ~ I2 die Tatsache, dass in einem n-fach grösseren Frequenzintervall die n-fache Rauschleistung, jedoch nur die √n-fache Rauschspannung bzw. der √n-facheRauschstrom vorhanden ist.

Die gestrichelte Fortsetzung der Geradendeutet an, dass bei extrem hohen Frequen-zen (THz-Bereich) ein Abfall der Rausch-dichte einsetzt, was durch die Quanten-theorie erklärt wird, in der Elektronik-Praxis aber keine Rolle spielt. Aus denGleichungen (1) bis (5) und dem obenGesagten folgt auch die wichtige Regel,dass bei der Zusammenführung verschie-dener und damit nicht korrelierter Rausch-quellen sich die Rauschleistungen linearaddieren, die Rauschspannungen bzw. -ströme jedoch nur geometrisch (pythago-räisch, gemäss Formel [8]).

RauschbandbreiteIm Zusammenhang mit dem weissen Rau-schen ist auch der Begriff der Rausch-bandbreite von Bedeutung (siehe Bilder 5aund b).In Bild 5a ist der Amplitudenfrequenzgangeines Tiefpasses dargestellt. Als Bandbreitewird meist die 3-dB-Grenzfrequenz defi-niert. Wird diesem Tiefpass weisses Rau-schen zugeführt, so passieren ihn auch Fre-quenzanteile oberhalb f0 (schraffiert, II).

Bild 4Rauschdichte für weisses Rauschen.

Dagegen werden Anteile unterhalb f0(schraffiert, I) bereits unterdrückt. Beieinem idealen Tiefpass (Bild 5b) wären sol-che Betrachtungen überflüssig. Für denrealen Tiefpass ist die Rauschbandbreite f’0,diejenige Bandbreite, die ein idealer Tief-pass haben müsste, um bei Zufuhr weissenRauschens am Ausgang dieselbe Rausch-leistung aufzuweisen wie der reale Tiefpassmit der Signalbandbreite f0. Rausch- undSignalbandbreite sind nicht identisch. Füreinen Tiefpass 1. Ordnung (einfaches RC-Glied) gilt beispielsweise Formel (9) mit:Brausch = (π/2)·Bsignal

Für einen einfachen Bandpass, bestehendaus Tiefpass 1. Ordnung (mit Grenzfrequenzf0 ) und Hochpass 1. Ordnung (mit der unte-ren Grenzfrequenz fu ), gilt die Beziehunggemäss Formel (10).

Für Filter höherer Ordnung mit entspre-chend steileren Flanken nähern sich dieVerhältnisse zunehmend dem Idealfall (Bild5b), Rausch- und Signalbandbreite fallenimmer weiter zusammen. Die hier ge-schilderten Zusammenhänge müssen inBerechnungen und Messungen mitunterberücksichtigt werden, ansonsten machtman Fehler von bis zu 57 %. Bei Rausch-messungen mit Hilfe eines Rauschge-nerators braucht man derlei jedoch nicht zuberücksichtigen, da es sich um Vergleichs-

f

Pn(f)

fs≈3THz

G(f)

f

0dB

-3dB

a)realer Tiefpass

I

II

f0

G(f)

0dB

fb)idealer Tiefpass

f'0

Bild 5Rausch- und Signalbandbreite eines realen und einesidealen Tiefpasses.

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messungen handelt und die entstehendenFehler sich herauskürzen.

Rosa RauschenNeben dem weissen Rauschen gibt es nochdas rosa Rauschen (Bild 6), bei dem die tie-feren Frequenzen bevorzugt auftreten.Das rosa Rauschen ist für Zwecke derAkustik interessant, denn hier ist für Mes-sungen oftmals ein Rauschsignal er-wünscht, das gleiche Leistung nicht proabsolutem Frequenzintervall (in Hz) enthält,sondern pro relativem Frequenzintervall(Oktave oder Terz). Um dies zu erreichen,muss die Rauschdichte mit der Frequenzabnehmen, wie in Bild 6 angedeutet.Technisch wird rosa Rauschen durch Fre-quenzgangfilterung aus weissem Rauschenerzeugt. Man bezeichnet es auch als 1/f-Rauschen. Das im Abschnitt über dieUrsachen des Rauschens erwähnte Funkel-rauschen weist oftmals ebenfalls eine 1/f-Charakteristik auf, jedoch gibt es mitunterAbweichungen, d.h. steilere oder flachere

Anstiege. Die naheliegende Frage, ob beim1/f-Rauschen für die Frequenz Null (Gleich-spannung) beliebig hohe Amplituden auftre-ten, lässt sich aus mathematischen undphysikalischen Gründen verneinen. FürSpezialanwendungen werden aus demweissen Rauschen eines Generators durchFrequenzfilterung auch andere Testsignaleerzeugt, z.B. f2 – oder Dreiecksrauschen fürMessungen in der UKW-FM-Technik oderauch Rauschen mit Frequenzgangverläufen,die der Hörempfindlichkeit des menschli-chen Ohres angepasst sind.

Rauschmessungenin der HF-TechnikMan kann das Rauschen einer HF-Bau-gruppe, z.B. eines Verstärkers, wie folgtmessen: Dem Ausgang der Baugruppe

werden ein Bandpass entsprechend deminteressierenden Frequenzbereich sowieein Effektivwertmesser nachgeschaltet.Das Ausgangsrauschen wird gemessen undmittels Division durch die Verstärkung in einäquivalentes Eingangsrauschen umgerech-net. Das heisst, es wird fiktiv angenommen,alle Rauschquellen der Baugruppe seien inkonzentrierter Form an deren Eingang ver-sammelt und die restliche Baugruppe seirauschfrei. Dieses Eingangsrauschen ent-spricht dann der Amplitude, die ein ein-gangsseitiges Nutzsignal haben müsste,um gerade einen Signal Rausch-Abstandvon 1 (entsprechend 0 dB) zu erzeugen.

Diesen Wert bezeichnet man auch alsGrenzempfindlichkeit.

Man sieht sofort, dass für korrekte Mes-sungen mehrere Parameter bekannt seinmüssen: Die Empfindlichkeit des Effektiv-wertmessers, die Rauschbandbreite desBandpasses (und gegebenenfalls noch des-sen Verstärkung) sowie die Verstärkung derBaugruppe. Um die damit verbundeneMöglichkeit sich addierender Fehler zu ver-meiden, haben sich einfachere Methodeneingebürgert, deren Grundform nachfol-gend beschrieben ist.

Messung mit RauschgeneratorMan gibt auf den Eingang der Baugruppeein Rauschen definierter Intensität, indemman einen kalibrierten Rauschgeneratoranschliesst. Dieser ist zunächst ausgschaltet. Mit der oben genannten Mess-anordnung stellt man am Effektivwert-messer eine gewisse Anzeige der Aus-gangsrauschleistung fest, deren Absolut-wert uninteressant ist.Jetzt wird der Rauschgenerator einge-schaltet und sein Pegel so justiert, dass amMessgerät die doppelte Rauschleistungbzw. die √2-fache Rauschspannung ange-zeigt wird. Da die Rauschbeiträge vonBaugruppe und Rauschgenerator unkorre-liert sind, addieren sich ihre Rausch-leistungen linear, und die gesuchte äquiva-lente Eingangsrauschleistung der Bau-gruppe ist somit gleich der am Generatoreingestellten Ausgangsrauschleistung. DieVorteile dieser Methodesind klar: Statt desEffektivwertmessers kann ein gewöhnli-ches HF-Messgerät eingesetzt werden, dieVerstärkungen von Baugruppe und Band-pass sowie die Rauschbandbreite brauchen

Pn(f)

f

rosa Rauschen (1/f-Rauschen)

weisses Rauschen

Bild 6:Rauschdichten für rosa Rauschen (beide Scalen loga-rithmisch).

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nicht mehr bekannt zu sein, da sich allediese Grössen herauskürzen. Man benötigtlediglich einen kalibrierten Rauschgene-rator, der im zu messenden Frequenzbe-reich ein weisses Rauschen einstellbarerIntensität abgibt. Dieses sollte sich übereinen möglichst grossen Frequenzbereicherstrecken, damit man für alle Anfor-derungen gerüstet ist.

Gebräuchliche Rauschparameterk .T0 - Einheit und Rauschzahl Wie aus den Gleichungen (3) und (4) ersicht-lich, ist die Rauschleistung, die ein idealer(rauschfreier) Empfänger vom Quellwider-stand R1 eines Generators empfangenkann, gleich k .T0

.B. In Bild 7 ist G einSignal- oder Rauschgenerator, Zw ist derWellenwiderstand des Verbindungskabelsund R2 ist der Eingangswiderstand desEmpfängers, meist ist das kein gegen-ständlicher Widerstand. In der HF-Technikist es zur Vermeidung von Reflexionendurch Fehlanpassung notwendig, dass R1 =Zw = R2 ist. Zw ist meist 50 Ω, in der Vi-deotechnik hat man sich auf 75 Ω festgelegt,in der UKW-Technik sind ferner noch 60 Ωsowie 240 Ω gebräuchlich. Wie zuvor be-schrieben, wird zunächst der Generatorausgeschaltet (gedanklich wird G in Ab-bildung 7 vorübergehend durch einen Kurz-schluss ersetzt). Der Empfänger erhält nunvon R1 eine Rauschleistung von kT0B. An-schliessend wird der Rauschgeneratornach Erfordernis (Rauschleistungsverdop-pelung am Empfängerausgang) eingestelltund führt nun dem Empfänger zusätzlich zukT0B eine Rauschleistung Prausch zu. Diesewird am Generator abgelesen und insVerhältnis zur Einheit kT0B gesetzt (Formel11).

Der Faktor n bzw. die Rauschzahl F ist alsodie Anzahl an zusätzlichen kT0-Einheiten,die einem Empfängereingang zugeführtwerden müssen, um am Empfängeraus-gang eine Rauschleistungsverdoppelung(Erhöhung um 3 dB) zu erzielen. Für einenrauschfreien Idealempfänger wäre F = 1.

Bild 7Anschluss eines HF-Empfängers an

einen Generator.

Das Rauschmass (noise figure)Das Rauschmass, oft mit F* oder F’ be-zeichnet, ist definiert in Formel 12 zu: F =10· log(F)

Der rauschfreie Idealempfänger hat alsoein Rauschmass von F’= 0 dB.

Die Rausch-TemperaturAnstatt bei der zuvor beschriebenenMessprozedur den Rauschgenerator G (Bild7) einzuschalten, wäre es auch möglich, R1zu erwärmen. Gemäss Gleichung (3) würdedie von R1 an R2 gelieferte Rauschleistungproportional zur Kelvin-Temperatur anstei-gen. Die gegenüber der Referenztempera-tur von 290 K nötige Temperaturerhöhungvon R1 zur Rauschleistungsverdoppelungam Empfängerausgang, abzüglich 290 K,bezeichnet man Eingangsrauschtempe-ratur des Empfängers. Es gilt also auchGleichung (13): Trausch = (F–1) ·T0

Der rauschfreie Idealempfänger hat eineRauschtemperatur von 0 K. Diese ist einereine Rechengrösse und keinesfalls etwamit der realen Temperatur identisch, aufder sich der Empfänger befindet. DieRauschtemperatur kann durchaus kleinersein als die reale Temperatur, allerdings beinicht optimalen Empfängern auch sehr vielhöher.

Rauschmessungenin der NF-TechnikWährend es im HF-Bereich aus techni-schen Gründen (einheitlicher Wellenwider-stand innerhalb einer Anlage) üblich ist, mitLeistungen zu rechnen, ist im NF-Bereichaus genau den umgekehrten Gründen (ver-schiedene Ein- und Ausgangswiderständevon Baugruppen, statt Leistungsanpassungoft Spannungsanpassung) vorwiegend ge-bräuchlich, mit Spannungen oder Strömenzu rechnen. Passend dazu wird die Grenz-empfindlichkeit von Verstärkern usw. mitäquivalenten Eingangsrauschspannungen(in V/√ Hz) oder Eingangsrauschströmen (inA/√ Hz) beschrieben. Dies sei anhand vonzwei Beispielen erläutert.

EingangsrauschspannungDer Eingangswiderstand des in Bild 8 dar-gestellten Elektrometer-Verstärkers istsehr hoch, theoretisch unendlich, und auf

Kabel

Wellenwiderstand Zw

EmpfängerGenerator

G

R1

R2;

8

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jeden Fall wesentlich grösser als derInnenwiderstand der eingangsseitig anzu-schliessenden Quelle. Eine Eingangs-leistung ist für diese Schaltung also kaumsinnvoll definierbar. Um die rauschbe-grenzte Empfindlichkeit anzugeben, mussman die äquivalente Eingangsrausch-spannung ermitteln.Der dazu nötige Messaufbau ist ganz ähn-lich wie in der HF-Technik. Ausgangsseitigwerden ein Bandpass für den interes-sierenden Frequenzbereich und ein Wech-selspannungsmessgerät angeschlossen.

Der Eingang der Schaltung wird mit demRauschgenerator verbunden. DessenQuellwiderstand, z.B. 50 Ω, ist im Vergleichzum Eingangswiderstand der Schaltungpraktisch als Kurzschluss aufzufassen.Für diese Messung interessiert das Gene-ratorrauschen nicht in den für HF typi-schen kT0- Einheiten, sondern in derDimension V/√ Hz.

Zunächst wird wieder das Ausgangs-rauschen der Schaltung bei ausgeschalte-tem Generator gemessen, danach derGenerator eingeschaltet und so justiert,dass die Rauschspannung am Ausgangder Schaltung sich um den Faktor √2erhöht. Die eingestellte Rausch-spannungsdichte am Generator ist danngleich der äquivalenten Eingangsrausch-spannungsdichte der Schaltung.

EingangsrauschstromDiese Schaltung in Bild 9 ist zur Verar-beitung von Eingangsströmen z.B. vonPhotodioden ausgelegt. Die Eingangs-grösse ist hier nicht die Spannung (imIdealfall ist die Eingangsspannung unddamit auch die Eingangsleistung Null),sondern der Strom. Damit ist das auf denEingang der Schaltung bezogene Rau-schen zweckmässig in A/√ Hz anzugeben.Die Messung erfolgt wie zuvor be-schrieben, lediglich durch die Verwendung

eines Hilfswiderstandes RH. Dadurch wirdaus der Ausgangsrauschspannung desGenerators ein Ausgangsrauschstrom er-zeugt.

Einige Regeln sind zu beachten, umMessfehler zu minimieren:• RH sollte vom Ende des Koaxialkabels

auf möglichst kurzem Weg mit demSchaltungseingang verbunden werden.

• RH muss recht gross gewählt werden,so dass sein eigener Rauschstromgemäss Gleichung (2) möglichst ver-nachlässigbar gegenüber dem zuerwartenden Eingangsrauschstrom derSchaltung ist. Dies ist automatisch er-füllt, wenn RH mindestens 10 mal grös-ser als R gewählt wird.

• Andererseits darf RH nicht zu grossgewählt werden, denn jeder Widerstandhat eine bauformabhängige Streuka-pazität von ca. 0,1 bis 0,5 pF. Diese bildetbei höheren Messfrequenzen einenkapazitiven Nebenschluss zu RH undverfälscht die Messung. Zwischen denbeiden gege sätzlichen Regeln mussdurch vorherige Überschlagsrechnungein Kompromisswert für RH gefundenwerden.

+-

R1

R2

Eingang ue(Rein $ 8 )

ie 0

Ausgang ua = (1+R1/R2)ue

Bild 8Spannungsverstärker mit Operationsverstärker.

+-

Rausch-Generator AusgangEingang

Ua=-RIe

R

IeRH

Ue=0

Bild 9Stromspannungs-Wandler mitOperationsverstärker.

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