Fanfare -- 2005-10-07 -- WEB - FDJ

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Begräbnis-Aktionen...............Seite 2 Kampf um Thälmann...............Seite5 16. Weltfespiele in Caracas.......Seite6 Mahnwache............................Seite 8 Aufruf zum 7.Oktober ............Seite10 Naziaufmärsche stoppen......Seite12 VIVE LA COMMUNE!..............Seite14 Resolution zu Israel................Seite15 50 Jahre Bundeswehr .............Seite18

Transcript of Fanfare -- 2005-10-07 -- WEB - FDJ

Begräbnis-Aktionen...............Seite 2

Kampf um Thälmann...............Seite 5

16. Weltfespiele in Caracas.......Seite 6

Mahnwache............................Seite 8

Aufruf zum 7. Oktober............Seite 10

Naziaufmärsche stoppen......Seite 12

VIVE LA COMMUNE!..............Seite 14

Resolution zu Israel................Seite 15

50 Jahre Bundeswehr.............Seite 18

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Dieses Jahr am 8.Mai jährte sich der Tag der Befreiung vom deutschen Faschismus zum 60. Mal. Für alle AntifaschistInnen und DemokratInnen ein Grund, der ro-ten Armee und ihren Verbündeten zu danken und gleichzeitig den Kampf ge-gen die deutsche Realität aufzunehmen. Hierfür sollte das Projekt „Das Begräbnis oder DIE HIMMLISCHEN VIER“ durchge-führt werden.

Es stellte sich die Frage um die Himmli-schen Vier und den 8.Mai seit Monaten:– Sollen wir den 60. Jahrestag der Be-freiung vom deutschen Faschismus bege-hen, wie es unsere Herrschenden gerne sehen würden?

– Sollen wir gemeinsam mit den Herren in diesem Land Geschichtsrevisionismus betreiben und deutsche Täter zu Opfern umlügen?– Sollen wir gemeinsam mit unseren Ausbeutern das Potsdamer Abkommen mit Füßen treten?– Sollen wir gemeinsam mit unseren Un-terdrückern den 8.Mai zum Tag machen, wo sie von Befreiungslüge reden, um neue Kriege zu planen.

Nein, wir wollten einen 8.Mai als Tag der Befreiung feiern:

-einen 8.Mai, an dem wir für die Umset-zung des Potsdamer Abkommens kämp-fen,-einen 8.Mai, an dem wir unsere Stim-me gegen den deutschen Imperialismus erheben,-einen 8.Mai, an dem wir uns gegen die Herrschenden in diesem Lande stellen,-einen 8.Mai, an dem wir gegen ihre neuen Kriege kämpfen.Solch einen 8.Mai und viele andere sol-cher Tage wollen wir. Und deshalb brau-chen wir das Projekt „Die Himmlischen Vier“

Das Projekt sollte in Berlin und Potsdam stattfi nden.Doch die Herrschenden der BRD setzten alles daran dies zu verhindern.Obwohl das Projekt lang vor allen an-deren die Orte angemeldet hatte, ver-suchten die Berliner Behörden zunächst einem Faschisten-Marsch den Vorzug zu geben und entschlossen sich schließlich dazu ein Volksfest des Senats abzuhal-ten. Dafür wurde das Recht des Erstan-melders ausgehebelt zugunsten einer „Sondernutzung“ der Obrigkeit.Um die restlichen Plätze für uns zu sper-ren, war man sich nicht einmal zu blöd, die offensichtlichsten Ausfl üchte wie z.B. das Gartenbauamt herbeizuzerren.

Am Ende kam immerhin das Verwal-tungsgericht Potsdam zu dem Urteil, dass es dem Projekt selbstverständlich erlaubt sein muss, durchgeführt zu wer-den. In Berlin hingegen war es weiterhin verboten und selbst auf das Verbot auf-merksam zu machen wurde verboten.

Doch es geschah nichtsdestotrotz Einiges und die „Himmlischen Vier“ waren unü-bersehbar:In Potsdam ging bereits Wochen vorher ein eigener Radiosender, „Radio Himmli-sche Vier“, auf Sendung.

Die Bekanntheit des Radios war schließ-lich so groß, dass bei einem Polizeiüber-fall auf die Radiostation vor laufenden Mikros innerhalb von 10 Minuten 50 Jugendliche den Sender umstellten, um den Abzug der Staatsbüttel zu fordern. Die Polizei musste daraufhin zurückwei-chen.

Die Woche vor dem 8.Mai geisterte ein toter Soldat auf einem Pferd durch die Strassen Berlins. Begleitet wurde das Gespann von einem Trupp Trommler und einer Musikgruppe. Dort wurde auf das Projekt und sein Anliegen aufmerksam gemacht und versucht Spenden zu sam-meln. Der imposante Eindruck des toten Soldaten auf einem Pferd machte vie-le Menschen neugierig und zog uns in manch spannende Diskussion.

Der Reichstag war für das Projekt ge-sperrt. Doch urplötzlich lag auf der Reichstagstreppe ein toter Soldat. Die Si-cherheitsbehörden und die Polizei waren sichtlich überrascht. Als sie den Soldaten abtransportierten, lag kurze Zeit später ein weiterer auf den Stufen. Ein dritter lag daraufhin sogar im Reichstag.

Der symbolischen Mahnung durch den toten Soldaten antwortete die Obrigkeit mit übelster Repression. Ein Darsteller des Soldaten wurde in ein ziviles Polizei-fahrzeug gezerrt und in den Spandauer Forst außerhalb Berlins gefahren. Dort gab es offene Morddrohungen gegen den Genossen, dass man ihn etwa nun in dem abgelegenen Wald erschieße oder

ihn von der nächsten Brücke werfe. Dann wurde er im Wald ausgesetzt. Dort war-tete bereits der „Verfassungsschutz“, um ihn weiter in die Mangel zu nehmen.

Am 7.Mai begann dann der „Tag der De-mokratie“ des Berliner Senats.Einige unserer Aktionen fanden vor und auf dem Tag der Demokratie statt. Dieser war eine Veranstaltung des Berliner Se-nats, mit der er den „Himmlischen Vier“ die Rechte auf den angemeldeten Platz nahm.Zeitgleich hatte man den Faschisten er-laubt einen ihrer größten Aufzüge der letzten Jahre zu veranstalten. Dies war eine völlige Untergrabung des Potsdamer Abkommens und des Grundgesetzes.

Am „Tag der Demokratie“ gab es Brat-wurstbuden, Zelte, von der CSU über den Arbeitgeberverband bis zum Bun-destag, und Deutschlandfahnen. Es gab auf dem ganzen Fest keine einzige Flag-ge der Anti-Hitler-Koalition, sondern nur die der imperialistischen BRD. Das Ganze war eine riesige deutschnationale Ver-anstaltung. Und das am 60. Jahrestag der Befreiung vom deutschen Faschis-mus. Wer ein greifbares Beispiel für den Klassencharakter vom Umgang mit Ge-schichte sucht, dürfte hier wahrlich fün-dig werden.

Sowjetischen Rotarmisten und anderen Veteranen der Anti-Hitler-Koalition, die ihr Blut für die Befreiung vom deutschen Faschismus geopfert haben und am 8.Mai zu den „Himmlischen Vier“ nach Berlin kommen wollten, wurde nun ein Volksfest der deutschen Bourgeoisie vor die Nase gesetzt, das in einer Stellung-nahme des Schirmherrn Wowereit (SPD) erklärte, das die Rote Armee keine Befrei-er waren und das sie in einem Atemzug mit den faschistischen Verbrechern nann-te und gleichsetzte.

Nun, mit Demokratie hatte dieser „Tag der Demokratie“ nichts zu tun. Dieser war ein fundamentaler Angriff auf die demokratischen Rechte. Demokratische Rechte wie das der Meinungsäußerung, das des Erstanmelders, das Potsdamer Abkommen und das Grundgesetz schei-nen für Menschen, die nicht an der Kon-stituierung der deutschen Volksgemein-schaft mitwirken, nicht zu gelten.

Am 7.Mai versuchte eine Gruppe Jugend-licher das Fest „Tag der Demokratie“ zu

betreten. Wir wollten dort mit Flugblät-tern und T-Shirts, auf denen Werbung für die „Himmlischen Vier“ stand, auf das Verbot und den Skandal aufmerksam machen. Unsere Schilder hatte man uns bereits am Vormittag durch die Polizei beschlagnahmen lassen, als wir eine Spontandemonstration durchgeführt hatten.

Wir betraten also das Fest und kamen keine 30 Meter weit. Dann eilten 10 Poli-zisten vom Stand der Konrad-Adenauer-Stiftung heran und umzingelten uns. Wir erhielten sofort einen Platzverweis und man wollte unsere Personalien feststel-len. Als Begründung wurde von einem leitenden Beamten gesagt: “Dies ist ein Bürgerfest. Sie sind keine Bürger. Das ist eine inhaltliche Frage!“

Wir sollten nun einzeln den Platz verlas-sen. Wir weigerten uns, da größere Trup-pen offener Faschisten über den Platz schlenderten, um sich Deutschland-Fah-nen beim CSU-Zelt abzuholen und wir es nicht riskieren wollten denen auch noch in die Hände zu fallen.

Der leitende Beamte war erst einmal so verunsichert, dass er uns schließlich im Block mit Polizeieskorte abführte, und zwar einmal über das gesamte Fest ans andere Ende und uns dabei unsere Plaka-te beließ. Somit bekamen wir unverhofft die Gelegenheit eine Demonstration mit Polizeieskorte durch das gesamte „Fest der Demokratie“ zu machen. Leider wa-ren die Polizisten den Rest des Wochen-endes oftmals besser vorbereitet.Die zwei Tage über wurde regelrecht Jagd auf Teilnehmerinnen und Teilnehmer der

„Himmlischen Vier“ gemacht. Die Polizei versuchte alles zu unterbinden, was mit der Aktion H4 zu tun hatte. Es wurde so-gar verboten auf das Verbot aufmerksam zu machen. Doch so einfach machten wir es den Herrschenden der BRD nicht. Wir gaben nicht klein bei. 3 weitere Aktionen sollen exemplarisch geschildert werden:Am Nachmittag tauchten auf dem Pariser Platz immer wieder Schilder, Plakate und Flugblattverteiler auf. 3 junge Mädchen marschierten über den Platz. Sie hatten sich Scheuklappen aufgesetzt und tru-gen Schriftzüge, auf denen Stand: „Oh du schöne Demokratie“. Die 3 wurden unverzüglich verhaftet. Die Begründung in diesem Fall muss man sich auf den Lippen zergehen lassen. Zur Aussage „Oh du schöne Demokratie“, Zitat: „Solche Auffassungen vertragen sich nicht mit der Veranstaltung des Senats!“

Eine weitere der vielen Aktionen gab es am Abend des 7.Mai vor dem Bran-denburger Tor. Nachdem die Polizei alle Schilder beschlagnahmt hatte und uns die wichtigsten Propagandamittel abge-nommen hatte, überlegten wir uns eine neue Form. 10 Jugendliche klebten sich den Mund mit schwarz-rot-goldenen Klebstreifen zu und bildeten daraufhin eine Reihe vor dem Brandenburger Tor. In der Hand hielten sie Flugblätter der „Himmlischen Vier“. Dort standen sie schweigend und den Mund mit dem Symbol des imperialistischen deutschen Staates der BRD geknebelt. Es blieb so gut wie jeder Passant stehen, um sich zu informieren und sich ein Flugblatt mit-zunehmen. 15 Minuten später kamen 2 Polizeibusse angerauscht, hielten in ein paar Metern Entfernung und die Einsatz-

Begräbnis-Aktionen am und um den 8. Mai

„Das Begräbnis oder DIE HIMMLISCHEN VIER“ gibt aber nicht auf.

Das Versprechen „Wir kommen wieder!“ hallte am 8.Mai durch Berlin. Und so wird es auch sein. Das Projekt wurde deshalb bis zum 8.Mai 2006 verlängert. Mehr Bil-der und Informationen erhältst Du unter www.himmlischevier.de. Den Herren der BRD muss Einhalt geboten werden.

Kämpfe auch Du mit den „Himmlischen Vier“ für die Umsetzung des Potsdamer Abkommens!

Noch eine Metapher zum Abschluss: Als wir den Heimweg antraten, gingen wir zurück auf der Strasse, die vom sowje-tischen Ehrenmal zum Brandenburger Tor führt. Das Wetter war den ganzen Tag schon recht wechselhaft gewesen. Auf unserem Heimweg blickten wir noch einmal kurz über die Schulter nach hin-ten zum sowjetischen Ehrenmal. Darü-ber strahlte blauer Himmel und Sonnen-strahlen hüllten den Rotarmisten in helles Licht. Dann wendeten wir den Blick nach vorne – hinüber zum Brandenburger Tor und den Deutschlandfahnen. Über dem Tor war der Himmel tiefschwarz und wol-kenverhangen und es zog ein düsteres Gewitter auf ...

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16. April, na klar, Thälmanns Geburtstag. Ein guter Grund für Antifaschisten diesen Tag mit einer Kundgebung in Ziegenhals zu ehren. Auch für uns, die Mitglieder der FDJ. Gleichzeitig eine gute Gelegenheit für eine Protestaktion gegen den Abriss der Gedenkstätte. Es war leider nur bis dahin eine gute Idee, deren Umsetzung an der ständig um die Gedenkstätte he-rumschleichenden Dorfpolizei scheiterte, zum anderen an der nicht ganz optima-len Planung einer Aktion. Kein Grund für uns unerschrockene Hausbesetzer zum Aufgeben. Denn die nächste Möglichkeit bot sich zum Jahrestag der Ermordung Thälmanns im August diesen Jahres.

Wie schon kurz nach dem Scheitern der Aktion im April in einer klaren Analyse herausgestellt, planten wir die Besetzung diesmal besser durch. Mit der gewöhnli-chen mir unverständlichen Nervosität des Genossen El G bereiteten wir uns in un-zähligen Gesprächen auf unsere Action vor. Alles bis ins kleinste Detail durchge-sprochen fuhren wir, Held1, Joe, El G und ich in Richtung Ziegenhals. Trotz der gu-ten Planung packten wir unsere Sachen eher in einer – wie konnte es auch an-ders sein – ungewöhnlichen Hektik. Nun denn, alles beisammen, den guten Held1 in den Kofferraum verfrachtet, begann für mich der vielleicht aufregendste Teil der Aktion, die Fahrt im Auto nach Zie-genhals mit dem Steuermann Joe. Wahr-scheinlich muß ich mich erst an seinen Fahrstil gewöhnen. Es war nachts oder anders gesagt früh morgens ca. halb vier, als wir Berlin verließen und wenig später an der Gedenkstätte eintrafen, wo wir von einem weiteren guten Genossen empfangen wurden. Er schilderte uns die Lage vor Ort als problemlos, so dass wir uns leisen Schritts mit Sack und Pack dem Gebäude näherten. Leider erwies sich der gewollte Aufstieg auf das Dach als ein Problem. Unsere mitgebrachte Malerleiter war zu kurz, um direkt nach oben zu gelangen. El G fand dennoch einen Weg nach oben. So verschwand schnell die erste sich anbahnende Ver-zweifl ung. Nach einer knappen Stunde und dem Versuch, in das Gebäude zu gelangen, machten wir uns auf unserem Nachtlager im nichteinsehbaren Teil des Daches breit. Wir waren aber nicht allein. Ein Grüppchen von Fledermäusen fl og

leiter begannen zu beratschlagen. Aller-dings rückten sie bald wieder ab und wir bestimmten weiterhin das Bild vorm Brandenburger Tor.

Der Höhepunkt des deutsch-nationalen Schauspiels am Tag der Demokratie war die Rede des Bundespräsidenten Köh-ler zum 8.Mai. Darin stellte dieser ganz offen die Nachkriegsordnung in Frage, diffamierte die rote Armee, beleidigte die DDR, kritisierte, dass diese versucht hatte das Potsdamer Abkommen umzusetzen und sagte am Schluss, dass er stolz sei, dass deutsche Soldaten wieder in aller Welt marschieren. Die Anwesenden am Tag der Demokratie hörten aufmerksam zu. Doch hier und da tauchten immer mehr Schilderreihen der Himmlischen Vier aus den Wäldern auf und marschier-ten durch die Zuschauerreihen und ver-steckten sich wieder in den Wäldern, um erneut zuzuschlagen. Plötzlich stürmten auch zwei Genossen auf die Hauptbühne und versuchten ein Transparent zu ent-rollen, auf dem zu Lesen war: “Verboten vom Berliner Senat für die Himmlischen Vier“. Der erste Genosse wurde schon auf dem Weg nach oben von den Staats-

ständig an uns vorbei, wohl aufgebracht über die nächtliche Ruhestörung durch das Geschnarche des Genossen El G. Durch die aufkommende Hitze bei Son-nenaufgang und die lärmende Vorberei-tung der Kundgebung wurden wir schon früh geweckt. Wie wir später heraus-fanden, schlich ein ganzer Trupp grüner Männchen mit Spürhunden zu diesem Zeitpunkt um das Gebäude. Es war also Vorsicht geboten. Die noch verbleibende Zeit bis zu unserem Auftritt nutzten wir, um unsere mitgebrachten Redebeiträge einzustudieren. Der Augenblick des Pro-testes rückte immer näher, als die Besu-cher vorn an der Straße die Internationale anstimmten. Genau als die letzten Stim-men verhallten, stürmten wir auf den vorderen Teil des Daches. Während El G durch das Megaphon die Besetzung laut-stark bekannt gab, machten wir anderen uns daran das Transparent auszubreiten: „Westdeutschen Liquidatoren den Weg versperren! Hände weg von Thälmann! FDJ Berlin“

Ein zweites Mal schallte es „Die Thäl-mann Gedenkstätte ist hiermit besetzt!“. Ein Strom von neugierigen Menschen drängte von der Straße zu uns nach hin-ten, während die ersten Schnittlauch-kameraden nervös hinaufschauten. Ehe die erste Gemüsekröte ihr „Wir fordern Sie auf ... blabla“ aufsagen konnte, er-griff ich das Megaphon und verlas meine Rede. In meinem Beitrag stellte ich klar unsere Position und unsere Forderung heraus. So wie es für Thälmann keine Al-ternativen im Kampf gegen Faschismus und Krieg gab, so wird es sie auch nicht für uns geben. Erst recht nicht im Kampf um den Erhalt der Gedenkstätte. Wei-terhin verwies ich auf die geschmack-lose Vorgehens-weise eines Herrn Gröger. Stürmischer Applaus unterbrach meinen Vortrag, so dass ich, völlig aus dem Konzept ge-bracht, vergaß die letzten drei, vier Sätze vorzulesen. Mit den Schlusspa-rolen endete meine

Rede und ich übergab an Joe, der eben-falls unter tosendem Applaus seine Rede über die Errungenschaften der DDR vor-trug. Die Anspannung nahm zu, denn lange konnte es nicht mehr dauern bis die Dorfsherriffs oben sein würden. So kam es dazu, dass El G seinen Beitrag sehr verkürzt vorlas. Dennoch, dieser Ab-schnitt war wichtig, da er doch die Beam-ten direkt ansprach. „Sie werden wieder, wie damals die Faschisten, die falschen schützen und Menschen ihrer Meinungs-freiheit berauben.“Mit mehreren Beamten beendete die Polizei unsere immerhin zehn Stunden (inklusive der Übernachtung) andauern-de Besetzung. Mit wehenden Fahnen, die man uns nicht abgenommen hatte, geleitete man uns vom Dach. Nachdem auch die Rote Fahne vom Schornstein he-runtergeholt war und unsere Personalien aufgenommen wurden, bekamen wir noch ein ermahnendes DU, DU auf den Weg und wir durften mit all unseren Sa-chen gehen. Einigen Blödpolizisten war deutlich anzusehen, dass wir ihnen den schönen Sonntagnachmittag vermiest hatten. Sie hätten uns am liebsten dort runtergeknüppelt.

Alles in allem war es eine gelungene Protestaktion und wir werden auch in Zukunft für den Erhalt der Thälmann-Ge-denkstätte kämpfen.

FÜR UNSEREN TEDDY: ZU JEDER ZEIT

UND UNGEBROCHEN!!! ROTFRONT!!!

rick

Kampf um Thälmannbütteln zu Boden geworfen. Der zwei-te Genosse erreichte die Bühne, wurde dort aber brutalst niedergeschlagen und musste bis zum Abend im Krankenhaus bleiben.

Doch wir ließen der deutschen Volksge-meinschaft keine Ruhe. Einige Minuten später stürmten weitere Genossen das Dach eines Festzeltes und entrollten ihr Transparent, auf dem zu lesen war: “Bedingungslose Kapitulation der BRD – Jetzt! Potsdamer Abkommen umset-zen!“

Als Letztes sollen noch die Erlebnisse am sowjetischen Ehrenmal Erwähnung fi n-den.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an den „Himmlischen Vier“ aus verschiede-nen Widerstandsgruppen und den Ar-meen der Anti-Hitler-Koalition wurden von den Behörden abwertend behan-delt. In Potsdam wollte man nicht einmal einen Raum zur Begrüßung der Befreier zur Verfügung stellen. Der Oberbürger-meister sagte wortwörtlich auf einer Stadtratssitzung zur Frage der Veteranen-delegationen: “Solche Leute sind bei uns nicht willkommen.“ Und selbst am Eh-renmal riss die Polizei den Veteranende-legationen Flugblätter der „Himmlischen Vier“ noch aus der Hand.

Für die „Himmlischen Vier“ war das sow-jetische Ehrenmal verboten worden. Man zerrte die aberwitzigsten Erklärungen heran. Am Ende war sich der Berliner Se-nat nicht mal zu blöd das Gartenbauamt als Begründung vorzuschieben.

Wir waren am sowjetischen Ehrenmal trotzdem das ganze Wochenende prä-sent, auch am 8.Mai nachmittags mit einer Jugenddelegation. Unsere Jüngste trug eine rote Fahne voraus. Als wir das Ehrenmal betreten wollten, hielt uns ein Trupp Polizisten auf. Es wurde uns mit-geteilt, dass das Ehrenmal für unsere rote Fahne gesperrt sei. Die Fahnen der Befreier waren also selbst hier verboten. Dafür befanden sich am Ehrenmal meh-rere Personen mit Deutschlandfähnchen und bunten Fahnen der CDU, SPD und Grünen.

Die Herrschenden der BRD haben am 8.Mai ein weiteres Mal das Grundgesetz und das Potsdamer Abkommen mit Fü-ßen getreten.

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Es scheint sich also wieder auf den be-währten 4-Jahres-Rhythmus einzupen-deln. Nun also in Venezuela, womit nach Algier 2001 wohl keiner gerechnet hat-te. Zugegeben, die Entwicklungen sind dort bestenfalls auf den Weg gebracht und man wird noch einen langen Atem brauchen. Aber es geht sichtbar voran. Und weil die Medien in diesen deut-schen Landen – nicht zufällig – kaum über diese Prozesse berichten, war ein nicht unwichtiger Aspekt, sich von diesen Geschehnissen ein Bild zu machen. Und auch diese Möglichkeiten boten die Ge-nossen vor Ort. Bspw. mit dem Besuch der Barrios, wo wir die kostenlose Ver-sorgung mit Lebensmitteln erlebten und vor allen Dingen selbstverständlichen gelebten Internationalismus der cubani-schen Genossen, wo in dem besichtigten Bereich 2 Ärzte für 1500 Leute rund um die Uhr da sind. Nur 2 Beispiele, die aber erklärlich machen, daß die Venezuelaner all dies zwar mit dem Namen Chavez verbinden, ihn unbeschreiblich feiern, auf eine sehr emotionale Weise, gleich-zeitig merken, für wen die staatliche politik gerade gemacht wird im Lande. Die Bevölkerung klinkt sich aktiv in den

politischen Prozeß ein, mit dem Bewusst-sein, daß ihr erstmals in der Geschichte ihres Landes die Ergebnisse ihrer Tätigkeit zu Gute kommen. Gerade das wurde in den Gesprächen mit den Voluntarios (den Freiwilligen, die als Betreuer für uns 17.000 Delegados aus 144 Ländern 24 Stunden Tag und Nacht da waren) und der Bevölkerung immer wieder deutlich. Und das machte auch die besondere Qualität dieser Weltfestspiele aus, dieser Stolz auf das Erreichte, was immer noch besser werden soll. Wie gesagt, das Ken-nenlernen von Land und Leuten ist nur ein Aspekt der Weltfestspiele. Ein weite-rer nimmt insbesondere uns als deutsche Jugendorganisation in die Pfl icht, weil für diese 16. Weltfestspiele 3 inhaltliche Schwerpunkte vorabdefi niert wurden: der 60. Jahrestag der Befreiung vom Hitlerfaschismus, der 60. Geburtstag des WBDJ (der übrigens am 10. Novem-ber im Polit-Kalender steht) und der 60. Jahrestag des Atombombenabwurfs auf Hiroschima und Nagasaki. Mit einer 14-köpfi gen FDJ-Delegation (von denen so mancher fast nahtlos von den Aktivitäten zum Potsdamer Abkommen gleichsam in den Weltfestspielfl ieger „sprang“) versuchten wir dieser vielgestaltigen Ver-antwortung Rechnung zu tragen, wie auch den Ansprüchen des vielfältigen Programms. Es hat sich nämlich nichts an unserer Verpfl ichtung geändert, die Weltjugend über dieses Deutschland aufzuklären. Ganz im Gegenteil, diese unsere Verantwortung hat eher noch zugenommen, diese Warnung deutlicher denn je auszusprechen. So war unsere inhaltliche Schwerpunktsetzung auf die Himmlischen Vier ausgerichtet, weil sich gerade an dieser Aktion vielfältige As-pekte unseres derzeitigen Kampfes fest-machen lassen können. Auch was wir mit unserer Transpi-Losung „Deutsch Europa heißt Krieg. Kein deutscher Sitz im UN-Si-cherheitsrat“ sichtbar machten, spiegelte sich in unseren Redebeiträgen wider, die wir größtenteils erst vor Ort vorbereiten konnten (halt, weil erst dort das endgül-

tige Programm vorlag!). Wir hatten uns auf folgende Seminare/ Workshops/ Kon-ferenzen entsprechend vorbereitet:

– The criminal role of NATO in Balkans– Militarism and military alliances – new global agressive character of NATO, mili-tarization of European Union,“Plan Co-lombia“– Relations of E.U. and U.S.– The youth struggle on a democratic re-form of U.N.– Stop the war maschines

Bei alledem war der Chalde das belieb-teste Fotomotiv beim Einmarsch. Und keine Ahnung, wie oft wir die H4-Aus-stellung – der Blickfang am Büchertisch – hätten verkaufen können. Aber nicht nur dort, ebenso bei inoffi ziellen bila-teralen Gesprächen (bspw. mit cuba-nischen und tschechischen Genossen) oder ganz zwanglos im Bus oder in der Essenschlange kamen wir immer wieder ins Gespräch. Toll, wie gut bspw. die grie-chischen Genossen über die Linkspartei informiert sind. Und die cubanischen Genossen erneuerten ihre Einladung für eine Freundschaftsbrigade. Auch darüber wird im Weiteren noch zu reden sein. Und nicht nur in dieser Hinsicht wirken die Weltfestspiele für diese 7 Tage und Nächte ihrer Dauer. Die Wirkung ist auch darüber hinaus, insbesondere das Erleb-nis Venezuela: Weil wir davon erzählen können, daß eine gelebte Alternative zum Kapitalismus machbar ist. Und: Wir zeigen unsere Solidarität am besten, in-dem wir die Machenschaften ihrer Geg-ner, zu denen auch der deutsche Imperi-alismus mit seiner Einfl ussnahme gehört, enthüllen und letzteren hier im eigenen Land bekämpfen. Über all dies und noch viel mehr wird bei unserem Nachberei-tungstreffen zu reden sein. Wann und wo das sein wird, wird demnächst zu er-fahren sein.

Freundschaft!marina

16.Weltfespiele in Caracas:

„Für Frieden und Solidarität. Wir kämpfen gegen Imperialismus und Krieg.“

Deutsche Fahnenbastelei

200 deutsche Delegierte berieten sich über ihren Demoblock für die Auftakt-kundgebung. Soll eine Fahne der BRD vorweggetragen werden, wie das jedes andere Land macht? Ich hätte es albern gefunden, eine DDR-Fahne vorwegzutra-gen und der Welt vorzugaukeln, der bun-te Haufen ließe sich hinter diese Fahne scharren, wenn er doch zuhause oft da-gegen hetzt. Aber es ging noch lustiger zu, als sich die Gemüter an dieser Frage von nationaler Bedeutung erregten. Man konnte hören, daß das Aufkleben eines roten Sterns auf schwarz-rot-gold genau die richtige Flagge zeige (Ich mußte ganz unwillkürlich an eine Brechtzeile denken: „Weil man mit den Zeiten lebt, sind die Haken zugeklebt“). Auch eine großarti-ge nationale Idee war der Vorschlag, sich auf die revolutionäre Tradition von 1848 zu besinnen und daher nicht so mies ge-gen das schwarz-rot-gold eingenommen zu sein. Ich hatte immer gedacht, die Berufung auf eine Tradition der Folgenlo-sigkeit, wie sie eine komplett folgenlose Revolution nicht anders gebären kann, ergibt keinen Sinn, und also nur Sinn für die Reaktion. Aber für einen Menschen aus dem Rheinbund mag sich dies doch auch im Nachhinein anders darstellen. Und Besinnen soll man sich immer gern. Die bunte deutsche Delegation hatte wohl 200 Meinungen zu dieser Fahnen-sache, und da waren sehr BRD-affi rma-tive dabei. Schließlich waren 56 Leute dafür und nur 55 dagegen, sich normal zu verhalten und der vom Gastgeber zugewiesenen Landesfahne hinterher-zutrotten. Dies sei ganz normal, sagte mir später ein US-amerikanischer Kom-munist. Man habe in der US-Delegation ganz den nämlichen Streitgegenstand gehabt.

DDR-Offensive im Geschmack aller Nicht-Deutschen

Wir hatten in der FDJ viel diskutiert über die Bedeutung der DDR-Fahne auf ei-ner internationalen Veranstaltung vom Rang der Weltfestspiele. Wie die An-nexion vor unseren Augen abläuft, so sollten auch wir vor der Welt laufen mit

diesem Symbol, mit dem doch die pro-letarische und kolonialunterdrückte Welt nur Angenehmes assoziiert. Oder? Auf der Auftaktdemo vor der Militärakade-mie „Forte Tiuna“ in Caracas war schwer Durchkommen, wenn man die DDR-Fahne der FDJ-Delegation hielt. Wurde man etwa angepöbelt oder angespuckt wie auf deutschen Demos? Bevor eini-ge griesgrämige Schlechtinformierte aus Deutschland überhaupt bei der DDR-Fah-ne ankamen, um ihre Klagen über den Mangel an kapitalistischen Freiheiten in der DDR selbst in Venezuela auszuposau-nen, wurden sie weggedrängt von den Völkern der Welt. Von afrikanischen Anti-kolonialen, die sich der selbstlosen High-tech-Solidarität der DDR entsonnen. Von protugiesischen und griechischen Kom-munisten, die mit scharfem Analysewerk-zeug die vergangene Fortschrittlichkeit der DDR und die gebliebene Rückschritt-lichkeit der BRD für die europäische und weltweite Situation erkannten. Von uk-rainischen und russischen Antifaschisten und Komsomolzen, die ein Bruder- und Schwestervolk der DDR dem westdeut-schen Einheitsmob weitaus vorzogen. Ach, von aller Welt wurde man herzlich warm gegrüßt und umarmt, daß man gar keine Zeit mehr fand, sich über die nun noch griesgrämiger dreinschauen-den schlechtinformierten und unerzoge-nen Deutschen zu amüsieren. Wie groß-artig dieses Land war, merkt man wohl manchmal erst, wenn man zeitlich und räumlich davon getrennt. In Deutschland wird man entsetzlich verzogen, beson-ders im Betreff der DDR. Ach, wir müssen noch viel lernen.

Joe

Episödchen zu den Weltfestspielen

nicht den Massenmord an den euro-pä-ischen Jüdinnen und Juden. Nicht als demütige Besiegte sondern als Opfer geriert man sich heute, als Opfer einer kleinen Nazi-Clique, die auch allein die Shoah zu verant-worten hätte, oder als Opfer der Alliierten, die den Krieg nach Deutschland zurück trugen. Verant-wor-tungslos bleibend für das, was geschah, kann scheinbar reumütig die Schulda-nerkenntnis für die Verbrechen von we-nigen erfolgen. Und ein Denkmal ge-schaffen werden, das die vergangenen Täter und ihre Motive ausblendet, das den heutigen und zukünftigen Tätern nur zu gut in ihr Geschichtsbild paßt. Jenes Geschichtsbild, das notwendig ist, Deutschlands Interessen auf der ganzen Welt durchzusetzen, ohne allzu großen Verdacht zu erregen.

So kann – so lange sich in diesem Deutschland, so lange ihr nichts ändert, so lange der Bruch in den Kontinuitäten seit 1933 nicht vollzogen ist – jederzeit wieder geschehen, was vor 70 Jahren ge-schah. Die Shoah war bis jetzt einmalig, das heißt nicht, daß sie sich nicht wieder-holen kann.

Stoppt den deutschen Antisemitismus!

Solidarität mit Jüdinnen und Juden – hier und überall!

Hände weg von Israel!

FDJ Berlin

Mahnwache gegen den deutschen Antisemitismus

am Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin

12.11.2005, 12-17 Uhr

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Sechzig Jahre, nachdem Europa von der deutschen Barbarei befreit und die Mordmaschinerie von Auschwitz, Majda-nek, Sobibór, Belzec, Chelmno, Treblinka endgültig von der Antihitlerkoalition ge-stoppt wurde, hat auch Berlin ein „Ho-locaust-Mahnmal“. Mit einem Staats-akt wurde es eröffnet; die politische Prominenz betonte einmal mehr ihren Willen zum Gedenken an die Millionen ermordeter Jüdinnen und Juden in Euro-pa. Die Debatte um den Schlußstrich ist scheinbar passé: Deutschland stellt sich seiner Verantwortung für die Verbrechen der Vergangenheit, so schallt es durch die Republik. Manchmal könnte man sich fast ein wenig blenden lassen, von so viel Geschichtsverständnis, von Aufar-beitung und Schuldanerken-nung – und ganz beruhigt mit dem Finger auf ande-re zeigen, die sich nicht so gut mit ihrer eigenen Vergangenheit auseinanderset-zen: Wir haben, Deutschland hat. Nicht trotz, sondern „wegen Auschwitz“ fühlt sich Deutschland berufen, den Weltver-besserer zu spielen und so die längst fäl-lige „Verantwortung“ als Gegenpart zu den USA zu übernehmen. Deutschland ist wieder angekommen in der Normali-tät, die im Mai 1945 von den Befreiern zwangsweise unterbrochen worden war. Wieder hat niemand hier Deutschland daran gehindert.

Von „Verantwortung“ ist also heute viel die Rede – wie diese aussieht zeigt sich am „Denkmal für die ermordeten Juden Europas“. Ein Rummelplatz ist es; eine praktische Abkürzung des Bürgersteigs. Achtlos laufen die Menschen durch das Stelenfeld, am liebsten zwischen den

Boutique-Besuchen, sie sonnen sich auf den Steinen, zeigen, was sie als „Stelen-hüpfer“ drauf haben. Andere schmieren längst wieder Nazi-Motive an die Mau-ern, nur vier „kleine Hakenkreuze“ sollen es jüngst gewesen sein, kein Grund zur Aufregung; ganz im Gegenteil: „Das ist ein sehr gutes Ergebnis,“ teilte ein Spre-cher der Stiftung mit. Das Mahnmal, ein Erlebnispark für Sonnenanbeter, Shop-per, Sportler und Nazis – so will es wohl die erdrückende Mehrheit hier haben, „ihr“ Holocaust-Mahnmal.

Schon die ganze Diskussion um den Bau des Stelenfelds bewies, von wem und für wen es gebaut wurde. Es reichte nicht, „den Juden“ die Gedenkwürdigkeit abzuspre-chen, zu erörtern, ob ihnen ein so zentraler Platz in der deutschen Hauptstadt überhaupt zustünde oder gar in Erwägung zu ziehen, das von den Revanchisten geplante „Zentrum gegen Vertreibungen“ direkt neben das Mahn-mal zu setzen, damit alles wieder ins geschichtsklitternde Lot kommt. Nein. Wenn schon ein Denkmal für die ermor-deten Juden Europas, dann muss in die-sem Lande schon eine der Firmen mit-wirken, die sich ganz besondere Schuld aufgela-den hat bei diesem einzigartigen Verbrechen: die Degussa. Zur Hälfte ge-hörte ihr die Degesch, die das Zyklon B für die Todeslager vertrieb. Die Degussa selbst bereicherte sich dann am Gold der mit ihrem Gas ermordeten Jüdinnen und Juden – und zahlte nie Entschädigungen, wurde nie zerschlagen, sondern bestück-te z.B. in jüngster Vergangen-heit den Irak mit Atomwaffentechno-logie. Diese Degussa erhielt den Auftrag, die Stelen

des Mahnmals mit einer graffi tiabwei-senden Chemikalie zu behandeln, und außerdem lieferte sie eine Komponente des Funda-ments. So weit hat sich diese BRD also von ihrer Vergangenheit befreit: Da kann ein Mahnmal mit Alibifunktion in die Reichshauptstadt gestellt werden, an dessen Bau die Mörder selbst mitmi-schen. Diese Perfi dität im Umgang mit den Opfern deutscher Verbrechen läßt wirklich nichts mehr zu wünschen übrig.

An all dem ließ sich längst ablesen, welchem Zweck das Mahnmal dienen sollte: dem großen Reinemachen mit der deutschen Geschichte, mit der na-tionalsozialisti-schen Barbarei, mit dem Massen-mord an den europäischen Jü-dinnen und Juden. Geschichtsrevision ist en vogue – wer heute „Opfer“ schreit, meint die Deutschen, die in Stalin-grad, der Normandie oder Dresden umkamen. Das ist wohl auch der Grund, warum so eine große Zahl für ein Denkmal für „alle Opfer der Nazis“ plädiert hat, ohne An-sehen, ob sie eben deutsche Täter waren, seien es Soldaten, Granatendreher, KZ-Aufseher, Vorarbeiter für Zwangsarbei-ter, Deportationszug-Angestellte, kleine Beamte für Arisierungsfragen, oder sonst jemand der unübersehbaren Mehrheit der Deutschen.

An alle Sonnenanbeter und „Stelenhüp-fer“, Hakenkreuzmaler und jene, denen das sowieso egal ist: Hier, auf dem Ge-lände des „Holocaust-Mahnmals“ habt ihr euch selbst ein Denkmal gesetzt. Ein Denk-mal für eure deutsche Normalität, für euren Antisemitismus. Hier erleben wir täglich, wie ihr auf dem Anden-ken der von Deutschen ermordeten Jüdinnen und Juden herumtrampelt – am liebsten wollen wir gar nicht wissen, was ihr über die lebenden Jüdinnen und Juden denkt, welchen Umgang ihr mit ihnen pfl egt, sei es in diesem Land oder woanders auf der Welt, sei es gar mit dem jüdischen Staat selbst, mit Israel. Und doch: Ihr habt es uns selbst verraten, mit eurer Gedenk“kultur“, mit eurer Ignoranz ge-genüber diesem Treiben. Ihr habt es uns verraten, auch in den Umfra-gen; denn da macht ihr das Maul weit auf.

Da steht es nun, das Mahnmal mit Jahr-marktcharakter, mitten im Herzen der Bestie, während allerorts Gedenkstät-ten wie Buchenwald, Sachsenhausen, Ravensbrück dem Verfall preisgegeben werden. Jahrmarkt und Verfall – dies sind die beiden Seiten derselben Medail-le, des deutschen Gedenkens. Schröder selbst sagte 1998, es solle ein Denkmal werden, „zu dem die Menschen gern hingehen“. Klar gehen die deutschen Besucher gern hin; sagt ihnen ja auch keiner was über ihre Täterahnen und dar-über, welche Verantwortung sie selbst eigentlich heute hätten. Nein, es ist nicht „unser“ Mahnmal, an-dere haben es hinge-stellt, um der Welt eine weiße Weste vorzugaukeln. Sie haben sich durchgesetzt gegen die of-fenen Antisemiten à la Walser, Augstein und Diepgen, die das „Schandmal“ um jeden Preis verhindern wollten. Nichts-destotrotz ist es da und es ist ein Ort der Erinnerung und des Gedenkens; es ist den jüdischen Opfern der deutschen Bar-barei gewidmet. Und deswegen bedarf es unserer Aufmerksamkeit und unseres Schutzes. Immer wieder sollte öffentlich gemacht werden, warum dieses Mahn-mal da steht und wie die Menschen in diesem Land damit umgehen. Immer wieder sollte der Welt vor Augen geführt werden, daß die vielbeschworene „deut-sche Verantwortung“ mit einer wirkli-chen Verantwortung für die ermordeten und überlebenden Jüdinnen und Juden rein gar nichts zu tun hat.So mögen sie viel reden, die verantwort-lichen Damen und Herren in Staat und Gesellschaft. Die Verantwortung, die sie so gern tragen wollen, hat nicht nur ein üblicher Verdächtiger, der ehemali-ge Generalinspekteur der Bundes-wehr, Kujat, propagiert, er wurde unterstützt von einem breiten Bündnis von CSU bis

PDS: Deutsche Soldaten als „Friedens-bewahrer“ in den Nahen Osten, also nach Israel. Sechzig Jahre nach der fast völligen Vernichtung der Jüdinnen und Juden und ihrer Kultur in Europa sollen deutsche Soldaten unter Waffen in Israel stehen. Hier zeigen sie – und alle, die sie unterstützen – ihr wahres Gesicht, egal wie viele Denkmäler sie noch bauen und wie viel sie von ihrer Schuld sprechen.

Es ist einmal geschehen, es kann wieder geschehen.

9. November 1938, Reichspogromnacht. Nach dem von Hershel Grynszpan auf den deutschen Diplomaten vom Rath in Paris in Verzweifl ung abgegebenen Schuß erreicht der antisemitische Ver-nich-tungswahn seinen ersten Höhe-punkt. Der deutsche Mob marodiert ungehindert und auf Geheiß der NSdAP organisiert durch die jüdischen Viertel in Städten und Dörfern. Gemeindehäuser und Synagogen brennen. Geschäfte und Wohnungen jüdischer Bürger werden geplündert und zerstört. Jüdinnen und Juden leiden unter brutalen körperlichen Angriffen; 30.000 von ihnen werden in dieser Nacht festgenommen und in Kon-zentra-tionslager verschleppt. Hunder-te von Jüdinnen und Juden verlieren im Laufe dieser Mordnacht oder durch die Folgen ihr Leben. 67 Jahre danach sind die Walsers, Mölle-manns, Hohmanns und Güntzels nur die öffentlich wahr-nehmbaren Speerspitzen einer weit ver-breiteten Stimmung, die sich durch die ganze Gesellschaft zieht. Und von der keiner weiß, wie schnell sie wieder in die nächste Pogromnacht umschlagen wird.

Bereut hat Deutschland Stalingrad, den D-Day und Dresden, die deutsche Nie-derlage – nicht Auschwitz, Majdanek, Sobibór, Belzec, Chelmno oder Treblinka,

Ergebnisse der Studie „Deutsche Zustände“ (2004):

68,3% der Befragten gaben an, dass sie sich darüber ärgern, dass man die Deutschen auch heute noch wegen der Verbrechen an den Juden beschul-digt.

62,2% sagten, dass sie es satt hätten, von den Verbrechen der Deutschen an den Juden zu hören.

Newsletter, Botschaft des Staates Israel,

02.12.2004

Abgesehen von der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Israel bestehen unsere Orte der Trauer und des Gedenkens seit über siebzig Jahren: Die ehemaligen Kon-zentrations- und Vernichtungslager, die Massengräber, Erschießungsstätten und Orte der Folter, die Rampen, an denen die Menschen in Viehwaggons abtrans-portiert wurden, bis hin zu den vielen Plätzen in Deutschland, wo Synagogen und Gemeindehäuser in Flammen aufgingen. Hier wurde unseren Familienmitgliedern, Verwandten, Freunden und ungezählten namenlosen Opfern unermeßliches Leid zugefügt. Hier wurden wir von unseren Nachbarn und Landsleuten gedemütigt, verraten und Millionen von uns aus grausamste Art ermordet. Nirgendwo sind wir den Verstorbenen näher und nirgendwo läßt sich unmittelbarer, umfassender Zu-gang zu den Greueltaten der Nationalsozialisten fi nden wie an den authentischen Orten.

(Paul Spiegel, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Rede zur Eröffnung des Denkmals für die ermordeten Juden Europas, 10.05.05)

„Hört nicht auf das, was sie sagen, achtet auf das, was sie tun.“

Vladimir Jankélévitch

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ir erklären:Jedes Land hat zwei Geschich-ten, zwei Traditionen. Die eine

Geschichte, auf hochglänzendem Seiden-papier, geschrieben und erzählt von den Herrschenden über ihre Hunderte Jahre alte Ordnung und ihren großen Reich-tum. Die eine Tradition, ein Stammbaum großer Geschlechter, umrahmt und be-gleitet von ihren Kriegen, Eroberungen und den zu Boden getretenen Feinden.

Die andere Geschichte aber, geschrie-ben und erzählt von denen, die für die Herrschenden unter Schweiß und Peit-sche das glänzende Papier herstellen. Berichtet von denen, die genau das von Tag zu Tag mehr satt haben und danach fragen, was an der Jahrhunderte alten Ordnung nicht stimmt. Getrieben eben von der Frage, wer den Reichtum schafft und wem er zu Gute kommt. Die andere Tradition ist eine bunte Sammlung von Männern und Frauen, Jungen und Alten, Klugen und weniger Klugen, die aufhö-ren wollen, Kriege für große Geschlech-ter zu führen, andere Länder zu erobern und dabei Feinde zu zertreten, die auch nur Männer und Frauen sind wie sie.

ier ist die eine Geschicht. Die Geschichte großer deutscher Unternehmen und Generäle,

die von 1914 bis 1918 die Völker Euro-pas überfi elen und unter dem Schlacht-ruf „fürs Vaterland“ Bombentrichter mit Gedärmen füllten und das dann ihren ersten Weltkrieg nannten. Es ist die Ge-schichte, die weiter von noch größer gewordenen deutschen Unternehmen erzählt und von noch mehr deutschen Generälen, die von 1939 bis 1945 einen Kontinent dem Erdboden gleich machten und die Juden Europas ausradierten, das nannten sie dann ihren zweiten Welt-krieg. Diese Geschichte berichtet weiter vom Bruch des Potsdamer Abkommens und der Wiederbewaffnung der wieder mächtig und groß gewordenen deut-schen Unternehmen mit der Gründung der Bundeswehr durch Nazi-Generäle. Diese Geschichte der Herrschenden ist auch die Geschichte der Bombardierung Jugoslawiens 1999, der Eroberung deut-scher Protektorate im Kosovo, in Maze-donien und Afghanistan. Friedensmissi-on nennen die Herrschenden das heute, und sie steuern sich und alle unbeirrt auf eine dritte „Friedensmission“ hin.

Hier ist die andere Geschichte, eine von mächtigen Demonstrationen der Arbeiter gegen das Elend des Krieges. Sie erzählt von Matrosen und Soldaten, die deser-tieren, meuterten und sich mit denen auf der anderen Seite der Schützengrä-ben des ersten Weltkrieges verbrüderten. Getrieben wird diese andere Geschichte von einer Revolution im November und der Gründung der KPD. Diese Geschich-te berichtet vom antifaschistischen Wi-derstand und Bergen von ermordeten Genossen, Widerstandskämpfern und anderen, die den Herrschenden im Weg standen.

och die andere Geschichte ist auch die Geschichte der Selbst-befreiung des Konzentrationsla-

gers Buchenwald. Ein Gebirge von Leichen verhungerter, vergaster, erschlagener und verbrannter Genossen, Freunde und anderer, die den Herrschenden im Weg standen, zeichnet die andere Geschichte. Zu ihr gehört auch die Enteignung der großen deutschen Unternehmen und die harte Bestrafung der deutschen Generä-le des zweiten Weltkrieges, wenigstens in einem Teil dieses Landes.

Hier listet die eine Tradition Namen auf wie Kaiser Wilhelm und Otto Bismarck, Deutsche Bank, Adolf Hitler und Joseph Mengele, Siemens, Krupp, IG Farben und Auschwitz, Diamler Benz und Buchen-wald, Adenauer und Globke, Kohl und Stoiber, BASF, Scharping und Fischer und Schröder, Volkswagen und Walser, Mölle-mann und die Jugoslawienkriegsverbre-cher der deutschen Regierung.

ie andere Tradition schreibt Na-men wie Karl Marx und Fried-rich Engels, Karl Liebknecht und

Rosa Luxenburg. Da erscheinen Namen wie Spartakusbund und Kommunistische Partei Deutschlands, Ernst Thälmann, Ber-tolt Brecht und Lion Feuchtwanger und Hans Eisler, Edelweißpiraten, Geschwis-ter Scholl, Herbert Baum, Ernst Busch, Hans Beimler, Konrad Wolf, die Freie Deutsche Jugend und die antifaschisti-

sche demokratische Umwälzung, Walter Ulbricht (der antifaschistische Tischler als Staatsmann) und die Sozialistische Ein-heitspartei Deutschlands, 5-Jahrespläne, NVA und VEB´s.

eide Geschichten und Traditionen sind unvereinbar miteinander, ste-hen sich unversöhnlich gegenü-

ber, sind einander Todfeind.Das Eine hat immer in Krieg und Faschis-mus geführt und wird es weiter tun.Das Andere hat sich immer dagegen ge-stemmt und wird es weiter tun.

Das Eine scheint von alleine zu funktionie-ren, weil es darauf gründet, den Mensch als Tier zu halten, dessen einzigster Tage-sinhalt ist, dem Tier gleich seine Nahrung zu sichern. Das eine macht keine Fehler. Erwerbslosigkeit und die immanente Gefahr von Weltkriegen und Faschismus sind keine Makel an ihm, sowas gehört zu ihm, so wie das Wasser immer nach unten fl ießt.Das Andere funktioniert mit aller Gewiss-heit nicht von alleine. Es braucht Millio-nen Hände und Ideen, Mut und Wissen, Bewusstsein und die Erkenntnis der eige-nen Lage. Weil es darauf gründet, so wie der Mensch zu sein, der mehr will als nur täglich zu überleben.

ier in diesem Land ist es ein Be-sonderes mit den beiden Ge-schichten und Traditionen. Denn

kein anderes Land außer dieses brachte so eine unvorstellbare Menge an Leid und Hass über die Welt. So viel davon, dass die Völker der Welt zusammenfan-den, um dieses Land zu besiegen. Das war am 8. Mai 1945. Doch die alte Zeit war nicht geschlagen. Im Westen über-winterte sie und trieb erneut ihre fau-ligen Triebe und bereitet bis heute und gerade heute den nächsten Krieg vor. Die geschlagenen deutschen Unterneh-men wurden hier wieder einfl ussreich und mächtig, den deutschen Generälen der beiden Weltkriege gab man hier wie-der eine Armee, die heute „deutsche Si-cherheit“ verteidigt bis zum Hindukusch.

Bevor dieses Deutschland der alten Zeit seinen verdienten Tod stirbt, schickt es sich an, neuerlich Millionen in den Tod zu reißen und die Massen ins Elend zu stürzen.

m Osten dieses Landes aber hatte man das Elend, das deutsche Un-ternehmen und Weltkriegsgeneräle

verursachten, ein für allemal satt. Am 7. Oktober 1949 gründeten die Bezwinger der alten Zeit die Deutsche Demokrati-sche Republik und setzten sich damit ein Denkmal, weil sie es wollten und muss-ten. Weil die Geschichte der Kriege, die Tradition des deutschen Faschismus und Militarismus endlich in die Schranken gewiesen werden sollte und musste. Die Gründung der Deutschen Demokrati-schen Republik war die Umsetzung der Beschlüsse des Potsdamer Abkommens in wenigstens einem Teil dieses Landes. Sie war die Umsetzung des Willens der Völker, die uns vom Faschismus befreiten. Sie war letztlich ein internationales Pro-jekt aller fortschrittlichen Kräfte. Im Os-ten verjagte sie die alte Zeit so gründlich, dass sie 40 Jahre brauchte, um zurückzu-kommen. Und mit der alten Zeit, die in den Westen fl oh, fl ohen die Großgrund-besitzer, die Naziverbrecher, die Geldge-

ber Hitlers und seine Junker. Und so ist es ein Besonderes mit den beiden Geschich-ten und Traditionen in diesem Land. So wie es die beiden gibt, so wie es Tag und Nacht gibt, so gibt es zwei Staaten, die unvereinbar sind miteinander.

Der eine hat immer in Krieg und Faschis-mus geführt und wird es weiter tun.Der andere hat sich, so lange er existier-te, dagegen gestemmt. Seine Erben wer-den es weiter tun!

Den Geburtstag der Deutschen Demo-kratischen Republik, der ersten deutschen demokratischen Republik, den feiern wir mitten ins verlogene Gesicht der Berliner Republik. Ein verdammt guter Grund zu feiern für uns, denn 40 Jahre Sieg über die alte Zeit waren 40 Jahre Ausblick ins Morgen!

uf dass die Sehnsucht nach dem Morgen immer da sein wird, so lange, bis es angebrochen ist.

Vielleicht wird das wieder an einem 7. Oktober sein. Denn der 7. Oktober heißt: Die alte Zeit verjagen!

Projekt „7 Oktober: heißt die alte Zeit verjagen“

A u f r u f z u m 7 . O k t o b e r 2 0 0 5

7.10., 18 Uhr Kundgebung zum 57. DDR-Gründungstag „7. Oktober heißt die alte Zeit verjagen!“

am Palast der Republik in Berlin.

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Hartz IV – ein Schlagwort, das vielen schon zum Halse heraushängt, aber gut genug für Faschisten eine Demo anzu-melden.

Es war mal wieder soweit, dass NPD und freie Kameradschaften zu einem Lügenmarsch aufriefen. Braunschweig, eine nette niedersächsische Stadt (wenn da nicht diese Fußballmannschaft wäre, Anm. des Verfassers) sollte trotz Wider-stand des Bürgermeisters der Ort sein, an dem die braune Horde ihre verlogene Ideologie in die Öffentlichkeit trug.

Ich als überzeugter Antifaschist folgte dem Aufruf des Bündnisses gegen Rechts und fuhr mit dem Zug am 18.06 nach Braunschweig. Schon am Bahnhof, wie konnte es auch anders sein, stand ein Empfangs-Komitee der Polizei bereit. Die-se grün gekleideten Ärsche hatten nichts besseres zu tun, als tatenlos die Ankunft der ersten Faschos zu beobachten.

Glücklicherweise waren mehrere Antifa-schisten in diesem Zug, so dass ich mich nach der ersten Schrecksekunde besser fühlte. Zusammen mit den anderen An-tifas folgte ich dem uns zugewiesenen Weg in Richtung Kundgebung. Am Ken-

nedy-Platz, dem eigentlichen Ort der Kundgebung, angekommen, bekamen wir die erste polizeiliche Willkür zu spü-ren.

Weil die Veranstaltung auf der Naziroute lag, mussten wir hundert Meter weiter, gut gesichert hinter einer Absperrung, unseren Protest äußern. Nachdem ich die Situation überschaut hatte, ging ich daran Unterschriften für den Erhalt der Thälmann-Gedenkstätte in Ziegenhals zu sammeln. Die Situation, die ich vor-fand, war etwas erschreckend. Neben Aufklebern der Grünen Jugend („Braun schweig! - Grün schreit!“) und Aufnä-hern der „ Ü35“ („Kein Platz für Nazis in unserer Stadt“) (keine Ahnung wer die sind, aber klasse Aufnäher) wurde nur ein einziges Flugblatt verteilt, das mir leider nicht in die Hände fi el. Ein großer LKW diente als Bühne für Musikbands und Redner. Wobei ich sagen muß, die Re-debeiträge waren inhaltlich gut, aber zu schwach, um als Kampfansage zu nützen. Alles in allem sehr mager, kam doch der Aufruf von einem breiten Bündnis unter anderem verschiedener Jugendorganisa-tionen und Gewerkschaften. Wie eben erwähnt nahm ich meine Unterschriften-liste und begann mit dem Sammeln.

Man glaubt gar nicht, was der revan-chistische Geschichtsunterricht in diesem Land für Schäden bei jungen Menschen anrichtet. Dass die Gedenkstätte in Zie-genhals bei den Braunschweigern nicht bekannt ist, war nicht unbedingt das Schlimme. Aber umso erschütternder die Einsicht, dass Ernst Thälmann, einer der bekanntesten Antifaschisten, kein Begriff ist. Lieber lehrt man die Schüler antikommunistische Hetze und berich-tet von „Verbrechen“ der Roten Armee. Ich stellte ihnen unseren Teddy und den Zusammenhang mit der Gedenkstätte in Ziegenhals vor, um etwas gegen die Unklarheiten zu tun. Meine Ausbeute waren zwei Seiten voll mit Unterschriften und, was mir an dieser Stelle noch wich-tiger war, viele interessante Gespräche und Bekanntschaften.

Nach drei Stunden brach ich meine Akti-on ab. Zum ersten Mal an diesem Tag zo-gen im sicheren Abstand zu uns die Erben des 3. Reiches an uns vorbei. Kurz darauf bekam ich zu hören, etwa 1000 Men-schen blockieren die Naziroute. Ich pack-te meine Sachen, an dieser Stelle gab es nichts mehr zu tun, um schnellstmöglich an der Blockade mitzuwirken. Wie nicht anders zu erwarten, wurde die mensch-liche Straßensperre von Polizeikräften gewaltsam entfernt, bevor ich dort ein-traf. In einer kleinen Gruppe suchten wir nach einer anderen Möglichkeit, die sich auch prompt auftat. Der Faschozug war in der Adenauerstraße zum Stehen gekommen. Nur wenige Meter von den Nazis entfernt brüllten wir zusammen mit Hunderten Antifaschisten den Idio-ten unseren Ekel und totale Abneigung entgegen. Nach minutenlanger Verzö-gerung setzten die Nazis ihren Marsch fort. Von dort aus – wir entschlossen uns den Faschos nicht hinterher zu laufen – nahmen wir eine Abkürzung durch die Einkaufszone. Pikanterweise verlief die Demostrecke einmal um die komplette Innenstadt, als wollte man den Faschis-ten zusätzlich Räume für ihre abstoßen-de Weltanschauung bieten.

An der Langen Straße erwartete uns nicht nur der antifaschistische Block mit über 1000 Menschen, sondern auch

ein massives Polizeiaufgebot. Den Ein-satzkräften, voll ausgerüstet, mit ihrem technischen Gerät, drei Wasserwerfern, Räumfahrzeugen und unzähligen Mann-schaftswagen, sah ich auf den ersten Blick an, worauf es denen ankam. Ihre Auf-gabe bestand darin, den Weg mit allen Mitteln freizuräumen. Die Lange Straße, komplett gesperrt wie das ganze Braun-schweiger Zentrum, war nun mit linken Gegendemonstranten auf der einen Sei-te und dem schwarz-grünen Mob auf der anderen bevölkert. An dieser Stelle wurde der Bruch internationalen Rechts durch die Polizei besonders deutlich. Hier in Braunschweig am 18.06.05 kam es dieser drecksdeutschen Polizei nicht darauf an, bestehendes Recht durchzu-setzen, indem man diese braune Scheiße von der Straße prügelt. Nein! Mit bra-chialer Gewalt wurde ein kleiner Haufen Nazis durch die Stadt gelotst. So setzte man erst die Wasserwerfer ein und gleich danach rannten die Knüppelhorden auf uns los. In sämtliche Richtungen ström-te die Menschenmenge auseinander. Ich entschloß mich zum Hagenmarkt zu ge-hen, da hier ebenfalls die Nazis vorbei-marschieren sollten. Als ich dort eintraf, sah ich schon einige hundert Gegende-monstranten, die die Absperrung bela-gerten. Kurz darauf stellte ich fest, hier wird ein Kessel gebildet, damit es nicht zu weiteren Hetzjagden kommen kann. Nun bewiesen die Beamten, was sie auf der Polizeischule gelernt hatten: das sinn-lose Einprügeln auf linke Demonstranten. In kleinen Stoßtrupps sprangen schwarze Gestalten, nachdem einige Bierfl aschen in Richtung Straße fl ogen, in die Men-schenmenge und schlugen mit Knüppeln gezielt auf einzelne Personen, die sie als Flaschenwerfer mutmaßten, ein. Ich sah aus nächster Nähe, wie auf einem am Boden liegenden Punk rumgedroschen wurde und fühlte mich in die zwanziger Jahre zurückversetzt, als Nazihorden auf wehrlose Menschen einprügelten. Meine grenzenlose Wut wich einer überwäl-tigen Ohnmacht. Eine Ohnmacht, die mich hilfl os dastehen ließ, da es mir, wie auch den Anwesenden, an Geschlossen-heit fehlte. Im Nachhinein behaupte ich, dass eine Gegenwehr möglich gewesen wäre. Immerhin kamen sie nur mit acht bis zehn Mann in unsere Reihen, so daß man mit etwas mehr Entschlossenheit wenigstens die Prügelorgien hätte ver-hindern können. Des Ganzen noch nicht genug, setzte die lächerliche Polizei einen oben drauf. Kurzerhand ließ sie über ei-

Naziaufmärsche stoppen

– Braunschweig 18. Juni 05

nen Lautsprecherwagen unsere Verhaf-tung (etwa 250 Leute) verlauten. Wir wurden aufgefordert unsere Personalien abzugeben, damit man aus dem Kessel herauskäme. Einige Zeit später, das heißt einige Stunden später, stellte die Polizei uns Dixi-Klos bereit, was von Anfang an ihre verdammte Pfl icht gewesen wäre. Von den versprochenen Getränken war weit und breit nichts zu sehen. Die Di-xis blieben unbenutzt (obwohl ein jeder Grund genug gehabt hätte sie randvoll zu kotzen), denn kurz nach deren Bereit-stellung war die polizeiliche Maßnahme aufgehoben. Man hatte wohl zu diesem Zeitpunkt den braunen Mob sicher zum Bahnhof gebracht. Wir durften also ge-hen.

In einer unglaublichen Farce hatte man die Nazidemo durchgesetzt und die Fa-schos hatten ihren Erfolg dank einer Polizei, die wider Recht und Ordnung handelt und dank eines Innenministers, der die geltenden Gesetze nicht anzuer-kennen vermag. Diese Polizei, nicht nur in Braunschweig, muß endlich anfangen ihre beschissene Pfl icht umzusetzen, wie zum Beispiel das Wegsperren dieser Nazi-banden. Abschließend bleibt nur eins:

Nie wieder Faschismus!

Nazis vor die Fresse hauen!

Rick

14 15

nlässlich des 60. Jahrestags der Befreiung von Auschwitz erklä-ren wir:

Die Gründung des Staates Israels 1948 war die direkte Folge des systematischen deutschen Massenmordes an Millionen von Juden. Es war die Konsequenz von Auschwitz. Mit der Gründung Israels schufen sich die Überlebenden der Shoa einen Zufl uchtsort vor Antisemitismus und Mord – um nie wieder wehrlos zu sein.

Die Sowjetunion drückte die Gründung Israels so aus:„Der Umstand, dass kein abendländi-sches Land in der Lage gewesen ist, die Grundrechte des jüdischen Volkes zu verteidigen und es gegen die von den faschistischen Henkern ausgelöste Ge-walttätigkeit zu beschützen, erklärt den Wunsch der Juden, einen eigenen Staat zu gründen. Es wäre ungerecht, diese Tatsache nicht zu berücksichtigen und dem jüdischen Volk das Recht zu verwei-gern, seine Wünsche zu verwirklichen, besonders in Anbetracht all dessen, was es während des 2. Weltkrieges erlei-den musste.“ (A. Gromyko, als Vertreter der UdSSR vor den Vereinten Nationen, 1948)

ach dem Zweiten Weltkrieg ist es den demokratischen Kräften in Westdeutschland (im Gegen-

satz zur sowjetischen Zone und späteren DDR) nicht gelungen die Einhaltung des Potsdamer Abkommens der Alliierten von 1945 durchzusetzen und die Grün-dung der BRD zu verhindern. Dies hätte die Restaurierung des deutschen Imperi-alismus unterbunden.

So wurde der deutsche Antisemitismus von der BRD nicht bekämpft, sondern im Gegenteil: Unter der Staatslosung „Freiheit und Demokratie“ sind Hitlers Nazi-Funktionäre und Judenmörder in leitenden Positionen eingesetzt worden, zum Aufbau ihrer Armee, Justiz, Polizei oder auch ihrer Geheimdienste. So blieb der Antisemitismus bis zur Gegenwart

im deutschen Volk latent verankert und fi ndet spätestens seit dem größer gewor-denen Deutschland offene Erscheinungs-formen. Nicht nur bei einzelnen Politi-kern, wie Möllemann oder Hohmann, sondern dies geht durch alle Schichten des Volkes bis tief in die deutsche Linke hinein. Übergriffe auf Juden und jüdi-sche Einrichtungen sind inzwischen All-tag in Deutschland. Jüdische Friedhöfe werden geschändet, Synagogen brennen wieder!

ie Berliner Regierung beschloss, 60 Jahre nach Auschwitz, Zu-zugsbegrenzungen jüdischer

Menschen aus Osteuropa und Russland. Sie mischt sich heute offen in die innere Angelegenheiten des Staates Israels ein, welches die Souveränität Israels unter-gräbt. Geschah dies früher auf verbaler Ebene, so werden heute im deutschen Außenministerium Planungen für eine Neustrukturierung der Region im Nahen Osten entworfen. Die Bundesrepublik gehört zu den größten Finanziers von

Unbequeme Kinder und Jugendliche zei-gen das Stück über die 72 großen Tage der Arbeiter und kleinen Leute von Paris 1871, an die sich Fabrikanten und Regie-rungen fast überall nur mit Unbehagen erinnern.

Eine ganze Reihe Zuschauer erinnert sich mit Freude an eine der vier Aufführungen des Brecht-Stücks „Die Tage der Commu-ne“ mit der Musik von Hanns Eisler. Nach der Premiere im Frankfurter Gewerk-schaftshaus am 12.03.2005 folgten zwei weitere gewerkschaftlich organisierte Aufführungen. Der IG Metall-Vertrau-enskörperleitung des DaimlerChrysler Werks Bremen ist die Betriebsaufführung am 29.04.2005 zu verdanken. Die Ham-burger IG Metall, allen voran der Ver-trauensleute-Ausschuss legten mit der Aufführung am 04.06.2005 nach. Dann war die Gruppe unter der Leitung des Roten Pfeffers Bremen noch mal in ihrem Heimatort zu sehen, am 24.06.2005 im Schulzentrum Neustadt, das das Projekt freundlich aufgenommen hat.

Die FDJ-Gruppe Bremen ist bei diesem Projekt natürlich dabei und arbeitet mit allen Kräften daran, dass ein bisschen „Commune“ in diesem Land Einzug hält.

Auch das Projekt unterstützt die Antikriegsaktion „Das Begräbnis oder DIE HIMMLISCHEN VIER“:

Zentralrat der Freien Deutschen Jugend

ResolutionOrganisationen, die die Vernichtung Is-raels und den Judenmord organisieren. Gleichzeitig scheut sie sich nicht davor in Erwägung zu ziehen, deutsche Soldaten in Israel zu stationieren.

eutschland hat kein Recht, sich in die inneren Angelegenheiten Israels einzumischen. Es ist die

Aufgabe und die Pfl icht der demokrati-schen Kräfte der Berliner Republik das Existenzrecht Israels kompromisslos zu verteidigen.

Die FDJ macht es sich zur Pfl icht, als antifaschistisch-demokratische Jugend-organisation in dieser Berliner Republik jederzeit gegen verbale und physische antisemitische Angriffe offen aufzutre-ten. Unser Kampf gegen den Antisemi-tismus muss zugleich auch den Kampf gegen den deutschen Imperialismus be-inhalten. Nur so sind wir solidarisch mit dem israelischen Volk.

18. September 2005

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VIVE LA

COMMUNE!

Süddeutschland-Tournee im Oktober 2005

- 16.10.2005 Augsburg, Barbarasaal

- 19.10.2005 Nürnberg, Villa Leon

- 21.10.2005 Regensburg, Kolpinghaus

- 22.10.2005 München, Gewerkschaftshaus

jeweils um 19:00 Uhr

Kinder- und Jugendprojekt DIE TAGE DER COMMUNE

Bertolt Brecht / Hanns Eisler

Schirmherrschaft: Hanne Hiob-Brecht

Leitung:Roter Pfeffer Bremen

An das Aktionsbüro„Das Begräbnis oder DIE HIMMLISCHEN VIER“

In Erwägung, dass in den Fabriken wieder für den Krieg produziert wird,in Erwägung, dass wieder eine große Masse der Elenden existiert, welche als Ka-nonenfutter herhalten kann,in Erwägung, dass dies Land unter Missachtung des Potsdamer Abkommens wie-der einen Generalstab und eine Armee hat,in Erwägung, dass es mit Hilfe dieser bereits wieder Angriffskriege geführt hat, unterstützen wir, das Brecht-Projekt DIE TAGE DER COMMUNE, die Antikriegsakti-on „Das Begräbnis oder DIE HIMMLISCHEN VIER“, die auf dem Gedicht LEGENDE VOM TOTEN SOLDATEN basiert. Dieses Gedicht, das Brecht zwanzigjährig schrieb, bekriegt den Krieg und jene, die ihn zu verlängern wünschten.In Erwägung, dass Bertolt Brecht aufgrund dieses Gedichtes von den Kriegstrei-bern 1933 ausgebürgert wurde, muss Brecht den Kriegstreibern wieder entgegen-gestellt werden.Wir unterstützen die Aktion und fordern somit, der Anmeldung für diese ungewöhnliche Brecht Inszenierung stattzugeben und den Naziaufmarsch am B. Mai zu verbieten.In Erwägung, dass wir nicht dulden können, dass dieser Staat es zulässt, dass wie-der faschistisches Gedankengut auf der Straße propagiert wird.

Ensemble Orchester Roter Pfeffer

13. März 2005

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Gedanken zum Treffen mit Genos-sen der westdeutschen „Kommunis-

tischen Arbeiterzeitung“, Thema

„Die nationale Frage“

Die westdeutschen linken Organisatio-nen haben bekanntlich gravierende Pro-bleme mit der nationalen Souveränität im Zeitalter des Imperialismus. Sie unter-schreiben gern die „klugen Gedanken“ von Marx und sind doch Spielball und gar Steigbügelhalter ihrer Bourgeoisie, wenn sie in den verschiedenen Etappen des systemübergreifenden oder innerim-perialistischen Kampfes der Bourgeoisie nicht die werktätigen Klasseninteressen artikulieren, sondern diverse Bourgeoisin-teressen. So übersehen sie schnell im Na-men eines nebulösen Internationalismus die Bedeutung der nationalen Frage in Deutschland und Polen. Der Zwang zur Expansion der deutschen Monopole hat-te auf der Agenda Sowjetland und zuvor-derst seinen „Vasallen“, die DDR, wo man nicht mal Germanisierungskurse organi-sieren mußte wie jetzt in Polen etc. „Die Linken“ haben damals schon materialisti-sche Kritik des Staatssozialismus mit ide-ologischen Angriffen auf die Staaten der Oktoberrevolution verwechselt. Es wird klar, wie sie sich wahrscheinlich heute bei direkter Konfrontation der Imperia-listen etwa um Polen oder den Irak oder Israel verhalten werden: „falsch“, kopfl os und bourgeois wie eh und je seit ihrer Köpfung durch das KPD-Verbot 1956. Wer hätte nicht mit wehender roter Fah-ne und marxistisch gestutztem Barte die „Revolution“ von 1990 gegen die DDR unterstützt? So hat jeder sein Scherfl ein zu 1989/90 beigetragen, nicht nur die „eingeschlafene“ SED. Der proletarische Internationalismus und selbst der ordi-näre bürgerliche Liberaldemokratismus hätte die Anerkennung der DDR und ihres Existenzrechts verlangt, doch dazu war „die Westlinke“ nicht fähig. Ganz BRD-Land stand stramm hinter dem ein-heitlich DDR-feindlichen Interesse der deutschen Bourgeoisie ... Ganz BRD-Land? Nein. Es bleibt das (wahrscheinlich größte) Verdienst solcher Organisationen wie der DKP und des Arbeiterbundes für den Wiederaufbau der KPD, die DDR wenigstens nicht bekämpft, dafür sogar anerkannt bzw. unterstützt zu haben, auch wenn sie sich dafür um jeden Kre-dit brachten und als „SED-bezahlte Sek-

tierer“ in den Ecken des westdeutschen Linksseibetriebes schmoren durften. Dank aus der DDR nachträglich, wenn schon sonst nichts.Und heute? Im Großen trotten wir wei-ter der Bourgeoisie hinterher, auch in der neuen Situation. Der Zwang der deut-schen Monopole zur Expansion führt seit 1990 nicht mehr nur zu Antikommu-nismus, der ein wichtiger Grundpfeiler der deutschen Ideologie bleibt und ein zuverlässiger Kompaß der Bourgeoisie durch das Kaiserreich und das Faschisten-reich und die imperialistische Klein-BRD war. Jetzt drängt sich wieder nach vor-ne der chauvinistische Antiimperialismus gegen die Konkurrenten der deutschen Bourgeoisie: gegen das „böse“ Amerika, gegen das produktive Japan, gegen alte und neue „Erbfeinde“, gegen Souveräni-tätsbestreben Polens, Tschechiens und, na klar, auch der DDR! Davon will die PDS nur noch nichts wissen, aber sie begreift damit nicht ihre Existenzgrundlage.

Das Arbeitstreffen der KAZ nun hatte Thesen zur Diskussionsgrundlage, die den Begriff „deutsches Volk“ unter ande-rem mit der ausführlichen Begründung ablehnten, dies unterstelle nationale Einheit der Arbeiterklasse und der Bour-geoisie. Ob dieser Einheit Wirklichkeit zu-komme, das müsse die politische Praxis beweisen. Zitat: „Wie könnte der nächste Schritt auf dem Weg zum Sturz des deut-schen Imperialismus aussehen? Entwe-der auf ‚gesamtdeutscher‘ Ebene bildet sich eine Volksfront zur Abwehr des Fa-schismus. Nur diese Möglichkeit würde uns berechtigen, wieder vom ‚deutschen Volk‘ im revolutionären Sinne zu reden, nur das wäre tatsächlich Kampf um die-sen Begriff - mit Worten kann man um so einen Begriff nicht kämpfen, der nach der Einverleibung der DDR bei den Völ-kern der Welt wieder Angst und Schre-cken auslöst. Oder die DDR trennt sich wieder ab, schwächt damit den deut-schen Imperialismus und rettet die von der DDR verteidigten nationalen Errun-genschaften des Antifaschismus und Frie-dens auf deutschem Boden. Beide Ziele sind zur Zeit schwer erreichbar. Welcher der realistische ist, wird sich nur durch vermehrten antifaschistischen Kampf und Stärkung der Arbeiterklasse feststel-len lassen können.“ Eine „gesamtdeut-sche“ Option wäre zu begrüßen, so „von der Oder bis zum Rhein“. Oder aber die DDR ist als eigenständige Nation bzw. Nation innerhalb einer Nation zu behan-

deln (wie dies z.B. lokale Initiativen zur Bildung einer marxistischen Avantgarde auf ostdeutschem Boden von westdeut-schen Genossen forderten). Organisiert in einem der politischen Subjekte der DDR, wie ich bin, muß ich auf die sozi-alen, ökonomischen, kulturellen und po-litisch-ideologischen Besonderheiten auf dem DDR-Territorium hinweisen: andere Klassenstruktur; keine eigene Bourgeoi-sie, da die ausschließlich im Westen sitzt; Wirtschaftssonder-“Zone“; stärkerer politischer Kampf, mehr Faschisten und Antifaschisten; Volkspartei wider Willen PDS; antimilitaristisches Massenbewußt-sein wie im Falle des Jugoslawienkrieges etc. Darum appelliere ich besonders an meine Ossi-Volksfreunde: Raffen wir uns auf und machen wir den westdeutschen Arbeitern vor, wie gegen den deutschen Imperialismus zu kämpfen geht, der uns beide unterdrückt. Wenn wir dabei ge-zielt an das vorhandene Bewußtseins-material aus DDR-Zeiten anknüpfen (das übrigens eine „konservative“ und oft bewußtlose Reproduktion durch die ex-trascharfen sozialen Widersprüche in der annektierten DDR erlebt und also durch-aus nicht so schnell abstirbt, wie sich das manche Bürger wünschen – man den-ke an Jugendliche mit DDR-T-Shirts, die nicht wissen, was sie tun), dann haben wir Aussicht auf Aktivierung der Mas-senorganisationen der DDR. Nationale Identität würde hier angesichts des reak-tionären Gemeinwesens BRD zum Fort-schrittspol. Der Antiimperialismus erhielte hier die spezifi sch antifaschistisch-demo-kratische Bewußtseinsform, die einen nichtreaktionären Verlauf des ostdeut-schen Volksaufstandes gegen den deut-schen Imperialismus garantieren würde. Sowohl der DDR-Geburtstag am 7. Ok-tober, gefeiert von der GBM und zum Kampftag gekürt von der FDJ, als auch der 7. März, der 60. Gründungstag der FDJ in der DDR, dürften Prüfsteine für die Aussichten eines solchen Kampfes sein. Man muß das probieren und darf nicht vorauseilend die Waffe DDR als unmit-telbare aus der Hand legen, nur weil die Bourgeoisie das seit 1949 vorschlägt. Im Kampf um die Restauration der DDR, ob bis zur Elbe oder bis zum Rhein, wissen die Ossis sich nicht allein. Denn in West-deutschland gibt es nicht nur Feinde der DDR, wie die erfreuliche, fruchtbare und aber fortzuführende Diskussion mit den KAZ-Genossen zeigte.

Ossi-Völkerfreund Joe

Heute ist ein Volksfest mitten auf dem Potsdamer Platz in Berlin. Klein ist es, ganz im Schatten der DB-Konzernzen-trale. Unbeeindruckt davon tanzt man im Kreis, lacht und singt hier. Mitten auf dem „Schlachtschiff“ der neuen „Reichs-hauptstadt“. Viele sind nicht gekom-men, denn Viele sind nicht mehr übrig. Aber ein hübsches Mädchen schenkt mir 3 Apfelsinen und schafft es fast, mir noch 2 in die vollen Hände zu schieben. „Die kommen aus meinem Zuhause, da scheint die Sonne heiß!“ Schon ist sie weiter mit ihrem Korb. Bald spricht ein Botschafter und trotz Allem fi ndet er doch noch heitere Worte. Die Leute ap-plaudieren. Es ist nicht mehr als eine bürgerliche Demokratie, die sie bejubeln. Ein paar, die jubeln, kenn ich, bestimmt Antifa. Manch einer grüßt sparsam mit einem Nicken. Ich jubele mit, die Zei-

ten sind mager, über meinem Zuhause scheint keine heiße Sonne und die, die trotzdem jubeln, kann ich nicht leiden. Wer weiß, ob die im Kreis Tanzenden das wissen. Einige sind nicht von hier, sind von weit angereist und wissen doch si-cher mehr über deutsche Geschichte als die Einheimischen.

Es ist ein seltsames Volksfest, das heute hier wild, unbekümmert stattfi ndet. Nicht nur, weil Bekannte von der Antifa da sind, die auf Volksfeste sonst eher maulig rea-gieren. (Ich kann’s verstehen und maule gerne mit.) Nein, weil Fest und Anlass je-dem antisemitischen Arschloch auf dem Planeten schlechte Laune bescheren. Das gefällt und ich lass mich noch reichlich mit gutem Kuchen beschenken, stehe an einem Stand und bewege mich zum Takt der Volksmusik, ein bisschen. Regelmä-ßig jedoch, mit scharfem Blick, suchen die Antifas die Umgebung ab. Auch ich ertappe mich dabei. Etwas Bedrücken-des ist mit dabei an diesem Tag. Denn die da tanzen und singen, sind weiterhin

in Gefahr, in Gefahr, jedoch nicht mehr wehrlos. Deshalb feiern sie so turbulent ihren Tag. Nie wieder Wehrlos, nie wieder so wehrlos wie damals, als Güterwagons der deutschen Bahn Millionen ihrer Müt-ter und Väter, Brüder und Schwestern, Großeltern und Freunde in die Vernich-tungslager brachten. Das weiß auch die Frau aus dem Bundestag, die ihre Worte von der Bühne zu uns runterheuchelt. Vielleicht glaubt sie tatsächlich an die to-tale Versöhnung. Der DB-Konzern jedoch schweigt und expandiert. Im Schatten seiner Zentrale geht das kleine Volksfest langsam zu Ende. Und weil jemand sei-nen Jahrestag hat, singen wir alle mehr schlecht als recht Happy Birthday!

Wir sind uns wie immer nicht einig und wissen doch, dass dieser Jahrestag be-gangen werden soll. So bunt, laut und stolz. Jedes Jahr. Dieser Tag im Mai geht wie die anderen, er hat uns eine Aufgabe gestellt. Es ist der 14. Mai 2005. Israel hat Geburtstag.

Ringo

Maydays

18 19

Zeit eine sichere Arbeit zu bekommen und nicht als Bettler aufs Amt laufen zu müssen. Weil Ihnen niemand gesagt hat, dass der alte Kriegsminister Struck und seine Generäle ernst zu nehmen sind, wenn sie offen davon sprechen, dass Deutschland jetzt nicht mehr nur am Hindukusch in Afghanistan „verteidigt“, sondern die Bundeswehr jetzt jederzeit weltweit eingesetzt werden wird. Wenn die Generäle davon sprechen, dass sich die Bevölkerung jetzt daran gewöhnen müsse, dass es bei einem Bundeswehr-einsatz auch tote Bundeswehrsoldaten geben kann, und nicht nur Opfer beim Gegner. Dass sie die Bevölkerung mit Hilfe der Medien an die kommenden To-ten gewöhnen wollen. Dass sie größere Kriege erwarten und vorbereiten, für die 6.000 Soldaten noch zehnmal nicht rei-chen werden.

Nein, diese Tatsachen sind bei weitem nicht alle, doch jede einzelne von Ihnen ist ausreichend dafür, dass es für uns kei-nen Grund gibt „50 Jahre Bundeswehr“ zu feiern. Wir können feiern, wenn es uns gelungen ist, dass die Jungen sich nicht mehr freiwillig melden. Wenn es uns ge-lungen ist, dass kein deutscher Soldat mehr im Ausland steht. Wenn uns gelun-gen ist, den Kriegstreibern und Kriegsge-winnlern das Handwerk zu legen. Wenn wir den Schaden wieder gutgemacht haben, den die Bundeswehr in anderen Ländern angerichtet hat und anrichtet, auch wenn wir wissen, dass die Toten da-durch nicht mehr lebendig werden.

Allein wird uns das nicht gelingen, aber wir können den Anfang machen. So wie die Häftlinge von Buchenwald nach Ihrer Befreiung geschworen haben:

Nie wieder Faschismus.

Nie wieder Krieg.

Wuide

Neues von den Roten Trillerpfeifen

Wer uns nicht kennt: wir sind die zentrale AgitProp-Truppe der FDJ, die mit der Waffe der Kultur kämpfenden Mitglieder und Sympathisanten der Organisation in München. Uns gibt’s inzwischen seit 13 Jahren in unterschiedlichen Besetzungen, und uns wird es noch lange geben, denn das Ensemble reicht vom 14jährigen Nachwuchs bis zum alten Hasen (33).

Die Waffe der Kultur ist eine vielseitige. Unser Repertoire umfasst revolutionäres Liedgut, Parodien, Sketche, Dichtkunst und noch viel mehr.

Um diese Waffe zu schärfen, wird regelmäßig gesungen, geschauspielert, und ge-schult. Um ihren Gebrauch zu erlernen, treten wir auf. Man sieht uns auf Veran-staltungen, Festen und auf der Straße - wo immer gewerkschaftlicher, antifaschis-tischer und fortschrittlicher politischer Kampf zu fi nden ist.

Zuletzt waren wir mit lateinamerikanischen Liedern auf der Straße, um Olis Teil-nahme an den Weltfestspielen der Jugend und Studenten in Caracas fi nanziell unterstützen zu können (aufgeschnappter Gesprächsfetzen eines Passanten, der die erklärende Tafel gelesen hatte: „Kennst Du diesen Oli?“).

Auch der Kampf gegen den Abbau demokratischer Rechte und gegen die Hartz-Gesetze, gegen den umfassendsten Abbau von Arbeiterrechten seit 1945, waren Themen unserer Arbeit.

Unser aktuelles Programm wurde entwickelt zur Unterstützung des Projekts „Das Begräbnis oder die Himmlischen Vier“. Auf Grundlage der Flugschrift ist das Pro-gramm zusammengestellt. Die Erklärungen der Stationen der Aufführung und der Gründe für die Aufführung wollen wir vertiefen, ergänzen, veranschaulichen. Zwi-schen die Texte wurden bekannte und neue Lieder gesetzt, inklusive dem neuen Kracher „Haus in Dresden“. Das Programm wurde im Rahmen von Veranstaltungen unter anderem des Unterstützerkreises München, des DGB und des AStA der GSU München aufgeführt.

Wer jetzt neugierig geworden ist, kann uns gerne für einen Auftritt anfragen, denn die geplante CD wird’s zwar bald geben, noch ist sie aber nicht eingespielt.

Kontakt: [email protected]

Soll die Tatsache, dass die Bundeswehr vor 50 Jahren von ehemaligen Generälen der faschistischen Wehrmacht gegrün-det wurde, ein Grund zum Feiern sein? Dieselben Generäle, die den Überfall auf fast alle Länder Europas durch die Wehr-macht geplant und durchgeführt hatten. Dieselben Generäle, die mit dem Überfall auf Polen am 1. September 1939 den 2. Weltkrieg auslösten. Dieselben Generäle, die durch die Besetzung Polens erst ein Konzentrationslager Auschwitz und dort die Vernichtung von Millionen Menschen ermöglichten. Die in weiten Teilen der So-wjetunion verbrannte Erde hinterließen. Die einen 2. Weltkrieg auslösten, der mehr als 55 Mio. Menschen das Leben kostete.

Soll die Tatsache, dass diese Bundeswehr heute immer noch stolz auf diese Tradi-tion ist, ein Grund zum Feiern sein? So pilgerten auch Pfi ngsten 2005, wie seit fast 50 Jahren, Soldaten der Bundeswehr und ehemalige Gebirgsjäger der Wehr-macht gemeinsam zum Ehrenmal der Gebirgsjäger am „Hohen Brendten“ in Mittenwald. Mit dabei auch diesmal un-gestraft und von ihren Gesinnungsgenos-sen gefeiert: Ehemalige Angehörige von Wehrmachtseinheiten, die für zahlreiche Massaker im 2. Weltkrieg verantwortlich sind, wie z.B. der Ermordung von 5.000 entwaffneten italienischen Soldaten auf der Insel Kephalonia. Was ist zu erwar-ten, wenn diese Traditionen wieder auf-leben?

Soll die Tatsache, dass mit der Bundes-wehr 1999 zum dritten Mal im letzten Jahrhundert eine deutsche Armee Jugos-lawien überfi el und Belgrad zerbombte ein Grund zum Feiern sein? Seitdem hält die Bundeswehr einen Teil des Kosovo in Jugoslawien besetzt. Seitdem gibt es im Kosovo im Gegensatz zu früher fast nur noch Albaner. Über Hunderttausend Menschen mussten nach der Besetzung den Kosovo verlassen. Welche Vertrei-bungen unter Aufsicht der Bundeswehr sind noch zu erwarten?

Soll die Tatsache, dass seit der Annexion der DDR 1990 über 125.000 Deutsche Soldaten im Ausland waren ein Grund zum Feiern sein? Offi ziell sind derzeit über 6.000 Soldaten der Bundeswehr weltweit im Einsatz. Offi ziell im Einsatz sind sie dabei zum Beispiel in Afghanis-tan oder Jugoslawien. In mehr als 30 weiteren Staaten sind sie dagegen „nur“ als Verbündete, Freunde oder Militär-berater tätig. Oder sie sind einfach da, ohne offi ziell da zu sein. Von den Solda-ten der Eliteeinheit KSK der Bundeswehr weiß nicht einmal die „Volksvertretung“, genannt Bundestag, wo sie sind, wo sie waren oder wo sie morgen sein werden. Und ist die Bundeswehr erst einmal in einem Land, dann bleibt sie dort, auch wenn der Vorwand für ihren Aufenthalt in diesem Land offi ziell weggefallen ist. So kam die Bundeswehr mit der Gründung eines deutsch-polnisch-dänischen Korps auch nach Polen. Polen und Dänemark

stiegen aus dem Korps aus. Die Bundes-wehr blieb in Polen. Was geschieht, wenn die Menschen im Kosovo oder Polen zum Schluss kommen, die Bundeswehr möge jetzt bitte wieder heimgehen, weil ihre „Hilfe“ nicht von Nöten ist? Wem oder was hilft eigentlich die Bundeswehr in Polen?

Soll die Tatsache, dass die Bundeswehr im Kosovo die letzten 5 Jahre nutzte, um Aufstandsbekämpfung zu üben ein Grund zum Feiern sein? Die SPD will die Bundeswehr im Innern einsetzen, aber ohne das Grundgesetz zu ändern. CDU/CSU wollen die Bundeswehr im Innern einsetzen, aber ganz offi ziell, ohne die jetzigen Einschränkung des Grundge-setzes, und wollen dieses deswegen än-dern. Es soll die Fußballweltmeisterschaft 2006 durch die Bundeswehr geschützt werden. Die Bundeswehr beginnt dafür jetzt die Aufstandsbekämpfung im Land zu üben. Bei der WM 1974 brauchte es keine Bundeswehr zum Schutz. Welcher Aufstand soll hierzulande bekämpft wer-den? Wieso sollte es uns besser gehen mit der Bundeswehr als den Menschen in den Ländern, wo wir den Einsatz der Bundeswehr nicht verhindert haben?

Soll die Tatsache, dass Regierung, Bun-deswehr und Rüstungsindustrie der BRD die Armeen und Rüstungsindustrien der anderen europäischen Länder unter ihre Führung zu bekommen versuchen, ein Grund zum Feiern sein? Dass die ande-ren Länder dazu verpfl ichtet werden sol-len nach deutschen Maßgaben zu rüsten und dafür, wenn nötig, auch den Le-bensstandard der eignen Bevölkerung zu senken. Dass die deutschen Imperialisten damit versuchen, mit den USA gleichzu-ziehen und ihr Konkurrenz zu machen. Für was und gegen wen wird hier gerüs-tet? Für was wird hier gespart?

Soll die Tatsache, dass die Bundeswehr in manchen Regionen z.B. von Mecklen-burg-Vorpommern mittlerweile der größ-te Arbeitgeber ist, ein Grund zum Feiern sein? Dass sich die Jungen nicht anders zu helfen wissen als mit freiwilliger Mel-dung, möglicherweise auch länger und fürs Ausland, um wenigstens für kurze

Es gibt keinen Grund 50 Jahre Bundeswehr zu feiern