Felsbilder Bayern 2009

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Felsbilder in Bayern. Dokumentation, Tourismus und Denkmalschutz Einleitung Felsbildern haftet die Aura des Ge- heimnisvollen an, vor allem weil es sich um unverständliche Zeichen und Symbole aus „uralter Zeit“ zu handeln scheint. Sie erwe- cken daher Interesse bei Heimatforschern, Touristen und Esoterikern, was sich leider allzu oft negativ auf die Darstellungen aus- wirkt. Um diese besser erkennen und foto- grafieren zu können, werden die Felsbilder mit Bürsten oder scharfen Gegenständen gereinigt, abgeschabt, nachgeritzt oder mit Farben nachgezogen. Diese Vorgehenswei- sen sind grober Unfug. Denn sie zerstören den Originalzustand unwiederbringlich und verhindern eine spätere professionelle Dokumentation. Deshalb ist das Berühren der Felsbilder unbedingt zu unterlassen! Die Verwitterungsrinde des Kalkge- steins ist das Medium der Felsbilder Die Oberfläche des Kalkgesteins aus Trias und Jura verwandelt sich unter Feuchtigkeitseinfluss in Verbindung mit Moosbewuchs in eine leicht bearbeitbare, bis zu mehreren Zentimetern dicke „Ver- witterungsrinde“. Diese Verwitterungsrin- den, in die die Felsbilder geritzt wurden und werden, begannen sich nach dem Zu- rückweichen des Eises der letzten Eiszeit zu bilden. Für deren Entstehung sind vor allem die Wurzeln und Säuren der kurzle- bigen Moose verantwortlich, die das har- te Gestein oberflächlich in eine poröse, körnige Feinstruktur umwandeln. Dabei entstehen feinste Kanäle, die sich nach dem Absterben der Moose wieder schlie- ßen. Solche Felsoberflächen findet man in schattigen Lagen, vor allem an überhän- genden Wänden, Abris und Höhlenein- gängen. Jede Verwitterungsrinde bzw. jede Bilderwand hat eigene Voraussetzungen, GRUBE, Martin: Botanische Beobachtungen an Felsritzbildstandorten. In: Mitt. d. ANISA 3 (992), S. 50-57. Franz Mandl http://www.anisa.at/Felsbilder%20Bayern%202009.htm Juli 2009 Felsbilder in Bayern Dokumentation, Tourismus und Denkmalschutz am Beispiel Ruhpolding, Jachenau, Unter- und Oberammergau Druden- oder Speckstein. Ruhpolding, Bayern. Zentraler Teil der Bildwand mit Jahreszahlen. Diese Felsbilder sind für eine relative Datierung gut ge- eignet. Die Verwitterungsrinde wurde allerdings in den letzten Jahrzehnten von den schützenden Moosen gesäubert. Foto F. Mandl 2009 Druden- oder Speckstein. Ruhpolding, Bayern. Langstielige und kurzstielige Kreuze mit Näpfchenverzierungen und Kerben sowie rechts im Bild eine abstrahierte Armbrust. Die Kerben der Ritzungen wurden an den Rändern geglättet. Foto F. Mandl 2009

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Felsbilder in Bayern. Dokumentation, Tourismus und Denkmalschutz

Einleitung

Felsbildern haftet die Aura des Ge-heimnisvollenan,vorallemweilessichumunverständlicheZeichenundSymboleaus„uralterZeit“zuhandelnscheint.Sieerwe-ckendaherInteressebeiHeimatforschern,TouristenundEsoterikern,wassichleiderallzuoftnegativaufdieDarstellungenaus-wirkt.Umdiesebessererkennenundfoto-grafierenzukönnen,werdendieFelsbildermit Bürsten oder scharfen Gegenständengereinigt,abgeschabt,nachgeritztodermitFarbennachgezogen.DieseVorgehenswei-sensindgroberUnfug.Dennsiezerstörenden Originalzustand unwiederbringlichundverhinderneinespätereprofessionelleDokumentation.Deshalb ist das Berühren der Felsbilder unbedingt zu unterlassen!

Die Verwitterungsrinde des Kalkge-steins ist das Medium der Felsbilder

Die Oberfläche des Kalkgesteins ausTrias und Jura verwandelt sich unterFeuchtigkeitseinfluss in Verbindung mitMoosbewuchs�ineineleichtbearbeitbare,bis zu mehreren Zentimetern dicke „Ver-witterungsrinde“.DieseVerwitterungsrin-den, in die die Felsbilder geritzt wurdenundwerden,begannensichnachdemZu-rückweichen des Eises der letzten Eiszeitzu bilden. Für deren Entstehung sind vorallemdieWurzelnundSäurenderkurzle-bigen Moose verantwortlich, die das har-te Gestein oberflächlich in eine poröse,körnige Feinstruktur umwandeln. Dabeientstehen feinste Kanäle, die sich nachdemAbsterbenderMoosewiederschlie-ßen.SolcheFelsoberflächenfindetmaninschattigen Lagen, vor allem an überhän-genden Wänden, Abris und Höhlenein-gängen.JedeVerwitterungsrindebzw.jedeBilderwand hat eigene Voraussetzungen,

� GRUBE, Martin: Botanische Beobachtungen anFelsritzbildstandorten.In:Mitt.d.ANISA�3(�992),S.50-57.

FranzMandl http://www.anisa.at/Felsbilder%20Bayern%202009.htmJuli2009

Felsbilder in BayernDokumentation, Tourismus und Denkmalschutz am Beispiel Ruhpolding,

Jachenau, Unter- und Oberammergau

Druden- oder Speckstein. Ruhpolding, Bayern. Zentraler Teil der Bildwand mit Jahreszahlen. Diese Felsbilder sind für eine relative Datierung gut ge-eignet. Die Verwitterungsrinde wurde allerdings in den letzten Jahrzehnten von den schützenden Moosen gesäubert. FotoF.Mandl2009

Druden- oder Speckstein. Ruhpolding, Bayern. Langstielige und kurzstielige Kreuze mit Näpfchenverzierungen und Kerben sowie rechts im Bild eine abstrahierte Armbrust. Die Kerben der Ritzungen wurden an den Rändern geglättet. FotoF.Mandl2009

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die für die Stärke der Verwitterungsrindeverantwortlich sind. Das Zusammenspielvon Aufbau und Schutz durch die Mooseeinerseits und Verwitterung durch äußereEinflüsseandererseits,bestimmtdieStärkeder Verwitterungsrinde. Das bedeutet inderRegel,dassdünnereVerwitterungsrin-denjüngersindalsdickere.Deshalbkönnendort, wo mächtigere Verwitterungsrindenvorhandensind,dieFelsbilderälterwerden.ÄndertsichdieFeuchtigkeitderVerwitte-rungsrinde,sokanndiesedurchAustrock-nungabblätternoderbeizustarkerNässeausgewaschenwerden.Dieswirktsichne-gativaufdieFelsbilderaus.

Unwissenheit der Laienforschung scha-det den Felsbildern

Die Literatur über die Felsbilder dernördlichen Kalkalpen wird überwiegendvonunwissenschaftlichenBeiträgendomi-niert.DieGründedafürsindweitgestreutund reichen von NS-Ideologie2, Esoterik,SensationsgierbishinzuschlichterNaivi-tät.SeriöseLiteratur,indermansichüberdie Felsbilder informieren könnte, in derüber ihre überwiegend volkskundlichenCharakter geschrieben wird, gibt es zwarinzwischenreichlich,dochwirdgeradevonLaienforschern selten ein systematischesund umfassendes Studium der Fachlitera-turbetrieben.

AmBeispielvoneinigenFelsbildorteninBayern3,die2009besichtigtwurden,sollgezeigt werden, dass mit Veröffentlichun-geninBoulevard-undTourismus-Medienmit mehr oder weniger genauen Fundort-bekanntgaben, Felsbilder trotz bester Ab-sicht ihrer Publizisten und Erforscher derGefahr allfälliger Zerstörung ausgesetztwerden. Beispiele sind Felsbildstationen,diebereitsvormehrals20JahrenderÖf-fentlichkeitvorgestelltwurden.

Die Felsbilder von Ruhpolding wur-denbereitsinden70erJahrendesvorigenJahrhunderts für die Felsbildforschungentdeckt.SiefandenzuerstEingangindie

2 http://www.anisa.at/felsbildmuseum%20 index.htm(Online:Juni2009)3 Ruhpolding, Jachenau und Unter- und Oberam-mergau

Druden- oder Speckstein. Ruhpolding, Bayern. Die Kerbenverwitterung des frühneuzeitlichen oder möglicherweise sogar spätmittelalterlichen Penta-gramms mit Näpfchenverzierung im Verhältnis zur 1974 eingeritzten In-schrift ist bemerkenswert. FotoF.Mandl2009

Kreuz mit Querbalken und Näpfchenverzierung. Die Kerbenränder und die Oberfläche wurden in den letzten Jahren geglättet. FotoF.Mandl2009

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Literatur von Franz Wollenik�, dem nochweitereArtikelvonmehrerenAutorenfolg-ten.BesondersbedauerlichsinddieReini-gungsversuche mit Bürsten und die Ab-riebeaufPapier,mitdenenDietrichEversvieleFelsbildererheblichzerstörte.5

In Jachenau erschien 2008 eine Orts-chronik, in der die Fundorte der Felsbild-stationenmiteinerKartegenauangegebenwurden.� Eine Beobachtung der bislangunzerstörten Felsbilder soll allfällige Zer-störungen dokumentieren. In der Jache-nauerChronikfindenwirdieBeschreibungder Felsbilder gleich zu Beginn des Kapi-tels über die Vorgeschichte. Damit wirdein hohes Alter suggeriert. Der Autor derChronik möchte die Näpfchen, mit Vor-behalt,denSchalensteinenderAlpenundGroßbritannienszuordnenundsie invor-christlicheZeitdatieren.ImRahmeneinervor kurzen durchgeführten FeldforschungwurdemitinteressiertenPersonenüberdievolkskundliche Bedeutung diskutiert. DieNäpfchenanordnungenrundumdieKreu-ze wären nach dieser Meinung christlicheSymbole,nämlich„Monstranzen“(kostbarvergoldeteundverzierteGehäuse,indenendie geweihte Hostie sichtbar aufbewahrtwerden).DieseInterpretationklingtplausi-bel.AnhandvonmiteinerhohenToleranzbehafteten Vergleichsdatierung mit einernur wenige Zentimeter entfernten Jahres-zahl aus dem frühen �8. Jahrhundert sinddieNäpfchenwahrscheinlichindieZeitdesBarockszustellen.

Unter- und Oberammergau

BesondersbedauerlichistdieBekannt-gabeeinerBesichtigungvonneuentdecktenFelsbildern in Unterammergau noch vorder Beendigung der Dokumentationsar-beiten in der regionalen Presse. Trotz derBitte,keinePresseeinzuladen,wareinRe-dakteureinerZeitungdabei.DerGrundderEinladungzudieserBesichtigungwarnichtwiewirgehofthatteneinezuplanendeum-fangreiche Dokumentationsarbeit und einAntrag auf Denkmalschutz dieser Felsbil-�WOLLENIK,Franz:Ritzeichenfundeindenbaye-rischenAlpen?In:Alpenvereins-Jahrbuch�978.Bd.�03,S.228-233.5EVERS,Dietrich:FelsbilderindenAlpen.Ausstel-lungskatalog�98�-�983;online imJuni2009:http://www.urgeschichte.de/felsbilder/Deutschland_�.htm).�GUDELIUS,Jost:DieJachenau.Jachenau2008,S.20f.

Druden- oder Speckstein. Ruhpolding, Bayern. Dieses Pentagramm mit Näpfchenverzierung ist sowohl in den Kerben als auch oberflächlich ge-glättet worden. Diese starke Zerstörung kann nicht nur durch das Abtasten mit den Fingern durch Betrachter zustande gekommen sein. Der Verdacht liegt nahe, dass Dietrich Evers mit seinen Papierabrieben, die er selbst als „Durchreibeverfahren“ bezeichnet hat, diese Glättungen zu verantworten hat. Die weiche, Verwitterungsrinde ist für „Abriebe“, die einen hohen Druck auf den Fels erfordern, nicht geeignet. Diese Felsbilder müssen als zerstört gewertet werden und sind heute für Datierungen nicht und für Interpreta-tionen nur eingeschränkt geeignet. Dietrich Evers fertigte dutzende „Abriebe“ von Felsbildern in Bayern und Österreich an. Dabei musste ihm aber seine zerstörende Tätigkeit bewusst geworden sein, da diese sichtbare Spuren hin-terlassen hat. FotoF.Mandl2009

Am Eingang. Jachenau, Bayern. Zentraler Teil der Bildwand 1 mit den näpfchenverzierten Kreuzdarstellungen. Am rechten Bildrand ist die Jah-reszahl „172 (?)“. zu sehen. Bei Regen rinnt Wasser aus Felsritzen, das in der Folge über diese Felsbilder sickert. FotoF.Mandl2009

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der,sonderndiePlanungeineranimiertenInternetpräsentation.FüreinesolcheUm-setzungwerdenanscheinendPresseberich-te mit sensationellen Entdeckungen fürdieLukrierungvonGeldernbenötigt.JedeVeröffentlichung in den MassenmedienziehtjedocheineKettevonnichtkalkulier-barenAktivitätennachsich.TrotzderBit-temitPresseberichtenzumindestbiszumAbschlussderDokumentationsarbeitenzuwarten,erschienendieerstenInterpretati-ons-undDatierungsansätzeineinemZei-tungsartikel.7 Allfällige Zerstörungen derFelsbilder werden für die Vermarktung inKaufgenommen.„InteraktiveInternet-Ani-mationen“mitFelsbildernbildenzwareineergänzende Möglichkeit der Präsentation,doch ist zuvor der Dokumentationsarbeitund einem etwaigen Denkmalschutzstel-lungsverfahrenVorrangzugebenundderFundort muss vor einem zu erwartendenFelsbildtourismus vor Zerstörungen vor-ausschauendabgesichertsein.

InderGemeindeOberammergausindseiteinigenJahrenimRahmeneinesKultur-pfades Felsbildstationen mitaufgenommenworden.FürdieTouristenisteinFolderer-schienen.Derbeworbene„Malensteinweg“führt zu drei Felsbildstationen. Anlässlicheiner Begehung wurden Beeinträchtigun-genderBildwändeinbegrenztemAusmaßfestgestellt.DassdieseFelsbildernurwenigzerstörtwordensind,istmitdenaufgestell-tenInformationstafelnzuerklären,dieaufden Schutz dieser Denkmäler hinweisen.Auch im Folder sollte auf die Schutzwür-digkeitderFelsbilderhingewiesenwerden.

Was geht der Wissenschaft verloren?

Der Felsbildtourismus zerstört, was er sucht, indem er es findet!

Glättungen, Nachritzungen, Einfär-bungen,Abzüge(egalmitwelchenGrund-stoffen), Abriebe und Reinigungen derVerwitterungsrinden zerstören das Origi-nal! Für eine Datierung werden aber aus-nahmslosunzerstörteKerbenbenötigt,fürdie Interpretation ebenfalls. Denn Nach-ritzungen können zu Abänderungen und

7DieBesichtigungerfolgteam�3.und��.Juni,derweitere Einwand gegen eine Öffentlichkeitsarbeiterfolgte am �8. Juni, der Zeitungsartikel erschientrotzdem am 2�. Juni im Garmisch-PartenkirchnerTagblatt.

Am Eingang. Jachenau, Bayern. Von Menschenhand noch unzerstörte Fels-bilder. Die Nässe ist in den bis zu 15 mm tiefen Näpfchen gut erkennbar. Sie löst sie langsam auf, verringert aber die Tiefe der Näpfchen und Kerben nur marginal, da sie an der Oberfläche und in der Tiefe der Näpfchen gleich-mäßig voranschreitet.

Bild unten: Kreuze mit Näpfchenverzierung, die der Volkskunst zuzuordnen sind. Die Datierung der verzierten Kreuze ist mit dem Vergleich mit der da-neben befindlichen Jahreszahl 172(?), die gleich starke Verwitterungsmerk-male aufweist, in die Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert zu stellen. Mög-licherweise führte an diesem Stein ein Wallfahrtsweg nach Benediktbeuren vorbei, vielleicht stand hier einstmals ein Wegkreuz, ein Marterl oder eine Kapelle? FotoF.Mandl2009

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Neuentdeckte Felsbilder in Unterammergau, Bayern. Wenn interessierte Wanderer Felsbilder entdecken und besichtigen, glauben sie häufig har-tes Gestein vor sich zu haben. Die meist dunklen Moose, die die Felsbilder überwachsen und abdecken, stören sie und werden daher, ohne viel darüber nachzudenken, mit Taschenmessern und Bürsten entfernt. Dabei geht un-ausbleiblich ein Teil der Verwitterungsrinde verloren und die oftmals ohne-dies bereits stark verwitterten Kerben der Felsbilder werden geglättet. Das kann bis zur gänzlichen Auslöschung der Felsbilder führen. Ebenso zerstören Spuren der Bürstenstriche in der Verwitterungsrinde die Felsbilder. Noch mehr verfälschen Nachritzen und Nachschneiden der Kerben die Felsbilder. Eine weiter Unsitte ist es die Felsbilder zu „betatschen“ oder die Kerben mit den Fingern nachzufahren. So manche Felsbilder an frequentierteren Orten sind bereits als zerstört einzustufen. FotoF.Mandl2009

Felsbilder in Unterammergau, Bayern. Kerben in verschiedensten Erhal-tungszuständen. Die Bilderwand vermittelt den Eindruck einer Schreibtafel, auf der alte Ritzungen bereits verwittert sind und neue Felsbilder darüber geritzt wurden. Punzierungen, Kerbenreste und noch erhaltene Felsbilder belegen eine Zeit, die die historische Geschichte der Gemeinde Unteram-mergau mit einer für uns meist unverständlichen Zeichen- und Symbol-sprache begleiten. Sie dokumentiert die schriftlose Kultur der bäuerlichen Bevölkerung und ist zugleich eine Chronik der menschlichen Anwesenheit in dieser Bergwelt. Zeichen und Symbole, die sich über viele Jahrhunderte und manchmal sogar bis in vorgeschichtlicher Zeit auf dem Fels gehalten haben, sind zweifelsfrei denkmalschutzwürdige Objekte. FotoF.Mandl2009

Verfälschungen führen. Zusammengefasstbedeutetdies,dassgereinigteFelsbilderfüreine objektive Dokumentation unbrauch-bar sind. Deshalb soll nochmals daraufhingewiesen werden, dass das BerührenderFelsbilderbzw.derVerwitterungsrindeunbedingt zu unterlassen ist. TouristischeVermarktungsolltenniemalsamFelsbildortdurchgeführt werden. Touristen betastenund betatschen gerne dieBilderundman-che Personen schrecken auch nicht davorzurück, ihre InitialenundanderesGekrit-zelüberalteFelsbilderzuritzen.AuchdieSteinevonCarnacundStonehengewurdenbereitsmitZäunenvordemTourismusge-sichert.DasFelsbildabrimitdenrätischenInschriften in Tirol musste mit einem Ei-sengitterabgesperrtwerden.8

Dokumentationsmetoden

DiederzeitempfehlenswertenMetho-den der Dokumentation von Felsbildernsind: Objekt- und Fundortbeschreibung,Einmessung und Vermessung des Fund-ortes und der Station, professionelle Fo-tografie,VermessungderKerbenund3D-Laserscanns. Hierbei handelt es sich umMethoden,beidenenderFelsnichtunmit-telbar berührt wird, wodurch eine Beein-trächtigungoderZerstörungderFelsbilderausgeschlossen sind. Silikonkautschukab-zügewerdennichtmehrangefertigt,daderSilikon chemische Substanzen absondert.BisweilenwurdemitdieserMethodeauchdieVerwitterungsrindemitdenFelsbildernentfernt. Auch Abriebe zerstören durchdendabeiausgeübtenDruckdieFelsbilder.WirstehenvorumfangreichenundteurenArbeiten,diemiteinemeinmaligenBesuchder Felsbildwände nicht abgeschlossenwerden können. Dies würde einen Schrittzurück in die Pionierzeit der Felsbildfor-schungbedeuten.

Dokumentationsarbeiten und Denkmal-schutz

Betrachtet man die bis in die �950erJahre zurückreichende Felsbildforschungin den Nördlichen Kalkalpen, so ist diese

8 http://www.anisa.at/Schneidjoch%202007.htm(Online:Juni2009)SYDOW,Wilhelm:DieHalbhöhleamSchneidjoch,Gem. Brandenberg, Tirol - ein Quellheiligtum? In:ArchaeologiaAustriaca,Bd.73(�989),S.�7-7�.

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überwiegendvonderLaienforschungaus-geübtworden.LediglichderVolkskundlerArthur Haberland hat sich �95� „Zu eini-gen volkskundlichen Felsritzungen in denösterreichischen Alpen“ richtungsweisendgeäußert.9 Dagegen hat das mit spekulati-ven Ergebnissen behaftete umfangreicheWerkdesVolkskundlersErnstBurgstaller�0auch in die Medien Einzug gehalten undseine Interpretationen und Datierungenverflochten mit der Ideologie des Natio-nalsozialismus�� zeigten auch Wirkung inder Laienforschung. Nicht nur Burgstal-ler selbst arbeitete mit unsachgemäßenDokumentationsmethoden, sondern auchdas wachsende Interesse von Medien undTourismushatgeradeinseinemWirkungs-raum große Zerstörungen der Felsbilderverursacht.�2EsisthiernichtderPlatz,allezerstörten Felsbildorte aufzuzählen. Wirsollten jedoch aus den Fehlern lernen. Soegoistisch es klingen mag, die Felsbildfor-schung darf sich nicht der SensationsgierderMedienöffnenundsiedarfsichnuran-erkannter fachlicher Methoden bedienen.DieFeldforschunghatdiskret,ohneöffent-liche Bekanntgabe der Zustiegsbeschrei-bungenundKoordinatenderFundortezuagieren.Ichschlagevor,dassnurHilfsper-sonalfürdieDokumentationsarbeitenmit-genommenwerdensollten.Dadiekomple-xenDokumentationsarbeitenohnediesnurFachleute durchführen können, sollte dieFelsbildforschung, so wie in der Archäo-logieüblich,einemDenkmalschutzunter-liegen,derdieLaienforschungüberwachenoder ausschließen darf. Denn die wieder-holte Neuerfindung der Felsbildforschungvon der Laien- und Heimatforschung be-ginntimmermitdenMusternderVergan-genheit, nämlich mit der Zerstörung derFelsbilder.

Präsentation und Besichtigung

Felsbilder sollten in Museen präsen-tiert werden. Nachbauten von Felsbildsta-

9HABERLANDT,Arthur:ZueinigenFelsritzungenindenösterreichischenAlpen.In:ArchaeologiaAus-triaca,Bd.�9/20(�95�),S.239-2�8.�0BURGSTALLER,Ernst:FelsbilderinÖsterreich.Linz�989.�� http://www.anisa.at/felsbildmuseum %20index.htm(online2,7.2009)�2ZerkratzteFelsbilder.In:FS30 Jahre Nationalpark Berchtesgaden.Online7.7.2009,pdf,Seite�9.http://www.nationalpark-berchtesgaden.bayern.de/publi-kationen/nationalparkzeitung/doc/npz_02_2008.pdf

tionensindrepräsentativeundkostengün-stigeSchauobjekte.GutesFotomaterialundMonitorpräsentationen mit Laserscannsergänzen diese Präsentation in professio-neller Weise. Internetpräsentationen au-ßerhalb wissenschaftlicher Auftritte sindmitEinführungstexten,dieaufdieSchutz-würdigkeitderFelsbilderhinweisenzuver-sehen. Derzeit steht eine Felsbildwand im„Alpinmuseum-Austriahütte“ in der Ram-sauamDachsteinundimHeimatmuseumGröbming (Steiermark) für eine Besichti-gungzurVerfügung.

Adresse:Franz Mandl, Raiffeisenstraße 92, A 80�[email protected]

Abgeschabte Moose und zerkratzte Verwitterungs-rinde von einer Felsbildwand im Berchtesgadener Land. Erhaltungszustand 1990. Die Felsbilder müs-sen als zerstört eingestuft werden, da sie die Da-tierungs- und Interpretationsarbeiten verfälschen. Foto:FranzMandl