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Festivaltag 1 Freitag, 14.08.2015 360° Viola Das Bratschenfestival mit Nils Mönkemeyer auf Schloss Ulrichshusen

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Festivaltag 1Freitag, 14.08.2015

360° ViolaDas Bratschenfestival mit Nils Mönkemeyer auf Schloss Ulrichshusen

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Die Attraktivität von Musik und klassischen Konzerten wird kün�ig auch davon abhängen, wie sie präsentiert, verknüp� und damit viel-fältig erlebbar gemacht wird. Wie dies in einem sich rasch wandelnden Um-feld gelingen kann, damit beschä�igt sich die in Hamburg und Berlin ansässige Körber-Stif-tung seit einiger Zeit. Ausgehend von dem Ge-danken, dass Musikvermittlung viele Aspekte umfasst, die in der Begegnung zwischen Kunst und Publikum eine Rolle spielen, veranstaltet unsere Sti�ung alle zwei Jahre gemeinsam mit der Hamburger Elbphilharmonie mit „The Art of Music Education“ ein inzwischen internatio-nal renommiertes Fachsymposium zur Rolle der Musikvermittlung. Gleichzeitig setzt die Sti�ung durch eigene Konzertformate und Diskussionen im KörberForum eigene Akzen-te auf dem Gebiet der Musikvermittlung. Mit der „Masterclass on Music Education“ bil-det sie zudem seit 2010 junge Führungsper-sönlichkeiten im Bereich Musikvermittlung aus und bietet den Teilnehmern die Chance, auch von internationalen Beispielen guter Ver-

mittlungspraxis zu lernen. Eigene Projekte der Stipendiaten wurden bereits mit internationa-len Preisen ausgezeichnet. Bei den Festspielen 2014 waren junge Musikkuratoren der Kör-ber-Sti�ung insbesondere bei „360° Streich-quartett“ und den „Pavillons der Jahrhunderte“ beteiligt. In 2015 wird diese Zusammenarbeit mit „360° Viola – Das Bratschenfestival mit Nils Mönkemeyer auf Ulrichshusen“ sowie den Pavillons „1808“ und „Zukun�“ sogar noch intensiviert.In der Partnerscha� mit den Festspielen Meck-lenburg-Vorpommern sehen wir die Chance, das Festival um eine zukun�sweisende Facet-te zu bereichern.

NEUE ZUGÄNGE ZUR MUSIKDie Kooperation der Festspiele Mecklenburg-Vorpommern mit der Körber-Sti­ung

360° Streichquartett „Das begehbare Streichquartett“ – Installation von Studierenden der Hochschule für Angewandte Wissenscha�en Hamburg in der Festspielscheune Ulrichshusen (Fotos: Geert Maciejewski)

Anja Paehlke

Mitglied des Vorstands der Körber-Sti�ung (F

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Liebes Festspielpublikum,

der warme, dunkle Ton ist das Erste, was den meisten Zuhörern zur Bratsche einfällt. Doch worin

liegt das Geheimnis ihres Klangs? Ist es die besondere Bauweise? Sind es die Saiten? Oder die Kompo-

nisten, die ihr die Melancholie auf den Leib geschrieben haben? Wir laden Sie herzlich ein, der „Faszinati-

on Viola“ auf den Grund zu gehen – gemeinsam mit Nils Mönkemeyer, dem die ZEIT schon 2009 einen

entscheidenden Anteil an der „verblü�enden solistischen Aufwertung“ der Viola zugeschrieben hat.

Beim dreitägigen Bratschenfest rund um das Schloss Ulrichshusen zeigt unser Preisträger die Viel-

seitigkeit seines Instruments – als Solist mit den Dresdner Kapellsolisten und als Kammermusiker mit

Gästen wie Andreas Ottensamer, William Youn und Carolin Widmann. Das Programm spannt den Bo-

gen vom ersten überlieferten Konzert, das – von Telemann – für Viola und Orchester geschrieben wur-

de, über von Mönkemeyer arrangierte Stücke des spanischen Barock bis zu einem druckfrischen Werk

für Viola und Klavier, das Philipp Maintz im Au�rag der Festspiele komponiert hat.

Rund um die Konzerte erö�net Ihnen ein facettenreiches Begleitprogramm, das in Zusammenarbeit

mit der Körber-Sti�ung entstanden ist, neue Perspektiven: Den „Weg vom Wald zum Klang“ macht die

begehbare Installation zur Entstehung der Viola erlebbar, Geigenbauer Peter Erben gewährt Einblicke in

seine Arbeit, und Nils Mönkemeyer unterrichtet seine Schüler in einer o�enen Meisterklasse.

In diesem Jahr feiern die Festspiele Mecklenburg-Vorpommern ihr 25-jähriges Bestehen. Stets mit

einem frischen Blick auf die Musik zu schauen, bleibt unser Ansporn. Beim Erö�nungskonzert der ersten

Festspielsaison 1990 stand übrigens das oben genannte Telemann-Konzert auf dem Programm, mit

dem damaligen DDR-Ministerpräsidenten Lothar de Maizière an der Bratsche. Die Festspiele waren

schon immer für Überraschungen gut. Bleiben Sie mit uns neugierig! Wir freuen uns, bei „360° Viola“ mit

Ihnen ein weiteres spannendes Kapitel aus „25 Jahren Festspielleidenscha�“ zu schreiben.

Ihr

Dr. Markus Fein Intendant

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Wiesel�ink wechselt sie die Seiten. Eben noch hatte sie im Einklang mit den Celli ei-nen erhabenen As-Dur-Gesang angestimmt – da muss sie schon hinüberhören zu den Geigen. Also: Rascher Schwenk nach rechts! Raus aus der Solisten-, rein in die Beglei-terrolle! Von den beiden mittleren Saiten hinab zur tiefsten! Man muss �exibel sein als Bratsche im Orchester, das steht fest. Schon die-ser kleine Ausschnitt aus dem Beginn des langsamen Satzes von Beethovens 5. Sinfo-nie beweist es. Sorgen die Kontrabässe in der Streichergruppe für das stabile Funda-ment, bilden die Celli die sonoren Kellerräume und prunken die Geigen als weithin sichtbarer Dachgiebel, so sind die Bratschen sozusagen die Stockwerke dazwischen und damit recht eigentlich für den Haushalt zuständig. Sie sind die Meister des „mul-titasking“: aufmerksam und empathisch, wandlungsfähig und hellhörig, sind sie die Vermittler zwischen unten und oben, die gute Seele des Hauses – oder, wie Anton Bruckner sagte, „die Seele des Orchesters.“ Das war nicht immer so. Zwar ist von Johann Sebastian Bach überliefert, dass er, wenn er im Orchester saß, „als der größte Kenner u. Beurteiler der Harmonie am liebsten die Bratsche spielte“. Und tatsächlich: Die vorklassischen Zeiten müssen ein wahres Eldorado für die Bratsche gewesen sein, als sie im polyphonen Streicher-satz ein gleichberechtigtes Glied war und o� allein darüber entschied, ob ein Akkord in Dur oder Moll erklang. In der Zeit Haydns und Mozarts aber, als die Mittelstimmen in den Schatten der Melodiestimmen gerieten, blieb der Bratsche nichts anderes übrig, als die Rolle des Begleitinstruments einzunehmen. Mit schwerwiegenden Folgen: Ihre Stimme war nun o� so schlicht komponiert, dass es – wie Hector Berlioz berichtet

– zur Regel wurde, „die Violaspieler aus dem Ausschusse der Violinspieler zu entneh-men: War ein Musiker unfähig, den Violinposten genügend zu bekleiden, so wurde er zur Viola versetzt. Daher kam es, dass die Bratschisten weder Violine noch Viola spie-len konnten.“ Ein paar Jahrzehnte im späten 18. Jahrhundert reichten also aus, um den Bratschern den Ruf der „Ostfriesen im Orchester“ zu verpassen – wirklich ein Witz! Erst der reife Beethoven und dann die Romantiker erkannten das wahre Wesen der Bratsche. Die warme, dunkle Klangfarbe ihrer tiefen Töne zog die Kompo-nisten magisch an. Berlioz, Schumann, Bruckner, Wagner oder Strauss brachten in ih-ren dichten und di�erenzierten Streichersätzen den Klang des Instruments in all sei-nen Facetten zum Vorschein, zum Leuchten und Glühen. Aus dem vormaligen Satz-Füllsel war die „Seele des Orchesters“ geworden.

RAFAEL RENNICKE

Witz�gur? Von wegen! Die Vermittlerin: Die Bratsche als Orchestermusikerin (Teil 1)

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Nils, wir alle kennen Dich als Solisten – Deine Vergangenheit als Orchesterbratscher ist hingegen weitestgehend unbekannt.Da kann ich aber gleich eine kleine Anekdote erzählen. Ich war 19 und machte bei einer CD-Produktion der NDR Radiophilharmonie Hannover mit. Auf dem Programm stand eine für die Bratschengruppe ziemlich schwierige Sinfonie von Dmitri Kabalewski, und als der Dirigent uns Bratschen alleine vorspielen ließ, drehte sich der Kollege vor mir um und sagte: „Nils, nicht mit Absicht hässlich spielen!“ Und das ist irgendwie bezeichnend für meine Orchesterkarriere.

Du hast Dich im Orchester eingeschränkt gefühlt?Ich hatte das Gefühl, dass das, was ich natürlicherweise machen würde, immer falsch ist. All die Qualitäten, die mir als Solist helfen – nämlich den Klang individuell zu for-men, sich Zeit zu nehmen beim Spielen, die Musik ganz persönlich zu gestalten –, das ist etwas, was dem Gruppenklang im Orchester widerspricht. Das hatte ich damals noch gar nicht recht verstanden. Ich hab‘ die Töne am Ende zu lange gehalten, mit viel zu viel Vibrato gespielt...

Du warst also immer schon lieber Individualist.Ich hatte im Orchester immer das Gefühl, dass die Verantwortung für die anderen in dem, was ich tue, sehr hoch ist – und das hat mich o� schon ziemlich gestresst. Aber jetzt einmal davon abgesehen: Die Bratschengruppe im Orchester hat einen Klang, der ist mit keiner anderen Instrumentengruppe vergleichbar! Und wenn dann auf einmal so ein Bratschengruppen-Solo kommt, dann geht mir noch jetzt das Herz auf. Außerdem hab‘ ich festgestellt, dass die Bratschen im Orchester meistens die netteste Gruppe sind.

Gibt es ein Solo-Konzert, bei dem Du als Solist besonders gern hinüberhörst zu den Bratschen im Orchester?Als Solist denke ich zwar schon eher im Gesamtklang und kommuniziere mit allem, was da passiert. Aber wenn Du mich direkt so fragst: Das William-Walton-Konzert auf jeden Fall – das fängt schon so schön mit der Bratschengruppe an, und es gibt darin immer wieder fesselnde Bratschengruppen-Soli.

Deine liebste Bratschen-Orchesterstelle?Mahlers Zehnte, der Anfang.

Die Essay- und Interview-Serie wird in den Programmhe�en der nächsten Tage fortgesetzt:Teil 2 (Samstag) – Das Chamäleon: Die Bratsche als SolistinTeil 3 (Sonntag) – Die Innige: Die Bratsche als Kammermusikerin

Essay und Interview

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360° ViolaDas Bratschenfestival mit Nils Mönkemeyer auf Schloss Ulrichshusen

Ein Projekt der Körber-Sti¤ ungKuratiert von Nils Mönkemeyer und Rafael Rennicke

Programmablauf Festivaltag 1Freitag, 14.08.2015

17:00 Uhr, Schloss Erö� nung: „Faszination Viola“

Ein musikalisches Gespräch über die Melancholie mit Nils Mönkemeyer Viola, Peter Erben Geigenbauer, William Youn Klavier, Rafael Rennicke Moderation

19:00 Uhr, Festspielscheune Orchesterkonzert

Dresdner KapellsolistenAndreas Ottensamer KlarinetteSabine Erdmann CembaloAndreas Arend TheorbeNils Mönkemeyer Viola, Sonderpreisträger 2013Helmut Branny Leitung

Georg Philipp Telemann (1681 – 1767)

Konzert für Viola und Orchester G-Dur TWV 51:G9LargoAllegroAndantePresto

Max Bruch (1838 – 1920)

Konzert für Klarinette und Viola e-Moll op. 88 (Fassung für Streichorchester)

Andante con motoAllegro moderatoAllegro molto

PAUSE

Joseph Haydn (1732 – 1809)

Sinfonie Nr. 45 « s-Moll Hob. I:45 („Abschiedssinfonie“)Allegro assaiAdagioMenuetto. AllegrettoPresto – Adagio

DAS TITELBLA¶ zeigt einen Aus-schnitt aus dem „Engelskonzert“ des Isenheimer Altars (1506 – 1515) von Matthias Grünewald. Der im Vordergrund musizierende Engel spielt eine Viola da gamba („Kniegeige“), der rotgewandete Engel im Hintergrund eine Viola da braccio („Armgeige“) – die Vorläuferin und Namensgeberin der heutigen Bratsche. Die dem „Engelskonzert“ zugrundeliegen-de Abbildung zeigt den Beginn des ersten Satzes von Georg Philipp Telemanns Konzert für Viola und Orchester (um 1720) – des ersten Viola-Solokonzerts überhaupt – in einer Abschri� von Johann Chris-toph Graupner (um 1740).

VOM WALD ZUM KLANG Festspielscheune

Begehbare Installation der Hochschule für

Angewandte Wissenscha� en Hamburg in

Zusammenarbeit mit der Körber-Sti� ung

Ö¹ nungszeiten: 17:00 – 19:00 Uhr

NDR Kultur sendet das Konzert im Schloss am 22.11.2015 um 11:00 Uhr in der Sendung „Das Sonntagskonzert“.

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Verträumt. Innig. O�enherzig. Lyrisch. Anmutig. So kann Viola-Musik klingen. Doch nicht nur so. Wer in den Kosmos der Musik eintaucht, die für dieses Instrument ge-schrieben wurde, der wird ebenso Verführerisches und Impulsives, Obszönes, Listiges und Amüsantes in ihm entdecken – und staunen über die verblü�ende Verwand-lungsfähigkeit, zu der Komponisten die Bratsche im Lauf der Jahrhunderte herausge-fordert haben.

Dabei ist der Klang der Bratsche bereits selbst ein Faszinosum. Vor allem die Roman-tiker waren es, die seine Bannkra� fühlten. „Der Ton der tiefen Saiten hat ein eigen-tümlich herbes Gepräge“, schrieb Hector Berlioz, „ihre hohen Töne glänzen durch ih-ren trüben leidenscha�lichen Ausdruck; im Allgemeinen ist ihr Klang von tiefer Melancholie und unterscheidet sich merklich von dem der anderen Streichinstrumen-te.“ Im dunklen, innigen, melancholisch abgeschatteten Klangcharakter des Instru-ments erkannten die Romantiker etwas ihrem eigenen Wesen Verwandtes – und schon allein die Titel, die sie ihren Bratschen-Musiken gaben, künden vom magischen Innerlichkeitszauber, den das Instrument umgab: „Märchenbilder“, „Nocturnes“, „Ro-manze“, „Elegie“, „Rêverie“...

Dieser Zauber hat im 20. Jahrhundert keineswegs nachgelassen. Johann Nepomuk Da-vid komponierte 1958 ein geheimnisvoll-schillerndes Poème für Viola und Streichor-chester und nannte es „Melancholia“; und noch György Ligeti behauptete im Vorwort seiner Sonate für Viola solo (1994) lakonisch: „Die Violine führt, die Viola bleibt im Schatten.“ Doch hatten sich schon da die Ausdruckswelten der Bratsche – fern von Melancholie und seelenlandscha�licher Innerlichkeit – zunehmend erweitert und ins schier Unermessliche gedehnt. Die Viola muss mittlerweile alles können, die Reise geht „Through Time and Space“ (für Viola solo von John Thrower, 2008): In Morton Feldmans „Rothko Chapel“ (1971) schwebt sie teils engelsgleich in lichten Höhen, während sie in Valery Voronovs „Violated Intimacy“ (2013) laut Anweisung des Kom-ponisten „wie ein kaputter Wasserkocher klingen muss“. Seien Sie also eingeladen, an diesem Wochenende voller Viola-Musik Ihre eigenen Faszinationen zu entdecken oder neu zu erleben: „Viola, Viola“ (für zwei Bratschen von George Benjamin, 1997)...!

RAFAEL RENNICKE

17:00 Uhr, Schloss: Erö¹nung „Faszination Viola“Ein musikalisches Gespräch über die Melancholie mit Nils Mönkemeyer Viola, Peter Erben Geigenbauer, William Youn Klavier und Rafael Rennicke Moderation

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Künstlerbiogra�en

William Youn Klavier

William Youn begann seine Ausbildung in Korea und wechselte mit 13 Jahren nach Ameri-ka ans New England Conservatory in Boston. Fünf Jahre später ging er an die Musikhoch-schule Hannover und studierte in der Pianistenklasse von Karl-Heinz Kämmerling, später bei Bernd Goetzke. Youn ist Stipendiat der Piano Academy Lake Como und Preisträger in-ternationaler Wettbewerbe, so u. a. des Cleveland International Piano Competition, Shang-

hai Piano Competition, Busoni Wettbewerb Bozen und Concours Reine Elisabeth Brüssel. 2011 wurde er in seiner Wahlheimat

München mit dem Bayerischen Kunstförderpreis geehrt. Seit 2012 engagiert er sich im Sti�ungsrat der Wil-

helm-Kemp�-Kultursti�ung. Seine CD-Einspielungen wur-den mit Preisen ausgezeichnet. Als Kammermusiker verbin-det ihn eine enge Zusammenarbeit u. a. mit Nils

Mönkemeyer, David Orlowsky, Veronika Eberle, Sunhae Im, Nicola Benedetti, Ye-Eun Choi und dem Kuss Quartett. Ver-

mehrt tritt er auch am Hammer�ügel auf.

Nils Mönkemeyer Viola, Sonderpreisträger 2013

Künstlerische Brillanz und innovative Programmgestaltung sind das Markenzeichen, mit dem sich der gebürtige Bremer Nils Mönke-meyer in kurzer Zeit als einer der international erfolgreichsten Bratschisten pro±liert und der Bratsche zu enormer Aufmerk-samkeit verholfen hat. In seinen Programmen spannt er den Bo-gen von Entdeckungen und Ersteinspielungen originärer Brat-schenliteratur des 18. Jahrhunderts bis hin zur Moderne und zu Eigenbearbeitungen. Zahlreiche preisgekrönte CD-Einspielungen liegen vor. Als Solist konzertiert er mit namha�en Orchestern und ist Gast auf internationalen Konzertpodien. Mönkemeyer erhielt zahl-reiche Preise, so u. a. 2006 in Moskau den 1. Preis beim Internationalen Yuri Bashmet-Wettbewerb sowie im selben Jahr den Preis des Deutschen Musikwettbewerbs. Nach zwei Jahren als Professor an der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber in Dres-den und einer Assistenzprofessur an der Escuela Superior de Musica Reina So±a Madrid wurde er 2011 als Professor an die Hochschule für Musik und Theater München berufen.

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Rafael Rennicke Moderation

Rafael Rennicke ist Musikwissenscha�ler und arbeitet als Musikpublizist, Dramaturg und Kurator für Zeitungen und Zeitschri�en (u. a. Frankfurter Allgemeine Zeitung, Neue Zeit-schri� für Musik), Festivals und Konzerthäuser. Neue Akzente setzt er als Programmhe�-Au-tor und Moderator von Konzerteinführungen und Künstlergesprächen u. a. für die musica

viva München, die Schwetzinger SWR Festspiele, das Festival „Young Euro Classic“ Berlin und das Gewandhaus zu Leipzig. Im vergangenen Jahr

kuratierte er für die Festspiele Mecklenburg-Vorpommern das Be-gleitprogramm von „360° Streichquartett“; diesmal ist er, gemein-sam mit Nils Mönkemeyer, Kurator des Festivals “360° Viola“. Mehrfacher Landes- und Bundespreisträger bei den Wettbewerben

„Jugend musiziert“ und „Deutsche Sprache und Literatur“, studierte Rennicke Musikwissenscha� und Allgemeine Rhetorik an der Uni-

versität Tübingen, wo er dieses Jahr seine Promotion abschließt. Ab der Spielzeit 2015/16 ist er Konzertdramaturg an der Oper Stuttgart.

Peter Erben Geigenbauer

Peter Erben, in Erlangen geboren, wurde in Mittenwald zum Gei-genbauer ausgebildet. Seine Gesellenzeit absolvierte er bei Hill & Sons in London sowie bei Günther Kramer, Hermann G. Wörz und Josef Kantuscher. Seine Meisterprüfung legte er 1979 ab. Seit 1981 ist er selbstständig. Er arbeitete als Gei-genbauer zunächst in Freising, dann siedelte er nach Mün-chen über, wo er bis heute eine Geigenbauwerkstatt leitet. Erben nahm an zahlreichen Wettbewerben teil und erhielt Auszeichnungen, so etwa in Mittenwald, Wiesbaden und Manchester. Er war Teilnehmer bei den Meisterkursen von Jür-gen von Stietencron in Riva und Ascona, später dessen Nachfolger als Leiter. Erben ist seit 2006 Jurymitglied des Internationalen Geigenbauwettbe-werbs in Cremona. Sein Sohn Martin, ebenfalls Geigenbauer, absolvierte seine Gesellenzeit unter anderem in Cremona und als Werkstattleiter bei Marcel Richters in Wien. Niels Mönkemeyer spielt eine Bratsche aus der Werkstatt von Peter Erben.

KÜNSTLERBIOGRAFIEN

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Von bebrillten Baronen und Mondlicht-GeigernEin Bratschen-ABC (Teil 1)

Augengläser: Der Humor des Bratsche spielenden Ludwig van Beethoven trug mitunter kuriose musikalische Früchte – eine von ihnen ist das „Duett mit zwei obligaten Augenglä-sern“ für Viola und Violoncello (WoO 32), das Beethoven vermutlich 1796 für sich und den Cello spielenden Baron Nikolaus Zmeskall komponiert hat. „Je vous suis bien obligé pour votre faiblesse des votre yeux“, heißt es in einem Brief des Komponisten an den be-brillten Baron. Selten wurde Kurzsichtigkeit in einem Werk schöner verewigt als hier.

Braccio: Die Grundlagen für unsere heutige Bratschen-Zuneigung wurden be-reits früh gelegt. So ist der deutsche Name „Bratsche“ aus der Verballhor-nung des italienischen „braccio“ (= Arm) entstanden, hergeleitet aus der

„Viola da braccio“, die im Unterschied zur zwischen die Knie geklemm-ten „Viola da gamba“ auf dem Arm gespielt wurde (→ Fidel). Man nimmt die Bratsche eben gern in den Arm (→ Quartett).

Chor: In Morton Feldmans „Rothko Chapel“ (1971), die inspi-riert ist von einem mit Gemälden Mark Rothkos ausgestatteten Meditationsraum in Houston/Texas, schwingt sich eine solisti-sche Bratsche – gemeinsam mit Schlagzeug und Celesta, einem gemischten Chor sowie Sopran- und Alt-Solisten – in entrückte Höhen auf und entführt in verborgene Tiefen: Eine Reise ins Uner-hörte.

Doppelbegabung: Signi«kantes Phänomen insbesondere in der Brat-schen-Szene, da die meisten Violaspieler auch Violinspieler sind oder waren (vgl. aber → Edelbratscher). Die Geiger, die auch Viola spielen, nannte der Brat-schist William Primrose nicht ganz schmeichelha� „moonlight violists“, Mond-licht-Geiger – da bei ihnen, wie Primrose meinte, die Besonderheiten der beiden Instru-mente verschwimmen würden. Berühmteste D.: David Oistrach, Sándor Végh und Yehudi Menuhin; gegenwärtig Pinachs Zukerman.

Edelbratscher: Duden-geadelter Begri�: „Ein Bratscher, der nicht zuvor Geiger gewesen ist.“ Darum auch Lichtjahre entfernt vom „moonlight violist“ (→ Doppelbegabung). Zu den bekanntesten E. gehören gegenwärtig Tabea Zimmermann und Gérard Caussé.

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Fidel: Die mittelalterliche Arm«del gilt als Vorläuferin der Bratsche (→ Braccio). In Paul Hindemiths „Der Schwanendreher. Konzert nach alten Volksliedern für Bratsche und klei-nes Orchester“ wird an diese Tradition auf ebenso kunst- wie liebevolle Weise erinnert.

Gesang: Dass die Bratsche singen kann – wer würde dies bestreiten wollen? Als „chantre de la vie intérieure“ wurde sie von den Franzosen im 19. Jahrhundert gerühmt. Ungezählt sind

die cantabile-Vortragsanweisungen in der Bratschen-Musik dieser Zeit. In seinen beiden Liedern op. 91 – „Gestillte Sehnsucht“ und „Geistliches Wiegenlied“ – gesellte Jo-

hannes Brahms der Alt-Stimme eine Bratschen-Stimme hinzu; und noch in Bernd Alois Zimmermanns Solo-Sonate „An den Gesang eines Engels“

(1955) und Sidney Corbetts „Nova angeletta“ (2002) für Sopran und Viola ist sie unüberhörbar: die Bratsche als „Sängerin des Innenlebens“.

Harold en Italie: Das vielleicht schönste, poetischste und apartes-te Konzert, das bislang für eine Solo-Bratsche geschrieben wurde. Hector Berlioz dachte bei der Komposition zunächst an Niccolò Paganini als Urau�ührungssolisten. Dem aber war der still-sinnie-rende, melancholisch-verträumte Solo-Part viel zu unvirtuos. Er

lehnte ab – und schrieb sich noch im selben Jahr, 1834, selbst ein Stück auf den Leib: die „Sonata per la Grand Viola“. Es war seine

Antwort auf Berlioz: „Ich muss immerfort zu spielen haben!“

Imaginäre Szene: Wie Teile des „Don Giovanni“ ist wohl auch das sog. „Kegelstatt-Trio“ KV 498 für Klarinette, Viola und Klavier an der Kegelbahn

entstanden. „Wenn die Reihe des Spiels ihn traf“, berichtet der Mozart-Biograf Nissen, „stand er auf; allein kaum war dies vorüber, so arbeitete er sogleich wieder

fort, ohne durch Sprechen und Lachen derer, die ihn umgaben, gestört zu werden.“ Im Trio des Menuetts behandelt Mozart, der bei der Urau�ührung 1786 selbst die Bratsche spiel-te, die Instrumente derart ungewöhnlich, individuell und charakteristisch, dass sie wie Fi-guren in einer imaginären Szene erscheinen.

RAFAEL RENNICKE

Abbildung: Mondlicht-Geiger, errötet – Marc Chagall, „Le Violoniste Bleue“ (1947)

Das Bratschen-ABC wird in den Programmhe�en der nächsten Tage fortgesetzt.

EIN BRATSCHEN-ABC (TEIL 1)

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v o m w a l d z u m k l a n g

Die Bratsche – eine Charakterisierung

Spätestens seit dem frühen 18. Jahrhun-

dert, als erstmals Solokonzerte für Brat-

sche geschrieben wurden, geht vom Klang

der Viola eine besondere Faszination aus.

Die Romantiker im 19. Jahrhundert rühmten

ihren warmen, seelenvollen Ton, in dessen

Melancholie sie etwas ihrem eigenen We-

sen Verwandtes erblickten. Und noch heu-

te, da die Bratsche längst zur Allrounderin

geworden ist und ebenso verträumt wie

impulsiv, obszön, listig und anmutig klin-

gen kann, fesselt an ihr immer wieder jenes

eine, einzigartige Moment des Menschli-

chen, das ihr wie keinem anderen Instru-

ment eigen ist.

Was aber sind die Ursachen für die-

sen unverwechselbaren, nuancenreichen

Klangcharakter der Bratsche? Im Rahmen

einer begehbaren Installation versuchen

Elisa Broß und Niklas Söder, Studieren-

de am Department Design der Hamburger

Hochschule für Angewandte Wissenschaf-

ten (HAW), diesen Fragen nachzugehen.

Seien Sie eingeladen, ihrer spannenden

Spurensuche in der Festspielscheune zu

folgen! Die Installation, eine Koproduktion

von HAW und Körber-Stiftung, ist heute

von 17:00-19:00 Uhr für Sie geöffnet.

Rafael Rennicke

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V O M W A L D Z U M K L A N G

Die Bratsche – eine Charakterisierung

Spätestens seit dem frühen 18. Jahrhun-

dert, als erstmals Solokonzerte für Brat-

sche geschrieben wurden, geht vom Klang

der Viola eine besondere Faszination aus.

Die Romantiker im 19. Jahrhundert rühmten

ihren warmen, seelenvollen Ton, in dessen

Melancholie sie etwas ihrem eigenen We-

sen Verwandtes erblickten. Und noch heu-

te, da die Bratsche längst zur Allrounderin

geworden ist und ebenso verträumt wie

impulsiv, obszön, listig und anmutig klin-

gen kann, fesselt an ihr immer wieder jenes

eine, einzigartige Moment des Menschli-

chen, das ihr wie keinem anderen Instru-

ment eigen ist.

Was aber sind die Ursachen für die-

sen unverwechselbaren, nuancenreichen

Klangcharakter der Bratsche? Im Rahmen

einer begehbaren Installation versuchen

Elisa Broß und Niklas Söder, Studieren-

de am Department Design der Hamburger

Hochschule für Angewandte Wissenschaf-

ten (HAW), diesen Fragen nachzugehen.

Seien Sie eingeladen, ihrer spannenden

Spurensuche in der Festspielscheune zu

folgen! Die Installation, eine Koproduktion

von HAW und Körber-Stiftung, ist heute

von 17:00-19:00 Uhr für Sie geöffnet.

Rafael Rennicke

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„Bloß keine mechanischen oder mittelmäßigen Köpfe an die Bratsche!“

Im Gespräch mit Christian Friedrich Daniel Schubart, Hector Berlioz

und György Ligeti

Meine Herren, es schien mir lustvoll, Sie drei hier zu vereinen, da Sie in Viola-Fachkreisen den Ruf als „Brat-schen-Versteher“ genießen.Schubart: Nun, es ist ja schon zu meiner Zeit dringend nötig gewesen, die Bratsche aus ihrem Schat-tendasein zu befreien – ich meine also auch in theoretischer Hinsicht.Sie spielen an auf Ihre Schri� „Ideen zu einer Ästhetik der Tonkunst“, die...Schubart: ... erst 1806, 15 Jahre nach meinem Tod, erschienen ist: richtig. Darin schrieb ich: „Die Brat-sche oder Viole. Eine Altgeige, die der Musik große Dienste leistet. In neuern Zeiten ist sie mit großer Wirkung auch zum Solospielen angewandt worden“ – denken Sie in diesem Zusammenhang nur an die wahre Flut an Viola-Konzerten ab der Mitte des 18. Jahrhunderts! Und ich schrieb weiter: „Doch hat dieses Instrument etwas so Trauriges, etwas so zur san�en Klage Gestimmtes, dass man es nicht in die Länge allein anhören kann.“Berlioz: Was Sie da sagen, werter Kollege, gefällt mir ausgezeichnet! Das ist’s, das Wesen der Bratsche! Ich hab‘s rund vier Jahrzehnte später fast in dieselben Worte gefasst: „Der Ton der tiefen Saiten hat ein eigentümlich herbes Gepräge, ihre hohen Töne glänzen durch ihren trüben leidenscha�lichen Aus-druck; im Allgemeinen ist ihr Klang von tiefer Melancholie und unterscheidet sich merklich von dem der anderen Streichinstrumente.“Ligeti: Nur scheint mir, Berlioz, dass Sie unser Instrument – im Gegensatz zu Schubart – durchaus auch „in die Länge allein anhören“ konnten. So hab’ ich’s immer bewundert, wie Sie in Gretchens Lied vom „König von Thule“ Ihrer „Damnation de Faust“ die Bratsche solistisch einsetzten: als zweite, in-nere Stimme der verträumt vor sich hinsingenden Protagonistin...Schubart: ... von Ihrem Violakonzert „Harold en Italie“ ganz zu schweigen!Berlioz: Wiewohl der Bratschenpart für Paganini, wie Sie wissen, wiederum viel zu wenig Länge hatte...

Zurück zum Wesen der Bratsche, meine Herren! Wie stellte sich die Lage denn Ihnen dar, Herr Ligeti – in einer Zeit, als die Bratsche längst zu einer Art „Allrounderin“ geworden war und o�enbar nicht mehr nur aufs Klagend-Melancholische festgelegt werden wollte?Ligeti: Nun, ich denke, man wird dem Klang eines Instruments immer anhören, was ihm wesenha� ist. Man kann als Komponist ja nicht ganz am Wesen eines Instruments vorbeischreiben. Darum war’s mir auch so wichtig, als ich seinerzeit, in den 1990er Jahren, meine Sonate für Viola solo schrieb, das so auch im Vorwort zu formulieren.Darin schrieben Sie: „Scheinbar ist die Viola nur eine größere Violine, einfach eine Quint tiefer gestimmt. Tatsäch-lich liegen aber Welten zwischen den beiden Instrumenten. Drei Saiten haben sie gemeinsam, die A-, D- und

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G-Saite. Durch die hohe E-Saite erhält der Klang der Violine eine Leuchtkra� und metallische Durchdringlich-keit, die der Viola fehlen. Die Violine führt, die Viola bleibt im Schatten...“Berlioz: ... wunderbar gesagt! Und erlauben Sie mir, das tre¸iche Zitat von Kollege Ligeti zu vervoll-ständigen: „Dafür besitzt die Viola durch die tiefe C-Saite eine eigenartige Herbheit...“Schubart: ... hat er von Ihnen abgeschrieben...Berlioz: „... kompakt, etwas heiser, mit dem Rauchgeschmack von Holz, Erde und Gerbsäure.“Schubart: Ja, wirklich tre¸ich, Kollege Ligeti!

Sie, Herr Schubart, waren einer der ersten Theoretiker überhaupt, die sich gegen den Usus zur Wehr setzten, die Bratschenstimmen im Orchester von mittelmäßigen oder gar ausrangierten Geigern spielen zu lassen.Schubart: Ja, und zwar aufgrund des Klangcharakters des Instruments! Ich schrieb: „Der Umriss der Viola ist der Natur des Instruments nach äußerst scharf, fast wie Glaston. Jeder neue Takt muss so ferm eingeschnitten werden, dass er wie ein Schermesser die ganze Sinfonie durchschneidet. Es ist mithin sehr gefehlt, wenn man bloß mechanische oder mittelmäßige Köpfe an die Bratsche setzt.“Berlioz: Wohl wahr! Denken Sie nur an die Poesie der Bratschen in Glucks „Iphigenie in Tauris“, wo der von Mattigkeit darniedergebeugte, von Gewissensbissen zer�eischte Orestes mit den Worten

„Die Ruhe kehret mir zurück“ einschlummert, während das dumpf bewegte Orchester Seufzer und Klagetöne vernehmen lässt, wobei das schreckenein�ößende, eigensinnige Gemurmel der Brat-schen unau¹örlich die Oberhand hat!Ligeti: Oder an die erhabenen Bratschenklänge im letzten Satz der 9. Sinfonie Beethovens bei der Textstelle „Ihr stürzt nieder, Millionen“...Und Sie, Herr Schubart?Schubart: Sie meinen: Mein Bratschen-Lieblingsstück? Nun, ich kann meine Bewunderung für Kol-lege Ligeti nicht verhehlen, der in seiner bereits erwähnten Bratschen-Sonate das naturha�e Mo-ment uns’res Instruments kongenial einzufangen vermochte: mit einer naturreinen Skala, die auf die äußere Natur ebenso verweist wie auf die Natur in uns drinnen, in der sie eine bebende Reso-nanz auslöst. Aber wenn ich’s Ihnen ehrlich sagen soll, so ist doch mein wahres Lieblingsstück – auch in Bratschen-Hinsicht – Franz Schuberts Klavierquintett in A-Dur.Sie meinen das sogenannte „Forellenquintett“, in dessen letztem Satz Schubert auf sein Lied „Die Forelle“ zurückgrei�, dessen Textdichter Sie sind?Schubart: Sie haben’s erraten. Und was glauben Sie wohl: Welche Stelle lässt mein Herz besonders hoch schlagen?Berlioz: Nun, ein Leichtes ist’s, auch dies zu erraten!Ligeti: Sie meinen das Bratschen-Solo in der zweiten Variation des letzten Satzes?Schubart: (nickt)

Das Gespräch führte Rafael Rennicke.

IM GESPRÄCH

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19:00 Uhr, FestspielscheuneOrchesterkonzert

Telemann Konzert für Viola und Orchester G-Dur TWV 51:G9Bruch Konzert für Klarinette, Viola und Orchester e-Moll op. 88 (Fassung für Streichorchester)Haydn Sinfonie Nr. 45 «s-Moll Hob. I:45 („Abschiedssinfonie“)Die ausführlichen Angaben zu den Werken und Interpreten entnehmen Sie bitte dem Programmablauf auf Seite 6

Auf einmal aber: Einsames, melancholisches Singen...Georg Philipp Telemanns Viola-Konzert aus der Zeit um 1720 hat Epoche gemacht – und ist doch, wie Vieles im frühen Viola-Repertoire, wenig gespielt und darum kaum bekannt. Was erwartet uns in diesem allerersten Konzert, das je für Bratsche und Orchester geschrieben wurde? Ein x-beliebiges concerto, derer es im frühen 18. Jahrhundert unzählige gab – oder doch bereits etwas Ungewöhnliches und Originelles, so ungewöhnlich und originell, wie Telemanns Wahl dieses Solo-Instruments auf die Zeitgenossen wirken musste? Man meint, diesem Konzert von Beginn an anhören zu können, mit welcher Sorgfalt und Liebe Telemann hier komponiert hat. Die beiden ersten Sätze dieses nicht drei-, sondern viersätzigen Konzerts (allein dies sehr ungewöhnlich!) zeigen aufs Schönste, was die Zeitgenossen als „vermischter Geschmack“ bezeichnet haben: Gibt sich das Largo als eine Inspiration fein ziselierter Ornamentalmusik zu erkennen, wie sie am französi-schen Hof en vogue war, so sprudelt aus dem anschließenden Allegro der Geist der virtuo-sen Schule Italiens; im Presto des letzten Satzes schließlich schreibt Telemann einen Kehr-aus ganz „deutschen Geschmacks“, der die Ein�üsse und Vorbilder virtuos vermischt und umformt in etwas ganz Eigenes, Selbstbewusstes, Losgelöst-Befreites. Im Herzstück des Konzerts aber, dem Andante, werden wir besonders hellhörig. Es ist, als zöge uns Telemann hier tiefer in die Klänge seiner Musik als in den anderen Sät-zen. Heiteres G-Dur wendet sich nach e-Moll – doch lässt das kurze Orchestervorspiel im Gestus eines gemessenen Tanzsatzes noch nichts von Kommendem erahnen. Auf einmal aber: Einsames, melancholisches Singen der Bratsche! Es ist der Augenblick dieses Konzerts. Gebannt lauschen allerdings nicht nur wir Hörer, gebannt ist auch das Orchester: So anziehend ist das wie aus dem Nichts kommende, ganz eigenständige und ausdrucksstar-ke, Höhen und Tiefen auslotende Linienspiel der Solo-Bratsche, dass vom anfänglichen Tanz-Gestus nur noch in den kurzen Zwischenspielen des Orchesters zu hören ist. In diesen schöp� die Viola gleichsam Atem für ihr neuerliches Singen. Die große, ganz nach Innen zielende Wirkung ihres Gesanges gründet nicht zuletzt darin, dass dieser im Orchester nur von den Geigen und den Bratschen begleitet wird, die Bässe hingegen schweigen. Zwischen den Orchester-Bratschen und der Solo-Bratsche aber liegt – unerhört – eine ganze Welt.

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Seelenaufschwünge mit PatinaLässt Telemanns Andante-Satz die Emp±ndsamkeit der Frühromantik bereits kühn erahnen, so tönt Max Bruchs Konzert für Klarinette, Viola und Orchester wie ein fernes Echo, wie ein letzter, großer Abgesang auf die Romantik, deren Sehnsuchtskantilenen und Seelenauf-schwünge hier noch einmal emphatisch beschworen werden. 1911 entstanden, in einer Zeit also der Erfolge von Strauss, Strawinski oder Skrjabin, wirkt es wie aus der Zeit gefallen. Sei-nem Charme aber, der gerade in Bruchs rührendem, wahrha�igem Glauben an die beschwö-rende Kra� der Patina gründet, wird man sich dennoch nur schwer entziehen können. Klarinette und Viola, diese beiden erstmals wirkungsmächtig von Robert Schu-mann („Märchenerzählungen“) zusammengeführten Wahlverwandten, gehen in diesem Konzert Hand in Hand. Sie duellieren sich nicht, sondern dialogisieren; sie tauschen intime Korrespondenzen aus, sagen und singen das Eine mal gemeinsam, dann in nuancenreicher Variierung, mal hell, mal dunkel, mal licht, mal samtig abgeschattet. Geradezu ausgelassen gibt sich das frenetisch angekündigte Finale mit seinen perlenden Triolenläufen, während der zweite Satz – ein verhangener Walzer – in einem merkwürdigen Traumreich angesiedelt ist. In seinen verschwommenen Konturen und seiner nostalgischen Patina klingt nach, was der erste Satz vollgültig ausgeprägt hatte: die Wehmut darüber, dass die Welt klassizistischer Harmonie verloren ist. Bei allem Sammet und aller Lyrik aber, die von Bratsche und Klarinet-te mit seelenvollen Wechselgesängen aufgeboten wird: Das Ambiente ist diesig. „Im Nebel ruhet noch die Welt...“ – doch wird der Schleier nicht mehr fallen.

Auskomponiertes VerlöschenJoseph Haydns ±s-Moll-Sinfonie wird viel zu o� auf den Adagio-Satz ihres Finales reduziert

– zu Unrecht. Bereits die Wahl der Tonart zeigt an, dass es Haydn ernst war mit dieser Sinfo-nie: Das entlegene, selten verwendete, angespannte ±s-Moll ist als äußere, farbliche Hülle Abbild der Kon�ikte und Spannungen, die diese Musik im Innern austrägt. Der Kopfsatz hebt bereits packend und zerspalten wie eine Durchführung an – Zeit, die geforderten zwei Themen zur Entfaltung zu bringen, gar Zeit zum Verweilen, bleibt hier kaum. Das Menuett in der verwegenen Fis-Dur-Tonart entfernt sich aufs Äußerste vom Tanzcharakter; für Ent-spannung sorgt einzig das A-Dur-Adagio. Dennoch: Im Rahmen unseres Bratschenfestivals darf der Blick auf das Schluss-Ada-gio natürlich nicht fehlen. Wie Haydn hier – o�enbar als Ausdruck der Sehnsucht seiner Musi-ker, in den Sommermonaten Schloss Eszterháza verlassen und ihre Familien sehen zu dürfen – das Verlöschen der Musik kunstvoll auskomponierte, hat die Hörer dieser Sinfonie schon immer fasziniert. Und für uns mag es besonders schön sein, mitzuverfolgen, dass – und wie – als letzte der Begleitinstrumente die Bratsche verstummt. Bevor die Violinen das Licht ausmachen.

RAFAEL RENNICKE

ORCHESTERKONZERT

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Künstlerbiogra�en

Dresdner Kapellsolisten

Mitreißende, vitale Interpretationen sind Programm bei den Dresdner Kapellsolisten, deren Mitglieder hauptsächlich aus den Reihen der Sächsischen Staatskapelle stammen. Seit 1994 sind sie verbunden in ihrer Leidenscha� für eine epochengetreue Rekonstruktion des baro-cken, klassischen und romantischen Musikerbes. Unter der Leitung des Mitbegründers und

„Primus inter pares“ Helmut Branny erwecken sie die sprachlichen und gestischen Elemente der Musik zu einer lebendigen Klangrede. Die intensive P�ege des umfangreichen Kammer-musikerbes, die alle bis heute gewonnenen historischen und stilistischen Erkenntnisse einbe-zieht, bildet nur einen der Schwerpunkte in der Arbeit der Dresdner Kapellsolisten. Mindes-tens ebenso sehr liegt dem vielseitigen Klangkörper die Wiederentdeckung zu Unrecht vergessener oder selten gespielter Werke am Herzen. Komponisten wie Johann Gottlieb Nau-mann, Anton Teyber, Johann Baptist Neruda, Antonio Rosetti und Friedrich Wilhelm Herschel kommen dabei neu zu Wort, ebenso, mit dem besonderen Ziel der Wiederbelebung des Dresd-ner Repertoires, Franz Seydelmann, Johann Georg Pisendel, Johann Gottlieb Graun, Jan Dis-mas Zelenka, Antonin Reichenauer, Antonio Lotti oder Prinzessin Amalia von Sachsen. Ihre rege Konzerttätigkeit führt die Dresdner Kapellsolisten in alle wichtigen Musikzentren Deutschlands, ins Ausland sowie zu namha�en Festivals wie etwa dem Rheingau Musik Festival, dem Würzbur-ger Mozartfest oder den Festspielen Meck-lenburg-Vorpommern. Eine künstleri-sche Zusammenarbeit verbindet die Dresdner Kapellsolisten mit inter-national renommierten Solisten, so u. a. Isabelle van Keulen, Vik-toria Mullova, Matthias Goerne, Albrecht Mayer, Martin Stadt-feld, Lise de la Salle und Nils Mönkemeyer. Mit dem Dresd-ner Kreuzchor p�egen sie eine langjährige künstlerische Bezie-hung. Die Dresdner Kapellsolisten sind Preisträger des Deutschen Musik-preises ECHO Klassik 2010.

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Andreas Ottensamer Klarinette

Andreas Ottensamer studierte an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien zunächst Violoncello bei Wolfgang Herzer, dann Klarinette bei Johann Hindler. Seit März 2011 ist er Soloklarinettist der Berliner Philharmoniker. Otten-samer ist Preisträger zahlreicher Wettbewerbe und kon-zertiert als Solist mit Orchestern wie dem Rotterdams Philharmonisch Orkest, dem Nagoya Philharmonic Or-chestra, den Wiener Virtuosen und dem Wiener Kammer-orchester sowie als Kammermusiker u. a. mit Murray Perah-ia, Leif Ove Andsnes, Leonidas Kavakos, Guy Braunstein, Yo-Yo Ma und Emmanuel Pahud. Das 2005 mit seinem Vater Ernst Otten-samer und seinem älteren Bruder Daniel – beide sind Soloklarinettisten der Wiener Philhar-moniker – gegründete Klarinettentrio „The Clarinotts“ ist Widmungsträger mehrerer Werke. Seit 2013 ist Ottensamer gemeinsam mit dem Pianisten José Gallardo künstlerischer Leiter des Kammermusikfestivals „Bürgenstock Momente“ in der Schweiz.

KÜNSTLERBIOGRAFIEN

Sabine Erdmann Cembalo

Sabine Erdmann erhielt ihren ersten Cembalo-Unterricht mit elf Jahren bei Beata Seemann

in München. Von 1988 bis 1993 studierte sie an der Staatlichen Hochschule für Musik Heidelberg-Mannheim bei Egino Klepper, danach an der

Hochschule der Künste Berlin bei Mitzi Meyerson. Sie besuchte Meisterkurse bei Menno van Del�, Lars Ulrik Mortensen und

Jesper Christensen. Seit 1998 lebt Erdmann als freischa�en-de Cembalistin in Berlin. Neben ihrer solistischen und kam-mermusikalischen Tätigkeit ist sie als gefragte Conti-nuo-Spielerin Mitglied verschiedener Orchester, so etwa der Cammermusik Potsdam, Concerto grosso Berlin, Deut-

sches Sinfonieorchester, Ensemble Resonanz Hamburg, Heidelberger Sinfoniker, Kammerakademie Potsdam, Laut-

ten-Compagney Berlin. Sie wirkte bei Rundfunkaufnahmen und CD-Produktionen als Solistin und Continuo-Spielerin mit.

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Helmut Branny Leitung

Facettenreichtum prägt die künstlerische Arbeit des Dirigenten und Kontrabassisten Helmut Branny – Mitglied der Sächsischen Staatskapelle, Musikalischer Leiter der Dresd-ner Kapellsolisten sowie der Cappella Musica Dresden. Seit langem beschä�igt er sich mit Fragen des werkgetreuen Umgangs und der Au�ührungspraxis Alter Musik. Sein Ziel ist es, die sprachlichen und gestischen Elemente des barocken, klassischen und romanti-

schen Musik-Erbes zu einer lebendigen Klangrede zu führen. Als „Primus inter pares“ der 1994 gegründeten Dresdner Kapellso-

listen gastiert er regelmäßig im In- und Ausland sowie bei namha�en Festivals. Branny ist ein begehrter Kammermu-sikpartner u. a. der Akademie für Alte Musik Berlin, des Frei-burger Barockorchesters und der Mitteldeutschen Ba-rocksolisten Leipzig. Künstlerische Projekte verbinden ihn

u. a. mit Jan Vogler und Peter Schreier. Seit 2003 ist Branny außerdem Professor für Kammermusik an der Dresdner Mu-

sikhochschule Carl Maria von Weber.

Nils Mönkemeyer (s. Biogra�e auf Seite 8)

Andreas Arend Theorbe

Der Lautenist Andreas Arend erhielt zunächst Unterricht auf der Gitar-re und dem Violoncello. Nach einem Gitarrenstudium in Hamburg absolvierte er ein Laute-Studium bei Nigel North und Elisabeth Kenny in Berlin. Sein Repertoire reicht von früher Renaissance-musik bis hin zu spätbarocker deutscher und französischer Lite-ratur, als Solist wie auch im Orchester. Als Spieler von histori-schen Zup±nstrumenten konzertiert Arend regelmäßig im In- und Ausland, überwiegend mit Ensembles, die auf Alte Musik speziali-siert sind, so etwa dem Freiburger Barockorchester, der Holland Ba-roque Society, der Neuen Innsbrucker Ho¾apelle oder dem Kopenha-gener Ensemble BaroqueFever. Arend unterrichtet Laute am königlich dänischen Musikkonservatorium Kopenhagen. Zahlreiche Fernseh-, Hörfunk- und Schall-plattenaufnahmen mit seiner Mitwirkung sind erschienen. Außerdem ist er als Komponist tätig. Dabei erhielt er wichtige Impulse durch Alfred Schnittke und Manfred Stahnke.

KÜNSTLERBIOGRAFIEN

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Spielstätte

Schloss und Festspielscheune Ulrichshusen

Als Ulrich von Maltzahn im Jahre 1560 seine Wasserburg erbaute, ahnte er wohl noch nichts von der wechselvollen Geschichte, die der wehrha�en Renaissance-Anlage be-vorstand. Die Chronik berichtet von vielfacher Zerstörung, unter anderem während des Dreißigjährigen Krieges und beim großen Brand 1987. Nur die festen Mauern wurden damals verschont. Die romantische Ruine, eingebettet in die unberührte Landscha� der Mecklenburgischen Schweiz, zwischen strohgelben Feldern, tiefen Wäldern und stillen Seen, war dem Verfall preisgegeben. Das ganze Dorf half mit, als

die Nachkommen der Erbauer 1993 begannen, Park und Burg mit denkmalp�egerischer

Vorsicht zu restaurieren. Aus der einstigen Ruine wurde ein kul-

turhistorisches Kleinod, ein Ort der Künste. Längst zählt

Ulrichshusen zu den bedeu-tendsten Festspielorten des Landes – ein Festspiel-sommer ohne Ulrichshu-sen wäre schlicht undenk-

bar. Die mächtige alte Scheune neben der Burg ist

einer der größten Konzertsä-le des Nordens. 1994 wurde sie

mit einem Konzert von Lord Ye-hudi Menuhin eingeweiht. Der Saal

im Schloss hingegen eignet sich dank seiner hervorragenden Akustik und der inti-

men Atmosphäre besonders für Kammermusik.

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Konzerthinweise

Mi 19.08.19:30 Uhr

Neubrandenburg

Konzertkirche

€ 65.–/50.–/35.–*

MeisterpianistenAndrás Schi¹ KlavierBACH Goldberg-Variationen 18:00 Uhr Au¤akt (Haus der Kultur und Bildung) Prof. Dr. Peter Wollny über Bach (€ 5.–*)

Fr 11.09. bis

So 13.09.Ulrichshusen

Schloss &

Festspielscheune

* zzgl. VVK-/AK-Gebühr

Pavillon 1808Epochenpanorama mit Verbindungen von Musik, Literatur und Bildender Kunst Veronika Eberle Violine · Andreas Staier Hammer¿ügel u. v. m.Werke von BEETHOVEN u. a.

HERAUSGEBER

Festspiele Mecklenburg-Vorpommern

gGmbH

Lindenstr. 1· 19055 Schwerin

T 0385 591850 · F 0385 5918510

www.festspiele-mv.de

INTENDANTDr. Markus Fein (V.i.S.d.P.)

KAUFMÄNNISCHER DIREKTORToni Berndt

REDAKTION UND SATZRafael Rennicke, Anja Lauenroth

FRAGEN UND ANREGUNGEN BI¶E [email protected],

[email protected]

ANZEIGENNicola Heppner,

[email protected]

HERSTELLUNGLipako Digitales Druck- und Kopierzentrum

GmbH

BIOGRAFIEN

Künstler

FOTOS UND ABBILDUNGENEdition spéciale pour le Musée d’Unterlinden,

Mulhouse 1964; Universitäts- und

Landesbibliothek Darmstadt (Titelblatt);

Annegret Hultsch (N. Mönkemeyer, S. 5);

Irène Zandel (N. Mönkemeyer, W. Youn, S. 8);

M. Rhonheimer (P. Erben); Christina Körte/

Körber-Sti�ung (Rafael Rennicke); Frank

Hoehler (Dresdner Kapellsolisten); Anatol

Kotte/Sony Classics (Andreas Ottensamer);

Helmut Branny (H. Branny); Geert

Maciejewski (Schloss Ulrichshusen); Priska

Ketterer (A. Schi�); Jan Northo� (V. Eberle)

Änderungen vorbehalten. Wir bitten während des Konzerts auf Ton- und Bildaufnahmen zu verzichten sowie Handys und digitale Uhren abzuschalten. Nachdruck nicht ohne Zustimmung des Herausgebers.

KARTEN UNTERT 0385 5918585

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