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Finanzwissenschaft II: Normative Besteuerungsansätze I Vorlesung an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg WS 2007/2008 Prof. Dr. Lars P. Feld Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, Universität St. Gallen (SIAW-HSG), CREMA und CESifo

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Finanzwissenschaft II:

Normative Besteuerungsansätze I

Vorlesung an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

WS 2007/2008

Prof. Dr. Lars P. FeldRuprecht-Karls-Universität Heidelberg,Universität St. Gallen (SIAW-HSG),

CREMA und CESifo

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Normative Besteuerungsansätze IAufbau der Vorlesung

• Juristische Kriterien• Traditionelle Besteuerungsprinzipien

– Das Äquivalenzprinzip– Das Leistungsfähigkeitsprinzip und Konzepte der

Opfergleichheit

• Theorie der optimalen Besteuerung– Die Zusatzlast der Besteuerung– Die Idee des ‚second best‘– Optimale Verbrauchsteuern: Die Ramsey-Regel– Optimale Einkommensteuern– Einkommens- vs. Ausgabenbesteuerung

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Juristische Kriterien

Juristischer Forderungskatalog: (Tipke/Lang 2002)

• Gleichmäßigkeit der Besteuerung– Gleichheit vor dem Gesetz– Gleichbehandlung identischer Tatbestände– beinhaltet z.T. das Leistungsfähigkeitsprinzip

• Legalitätsprinzip• Sozialstaatliche Normen

– z.B. steuerfreies Existenzminimum• Verfassungskonformität

– z.B. Übermaßverbot

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Traditionelle Besteuerungsprinzipien I

• Im Unterschied zur bisherigen Betrach-tung (positive Steuertheorie): – Wie soll besteuert werden?– Normative Steuertheorie

• Das Äquivalenzprinzip– Wicksell (1896): Institutionelle Kongruenz und

Einstimmigkeit stellen sicher, dass kein Bürger für die Leistungen des Staates mehr bezahlen muss, als ihm diese wert sind.

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Traditionelle Besteuerungsprinzipien II

Grundüberlegung: Äquivalenz der Zahlung desBürgers und der Leistung des Staates auf der individuellen Ebene.

Hobbes (1651, 30. Kapitel): “Zur Gleichheit der Gerechtigkeit gehört auch die gleichmäßige Besteuerung. Ihre Gleichheit hängt nicht von der Gleichheit des Reichtums ab, sondern von der Gleichheit der Schuld, die jedermann gegen den Staat für seine Verteidigung hat.“

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Traditionelle Besteuerungsprinzipien III

Probleme des Hobbes‘schen Ansatzes:• normativer Individualismus?• Äquivalenzprinzip durch

Unterwerfungsvertrag?

Aufgeklärter Ansatz von Knut Wicksell (1896):• institutionelle Kongruenz...• ...und Einstimmigkeit bei der Entscheidung

über das Budget...• ...setzen das Äquivalenzprinzip stets durch.

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Traditionelle Besteuerungsprinzipien IV• Das Äquivalenzprinzip

– Gleichheit von Leistung des Bürgers und Gegen-leistung des Staates für jeden Bürger.

– Praxis: §3 AO.– Simultane Berücksichtigung der Ausgabenseite– Keine Umverteilung?– Problem der Bewertung der Gegenleistung durch

den Staat.– Restriktive Besteuerungsregel– Diskretionäres steuerpolitisches Handeln ist nicht

mehr möglich: Besteuerung ist konsensorientiert.

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Abbildung 1: Das Äquivalenzprinzip bei privaten Gütern

Traditionelle Besteuerungsprinzipien V• Das Äquivalenzprinzip beim Angebot

privater Güter durch den Staat– Äquivalenzprinzip ist bei Grenzkostenpreisen

erfüllt.

öff. Gut

Preis p

GK=p

ΣNiN3N2N1

x1 x2 x3 Σxi

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Traditionelle Besteuerungsprinzipien VI

• Das Äquivalenzprinzip beim Angebot privater Güter durch den Staat– privates Gut x mit xi als die von den Individuen i

= 1, ..., n konsumierten Mengen– Ni als individuelle Nachfragen.– GK = p als Grenzkostenpreis: simulierter

Marktpreis und daher konsensfähig.– Gleichgewicht nach horizontaler Addition der

individuellen Nachfragen im Schnittpunkt der Marktnachfrage und dem Grenzkostenpreis.

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Traditionelle Besteuerungsprinzipien VII

• Das Äquivalenzprinzip beim Angebot privater Güter durch den Staat– Grenzkostenpreisbildung: Finanzierung über eine

Gebühr.– Genau individuell zurechenbare Gegenleistung

des Staates.– Begründbar durch die Eigenschaften privater

Güter: individuelle Mengenanpassung möglich.– Bei Allmendegütern: Durchschnittskostenpreis als

konsensfähig.

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Traditionelle Besteuerungsprinzipien VIII

• Äquivalenzprinzip beim Angebot öffentlicher Güter bei identischen Präferenzen– Keine individuelle Anpassung an die Menge möglich, da

öffentliche Güter.– Konsens wird erreicht, wenn jedes Individuum mit seiner

marginalen Zahlungsbereitschaft belastet wird.– Die gesamte Finanzierungslast wird in gleichen Pro-Kopf-

Beträgen verteilt.– Steuerpreis als Lindahl-Steuer: T = tp · x* = (GK · x*)/n.

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Traditionelle Besteuerungsprinzipien IX

Abbildung 2: Das Äquivalenzprinzip bei öffentlichenGütern und identischen Präferenzen

öff. Gut

Preis p

GK

GK/n=tp

Σ MZBi = n MZBi

MZBi

x*

G

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Traditionelle Besteuerungsprinzipien X

• Äquivalenzprinzip beim Angebot öffent-licher Güter bei identischen Präferenzen– Bei einem individuellen Kostenanteil, der höher

als tp liegt, wird das Projekt abgelehnt.– Das größte gerade noch angenommene Projekt

beträgt x*.– Kostendeckungsbedingung erfüllt: n tp = GK.– Keine unbeteiligte Dritte betroffen.– Pareto-Effizienz: Σ MZBi = GK.

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Traditionelle Besteuerungsprinzipien XI

• Äquivalenzprinzip beim Angebot öffent-licher Güter bei unterschiedlichen Einkommen und gleichen Präferenzen– Bei unterschiedlichen Einkommen werden

Individuen unterschiedliche Wertschätzungen äußern.

– Bei einem Steuerpreis tp wird nur noch Individuum 2 die Menge x* befürworten.

– Individuum 3 hat ein höheres Einkommen: xB

– Individuum 1 hat ein niedrigeres Einkommen: xA

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Traditionelle Besteuerungsprinzipien XII

A b b ild u n g 3 : D a s Ä q u iv a le n z p r in z ip b e i ö f fe n tl ic h e nG ü te r n , u n te r s c h ie d lic h e n E in k o m m e n u n d g le ic h e n

P r ä fe r e n z e n

öff. Gut

Preis p

tp

MZB3MZB2MZB1

x*xA xB

G

tp’

tp’’

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Traditionelle Besteuerungsprinzipien XIII

• Äquivalenzprinzip beim Angebot öffent-licher Güter bei unterschiedlichen Einkommen und gleichen Präferenzen– Konsens wird nur noch erreicht, wenn die Belas-

tung von Individuum 3 auf tp‘‘ erhöht und dieje-nige von Individuum 1 auf tp‘ gesenkt wird.

– Kostendeckung wird erreicht, wenn die beiden Veränderungen von tp sich gerade kompensieren.

– Unterschiede in der bevorzugten Menge infolge unterschiedlicher Einkommen werden durch Veränderungen der Steuerpreise kompensiert.

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Traditionelle Besteuerungsprinzipien XIV

• Äquivalenzprinzip beim Angebot öffent-licher Güter bei unterschiedlichen Einkommen und gleichen Präferenzen– Wie groß die kompensierende Veränderung der

Steuerpreise ausfallen muss, hängt vom Verhältnis der Einkommenselastizität zur Steuerpreiselastizität ab.

– Dieses Verhältnis sagt aus, um wieviel der Steuerpreis steigen muss, wenn das Einkommen steigt, um Einstimmigkeit herzustellen.

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Traditionelle Besteuerungsprinzipien XV

• Einkommenselastizität:

• Steuerpreiselastizität:

)/()/(

YYxx

∆∆

)/()/(

tptpxx

∆∆

• Elastizität des Steuersystems:)/()/(

YYtptp

∆∆

γβε −=

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Traditionelle Besteuerungsprinzipien XVI

• Dabei gilt:– ε > 1: progressives Steuersystem– ε = 1: proportionales Steuersystem– ε < 1: regressives Steuersystem.

• Einstimmigkeit wird unter folgenden Bedingungen erreicht (Äquivalenzprinzip):– Bei öffentlichen Leistungen, deren Einkommens-

elastizität betragsmäßig größer als die Preiselas-tizität ist: progressive Steuer.

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Traditionelle Besteuerungsprinzipien XVII• Einstimmigkeit wird unter folgenden

Bedingungen erreicht (Äquivalenzprinzip):– Bei öffentlichen Leistungen, deren Einkommens-

elastizität betragsmäßig gleich groß ist wie die Preiselastizität: proportionale Steuer.

– Bei öffentlichen Leistungen, deren Einkommens-elastizität betragsmäßig kleiner als die Preiselas-tizität ist: regressive Steuer.

– Bei einer Einkommenselastizität von Null: Kopf-steuer.

– Empirische Studien: Für die meisten öffentlichen Leistungen ergeben sich Werte für ε > 1.

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FiWi II: Normative Besteuerungsansätze I 21

Traditionelle Besteuerungsprinzipien XVIIII

• Kritik am Äquivalenzprinzip– Wenn der Steuerzahlung eine Gegenleistung ge-

genüberstehen muss, ist Umverteilung nicht mög-lich.

– Dennoch ist eine progressive Besteuerung möglich.

– Dies können aber kaum Maßnahmen sein, für die ein Konsens erzielt werden muss.

– Aber: Umverteilung als Versicherung.– In diesem Fall ist Umverteilung auch

konsensfähig.

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Traditionelle Besteuerungsprinzipien XIX• Das Leistungsfähigkeitsprinzip

– Gerechte Verteilung einer gegebenen Steuerlast auf die Bevölkerung.

– Problem der Messung der individuellen Lei-stungsfähigkeit.

– Horizontale und vertikale Steuergerechtigkeit.

• Horizontale Steuergerechtigkeit– Gleichartige Sachverhalte sollten gleich besteuert

werden.– Forderung nach allgemeinen Steuern. – Verbot willkürlicher Diskriminierung.

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Traditionelle Besteuerungsprinzipien XX

• Horizontale Steuergerechtigkeit ist erreich-bar durch– Nettoprinzip: Abzug aller Erwerbsaufwendungen

von der Bemessungsgrundlage• Bsp.: Zwei Unternehmer mit unterschiedlichem Umsatz

und gleichem Gewinn.

– Prinzip der synthetischen Einkommensteuer: Unterschiedslose Belastung verschiedener Einkunftsarten

• Besteuerung verschiedener Einkunftsarten nach getrennten Tarifen (Schedulensteuer): Ungleich-behandlung des wirtschaftlich Gleichen.

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Traditionelle Besteuerungsprinzipien XXI

• Horizontale Steuergerechtigkeit ist erreich-bar durch– Reinvermögenszugangstheorie: Besteuerung aller

realisierten Vermögenszunahmen, gleichgültig, ob regelmässig oder unregelmässig.

– Gegenspieler: Quellentheorie, bei der die eigentliche Quelle des Vermögenszugangs unbesteuert bleiben soll.

• Nur Einnahmen, die regelmässig aus einer Quelle fließen, werden besteuert.

• Wertveränderungen der Quelle sind steuerlich unbeachtlich.

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Traditionelle Besteuerungsprinzipien XXII

• Horizontale Steuergerechtigkeit– Gegen die Quellentheorie:

• Notleidende Familie mit 6 Euro Sozialhilfe pro Woche hat danach Einkommen.

• Bei einem einmaligen Geschenk von 200 Euro hätte sie keines.

• Erzielt ein Bettler jeden Tag im Jahr 1 Euro Einkommen, wird er besteuert.

• Erhält er von einem großmütigen Mann 365 Euro hat er nach der Quellentheorie keines.

• Nach der Reinvermögenszugangstheorie der Besteuerung werden jedoch die gleichen Sachverhalte gleich besteuert.

• SHS-Steuer

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FiWi II: Normative Besteuerungsansätze I 26

Traditionelle Besteuerungsprinzipien XXIII

• Horizontale Steuergerechtigkeit– Verstöße: Luxussteuern

• Vertikale Steuergerechtigkeit– Steuerpflichtige mit unterschiedlicher Leistungs-

fähigkeit sollen unterschiedlich besteuert werden.• Höhere Besteuerung der Personen mit höherem

Einkommen.• Geringere Besteuerung der Personen mit geringeren

Einkommen.

– Eine vorgegebene Steuerlast soll so verteilt werden, dass alle das gleiche Opfer erbringen.

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FiWi II: Normative Besteuerungsansätze I 27

Traditionelle Besteuerungsprinzipien XXIV

• Opfertheorien der Besteuerung– Kardinale Nutzenvergleiche erforderlich:

Interpersoneller Nutzenvergleich– Gleiches absolutes Opfer:

• U(y) – U (y – T) = const.• Der entzogene Gesamtnutzen muss gleich und gerade so

groß sein, dass der Steuerbetrag T zusammenkommt.• Der Steuerbetrag sollte dann bei steigendem Einkommen

zunehmen. • Aber nicht notwendigerweise progressive Steuer, da dies

vom Verlauf des Grenznutzens des Einkommens abhängt.• Konvexer Verlauf: progressiv; konkav: regressiv.

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Traditionelle Besteuerungsprinzipien XXV• Opfertheorien der Besteuerung

– Gleiches relatives Opfer:• (U(y) – U (y – T))/U(y) = const.• Der proportionale Nutzenentzug muss bei allen Individuen

gleich und gerade so groß sein, dass der Steuerbetrag T zusammenkommt.

• Der Steuerbetrag sollte wiederum bei steigendem Einkommen zunehmen.

• Aber wiederum nicht notwendigerweise progressive Steuer, da dies vom Verlauf des Grenznutzens des Einkommens abhängt.

• Konkavität der Nutzenfunktion nicht hinreichend für Progression

• Proportionale Steuer, wenn der Grenznutzen des Einkommens mit wachsendem Einkommen konstant ist.

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Traditionelle Besteuerungsprinzipien XXVI

• Opfertheorien der Besteuerung– Gleiches marginales Opfer:

• U‘ (y – T) = const.• Der letzte Euro an Steuern soll bei allen Individuen den

gleichen Nutzenentgang verursachen.• Bei identischen Nutzenfunktionen und abnehmendem

Grenznutzen des Einkommens impliziert dies eine progressive Steuer, die zur Gleichverteilung der Einkommen führt.

• Dies gilt aber nur unter der Annahme gegebener Bruttoeinkommen.

• Ungleichverteilung bleibt, wenn Auswirkungen auf Arbeitsanreize berücksichtigt werden.

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Traditionelle Besteuerungsprinzipien XXVII

• Kritik am Leistungsfähigkeitsprinzip und den Opfertheorien– Beliebige Form der Besteuerung ist möglich.– Keine Angaben über die Steuerstruktur möglich.– Umverteilung wird aber ermöglicht.– Willkür von Mehrheitsbeschlüssen.– Ausgabenseite bleibt unberücksichtigt.– Keine Möglichkeit, Aussagen über die Höhe der

Staatsausgaben zu machen.

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Theorie der optimalen Besteuerung I

• Kosten der Besteuerung– Analyse der Belastung der Bürger mit Steuern.– Steuern sollen so gewählt werden, dass die

Belastung durch Steuern minimiert wird.– Die Steuerzahlung an sich sind Kosten.– Wohlfahrtsökonomik nimmt aber an, dass ein

wohlwollender Staat dieser Besteuerung Leistungen gegenüberstellt.

– Auch die Erhebungskosten des Staates sind nicht gemeint.

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Theorie der optimalen Besteuerung II

• Kosten der Besteuerung– Im Vordergrund steht vielmehr die Zusatzlast der

Besteuerung (Überschussbelastung, ‚excess burden‘, ‚deadweight loss of taxation‘).

– Definition: Jene über die Zahllast hinausgehende Wohlfahrtseinbuße, die selbst bei einer erhebungs- und entrichtungskostenfreien Steuer auftritt.

– Gemessen im Harberger-Dreieck bzw. Steuerkeil (‚tax wedge‘).

– Die Zusatzlast der Besteuerung wächst bei steigendem Steuerbetrag quadratisch.

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FiWi II: Normative Besteuerungsansätze I 33

Theorie der optimalen Besteuerung III

Abbildung 4: Die Zusatzlast der Besteuerung

Zusatzlast = (C+E)

Steuer reduziert Konsumentenrenteum (B+C) und Produzentenrente(D+E) Steuereinnahmen = (B+D)

Angebot

Nachfrage

Menge

Preis

x1x2

A

B C

F

D E

Bruttopreis = P

B

P1

Markt-preis

=

PNNetto-preis

=

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FiWi II: Normative Besteuerungsansätze I 34

Theorie der optimalen Besteuerung IV

• Zusatzlast der Besteuerung– Messung mit Hilfe einkommenskompensierter

Konsumenten- und Produzentenrenten– Rückwirkungen auf andere Märkte und Realein-

kommensveränderungen werden vernachlässigt.– In Geldeinheiten ausgedrückte Wertschätzung.– Der Konsum geht als Folge der Steuervermeidung

von x1 auf x2 zurück.– Der Staat schiebt durch die Besteuerung einen Keil

zwischen Angebot und Nachfrage.

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FiWi II: Normative Besteuerungsansätze I 35

Abbildung 5: Die Zusatzlast bei unelastischem Angebot

Theorie der optimalen Besteuerung V

Höheder

Steuer

Wenn das Angebotunelastisch ist, istdie Zusatzlast derSteuer klein.

Angebot

Nachfrage

Menge

Preis

UnelastischesAngebot

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FiWi II: Normative Besteuerungsansätze I 36

Abbildung 6: Die Zusatzlast bei elastischem Angebot

Theorie der optimalen Besteuerung VI

Höheder

Steuer

Wenn das Angebotrelativ elastisch ist, ist die Zusatzlastgrößer.

ElastischesAngebot

Angebot

Nachfrage

Preis

Menge

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FiWi II: Normative Besteuerungsansätze I 37

Theorie der optimalen Besteuerung VII

• Zusatzlast der Besteuerung– Analoge Darstellung für die Preiselastizität der

Nachfrage.– Je höher die Preiselastizitäten, desto höher ist die

Zusatzlast der Besteuerung.– Je höher das Ausgangsniveau des Umsatzes, um so

höher ist die Zusatzlast der Besteuerung.– Die Zusatzlast der Besteuerung steigt progressiv

mit der Steuerbelastung.– Harberger: Z = 1/2 γ p1x1 t2.

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FiWi II: Normative Besteuerungsansätze I 38

Theorie der optimalen Besteuerung VIII

Zusatzlast

Steuereinnah.

Angebot

NachfrageMengex1

Preis

x2

PN

PB

0

Abbildung 7: Die Zusatzlast bei einem geringen Steuersatz

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FiWi II: Normative Besteuerungsansätze I 39

Theorie der optimalen Besteuerung IX

Steuer-einnahmen

Zusatzlast

Mengex1x20

PN

PB

PreisAngebot

Nachfrage

Abbildung 8: Die Zusatzlast bei mittlerem Steuersatz

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Theorie der optimalen Besteuerung X

ZusatzlastSt

euer

ein

nah

men

Angebot

Nachfrage

Mengex1x20

PN

PB

Preis

Abbildung 9: Die Zusatzlast bei hohem Steuersatz

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FiWi II: Normative Besteuerungsansätze I 41

Theorie der optimalen Besteuerung XI

• Zusatzlast der Besteuerung– Bei einem geringen Steuersatz hat man eine

geringe Zusatzlast der Besteuerung.– Wenn der Steuersatz steigt, steigt das

Steueraufkommen zunächst.– Bei weiteren Steuersatzerhöhungen sinken die

Steuereinnahmen jedoch, da die höhere Steuer die Marktgrösse reduziert.

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FiWi II: Normative Besteuerungsansätze I 42

Theorie der optimalen Besteuerung XII

Steuerbetrag

Zusatzlast

0

Abbildung 10: Zusatzlast und Höhe des Steuersatzes

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FiWi II: Normative Besteuerungsansätze I 43

Theorie der optimalen Besteuerung XIII

Steuerbetrag

Steuer-einnahmen

0

Abbildung 11: Die Laffer-Kurve

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FiWi II: Normative Besteuerungsansätze I 44

Theorie der optimalen Besteuerung XIV

• Zusatzlast der Besteuerung– Sie wächst bei steigendem Steuerbetrag annähernd

quadratisch.– Das Steueraufkommen wächst hingegen

unterlinear.– Ein gegebenes Aufkommen sollte durch

gleichmäßige Besteuerung erzielt werden.– ‚Tax Cut cum Base Broadening‘.– Laffer-Kurve und Supply-Side Economics.

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FiWi II: Normative Besteuerungsansätze I 45

Abbildung 12: Allgemeine vs. spezielle Gütersteuer

Theorie der optimalen Besteuerung XV

Gut x

Gut z

0 A

B

A’

B’

F

E’E’’

E’’’

I1I2I3

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FiWi II: Normative Besteuerungsansätze I 46

Theorie der optimalen Besteuerung XVI• Zusatzlast der Besteuerung

– Entstehung durch Substitutionsprozesse.– Abbildung 12: Zwei-Gütermodell.

• Konsumgüter x und z• konstantes Preisverhältnis px/pz.• Konstante Grenzkosten und Wettbewerb.• Budgetgerade AB für den einzelnen Konsumenten.• Steigung entspricht dem Preisverhältnis.• Andere Güter werden ausgeklammert.• Konsumwahl zwischen OA von Gut x und OB on Gut z.• Gegebene Indifferenzkurven I1 bis I3.• Ausgangssituation: Wahl der Mengenkombination an E‘.• Bestmögliche Aufteilung des Budgets zwischen x und z.

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FiWi II: Normative Besteuerungsansätze I 47

Theorie der optimalen Besteuerung XVII

• Zusatzlast der Besteuerung– Einführung einer Pauschalsteuer (lump-sum tax):

• Steuerbetrag, der unabhängig vom Verhalten bezahlt werden muss.

• Verschiebung der Budgetgeraden parallel zum Nullpunkt.• Neue Budgetgerade A‘B‘.• Das Individuum maximiert seinen Nutzen in E‘‘.• Es erreicht ein niedrigeres Wohlfahrtsniveau I2.• Reiner Einkommenseffekt.

– Pauschalsteuer entspricht einer allgemeinen Konsumsteuer im einfachen Zwei-Güter-Fall.

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FiWi II: Normative Besteuerungsansätze I 48

Theorie der optimalen Besteuerung XVIII

• Zusatzlast der Besteuerung– Allgemeine Konsumsteuer wird auf alle Güter mit

dem gleichen Satz erhoben.– Verschiebung der Budgetgeraden nach innen wie

bei der Pauschalsteuer.– Gleiches Preisverhältnis.– Konsument passt sich an die gleichen relativen

Knappheiten an.– Das Nettopreisverhältnis px/pz entspricht dem Brut-

topreisverhältnis inklusive der Steuer px(1+t)/pz(1+t).

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FiWi II: Normative Besteuerungsansätze I 49

Theorie der optimalen Besteuerung XIX

• Zusatzlast der Besteuerung– Optimale individuelle Konsumwahl wird nicht

verzerrt:• MRTx,z= px/pz = px(1+t)/pz(1+t) = GRSx,z.

– Einführung einer selektiven Konsumsteuer auf das Gut x.

• Nettopreisverhältnis px/pz und Bruttopreisverhältnis px(1+t)/pz fallen auseinander.

• Der Staat treibt einen Keil zwischen Angebot und Nachfrage.

• Es herrscht Ineffizienz, da die Grenzrate der Substitution nicht mehr der Grenzrate der Transformation entspricht.

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FiWi II: Normative Besteuerungsansätze I 50

Theorie der optimalen Besteuerung XX

• Zusatzlast der Besteuerung– Einführung einer selektiven Konsumsteuer auf das

Gut x.• Abbildung 12: Die selektive Steuer auf x soll den

gleichen Steuerertrag wir die allgemeine Konsumsteuer erbringen.

• Das neue Konsumgleichgewicht muss daher auf der gleichen Budgetgeraden A‘B‘ liegen wie bei der allgemeinen Konsumsteuer.

• Sukzessive Erhöhung des Steuersatzes auf x, d.h. Drehung der Budgetgeraden in B nach innen, bis ein Tangentialpunkt mit einer Indifferenzkurve erreicht ist, der auf der alten Budgetgeraden A‘B‘ liegt.

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FiWi II: Normative Besteuerungsansätze I 51

Theorie der optimalen Besteuerung XXI

• Zusatzlast der Besteuerung– Einführung einer selektiven Konsumsteuer auf das

Gut x.• Punkt E‘‘‘ auf der Budgetgeraden BF.• Niedrigeres Nutzenniveau I3.• Gleicher Steuerertrag wird bei selektiver Konsumsteuer

im Vergleich zur allgemeinen Konsumsteuer mit höheren Nutzeneinbussen bezahlt.

• Es entsteht eine Überschussbelastung durch die Möglichkeit, der Besteuerung von x durch eine Substitution von x und z auszuweichen.

• Neben dem Einkommenseffekt entsteht ein Substitutionseffekt.

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FiWi II: Normative Besteuerungsansätze I 52

Abbildung 12: Allgemeine vs. spezielle Gütersteuer

Theorie der optimalen Besteuerung XV

Gut x

Gut z

0 A

B

A’

B’

F

E’E’’

E’’’

I1I2I3

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FiWi II: Normative Besteuerungsansätze I 53

Theorie der optimalen Besteuerung XXII

• Zusatzlast der Besteuerung– Allgemeine Konsumsteuer vs. Einkommensteuer.– Entscheidung zwischen Gegenwarts- und

Zukunftskonsum.– Eine allgemeine Konsumsteuer verzerrt die

Entscheidung zwischen Gegenwarts- und Zukunftskonsum nicht.

• Relation zwischen Konsum heute, C, und Konsum morgen vor der Besteuerung: C/(1+r)C, mit Zinssatz r.

• Wenn das Individuum heute alles konsumieren will, reduziert eine Konsumsteuer sein Einkommen auf (1-t)C.

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FiWi II: Normative Besteuerungsansätze I 54

Theorie der optimalen Besteuerung XXIII

• Zusatzlast der Besteuerung– Allgemeine Einkommensteuer vs.

Einkommensteuer.• Wenn das Individuum spart und erst morgen konsumiert,

so realisiert es den Zins und wird dann mit seinem gesamten in zwei Perioden erwirtschafteten Einkommen besteuert.

• Es bleibt: (1-t)(1+r)C.• Die Relation (1-t)c/(1-t)(1+r)C bleibt die gleiche für das

Individuum, das am Anfang alles konsumiert, und dasjenige, das alles spart.

• Bei der allgemeinen Konsumsteuer entsteht keine Verzerrung zwischen Gegenwarts- und Zukunftskonsum.

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FiWi II: Normative Besteuerungsansätze I 55

Theorie der optimalen Besteuerung XXIV• Zusatzlast der Besteuerung

– Allgemeine Einkommensteuer vs. Einkommensteuer.

• Die Einkommensteuer belastet den Zukunftskonsum selektiv.

• Maximaler Konsum heute nach Einkommensteuer: (1-t)C• Zur Ersparnis steht aber nur noch das Einkommen nach

Einkommensteuer zur Verfügung.• Der Ertrag dieses Einkommens wird in der zweiten

Periode ebenfalls als Einkommen besteuert.• Konsum in Periode 2: (1-t)C+(1-t)(1-t)rC• Verhältnis von Konsum heute und morgen im Falle der

Einkommensteuer: (1-t)C/[(1-t)C+(1-t)(1-t)rC]=C/[1+(1-t)r]C.

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FiWi II: Normative Besteuerungsansätze I 56

Theorie der optimalen Besteuerung XXV• Zusatzlast der Besteuerung

– Die Einkommensteuer verzerrt die individuelle Entscheidung zwischen Gegenwarts- und Zukunftskonsum.

– Sie wirkt wie eine selektive Konsumsteuer auf den Zukunftskonsum.

– Dadurch wird Sparen steuerlich benachteiligt.– Die Einkommensteuer erhöht den Bruttozins, an

dem sich der Investor ausrichtet, und senkt den Nettozins, an dem sich der Sparer ausrichtet.

– Sie treibt einen Keil zwischen Kapitalangebot und -nachfrage und reduziert dadurch das Wirtschafts-wachstum.

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FiWi II: Normative Besteuerungsansätze I 57

Theorie der optimalen Besteuerung XXVI

• Die Idee des Second-Best– Grundproblem der Besteuerung ist die Inexistenz

oder Unerwünschtheit einer Pauschalsteuer.– Alle anderen Steuern führen aber zu Verzerrungen.– Auch bei einer allgemeinen Konsumsteuer wird die

Arbeitszeit-Freizeit-Entscheidung verzerrt.– Abbildung 12 lässt sich analog anwenden, wenn an

der y-Achse statt Gut z Freizeit steht und an der x-Achse statt Gut x Arbeitszeit.

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FiWi II: Normative Besteuerungsansätze I 58

Theorie der optimalen Besteuerung XXVII

• Die Idee des Second-Best– Da die Einkommensteuer wie eine selektive

Gütersteuer wirkt, gelten alle Ergebnisse analog.– Da Güterkonsum nicht durch Freizeit ermöglicht

wird, gilt dies auch für die allgemeine Konsumsteuer, falls es nicht möglich wird, Freizeit als Konsumgut zu besteuern.

– Die alleinige Erhebung von Pauschalsteuern ist ein erstbestes Steuersystem.

– Alle Marginalbedingungen sind erfüllt.

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FiWi II: Normative Besteuerungsansätze I 59

Theorie der optimalen Besteuerung XXVIII

• Die Idee des Second-Best– Wenn die Marginalbedingungen an einer Stelle

verletzt sind, führt dies zu unerwünschten Ausweichreaktionen.

– Freizeit ist notwendigerweise nicht besteuerbar.– Jedes Individuum hat einen Anreiz, seine wahre

Zahlungsbereitschaft für eine Stunde Freizeit vor dem Staat zu verheimlichen.

– Informationsproblem: Suche nach einem Steuersystem, das nur auf Nachfragen zugreift.

– Zweitbestes Steuersystem.

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FiWi II: Normative Besteuerungsansätze I 60

Theorie der optimalen Besteuerung XXIXVerzerrungen

ZwischenKonsumgüternheute

ZwischenGegenwarts-und Zukunfts-konsum

ZwischenEinkommenund Freizeit

AllgemeineKonsumsteuer

nein nein ja

Einkommen-steuer

nein ja ja

Pauschal-steuer

nein nein nein

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Theorie der optimalen Besteuerung XXX

• Optimale Verbrauchsteuern– Fall 1: Der Staat hat Zugriff auf alle Steuern (kein

Freizeitproblem).• Zeitausstattung E mit Freizeit F und Arbeitszeit E-F.• Fixer Lohnsatz w• Keine Kapitaleinkommen• Einkommen wir auf Konsum von x zu px und z zu pz

aufgeteilt.• Keine Ersparnisse.• Budgetbeschränkung: w(E-F) = pxx+pzz.• wF nach rechts: wE = pxx+pzz+wF.

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FiWi II: Normative Besteuerungsansätze I 62

Theorie der optimalen Besteuerung XXXI• Optimale Verbrauchsteuern

– Fall 1: Der Staat hat Zugriff auf alle Steuern (kein Freizeitproblem).

• Belastung aller drei Güter mit Steuern: wE = (1+t)pxx+ (1+t)pzz+ (1+t)wF.

• Oder: (1/(1+t))wE = pxx+pzz+wF.• Eine Besteuerung der Güter zum gleichen Prozentsatz

entspricht einer Reduktion des Wertes der Zeitausstattung um 1/(1+t).

• Wenn der Staat Freizeit besteuern könnte, so wäre eine erstbeste Besteuerung möglich.

• Sie ist erreicht, wenn alle Güter mit dem gleichen Satz besteuert werden.

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FiWi II: Normative Besteuerungsansätze I 63

Theorie der optimalen Besteuerung XXXII

• Optimale Verbrauchsteuern– Fall 2: Der Staat kann nicht alle Güter besteuern

(Freizeitproblem).• Um bei gegebenem Steueraufkommen den individuellen

Nutzen zu maximieren, bzw. die Überschussbelastung zu minimieren, müssen die Steuersätze der zu besteuernden zwei Güter umgekehrt proportional zu den Preiselastizitäten der Nachfrage gesetzt werden.

• Regel der inversen Elastizitäten (Ramsey-Regel): Im Optimum werden die Steuersätze gerade so gewählt, dass eine Erhöhung der Steuern um den gleichen Prozentsatz zu einem proportional einheitlichen Rückgang der nachgefragten Menge führt.

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FiWi II: Normative Besteuerungsansätze I 64

Theorie der optimalen Besteuerung XXXIII

• Optimale Verbrauchsteuern– Fall 2: Der Staat kann nicht alle Güter besteuern

(Freizeitproblem).• Die Logik der Ramsey-Regel ergibt sich aus dem

Substitutionseffekt.• Wenn die Preiselastizität der Nachfrage relativ klein ist,

ergeben sich infolgedessen nur geringe Substitutionseffekte.

• In der Praxis: Insbesondere die Güter des Grundbedarfs sollten einer höheren Steuerlast unterliegen.

• Dies widerspricht den üblichen verteilungspolitischen Vorstellungen.

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Theorie der optimalen Besteuerung XXXIV

• Optimale Verbrauchsteuern– Fall 2: Der Staat kann nicht alle Güter besteuern

(Freizeitproblem).• Alternativ: Ansatz an der Nicht-Besteuerbarkeit der

Freizeit.• Stärkere Besteuerung freizeitkomplementärer Güter:

Fussbälle, Skiausrüstung, Reitpferde, Golfschläger, Freizeitliteratur, Fernsehgeräte usw.

• Corlett-Hague-Regel.• Das Ausweichen auf die nicht-besteuerbare Freizeit soll

steuerlich unattraktiv werden.

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FiWi II: Normative Besteuerungsansätze I 66

Theorie der optimalen Besteuerung XXXV

• Optimale Verbrauchsteuern– Fall 2: Der Staat kann nicht alle Güter besteuern

(Freizeitproblem).• Möglichst breite Besteuerung, d.h. möglichst alle Güter

besteuern.• Denn ein nicht besteuertes Gut kann unerwünschte

zusätzliche Ausweichmöglichkeiten eröffnen.• Es ist so gesehen besser, eine breite als eine schmale

Bemessungsgrundlage zu haben.• Aber Achtung: Gilt nur unter der Annahme, dass die

Regierung das tut, was sie soll.

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FiWi II: Normative Besteuerungsansätze I 67

Theorie der optimalen Besteuerung XXXVI

• Optimale Einkommensteuern– Das höchste und das niedrigste Einkommen in

einer Volkswirtschaft sollte mit einem Grenzsteuersatz von Null belastet werden.

– Arbeitet der Bezieher des höchsten Einkommens gerade so viel, dass er bei positivem Einkommen-steuersatz Y Euro verdient, so soll der marginale Steuersatz für Einkommen über Y Euro gleich Null sein.

– Diese Person würde mehr arbeiten, da die Entloh-nung einer zusätzlichen Arbeitsstunde steigt.

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FiWi II: Normative Besteuerungsansätze I 68

Theorie der optimalen Besteuerung XXXVII

• Optimale Einkommensteuern– Eine analoge Überlegung ergibt sich für das

Individuum mit dem niedrigsten Einkommen.– Es können mehr Individuen zur Arbeit bewegt

werden, ohne dass der Staat einen Verlust an Steuerertrag erleidet.

– Dies impliziert eine nicht-lineare Besteuerung:• Zwischen dem niedrigsten und höchsten Einkommen ist

der Grenzsteuersatz > 0.• Zuerst steigt er Einkommensteuersatz an und fällt dann.

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FiWi II: Normative Besteuerungsansätze I 69

Theorie der optimalen Besteuerung XXXVIII

• Optimale Einkommensteuern– Vorgabe einer linearen Einkommensteuer.– Der optimale Grenzsteuersatz sollte um so höher

sein, je• ausgeprägter die Gleichheitspräferenzen in der Politik

sind,• höher das zu erzielende Steueraufkommen ist,• geringer die Substitutionselastizität zwischen Konsum

und Freizeit (niedriger die Verzerrung durch Freizeitproblem),

• stärker die Fähigkeiten der Arbeitskräfte gestreut sind.• Simulationsrechungen: Steuersätze zwischen 20 und 50%

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FiWi II: Normative Besteuerungsansätze I 70

Theorie der optimalen Besteuerung XXXIX

• Einkommen- vs. Ausgabensteuer– Die Einkommensteuer ist leistungsfeindlich, weil

sie das Arbeitsangebot vermindert, und spar-feindlich, weil sie die Kapitalbildung vermindert.

– Die Ausgabensteuer als direkte allgemeine Konsumsteuer belastet Kapitaleinkommen nicht und verzerrt die Sparentscheidung daher nicht.

– Aus Erstbest-Überlegungen ist die Ausgabensteuer vorteilhafter als die Einkommensteuer.

– Aber: Das Freizeitproblem führt in die Welt der zweitbesten Besteuerung.

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FiWi II: Normative Besteuerungsansätze I 71

Theorie der optimalen Besteuerung XL

• Ausgabensteuer– persönliche Ausgabensteuer oder ‚expenditure tax‘– belastet formell den Konsum (consumption tax).– Wie die Einkommensteuer ist sie eine direkte

Steuer, die auf die persönlichen Verhältnisse der Zensiten ausgerichtet ist und progressiv ausgestaltet werden kann.

• Unterschied zur indirekten Mehrwertsteuer.

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FiWi II: Normative Besteuerungsansätze I 72

Theorie der optimalen Besteuerung XLI

• Ausgabensteuer– additive Bemessungsgrundlage als Summe der

Konsumausgaben– subtraktive Bemessungsgrundlage als Subtraktion

von Einkommen und Ersparnis– Entsparen als negative Ersparnis erhöht die

Bemessungsgrundlage.– Sparbereinigte Einkommensteuer.

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FiWi II: Normative Besteuerungsansätze I 73

Theorie der optimalen Besteuerung XLII

• Ausgabensteuer– Die Steuerschuld folgt zeitlich nicht der Einkom-

mensentstehung (Einkommensteuer), sondern der Einkommensverwendung.

– Ohne Erbschaften stimmen die Bemessungsgrund-lagen der Einkommensteuer und der Ausgabensteu-er bei einem Zinssatz von Null überein, weil ein Steuerpflichtiger irgendwann sein Einkommen konsumiert.

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FiWi II: Normative Besteuerungsansätze I 74

Theorie der optimalen Besteuerung XLIII

• Ausgabensteuer– Bei einem positiven Zinssatz ergeben sich

erhebliche Unterschiede zwischen Einkommen-und Ausgabensteuer

– dynamisches Modell mit i diskreten Zeitperioden.• Diskontierung: Zinseffekte sind über einen Preisvektor p

analysierbar.• p = (p1, ..., pn) = (1/R, ...., 1/Rn) und p0 = 1.• Bei vollkommenem Kapitalmarkt: konstanter Zinssatz r.

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FiWi II: Normative Besteuerungsansätze I 75

Theorie der optimalen Besteuerung XLIV

• Ausgabensteuer– Jeder Konsument wählt seinen Konsum über die

Zeitpunkte verteilt:• c = (c1, ...., cn).

– Jeder Konsument wählt sein Vermögen über die Zeitpunkte verteilt:

• k = (k1, ...., kn).

– Jeder Konsument spart, indem in Periode i – 1 Kapitalgüter zu einem Preis pi–1 kauft und in der folgenden Periode verkauft.

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FiWi II: Normative Besteuerungsansätze I 76

Theorie der optimalen Besteuerung XLV

• Ausgabensteuer– Diskontierung mit pi, so dass der Verkaufsbetrag in

Periode i:• pi–1/pi = R.

– Angenommene Lebenserwartung: n Jahre– Der Endvermögensbestand kn sei der Nachlass.– Die Erbschaft betrage k0.– Die Anfangsausstattung (Arbeits- und

Bodeneinkommen): • a = (a1, ...., an).

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FiWi II: Normative Besteuerungsansätze I 77

Theorie der optimalen Besteuerung XLVI

• Ausgabensteuer– Jeder Konsument muss in jeder Periode für seinen

Konsum eine Ausgabensteuer aufwenden:• (1 +θ) pi ci. • Nettowertsteuer.• Bruttowertsteuer: pi ci/(1 – τ).

– Jedes Jahr wählt der Konsument die Ausgaben einschliesslich Steuer und Ersparnis so, dass eine periodische Budgetrestriktion eingehalten wird.

iiiiiiii apkpkpcp

⋅+⋅=⋅+−⋅

−− 111 τ

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FiWi II: Normative Besteuerungsansätze I 78

Theorie der optimalen Besteuerung XLVII

• Ausgabensteuer– linke Seite der Gleichung: Ausgaben für Konsum-

und Kapitalgüter– rechte Seite: Einnahmen aus dem Verkauf von

Kapitalgütern und den sonstigen Einkommen. – Dividiere beide Seiten durch pi, setze pi–1/pi = 1 – r

und subtrahiere ki–1 auf beiden Seiten:

iiiii akrkkc

+⋅=−+− −− 111 τ

Brutto-konsum

Ersparnis Kapital-einkommen

Sonst. Ein-kommen

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FiWi II: Normative Besteuerungsansätze I 79

Theorie der optimalen Besteuerung XLVIII

• Ausgabensteuer– Konsum + Ersparnis = Einkommen bei der

Einkommensteuer = Kapitaleinkommen + sonstige Einkommen.

– Die überperiodische Budgetbeschränkung erhält man durch Addition der Budgetbeschränkungen und durch Multiplikation mit (1 – τ).

• p c = (1 – τ) (k0 – pn kn + p a) Erbschafts-

saldo

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FiWi II: Normative Besteuerungsansätze I 80

Theorie der optimalen Besteuerung XLIX• Ausgabensteuer

– Kapitaleinkommen ist keine eigenständige Einkommensquelle mehr.

– Der Gegenwartswert des Konsums entspricht der Summe aus dem Gegenwartswert der sonstigen Einkommen und dem Erbschaftssaldo.

– Das Kapitaleinkommen tritt nicht mehr auf, da der abgezinste Wert der zukünftigen Zinsen in einem vollkommenen Kapitalmarkt gleich null ist.

– Dies gilt gesamtwirtschaftlich, wenn der Gegenwartswert des Nachlasses verzehrt wird.

– Die Ausgabensteuer ist eine Einkommensteuer, bei der das Kapitaleinkommen steuerfrei bleibt.

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FiWi II: Normative Besteuerungsansätze I 81

Theorie der optimalen Besteuerung L• Ausgabensteuer

– Ausgabensteuer als Steuer auf Arbeitseinkommen, Bodeneinkommen und Reingewinne sowie den Erbschaftssaldo.

– Die Ausgabensteuer belastet nur den Anfangskapi-talbestand, während die Einkommensteuer auch auf gegenwärtige und zukünftige Kapitaleinkommen erhoben wird.

– In einer wachsenden Volkswirtschaft mit zunehmenden Kapitalbeständen ist die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer breiter, weil der Barwert der Kapitaleinkommen grösser ist als der Wert des Anfangsbestandes.

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FiWi II: Normative Besteuerungsansätze I 82

Theorie der optimalen Besteuerung LI• Ausgabensteuer

– Die Einkommensteuer hat ein höheres Aufkommen.

– Der Übergang von der Einkommen- zur Ausgaben-steuer erfordert die Anhebung der Steuersätze auf andere Einkommen.

– Dies gilt insbesondere, wenn der Anfangskapital-bestand nicht besteuert werden kann, da er aus bereits versteuertem Einkommen gebildet wurde (Teilenteignung der Älteren).

– Andere Einkommensarten, insbesondere Arbeitseinkommen, müssen noch schärfer besteuert werden.

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FiWi II: Normative Besteuerungsansätze I 83

Theorie der optimalen Besteuerung LII

• Einkommen- vs. Ausgabensteuer– Eine Verzerrung weniger bedeutet nicht

notwendigerweise ein effizienteres Steuersystem.– Bitte kein Abzählen von Verzerrungen.– Bei Aufkommensneutralität müssen aufgrund des

Wegfalls der Kapitaleinkommensbesteuerung andere Einkunftsarten stärker besteuert werden.

– Damit ist eine grössere Verzerrung verbunden.– Suche nach dem optimalen Mix von Arbeits- und

Kapitaleinkommenbesteuerung.

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FiWi II: Normative Besteuerungsansätze I 84

Theorie der optimalen Besteuerung LIII

• Einkommen- vs. Ausgabensteuer– Sind Gegenwarts- und Zukunftskonsum gleich

substitutiv zur Freizeit, so ist ein Verzicht auf die Kapitaleinkommensteuer zweitbest und nur Arbeitseinkommen (und Bodeneinkommen usw.) sollte besteuert werden.

– Ist der Gegenwartskonsum stärker substitutiv zur Freizeit als der Zukunftskonsum, sollte eine Kapitaleinkommensteuer erhoben werden,

– im umgekehrten Fall sollte Kapitaleinkommen subventioniert werden.

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FiWi II: Normative Besteuerungsansätze I 85

Theorie der optimalen Besteuerung LIV

• Einkommen- vs. Ausgabensteuer– Grundsätzlich ist es theoretisch und empirisch

offen, was eine Reform hin zur Ausgabensteuer bringt.

– Dasselbe gilt für den Wachstumseffekt.– Empirischer Vergleich von Elastizitäten.– Arbeitsangebotselastizität bei Männern und bei

Frauen.– Arbeitsnachfrageelastizität.– Zinselastizität des Kapitalangebots und der

Kapitalnachfrage.

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FiWi II: Normative Besteuerungsansätze I 86

Zusammenfassung I

• Traditionelle Besteuerungsprinzipien• Leistungsfähigkeitsprinzip dominiert in der

juristischen Literatur, ist aber nicht in der Lage, Aussagen über eine Steuerstruktur zu ermöglichen.

• Keine Verbindung mit der Ausgabenseite und dem politischen Entscheidungsprozess.

• Äquivalenzprinzip: Keine Umverteilung.• Eingeschränkt brauchbar für die

Steuerpraxis.

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FiWi II: Normative Besteuerungsansätze I 87

Zusammenfassung II

• Theorie der optimalen Besteuerung fokussiert die Zusatzlast der Besteuerung.

• Sie ist um so höher, je höher die Preiselastizitäten von Angebot und Nachfrage in einem Markt und je höher der Steuerbetrag.

• Nutzenmaximierung impliziert eine Minimierung der Zusatzlast der Besteuerung.

• Pauschalsteuern als erstbest in diesem Sinn

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FiWi II: Normative Besteuerungsansätze I 88

Zusammenfassung III

• Realistische Steuern können damit nicht erstbest sein.

• Zweitbestes Steuersystem: InverseElastizitätsregel von Ramsey.

• Kein Abzählen von Verzerrungen, sondern relative Elastizitäten berücksichtigen.

• Dies gilt auch für den Vergleich von Einkommen- und Ausgabensteuer.

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FiWi II: Normative Besteuerungsansätze I 89

Zusammenfassung IV• Die Ausgabensteuer ist dann vorteilhaft,

wenn Zinselastizitäten und Lohnelastizitäten gleich groß sind.

• Schwierige Ermittlung, da Arbeitsangebotselastizitäten zwischen Männern und Frauen sehr verschieden.

• Kapitalangebot ist stark differenziert und entsprechend differenziert elastisch.

• Arbeits- und Kapitalnachfrageelastizitäten sind beide relativ hoch.