FOCUS CaetanoVeloso &GilbertoGil HRISTO · PDF filene und Jerry Bergonzi sowie dem Drummer...

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116 Als Richard Andersson 14 Jahre alt war, ex- plodierten direkt vor seinem Gesicht Feuer- werkskörper und er erblindete. Kurz darauf bekam er seinen ersten Gitarrenunterricht – und er sah, wie er später betonte, „zum ersten Mal die Schönheit von Musik“. Er stieg dann auf Kontrabass um und begann, sich einen Namen als ein mit großem, rundem Ton aus- gestatteter Bassist in der umtriebigen und an Talenten nicht armen Jazzszene Dänemarks zu machen. Im Spätsommer vergangenen Jahres hat Andersson sein eigenes Label, Hobby Horse Records, gestartet. Als erstes Al- bum ist noch im Dezember „Splitting Up In Boston“ erschienen, das er zusammen mit den beiden Tenorsaxofonisten George Garzo- ne und Jerry Bergonzi sowie dem Drummer Ra Kalaam Bob Moses bereits 2012 in der Nä- he von Boston eingespielt hatte. Der expres- sive Cry des amerikanischen Free Jazz setzt sich in Beziehung zur freitonal gestalteten Improvisationsmusik europäischer Prägung. Aller harmonischen Offenheit zum Trotz gibt es in den im Kollektiv gespielten, teils langen Stücken stets auch ruhig fließende Passagen, in denen urplötzlich arpeggierte Akkorde einen Schönklang zementieren und das rhythmische Pulsieren in einen satten Groove wechselt (Hobby Horse Records, richardandersson.dk). Wir bleiben in den USA. In der ersten Hälfte der 1990er-Jahre stand auch der Tenorsaxofo- nist Tim Warfield im Fokus der sogenannten „Young Lions“: So machte er 1991 einen drit- ten Platz bei der „Thelonious Monk Compe- HOMEGROWN INT. Homegrown-CDs für den Frühling: mit einem Brückenschlag zwischen Dänemark und den USA, einer rein amerikanische Angelegenheit und einem musikalischen Forschungslabor in der Bretagne. tition“, war zwischen 1994 und ’99 Mitglied in der Band des Bassisten Christian McBride und brachte 1995 sein vielbeachtetes Debüt- album „A Cool Blue“ heraus. Gleichsam eine Art von Interimsprojekt ist seine Zusam- menarbeit mit seinem Instrumentalkollegen und Gelegenheitssänger Herb Harris, die nun mit „Inspire Me!“ auf CD dokumentiert wurde. Die Rhythmusgruppe mit Kevin Hays (Piano), Greg Williams (Bass) und Rod- ney Green (Drums) swingt lässig federnd wie die alte Schule. Und wenn Warfield in seine Solochorusse einsteigt, so gibt er ganz den kraftvollen Shouter, der mit eloquenter Phra- sierung seine Geschichten erzählt (Tim War- field, timwarfieldmusic.com). Zum Schluss nach Frankreich. Genauer: in die Bretagne weit im Westen an der Atlantik- küste. Dort ist der Sänger Erik Marchand zu Hause, der vor allem als Interpret der ty- pischen bretonischen Klagelieder namens „Gwerz“ berühmt ist. Bereits 1975 gründete er die Folkloregruppe Kreiz Breizh, 2003 rief er dann die Kreiz Breizh Akademi ins Leben – als eine Art musikalisches Forschungslabor, um nach Verbindungen zwischen der moda- len (Vokal-)Musik seiner Heimat und ande- ren europäischen und außereuropäischen Kulturen zu suchen. „5ed Round“ heißt das neue Album der Akademi, die unter Mar- chands Leitung Querverweise hin zur Mini- mal Music und der Mikrotonalität arabischer Musik legt (Innacor Records, innacor.com). Martin Laurentius HRISTO VITCHEV Seit 1998 lebt Hristo Vitchev in der Bay Area bei San Francisco in Kalifornien. In San José hat der in Sofia in Bulgarien geborene Gitarrist seinen Arbeits- und Lebensmittelpunkt mittlerweile gefunden. Auch wenn Vitchev hierzulande noch eher unbekannt sein dürfte, so hat er sich in seiner neuen Heimat längst einen Namen als ausdrucksstarker Gitarrist mit profunder Kenntnis der Geschichte seines Instruments gemacht. Auch und gera- de mit seinem Quartett mit dem brasilianischen Pianis- ten Jasnam Daya Singh (aka Weber Iago), dem Bassisten Dan Robbins und dem Schlagzeuger Mike Shannon transformiert er die Leistungen der Altvorderen wie Jim Hall etwa oder Pat Metheny und John Abercrombie in die eigene Sprache. Gerade hat Vitchev eine neue Dop- pel-CD, „In Search Of Wonders“, veröffentlicht, sein viertes Album mit diesem Quartett. Darauf präsentiert er sich als variantenreich schreibender Komponist, der sei- nen Modern Jazz mit impressionistischen, stets sing- baren Melodien und teils komplexen, die harmonische Richtung offen haltenden Akkorden unterfüttert. Seine Zielvorgabe ist es, den Musikern seines Quartetts die Möglichkeit zu geben, ad hoc ohne Blick aufs Notenblatt ihren vielfältigen Fähigkeiten zur Gestaltung seiner Jazz- musik freien Lauf zu lassen. Im Mittelpunkt beider CDs steht die Achse aus Gitarre und Klavier: Vitchev und Singh umzirkeln sich mit ihren Single-Note-Linien, sind mal kontrastierende Widerparts, mal harmonisierende Partner. Zudem schaffen sie mit ihrem voraushörenden Zusammenspiel Räume für die Rhythmusgruppe. Denn weder Robbins noch Shannon sind reine Timing- Knechte, sondern fühlen sich überaus wohl in ihrer Rolle, Vitchevs harmonisch gebundenen Modern Jazz mit überraschendem Tempowechsel stets auch einen Drall hinüber in ein metrisch und rhythmisch freies Spiel zu geben (First Orbit Music, firstorbitmusic.com). FOCUS www.ticketcorner.ch • SBB • Die Post • Manor Programm/Tickets: www.allblues.ch /AllBlues.Konzerte Sa 9.4.16 > Tonhalle Zürich Stacey Kent Vulcain Jazz Classics: Tenderly Di 26.4.16 > KKL Luzern, Konzertsaal Jan Garbarek Group Vulcain Jazz Classics: Magischer Sa 30.4.16 > Kongresshaus Zürich Caetano Veloso & Gilberto Gil Brasiliens Superstars im exklusiven Duo-Konzert! Fr 6.5.16 > Kaufleuten Zürich Taj Mahal Trio The Hula Blues Maestro CH-exklusiv! Sa 7.5.16 > Tonhalle Zürich Charles Lloyd & Jason Moran Duo Vulcain Jazz Classics: The Art of the Duo 20.–26.5.16 > Zürich, Bern, Basel, Herisau Goran Bregovic & his Wedding & Funeral Band Tour 2016 Do 26.5.16 > Volkshaus Zürich Ana Moura Portugals grosse Fadista Mi 1.6.16 > Volkshaus Zürich Elvis Costello Detour 2016 CH-exklusiv! Di 5.7.16 > Kongresshaus Zürich Buddy Guy Amerikas Blues-Ikone endlich live in Zürich! Fr 2.9.16 > Volkshaus Zürich Eric Burdon & The Animals 75th anniversary Tour 2016 CH-exklusiv!

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Als Richard Andersson 14 Jahre alt war, ex-plodierten direkt vor seinem Gesicht Feuer-werkskörper und er erblindete. Kurz daraufbekam er seinen ersten Gitarrenunterricht –und er sah,wie er später betonte, „zumerstenMal die Schönheit vonMusik“. Er stieg dannauf Kontrabass um und begann, sich einenNamen als einmit großem, rundem Ton aus-gestatteter Bassist in der umtriebigen und anTalenten nicht armen Jazzszene Dänemarks

zu machen. Im Spätsommer vergangenenJahres hat Andersson sein eigenes Label,HobbyHorse Records, gestartet. Als erstes Al-bum ist noch im Dezember „Splitting Up InBoston“ erschienen, das er zusammen mitden beidenTenorsaxofonistenGeorgeGarzo-ne und Jerry Bergonzi sowie dem DrummerRa Kalaam BobMoses bereits 2012 in der Nä-he von Boston eingespielt hatte. Der expres-sive Cry des amerikanischen Free Jazz setztsich in Beziehung zur freitonal gestaltetenImprovisationsmusik europäischer Prägung.Aller harmonischen Offenheit zum Trotzgibt es in den im Kollektiv gespielten, teilslangen Stücken stets auch ruhig fließendePassagen, in denen urplötzlich arpeggierteAkkorde einen Schönklang zementieren unddas rhythmische Pulsieren in einen sattenGroove wechselt (Hobby Horse Records,richardandersson.dk).Wir bleiben in den USA. In der ersten Hälfteder 1990er-Jahre stand auch der Tenorsaxofo-nist Tim Warfield im Fokus der sogenannten„Young Lions“: So machte er 1991 einen drit-ten Platz bei der „Thelonious Monk Compe-

HOMEGROWN INT.Homegrown-CDs für den Frühling: mit einem Brückenschlag zwischen

Dänemark und den USA, einer rein amerikanische Angelegenheit und einemmusikalischen Forschungslabor in der Bretagne.

tition“, war zwischen 1994 und ’99 Mitgliedin der Band des Bassisten Christian McBrideund brachte 1995 sein vielbeachtetes Debüt-album „A Cool Blue“ heraus. Gleichsam eineArt von Interimsprojekt ist seine Zusam-menarbeit mit seinem Instrumentalkollegenund Gelegenheitssänger Herb Harris, dienun mit „Inspire Me!“ auf CD dokumentiertwurde. Die Rhythmusgruppe mit KevinHays (Piano), Greg Williams (Bass) und Rod-

ney Green (Drums) swingt lässig federndwiedie alte Schule. Und wenn Warfield in seineSolochorusse einsteigt, so gibt er ganz denkraftvollen Shouter, dermit eloquenter Phra-sierung seine Geschichten erzählt (TimWar-field, timwarfieldmusic.com).Zum Schluss nach Frankreich. Genauer: indie Bretagneweit imWesten an der Atlantik-küste. Dort ist der Sänger Erik Marchand zuHause, der vor allem als Interpret der ty-pischen bretonischen Klagelieder namens„Gwerz“ berühmt ist. Bereits 1975 gründeteer die Folkloregruppe Kreiz Breizh, 2003 riefer dann die Kreiz Breizh Akademi ins Leben –als eine Art musikalisches Forschungslabor,um nach Verbindungen zwischen der moda-len (Vokal-)Musik seiner Heimat und ande-ren europäischen und außereuropäischenKulturen zu suchen. „5ed Round“ heißt dasneue Album der Akademi, die unter Mar-chands Leitung Querverweise hin zur Mini-malMusic undderMikrotonalität arabischerMusik legt (Innacor Records, innacor.com).

Martin Laurentius

HRISTO VITCHEV

Seit 1998 lebt Hristo Vitchev in der Bay Area bei SanFrancisco in Kalifornien. In San José hat der in Sofia inBulgarien geborene Gitarrist seinen Arbeits- undLebensmittelpunkt mittlerweile gefunden. Auch wennVitchev hierzulande noch eher unbekannt sein dürfte, sohat er sich in seiner neuen Heimat längst einen Namenals ausdrucksstarker Gitarrist mit profunder Kenntnis derGeschichte seines Instruments gemacht. Auch und gera-de mit seinem Quartett mit dem brasilianischen Pianis-ten Jasnam Daya Singh (aka Weber Iago), dem BassistenDan Robbins und dem Schlagzeuger Mike Shannontransformiert er die Leistungen der Altvorderen wie JimHall etwa oder Pat Metheny und John Abercrombie indie eigene Sprache. Gerade hat Vitchev eine neue Dop-pel-CD, „In Search Of Wonders“, veröffentlicht, seinviertes Albummit diesemQuartett. Darauf präsentiert ersich als variantenreich schreibender Komponist, der sei-nen Modern Jazz mit impressionistischen, stets sing-baren Melodien und teils komplexen, die harmonischeRichtung offen haltenden Akkorden unterfüttert. SeineZielvorgabe ist es, den Musikern seines Quartetts dieMöglichkeit zu geben, ad hoc ohne Blick aufs Notenblattihren vielfältigen Fähigkeiten zur Gestaltung seiner Jazz-musik freien Lauf zu lassen. Im Mittelpunkt beider CDs

steht die Achse aus Gitarre und Klavier: Vitchev undSingh umzirkeln sich mit ihren Single-Note-Linien, sindmal kontrastierende Widerparts, mal harmonisierendePartner. Zudem schaffen sie mit ihrem voraushörendenZusammenspiel Räume für die Rhythmusgruppe. Dennweder Robbins noch Shannon sind reine Timing-Knechte, sondern fühlen sich überaus wohl in ihrer Rolle,Vitchevs harmonisch gebundenen Modern Jazz mitüberraschendem Tempowechsel stets auch einen Drallhinüber in ein metrisch und rhythmisch freies Spiel zugeben (First Orbit Music, firstorbitmusic.com).

FOCUS

www.ticketcorner.ch • SBB • Die Post • Manor

Programm/Tickets: www.allblues.ch /AllBlues.Konzerte

Sa 9.4.16 > Tonhalle Zürich

Stacey KentVulcain Jazz Classics: Tenderly

Di 26.4.16 > KKL Luzern, Konzertsaal

Jan Garbarek GroupVulcain Jazz Classics: Magischer

Sa 30.4.16 > Kongresshaus Zürich

Caetano Veloso& Gilberto GilBrasiliens Superstars im exklusiven Duo-Konzert!

Fr 6.5.16 > Kaufleuten Zürich

Taj Mahal TrioThe Hula Blues Maestro • CH-exklusiv!

Sa 7.5.16 > Tonhalle Zürich

Charles Lloyd& Jason Moran DuoVulcain Jazz Classics: The Art of the Duo

20.–26.5.16 > Zürich, Bern, Basel, Herisau

Goran Bregovic& his Wedding & Funeral Band • Tour 2016

Do 26.5.16 > Volkshaus Zürich

Ana MouraPortugals grosse Fadista

Mi 1.6.16 > Volkshaus Zürich

Elvis CostelloDetour 2016 • CH-exklusiv!

Di 5.7.16 > Kongresshaus Zürich

Buddy GuyAmerikas Blues-Ikone • endlich live in Zürich!

Fr 2.9.16 > Volkshaus Zürich

Eric Burdon & The Animals75th anniversary Tour 2016 • CH-exklusiv!