Hans von Storch Institut für Küstenforschung, Helmholtz Zentrum Geesthacht und KlimaCampus Hamburg
Folie 1 DACH, Hamburg 11. September 2007 Die Sünder, der Sturm und die Strafe. Rungholt in 2070?...
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Folie 1 DACH, Hamburg11. September
2007
Die Sünder, der Sturm und die Strafe. Rungholt in 2070?
Hans von Storch; Institut für Küstenforschung, GKSS Forschungszentrum, Geesthacht; und Meteorologisches Institut,
Universität Hamburg
Folie 2 DACH, Hamburg11. September
2007
Hans von Storch
Klimaforscher
Spezialgebiet: Küstenklima, also Windstürme, Sturmfluten, Seegang, Nordsee, Nordatlantik
Kooperation mit Sozialwissenschaftlern
Folie 3 DACH, Hamburg11. September
2007
KüstenforschungGKSS, Geesthacht
Beschreibung und Bewertung von gegenwärtigem Klima und Klimawandel im Küstenraum.
Ableitung von Szenarien des möglichen zukünftigen Klimawandels im Küstenraum.
Besonderes Augenmerk: Windbezogene Aspekte, also Windkraft, Sturmfluten und Seegang.
Vor allem: Nord- und Ostsee.
Folie 4 DACH, Hamburg11. September
2007
PraxisKlima-forschung
NorddeutschesKlimabüro
Nordeutsches Klimabüro@GKSS
Norddeutsches Klimabüro schließt Lücke
zwischen Klimaforschung und Praxis
z.B. Küstenschutz, Tourismus, Landwirtschaft, Off-shore Aktivität, Schiffbau, Transport, Fischerei, Energieversorgung Wasserwirtschaft, Versicherungen
Folie 5 DACH, Hamburg11. September
2007
Klima, Küstenklima
Klima ist die Statistik des Wetters, nicht “durchschnittliches Wetter” (gibt’s nicht).
Alle „Wetter“variablen - in Atmosphäre, Ozean und anderen Klimakomponenten.
Besonderes Interesse: Variablen und Kennstatistiken mit Bedeutung für Gesellschaft.
Küsten: Wind, Seegang, Wasserstand, und deren Extreme.
Folie 6 DACH, Hamburg11. September
2007
Folie 7 DACH, Hamburg11. September
2007
Windklimaänderungen
Schwierig festzustellen, weil die Messmethoden sich ändern. (Früher: subjektiv visuell, heute instrumentell)
Schwierig festzustellen, weil die unmittelbare Umgebung von Bedeutung ist.
Fast alle langen Winddatensätze sind inhomogen, d.h. spiegeln nicht nur Änderungen des Windklimas wieder sondern auch andere Faktoren (Beobachtungsmethode & - dichte, lokale Änderungen)
Folie 8 DACH, Hamburg11. September
2007
Scheinbare Änderungen der Sturmstatistik
10-jährige Mittel der jährlichen Häufig-keiten von Starkwind-ereignissen (Wind-stärken von mehr als 7) in Hamburg.
Folie 9 DACH, Hamburg11. September
2007
Folie 10 DACH, Hamburg11. September
2007
Öffentliche Aufmerksamkeit
Klima wird fast immer als schlechter werdend wahrgenommen.
Jahreszeiten weniger zuverlässig, stärkere Extreme, speziell mehr/schwerere Stürme.
Folie 11 DACH, Hamburg11. September
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Überblick: 28 Thesen
Naturwissenschaftliche Einschätzung des menschgemachten Klimawandels – global
Naturwissenschaftliche Einschätzung des menschgemachten Klimawandels – regional
Reaktionsmöglichkeiten – Anpassung und Verminderung
Folie 12 DACH, Hamburg11. September
2007
1) Das Klima ist veränderlich; es wirken natürliche Faktoren und menschgemachte Faktoren
2) Der wichtigste menschgemachte Faktor ist die erhöhte Gegenwart von strahlungsaktiven Gasen, den so genannten Treibhausgasen, in der Atmosphäre. Diese Treibhausgase werden durch vielfältige menschliche Aktivität freigesetzt und nur langsam wieder aus der Atmosphäre entfernt.
3) Beim Übergang des wichtigsten Treibhausgases, des Kohlendioxids, in den Ozean führt dieses zu einer Veränderung des Säuregrades des Ozeanwassers.
4) Erhöhte Konzentrationen von Treibhausgasen in der Atmosphäre führen zu einer Erwärmung. Neben der Wirkung auf die Temperatur und unmittelbar damit zusammenhängenden Eigenschaften sind die Veränderungen anderer Klimavariablen räumlich uneinheitlich.
Naturwissenschaftliche Einschätzung des menschgemachten Klimawandels –
global
Folie 13 DACH, Hamburg11. September
2007
Einschätzung: Globale Erwärmung real?
5) Die Klimaforschungs-Gemeinschaft ist sehr weitgehend davon überzeugt, dass die derzeitig beobachteten Veränderungen des Klimas weitgehend (ca. 2/3) auf den menschlichen Einfluss zurück geht.
Folie 14 DACH, Hamburg11. September
2007
6) Die Ansichten darüber, inwieweit wir derzeit verstärkte oder vermehrte Extremereignisse (also etwa Windstürme, Starkniederschläge) sehen, ist gespalten.
7) Beschreibungen der Zukunft sind keine Vorhersagen, sondern alternative Szenarien, deren Wahrscheinlichkeit nicht angegeben werden kann. Sie sind keine Vorhersagen sondern hängen davon ab, wie sich die Emissionen zukünftig entwickeln. Sie stimmen jedoch alle darin überein, dass die Temperaturen und die mittleren Wasserstände steigen.
Naturwissenschaftliche Einschätzung des menschgemachten Klimawandels –
global
Folie 15 DACH, Hamburg11. September
2007
Einschätzung: IPCC Berichte zutreffend?
8) Die Einsichten der Klimaforschung werden in den IPCC-Berichten (Intergovernmental Panel on Climate Change, in der Öffentlichkeit bisweilen als „Klimarat der UN“ bezeichnet) gut zusammengefasst.
Folie 16 DACH, Hamburg11. September
2007
Regionale Entwicklung der Temperatur und Sturmtätigkeit
Lund und Stockholm
11) Temperaturen in Norddeutschland sind in den letzten Jahrzehnten gestiegen. Sturmtätigkeit hat von Jahrzehnt zu Jahrzehnt geschwankt, aber auf längere Sicht fast unverändert seit 1800.
Folie 17 DACH, Hamburg11. September
2007
Wasserstand in der Nordsee
Wasserstandsschwankungen – Jahresmittel der Tidenhochwasser und jährliches 99%-til der Tidenhochwässer relativ zum Jahresmittel
12) Derzeitige Veränderungen des mittleren Wasserstands in der Nordsee unklar, da lokale Wasserstandsreihen von verschiedenen nichtklimatischen Faktoren abhängen
Folie 18 DACH, Hamburg11. September
2007
Sturmfluten in der ElbeVergangenheit
Folie 19 DACH, Hamburg11. September
2007
Sturmfluten in der ElbeVergangenheit
Differenz Scheitelhöhen Hamburg - Cuxhaven
13) Sturmfluten in der Elbe deutlich erhöht seit 1962 – aufgrund wasserbaulicher Maßnahmen, vor allem wegen der Verkürzung der Deichlinie
Folie 20 DACH, Hamburg11. September
2007
Szenarien für Norddeutschland
14) Szenarien für Norddeutschland (gerundet):2030: Temperaturen +1 ±0.4 Grad; Starkwind +2%±1% (Winter); Niederschlag –10% Sommer, +10% Winter (±5%);
2085: Temperaturen +3 ±1.2 Grad; Starkwind +8%±4%; (Winter) Niederschlag –30% Sommer, +30% Winter (±10%);
Folie 21 DACH, Hamburg11. September
2007
Sturmfluthöhen längs der deutschen Nordseeküste
14) Szenarien für Sturmfluten an der Nordsee spiegeln sowohl veränderte Windbedingungen als auch veränderte Füllungen der Weltozeane wieder
Woth, pers. Mitteilung
Folie 22 DACH, Hamburg11. September
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IPCC-Szenarien von Anstiegmittlerer Wasserstand [m]
Folie 23 DACH, Hamburg11. September
2007
Sturmfluthöhen in Cuxhaven und Hamburg
Ohne Landhebung/senkung, morphologische Veränderungen!
Folie 24 DACH, Hamburg11. September
2007
16) Der menschgemachte Klimawandel ist nicht mehr ganz zu vermeiden, er ist nur noch zu vermindern.
Der menschgemachte Klimawandel findet statt. Er wird sich in Zukunft weiter und deutlicher entfalten.
Er ist bei uns sichtbar im thermischen Regime.
Reaktionsmöglichkeiten:
Vermeidung von Klimawandel
- durch Emissionsminderungen
- durch technische Eingriffe
Anpassung an Klimawandel.
Reaktionsmöglichkeiten auf Klimawandel
Folie 25 DACH, Hamburg11. September
2007
Reaktionsmöglichkeiten – Anpassung und Verminderung
17) Jeder Klimawandel wird erhebliche Anstrengungen für eine Anpassung an veränderte Bedingungen nach sich ziehen.
18) Optimistische Vorstellungen sprechen davon, dass der Anstieg der globalen Lufttemperatur bis 2100 auf 2 Grad über dem Niveau von 1850 begrenzt werden kann.
19) Die 2 Grad Zahl ist eine politische Zahl, keine wissenschaftliche Zahl. Evtl. ist sie von Wissenschaftlern vorgeschlagen worden, weil sie sie für die kleinste erreichbar Zahl halten.
20) Da der Klimawandel nicht mehr völlig vermieden werden kann und eine globale Änderung von 2 Grad regional und lokal zu deutlich veränderten klimatischen Bedingungen führen wird, werden Anpassungsmaßnahmen auch in diesem optimistischen Falle erforderlich.
Folie 26 DACH, Hamburg11. September
2007
21) Szenarien sprechen auch von der Möglichkeit, dass erheblich höhere Temperaturanstiege vor uns liegen könnten, z.B. 5-6 Grad.
22) Viele Abschätzung über zukünftige Schäden, wie z.B. die neulich von einer NGO veröffentlichten zukünftigen Todeszahlen aufgrund von Hitzestress, sind mit politischen Hintergedanken formuliert.
Zum einen vernachlässigen sie die Wirkung von Anpassungsmaßnahmen, und zum anderen verschweigen sie, dass gleichzeitig weniger Kältewellen weniger Gesundheitsbelastungen darstellen würden.
Reaktionsmöglichkeiten – Anpassung und Verminderung
Folie 27 DACH, Hamburg11. September
2007
23) In der öffentlichen Debatte wird das Thema der Anpassung kaum thematisiert; es ist vielmehr als „defätistisch“ fast tabuisiert; in den Verwaltungen und bei Betroffenen jedoch wird diese Perspektive jetzt verstärkt aufgegriffen.
24) Die ausschließliche Fixierung der öffentlichen Debatte auf die Verminderungen der Emission ist daher nicht problemangemessen. Sie vernachlässigt in unverantwortlicher Weise den Schutz der Gesellschaft vor den derzeitigen und zukünftigen Klimagefahren.
25) Neben Forschung und Planung für den „Klimaschutz“ (Schutz des Klimas vor dem Menschen) ist auch aktive Forschung für den Schutz der Gesellschaft vor dem (jetzigen und zukünftigen) Klima nötig, also Forschung zur Ermöglichung und Absicherung wirksamer Anpassungsmaßnahmen.
Reaktionsmöglichkeiten – Anpassung und Verminderung
Folie 28 DACH, Hamburg11. September
2007
26) Versuche, den Eindruck zu erwecken, die breit propagierten weitgehend symbolische Akte würden „das Problem“ lösen, verharmlosen das Problem. Energiesparlampen und Verzicht auf Fernreisen lösen „das Problem“ nicht.
27) Wissenschaftler sollten nicht die Bandbreiten der Optionen einschränken, und „richtige“ Politiken vorgeben, sondern die volle Bandbreitem der Optionen inkl. aller Vorbehalte als Informationen in den gesellschaftlichen Raum geben (Konzept des „ehrlichen Maklers“) .
Reaktionsmöglichkeiten – Anpassung und Verminderung
Folie 29 DACH, Hamburg11. September
2007
Die Sünder, der Sturm und die Strafe. Rungholt in 2070?
Folie 30 DACH, Hamburg11. September
2007
Wenn wir über Klimawandel und Sturmfluten denken und sprechen, dann müssen wir berücksichtigen:
a) Wir sind Teil einer Kultur, die Vorstellungen über Klima und über Wetterrisiken (Sturmfluten) konstruiert und tradiert.
b) Daher sind gewisse Erklärungen a-priori in der öffentlichen Wahrnehmung richtig, weitgehend unabhängig von der Tatsachenlage.
Folie 31 DACH, Hamburg11. September
2007
Diese kulturell konstruierten Wahrheiten sind:
a) Die Natur schlägt zurück, wenn sie zu sehr vom Menschen gequält wird.
b) Sie schlägt zurück mit Extremereignissen.
c) Extremereignisse sind Zeichen an der Wand und mahnen zur Umkehr.
d) Ohne moralische Umkehr nehmen die Extremereignisse zu, siehe (a).
Folie 32 DACH, Hamburg11. September
2007
Damit ist der Untergang Rungholts eine Mahnung für uns – um diesem Schicksal zu entgehen müssen wir (umwelt)gerechter leben.
In der Logik unserer Kultur richtig, im Lichte naturwissenschaftlichen Fakten keine sinnvolle Deutung.
Trotzdem sollten wir umweltgerechter leben, aber das allein bewahrt uns nicht vor dem Schicksal Rungholts.
Folie 33 DACH, Hamburg11. September
2007
Klima ist gefährlich – auch heute
Stürme und Sturmfluten gehören zu
Nordfriesland wie die Möwen.
- und auch im Rahmen des
heutigen Klimas sind wesentlich
höhere Sturmfluten zwar sehr
unwahrscheinlich aber dennoch
möglich (+1 m?)
Folie 34 DACH, Hamburg11. September
2007
Dies gilt heute zwei m
al am Tag!
Abbildung von FrankThorenz