Forum STE-PS - Dokumentation Seminar Nuertingen

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Prof. Dr. Rita Wodzinski: Naturwissenschaften und Technik von Klasse 1 bis 6 professionell unterrichten - Was heißt das und welche Kompetenzen braucht man dazu? Dr. Mirjam Steffensky: … mehr als Brausepulverraketen bauen? Zur Didaktik naturwissenschaftlichen Lernens in der Grundschule und im Übergang zu den weiterführenden Schulen Dr. Cornelia Sommer: Standards und Kompetenzen für nachhaltige Bildung im Bereich von Naturwissenschaft und Technik der Klassen 1-6 STAATLICHES SEMINAR FÜR DIDAKTIK UND LEHRERBILDUNG NÜRTINGEN (GHWRS) Forum STE-PS Veranstaltungsreihe Naturwissenschaftlich-technische Bildung: Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse Dokumentation 2008 Michael Wünsch, SSDL Nürtingen

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Prof. Dr. Rita Wodzinski: Naturwissenschaften und Technik von Klasse 1 bis 6 professionell unterrichten -

Was heißt das und welche Kompetenzen braucht man dazu?

Dr. Mirjam Steffensky: … mehr als Brausepulverraketen bauen? Zur Didaktik naturwissenschaftlichen

Lernens in der Grundschule und im Übergang zu den weiterführenden Schulen

Dr. Cornelia Sommer: Standards und Kompetenzen für nachhaltige Bildung im Bereich von

Naturwissenschaft und Technik der Klassen 1-6

STAATLICHES SEMINAR FÜR DIDAKTIK UND LEHRERBILDUNG NÜRTINGEN (GHWRS)

Forum STE-PS

Veranstaltungsreihe

Naturwissenschaftlich-technische Bildung: Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse

Dokumentation

2008

Michael Wünsch, SSDL Nürtingen

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Inhaltsverzeichnis

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I. Organisation

Forum STE-PS Referentinnen o Prof. Dr. Rita Wodzinski, Universität Kassel o Dr. Mirjam Steffensky, Universität Lüneburg o Dr. Cornelia Sommer, Leibniz-Institut für die Pädagogik der

Naturwissenschaften (IPN) Kiel

STE-PS Projekt-Team o Siegfried Henzler (Direktor) o Michael Wünsch (Projektleiter STE-PS) o Gabi Schick (STE-PS Team) o Hagen Loop (STE-PS Team)

STE-PS Lehreranwärterinnen und Lehreranwärter Kurs 08/09

o Patricia Dörr o Lisa Dörreich o Tanja Eberspächer o Simone Faller o Sabrina Göser o Alexandra Hellmann o Eva Konietzko o Alexandra Köhler o Jan Müller o Daniela Oschwald o Ivana Paic o Anna Pfost o Florian Sikora o Sarah Stehle o Daniela Utzt o Stephanie Wenzel o Lisa Zgubinski

Seminarmitarbeiterinnen und -mitarbeiter

o Hans Jürgen Wagener (BL) o Friedericke Kämpf-Kick (Stellv. Seminarleiterin) o Andrea Lühne (Blin) o Eckhard Alber (BL) o Lisa Reelsen (FL) o Harald Huss (FL) o Sabine Doster (Sekretariat) o Krystyna Heubi-Peters (Sekretariat) o Karin Pfänder (Sekretariat) o Volker Planer

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II. Forum STE-PS Das Forum STE-PS ist ein Diskussions- und Kommunikationsfeld des Seminars mit dem Ziel, im Dialog mit schulischen und außerschulischen Partnern Fragen zu klären und Ideen zu generieren, um für Lehrerbildung und Unterricht im Feld der naturwissenschaftlich-technischen Bildung innovative Impulse zu setzen. Im Dialog mit drei Wissenschaftlerinnen möchten wir im Herbst 2008 im Bereich der naturwissenschaftlich-technischen Bildung in den Klassen 1-6 aktuelle Erkenntnisse zu folgenden Fragestellungen gewinnen: Welche Bildungsstandards sind relevant zur nachhaltigen Förderung und Bildung der

Schülerinnen und Schüler? Was ist der Stand der Didaktik? Welche Kompetenzen muss eine Lehrperson besitzen, um Lernprozesse

professionell gestalten zu können? III. Das Projekt STE-PS Science Teachers for Europe - Principles and Standards

Mit dem Projekt STE-PS verfolgt das Seminar das Ziel, die Lehrerbildung im Bereich Naturwissenschaft und Technik für die Klassen 1-6 weiter zu entwickeln. Das heißt, Lehreranwärterinnen und Lehreranwärter zu befähigen, die Lernumgebung und Lernprozesse so zu gestalten, dass naturwissenschaftlich-technische Bildung grundgelegt, nachhaltig entwickelt und gefördert wird. Die Veranstaltungsreihe soll für die Arbeit im Projekt STE-PS weitere wissenschaftliche Grundlagen liefern und handlungsleitende Orientierung geben. IV. Die Forum STE-PS Referentinnen

Prof. Dr. Rita Wodzinski

Universität Kassel

Montag, 15.09.2008, 14.00 – 18.00 Uhr Seminar Nürtingen, Raum 211 Naturwissenschaften und Technik von Klasse 1 bis 6 professionell unterrichten - Was heißt das und welche Kompetenzen braucht man dazu? geb. 1963 Studium für das Lehramt an Gymnasien (Mathematik/Physik) in Osnabrück Referendariat in Salzgitter Wissenschaftliche Mitarbeiterin und Promotion in der Physikdidaktik an der Universität Frankfurt, Wiss. Assistentin in der Physikdidaktik an der LMU München Seit 2000 Professorin für Didaktik der Physik an der Universität Kassel, zuständig für alle Lehrämter mit Fach Physik sowie für physikalische Aspekte im Sachunterricht Seit 2003 Vorsitzende des Fachverbands Didaktik der Physik in der DPG

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Dr. Mirjam Steffensky

Universität Lüneburg

Dienstag, 30.09.2008, 14.00 – 18.00 Uhr Seminar Nürtingen, Raum 211 … mehr als Brausepulverraketen bauen? Zur Didaktik naturwissenschaftlichen Lernens in der Grundschule und im Übergang zu den weiterführenden Schulen geb. 1970 1989 Abitur 04/1990-03/1995 Studium der Chemie (Diplom) an der Universität Hamburg und der University Newcastle upon Tyne 06/1995-05/2000 Promotion in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. W. Francke (Institut für Organische Chemie, Universität Hamburg) und Prof. Dr. S. Schulz, (Institut für Organische Chemie, TU Braunschweig) über das Thema "Isolierung, Identifizierung und Synthese von Signalstoffen aus Spinnen" 09/2000-09/2002 Redakteurin bei Wiley-VCH sowie freiberufliche journalistische Tätigkeit (u.a. FAZ, Bild der Wissenschaft online) Seit 10/2002 Juniorprofessorin für Chemie-Didaktik an der Universität Lüneburg, Fakultät III - Umwelt und Technik

Dr. Cornelia Sommer

Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften (IPN) Kiel

Dienstag, 07.10.2008, 14.00 – 18.00 Uhr Seminar Nürtingen, Raum 211 Standards und Kompetenzen für nachhaltige Bildung im Bereich von Naturwissenschaft und Technik der Klassen 1-6 geb. 1968 1988-1995 Biologie-Studium an der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz (Vordiplom) und der Ludwig-Maximilians-Universtität in München (Diplom) Diplomarbeit am Institut für Pädagogische Psychologie der Ludwig-Maximilians-Universität München bei Frau Prof. Sodian Seit 1996 Wissenschaftliche Mitarbeiterin am IPN Kiel u.a. in den Projekten: Nachhaltige Nutzung biologischer Vielfalt, System Erde 2006 Promotion am IPN bei Herrn Prof. Bayrhuber zur Systemkompetenz von Grundschülern

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V. Forum STE-PS 1 Vortrag Prof. Dr. Rita Wodzinski, Universität Kassel Naturwissenschaften und Technik von Klasse 1 bis 6 professionell unterrichten - Was heißt das und welche Kompetenzen braucht man dazu? Montag, 15.09.2008, 14.00 – 18.00 Uhr Seminar Nürtingen, Raum 211 1. Programm Forum STE-PS 1 14.00 Uhr Begrüßung Zum Ablauf der Veranstaltung Direktor Siegfried Henzler 14.20 Uhr Vortrag: Naturwissenschaften und Technik von Klasse 1 bis 6 professionell unterrichten - Was heißt das und welche Kompetenzen braucht man dazu?

Prof. Dr. Rita Wodzinski 15.20 Uhr Organisation der Gesprächsrunden Michael Wünsch, Projektleiter STE-PS 15.30 Uhr Pause mit kleiner Stärkung Lehreranwärterinnen/Lehreranwärter Pädagogik STE-PS

Gabi Schick, Fachleiterin 16.00 Uhr Gesprächsrunden 17.00 Uhr Podium Prof. Dr. Rita Wodzinski Lehreranwärterinnen/Lehreranwärter Päd. STE-PS Moderation: Hans Jürgen Wagener, Seminarschulrat 17.45 Uhr Schlussworte im Dialog Michael Wünsch, Projektleiter STE-PS Hans Jürgen Wagener, Seminarschulrat 2. Vortrag Prof. Dr. Rita Wodzinski, Universität Kassel

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UNIKASSELVERSITÄT

Naturwissenschaften und Technik von Klasse 1 bis 6 professionell

unterrichten –Was heißt das und welche

Kompetenzen braucht man dazu?

Rita WodzinskiUniversität Kassel

([email protected])

Als ich meine Zusage zu diesem Vortrag gegeben habe, habe ich das vor dem Hintergrund getan, dass ich als Sachunterrichtsausbilderin dazu doch in jedem Fall etwas sagen können sollte. Ich habe leider sehr schnell gemerkt, dass diese Frage viel schwieriger zu beantworten ist, als ich dies zunächst erwartet hatte. So gesehen habe auch ich durch die Vorbereitung auf diesen Vortrag bereits eine Menge gelernt. Und ich hoffe, dass mein Vortrag Ihnen ebenfalls viele Anregungen für die Diskussion geben wird.

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UNIKASSELVERSITÄT

Was heißt professionell unterrichten in NaWi und Te?

Welche Kompetenzen braucht man dazu?

Der Titel meines Vortrages besteht aus zwei Fragen, die ich der Einfachheit halber hier getrennt habe. Naiv würde man vermuten, dass man zunächst die erste Frage zu klären hat und sich daraus die Kompetenzen von Lehrkräften ableiten lassen. Und umgekehrt, wenn man weiß welche Kompetenzen eine Lehrkraft braucht, um guten Unterricht zu machen, besteht nur noch die Aufgabe darin, Lehrern diese Kompetenzen zu vermitteln, und schon wird naturwissenschaftlicher Unterricht professionell.Verfolgt man diese Idee, stößt man allerdings schnell auf Schgwierigkeiten. Schon die erste Frage bereitet einige Probleme. Denn woran will man eigentlich festmachen, WAS professioneller Unterricht ist?

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UNIKASSELVERSITÄT

Was heißt professionell unterrichten in NaWi und Te?

Welche Kompetenzen braucht man dazu?

Bildungsplan erfüllen?

didaktische und pädagogische Ratschläge befolgen?

erfolgreich unterrichten?

wie ein Profi unterrichten?

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UNIKASSELVERSITÄT

Was heißt professionell unterrichten in NaWi und Te?

Welche Kompetenzen braucht man dazu?

Bildungsplan erfüllen?

didaktische und pädagogische Ratschläge befolgen?

erfolgreich unterrichten?

wie ein Profi unterrichten?

Auf welcher Ebene?

Was ist das Fachspezifische an den Kompetenzen?

Was ist das Ziel?

Und auch beim zweiten Teil der Frage ergeben sich Schwierigkeiten:Es gibt eine Reihe von Literatur, die sich mit Kompetenzen von Lehrkräften befasst, aber die Kompetenzen werden hier in einer Allgemeinheit beschrieben, die für den konkreten Unterricht wenig herzugeben scheinen. Die Beschreibungen sind in der Regel auch fachunspezifisch.Schließlich muss man sich auch fragen, auf welches Ziel hin sollen überhaupt Lehrerkompetenzen beschrieben werden? Geht es darum, eine klarere Trennung der Ausbildungsphasen zu charakterisieren? Oder geht es darum, die Qualität von Lehrkräften zu beschreiben oder geht es möglicherweise darum, Ansatzpunkte für die eigene Kompetenzentwicklung zu gewinnen?Ich habe meinen Schwerpunkt vorrangig auf diesen letzten Punkt gelegt. Mein Ziel ist es, AUCH eine Antwort darauf zu geben, was denn Lehrerinnen und Lehrer tun können, um ihre Kompetenzen im Bereich der Naturwissenschaften und der Technik auszubauen.

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UNIKASSELVERSITÄT

Stellen Sie sich bitte folgende Situation vor:Frau Schmidt ist Klassenlehrerin der Klasse 3 a. In der Hofpause beobachtet sie, wie Schülerinnen und Schüler der Parallelklasse mit reichlich Material bepackt in den Werkraum laufen. Sie tragen unter anderem Räder, Stangen und ein großes Holzbrett. „Wir bauen heute mit Herrn Meier ein lenkbares Auto!“ rufen die Kinder freudestrahlend.Was denkt Frau Schmidt in diesem Moment wohl: Vermutlich wird sie denken: „Meinen Kindern würde das sicher auch viel Spaß machen. Aber ich bin dafür eben nicht kompentet. Herr Meier, das ist ein Profi in Technik.“Diese Geschichte liefert uns einen Zugang zum Thema in zwei Richtungen. Wir können uns einerseits fragen, wie der Unterricht von Herrn Meier wohl aussieht, damit man ihn zu recht als professionell bezeichnen könnte und wir können uns fragen, was denn Frau Schmidt an Kompetenzen fehlt, so dass sie vor dem Thema zurückschreckt.

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UNIKASSELVERSITÄT

Was könnte den Unterricht von Herrn Meier charakterisieren?

• Lernsituationen• gründliche Vorbereitung, Zielklarheit• Platz für Fragen der Kinder• Problemorientierung• Vorerfahrungen erheben• Zeichnen als diagnostisches Mittel• Anschauungsmaterial• eigene Vorstellungen weiterentwickeln• Lernerfolge sichtbar machen• vergleichen und bewerten• Verknüpung verschiedener Perspektiven• Lebensweltbezug• differenzierte und kognitiv anspruchsvolle Aufgaben• methodisch variantenreich

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UNIKASSELVERSITÄT

Was fehlt Frau Schmidt, um über „Fahrzeuglenkung“ professionell zu

unterrichten?• Zutrauen

• Wissen• praktische Erfahrung

• Zeit• Material• Unterstützung durch Kollegen• ...

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UNIKASSELVERSITÄT

Was fehlt Frau Schmidt, um über „Fahrzeuglenkung“ professionell zu

unterrichten?• Zutrauen

• Wissen• praktische Erfahrung

• Zeit• Material• Unterstützung durch Kollegen• ...

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UNIKASSELVERSITÄT

Was fehlt Frau Schmidt, um über „Fahrzeuglenkung“ professionell zu

unterrichten?• Zutrauen => Selbstwirksamkeitserwartung

• Wissen• praktische Erfahrung

• Zeit• Material• Unterstützung durch Kollegen• ...

professionelles Wissen

Um dieses professionelle Wissen genauer zu charakterisieren, ist die Auflistung von Bromme hilfreich, der folgende Inhaltbereiche benennt:

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UNIKASSELVERSITÄT

Inhaltsbereiche professionellen Wissens (Bromme, 1997)

• Fachwissen (über Technik z.B. Wissen über Lenkungsarten, historische Aspekte, Anwendungsbezüge, ...)

• Curriculares Wissen (typische Lerninhalte von Technik im Sachunterricht z.B. Themenaspekte beim Fahrzeugbau, ...)

• Philosophie des Schulfachs (Bedeutung der Technik im Bildungsplan, Ziele von technischer Bildung, ...)

• Pädagogisches Wissen (fachunspezifisch, allgemeine Verhaltensmuster im Unterricht, Unterrichtsmethoden, ...)

• fachdidaktisches Wissen (fachspezifische psychologisch-pädagogische Kenntnisse z.B. Entwicklung des technischen Denkens, Sachzeichnen als Medium technischen Denkens, ...)

...Wie hängt nun dieses Wissen mit dem kompetenten Lehrerhandeln zusammen?

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UNIKASSELVERSITÄT

Wirkungen des professionellen Wissens

Die Wirkung des professionellen Wissens kann als eine Veränderung der Wahrnehmung von Unterrichtssituationen beschrieben werden.Dadurch wird rasches und situationsangemessenes Handeln möglich.

Die Wirkung physikalischen Wissens kann übrigens ganz analog ebenfalls als eine Veränderung der Sichtweise auf die Welt beschrieben werden.

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UNIKASSELVERSITÄT

Ergebnisse aus der Expertiseforschung

Experten… erkennen schneller und genauer kritische Situationen, aber

benötigen länger, um Schlussfolgerungen für weiteres Vorgehen zu ziehen.

… nehmen stärker Informationen wahr, die für den Fortgang des Unterrichtsgeschehens relevant sind.

… haben die ganze Klasse im Blick, während Anfänger eher einzelne Schüler unabhängig voneinander im Blick haben.

… erinnern sich nicht an individuelle Lerner, sondern an die Gestalt des Unterrichtsflusses.

… können ihre Unterrichtsziele situationsangemessen anpassen.… verfügen über stärkere Vernetzungen zwischen fachlichem und

fachdidaktischem Wissen.

Um dem Professionswissen von Lehrkräften näher zu kommen, wurde in einigen Studien das Unterrichtsverhalten von Experten und Anfängern miteinander verglichen. Dabei zeigten sich folgende Ergebnisse:

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UNIKASSELVERSITÄT

Bedeutung von Fachwissen• Fachwissen beeinflusst die Qualität von Erklärungen und

die Fähigkeit, leicht abweichende Beiträge von Schülern in Unterricht einzubinden.

• Fachwissen beeinflusst die Fragetechnik:– wenig Fachwissen => kognitiv wenig anspruchsvolle Fragen– mehr Fachwissen => mehr und längere Schülerbeiträge

• mehr Fachwissen => weniger direkte Steuerung des Unterrichts

• Fachwissen ist eine notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung für qualitätsvollen Unterricht.

• „Fachwissen ist die Grundlage, auf der fachdidaktische Beweglichkeit entstehen kann.“ (Baumert/Kunter, 2006)

Ein wichtiger Teil des Professionswissens ist das Fachwissen. Auch hier hat es einige Untersuchungen gegeben, die den Einfluss des Fachwissens auf das Verhalten von Lehrkräften im Unterricht analysiert haben. Fachwissen ist eine notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung für qualitätsvollen Unterricht. Das bedeutet: ohne Fachwissen, ist kein guter Unterricht möglich, aber Fachwissen allein genügt nicht: Fachdidaktisches Wissen muss zwingend hinzu kommen. Fachwissen schafft jedoch erst die Basis, auf der das fachdidaktische Wissen seine Wirkung entfalten kann.

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UNIKASSELVERSITÄT

Modell professioneller Handlungskompetenz (Baumert/Kunter, 2006)

Professions-wissen

Überzeugungen/Werthaltungen

Motivationale Orientierungen

selbstregulativeFähigkeiten

Bislang haben wir uns den Bereich des Professionswissen genauer angesehen. Für die Handlungskompetenz spielen neben dem Professionswissen aber auch Überzeugungen und Werthaltungen, motivationale Orientierungen und selbsregulative Fähgkeiten eine Rolle.Unter Werthaltungen ist z.B. gemeint, welche Bedeutung Fairness und Gerechtigkeit im Unterrichten hat. Motivationale Orientierungen betreffen z.B. das Selbstkonzept der Lehrkräfte, ob sie sich kompetent fühlen, welches Interesse sie am Unterrichten und am Thema haben usw. Auch die Selbstwirksamkeitserwartungen gehören in diesen Bereich. Aus Untersuchungen weiß man, dass dieser Bereich gerade für Naturwissenschaften und Technik von hoher Bedeutung ist.Selbstregulative Fähigkeiten mein z.B. die Bereitschaft und die Fähigkeit zur Selbstreflexion, aber auch die Fähigkeit, sich die Zeit gut einzuteilen, mit den Kräften zu haushalten, sich Hilfe zu holen etc.

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UNIKASSELVERSITÄT

Die besondere Situation von Ph/Te

Gründe für die „Vermeidung“ von Ph/Te:• keine Ausbildung in Ph/Te im Studium• wenn SU, oft fehlende/mangelnde Ausbildung in

Ph/Te (1. + 2. Phase)• schlechte Erfahrungen mit vorwiegend rezeptivem

Physik-Unterricht• geringes eigenes Interesse• das Gefühl von fachlicher Inkompetenz (gepaart mit

einem schlechten Gewissen)• schlechte Ausstattung in Schulen

Wenden wir uns nun wieder etwas genauer dem Unterricht in Naturwissenschaften und Technik zu. Ein Grund, warum Sie dieses Forum einberufen haben, ist natürlich auch, dass es um die harten Naturwissenschaften und die Technik in den Klassen 1-6 gesammtgesellschaftlich gesehen schlecht bestellt ist. Viele Lehrkräfte fühlen sich bei diesen Themen schlicht überfordert und meiden sie. Ein Grund dafür ist, dass viele Lehrkräfte sich selbst nie freiwillig dafür entschieden hätten, diese Themen zu unterrichten, sondern sie als Sachunterrichtslehrkraft für Klasse 1-4 oder als Biologielehrkraft für Klasse 5 und 6 dazu verpflichtet wurden.

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UNIKASSELVERSITÄT

Weitere Besonderheiten der Physik

• physikalische Erklärungen sind meist sehr komplex.(warum schwimmt ein Schiff, warum fliegt ein Flugzeug, wie funktioniert eine Batterie, was ist ein schwarzes Loch, wie funktioniert eineSolarzelle, wie entsteht ein Regenbogen, woraus besteht ein Magnet...)

• lesbare Fachliteratur fehlt• populärwissenschaftliche Literatur vermittelt ein

falsches Bild von Physik• Zugänge über ergiebige physikalische Phänomene

sind wenig vertraut

Es darf jedoch nicht verschwiegen werden, dass die Physik selbst auch Gründe liefert, warum Lehrkräfte diese Themen meiden.

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UNIKASSELVERSITÄT

Drei Studien im Kontext von Lehrerkompetenzen im

naturwissenschaftlichen Sachunterricht

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UNIKASSELVERSITÄT

Gibt es Zusammenhänge zwischen Lehrer- und Unterrichtsvariablen und

Unterrichtserfolg?

Ute Franz: Lehrer- und Unterrichtsvariablen im naturwissenschaftlichen Sachunterricht (2008)

• 19 Klassen, Unterricht zum elektrischen Strom (Klasse 3)• Korrelation zwischen Unterrichtsmerkmalen und

Unterrichtserfolg (Wissen, Interesse)• Korrelation zwischen Lehrermerkmalen und Unterrichtserfolg

In der Untersuchung von Frau Franz wurden 19 Klassen einbezogen, in denen Unterricht zum Thema Strom erteilt wurde. Es sollte geklärt werden, ob es eine Korrelation zwischen bestimmten Unterrichtsmerkmalen und dem Unterrichtserfolg gibt. Unterrichtserfolg wurde dabei als Wissens- und Interessenszuwachs verstanden.Außerdem sollte geklärt werden, on es eine Korrelation zwischen bestimmten Lehrervariablen und dem Unterrichtserfolg gibt.

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UNIKASSELVERSITÄT

Unterrichtsvariablen

• Strukturierung• Autonomieorientierung• Schülerorientierung• Arbeitsweisen• Problemorientierung• Klassenführung

Als Unterrichrsvariablen wurden folgende didaktisch gut begründbare Variablen ausgewählt, die jeweils mit mehreren Items eines Fragebogens erhoben wurden. Dieser Fragebogen wurde von den Lehrkräften nach jeder Unterrichtsstunde ausgefüllt.Um einen Eindruck von den Items zu geben, möchte ich für jede Variable jeweils einige ausgewählte Items nennen. Die Lehrerinnen sollten jeweils ankreuzen, ob dieses Item zutrifft oder nicht.

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UNIKASSELVERSITÄT

Unterrichtsvariablen

• Strukturierung• Autonomieorientierung• Schülerorientierung• Arbeitsweisen• Problemorientierung• Klassenführung

gab ich im Unterricht gezielte Impulse, um zum Weiterdenken anzuregenwies ich auf besonders wichtige Aspekte hin.

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UNIKASSELVERSITÄT

Unterrichtsvariablen

• Strukturierung• Autonomieorientierung• Schülerorientierung• Arbeitsweisen• Problemorientierung• Klassenführung

wählten die Kinder den Sozialpartner frei.wählten die Kinder unter verschiedenen Arten von Aufgaben frei aus.

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UNIKASSELVERSITÄT

Unterrichtsvariablen

• Strukturierung• Autonomieorientierung• Schülerorientierung• Arbeitsweisen• Problemorientierung• Klassenführung

ging ich auf inhaltliche Fragen von Kindern einorientierte ich mich am Vorwissen der Kinderbesprach ich mit Kindern eine Anwendung für den Alltag

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UNIKASSELVERSITÄT

Unterrichtsvariablen

• Strukturierung• Autonomieorientierung• Schülerorientierung• Arbeitsweisen• Problemorientierung• Klassenführung

wurde experimentiertwurde etwas konstruiert

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UNIKASSELVERSITÄT

Unterrichtsvariablen

• Strukturierung• Autonomieorientierung• Schülerorientierung• Arbeitsweisen• Problemorientierung• Klassenführung

wurde mit Kindern gemeinsam eine Problemfrage gefundenwurden von den Kindern Vermutungen aufgestellt und diskutiert.

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UNIKASSELVERSITÄT

Unterrichtsvariablen

• Strukturierung• Autonomieorientierung• Schülerorientierung• Arbeitsweisen• Problemorientierung• Klassenführung

wurde die Zeit zielorientiert genutztarbeiteten sehr viele Kinder mit

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UNIKASSELVERSITÄT

Lehrervariablen

• Ausbildung• Kompetenzgefühl• Berufliches Interesse• Privates Interesse

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UNIKASSELVERSITÄT

Lehrervariablen

• Ausbildung• Kompetenzgefühl• Berufliches Interesse• Privates Interesse

Als wie gut empfanden Sie Ihre Ausbildung im Studium zum Bereich physikalische Inhalte des SU?

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UNIKASSELVERSITÄT

Lehrervariablen

• Ausbildung• Kompetenzgefühl• Berufliches Interesse• Privates Interesse

Wie hoch schätzen Sie Ihre Kompetenz ein, spontane Fragen der Kinder zu folgenden Themen beantworten zu können...

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UNIKASSELVERSITÄT

Lehrervariablen

• Ausbildung• Kompetenzgefühl• Berufliches Interesse• Privates Interesse

Wie gerne unterrichten Sie folgende Bereiche....

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UNIKASSELVERSITÄT

Lehrervariablen

• Ausbildung• Kompetenzgefühl• Berufliches Interesse• Privates Interesse

Wie gerne tun Sie privat folgendes:Bücher lesen, Experimente durchführen...

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UNIKASSELVERSITÄT

Klassenverteilung im Überblick

Inte

ress

e

Wissen

Die Wissens- und Interessenszuwächse der Klassen wurden jeweils normiert. Diese Daten jeder Klasse wurden dann in ein Koordinatenkreuz eingetragen, aus dem sich dieses Bild ergibt.Auf Grundlage dieses Bildes wurden nun Klassen ausgewählt, die sich besonders deutlich unterscheiden, und zwar einerseits im Hinblick auf Wisseszuwachs, einmal im Hinblick auf Interessenszuwachs und schließlich im Hinblick darauf, wir gut es gelingt, Interesen. und Wissenszuwachs zu kombinieren.

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UNIKASSELVERSITÄT

Klassenverteilung im Überblick

Inte

ress

e

Wissen

Die so ausgewählten Klassen sind auf diesem Bild markiert.

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UNIKASSELVERSITÄT

Wissen

In diesem Bild sind die Profile der Extremklassen dargestellt. Die fette Linie zeigt das Profil der Klasse mit besonders hohem Wissenszuwachs. Betrachtet man zunächsat nur die Unterrichtsvariablen, stellt msan fest, dass die Lehrerin in dieser Klasse in hohem Maß experimentiert hat. Auch hat sie stärker als andere den Unterricht strukturiert. Alle anderen Variablen sind unterdurchschnittlich realisiert. Ein ganz ähnliches Profil zeigt aber auch eine der „Negativklassen“. Die Unterschiede im Lernerfolg lassen sich also nicht darauf zurückführen, dass die Lehrkräfte sich unterschiedlich gut an die Regeln guter Unterrichtsgestaltung gehalten hätten.Sehr deutliche Unterschiede sieht man allerdings bei den Lehrervariablen. Hier hat die Lehrerin der Positivklasse in allen Variablen (außer der Klassenführung) überdurchschnittliche Werte, während die der Negativklassen in allen Variablen unterdurchschnittliche Werte haben.

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UNIKASSELVERSITÄT

Interesse

Am Verblüffendsten ist das Ergebnis hinsichtlich des Interessenszuwachses. Die Positivklasse, also die, bei der die Interessen am deutlichsten zunehmen, zeigt fast in allen Unterrichtsvariablen deutlich unterdurchschnittliche Werte. Insbesondere auch in den Arbeitsweisen. D.h. hier wurde kaum experimentirt, dennoch stieg das Interesse besonders stark. Im Vergleich dazu weisen die Negativklassen fast durchweg positive Werte bei den Unterrichtsvariablen auf.Betrachten wir auch hier wieder die Lehrervariablen, unterscheiden sich die Lehrerinnen weniger als in der vorherigen Grafik zum Wissen. Aber auch hier weist die Lehrerin der Positivklasse erwartungsgemäß die vergleichsweise bessseren Werte auf, wenngleich die Werte insgesamt eher durchschnittlich sind.

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UNIKASSELVERSITÄT

Wissen und Interesse

Schauen wir uns zum Schluss noch die Klassen an, in denen sich Wissen UND Interesse besonders positiv oder negativ entwickelt.Auch hier widerspricht das Muster der Unterrichtsvariablen den Erwartungen, während die Lehrervariablen eher dem entsprechen, was man vermutet hätte. Bei der Lehrerin der Positivklasse ist das Kompetenzgefühl überdurchschnittlich ausgeprägt, während die Lehrerin der Negativklasse einen extrem niedrigen Wert angibt. m Vergleich dazu gehen interessanterweise die privaten Interessen umgekehrt auseinander.

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UNIKASSELVERSITÄT

Ergebnisse

• Erfolgreicher Unterricht in NaWi und Te lässt sich nicht (so einfach) anhand allgemeiner Unterrichtsmerkmale charakterisieren.

• Stärkeren Einfluss zeigen die Lehrervariablen.• Kompetenzgefühl scheint ein entscheidender Faktor

für erfolgreichen Unterricht zu sein.

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UNIKASSELVERSITÄT

Relativierungen

• Aus der Untersuchung folgt nicht, dass es keine Merkmale guten Unterrichts gibt.

• Es folgt aber, dass der Zusammenhang zwischen den Merkmalen guten Unterrichts und dem Unterrichtserfolg sehr komplex ist!

• Allein das Orientieren an den Merkmalen guten Unterrichts führt noch nicht zu gutem Unterricht.

Vor dem Hintergrund der bisherigen Überlegungen könnte man erwarten, dass das Fachwissen und das fachdidaktische Wissen zum Thema Strom mehr Vorhersagewert auf Unterrichtserfolg hat als allgemeine Unterrichtsmerkmale. Ehrlichgesagt vermute ich aber, dass auch eine solche Untersuchung keine klaren Ergebnisse geliefert hätte. Dies spricht jedoch nicht gegen die Bedeutung von Fachwissen und fachdidaktischem Wissen, sondern eher für die Schwierigkeit, diese komplexen Zusammenhänge zu erfassen.

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UNIKASSELVERSITÄT

Lassen sich Lehrervorstellungen beeinflussen und zeigen sich Effekte

im Unterrichtserfolg?Kornelia Möller et al. (2006): Zur Förderung des konzeptuellen Verständnisses durch Unterricht und zur Wirksamkeit von Lehrerfortbildungen

„Schwimmen und Sinken“

Exp.gruppe 1: LernforschungsmodulExp.gruppe 2: SelbststudiumKontrollgruppe: Nur Material

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UNIKASSELVERSITÄT

Ergebnisse• Signifikante Effekte in EG1 zu „Lehren und Lernen als

conceptual change“ und zu „Schülern mit Präkonzepten“.• Praktizistische Vorstellungen (Verstehen nur durch Handeln)

gingen bei EG1 zurück, verstärkten sich aber bei der Selbststudiumsgruppe.

• Nur das Material führte zu keiner Steigerung des fähigkeitsbezogenen Selbstkonzepts bzw. des Interesses bei den Lehrkräften.

• Die Schüler erreichen bei EG1 ein signifikant höheres Konzeptverständnis, das auf die Vorstellungsveränderungen der Lehrkräfte zurückzuführen ist.

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UNIKASSELVERSITÄT

Fazit

• Man kann das Professionswissen durch Lehrerfortbildungen verändern und auf diese Weise Einfluss auf Unterrichtserfolg nehmen.

• Um Lehrkräfte für verbesserten Unterricht zu motivieren und zu qualifizieren, reicht gut ausgearbeitetes Material allein nicht aus.

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UNIKASSELVERSITÄT

Professioneller Unterricht, um Verständnis in NaWi zu fördern

(nach Möller, 2004)• Vorerfahrungen und Vorkenntnisse der Lernenden aufgreifen• Kinder explorierend mit Materialien umgehen lassen• Zeit für intensiven Austausch über Vorstellungen und

Erklärungen ermöglichen• individuelle Lernwege und einen hohen Grad an

Selbststeuerung zulassenaber auch deutliche Strukturierung • gezielt kognitive Konflikte erfahren lassen• zum Begründen, Weiterdenken, Vergleichen, Anwenden,

Zusammenfassen anregen• metakognitive Prozesse fördern• lebensnahe Anwendungskontexte suchen

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UNIKASSELVERSITÄT

Was setzt das voraus?

• das Thema sachlich analysieren• das Thema in angemessene Teilaspekte gliedern• Lernstand der Kinder erheben• mögliche Zugänge und Lernschwierigkeiten

identifizieren• Freiräume für selbstständiges Lernen finden• Aufgaben und Materialien auswählen • Erfahrungsmöglichkeiten präparieren• interdisziplinäre Vernetzungen suchen

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UNIKASSELVERSITÄT

Notwendige Kompetenzen

• Fachwissen• Wissen über psychologische Grundlagen

zum Lernen der Naturwissenschaften• fachdidaktische Kompetenz• methodische Kompetenz

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UNIKASSELVERSITÄT

Professioneller Unterricht, um Experimentierkompetenz zu fördern?

Hilde Köster: Freies Explorieren und Experimentieren (2006)

Eigenständiges Einrichten einer Experimentierecke durch Kinder in zwei 4. Klassen.

Randbedingung: möglichst große Zurückhaltung der Lehrkraft

geplanter Zeitraum: 6 Wochen, tatsächlicher Zeitraum: 3 Monate

Hospitationen in Abständen von 7-10 Tagen

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UNIKASSELVERSITÄT

Beispiele für eigenständig forschendes Lernen

(Zitat Köster Seite 140)(Zitat Köster Seite 143)

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UNIKASSELVERSITÄT

Einfluss der Lehrkraft A

„Beide Male hatten die Kinder plötzlich irgendwie keine Lust mehr weiterzumachen. Benni (er hatte vergeblich versucht, ein Schmuckstück mit dem Magneten zu angeln und war auf die bereits fertig gestellte Liste verwiesen worden) setzte sich statt dessen auf seinen Platz und begann, an einer Aufgabe aus dem Sprachunterricht zu arbeiten, und Tim, den ich gefragt hatte, ob er mir seinen nicht funktionierenden Stromkreis erklären könne, baute an dem Versuch nicht mehr weiter.“

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47

UNIKASSELVERSITÄT

Einfluss der Lehrkraft B• „Ja und was bedeutet das denn nun?“• „Hast du mal darüber nachgedacht, warum das so

ist?“• „Jetzt erzähl mir mal, warum das mit deinem

Stromkreis überhaupt funktioniert!“

Ein Schüler wendet sich nach solchen Fragen zweimal von seinem Versuch ab, lässt die verwendeten Gegenstände achtlos liegen und beschäftigt sich danach nicht mehr ernsthaft mit den Versuchen.

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UNIKASSELVERSITÄT

Fazit

• Auch ohne Einfluss der Lehrkraft wird hier viel gelernt!

• Die Lehrkraft behindert den Lernprozess durch „didaktisches Nachfragen“.

• Der Zuwachs an Interesse und der Kompetenz, eigenen Fragen eigenständig nachzugehen, ist vermutlich groß.

• Beide Lehrkräfte haben über die Kinder ein eigenes Interesse entwickelt.

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UNIKASSELVERSITÄT

Fazit aus den Studien

Was heißt professionell unterrichten in NaWi und Te?

Welche Kompetenzen braucht man dazu?

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UNIKASSELVERSITÄT

• Es gibt keinen direkten Zusammenhang zwischen den Merkmalen guten Unterrichts und dem Unterrichtserfolg.

• Unterschiedliche Ziele erfordern unterschiedliches Vorgehen im Unterricht und unterschiedliche Lehrerkompetenzen.

• Der Zusammenhang zwischen Lehrerkompetenzen und professionellem Unterricht ist noch weitgehend ungeklärt

• Es gibt auch für fachlich weniger kompetente Lehrkräfte ergiebige Zugänge für Unterricht.

• Fertig ausgearbeitetes Material genügt jedoch nicht.

Was heißt professionell unterrichten in NaWi und Te?

Welche Kompetenzen braucht man dazu?

Schauen wir uns nun die drei Studien noch einmal vor dem Hintergrund unserer eigentlichen Fragestellung an. Was heißt Naturwissenschaften und Technik in Klasse 1-6 professionell unterrichten und welche Kompetenzen braucht mandazu. Die erste Studie hat gezeigt, dass eine allgemeine inhaltsunabhängigeBeschreibung von Unterricht offenbar wenig Voraussagewert für die Qualität von naturwissenschaftlichem Sachunterricht besitzt. Die Kontrastierung der Studien von Kornelia Möller und Hilde Köster sollten außerdem zeigen, dass unterschiedliche Schülerkompetenzen durch ganz unterschiedlichen Unterricht erreicht werden können, die wiederum ganz unterschiedliche Lehrerkompetenzen erfordern.Insgesamt sollte deutlich gewerden sein, dass der Zusammenhang zwischen den Kompetenzen einer Lehrkraft und dem Erfolg des Unterrichts empirisch noch weitgehend ungeklärt ist. Unsere anfängliche Idee, aus den Merkmalen guten naturwissenschaftlichen Unterrichts Kompetenzen von Lehrkräften ableiten zu können, die dann wiederum, wenn sie von Lehrern eingehalten werden zu gutem Unterricht führen, erweist sich als recht naiv. Die Studien werfen darüber hinaus aber auch andere wichtige Erkenntnisse hinsichtlich der Frage ab, wie kann man denn die Situation des naturwissenschaftlichen Unterrichts verändern? Dazu zeigt die Studie von Frau Köster eindrucksvoll, ... Und die Studie von Frau Möller belegt, dass nur durch fertig ausgearbeitetes Unterrichtsmaterial noch nicht viel gewonnen ist. Um Lehrkräften auf die Sprünge zu helfen, muss insbesondere an ihren motivationalen Orientierungen gearbeitet werden.

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UNIKASSELVERSITÄT

Selbstwirksamkeitserwartungen fördern – wie?

• wohldosierte persönliche Erfolgserfahrungen• Orientierung an ähnlichen Verhaltensmodellen• vorsichtige Überredung im Sinne „du kannst es“• Reduzierung von ängstlicher, gefühlsmäßiger

Erregung• Setzen und Verfolgen von Nahzielen

• Selbstwirksamkeitserwartungen von Gruppen nutzen!

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UNIKASSELVERSITÄT

Wie kann man seine eigene Kompetenzen erweitern?

(Gertrud Beck, 1985)• Recherchieren – Zugang über die Phänomene• Diagnostizieren – Zugang über die Schüler• Material beschaffen – Zugang über die Lernmittel• Organisieren – Zugang über die Lernsituationen• Dokumentieren – Zugang über die Lernverläufe

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UNIKASSELVERSITÄT

Schlusswort

Wer mit den Kindern mitmacht und das Risiko eingeht, mit ihnen am Phänomen selbst die Antworten zu suchen, wird in der Sache, bei den Kindern und für sich selbst gewinnen.(Lauterbach, 1999)

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UNIKASSELVERSITÄT

Ende

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55

UNIKASSELVERSITÄT

Literatur• Baumert, J.; Kunter, M. (2006). Stichwort: Professionelle Kompetenz von Lehrkräften. In:

ZfE 9. Jg., Heft 4, S. 469-520.• Beck, G. (1985). Anforderungen an den Sachunterrichtslehrer. In DIFF (Deutsches Institut

für Fernstudien an der Universität Tübingen), Sachunterricht. Grundbaustein. Zur Pädagogik des Heimat- und Sachunterrichts. Teil 4 (S. 123-152).

• Bromme, R. (1997). Kompetenzen, Funktionen und unterrichtliches Handeln des Lehrers. In: F. E. Weinert (Ed.), Enzyklopädie der Psychologie: Psychologie des Unterrichts und der Schule (S. 177-212). Göttingen: Hogrefe.

• Franz, U. (2008). Lehrer- und Unterrichtsvariablen im naturwissenschaftlichen Sachunterricht. Bad Heilbrunn: Klinkhardt.

• Ditton, H. (2006). Unterrichtsqualität. in K.-H. Arnold, U. Sandfuchs, J. Wiechmann (Hrsg.) Handbuch Unterricht (S. 235-343). Bad Heilbrunn: Klinkhardt.

• Köster, H. (2006). Freies Explorieren und Experimentieren. Berlin: Logos.• Möller, K. (2006). Zur Förderung des konzeptuellen Verständnisses durch Unterricht und zur

Wirksamkeit von Lehrerfortbildungen. In M. Prenzel, Allolio-Näcke (Hrsg.), Untersuchungen zur Bildungsqualität von Schule. Münster: Waxmann.

• Möller, K. (2004). Naturwissenschaftliches Lernen in der Grundschule – Welche Kompetenzen brauchen Grundschullehrkräfte? In H. Merkens (Hrsg.), Lehrerbildung: IGLU und die Folgen (S. 65-84). Opladen: Leske&Budrich.

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56

UNIKASSELVERSITÄT

Literatur-Empfehlungen

• http://www.edu.uni-muenchen.de/supra/• Lambert, Anette; Reddeck, Petra (2007). Brücken - Türme – Häuser. Statisch-

konstruktives Bauen in der Grundschule, Kassel University Press • Klasse(n) Kisten, Spectra

– „Schwimmen und Sinken“, – „Luft und Luftdruck“, – „Schall“

• Lück, G; Köster, H. (2006). Physik und Chemie im Sachunterricht. Bad Heilbrunn: Klinkhardt

• Spreckelsen, K. (2006). Das U-Boot in der Limo-Flasche. Mit 100 einfachen Experimenten Naturgesetze verstehen. Frankfurt/Main: Fischer

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57

UNIKASSELVERSITÄT

Merkmale erfolgreichen Unterrichts (Klieme in Ditton 2006)

• effektive Unterrichts- und Klassenführung (Regelklarheit und Umgang mit Störungen, Struktur und Klarheit des Unterrichts)

• Schülerorientierung/-unterstützung (Eingehen auf individuelle Potenziale und Bedürfnisse, unterstützendes Klassenklima)

• kognitive Aktivierung (Angebote für selbstständiges, eigenverantwortliches Lernen, Anregung zu vertieftem Nachdenken)

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3. Diskussion in Gesprächsrunden – Forum STE-PS 1

Austausch zum Vortag

Impulse / Fragen von Lehreranwärterinnen und Lehreranwärtern

o Wie ist es besser möglich, die erfordeliche Methodenkompetenz zur Gestaltung von Lernprozessen in den Fächerverbünden aufzubauen und zu erweitern?

o Konzeption und Struktur der Ausbildung Pädagogische Hochschule

Seminar Schule zu wenig abgestimmt bezogen auf das Ziel der Professionalisierung von Lehrpersonen! (Affines Fach, Fächer/Fächerverbünde, Aufbau von ausreichender Fach- und Sachkompetenz z.B.: MNT, Physik, Chemie, Biologie, Technik, veränderte Lehrerrolle, etc.)

o Organisationsfähigkeit, Zeitmanagement, Innovationsfähigkeit (Nutzung

von Netzwerken), Classroom-Management sind bedeutsame Kompetenzen (Ausstattung/Beschaffung, Gestaltung der Lernumgebung, Stundenplan, Lehrauftrag) – Ausbildung?

o Etc.

Eine Lehreranwärterin/Lehreranwärter bringt aus der Gesprächsrunde die wichtigsten Erkenntnisse/Fragen in die Podiumsdiskussion ein.

4. Ergebnisse / Fragen aus den Gesprächsrunden – Forum STE-PS 1 Erkenntnisse aus dem Vortrag:

Studiertes Fach Zu unterrichtendes Fach Offenheit, Freude der Lehrperson 3 Studien: Kompetenz, Klare Strukturierung, Offenheit, Material zum

Experimentieren Zentral: Fachwissen Es ist sehr komplex Ziel bestimmt guten Unterricht Situatives Lernen Lehrer benötigt dazu Fachwissen Lehrer braucht viele „Werkzeuge“ Lehrer und Schüler gehen gemeinsam Lernschritte Fachfremd unterrichten eröffnet Chancen Fazit: Problem der Naturwissenschaften wird zum allgemeinen Problem

Lehrerrolle erwächst aus dem Kompetenzgefühl Man kann sich nur „zurücknehmen“, wenn man Kompetenzgefühl hat Schülerhorizont Sich nicht einmischen, sondern beobachten

Kompetenzgefühl notwendig Widerspruch: Mut „machen zu lassen“ – Anleiten Hoher Zeitaufwand: Recherchieren, Diagnostizieren, Material beschaffen,

Organisieren, Dokumentieren

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Erweiterung des Kompetenzgefühls als Aufgabe Mut für unbekannte Themen Lehrer muss nicht alles wissen Es erfordert Zutrauen fachfremde Bereiche zu unterrichten Lehrerfortbildung Gute Organisation und Vorbereitung Frau Wodzinsky = Fachfrau für Physik. Und Fächerverbünde?? Selbsttätigkeit?

Bedeutung von Kooperation/ Netzwerk (Kollegium, Ateliers, Werkstatt, Ste-ps) Bedeutung der Lernumgebung Fachwissen ist wichtig! Kompetenzgefühl (subjektiv) --> Interesse + Wissen Wichtig: Kompetenzgefühl des Lehrers Bedeutung der Lehrervariablen! Bedeutung des Fachwissens / der Fachdidaktik

Fragen zum Vortrag:

Warum ist das Zutrauen an Geschichte größer als an Physik und Chemie? Zeitproblem (Bsp. 6 Wochen 3 Monate) Curriculum: Zusammenarbeit zwischen Kollegen Stoffverteilungspläne = Inhaltsorientiert / Themenorientiert und Bildungsplan =

Kompetenzorientiert Wie bringe ich Schule dazu die Arbeit zu ändern? Situatives Lernen nur mit Erfahrung möglich! Ausbildung effizienter gestalten! Wie? Bruch zwischen Studium und Seminar!

Wozu dient das PH-Studium? Nehme ich mich beim Experimentieren wirklich ganz raus? Wie sieht die Lehrerrolle aus Wie kann ich mein Kompetenzgefühl erweitern? Wie führe ich freies Experimentieren durch? Wie ist eine Selbstwirksamkeit erreichbar? Wie viel Zeit benötige ich, um mich in fachfremden Themen einzuarbeiten? Braucht man Fachwissen, um frei zu experimentieren? Fachwissen Offen unterrichten | Wenig Fachwissen „Geschlossener“ Unt. ? Zeitfaktor? Bildungsplan Schulbücher? Wie kann man Kinder motivieren? Schüler sind zu lehrerzentriert? Wie kann man das ändern? Schüler

aktivieren, zum Denken veranlassen!? Wie kann man Schüler für „später“ für das Fach motivieren, begeistern? Wie kann

man Schüler dazu bringen? Welchen Sinn haben Schulbücher?

Kann ein sicheres „Fachwissen“ im Fächerverbund erreicht werden? (2.

Ausbildungsabschnitt) Wann bin ich kompetent? Welche Kompetenzen brauchen die SchülerInnen um frei zu experimentieren? Prozessvariablen zur Förderung der Selbstwirksamkeit??? Sind „Lehrervariablen“ überhaupt veränderbar? Problem der Fächerverbünde lösbar?

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Sonstige Aussagen:

Ausbildung PH o Die Ausbildung an den Pädagogischen Hochschulen ist zu kurz, um die

Kompetenzen zu erlangen, die man für ein professionelles Unterrichten in den nat.-wiss. Fächerverbünden braucht.

o Die Inhalte in der Hochschulausbildung sind zu oberflächlich o Trotz Fächerverbünden werden an den Hochschulen meistens eher

einzelne Fächer studiert o Das Studium ist zu kurz, um ein ausreichendes Basiswissen zu erreichen

Fächerverbünde

o Die Fachlichkeit fehlt o In der Ausbildung sollte eher der Weg physikalischen Wissens betrachtet

werden o Elementare Grundlagen werden benötigt, müssen nachgeholt/angeeignet

werden am Seminar, OFSA

Kompetenzen o Das Kompetenzgefühl der Anwärter ist gering o Möglichkeiten der Stärkung des Gefühls liegen in der Eigeninitiative des

Anwärters o Stärkung durch Beschaffung von Material (Bsp.: „wie geht’ das“ - Bücher) o Stärkung durch ausprobieren / an Neues heran wagen o Auch bereits fertige Konzepte dürfen von den LA’s ausprobiert werden

(„Man muss das Rad nicht immer neu erfinden!“) o Eigene Schlüsse aus den Erfahrungen mit bereits erarbeiteten Konzepten

ziehen, sich weiter entwickeln

Lehrerausbildung am Seminar – OFSA (Offene Seminar-Arbeit) o Fachliche Schwächen der LA’s können individuell „nachgeholt“ und Wissen

kann erweitert werden o OFSA ist erfolgreich, wenn der Lernentwicklungsprozess im Blick behalten

wird (nicht durch Lehrbeauftragte, sondern eigenverantwortlich durch die LA’s)

o Der Lernentwicklungsprozess der LA’s, in Bezug auf OFSA und Schule, sollte über längere Zeit dokumentiert werden

o Auch in der Prüfung sollten Unterschiedlichkeiten zugelassen und die persönliche Lernentwicklung berücksichtigt werden

Page 67: Forum STE-PS - Dokumentation Seminar Nuertingen

VI. Forum STE-PS 2 Vortrag Dr. Mirjam Steffensky, Universität Lüneburg … mehr als Brausepulverraketen bauen? Zur Didaktik naturwissenschaftlichen Lernens in der Grundschule und im Übergang zu den weiterführenden Schulen Dienstag, 30.09.2008, 14.00 – 18.00 Uhr Seminar Nürtingen, Raum 211 1. Programm Forum STE-PS 2 14.00 Uhr Begrüßung Zum Ablauf der Veranstaltung Direktor Siegfried Henzler 14.20 Uhr Vortrag: … mehr als Brausepulverraketen bauen?

Zur Didaktik naturwissenschaftlichen Lernens in der Grundschule und im Übergang zu den weiterführenden Schulen

Dr. Mirjam Steffensky 15.20 Uhr Organisation der Gesprächsrunden Michael Wünsch, Projektleiter STE-PS 15.30 Uhr Pause mit kleiner Stärkung Lehreranwärterinnen/Lehreranwärter Päd. STE-PS

Gabi Schick, Fachleiterin 16.00 Uhr Gesprächsrunden 17.00 Uhr Podium Dr. Miriam Steffensky Lehreranwärterinnen/Lehreranwärter Päd. STE-PS Moderation: Hans Jürgen Wagener, Seminarschulrat 17.45 Uhr Schlussworte im Dialog Michael Wünsch, Projektleiter STE-PS Hans Jürgen Wagener, Seminarschulrat 2. Vortrag Dr. Mirjam Steffensky, Universität Lüneburg

Page 68: Forum STE-PS - Dokumentation Seminar Nuertingen

1

…mehr als Brausepulverraketen bauen?Naturwissenschaftliches Lernen in der Grundschule und

im Übergang zu den weiterführenden Schulen

Nürtingen, 30. September 2008Mirjam Steffensky

Agenda

Naturwissenschaftliche Grundbildung (ScientificLiteracy)Merkmale von gutem naturwissenschaftlichem UnterrichtLernen beim ExperimentierenAusblick

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2

3

Entwicklung naturwissenschaftlicher Grundbildung

Gesellschaft/Beruf

Ausbildung

ChemiePhysik

BiologieNawi 5/6

Nawi im SU

Elementarbereich

•Aufbau naturwissenschaftlicher Kompetenzen als kontinuierlicher Prozess (Rost et al. 2004)•Orientierung an Scientific Literacy(Gräber u.a., 2002; Norris & Phillips, 2003, Bildungsstandards, PISA) •Bildungsanspruch an Grundschule (vgl. Kerncurricula) und Kindergarten (KMK, 2004)

Grundbildung-Merkmale-Experimentieren-Ausblick

4

Naturwissenschaftliche Grundbildung (Scientific Literacy)

Scientific knowledge and use of that knowledge to identifyquestions, to acquire new knowledge, to explain scientificphenomena, and to draw evidence-based conclusionsabout science-related issues; understanding of the characteristic features of science as

a form of human knowledge and enquiry; awareness of how science and technology shape our

material, intellectual, and cultural environments; willingness to engage in science-related issues, and with

ideas of science, as a reflective citizen.

(OECD 2006; Norris & Phillips, 2003)Grundbildung-Merkmale-Experimentieren-Ausblick

Page 70: Forum STE-PS - Dokumentation Seminar Nuertingen

3

5

Scientific Literacy und Wissen

Scientific Literacy

Wissen

„Naturwissenschaftliches Wissen“ bezeichnet Wissen und Verständnis zentraler Konzepte und Theorien.

„Wissen über Naturwissenschaften“ bezeichnet Wissen über

•Struktur und Vorgehensweisen bei der naturwissenschaftlichen Erkenntnisgewinnung,

•die Rolle der Naturwissenschaften in unserer Gesellschaft

•das Verhältnis zwischen Technik undNaturwissenschaften

Grundbildung-Merkmale-Experimentieren-Ausblick

Ziele früher naturwissenschaftlicher Bildung

Zieleanschlussfähiges konzeptuelles Basiswissen, das zum Vorhersagen und Erklären genutzt werden kann,beginnendes Verständnis naturwissenschaftlicher Denk- und Arbeitsweisen, von Wissenschaft und wissenschaftlichem Arbeiten,Interesse an Naturwissenschaften, am Nachdenken über Naturwissenschaften, Selbstvertrauen in die eigenen Fähigkeiten, etwas herauszufinden

(z.B. Harlen, 2002, NRC, 2007, Möller, 2007)

Grundbildung-Merkmale-Experimentieren-Ausblick

Page 71: Forum STE-PS - Dokumentation Seminar Nuertingen

4

Forschungsbefunde zur frühen naturwissenschaftlichen Bildung

tragfähige Vorstellungen über naturwiss. Denk- und Arbeitsweisen (Sodian u.a. 2006; Tytler & Peterson, 2005)anschlussfähige fachliche Konzepte (Möller u.a. 2006; Sharp & Kuerbis, 2006)Motivation und Interesse hoch (Prenzel u.a. 2003, Lück, 2005)

Grundbildung-Merkmale-Experimentieren-Ausblick

Grundbildung-Merkmale-Experimentieren-Ausblick

Page 72: Forum STE-PS - Dokumentation Seminar Nuertingen

5

Concepetual-Change-Theorien

• Lerner haben bereits durch Beobachtungen, Erfahrungen Vorstellungen entwickelt (tabula rasa)

• Lernen beinhaltet aktiveUmstrukturierungsprozesse

• gradueller Prozess

• Konzeptwechseln benötigen Zeit

(diSessa, 2006)

Grundbildung-Merkmale-Experimentieren-Ausblick

Konstruktiver WissensaufbauBewusstmachung von Vorstellungen, Begriffen (Vorbereitung von Konzeptwechseln)Anregung, Vorstellungen zu versprachlichenAnregung, eigene Ideen, Vermutungen zu überprüfenz.B. Konfrontation mit Evidenz, die Erwartungen widerspricht (Vermutungen aufstellen)z.B. Anknüpfungsstrategien

(Tytler, 2002)

Konzeptwechsel-förderndeLernumgebungen

Grundbildung-Merkmale-Experimentieren-Ausblick

Page 73: Forum STE-PS - Dokumentation Seminar Nuertingen

6

Konzeptwechsel-förderndeLernumgebungen

kognitive AktivierungKomplexität von AufgabenIntensität des fachlichen Lernens

(Duit & Treagust, 2003; Lipowsky et al., 2005)

Grundbildung-Merkmale-Experimentieren-Ausblick

Theoretischer Hintergrund situierte Kognitionbedeutungsvolle KontextealltagsnahAnwendung Dekontextualisierung, z.B. durch Artikulation und Reflexion, Wiederentdeckung in variierenden Kontexten

Konzeptwechsel-förderndeLernumgebungen

(Renkl, 1998)

Grundbildung-Merkmale-Experimentieren-Ausblick

Page 74: Forum STE-PS - Dokumentation Seminar Nuertingen

7

Theoretischer Hintergrund: SozialkonstruktivismusSoziales und kooperatives LernenAuseinandersetzung in sozialen AustauschprozessenAushandeln von Deutungen

Vygotsky, 1978

Konzeptwechsel-förderndeLernumgebungen

Grundbildung-Merkmale-Experimentieren-Ausblick

Unterstützung der Lernenden Strukturierungsmaßnahmen z.B. im Sinne von Scaffolding

Sequenzierung, Gliederung von Inhaltenunterstützende GesprächsführungFokussierungshilfenDenkhilfenHervorheben wichtiger Aussagenadvanced organizer

(Möller et al., 2006)

Konzeptwechsel-förderndeLernumgebungen

Grundbildung-Merkmale-Experimentieren-Ausblick

Page 75: Forum STE-PS - Dokumentation Seminar Nuertingen

8

Von Lerntheorien zu Lehrtheorien?

•Lehrtheorien lassen sich nicht aus Lerntheorien ableiten, z.B.

•Lernen läuft selbstgesteuert ab, bedeutet nicht, dass Selbststeuerung eine (immer) sinnvolle Unterrichtsmethode ist

•Lernen ist ein aktiver Prozess, bedeutet nicht, dass praktische Tätigkeiten im Unterricht immer realisiert werden sollten

(Mayer, 2004)

Grundbildung-Merkmale-Experimentieren-Ausblick

Handlungssituationen im nawi Unterricht

z.B. Versuche, Experimente, Überprüfung, Anwendung von Denk- und Arbeitsweisen…

Tendenz zu einem praktizistischen Unterricht, der wenig auf kognitive Aktivierung abzielt

(Mayer, 2004)

Grundbildung-Merkmale-Experimentieren-Ausblick

Page 76: Forum STE-PS - Dokumentation Seminar Nuertingen

9

Welche Erwartungen sind an das Experimentieren geknüpft?

primäre ErfahrungenPhänomene und Konzepte verdeutlichen/veranschaulichenNaturwissenschaftliche Denk- und Arbeitsweisen (kennen) lernenAufbau praktischer Fähigkeiten, spezifische MethodenMotivationmultiple LernzugängeSozialkompetenzen, z.B. Teamarbeit

(vgl. z.B. von Aufschnaiter & Riemeier, 2004)

Grundbildung-Merkmale-Experimentieren-Ausblick

Was wird durch Experimentieren gelernt?

Befunde zeigen, dass das Experimentieren per se nicht die Erwartungen erfüllt, die an diese Tätigkeit im Unterricht gestellt werden (Hofstein & Lunetta, 2004, Euler, 2001), d.h.

ein Verständnis von Konzepten, der Aufbau von Wissen,ein vertieftes Verständnis naturwissenschaftlicher Denk- und Arbeitsweisen, die Steigerung der Motivation und die Entwicklung eines nachhaltigen Interesses wird nicht automatisch unterstützt.

Grundbildung-Merkmale-Experimentieren-Ausblick

Page 77: Forum STE-PS - Dokumentation Seminar Nuertingen

10

Wo liegt das Problem?

z.T. Einbettung des Experiments in den Lehr-Lern-ProzessPlanung und Auswertung des Experimentes kommt z.T. zu kurznur wenig Reflexion der Aktivitätenviel Zeit für Nebenaktivitäten Vorschriften werden z.T. rezeptartig abgearbeitet

(Duit, 2005, Seidel & Prenzel, 2004)

Grundbildung-Merkmale-Experimentieren-Ausblick

Wie kann man diesen Problemen begegnen?

klares Ziel formulierenkognitiv aktivierend, aber nicht überfordernd Lerner unterstützen, ihre eigenen Ideen zu formulieren und zu erprobenReflexion des Vorgehensexplizite Bezugnahme zu Lebensweltmehr Zeit für die Vor- und Nachbereitung Versuchsserien mit Versuchen in (leicht) variierenden Kontexten

Grundbildung-Merkmale-Experimentieren-Ausblick

Page 78: Forum STE-PS - Dokumentation Seminar Nuertingen

11

Zum Beispiel Concept Cartoons

Grundbildung-Merkmale-Experimentieren-Ausblick

z.B. zur Vorbereitung eines Experiments

(Naylor & Keogh, 2000)

Zum Beispiel Salz- und Süßwasser

Grundbildung-Merkmale-Experimentieren-Ausblick

ohne schmecken geht das nicht

mit einer Lupe?

vielleicht sieben?

das Wasser verdampfen?

(z.B. bei der Durchführung eines Experiments: unterschiedlich viele) Materialien hinlegen

Page 79: Forum STE-PS - Dokumentation Seminar Nuertingen

12

Zum Beispiel Trennung eines Salz-Sand-Gemisches

Grundbildung-Merkmale-Experimentieren-Ausblick

Picknick am Strand

Gib 30 ml Wasser in das Becherglas mit demSalz-Sand-Gemisch

Gieße dann das Gemisch durch einen Trichtermit einem Papierfilter und fange das Filtratmit einer Porzellanschale auf.

Stell die Porzellanschale mit der Lösungauf einen Dreifuß und erhitze dieLösung mit einem Bunsenbrenner.

Alltagsnähe

24 Grundbildung-Merkmale-Experimentieren-Ausblick

Page 80: Forum STE-PS - Dokumentation Seminar Nuertingen

13

Dekontextualisierung

Für die Anbahnung eines Verständnisses des Messens reicht es in der Regel nicht etwas abzuwiegen, sondern es kann mit den Kindern auch darüber gesprochen werden,

•warum man etwas abmisst und nicht eine beliebige Menge nimmt, •welche anderen Möglichkeiten außer z.B. dem Wiegen denkbar wären, z.B. einheitliche Becher, eine bestimmte Anzahl von Löffeln•welche Situationen sie kennen, in dem etwas gewogen wurde, z.B. sie selbst beim Arzt, beim Kuchenbacken, ein Päckchen bei der Post,•welche Dinge man noch messen kann, z.B. Länge und Zeit.

Reflexion

Transfer

Generali-sierung

Grundbildung-Merkmale-Experimentieren-Ausblick

Zunehmende Schwierigkeit Prozesse

sammeln, ordnen, vergleichenbeobachten, versprachlichen, dokumentierenBeziehungen aufstellen (wenn-dann, je-desto)Vermutungen überprüfeneigene Fragen stellen

systematische Experimente durchführen, entwickeln…

Grundbildung-Merkmale-Experimentieren-Ausblick

Page 81: Forum STE-PS - Dokumentation Seminar Nuertingen

14

Anregungen in Experimentiermaterialien

Häufig: Kindgemäße Erklärungen, Phänomenorientierung (unterschiedlich nah an der Lebenswelt der Kinder)Selten: Anregung zu Reflexion, Transfer, fachdidaktische Hinweise zum Lernen, zu Vorstellungen und Unterstützung von SelbstlernprozessenThemenbereiche vielfältig, zufällig, ungeordnet, von unterschiedlicher Schwierigkeit und AngemessenheitSehr häufig Orientierung an besonderem Phänomen(„Aha-Effekt“), z.B. Oberflächenspannung,

Grundbildung-Merkmale-Experimentieren-Ausblick

mögliche Probleme

Grundbildung-Merkmale-Experimentieren-Ausblick

Inselwissen, d.h. keine anschlussfähigen BasisqualifikationenErklärungen werden den Kindern übergestülpt („Halbwissen“, unverstandene Begriffe, „Naturwissenschaft ist nur etwas für Experten“)Vorstellungen von Experimenten als Möglichkeiten zur Erzeugung eines Phänomens (und nicht als Methode, Ideen und Vermutungen zu überprüfen)Dopplung (und mehr) von Themen und Versuchen (Elementarbereich-5/6)

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Ausblick

ForschungUntersuchungen zur Entwicklung von KompetenzenUntersuchungen zur Unterstützung der Entwicklung von Kompetenzen

Praxiskritische Analyse von Angeboten, Entwürfenstärkere Berücksichtigung von Vorstellungen ihres konstruktiven AufbausVernetzung Kita und WS

Grundbildung-Merkmale-Experimentieren-Ausblick

Forschung und PraxisIdentifizierung geeigneter Themen, Inhalte und Versuche für die jeweiligen EbenenKonzeption, Erprobung, Evaluation und Weiterentwicklung von Einheiten

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[email protected]

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16

Literaturauswahl

Duit, R., & Treagust, D. F. (2003). Conceptual change: A powerful framework for improving science teaching and learning. International Journal of Science Education, 25(6), 671– 688.

Euler M. (2002), Lernen durch Experimentieren. In Ringelband U., Prenzel, M., Euler, M. (Hrsg.): Lernort Labor. Initiativen zur naturwissenschaftlichen Bildung zwischen Schule, Forschung und Wirtschaft. Bericht über einen Workshop. IPN: Kiel, 13-42.

Gräber W., Nentwig P., Koballa, T., Evans R. (Hrsg.) (2002). Scientific Literacy. Der Beitrag der Naturwissenschaften zur Allgemeinen Bildung. Leske + Budrich, Opladen.

Harlen, W. (1999), Effective Teaching of Science. A review of Research. SCRE-Publication 142, 75 ff.

Harlen, W. (2004), Evaluating Inquiry-Based Science Developments, National Academy of Sciences.

Hofstein, A., Lunetta, V. (2004). The laboratory in science education: Foundations for the twenty- first century. Science Education, 88, 28-54.

Kultusministerkonferenz (2004), Bildungsstandards im Fach Chemie für den Mittleren Schulabschluss (Jahrgangsstufe 10), Luchterhand.

Kultusministerkonferenz (2004). Gemeinsamer Rahmen der Länder für die frühe Bildung in Kindertageseinrichtungen. Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 03./04.06.2004. KMK:Berlin.

Lück, G. (2000). Interesse und Motivation im frühen Kindesalter. Untersuchungen zur Primärbegegnung mit Naturphänomenen im Vorschulalter. In: Brechel, R. (Hrsg.): Zur Didaktik der Physik und Chemie. Probleme und Perspektiven, 32-44.

Mayer, R. E. (2004). Should there be a three strikes rule against pure discovery learning? The case for guided methods of instruction. American Psychologist, 59(1), 14-19.

Möller, K., Hardy, I., Jonen, A., & Kleickmann, T. (2006). Naturwissenschaften in der Primarstufe. Zur Förderung konzeptuellen Verständnisses durch Unterricht und zur Wirksamkeit von Lehrerfortbildungen. In M. Prenzel & L. Allolio-Näcke (Eds.), Untersuchungen zur Bildungsqualität von Schule. Abschlussbericht des DFG-Schwerpunktprogramms. BiQua (pp. 161-193). Münster: Waxmann.

Möller, K. „Primary Science“ – ein internationaler Überblick. In: D. Höttecke (Hrsg.): Naturwissenschaftlicher Unterricht im internationalen Vergleich. Münster: Lit-Verlag, 98-121.

Naylor, S. & Keogh, B. (2000). Concept cartoons Science Education. Cheshire: Milligate House Publisher.

Norris, S. P., Phillips, L. M. (2003). How Literacy in Its Fundamental Sense Is Central to Scientific Literacy. Science Education 87/2, 224-240.

Tytler, R. (2002). Teaching for understanding in science: Student conceptions research, and changing views of learning. Australian Science Teachers Journal, 48(3), 14-21.

Page 84: Forum STE-PS - Dokumentation Seminar Nuertingen

3. Diskussion in Gesprächsrunden – Forum STE-PS 2

• Austausch zum Vortrag – Offene Fragen

• Impulse / Fragen von Lehreranwärterinnen und Lehreranwärtern

o Was sind die Bausteine einer naturwissenschaftlich-technischen Grundbildung?

o Wie müssen Experimente eingebunden werden, um einen erkenntnis-geleiteten Lernprozess zu initiieren?

o Wie führe ich Schüler zum (freien) Experimentieren? o Wie bringe ich Schüler dazu, Vermutungen und Fragestellungen zu äußern? o Wie finde ich schüler- und altersgerechte Problemstellungen? („Wie macht

man ein Problem zum Problem des Schülers?“) o Was sind aktuelle Erkenntnisse zur did. Struktur eines Experiments? o Freies Experimentieren versus Sicherheit?! o o

• Eine Lehreranwärterin bringt aus der Gesprächsrunde die wichtigsten

Erkenntnisse / Fragen in die Podiumsdiskussion ein. 4. Ergebnisse / Fragen aus den Gesprächsrunden – Forum STE-PS 2 Erkenntnisse aus dem Vortrag:

Einfache Experimente Auswertung / Gespräche sind wichtig! Freies Experimentieren Kinder kommen zu einem Ergebnis „Fragenspeicher“ anlegen Erfolgszuversicht des Lehrers Erfolgszuversicht des Lerners Kontextorientierung / Experimente in Themen einbinden Experimente zu einem Produkt führen (Herstellung, Ausstellung, …) Wenige Experimente mehr Buch

Viele vorgeschriebene Experimente im Bildungsplan Weniger ist mehr! Wichtig: Nachhaltigkeit von Experimenten Versprachlichung der Erkenntnisse ist wichtig! Vor- und Nachbereitung von Experimenten! Genügend Zeit für die Erfassung von Präkonzepten einräumen. Merkmale von lernwirksamem naturwissenschaftlichen Unterrichts gelten auch für

andere Fächer Chancen für fächerübergreifende Arbeit. Fragen zum Vortrag:

Freies Experimentieren Sicherheit? Brauchen wir psychologische Kenntnisse zum Interpretieren von

Schülerzeichnungen? Wie merke ich, dass ein Konzeptwechsel erfolgreich war? Wie fange ich an?

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Welche Experimente eignen sich? Wie wähle ich Experimente aus? Differenzierung? Welche Themen für welche Altersklasse? (Kita, 1/2, 3/4, 5/6, …)

Welche Möglichkeiten zur Vorbereitung und Reflexion (von Experimenten) gibt es? Wird das Experimentieren entsprechend benotet? Lernhemmung Sind Aha-Effekte für die Motivation wichtig? Welche Methoden gibt es, um Schüler dazu zu bringen Fagestellungen zu äußern?

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VII. Forum STE-PS 3 Vortrag Dr. Cornelia Sommer, Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften (IPN) Kiel Standards und Kompetenzen für nachhaltige Bildung im Bereich von Naturwissenschaft und Technik der Klassen 1-6 Dienstag, 07.10.2008, 14.00 – 18.00 Uhr Seminar Nürtingen, Raum 211 1. Programm Forum STE-PS 3 14.00 Uhr Begrüßung Zum Ablauf der Veranstaltung Direktor Siegfried Henzler 14.20 Uhr Vortrag:

Standards und Kompetenzen für nachhaltige Bildung im Bereich von Naturwissenschaft und Technik der Klassen 1-6

Dr. Cornelia Sommer 15.20 Uhr Organisation der Gesprächsrunden Michael Wünsch, Projektleiter STE-PS 15.30 Uhr Pause mit kleiner Stärkung Lehreranwärterinnen/Lehreranwärter Päd. STE-PS

Gabi Schick, Fachleiterin 16.00 Uhr Gesprächsrunden 17.00 Uhr Podium Dr. Cornelia Sommer Lehreranwärterinnen/Lehreranwärter Päd. STE-PS Moderation: Hans Jürgen Wagener, Seminarschulrat 17.45 Uhr Schlussworte im Dialog Michael Wünsch, Projektleiter STE-PS Hans Jürgen Wagener, Seminarschulrat 2. Vortrag Dr. Cornelia Sommer, Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften (IPN) Kiel

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Cornelia Sommer

Naturwissenschaftliche Kompetenzen von Primarschülern

Forum STE-PS am 7.10.08

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Cornelia Sommer

Kompetenzen

Krise Schul-vergleichsstudien

Wissenschaftliche Definitionen für Kompetenzen

Struktur-modell

Stufen-modell

Entwicklungs-modell

Bildungs-standardsFachdidaktische

Forschung

Unterricht

Normatives Modell

Deskriptives Modell

Schüler

Lehrkräfte

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Cornelia Sommer

Modell der Funktionsweise von Bildungssystemen

KontextLehrer(fort)bildung, Schulpolitik, professionelle (Lehrer), familiale

und peer-bezogene (Schüler) Unterstützungssysteme

InputMateriale und personale Ressourcen, Lehrpläne, Stundentafeln, Regelungen

ProzessSchulkultur, Praktiken von Lehren und Lernen, Lerngelegenheiten und ihre Nutzung

OutputLernergebnisse, (über-)fachlicheLeistungs- und Wirkungsprofile

nach Oelkers/Reusser 2008

Der heutige Diskurs über Bildungsstandards geht zurück auf einen Wechsel in der Perspektive der Bildungspolitik. Die politische Aufmerksamkeit richtete sich bisher auf die Systemeingänge. Die Qualität der Prozesse, bzw. der Kontexte und der Resultate wurden nicht sonderlich beachtet. Die Verschiebung der Aufmerksamkeit auf dieOutput-Seite hat zu tun mit der Frage der Effektivität, als des Einsatzes von Ressourcen, die nur mit Ergebnissen beantwortet werden kann.Im Rahmen dieser Perspektivenerweiterung haben Bildungsstandards an Bedeutung gewonnen. Die Bedeutung zeigt sich nicht nur im Wandel der Expertensprache, sondern auch in Veränderungen der Politik. Die Aufmerksamkeit richtet sich nun auch auf die Resultate des Unterrichts und damit zusammenhängend auf die Leistungen des Schulsystems insgesamt.Der Wandel betrifft mehr als nur die Leistungen der Schüler, die ja auch bisher schon beurteilt wurden. Die Diskussion über Bildungsstandards steht im Zusammenhang mit Konzepten der Qualitätssicherung.

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Cornelia Sommer

Standards sind nicht neu

Standards legen für einen bestimmten Geltungsbereich Maßstäbe oder Verfahren fest. Sie bestimmen so den Erwartungshorizont und reglementieren die Praxis.

Historische Standards z.B. für• Praxis des Unterrichtens• gleiche oder ähnliche Lehrbücher auf gleichen Stufen• Versetzung von Schülern in höhere oder niedrigere Stufen• Verteilung der Lernzeit auf Unterrichtsfächer• Zeittakt des Unterrichts

Qualitätssicherung in Schulen ist nicht neu. Es gab auf verschiedenen Systemebenen schon immer Standards. Auf allgemeiner Ebene legen Standards Maßstäbe oder Verfahren für einen bestimmten Geltungsbereich fest. Sie bestimmen so den Erwartungshorizont und reglementieren die Praxis. Standards sind historisch gewachsenen z.B. -Für die Praxis des Unterrichtens: Einführung neuer Lehrmittel wie der großen Landkarten, Lernhilfen wie Lesekarteien, Formen von Klassenarbeiten, Rückmeldungen von Lehrkräften auf Leistungen usw.- darüberhinaus aber auch für Lehrbücher, die auf gleichen Stufen gleich eingesetzt werden, es gibt Standards für Versetzungen oder Sitzenbleiben, für Verteilung der Lernzeit auf Unterrichtsfächer, für den Zeittakt des Unterrichts.Standards sind also nichts grundsätzlich Neues, weder als Teil des realen Schulgefüges, noch als Voraussetzung für die Gleichheit der Bildungschancen in einem stark individualisierten Berufsfeld.Was ist dann neu in der Diskussion um Bildungsstandards?

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Cornelia Sommer

Was ist neu an Diskussion um Bildungsstandards?

Grundsätzlich neu sind Funktion und Ausgestaltung von Standards sowie deren Platzierung im gesamten Bildungssystem.

Output-Steuerung: objektive, regelmäßig überprüfte Leistungen der Schule, gemessen an den Lernergebnissen der Schüler

Grundsätzlich neu sind Funktion und Ausgestaltung von Standards sowie deren Platzierung im gesamten Bildungssystem. Bislang wurden die Ergebnisse des Unterrichts zwar auch schon gemessen, dies geschah aber auf der Ebene der einzelnen Lehrer. Schulnoten wurden und werden aus der Sicht der Lehrkraft vergeben, sie orientieren sich damit am Klassendurchschnitt und erfassen nicht oder nur oberflächlich eine tatsächlich erreichte, durch Fachstandards umschriebene Kompetenz, weil qualitativ-inhaltliche Bezugsnormen fehlen.Man kann nun argumentieren, die Noten wären an den Zielvorgaben der Lehrpläne orientiert. Aber diese Lehrpläne sind in aller Regel überfrachtet und lassen zugleich viel offen. Praktisch beziehen sich die Leistungen der Schüler auf Aufgaben aus Lehrmitteln. Diese Lehrmittel sind aber wiederum oft nur schwach zielorientiert, taugen damit auch nur schlecht zur Lernzielüberprüfung. Was Schülerinnen und Schüler am Ende eines Lernprozesses tatsächlich wissen oder können, muss anders bestimmt werden.

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Cornelia Sommer

Konzepte im Zusammenhang mit der Output-Orientierung

- Ist nicht Intelligenz: kontextfreie, kognitive Disposition, sondern bezieht sich auf wissensbasierte Fähigkeiten in bestimmten kulturellen und lebensweltlichen Domänen

Kompetenz ist domänenspezifisch

Kompetenz Bildungsstandards

- Ist keine Schlüsselkompetenz: hohe Generalisierbarkeit der Leistungsfacetten, sondern Bezug zu Lernbereichen (Weinert 1999, 2001).

A competence is the ability to successfully meet complex demandsin a particular context (DeSeCo 2003).Kompetenz ist kontextspezifisch

?

In der politischen Neuorientierung am Output von Lernprozessen geht es um verschiedene Konzepte, die zum Teil unterschiedliche Bezüge haben. Es geht um Konzepte wie Kompetenz, Feedback und Evaluation, Standards und Implementation. Um die Erläuterung der Konzepte Kompetenz und Bildungsstandards soll es jetzt noch einmal gehen:Was ist eine Kompetenz?Das Konzept des Kompetenzbegriffs lässt sich abgrenzen von anderen Konzepten:- Es ist nicht Intelligenz: Intelligenz wird im allgemeinen beschrieben als eine kontextfreie, kognitive Disposition. Im Gegensatz dazu beziehen sich Kompetenzen auf wissensbasierte Fähigkeiten in bestimmten kulturellen und lebensweltlichen Domänen.-Kompetenzen sind keine übergeordneten Fähigkeiten, die heute gerne auch als Schlüsselkompetenzen bezeichnet werden. Schon Weinert hat sie dagegen abgegrenzt, in dem er feststellte, dass das auszeichnende Merkmal von Schlüsselkompetenzen die Generalisierbarkeit der Leistungsfacetten sei. Kompetenzen haben nach Weinert immer einen Bezug zu einem Lernbereich. - Kompetenzen sind erlernbar: d.h. sie sind erworbene Handlungs-Operations- und Begriffsschemata, die Personen dazu befähigen sollen, innerhalb bestimmter bereichsspezifischer Rahmen Probleme zu lösen

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Konzepte im Zusammenhang mit der Output-Orientierung:Kompetenz

- Bezieht sich auf das Problemlösen: Kompetenzen sind die bei Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten, bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, um die Problemlösung in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können (Weinert 2001)

- Ist mehr als Wissen, es gehören noch allg. kognitive Fähigkeiten dazu, Erfahrungen und Routinen, fachbezogenes Gedächtnis usw. Aber: Ohne Wissen nützt die beste Kompetenz nichts.

- Ist erlernbar: erworbene Handlungs-, Operations- und Begriffsschemata, die Personen dazu befähigen (sollen), innerhalb bestimmter bereichsspezifischer Rahmen Probleme zu lösen (Aebli 1980/1981)

- Kompetenzen beziehen sich auf das Problemlösen. Dies ergibt sich aus der allgemein bekannten Definition von Weinert. …- Eine Kompetenz wird zwar durch kognitive Fähigkeiten und Fähigkeiten beschrieben, sie ist aber mehr als Wissen: Kompetenzen werden bestimmt von allgemeinen kognitiven Fähigkeiten, vom Wissen, von Erfahrungen und Routinen, vom fachbezogenen Gedächtnis usw. Das zeigt aber auch, dass Wissen eine grundlegende Voraussetzung für Kompetenz ist: Ohne Wissen nützt die beste Kompetenz nichts.- Eine Kompetenz bezieht sich eigentlich auf mehr als den kognitiven Bereich: A competence is not reducible to ist cognitive dimension(DeSeCo 2003). Das heißt, die motivationale, volitionale und soziale Disposition zu ihrer Nutzung gehören laut Weinerts Definition auch maßgeblich dazu. Allerdings ist es äußerst schwierig, insbesondere volitionale und soziale Dispositionen im Sinne der Kompetenzmessung zu testen, geschweige denn Maße oder Standards festzulegen. In der Forschung hat man den Kompetenzbegriff daher weitgehend auf die kognitive Dimension beschränkt: Im Sinne einer inhaltlichen Fokussierung des DFG-Schwerpunktprogrammes beschränkt sich der hier verwendete Kompetenzbegriff auf kognitive Dispositionen (SPP-Antrag, Klieme)

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Konzepte im Zusammenhang mit der Output-Orientierung:Kompetenz

- Muss mit unterschiedlichen Prozessen ihrer Erreichung verknüpft werden: individuelle Förderung, Kompetenzbezogenes Lehren

- Bezieht sich eigentlich auf mehr als den kognitiven Bereich: A competence is not reducible to ist cognitive dimension (DeSeCo2003). Wird aber in der Leistungsmessung und Forschung auf den kognitiven Bereich eingeschränkt: Im Sinne einer inhaltlichen Fokussierung des DFG-Schwerpunktprogrammes beschränkt sich der hier verwendete Kompetenzbegriff auf kognitive Dispositionen (SPP-Antrag, Klieme)

Kompetenzbegriff hat auch praktische Bedeutung für Unterrichtsgestaltung:Nur was gelehrt wird, kann auch gelernt werden!

- Ziele für Fähigkeiten und Fertigkeiten wurden bislang für alle Schülerinnen und Schüler einigermaßen gleich definiert. Kompetenzen dagegen müssen auch mit Prozessen ihrer Erreichung verknüpft sein. Da dieses Kompetenzerreichen eine persönliche Leistung ist, muss es auch mit unterschiedlichen Prozessen ihrer Erreichung verknüpft sein. Und damit eng zusammen hängt das kompetenzbezogene Lehren, denn es reicht nicht, Inhalte nur auf Kompetenzziele hin zu formulieren, sie müssen auch vermittelt werden.

Ich habe sie mit dieser Auflistung nicht geplagt, um eine theoretische Basis für die Vorstellung der Forschungsansätze zu haben, sondern auch, weil diese Auflistung ganz praktischen Bezug zu ihrer Arbeit als Lehrer hat. Da in aller Regel nur das gelernt werden kann, was auch gelehrt wird, hat diese Auflistung auch große Bedeutung für die Unterrichtsgestaltung: die genannten Anforderungen oder Bezüge einer Kompetenz müssen bei der Konzipierung eines Lernangebots berücksichtigt werden, damit ein erfolgreicher Kompetenzerwerb möglich wird!-

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Kompetenzbegriff: Praktische Bedeutung für die Konzeption von Lernangeboten

Nur was gelehrt wird, kann auch gelernt werden!Kompetenzfördernde Lernangebote:- sind domänenspezifisch- sind kontextspezifisch- beziehen sich auf Problemlösen- verlangen mehr als Wissen, benötigen aber Wissen- verbinden kognitive mit motivationalen, volitionalen und sozialen Anforderungen

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Konzepte im Zusammenhang mit der Output-Orientierung

Kompetenz Bildungsstandards

- Bildungsstandards sind im output-orientierten Bildungssystem ein zentraler Teil der Qualitätssicherung.

- Allgemein wird der Ausdruck „Standard“ mit einer doppelten Bedeutung gebraucht, als Ziel und als Maß der Zielerreichung.

Förderung von Kompetenzen

Prüfung von Kompetenzen

Zurück zu den Konzepten im modernen Bildungssystem: Schauen wir uns noch einmal die Standards an:-Bildungsstandards sind im output-orientierten Bildungssystem ein zentraler Teil der Qualitätssicherung. Sie sollen entwickelt und eingeführt werden, um den Prozess der output-Steuerung zu intensivieren und zu beschleunigen.-Allgemein wird der Ausdruck „Standard“ mit einer doppelten Bedeutung gebraucht, als Ziel und als Maß der Zielerreichung. Das unterscheidet die Standards von den bisherigen Zielen. Für die Ziele war wichtig, wie sie zustande kamen und auf welchen Ebenen sie formuliert wurden. Für die Standards ist es aber auch von elementarer Bedeutung, ob und vor allem wie diese Ziele auch erreicht werden.Diese beiden Foki, auf die Bildungsstandards ausgerichtet sind, führen zu einem grundsätzlich verschiedenen Umgang mit Kompetenzen. Werden Standards als das Ziel eines Lehr- und Lernprozesses gesehen, dann hat dies etwas mit der Förderung von Kompetenzen zu tun. Nimmt man dagegen Standards als Maßstab für die Erreichung eines Bildungsziels, dann geht es darum, erreichte Kompetenzen zu messen.

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Konzepte im Zusammenhang mit der Output-Orientierung:Bildungsstandards

- Standards müssen präzise inhaltliche Vorgaben für die Lernerwartungen machen: Die Lehrkräfte müssen wissen, was von den Schülern erwartet wird und sie ihren Unterricht so einrichten, dass er den Schülern hilft, auch tatsächlich lernen zu können, was von ihnen erwartet wird (Ravitch 1995).

- Standards müssen verschiedene Niveaustufen der Leistung unterscheiden, damit auch heterogene Schülerschaft individuell gefördert werden kann.

Standards sollten festlegen: Inhalte, Leistungsniveaus und Ressourcen (Ravitch 1995).

- Standards sollten auch die Ressourcen festlegen, die die Möglichkeiten des Lernens bestimmen: Finanzmittel, Kompetenz der Lehrkräfte, Qualität der Lehrmittel und –medien, Fortbildungs-und Unterstützungssysteme, Lern- und Arbeitsbedingungen, Wertschätzung des Fachs usw.

Standards sollten eigentlich drei Bereiche von Festlegungen machen: Standards sollten Inhalte, Leistungsniveaus und Ressourcen festlegen (Ravitch 1995).-Standards müssen präzise inhaltliche Vorgaben für die Lernerwartungen machen: Die Lehrkräfte müssen wissen, was von den Schülern erwartet wird und sie ihren Unterricht so einrichten, dass er den Schülern hilft, auch tatsächlich lernen zu können, was von ihnen erwartet wird. Ansonsten kommt der Lernerfolg mehr oder weniger zufällig zustande und wird sehr stark von der sozialen Herkunft bestimmt.-Standards müssen verschiedene Niveaustufen der Leistung unterscheiden. Hinter den traditionellen Lehrplänen stand die Erwartung, dass alle Schülerinenn und Schüler mehr oder weniger das gleiche Ziel erreichen können oder müssen. Dass dies nicht möglich ist, steht vermutlich außer Frage. Damit auch eine heterogene Schülerschaft individuell gefördert werden kann, müssen deshalb Kompetenzen in verschiedenen Niveauanforderungen formuliert sein.- Standards sollten auch die Ressourcen festlegen, die die Möglichkeiten des Lernens bestimmen: Finanzmittel, Kompetenz der Lehrkräfte, Qualität der Lehrmittel und –medien, Fortbildungs- und Unterstützungssysteme, Lern- und Arbeitsbedingungen, Wertschätzung des Fachs usw. Dahinter steht die politische Forderung, dass die Erwartungen an die Lehrenden und Lernenden nicht erhöht werden können, ohne gleichzeitig die Ressourcen zu verbessern. (Es ist ein wenig beachtetes Resultat der ersten PISA- Studie, dass die vor Ort vorhandenen schulischen Möglichkeiten des Lernens, also die Ressourcen, den gewichtigsten internen Faktor ausmachen, um die Leistungen der Schüler zu beeinflussen (OECD 2001, S. 241ff.)

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Cornelia Sommer

Was sind gute Bildungsstandards?

Hans Traxlers Karikatur (in Klant 1983, 25)

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Cornelia Sommer

Praxis: Was sind gute Bildungsstandards?

• Fachlichkeit: sind auf bestimmten Lernbereich bezogen

• Fokussierung: konzentrieren sich auf einen Kernbereich

• Kumulativität: zielen auf kumulatives, systematisch vernetztes Lernen

• Verbindlichkeit für alle: beschreiben schulartübergreifende Mindeststandards (!)

• Differenzierung: beschreiben verschiedene Kompetenzstufen und machen damit Lernentwicklungen sichtbar

• Verständlichkeit: klar, knapp und nachvollziehbar formuliert

• Realisierbarkeit: stellen Herausforderung dar, sind aber mit realistischem Aufwand realisierbar

(Klieme/Avenarius/Blum 2003)

• Fachlichkeit: Bildungsstandards sind jeweils auf bestimmten Lernbereich bezogen und arbeiten die Grundprinzipien der Disziplin bzw. des Unterrichtsfachs klar heraus.

• Fokussierung: Die Standards decken nicht die gesamte Breite des Lernbereichs, bzw. des Fachs in all seinen Verästelungen ab, sondern konzentrieren sich auf einen Kernbereich.

• Kumulativität: Standards beziehen sich auf die Kompetenzen, die bis zu einem Bestimmten zeitpunkt im Laufe der Lerngeschichte aufgebaut worden sind. Damit zielen sie auf kumulatives, systematisch vernetztes Lernen.

• Verbindlichkeit für alle: Standards drücken die Mindestvoraussetzungen aus, die von allen Lernenden erwartet werden. Diese Mindeststandards müssen schulformübergreifend für alle Schüler gelten. (!) (An dieser Stelle merkt man, dass nicht alles wie ursprünglich konzipiert umgesetzt wurde. Wie Sie wissen, stellen die von der KMK formulierten Bildungsstandards ja Regelstandards dar.

• Differenzierung: Die Standards legen nicht nur eine Messlatte an, sondern differenzieren Kompetenzstufen, die über und unter, bzw. vor und nach dem Erreichen des Mindestniveaus liegen. Sie machen damit Lernentwicklungen sichtbar und ermöglichen weitere Abstufungen oder Profilbildungen.

• Verständlichkeit: die Bildungsstandards sollten klar, knapp und nachvollziehbar formuliert sein.

• Realisierbarkeit: Die in den Bildungsstandards dargestellten Anforderungen stellen eine Herausforderung für die Lehrenden und Lernenden dar, sind aber mit realistischem Aufwand realisierbar

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Cornelia Sommer

Konzepte im Zusammenhang mit der Output-Orientierung

BildungsstandardsStandards sind Festlegungen von Inhalten, Zielen oder Maßstäben und Ressourcen, mit denen die Lernprozesse von Schülern beeinflusst und verbessert werden sollen. (Ravitch 1995). - Aufnahme von Aufgaben und Leistungen in ein Programm- Abverlangen der Leistung- Überprüfung der Zielerreichung

BildungsstandardsStandards sind Festlegungen von Inhalten, Zielen oder Maßstäben und Ressourcen, mit denen die Lernprozesse von Schülern beeinflusst und verbessert werden sollen. (Ravitch 1995). - Aufnahme von Aufgaben und Leistungen in ein Programm- Abverlangen der Leistung- Überprüfung der Zielerreichung

KompetenzKompetenz ist die persönlich erreichte und automatisierte Fähigkeit , in bestimmten Wissensdomänen und nach Abschluss vieler verschiedener Lernsequenzen in begrenzter Generalisierung auf neue Anforderung hin Probleme lösen zu können (Oelkers/Reusser2008)

KompetenzKompetenz ist die persönlich erreichte und automatisierte Fähigkeit , in bestimmten Wissensdomänen und nach Abschluss vieler verschiedener Lernsequenzen in begrenzter Generalisierung auf neue Anforderung hin Probleme lösen zu können (Oelkers/Reusser2008)

Die Bildungsstandards legen fest, welche Kompetenzen die Schüler bis zu einer bestimmten Jahrgangsstufe erworben haben sollen. Die Kompetenzen werden so konkret beschrieben, dass sie in Aufgabenstellungen umgesetzt und prinzipiell mit Hilfe von Testverfahren erfasst werden können (Klieme/Avenarius/Blum 2003)

Standards sind also Festlegungen von Inhalten, Zielen oder Maßstäben und Ressourcen, mit denen die Lernprozesse von Schülern beeinflusst und verbessert werden sollen. (Ravitch 1995). Sie haben 3 Kriterien:- Aufnahme von Aufgaben und Leistungen in ein Programm- Abverlangen der Leistung- Überprüfung der Zielerreichung

Eine Kompetenz ist die persönlich erreichte und automatisierte Fähigkeit , in bestimmten Wissensdomänen und nach Abschluss vieler verschiedener Lernsequenzen in begrenzter Generalisierung auf neue Anforderung hin Probleme lösen zu können (Oelkers/Reusser 2008)

Die Verbindung zwischen diesen beiden Konzepten besteht darin, dass die Bildungsstandards festlegen, welche Kompetenzen die Schüler bis zu einer bestimmten Jahrgangsstufe erworben haben sollen. Die Kompetenzen werden so konkret beschrieben, dass sie in Aufgabenstellungen umgesetzt und prinzipiell mit Hilfe von Testverfahren erfasst werden können (Klieme/Avenarius/Blum 2003)

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Cornelia Sommer

Konzepte im Zusammenhang mit der Output-Orientierung: Kompetenzen und Bildungsstandards

Allgemein wird der Ausdruck „Standard“ mit einer doppelten Bedeutung gebraucht, als Ziel und als Maß der Zielerreichung.

Förderung von Kompetenzen

Prüfung von Kompetenzen

Nötig sind bereichsbezogene Struktur-, Niveau- und Entwicklungsmodelle

Nötig sind bereichsbezogene Struktur-, Niveau- und Entwicklungsmodelle

Bildungspläne mit Kompetenzbeschreibungen

Erfahrungsbasiert, kein empirischer Nachweis

Leistungsstandserhebungen, International. SchulleistungsuntersuchungenEmpirische Daten, post-hocAbleitung deskriptiver Modelle

Da wir nun den theoretischen Zusammenhang zwischen Standards undKompetenzen geklärt haben, möchte ich noch einmal zurückkommen auf die Folgen für den Umgang mit den Kompetenzen: Ich habe schon dargestellt, dass es seinen Unterschied macht, ob ich Standards als Ziel betrachte – dann muss ich zur Zielerreichung Kompetenzen fördern, oder ob ich Standards als Maß der Zielerreichung in den Blick nehme, dann beschäftige ich mich mit der Prüfung einer erreichten Kompetenz. In beiden Fällen benötigt man jedoch Modelle zur Struktur, zu den Niveaus und zur Entwicklung der jeweiligen bereichsbezogenen Kompetenz. So ist zumindest die Forderung aus Sicht der Bildungswissenschaftler, die zur Umsetzung dieser Aufgaben eine Basis an empirisch bestätigten Modellen als wesentliche Grundlage ansehen.Und nun kommt der Moment, an dem ich Sie vermutlich sehr enttäuschen muss: es gibt noch so gut wie keine Modelle dieser Art für die Naturwissenschaften im Primarbereich. Nun werden Sie protestieren und sagen, wir haben doch Bildungspläne, in denen Kompetenzen formuliert sind! Ja, aber: diese Bildungspläne sind erstellt worden auf der Basis der Erfahrung im Unterrichten verschiedener Inhalte, sie sind nicht empirisch abgesichert. D.h. es wurde niemals empirisch überprüft, ob die beschriebenen Kompetenzen bei Kindern der entsprechenden Altersstufe tatsächlich im vermuteten Ausmaß vorhanden sind, ob sich die angenommenen Niveaustufen tatsächlich so in der Realität wieder finden oder ob sich eine Kompetenz bei einem Schüler tatsächlich in der angenommenen Weise entwickelt. Für all das gibt es gute Gründe anzunehmen, dass die Erfahrungen tragen werden, aber sie sind nicht empirisch belegt!Auf der anderen Seite sieht es nicht besser aus: Es werden überall L i t t d h b V l i h b it i t ti l

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Cornelia Sommer

Fachdidaktische Forschung

Forschung

Normative Modelle:

beschreiben die Fähigkeiten, die

vorhanden sein sollen

Normative Modelle:

beschreiben die Fähigkeiten, die

vorhanden sein sollen

Deskriptive Modelle:

Beschreiben typische Muster von

Fähigkeiten, die man bei Schülern tatsächlich

findet

Deskriptive Modelle:

Beschreiben typische Muster von

Fähigkeiten, die man bei Schülern tatsächlich

findet

Empirische Überprüfung:Wie verhalten sich die

Schüler?

Empirische Überprüfung:Wie verhalten sich die

Schüler?

Was macht die Forschung nun?Die Forschung erstellt, modelliert und prüft Kompetenzmodelle. Zugespitzt könnte man sagen: Die Forschung versucht, den bildungspolitischen Beschlüssen hinterherzuforschen, in dem sie die Kompetenzmodelle untersucht, die laut Expertengutachten Grundlage des gesamten Prozesses sein müssten. Das Kerngeschäft der Forschung ist also, normative Modelle aus der Theorie abzuleiten. Normative Modelle beschreiben damit Fähigkeiten, von denen man theoriegeleitet annimmt, dass sie bei den Schülern vorhanden sein sollen.Dann beschäftigt man sich mit der empirischen Prüfung dieser normativen Modelle: man operationalisiert das normative Modell, entwickelt Testinstrumente und prüft damit, wie sich die Schüler tatsächlich verhalten.Das Ergebnis dieser Untersuchung ist ein deskriptives Modell, das beschreibt, welche typischen Muster von Fähigkeiten man bei den Schülern tatsächlich findet. Dieses deskriptive Modell stimmt nun mehr oder weniger mit dem normativen Modell überein, das dann aufgrund der empirischen Daten überarbeitet wird.

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Cornelia Sommer

Kompetenzmodelle

Strukturmodell:beschreibt die zu einer Kompetenz ge-hörigen Teilbereiche

Niveaumodell:beschreibt die Abstufungen einer Kompetenz

Entwicklungsmodell:beschreibt die Abfolge des Aufbaus einer Kompetenz

Dimensionen KomponentenBallsport

Geräteturnen

Bodenturnen

Tischtennis Volleyball Fussball

Reck Barren Stufenbarren

1. Rolle vorwärts

2. Luftrolle

3. Gestandener Salto

Gestuft?

Qualitativ unterschiedlich?

Parallel?

Wir hatten eben schon mal gesehen, dass zur Förderung und Prüfung von Kompetenzen laut Expertengutachten verschiedene Formen der Kompetenzbeschreibung vorhanden sein müssten: -Strukturmodelle, die die zu einer Kompetenz gehörigen Teilbereiche beschreiben-Niveaumodelle, die die Abstufungen einer Kompetenz beschreiben-Entwicklungsmodelle, die die Abfolge des Aufbaus einer Kompetenzbeschreiben.

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Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften an der Universität Kiel

Cornelia Sommer

Kompetenzmodelle

Strukturmodell:beschreibt die zu einer Kompetenz ge-hörigen Teilbereiche

Niveaumodell:beschreibt die Abstufungen einer Kompetenz

Entwicklungsmodell:beschreibt die Abfolge des Aufbaus einer Kompetenz

National Curriculum for England – Science• 4 Bereiche: − naturwissenschaftliches Arbeiten − Leben− Materie und ihre Eigenschaften− Physikalische Vorgänge

• 9 Stufen: − einfache Erklärungen von Phänomenen (Stufe 1-3)− systematische eigene Untersuchungen, Schlüsse ziehen (Stufe 4/5)− quantitative Betrachtungen (Stufe 6/7)− Verständnis des Nutzens von Modellen (Stufe 8/9)

• 4 Entwicklungsstadien:− Beginn bis Ende Pflichtschulzeit− Zielvorgaben: zu erreichende Levels am Ende bestimmter Entwicklungsstadien

Ein Beispiel ist das Kompetenzmodell für Science aus England: es beschreibt 4 Bereiche, die sich auf Inhalte beziehen. Diese Bereiche definieren, was Science ist.Es hat 9 Stufen, die Steigerungen der Kompetenzausprägung beschreiben. Und es enthält Zielvorgaben für 4 Entwicklungsstadien, d.h. es wird festgelegt, welche Teilkompetenz sich wie über die Altersstufen hin entwickeln sollte.

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Bundesweite Bildungsstandards in den Naturwissenschaften

für Hauptschul-abschluss (9)

für Hauptschul-abschluss (9)

für Mittleren Schulabschluss (10)

für Mittleren Schulabschluss (10)

für Primarstufe (4)

für Primarstufe (4)

Kompetenzbereiche: Biologie, Chemie, Physik

Fachwissen [Lebewesen], Phänomene, Begriffe, Prinzipien, Fakten, Gesetzmäßigkeiten kennen und den Basiskonzepten zuordnen

Erkenntnisgewinnung Beobachten, Vergleichen, Experimentieren, Modelle nutzen und Arbeitstechniken anwendenKommunikation Informationen sach- und fachbezogen erschließen und austauschen

Bewertung Sachverhalte in verschiedenen Kontexten erkennen und bewerten

Nicht vorhanden Nicht vorhanden

Wenden wir uns dem deutschen Bildungssystem zu: Bundesweite Standards sind auf Übergänge und Abschlüsse bezogen. Sie sollten laut KMK für den Hauptschulabschluss (Ende 9. Klasse), für den Mittleren Schulabschluss (Ende 10. Klasse) und für das Ende des Primarbereichs (Ende 4. Klasse) entwickelt werden. Betrachtet man die Naturwissenschaften, so muss man feststellen, dass für den Hauptschulabschluss und für die Primarstufe keine bundesweiten Standards vorhanden sind. Nur für den Mittleren Schulabschluss hat man Bildungsstandards festgelegt. Die grundlegende Struktur ist für alle Naturwissenschaften gleich:Sie gliedern sich in 4 Kompetenzbereiche: Fachwissen mit den Basiskonzepten, Erkenntisgewinnung, Kommunikation und Bewertung.

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Bundesweite Bildungsstandards für Primarstufe

Probleme: • Sachunterricht ist Zusammensetzung aus unterschiedlichen Fächern: Naturwissenschaften, Gesundheits- und Verkehrserziehung, Geschichte, Erdkunde, Gesellschaftswissenschaften; dazu evtl. Technik, Musik, Kunst• Zusammensetzung ist in den Bundesländern verschieden

Sind übergreifende Kompetenzformulierungen im Sinne von Bildungsstandards sind für Sachunterricht überhaupt möglich?

Fächer- /inhaltsspezifische Formulierungen sind notwendig

Warum gibt es bislang keine übergreifende Kompetenzformulierungen für den Sachunterricht? Zwei praktische Probleme sehe ich, die eine mögliche Erklärung liefern könnten:Zum einen ist der Sachunterricht eine Zusammensetzung aus verschiedenen Fächern. Es war schon schwierig, Kompetenzen in den einzelnen Fächern zu formulieren, noch schwieriger ist es, eine so übergreifende Klammer zu finden, dass alle beteiligten Fächer sich darin wiederfinden könnten. Dazu kommt noch, dass die Zusammensetzung des Sachunterrichts, Heimat- und Sachunterrichts, hier: Mensch, Natur und Kultur in allen Bundesländern verschieden ist, so dass man sich auch hier nur schwer wird einigen können.Aber noch viel mehr sprechen meines Erachtens inhaltliche Gründe gegen eine übergreifende Formulierung fürden Sachunterricht: Die Inhalte der einzelnen Fachbereiche sind so verschieden, dass die gemeinsame Klammer über alle Bereiche zwangsläufig sehr allgemein und abstrakt wird. Wenn man sich an die Forderungen zur Formulierung guter Bildungsstandards erinnert, dann wird klar, dass dies nicht mit der geforderten Bereichs- und Kontextabhängigkeit zusammenpasst. Es muss deshalb innerhalb des Fächerverbundes spezifiziert werden. So wurde es ja auch in Baden-Württemberg gemacht. Noch etwas wird schnell klar: Nur die bereichsspezifischen Standards lassen sich operationalisieren und sind damit der Förderung und der Prüfung, aber auch der Forschung zugänglich. Was hat nun die Forschung zu Kompetenzmodellen in den Naturwissenschaften für die Primarstufe zu bieten? 20

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Fachdidaktische Forschung: Was macht sie?

entwickelt und prüft Kompetenzmodelle

Fach-wissen

Erkenntnis-gewinnung

Kommuni-kation

Bewertung

Vergleichen und Ordnen

Experimen-tieren

Basiskonzept: System

Diagramm-kompetenz

Was macht nun die fachdidaktische Forschung?Sie entwickelt und prüft Kompetenzmodelle! Damit steht sie aber für den Primarbereich ganz am Anfang, es gibt so gut wie keine empirischabgesicherten Modelle für naturwissenschaftliche Kompetenz. Damit stellt sich das nächste Problem: Woran orientiert man sich, wenn man Forschungsneuland betritt? Zunächst muss festgelegt werden, welche Kompetenzmodelle genau modelliert werden sollen. Eine Struktur dafür könnten die Bildungspläne für den Primarbereich darstellen. Sie sind allerdings, wie vorhin schon erläutert, weniger fachsystematisch aufgebaut. Mit dem Wunsch der Anschlussfähigkeit, die für die Beschreibung von Niveau- und Entwicklungsmodellen unumgänglich ist, ist es daher pragmatischer, sich an den vorhandenen Bildungsstandards zu orientieren und diese als Grundlage für die Forschung auch in der Primarstufe heranzuziehen. Die Ergebnisse, die bisher vorliegen, gleichen aber wenigen einzelnen Puzzleteilchen.

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Cornelia Sommer

Fachdidaktische Forschung: Wie macht sie das?

Nicht so …

sondern …• durch das Ableiten von normativen Modellen aus der Theorie,• deren empirischer Prüfung, • dem Abgleich von normativem und empirischem Modell

Bleibt noch die Frage zu klären, wie die Fachdidaktik zu Ergebnissen kommen kann. Nicht so…Sondern • durch das Ableiten von normativen Modellen aus der Theorie,• deren empirischer Prüfung, • dem Abgleich von normativem und empirischem Modell.

Ich möchte Ihnen nun an einem Beispiel einmal genauer erklären, wie die Fachdidaktik zu Kompetenzmodellen kommt, damit Sie verstehen können, warum es bislang noch so wenige empirisch abgesicherte Kompetenzmodelle gibt.Ich möchte dies an einem Beispiel aus dem Bereich Fachwissen tun, nämlich dem Basiskonzept System.Anschließend möchte ich Ihnen dann anhand der Puzzleteile noch kurz zeigen, in welchen anderen Bereichen schon Ergebnisse vorliegen.Und zum Schluss werde ich versuchen, Ihnen praktische Konsequenzen für den schulischen Umgang mit Kompetenzen aufzuzeigen.

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Fachdidaktische Forschung

Modellierung der Kompetenz zum systemischen Denken:Können Grundschüler systemisch denken?

Basiskonzept System

Kommen wir zum ersten Puzzleteil, das ich Ihnen etwas näher vorstellen möchte: es bezieht sich auf das Basiskonzept System.Die Forschung drehte sich um die Modellierung der Kompetenz zum systemischen Denken und ging vor allem der Frage nach, Ob Grundschulkinder bereits etwas mit dem Basiskonzept System anfangen können.Mit anderen Worten: Können Grundschüler schon systemisch denken und wenn ja, in welchem Ausmaß ?

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Cornelia Sommer

Modellierung der Kompetenz zum systemischen DenkenBildungsstandards Mittl.

Schulabschluss (KMK)Kompetenzbereich: Fachwissen Basiskonzept: SystemDie Schülerinnen und Schüler• verstehen die Zelle als System,• erklären den Organismus und

Organismengruppen als System,• erklären Ökosystem und Biosphäre als

System,• beschreiben und erklären

Wechselwirkungen im Organismus, zwischen Organismen sowie zwischen Organismen und unbelebter Materie

• wechseln zwischen den Systemebenen,• stellen einen Stoffkreislauf sowie den

Energiefluss in einem Ökosystem dar,• beschreiben Wechselwirkungen zwischen

Biosphäre und den anderen Sphären der Erde,

• kennen und verstehen die grundlegenden Kriterien von nachhaltiger Entwicklung.

Bildungsstandards MeNuK (BW): (4. Kl)

Mensch, Tier und Pflanze: staunen, schützen, erhalten und darstellen

Die Schülerinnen und Schüler können• an Beispielen aufzeigen, wie Menschen seit

jeher Naturräume und Landschaften gestalten, nutzen und verändern

• die Bedeutung der Artenvielfalt an Beispielen aufzeigen

• …Inhalte:• Pflanzen, Tiere und Menschen in

exemplarischen Lebensräumen, Wechselbeziehungen, jahreszeitliche Anpassung

• ….

Wenn man nun versucht, die Bildungsstandards für den Mittleren Schulabschluss in Beziehung zu den Bildungsstandards für die Grundschule zu setzen, dann fällt für Baden-Württemberg schon mal auf, das man eigentlich keinen Zusammenhang herstellen kann. Einzig die Begriffe Wechselbeziehungen und jahreszeitliche Anpassung, die etwas mit dem Systemgedanken zu tun haben, werden unter den Inhalten für die 4. Klasse genannt. Aber schon die Rückbeziehung der genannten Inhalte auf eine Kompetenz im dazugehörigen Abschnitt unter „Mensch, Tier und Pflanze: staunen, schützen, erhalten und darstellen“ ist mir nicht gelungen. Dieser Inhalt hat, wenn überhaupt, dann noch am ehesten etwas mit den Kompetenzen •an Beispielen aufzeigen, wie Menschen seit jeher Naturräume und Landschaften gestalten, nutzen und verändern•die Bedeutung der Artenvielfalt an Beispielen aufzeigenzu tun.

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Modellierung der Kompetenz zum systemischen DenkenBildungsstandards Mittl.

Schulabschluss (KMK)Kompetenzbereich: Fachwissen Basiskonzept: SystemDie Schülerinnen und Schüler• verstehen die Zelle als System,• erklären den Organismus und

Organismengruppen als System,• erklären Ökosystem und Biosphäre als

System,• beschreiben und erklären

Wechselwirkungen im Organismus, zwischen Organismen sowie zwischen Organismen und unbelebter Materie

• wechseln zwischen den Systemebenen,• stellen einen Stoffkreislauf sowie den

Energiefluss in einem Ökosystem dar,• beschreiben Wechselwirkungen zwischen

Biosphäre und den anderen Sphären der Erde,

• kennen und verstehen die grundlegenden Kriterien von nachhaltiger Entwicklung.

Bildungsstandards Sachunterricht (Niedersachsen): (4. Kl)

Themenbereich Natur:Die Schülerinnen und Schüler können• wechselseitige Abhängigkeiten, die

zwischen Lebewesen untereinander und dem sie umgebenden Lebensraum bestehen, erkennen und erklären.

• …Kenntnisse und Fähigkeiten:• Anpassung von Lebewesen an den

Lebensraum erläutern (z.B. Wald, Teich)• Abhängigkeiten von Lebewesen zueinander

und Lebensgemeinschaften beschreiben• Kreisläufe kennen und erklären (z.B.

Wasserkreislauf)• Jahreszyklen kennen und verstehen• Sichtbare Auswirkungen von

Veränderungen durch Menschen erkennen• …

Anders sieht es z.B. im Kerncurriculum für den Sachunterricht in Niedersachsen aus: Dort heißt es im Themenbereich Natur:

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Modellierung der Kompetenz zum systemischen Denken

Was ist systemisches Denken?Die Systemkompetenz soll die grundlegenden Systemmerkmale in den Fähigkeiten einer Person widerspiegeln.(nach Maierhofer, 2001)

Was ist ein System?„[…] sets of elements standing in interaction […]“(Ludwig von Bertalanffy, 1968 ).

Als wir mit der Untersuchung anfingen, waren gerade die Bildungsstandards für den Mittleren Schulabschluss in der Abstimmungsphase. An Bildungsstandards für den Primarbereich war noch gar nicht zu denken. Das erste Problem war also, festzulegen, was mit dieser Kompetenz zum systemischen Denken überhaupt erfasst werden soll. Was genau macht systemisches Denken aus? In der Literatur ließ sich dazu die folgende Definition finden: Die Systemkompetenz soll die grundlegenden Systemmerkmale in denFähigkeiten einer Person widerspiegeln.

Das führt zur nächsten Frage, nämlich:Was ist ein System überhaupt? Wodurch ist es gekennzeichnet?Ich war nicht die erste, die sich mit dem systemischen Denken befasst hat, es gab schon Untersuchungen zum systemischen Denken von älteren Schülern und Erwachsenen. Für den Grundschulbereich habe ich aber Neuland betreten. Um mich dieser Frage zu nähern, musste ich zuerst einmal in die Systemtheorie einsteigen und zusammenfassen, was ein System ist.Eine ganz übergreifende Definition stammt von dem Systemtheoretiker und Biologen Ludwig von Bertalanffy: Er definierte Systeme als „sets of elements standing in interaction […]“ .

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(v. Bertalanffy (1968); Bayrhuber & Schäfer (1978); Bossel (1987, 1994, 1999)

Elemente Ein System besteht aus Systemelementen, die mit einander in Beziehung stehen. Aus den Elementen und Beziehungen ergibt sich die Struktur des Systems. Die Struktur des Systems bestimmt seine Funktion.

Beziehungen

Identität Es besteht eine gewisse Systemgrenze nach außen.

Integrität Systeme besitzen hervortretende Eigenschaften oder Funktionen, welche nicht in ihren Teilen enthalten sind. Ein zerlegtes System verliert diese Eigenschaft, bzw. Funktion (Systemintegrität).

Wirkungen In einem System treten vielfältige Wirkungsbeziehungen auf. (z.B. Nebenwirkungen, Rückwirkungen, Nah- und Fernwirkungen)

Dynamik Ein belebtes System weist ein Entwicklungsverhalten auf (Dynamik).

Syst

em-

Org

anis

atio

nSy

stem

-Ei

gens

chaf

ten

Merkmale von Systemen

Über diese Definition lassen sich eine Reihe von charakteristischen Merkmalen eines Systems bestimmen:•Ein System besteht aus Elementen, die mit einander in Beziehungstehen. Es hat also eine Struktur, die sich aus bestimmten Elementen und ihren Beziehungen zusammensetzt. Diese Struktur bestimmt die Funktion des Systems.•Die Identität eines Systems wird durch seine Grenze zur Systemumwelt bestimmt. Diese Grenze ist vom Betrachter abhängig.•Systeme besitzen Eigenschaften oder Funktionen, die nicht in ihren Teilen enthalten sind. Wenn man wesentliche Teile aus dem Systementfernt oder hinzufügt verliert das System diese Eigenschaft, seine Integrität wird zerstört.

Mit diesen Merkmalen lassen sich Systeme von Nicht-Systemen unterscheiden. Beispiel: So ist z.B. ein Sandhaufen kein System. Er besteht zwar aus verschiedenen Elementen, den Sandkörnern, die im weitesten Sinne auch einen Zweck erfüllen können, nämlich z.B. die Lagerung von Sand. Ein Entfernen der Hälfte des Sandes ändert aber nichts an der Identität eines Sandhaufens.

Diese Merkmale gelten für jedes System, darüber hinaus gibt es aber noch Merkmale, die speziell für komplexe, dynamische Systeme gelten. Das System Storch, das die Grundlage dieser Arbeit bildet, ist ein komplexes, dynamisches System.•Dynamik: Alle dynamischen Systeme unterliegen einem (zeitlichen)Entwicklungsprozess

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System-merkmale

Strukturmodell der Systemkompetenz

Elemente

Modell-bildung

Beziehungen

Identität

Integrität

Dynamik

Wirkungen

Strukturkompetenzmodell zum systemischen Denken

Syst

em-

Eige

nsch

afte

nSy

stem

-O

rgan

isat

ion wesentliche Systemelemente identifizieren und

durch Beziehungen verknüpfen

Systemelemente und ihre Beziehungen in einem Bezugsrahmen organisieren

Systemgrenzen sowohl erkennen als auch sinnvoll ziehen

zwischen Eigenschaften des Systems und Eigenschaften der Elemente unterscheiden

dynamische Beziehungen erkennenFolgen v. Veränderungen vorhersagen

Wirkungen in einem System beurteilen könnenRückwirkungen erkennen und beschreiben können

Systemisches Denken: Klieme & Maichle 1994, Ossimitz 2000, Maierhofer 2001, Assaraf & Orion 2005 u.a.

Gemäß der Definition, dass sich beim systemischen Denken die Merkmale eines Systems in den Fähigkeiten der Personen widerspiegeln, lassen sich aus den Merkmalen eines Systems, die ich bereits vorgestellt habe, die entsprechenden Komponenten der Systemkompetenz ableiten.Aus der Organisation eines Systems in Form von Systemelementen und Beziehungen zwischen diesen Elementen leitet sich die Fähigkeit zur Modellbildung ab.Zur Systemkompetenz im Bereich Systemorganisation gehören daher verschiedene Teilkompetenzen:Die wesentlichen Systemelemente müssen identifiziert und durch Beziehungen verknüpft werden.Man muss Systemgrenzen sowohl erkennen als auch sinnvoll ziehen können.Und man muss die Systemelemente und ihre Beziehungen in einem Bezugsrahmen organisieren können.

Im Bereich der Systemeigenschaften gehört weiter dazu, dass man ....

Damit ist ein normatives Modell der Systemkompetenz abgeleitet, dass es aber natürlich noch empirisch nachzuweisen gilt. Wie das getan wurde, möchte ich Ihnen als nächstes schildern.

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VTSchule

VTStorch

ZTStorch

PTStorch

NTStorch Interview

Intervention 1: Unterrichts-einheit CT

biologisches Wissen

Intervention 2:

Computerspiel Ciconia

ITabstraktes Denken

Untersuchungsdesign

Beschreibung der Stichprobe• 363 Schüler (159 ♀, 186 ♂; 8 – 12 Jahre)• 146 Schüler Klasse 3, 217 Schüler Klasse 4• 24 Klassen aus 22 Grundschulen S-H

Modellierung der Kompetenz zum systemischen Denken:Methoden

Vorbereitung der StudieTheoretische Basis

Strukturmodell der Systemkompetenz

Operationalisie-rung des Strukturmodells: Testitems

Erprobung der Testitemsund des Unterrichts

Entwicklung von Unterricht

Die Untersuchung folgte einem Vortest/Nachtest-Design mit zwei Interventionen. Die 1. Intervention bestand aus einer Unterrichtseinheit zum System Weißstorch von 8 bis 10 Stunden, die zweite Intervention war ein eigens entworfenes Computerspiel, das die Unterrichtsinhalte nochmal in spielerischer Form zusammenfasste. Der Unterricht war so konzipiert, dass er das systemischen Denken anregen sollte ohne es explizit zu trainieren. Die Kinder erhielten also keine Einführung zum Umgang mit Systemen. Ich habe mich zu diesem Vorgehen entschlossen, weil ich herausfinden wollte, ob Kinder in diesem Alter von sich aus in der Lage sind, systemisch zu denken, und wenn ja, auf welchem Niveau. Zu verschiedenen Zeitpunkten wurden durch unterschiedliche Instrumente die Fähigkeiten zum systemischen Denken erfasst.

Die Stichprobe bestand aus 363 Grundschülern, 159 waren Mädchen, 186 Jungen.Die Studie wurde mit 146 Drittklässlern und 217 Viertklässlern durchgeführt. Diese Schüler waren zwischen 8 und 12 Jahren alt. Sie stammten aus 24 Schulklassen aus 22 Grundschulen Schleswig-Holsteins.

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Cornelia Sommer

Elemente nicht verbunden

Netz

Zweierbeziehungen

Stern

Lineare Kette

Linear verzweigt

Kreislauf

Wilcoxon-Test

Auswertung der Begriffslandkarten: Struktur

*** p < ,001

Modellierung der Kompetenz zum systemischen Denken:Ergebnisse Systemorganisation

Nur exemplarisch zeige ich Ihnen Ergebnisse der empirischen Untersuchung. Die Fähigkeiten im Bereich Systemorganisation (Erkennen der beteiligten Elemente und ihrer Beziehungen, Grenzen ziehen) habe ich u.a. über das Erstellen von Begriffslandkarten (Concept maps) geprüft.

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Cornelia Sommer

Elemente nicht verbunden

Netz

Zweierbeziehungen

Stern

Lineare Kette

Linear verzweigt

Kreislauf

Wilcoxon-Test

Auswertung der Begriffslandkarten: Struktur

*** p < ,001Z = - 9,3*** Z = -6,6*** Z = -8,6***

Z = -7,9***

0,9

8,5

21,4

61,5

6,2

25,6

11,7

26,4

0

10

20

30

40

50

60

70

VT Schule VT Storch ZT Storch PT Storch

%

Modellierung der Kompetenz zum systemischen Denken:Ergebnisse Systemorganisation

Sie sehen hier eine Auswertung, die sich auf die Struktur der Begriffslandkarten bezieht. Ich habe zwischen 7 verschiedenen Strukturen unterschieden. Hier sind nur die beiden Extreme aufgeführt. Die grüne Säule sind der Anteil Kinder, die ihre Elemente überhaupt nicht verbinden konnten, und die blauen Säulen stellen die Kinder dar, die ein Netz zeichnen.Man sieht, dass im Vortest zum System Schule nur 6,2% der Kinder die Elemente nicht verbinden können, aber schon gut ein Viertel aller Kinder ein Netz zeichnen kann. Zum selben Zeitpunkt, aber für ein noch nicht bekanntes System, dreht sich das Verhältnis um, ein Viertel der Kinder können die Elemente nicht verbinden und nur 8,5 % zeichnen ein Netz. Im Laufe der Unterrichtseinheit wächst der Anteil der Kinder, die ein Netz zeichnen und nach der Bearbeitung des Computerspiels sind es 61,5%, die diese komplexeste Form zeichnen.

Die statistische Auswertung zeigt, dass die Unterschiede zwischen den Testteilen alle höchst signifikant sind.(Variable Struktur ist ordinalskaliert. Wilcoxon-Test zum nicht-parametrischen Vergleich von zwei abhängigen Stichproben. Er basiert auf einer Rangreihe der absoluten Wertpaardifferenzen.)

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Cornelia Sommer

System-merkmale

Strukturmodell der Systemkompetenz

Elemente

Modell-bildung

Beziehungen

Identität

Integrität

Dynamik

Wirkungen

Syst

em-

Eige

nsch

afte

nSy

stem

-O

rgan

isat

ion wesentliche Systemelemente identifizieren und

durch Beziehungen verknüpfen

Systemelemente und ihre Beziehungen in einem Bezugsrahmen organisieren

Systemgrenzen sowohl erkennen als auch sinnvoll ziehen

zwischen Eigenschaften des Systems und Eigenschaften der Elemente unterscheiden

dynamische Beziehungen erkennenFolgen v. Veränderungen vorhersagen

Wirkungen in einem System beurteilen könnenRückwirkungen erkennen und beschreiben können

Modellierung der Kompetenz zum systemischen Denken:Ergebnisse

Was Sie gerade gesehen haben, war ein Ergebnis aus dem Bereich Fähigkeiten im Hinblick auf die Systemorganisation, nun möchte ich Ihnen ebenfalls exemplarisch ein Beispiel für den Bereich Systemeigenschaften zeigen. Die Systemkompetenz im Bereich Systemeigenschaften wurdeüber verschiedene Fragen geprüft, die sich hinsichtlich ihrer Komplexität unterschieden. Ich möchte Ihnen am Beispiel der Fähigkeit, Wirkungen zu erkennen, vorstellen, welche Leistungen Grundschüler hier zeigen.

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Ergebnisse Systemeigenschaften: direkte Wirkung

Fr. 23: Früher gab es noch keine Stromleitungen. Heute hängen überall Stromleitungen, die den Menschen Strom in die Häuser bringen. Auf die Störche hat das keinen Einfluss.

Stimmt oder stimmt nicht, weil ...

N = 270

17,4

82,6

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

Einfluss nicht erkannt Einfluss erkannt

Nen

nung

en in

Pro

zent

Mit dieser Frage soll das Erkennen einer direkten Wirkung getestet werden.82,6% der Kinder erkennen, dass die Stromleitungen einen Einfluss auf den Storch haben und begründen ihre Einschätzung auch richtig, in dem sie z.B. angeben, dass sich der Storch beim Flug gegen die Leitungen verletzt oder beim Landen auf nicht-isolierten Teilen einen Stromschlag zuzieht.

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Ergebnisse Systemeigenschaften: indirekte WirkungFr. 24: Die Menschen in Deutschland wollen alles Land möglichst gut nutzen, deshalb legen sie sumpfige Wiesen trocken, damit darauf Getreide wachsen kann. Oder sie leiten Bäche in Betonrinnen um, damit das Land nicht überschwemmt wird. Für die Störche ist das kein Problem.

Stimmt oder stimmt nicht, weil ...

N = 270

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Ergebnisse Systemeigenschaften:zeitliche und räumliche Distanz zwischen Ursache und Wirkung

Fr. 21: Vor einigen Jahren regnete es in Afrika zur gewohnten Regenzeit im Sommer nur sehr wenig, in einigen Gebieten fiel sogar überhaupt kein Niederschlag. Der Storch kommt erst einige Monate später nach Afrika. Ist es für ihn dann wichtig, ob es im Sommer geregnet hat oder nicht?

N = 262

24 22,922,5

7,2

21,4

0

5

10

15

20

25

30

Frage nicht oderfalsch

verstanden

keinZusammenhang

unspezifischerZusammenhang

spezifischerZusammenhang

zu Storch

spezifischerZusammenhang

zur Nahrung

Nen

nung

en in

Pro

zent

Bei dieser Frage gibt es um das Erkennen einer zeitlichen und räumlichen Distanz zwischen Ursache und Wirkung. Die Antworten sind hier differenzierter aufgeschlüsselt, es reicht aber, wenn man die letzte Säule betrachtet. Hier sind die Kinder enthalten, die erkennen, dass der Regen einige Monate vor Eintreffen des Storches wichtig ist für das Pflanzenwachstum. Von den Pflanzen ernähren sich wiederum die Beutetiere des Storches, insbesondere die Heuschrecken. Ungefähr ein Viertel aller Kinder erkennt auch noch

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System-merkmale Systemkompetenz

ElementeBeziehungen

Identität

Die Fähigkeiten im Bereich Systemorganisation sind bei Grundschüler bereits relativ gut ausgeprägt.

Das Wissen der Kinder hat einen großen Einfluss auf die Fähigkeit, Elemente und Beziehungen in einem Bezugsrahmen zu organisieren.

Integrität Folgen des Hinzufügens oder Entfernens wesentlich Teile aus System wird erkannt, aber kaum Verständnis für Emergenz

Dynamik Dynamische Beziehungen werden nur erkannt, wenn sie sich auf allgemeines biologisches Wissen beziehen.

Wirkungen Direkte und indirekte Wirkungen können von Mehrheit der Kinder beurteilt werden, räumlich-zeitliche Distanz zwischen Ursache und Wirkung von einem Viertel der Kinder

Syst

em-

Org

anis

atio

nSy

stem

-Ei

gens

chaf

ten

Mod

ellb

ildun

g

Modellierung der Kompetenz zum systemischen Denken:Zusammenfassung der Ergebnisse

Die Fähigkeiten der Schüler im systemischen Denken lassen sich wie folgt zusammenfassen: Systemorganisation:Im Bereich Systemorganisation sind die Fähigkeiten der Grundschüler schon gut ausgebildet. Die Kinder erlernen schnell ein systemisches Darstellungsmittel in Form der Begriffslandkarte. Wie der Vergleich zwischen Prätest und Posttest zeigt, sind die Fähigkeiten zur Darstellung von Systemen abhängig vom Wissen, das die Kinder zu den Systemen haben.Systemeigenschaften:Im Bereich Systemeigenschaften sind die Fähigkeiten heterogen. Die Folgen des Hinzufügens oder Entfernens wesentlicher Teile aus einem System werden erkannt, allerdings finden sich nur relativ wenige Kinder, die verstehen, dass sich die Teile des Systems nicht wie das System selbst verhalten.Die Teilkompetenz „Erkennen von dynamischen Beziehungen“ wird nur dann von der Mehrheit der Kinder gelöst, wenn sich die Fähigkeiten auf allgemeines biologisches Wissen beziehen und nicht spezielles biologisches Wissen herangezogen werden muss.Mit dem Beurteilen von Wirkungen kommen die Grundschüler bereits relativ gut zurecht, es können direkte und indirekte Wirkungen beurteilt werden, immerhin noch ein Viertel aller Kinder kann auch Ursachen beurteilen, die eine zeitliche und räumliche Distanz zu den Wirkungen aufweisen.

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Cornelia Sommer

Kompetenz-Komponenten

niedrigstes Niveau mittleres Niveau höchstes Niveau

Verbindung von Elementen und Beziehungen in Bezugsrahmen

Elemente und Beziehungen werden nicht verbunden.

Elemente und Beziehungen werden monokausal verbunden.

Elemente und Beziehungen werden vernetzt.

Unterscheidung zw. Eigenschaften des Systems und der Elemente

Keine Unterscheidung.

Folgen der Veränderung des Systems durch Hinzufügen oder Entfernen von Teilen werden beschrieben.

Folgen der Veränderung des Systems durch Isolation der Elemente werden beschrieben.

dynamische Beziehungen erkennen

Keine dynamischen Beziehungen werden erkannt.

Einfache dynamische Beziehungen werden aufgrund allg. biolog. Wissens erkannt.

Dynamische Beziehungen werden aufgrund speziellen biolog. Wissens erkannt.

Kompetenzstufenmodell des systemischen Denkens Teil 1

Wenn man die Ergebnisse unter dem Gesichtspunkt von Niveaustufenbetrachtet, dann könnte man sie in diesem Falle z.B. 3 Niveaustufen zuordnen. Für jede Teilkompetenz erhält man dann Beschreibungen, was auf einem niedrigen Niveau, einem mittleren Niveau und einem hohen Niveau von Kindern einer Altersstufe leistbar ist. Beispiele…

Dieses Modell ist aber noch normativ, d.h. ich habe es aufgrund theoretischer Überlegungen aus meinen Ergebnissen zusammengestellt. Es ist noch nicht empirisch überprüft. Dazu müsste man statistisch nachweisen können, dass sich diese Stufen und keine anderen tatsächlich so in den Fähigkeiten wiederfinden.Und es ist auch noch kein Entwicklungsmodell, d.h. es sagt noch nichts darüber aus, wie sich diese Fähigkeiten im Laufe der Zeit bei einem Schüler auf einander aufbauend entwickeln.

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Kompetenzstufenmodell des systemischen Denkens Teil 2

Kompetenz-Komponenten

niedrigstes Niveau mittleres Niveau höchstes Niveau

Folgen von Veränderungen vorhersagen

Keine Folgen von Veränderungen werden vorhergesagt.

Folgen von Veränderungen werden aufgrund allg. biolog. Wissens vorhergesagt.

Folgen von Veränderungen werden aufgrund Kenntnis speziellen biolog. Wissens vorhergesagt.

Wirkungen beurteilen Keine Wirkungen werden beurteilt.

Direkte und indirekte Wirkungen werden beurteilt.

Komplexe Wirkungen mit räumlicher und zeitlicher Distanz zwischen Ursache und Wirkung werden beschrieben.

Rückwirkungen erkennen

Keine Rückwirkungen werden erkannt.

Rückwirkungen in einem einfachen System werden erkannt.

Rückwirkungen in einem komplexen System werden erkannt.

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Cornelia Sommer

Fachdidaktische Forschung: Was macht sie?

entwickelt und prüft Kompetenzmodelle

Fach-wissen

Erkenntnis-gewinnung

Kommuni-kation

Bewertung

Vergleichen und Ordnen

Experimen-tieren

Basiskonzept: System

Diagramm-kompetenz

An diesem Beispiel wollte ich Ihnen einmal zeigen, wie man zu empirisch überprüften Kompetenzmodellen kommt. Aber auch an diesem Modell gibt es noch einige Fragezeichen, die wir im Moment in zwei weiteren Projekten bearbeiten. Wenn Sie sich noch einmal vor Augen führen, welcher Aufwand mit der Erstellung eines einzelnen Strukturmodells verbunden ist, dann wird vielleicht eher verständlich, wieso bisher erst so wenige Puzzleteile für den Primarbereich vorliegen. Ich möchte Ihnen nun noch zwei weitere Puzzleteile vorstellen, aber hier in sehr geraffter Form.

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Cornelia Sommer

Fachdidaktische Forschung

Experimentieren

Bildungsstandards Mittl. Schulabschluss (KMK)

Kompetenzbereich: ErkenntnisgewinnungDie Schülerinnen und Schüler

• planen einfache Experimente, führen die Experimente durch und/oder werten sie aus,

• wenden Schritte aus dem experimentellen Weg der Erkenntnisgewinnung zur Erklärung an,

• erörtern Tragweite und Grenzen von Untersuchungsanlage, -schritten und -ergebnissen,

• …

Ein zweites Puzzleteil, zu dem schon recht viel bekannt ist, stammt aus dem Kompetenzbereich Erkenntnisgewinnung:Es geht um das Experimentieren.In den Bildungsstandards geht es darum, dass die Schüler einfache Experimente planen, durchführen und auswerten könnensie zur Erklärung anwenden können und ihre Tragweite erörtern können.

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Cornelia Sommer

Fachdidaktische Forschung

Experimentieren

Bildungsstandards MeNuK (BW): (4. Kl)

Natur macht neugierig: Forschen, experimentieren, dokumentieren, gestalten

Die Schülerinnen und Schüler können• Einfache Fragen stellen, dazu einfache

Experimente planen, durchführen, diskutieren, auswerten und optimieren

• …Inhalte:• Gegenstände und Stoffe aus dem

Erfahrungsbereich der Kinder und ihre Eigenschaften im experimentellen Vergleich

• ….

In den Bildungsstandards von Baden-Württemberg für die Grundschule tauchen ganz ähnliche Formulierungen auf:Die Schüler können einfache Fragen stellen, dazu einfache Experimente planen, durchführen, diskutieren, auswerten und optimieren.Das ist eine sehr optimistische Forderung, was den Fähigkeitsstand von Grundschülern angeht. Warum ich das meine, das werde ich Ihnen gleich anhand der Forschung zum Experimentieren erläutern.

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Bildungsstandards Sachunterricht (Niedersachsen): (4. Kl)

Themenbereich Natur:Die Schülerinnen und Schüler können• Ausgewählte Naturphänomene

beschreiben und beispielhaft erklären• …Kenntnisse und Fähigkeiten:• Grundlegende Eigenschaften von Luft

experimentell erfahren und erkennen• …

Aufgaben:• Versuche selbständig planen, durchführen

und auswerten

Fachdidaktische Forschung

Experimentieren

In Niedersachsen ist man vorsichtiger: Hier taucht das Experimentieren nicht in den Kompetenzen auf, bei den Erläuterungen dazu heißt es: Grundlegende Eigenschaften von Luft experimentell erfahren und erkennenund nur bei den Aufgaben, die zur Prüfung der erreichten Fähigkeiten

vorgeschlagen werden, heißt es:Versuche selbständig planen, durchführen und auswerten.Hier beschränkt man sich auf Versuche, es ist nicht die Rede vom Experimentieren.

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Kompetenzmodell zur Erkenntnisgewinnung: Experimentieren

Experiment Versuch

• aus Beobachtung oder Theorie generierte Hypothesen

• Variablenkontrolle• Kontrollansatz

Dient dem Nachweis eines prinzipiell bereits bekannten Ergebnisses

Dient der Überprüfung einer theoriegeleiteten Hypothese, das Ergebnis steht noch nicht fest

Hypothesen erstellen

Experiment planen

Ergebnisse analysieren

Vereinfachtes Schema des Experimentierens als Problemlösen

• „Kochbuch- Versuche“

Eine Unterscheidung, die als grundlegend angesehen wird, bezieht sich auf die Unterscheidung zwischen Experiment und Versuch. Oft werden die beiden gleichgesetztEin Experiment dient der Überprüfung einer theoriegeleiteten Hypothese, das Ergebnis steht noch nicht fest.Ein Versuch dient dem Nachweis eines prinzipiell bereits bekannten Ergebnisses.Ein Experiment braucht deshalb • eine aus Beobachtung oder Theorie generierte Hypothese,• eine Variablenkontrolle• einen Kontrollansatz

Ein Versuch braucht dies alles nicht. In der Regel gibt es bereits eine Arbeitsanleitung, der gefolgt wird, und es wird geprüft, ob das Ergebnis zustande kommt. Beispiel: Stärkenachweis in der Kartoffel, Herstellung von Klebstoffen, etc.

Betrachtet man das Experimentieren als Problemlösevorgang, wie dies die Bildungsstandards für den Mittleren Schulabschluss tun, dann kann man 3 Bereiche erkennen, in denen die Schüler über Fähigkeiten verfügen müssen:Dem Hypothesen erstellen, dem Planen des Experiments zur Prüfung der Hypothesen und dem Analysieren der Ergebnisse darauf, ob sie dieHypothese bestätigen oder nicht und welche Schlussfolgerungen daraus zu ziehen sind

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Kompetenzmodell zur Erkenntnisgewinnung: Experimentieren

Strukturmodell• Hypothesen erstellen• Experiment planen• Ergebnisse analysieren

Stufenmodell: Testitems entwerfen

Untersuchung von Phan, Hammann & Bayrhuber 2006

Versuchsgruppe:5.- und 6.-Klässler, N= 1882

Die Untersuchung die ich hier vorstelle stammt von Phan, Hammann und Bayrhuber. Ich präsentiere hier nur stark vereinfachte Ausschnitte aus dieser Studie.Grundlage der Studie war ein Strukturmodell zum Experimentieren, das sich aus 3 Dimensionen zusammensetzt: •Hypothesen erstellen• Experiment planen• Ergebnisse analysieren Ziel der Studie von Phan war es, Testitems zur Prüfung des Stufenmodells zu entwerfen.

Bei den Versuchspersonen handelte es sich um 5. und 6.-Klässler.

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Hypothesen identifizieren

Warum macht Jan dieses Experiment?A Weil er alle Samen dazu bringen will auszukeimen.B Weil er vermutet, dass Wärme und Licht für die Samenkeimung notwendig sind.C Weil er vermutet, dass Wasser, Wärme, Licht und Erde für die Samenkeimung notwendig sind.D Weil der vermutet, dass Erde und Wasser für die Samenkeimung notwendig sind.

KompetenzlevelLevel 0: Schüler versuchen einen Effekt herzustellen. Keine Ursache-WirkungsbeziehungLevel 1: Unsystematische Suche nach HypothesenLevel 2: Systematische Suche nach Hypothesen

So sieht eine Aufgabe aus, die dazu konzipiert wurde, die Kompetenz im Bereich Hypothesen identifizieren zu messen. Sie dürfen sich gerne einmal kurz selbst daran versuchen! Besprechen Sie sich kurz mit Ihrem Nachbarn!

Die verschiedenen Antworten lassen sich drei Kompetenzstufen zuordnen:

Häufige Fehler beim Hypothesen bilden:-Experimentieren ohne Hypothese- zu starke Eingrenzung von Hypothesen-

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Experimente planenJan vermutet, dass Samen besser keimen, wenn es warm ist. Er plant ein Experiment, um diese Vermutung zu prüfen. In Topf 1 sät er Bohnensamen in Erde, gießt die Samen und sorgt für eine Temperatur von 22°C.

Jan braucht aber noch einen zweiten Topf mit Bohnensamen, damit er diesen mit Topf 1 vergleichen und seine Vermutung überprüfen kann.Welchen der Töpfe A-D soll er nehmen?

Alle Variablen werden getauscht.Nicht alle zu kontrollierenden Variablen werden kontrolliert.

Die Testvariable wird gewechselt. Alle anderen Variablen werden konstant gehalten.

Häufige Fehler beim Planen von Experimenten sind:

-Fehlen des Kontrollansatzes:Wenn Schüler Experimente planen, berücksichtigen sie häufig nur einen Ansatz, sie vernachlässigen die Notwendigkeit eines Kontrollansatzes-Unsystematische Variation von VariablenVor allem jüngere Schüler wechseln häufig alle Variablen in zwei Ansätzen eines Experiments,Oder sie verändern in einem Ansatz mehrere Testvariablen, während sie die anderen Variablen konstant haltenPositives Testen: Schüler planen Experimente so, dass sie die Hypothese nur bestätigen, aber nicht widerlegen kann

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Daten analysieren

Wie lautet die beste Erklärung für dieses Ergebnis?A Das Experiment klappte nicht, weil die Samen im Topf 2 nicht keimten.B Das Experiment zeigte, dass Samen Wärme und Licht zur Keimung brauchen.C Das Experiment zeigte, dass Samen Erde und Wasser brauchen, um zu keimen.D Das Experiment zeigte, dass Samen keine Erde, aber Wasser zum Keimen brauchen.

Nach einigen Tagen konnte Jan folgendes feststellen: Die Samen im Topf 1 und 3 waren gekeimt. Aber in Topf 2 waren die Samen nicht gekeimt.

Kompetenzlevel

Level 0: Daten beziehen sich nicht auf die getestete Hypothese.Level 1: Daten beziehen sich auf eine Hypothese, aber nicht auf die getestete HypotheseLevel 2: Daten beziehen sich auf die getestete Hypothese

Häufige Fehler beim Daten auswerten:-Schüler ziehen Schlüsse über die Kausalität eines Faktors aus Experimenten, denen ein Kontrollansatz fehlt- sie ziehen Schlüsse über die Kausalität von Variablen, die im Experiment gar nicht untersucht wurden- sie ignorieren Daten, die von ihren Hypothesen abweichen und kommen damit zu falschen Schlussfolgerungen

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Fachdidaktische Forschung

Vergleichen und Ordnen

Bildungsstandards Mittl. Schulabschluss (KMK)

Kompetenzbereich: ErkenntnisgewinnungDie Schülerinnen und Schüler

• beschreiben und vergleichen Anatomie und Morphologie von Organismen,

• …

Bildungsstandards MeNuK (BW): (4. Kl)

Mensch, Tier und Pflanze: staunen, schützen, erhalten und darstellen

Die Schülerinnen und Schüler können• Techniken der Naturbeobachtung, der

Orientierung in der Artenvielfalt, des Vergleichs an Kriterien und des Entwickelns von Ordnungssystemen anwenden

• ….

Bildungsstandards Sachunterricht (Niedersachsen): (4. Kl)

Themenbereich Natur:Keine spezielle Kompetenzbeschreibung• …Kenntnisse und Fähigkeiten:• Einfache Formen der Fortpflanzung und

Vermehrung beschreiben und vergleichen• Ver. Entwicklungsstadien und Formen des

Wachstums aufzeigen und vergleichen• …

Noch ein drittes Puzzleteil will ich Ihnen vorstellen: das Vergleichen und OrdnenEs ist Bestandteil sowohl der Bildungsstandards für den mittleren Schulabschluss als auch der Bildungsstandards in Baden-Württemberg und Niedersachsen.In Baden-Württemberg wird ausdrücklich das kriteriengeleitete Vergleichen erwähnt und die Hinführung vom Vergleichen zum Bilden von Ordnungssystemen.In Niedersachsen wird das Vergleichen und Ordnen nicht ausdrücklich bei den Kompetenzen erwähnt, taucht aber dafür an verschiedenen Stellen unter den Kenntnissen und Fähigkeiten bzw. den Aufgaben zur Prüfung der Kompetenzerreichung auf.

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Erkenntnisgewinnung:Vergleichen

Kompetenzstruktur beim kriteriengeleiteten Vergleichen: Organismen ordnen•Zwischen unterschiedlichen Kriterien und ihren Ausprägungen unterscheiden•Bei der Bildung von Gruppen eines Klassifikationssystems ausschließlich die Ausprägungen eines einzigen Kriteriums verwenden•Bei der Bildung von Gruppen eines Klassifikationssystems ausschließlich die Ausprägungen eines Kriteriums so wählen, dass Gruppengrenzen eindeutig definiert werden können•Beim Ordnen von Organismen nach unterschiedlichen Gesichtspunkten verschiedenartige Kriterien festlegen, diese innerhalb eines Klassifikationssystems aber nicht verwechseln

Hammann, 2004

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Erkenntnisgewinnung: Vergleichen und Ordnen

Aufgaben zum kriteriengeleiteten Vergleichen von Organismen

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• 113 Schülerinnen und Schüler der 6. Klasse• Aufgabe: freies Ordnen von vorgegebenen Fischen auf mindestens

zwei verschiedene Arten; den gebildeten Gruppen Namen geben

Wie Schüler Tiere ordnen empirische Studie von Hammann & Bayrhuber (2002)

Vortest: 32% kriterienstete Ordnungssysteme, 68% kriterienunstetNachtest: nach Intervention deutliche Verbesserung zugunsten kriteriensteter Ordnungssysteme

Schüler gehen nicht unsystematisch vor, sie haben eigenes System im Kopf. Dieses System ist lebensweltlich orientiert, d.h. es ist aufgrund regelmäßiger Beobachtungen der Umwelt entstanden und beruht auf erklärenden Grundannahmen, die als Theorieähnlich charakterisiert werden könnenIm Biologieunterricht sollten diese Vorstellungen zum fruchtbaren Lernen genutzt werden.

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Wie Schüler Tiere ordnen empirische Studie von Kattmann & Schmitt (1996)

Kriterien des Ordnens:• An großen Lebensräumen (Wassertiere, Landtiere)• Nach Bewegungsweisen (Kriechen, Fliegen, Schwimmen)• Nach Bezug zum Menschen (Haustier, Wildtier)• Körperbau (Anzahl der Beine)

Lebensweltliche Kriterien stimmen vorwiegend nicht mit biologisch-taxonomischen Kriterien übereinLebensweltliche Kriterien werden häufig systematisch und nach erklärenden Grundannahmen gebildetLernende verwenden mehrere Ordnungs- und Vergleichskriterien nebeneinander (Kriterienunstetes Ordnen)

Methodentraining im kriteriensteten Ordnen , insbesondere Wahl der Kriterien(Unterschiede zwischen Merkmalen der Verwandtschaft und Merkmalen der Lebensweise) steigert Erfolg

Nachfolgende Untersuchungen anderer Autoren haben die Dominanz dieser lebensweltlichen Kriterien ausnahmslos bestätigt.

Schüler gehen nicht unsystematisch vor, sie haben eigenes System im Kopf. Dieses System ist lebensweltlich orientiert, d.h. es ist aufgrund regelmäßiger Beobachtungen der Umwelt entstanden und beruht auf erklärenden Grundannahmen, die als Theorieähnlich charakterisiert werden könnenIm Biologieunterricht sollten diese Vorstellungen zum fruchtbaren Lernen genutzt werden.

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Resumee

Spannungsfeld:Bildungspolitische Vorgaben

Mangel an Kompetenzmodellen

Kompetenzfördernd Unterrichten

Schlussfolgerungen für die Praxis?

Zum Schluss möchte ich noch einmal ein Resumee ziehen und versuchen, einige praktische Folgerungen aus dem zu ziehen, was ich Ihnen vorgestellt habe. Ich habe versucht, Ihnen das Spannungsfeld zu verdeutlichen, in dem die Einführung eines output-orientierten Bildungswesen steht. Ich habe Ihnen gezeigt, wie es zu der Umstellung des Bildungswesen hin zu einerKompetenzorientierung kam, wobei diese Umstellung eine bildungspolitische Entscheidung war. Dies ist insofern wichtig, als diese Umstellung wünschenswerterweise auf der Basis von fundierten Kompetenzmodellen geschehen müsste. Die bislang kursierenden Kompetenzmodelle sind erfahrungsbasiert, nicht theoriebasiert und empirisch überprüft. An 3 Beispielen habe ich versucht zu zeigen, wo die fachdidaktische Forschung bei der empirischen Absicherung von Kompetenzmodellen im Moment steht. Sie haben gesehen, dass noch nicht viele Puzzleteile zusammengetragen sind. Trotzdem stehen Sie vor der Aufgabe, diese bildungspolitische Forderung umzusetzen und ihren Unterricht auf den Erwerb von Kompetenzen auszurichten.Was kann man nun aus den wenigen Erkenntnissen, die die Wissenschaft zum Thema Kompetenzmodelle für den Primarbereich zu bieten hat, an Schlussfolgerungen für die Praxis ziehen?

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Für die Praxis: Bildungspläne gestalten

Anschlussfähigkeit an Bildungsstandards für die weiterführenden Schulen sichern

Kumulativer Kompetenzaufbau

Wenn möglich: Orientierung an empirisch abgesicherten Kompetenzmodellen

Schutz vor Über- und Unterforderung

Sich auf Veränderungen einstellen: Überarbeitung der Standards

Man kann das Problem auf 3 Ebenen angehen: Auf der Ebene der Lehrpläne lässt sich aus dem Gesagten folgern:-Die Lehrpläne sollten unbedingt auf eine Anschlussfähigkeit an die weiterführenden Schulen achten. D.h. bei der Konzeption von Bildungsstandards für den Primarbereich sollte immer an die Bildungsstandards der weiterführenden Schulen gedacht werden, damit auch tatsächlich ein kumulativer Wissensaufbau möglich ist.- Wo immer möglich sollte bei der Konzeption von Bildungsstandards auf die empirisch abgesicherten Kompetenzmodelle zurückgegriffen werden. Damit lassen sich Über- und Unterforderungen vermeiden, wie sie z.B. auch im Anspruch an das Experimentieren in der Grundschule stecken können.- Und man sollte sich darauf einstellen, dass alle Bildungsstandards immer wieder überarbeitet werden, denn die Erkenntnisse, die man nun nach und nach gewinnt, werden mit Sicherheit zu Umstellungen führen.

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Für die Praxis: Kompetenzfördernd unterrichten

Output-Orientierung:Unterricht von

hinten planen

Vermittlung von Wissen und dessen Situierung:

erforderliche Lernprozesse und –gelegenheiten mitplanen

Verknüpfung von Wissen und Handeln:variable Anwendungssituationen planen

Auf der Ebene des Unterrichts sind Sie die Experten. Sie sind gefragt, die Umstellung zu gestalten und durch Ihre Erfahrung und Ihre Ideen umzusetzen.Wichtig ist, den Unterricht nicht von vorne nach hinten entlang der Logik des Sachinhaltes zu konzipieren, sondern den Unterricht von hinten zu planen. D.h. man fängt bei der zu erreichenden Kompetenz an, und überlegt sich, welche Fähigkeiten und Fertigkeiten, welches Wissen nötig sind, damit diese Kompetenz zum Schluss auch aufgebaut ist. Man geht dabei Stück für Stück rückwärts und plant die einzelnen Schritte.Diese Schritte sind aber nicht nur Wissensvermittlung, sondern auch dessen Situierung. D.h. die erforderlichen Lernprozesse und Lerngelegenheiten müssen in einem solchen Kompetenzerwerbsplan gleich mitgedacht werden.Und wichtig ist noch, dass die Kompetenz ja nicht nur aus dem Wissen und Verstehen besteht, sondern auch darin, dieses Wissen zum Lösen von Problemen in konkreten Fällen anwenden zu können. Diese Anwendungen müssen aber auch immer wieder in und immer wieder neuen Varianten geübt werden.

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Für die Praxis: Kompetenzfördernde Aufgaben

Im naturwissenschaftlichen Unterricht in Deutschland kommen zu kurz:• das argumentative Bewerten und Begründen• das adressatengerechte Verbalisieren•das selbständige Erschließen naturwissenschaftlicher Erkenntnisse•der Verwertungsaspekt des naturwissenschaftlichen Wissens

Die dritte Ebene ist die Ebene der Aufgaben:Betrachtet man die internationalen Vergleichsstudien so lässt sich feststellen, dass in Deutschland hinsichtlich der Aufgabenkultur folgende Bereiche zu kurz kommen:•das argumentative Bewerten und Begründen• das adressatengerechte Verbalisieren•das selbständige Erschließen naturwissenschaftlicher Erkenntnisse•der Verwertungsaspekt des naturwissenschaftlichen Wissens

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Für die Praxis: Kompetenzfördernde Aufgaben

AufgabeKompetenzen

Welche Kompetenzen braucht man zur Bearbeitung der Aufgabe?

Kontext

Welchen Kontext besitzt die Aufgabe?

Wissen

Welches Wissen braucht man zur Bearbeitung der Aufgabe?

Affektive Dimensionen

Wie interessant und motivierend ist die Aufgabe?

Aufgaben können aber viel mehr als Wissen zum Einsatz zu bringen.Die Konstruktion von kompetenzfördernden Aufgaben beruht auf 4 Fragen, die man an sie richten kann.

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Merkmale kompetenzfördernder Aufgaben

• Sie sind in einen schüler- oder gesellschaftlich relevanten Kontext gestellt.

• Sie knüpfen am Vorwissen an.• Sie bauen das kumulative Wissen aus (Inhalte).• Sie fordern und fördern inhalts- und prozessbezogene

Kompetenzen (Breite).• Sie sind herausfordernd und auf passendem Lernniveau (Tiefe).• Sie fordern die Lernenden zu hoher Eigentätigkeit heraus. Sie sind

vielfältig in den Lösungsstrategien und Darstellungsformen.

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Merkmale kompetenzfördernder Aufgaben

Kompetenzmatrix in den Bildungsstandards

Diese Matrix bringt die einzelnen Kompetenzbereiche mit allgemeinen Anforderungsbereichen in Verbindung.Mit ihrer Hilfe kann man Aufgaben gut auf die einzelnen Kompetenzbereiche, und darin wieder auf unterschiedliche Anforderungsbereiche zustricken.

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Merkmale kompetenzfördernder Aufgaben

Kompetenzmatrix MNU

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Fazit

Die Umstellung auf kompetenzorientierte Bildung

…ist nicht trivial…ist auf dem Weg…bestehende Modelle sind vorläufig, können

durch Forschungsergebnisse noch verändert werden

…kann nur in Verbindung von Wissenschaft und Praxis gelingen

…auf Ihre Praxiserfahrung kommt es an!

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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

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Naturwissenschaftliche Zugänge zu Problemen

Analytischer Zugang:

Komplexe Strukturen werden in überschaubare Komponenten zerlegt

Ist nicht zielführend, wenn:• sich das System verändert oder bewegt• ein Geschehen das andere beeinflusst, selbst wenn sich das zweite viel

später und weiter weg vom ersten abspielt• Teile von Systemen zusammenarbeiten und manche Ereignisse sich

erst aus dieser Zusammenarbeit erklären lassen

Systemischer Zugang:

Komplexe Strukturen lassen sich durch das Zusammenspiel ihrer Komponenten erklären

Der naturwissenschaftliche Zugang zu Problemen ist häufig analytisch, er besteht darin, komplexe Strukturen in überschaubare Komponenten zu zerlegen. Es zeigt sich, dass mit dieser Vorgehensweise viele Probleme gelöst werden können (z.B. die Aufklärung von Enzymstrukturen). Dennoch existieren Bereiche, in denen das analytische Herangehen nicht zielführend ist. Diese Methode funktioniert dann nicht, wenn sich das System verändert oder bewegt (z.B. haben in einem äußerlich unveränderten Ei nach 2 Wochen Brutzeit gravierende Veränderungen stattgefunden), wenn ein Geschehen das andere beeinflusst, selbst wenn sich das zweite viel später und weiter weg vom ersten abspielt (z.B. der Einfluss des Nahrungsangebots für den Weißstorch im Überwinterungsgebiet auf den Bruterfolg im Sommer), wenn Teile von Systemen zusammenarbeiten und manche Ereignisse sich erst aus dieser Zusammenarbeit erklären lassen (z.B. lässt sich die Funktion eines Autos erst aus einer bestimmten Zusammensetzung seiner Bestandteile wie Motor, Getriebe, Antriebswelle, Räder etc. und nicht aus seinen Einzelteilen erklären; ein Wort erschließt sich erst aus einer bestimmten Reihenfolge seiner Buchstaben, nicht aus den einzelnen Buchstaben). In Ergänzung dieses analytischen Zugangs ist es daher oft sinnvoll, Strukturen nicht zu zerlegen, sondern in ihrem Zusammenspiel zu betrachten. Dies ist dann ein systemischer Zugang.

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Kompetenzbereich: Bewertung- Strukturmodell

Wahrnehmen und Bewusstmachen moralisch-ethischer Relevanz: Angesprochen ist die Fähigkeit, das spezifische moralisch-ethische Problem in einem Sachverhalt wahrzunehmen und zu identifizieren.

Wahrnehmen und Bewusstmachen der Quellen der eigenen Einstellung: Es gilt, ein reflektiertes Bewusstsein für zwischenmenschliche, gesellschaftliche und kulturelle Einflüsse zu schaffen, die eine Wirkung auf die Ausbildung der eigenen begründeten Meinung haben.

Beurteilen: Wird ein Sachverhalt beurteilt, so wird er sowohl unter Betrachtung der enthaltenen Fakten als auch unter Nennung der für und gegen eine Handlung sprechenden Gründe analysiert.

Folgenreflexion: Es geht um die Fähigkeit, im Vorfeld hypothetische Folgen eines jeweiligen Urteils zu antizipieren und abzuschätzen.

Perspektivenwechsel: Der Perspektivenwechsel umfasst sowohl die Fähigkeit, der eigenen Position entgegenstehende Argumente formulieren und nachvollziehen zu können als auch den ausschließlich eigenen Blickwinkel bis hin zu einer entpersonifizierten gesellschaftlichen Perspektive hin zu erweitern.

Argumentieren: Grundlage des korrekten ethischen Argumentierens ist der praktische Syllogismus, der mit einem festen Schema deskriptiver und normativer Prämissen und Konklusionen operiert. Urteilen: In diesem Bereich geht es darum, ein eigenes reflektiertes und begründetes Urteil fällen zu können.

Ethisches Basiswissen: Das ethische Basiswissen umfasst die Fähigkeit der Schüler, in bioethischen Diskussionen jeweilige zentrale Fachbegriffe erklären und korrekt verwenden zu können.

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Modellierung der Kompetenz zum systemischen Denken

Bezug zu den Bildungsstandards:Kompetenzbereich: Fachwissen Basiskonzept: SystemDie Schülerinnen und Schüler• verstehen die Zelle als System,• erklären den Organismus und Organismengruppen als System,• erklären Ökosystem und Biosphäre als System,• beschreiben und erklären Wechselwirkungen im Organismus, zwischen Organismen

sowie zwischen Organismen und unbelebter Materie• wechseln zwischen den Systemebenen,• stellen einen Stoffkreislauf sowie den Energiefluss in einem Ökosystem dar,• beschreiben Wechselwirkungen zwischen Biosphäre und den anderen Sphären der

Erde,• kennen und verstehen die grundlegenden Kriterien von nachhaltiger Entwicklung.

Basiskonzept System

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Förderung von Fähigkeiten beim Experimentieren

- Wissen über Ziele von Experimenten vermitteln: nat.-wiss. Experimente dienen der Überprüfung kausaler Zusammenhänge von Variablen

- Einbettung der Vermittlung methodischer Inhalte in Verständnis zur Natur der Naturwissenschaften

- Wissen über den Unterschied zwischen direkter Beobachtung und der indirekten experimentellen Untersuchung von Naturphänomenen

- Experimente benötigen eine Fragestellung und eine Hypothese, die beschreibt, welche Variable untersucht werden soll

- Zur Prüfung der Hypothese wird das experimentelle Vorgehen geplant: diezu untersuchende Variable wird variiert, alle anderen Variablen müssen konstant gehalten werden.

- Die Ergebnisse des Experiments werden in Bezug auf die Hypotheseanalysiert und bestätigen oder verwerfen diese.

- Die Ergebnisse eines Experiments gelten erst dann als sicher, wenn sich das Experiment mehrfach bestätigen lässt.

Es gab einige Untersuchungen, die sich mit den Schwächen von Schülern beim Experimentieren beschäftigt haben. Aber nur wenige Untersuchungen haben geprüft, wie man das Verständnis für Experimente fördern kann. Sie zeigen, dass es wesentlich darauf ankommt, das theoretische Verständnis der Schüler für Experimente zu entwickeln. Darüber hinaus sind natürlich die bekannten Kennzeichen eines Experiments auch als solche zu vermitteln: Den Schüler muss gezeigt werden, dass -Wissen über Ziele von Experimenten vermitteln: nat.-wiss. Experimente dienen der Überprüfung kausaler Zusammenhänge von Variablen-Einbettung der Vermittlung methodischer Inhalte in Verständnis zur Natur der Naturwissenschaften- Wissen über den Unterschied zwischen direkter Beobachtung und der indirekten experimentellen Untersuchung von Naturphänomenen-Experimente benötigen eine Fragestellung und eine Hypothese, die beschreibt, welche Variable untersucht werden soll-Zur Prüfung der Hypothese wird das experimentelle Vorgehen geplant: die zu untersuchende Variable wird variiert, alle anderen Variablen müssen konstant gehalten werden. -Die Ergebnisse des Experiments werden in Bezug auf die Hypothese analysiert und bestätigen oder verwerfen diese.-Die Ergebnisse eines Experiments gelten erst dann als sicher, wenn sich das Experiment mehrfach bestätigen lässt.

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sommer2.jp g

Wie Schüler Tiere ordnen empirische Studie von Hammann & Bayrhuber (2002)

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Erkenntnisgewinnung:Vergleichen (Hammann, 2004)

Kompetenzstruktur beim problemorientierten Vergleichen in der Ökologie.Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Organismen in ihrer Angepasstheit an die Umwelt•Geeignete Vergleichskriterien heranziehen, um die Fragestellung des Vergleichs beantworten zu können•Merkmale, bzw. Merkmalsmuster von Organismen auf Vergleichskriterien beziehen

Kompetenzstufen•über die Anzahl der Vergleichskriterien, die zum Vergleich herangezogen werden•über die Anzahl berücksichtigter Merkmale der Organismen in Bezug auf die Vergleichskriterien

Fortbewegungsweise, Fortpflanzung, Ernährung

Fortbewegungs-weise

BeinlängeKörperformFußform

Ein anderer Aspekt des Vergleichens ist der problemorientierte Vergleich in der Ökologie. Ein typisches Beispiel für einen solchen Vergleich liegt vor, wenn Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Organismen in ihrer Angepasstheit an die Umwelt erklärt werden müssen. Ähnlich ist es beim Vergleich von Struktur und Funktion.Die Kompetenzstruktur besteht aus folgenden Teilkompetenzen:•Geeignete Vergleichskriterien heranziehen, um die Fragestellung des Vergleichs beantworten zu können•Merkmale, bzw. Merkmalsmuster von Organismen auf Vergleichskriterien beziehen

Kompetenzstufen lassen sich über folgende Merkmale ableiten:•über die Anzahl der Vergleichskriterien, die zum Vergleich herangezogen werdenBeispiel: Vergleich von zwei Organismen in ihrer Angepasstheit an die Umwelt nur über Fortbewegungsweise oder über Fortbewegungsweise, Fortpflanzung und Ernährung•über die Anzahl berücksichtigter Merkmale der Organismen in Bezug auf die VergleichskriterienBeispiel: Berücksichtigung von Beinlänge, Körperform, Fußform beim Kriterium Fortbewegungsweise

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3. Diskussion in Gesprächsrunden – Forum STE-PS 3

• Austausch zum Vortrag zu folgenden Themen:

o Kompetenzentwicklung beim naturwissenschaftlich-technischen Lernen benötigt Classroom Management und Ausstattung!

o Kompetenzentwicklung beim naturwissenschaftlich-technischen Lernen

benötigt Kontexte für Jungen UND Mädchen!

o Kompetenzentwicklung beim naturwissenschaftlich-technischen Lernen benötigt überprüfbare Modelle und Bewertungsraster!

o Kompetenzentwicklung beim naturwissenschaftlich-technischen Lernen

benötigt den Prozess fördernde Aufgaben und Problemstellungen!

• Impulse / Fragen von Lehreranwärterinnen und Lehreranwärtern Eine Lehreranwärterin bringt aus der Gesprächsrunde die wichtigsten Erkenntnisse / Fragen in die Podiumsdiskussion ein. 4. Ergebnisse / Fragen aus den Gesprächsrunden – Forum STE-PS 3 Erkenntnisse aus dem Vortrag:

Methodik als Basis und Ziel, z.B. Concept Maps Output-Orientierter Unterricht Von „hinten“ planen Experiment + Versuch Unterscheidung Experiment - Verusch Bedeutung von „Wissen“ – Anhäufung von trägem Wissen (TIMSS) Ausstattung bestimmt Möglichkeiten des Lernens Kompetenzentwicklung ist (auch) abhängig von Ressourcen Experiment (nach Definition planen) braucht Offenheit bei Austattung Bewerten, Begründen Argumentieren

BaWü anspruchsvoll, hohes Niveau Systemisches Denken der Schüler + Concept Maps

Fragen zum Vortrag:

Ausstattung – Was ist wirklich nötig? Geeignete Lernsoftware? Wie setze ich die praktische Arbeit im normalen Klassenzimmer um? Strategien für die Umsetzung in der Lehrerbildung? Naturwissenschaftliche Kompetenzen von Grundschülern? Naturwissenschaftliche Kompetenzen der Lehrerinnen?

Kann man in der Schule objektive Noten machen? Beobachtungsbogen Bewertungsraster Hin zur Note? Klassenarbeiten als richtiges Instrument? Niveaustufen Noten

o Für jede Stufe: Ziele, Indikatoren o Weg?

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VIII. Presse-Berichte 1. Vorbericht Forum STE-PS - Die Kinder für Natur und Technik interessieren 06.09.2008 Nürtinger Zeitung Das Nürtinger Seminar will Grundschullehrer und Lehreranwärter unterstützen und weiterbilden – Drei Vorträge stehen an NÜRTINGEN. Unsere Welt wird immer komplizierter. Naturwissenschaften und Technik werden immer bedeutender. Und dennoch: Seit Jahren distanzieren sich viele von naturwissenschaftlichen und technischen Fragestellungen. Schon Kinder, die eigentlich von Natur aus mit dem Entdeckerdrang und großer Neugierde ausgestattet sind, ziehen sich zurück. Dem will das staatliche Lehrerseminar Nürtingen entgegenwirken, indem das Lehrpersonal in Ausbildung und Beruf unterstützt wird. Drei Vorträge sollen nun dazu beitragen. „STE-PS“ lautet das Zauberwort. Hinter der klingenden Abkürzung verbirgt sich Englisches: „Science Teachers for Europe – Principles and Standards“. Es geht also darum, Lehrpersonal dazu zu befähigen, die kindliche Begeisterung für Technik und Naturwissenschaft zu erhalten und zu fördern. Das Projekt „STE-PS“ bedient sich dabei verschiedener Methoden, wie Seminar-Direktor Siegfried Henzler erläutert. Das soll auf drei Wegen geschehen. Zum einen soll die Sach- und Fachkompetenz der Lehrer gefördert werden. Zum anderen sollen die Schulen bei der Sachausstattung unterstützt werden. Und letztlich sollen didaktische Strukturen erarbeitet werden. Betrachtet werden dabei nicht nur die Grundschulklassen, sondern auch die ersten beiden Klassen der weiterführenden Schulen. Henzler: „Der Übergang ist sehr wichtig.“ Lehreranwärter bringen sich mit ein, Mentoren werden ausgebildet. Da ein fachlich wertvoller und für die Kinder interessanter Naturwissenschaft- und Technikunterricht in der Grundschule oft bereits an der Ausstattung scheitert, suchte man im Rahmen des Projekts hier schon nach Lösungen. Eine von diesen Lösungen ist der rollende Laborwagen, den Lehreranwärter entwickelten. Ausgestattet ist der mit vielen Utensilien. Mit zehn Experimentiersätzen für Schülergruppen von zwei bis drei Schülern zum Beispiel. Hinzu kommen zehn Experimentiertabletts zur Elektrotechnik, zu anderen Naturwissenschaften. Da gibt es Stative, Reagenzgläser, verschiedenste Werkzeuge. Es gibt Mikroskope, Messbecher, Gefäße. Der Wagen bietet noch Platz für weitere Gerätetabletts zu Themen, die noch in Entwicklung sind. Professionelle Ausrüstung, die kleine Forscher ernst nimmt. Am Seminar wurde der Prototyp entwickelt, jetzt hofft Henzler auf eine Firma, die den rollenden Physiklehrraum in Serie produziert. Eine weitere Ausstattungslösung ist eine Notebook-Insel mit mehreren transportablen Computern, mit Kameras und Drucker. Damit können die wissensdurstigen Schüler ihre eigenen Experimente dokumentieren.

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Ein weiterer Baustein des Projekts ist das Forum „STE-PS“. Im Rahmen des Forums hat man schon Firmen wie Metabo, Heller, AMK oder auch Sauter besucht. Den Firmen ist es wichtig, dass die Kinder – die Auszubildenden von morgen – nicht den Draht zu Technik und Naturwissenschaft verlieren. Diese Firmen unterstützen das Forum auch in diesem Herbst. Drei Vorträge wird es für Lehrer und Lehreranwärter geben. „Wir arbeiten wissenschaftsorientiert“, sagt Siegfried Henzler. Gebe es Fragen, hole man sich Wissenschaftler ins Haus. Am Montag, 15. September, wird die Professorin Dr. Rita Wodzinski von der Universität Kassel im Seminar die Frage beantworten, was Lehrer können müssen, um naturwissenschaftlich und technisch unterrichten zu können. Am Dienstag, 30. September, wird Dr. Mirjam Steffensky von der Universität Lüneburg unter dem Titel „Mehr als Brausepulverraketen bauen?“ den Stand der Didaktik skizzieren. Und schließlich wird sich am Dienstag, 7. Oktober, Dr. Cornelia Sommer aus Kiel mit der Frage befassen, was den Kindern vermittelt werden soll. Zu den jeweils von 14 bis 18 Uhr dauernden Veranstaltungen gehören Diskussionen und Gespräche. Alle 200 Ausbildungsschulen des Seminares sind eingeladen worden. Die Ergebnisse des diesjährigen Forums sollen direkt in die „STE-PS“-Arbeit einfließen. Schließlich will man die Lehrer nicht mit Appellen zu Weiterbildung und mehr Engagement überziehen. Henzler will helfen, praktische Lösungen anzubieten. Denn der Direktor weiß, dass die Lehrer ohnehin schon ein weites Feld von Fachbereichen abdecken müssen. Mit der Bildung von Teams käme man weiter, meint er. 2. Forum STE-PS 1 Forum STE-PS - Den Unterricht an Kinderfragen orientieren 19.09.2008 Nürtinger Zeitung Das Forum „STE-PS“ am Lehrerseminar befasst sich mit dem Thema „Kompetente Lehrer im naturwissenschaftlich-technischen Unterricht“ NÜRTINGEN (als). Ziel des Lehrerseminar-Forums „STE-PS“ ist es in diesem Jahr, die Lehrer besser auf den naturwissenschaftlich-technischen Unterricht vorzubereiten. Professor Dr. Rita Wodzinski von der Universität Kassel war der Einladung des Lehrerseminars gefolgt und hielt dabei einen Vortrag zum Thema „Welche Kompetenzen benötigen Lehrkräfte, um erfolgreiche Lernprozesse bei Schülerinnen und Schülern im Bereich der naturwissenschaftlich-technischen Bildung ermöglichen zu können?“. Dieser Vortrag bildete den Mittelpunkt der Veranstaltung. In Gesprächsrunden aller Teilnehmer wurden anschließend Fragen erarbeitet, die in einer abschließenden Podiumsrunde mit Lehreranwärterinnen durch die Vortragende beantwortet werden konnten. Bevor Rita Wodzinski in ihrem lebendigen und interessanten Vortrag den Stand der Wissenschaft darlegte, begrüßte Seminarleiter Siegfried Henzler die Gäste, neben Interessierten aus dem schulischen Bereich waren als Vertreterin des Kultusministeriums Annely Zeeb anwesend, Wolfgang Schiele vom Regierungspräsidium Stuttgart, Rita

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Reuss vom Landesinstitut für Schulentwicklung und zwei Ausbildungsmeister der Firma Metabo, die diese Veranstaltung finanziell unterstützte. Mit einem Verweis auf aktuelle Studien des oftmals stiefmütterlich behandelten Bereichs der naturwissenschaftlich-technischen Bildung führte Direktor Henzler in die Thematik des Forums ein und stellte die Ziele dar, die das Projekt „STE-PS“ des Nürtinger Lehrerseminars verfolgt. „STE-PS“ ist das Kürzel für „Science Teachers for Europe - Principles and Standards“ (wir berichteten). Neben dem Aufbau von Kompetenzen im Bereich der naturwissenschaftlich-technischen Bildung für angehende Grund- und Hauptschullehrer können Schulen bei Bedarf vom Seminar Unterstützung erfahren, wie anregende Lernumgebungen und lernwirksame didaktische Module gestaltet werden können. Die Professorin, die als Vorsitzende des Fachverbandes Didaktik der Physik an der Uni Kassel einen gleichnamigen Lehrstuhl für alle Lehrämter innehat, erörterte in ihrem Vortrag, wie Lehrkräfte Kompetenzen aufbauen und erweitern können, um guten naturwissenschaftlichen Unterricht zu gestalten. Neben Fachwissen stellte sie einen weiteren wichtigen Aspekt heraus: das Zutrauen und die Neugier, sich selbst Fragen zu stellen und Alltagsphänomenen einmal auf den Grund zu gehen, um sich dem unter Umständen ungeliebten Gebiet der Physik und der Technik anzunähern. Als Gründe für das geringe Interesse, sich mit Physik und Technik auseinanderzusetzen, nannte Wodzinski schlechte Erfahrungen aus der eigenen Schulzeit der Lehramtsstudierenden. Im schulischen Bereich käme die oft unzureichende Ausstattung für das Experimentieren, vor allem an Grundschulen, hinzu. Die beste Ausstattung nütze jedoch wenig, wenn sich die Lehrkräfte fachlich nicht kompetent genug fühlten, da ihnen oftmals Grundkenntnisse fehlen, die sie auch im Studium für das Grund- und Hauptschullehramt nicht erworben hatten. Man habe sich mit der Materie durch die Wahl der Studienfächer an der Pädagogischen Hochschule gar nicht auseinandersetzen müssen. Das Studium bereitet nicht auf die Berufswirklichkeit vor Eine Lehreranwärterin brachte das Problem in der Podiumsrunde mit der Darstellung der eigenen Situation zur Sprache. Sie habe Physik in der Schule bewusst abgewählt und nun sei es mit dem studierten Fach Biologie erforderlich, dass sie in dem Fächerverbund Materie/Natur/Technik genau auf dem Gebiet kompetent sein müsse, für das sie sich am wenigsten kompetent fühle. Das Studium mit dem Schwerpunkt Grundschule habe sie nicht auf die Berufswirklichkeit in der Hauptschule vorbereitet. Rita Wodzinski zeigte an mehreren Studien zur Unterrichtsforschung auf, dass neben der Fachkompetenz der Lehrkräfte eine deutliche Strukturierung des Unterrichts und eine auf selbst entdeckende Problemlösung ausgerichtete Unterrichtsgestaltung Faktoren für das Gelingen des Unterrichts sind. Lehrkräfte sollten die Kinder beobachten und somit neben berufsbegleitenden, qualifizierten Weiterbildungen ihre fachlichen Kompetenzen erweitern. Das Gesamtfazit, so die Vortragende, laute, dass fertig ausgearbeitetes Material häufig noch keinen guten Unterricht garantiere. Die fehlenden Kompetenzen könne man erweitern durch das Recherchieren von Phänomenen, durch das Feststellen der Lernstände der Schüler, durch die Beschaffung geeigneten Materials, durch ein gutes Arrangement von Lernsituationen und Lernumgebungen sowie die Dokumentation der Lernverläufe und die Reflexion über das, was die Schüler in einer Unterrichtseinheit gelernt haben.

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In den an den Vortrag anschließenden Gesprächsrunden wurde unter anderem die Frage aufgeworfen, wie die Rolle der Lehrkraft im Unterricht aussehen solle. Professor Dr. Wodzinski entschied sich bei der Beantwortung der Frage für einen Mittelweg. Der Unterricht müsse durchaus Phasen haben, die klar strukturiert und angeleitet sind, den Schülern aber auch viel Zeit für freies und selbsttätiges Experimentieren lassen. Mit dem Begriff der „Spielwiese“ machte sie deutlich, dass Schülerinnen und Schülern die Freiräume bekommen sollten, Fragen zu stellen und nach Antworten zu suchen. Angehende Lehrerinnen und Lehrer sollten nicht davon ausgehen, dass sie in der Zeit des Vorbereitungsdienstes allumfassende Fachkompetenzen erwerben könnten. Es sei für Lehreranwärter sinnvoll, an ihren Schulen Freiräume zu bekommen, um Unterrichtsideen auszuprobieren. Dabei sei es bedeutsam, dass Ausbildungsziele zwischen Schulen und dem Seminar gut abgestimmt seien und eine intensive Kooperation stattfände. Eine wichtige Rolle spielten dabei die Mentoren an den Schulen. In Lerngemeinschaften sei das Lernen effektiver. In Teams könne man sich bei der Vor- und Nachbereitung des Unterrichts gegenseitig den Rücken stärken und somit die eigene Professionalisierung vorantreiben. „Ich weiß auch nicht auf alle Fragen eine Antwort und fühle mich trotzdem kompetent“, so Rita Wodzinski. Dies aus dem Munde einer hochkarätigen Professorin zu hören, ermutigte die Anwesenden, sich schrittweise Kompetenzen für einen professionellen naturwissenschaftlich-technischen Unterricht anzueignen und dies in einem Lerntagebuch für die spätere Reflexion zu dokumentieren. Umsetzbare Strategien wurden aufgezeigt Auch für das Projekt „STE-PS“ waren die Erkenntnisse aus der Veranstaltung von großer Bedeutung hinsichtlich der weiteren Arbeit. In einem Abschlussdialog wurde herausgestellt, wie wichtig es ist, sich im Projekt vertieft mit den Fragestellungen zur Erreichung von Fachkompetenz und Selbstwirksamkeit auseinanderzusetzen und die Zusammenarbeit mit Mentoren weiter zu stärken. Die Resonanz unter den Zuhörern war einstimmig positiv, was sowohl die Gestaltung der Veranstaltung als auch die Ausführungen der Referentin anbelangte. Die Teilnehmer hatten umsetzbare Strategien aufgezeigt bekommen, wie sie fachliche Lücken schließen können, war zu hören. 3. Forum STE-PS 2 Forum STE-PS - Wissen muss anwendbar sein 08.10.2008 Nürtinger Zeitung Vortrag von Dr. Mirjam Steffensky beim Forum Steps im Lehrerseminar: Naturwissenschaftliche Grundbildung ist mehr als Experimentieren NÜRTINGEN (als). "Es ist nicht genug zu wissen, man muss es auch anwenden; es ist nicht genug zu wollen, man muss es auch tun" - mit diesem Zitat aus Goethes "Wilhelm Meisters Wanderjahre“ eröffnete Direktor Siegfried Henzler jüngst die zweite Vortragsveranstaltung der Reihe „Forum Steps“ am Nürtinger Lehrerseminar. „Steps“ verfolgt das Ziel, die Lehrerbildung und den Unterricht in der naturwissenschaftlich-technischen Bildung nachhaltig zu fördern und zu verbessern. Dr.

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Mirjam Steffensky von der Universität Münster gab mit ihrem Vortrag zur Didaktik naturwissenschaftlichen Lernens wertvolle Impulse für die Weiterarbeit in diesem Projekt. Direktor Henzler führte in den Nachmittag ein. Das Wichtigste, so Henzler, sei es, der Neugier der Kinder im Bereich der Naturwissenschaft und Technik Raum zu geben. Das Lernen der Kinder müsse von Lehrkräften professionell begleitet werden, damit diese ihre Welt begreifen können. Das Lehrerseminar kooperiert hierzu im Projekt Steps mit Partnerschulen, um die Lehrerbildung in diesem Bereich weiterzuentwickeln. Dr. Mirjam Steffensky promovierte im Jahr 2000 und ist als Professorin an der Universität Münster für Chemie-Didaktik tätig. In ihrem Vortrag nahm Steffensky das Lernen der Kinder im naturwissenschaftlichen Unterricht genauer unter die Lupe. Was macht einen guten naturwissenschaftlich-technischen Unterricht aus? Naturwissenschaftliche Bildung, so Steffensky, sei ein lebenslanger Prozess. Es gehe in der Schule nicht nur darum, auf einen späteren Beruf vorzubereiten. Vielmehr gehe es auch darum, bei Schülern eine Grundlage zu schaffen, um sich in einer naturwissenschaftlich-technisch orientierten Welt interessiert mit aktuellen Themen zu befassen. Wissen müsse anwendbar sein. Forschungsbefunde zeigten, dass Kinder bereits im vorschulischen Alter Vorstellungen zu naturwissenschaftlichen Denk- und Arbeitsweisen haben, die durch einen guten Unterricht lernwirksam werden können. Steffensky führte in den Begriff des „Konzeptwechsels“ ein: Lehrkräfte müssten sich dessen bewusst sein, dass Vorstellungen der Kinder, sogenannte Konzepte, zunächst abgerufen werden müssen. Die Schüler sollten durch die bewusste Auseinandersetzung Anregungen bekommen, um eigene Vorstellungen zu überprüfen und Neues zu lernen. Die reine Vermittlung von Lerninhalten sei nicht hilfreich, um den notwendigen Konzeptwechsel für nachhaltiges Lernen herbeizuführen. Ein aktiver Wissensaufbau benötige Zeit, müsse alltagsnah und bedeutsam sein. Unterricht umfasse mehr als reine Wissensvermittlung. Lehrkräfte müssten den Schülern Denkhilfen geben und sie vor allem im Bereich der Hauptschulen mehr fordern. Hauptschüler könnten im Bereich des naturwissenschaftlichen Lernens viel mehr leisten, als ihnen oft zugetraut würde. Steffensky führte weiter aus, dass es eine aktiv-entdeckende Unterrichtsgestaltung brauche, um effektives Lernen zu ermöglichen. Um nachhaltiges Lernen zu fördern, müssten Versuche über bloßen Aktionismus hinausgehen. Es bestehe sonst die Gefahr, dass den Schülern Erklärungen übergestülpt würden, die Halbwissen erzeugen. Eine Methode, die das aktive Lernen unterstütze, sei das Experimentieren durch die Schüler. Die Forschung zeige, dass an das Experimentieren sehr hohe Erwartungen geknüpft würden, die aber oft in der Praxis nicht erfüllt werden. Es gäbe neben dem Experiment weitere wissenschaftliche Methoden wie das Sammeln, Ordnen, Beobachten und Beschreiben, die als Grundlage für das Experimentieren benötigt würden. Naturwissenschaftliche Phänomene müssten zudem in unterschiedlichen Zusammenhängen entdeckt werden können, um nachhaltiges Lernen zu ermöglichen. Steffensky wollte die Lehrkräfte nicht davon abbringen, die Schüler experimentieren zu lassen. Sie machte jedoch deutlich, dass ein Experiment nur dann einen Lernprozess in Gang bringe, wenn der Vorbereitung und der Auswertung entsprechend Raum gegeben würde. Wichtig sei hierbei, im Unterricht über die Beobachtungen zu sprechen. „Lieber ein Experiment weniger, dafür aber gut vorbereitet und im Sinne des Konzeptwechsels

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begleitet“, so Steffensky. Ein Lerntagebuch der Schüler dokumentiere zudem den Lernprozess. In Gesprächsrunden mit Ausbildern, Lehreranwärtern und Gästen wurden anschließend Fragen für eine Podiumsrunde mit Mirjam Steffensky erarbeitet. Auf dem Podium wurde die Frage nach dem Fachwissen der Lehrkräfte aufgegriffen. Lehrern müsse klar sein, so Steffensky, dass auch sie lebenslang Lernende seien. Das nötige Fachwissen müssten sie sich aneignen. Es entspreche nicht dem Berufsbild der Lehrkräfte, Inhalte, die man selbst nicht beherrsche, einfach wegzulassen. Man müsse eigene Defizite erkennen und diese durch Fort- und Weiterbildung aktiv abbauen. Steffensky bezog noch einmal Stellung zum Experimentieren der Schüler. Sie habe eine kritische Haltung zum freien Umgang mit Experimentiermaterialien. Es müsse eine klare Fragestellung vorhanden sein. Es gebe keine Belege dafür, dass Kinder durch das freie Hantieren mit Experimentiermaterial mehr lernen würden. Sie sei sich dessen bewusst, dass Kinder ausgesprochen gerne experimentierten und eine kritische Haltung zum Herumspielen als „Spaßbremse“ aufgefasst würde. Durch ihre auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basierenden Ausführungen wurde den Anwesenden jedoch die Notwendigkeit des planvollen Einsatzes des Experiments bewusst. Projekteiter Michael Wünsch sieht sich durch den Vortrag in der Ausrichtung von „Steps“ bestätigt. Die von Mirjam Steffensky angeführten Merkmale für lernwirksamen naturwissenschaftlichen Unterricht seien handlungsleitend für die Ausbildung von Lehreranwärtern. Entwicklungsfelder sieht Wünsch in der gemeinsamen Planung, Umsetzung und Evaluation von Unterrichtsmodulen mit den Partnerschulen. Diese Module, so Wünsch, können Modell sein für nachhaltigen naturwissenschaftlich-technischen Unterricht. 4. Forum STE-PS 3 Forum STE-PS - Unterricht muss Kompetenzen fördern Nürtinger Zeitung Abschluss der „Forum-Steps“-Reihe am Nürtinger Lehrerseminar mit Dr. Cornelia Sommer. NÜRTINGEN (als). Welche naturwissenschaftlichen Kompetenzen benötigen Schüler, um erfolgreich lernen zu können? Wie überprüft man Kompetenzen? Diesen Fragestellungen wurde bei der letzten Veranstaltung der Reihe „Forum Steps“ am Nürtinger Lehrerseminar nachgegangen. Dr. Cornelia Sommer vom Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften war aus Kiel angereist, um einen Vortrag zum Thema „Naturwissenschaftliche Kompetenzen von Primarschülern“ zu halten und anschließend auf dem Podium Fragen zum Thema zu beantworten. Direktor Siegfried Henzler drückte bei der Begrüßung seine Freude darüber aus, dass der Einladung neben Ausbildern und Lehreranwärtern auch weitere interessierte Gäste aus der Schulverwaltung gefolgt waren. Dies zeige, so Henzler, dass der Lehrerbildung im naturwissenschaftlich-technischen Bereich, mit dem man sich am Nürtinger Lehrerseminar im Projekt Steps beschäftigt, große Bedeutung zugemessen werde. So

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befand sich unter den Zuhörern Gernot Schultheiß, Referent für Hauptschulen im Kultusministerium, Professor Dr. Werner Bleher von der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg und Werner Ebner vom Amt für Schule und Bildung in Reutlingen. Außerdem waren der Einladung Vertreter anderer Lehrerseminare und vom Landesinstitut für Schulentwicklung gefolgt. Zum Auftakt der letzten Vortragsveranstaltung zog Direktor Henzler eine vorläufige Bilanz und zeigte weitere Wege auf, die man am Lehrerseminar beschreiten wolle. Neben der engen Zusammenarbeit mit den Steps-Ausbildungsschulen sei beabsichtigt, einen Comenius-Antrag zu stellen, um mit europäischen Partnern die nachhaltige Weiterentwicklung des Projekts im Sinne der Lehrerbildung voranzutreiben. „Sie sind die Fachleute für Unterricht“, konstatierte die Referentin Dr. Cornelia Sommer zu Beginn ihres Vortrags und machte damit deutlich, dass für sie als Wissenschaftlerin ein hohes Interesse daran bestehe, die Erkenntnisse aus ihrer Forschungsarbeit mit der Praxis zu verbinden. Sie verwies zunächst auf das Ergebnis der Schulvergleichsstudie Pisa, die die Einführung von Bildungsstandards zur Folge hatte. Ein Standard, so Dr. Sommer, bezeichne den „Grad der Zielerreichung“ auf unterschiedlichen Niveaus. Mit Kompetenzen bezeichnet man die Fähigkeiten der Schüler in verschiedenen Bereichen des Fach- und Sachkönnens, des sozialen Umgangs miteinander sowie im selbstständigen Anwenden von Methoden. Bildungsstandards haben die Funktion, die Qualität im Bereich der Bildung zu sichern und zu verbessern. Die Leistungen der Schulen werden an den Kompetenzen der Schüler gemessen. Cornelia Sommer führte weiter aus, bereits in der Planung von Unterricht müssten Lehrer darauf achten, dass sie diesen im Sinne der Kompetenzförderung gestalten. Schüler müssten sich das erforderliche Wissen in bedeutsamen Zusammenhängen und Situationen erarbeiten können. Denken und Handeln müsse vernetzt werden und an Vorwissen anknüpfen, damit nachhaltiges Wissen aufgebaut werde. Wie bereits bei den ersten beiden Forum-Steps-Nachmittagen setzten sich die Zuhörer im Anschluss an den Vortrag in Gesprächsrunden mit der Thematik auseinander, um Fragen für eine Podiumsrunde mit der Referentin zu erarbeiten. Die Lehreranwärter bewegte dabei unter anderem die Frage, inwieweit es für Mädchen spezielle Themen geben müsse, um einen Zugang zum naturwissenschaftlich-technischen Bereich zu finden, der über Biologie hinausgehe. Sommer führte aus, es sei grundsätzlich festzustellen, dass Mädchen sich in technischen Bereichen wenig zutrauten. Für Mädchen und Jungen müsse es gleichermaßen Anwendungsbezüge geben. Es sei Wert zu legen auf Aufgabenstellungen, die den Schülern selbstständige und an Problemen orientierte Lernprozesse ermöglichten. Auf die Frage hin, wie ein Klassenzimmer ausgestattet sein müsse und welche Ressourcen für eine gelingende Kompetenzentwicklung notwendig seien, nannte Cornelia Sommer Faktoren wie eine gute Ausstattung für das naturwissenschaftlich-technische Arbeiten, die entsprechende Wertschätzung für das Fach selbst, genügend Unterrichtszeit und nicht zuletzt kompetente Lehrkräfte. In den Forum-Veranstaltungen präsentierte das Lehrerseminar einen Laborwagen, der von Lehreranwärtern entwickelt und gebaut wurde. Alle drei Referentinnen der Reihe bestätigten, dass mit diesem Ausstattungskonzept die Lernumgebung innovativ gestaltet werden könne. Zudem stelle das Unterrichten im Team, das Arbeiten in

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Lerngemeinschaften und die schrittweise Aneignung noch nicht vorhandener Kompetenzen für die Lehrkräfte eine Möglichkeit dar, mit den hohen Anforderungen, die an sie gestellt würden, professionell umzugehen. Außerdem müsse die Beurteilungspraxis angepasst werden. Zu Beginn einer Unterrichtseinheit müssten Lernstände erhoben werden und die Schüler sollten für gelingende Lernprozesse regelmäßig individuelle Rückmeldungen erhalten. Projektleiter Michael Wünsch bedankte sich zum Abschluss der Veranstaltungsreihe bei allen am Forum Mitwirkenden und zog ein Resümee. Die Wissenschaftlerinnen hätten sich auf die Themen und Fragestellungen des Seminars eingelassen und sich auf anspruchsvollem Niveau damit auseinandergesetzt. Die erwartete Wissenschaftsorientierung sei voll zum Tragen gekommen und diene nun der Orientierung für die Weiterentwicklung des Steps-Projekts. Man wolle die Erkenntnisse in die Zusammenarbeit mit Ausbildungsschulen und den europäischen Partnern, mit denen man ein gemeinsames Comenius-Projekt anstrebe, einfließen lassen.