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KAIROS EUROPA e.V: KURZ und KNAPP - Mustervortrag für Gemeinden und Basisgruppen KURZ UND KNAPP Bausteine für einen MUSTERVORTRAG für Gemeinden und Basisgruppen Für ein gerechtes internationales Finanzsystem

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KAIROS EUROPA e.V: KURZ und KNAPP - Mustervortrag für Gemeinden und Basisgruppen

KKUURRZZ UUNNDD KKNNAAPPPP

Bausteine für einen MUSTERVORTRAG

für Gemeinden und Basisgruppen

Für ein gerechtes internationales

Finanzsystem

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Wer - Wo - Was

KAIROS EUROPA e.V: KURZ und KNAPP - Mustervortrag für Gemeinden und Basisgruppen

Dieses Heft ist als Teil einer bei Kairos Europa entstehenden Reihe zum Thema Entwicklung braucht eine neueinternationale Finanzordnung konzipiert. In dieser Reihe sollen folgende Materialien erscheinen:

▲ Kurz und Knapp: Das Internationale Finanzsystem

▲ Kurz und Knapp: Wirtschaft und Finanzen als Glaubensfrage

▲ Kurz und Knapp: Devisenumsatzsteuer (Tobin Tax)

▲ Liturgisches Material

▲ Mustervortrag

▲ . . .

Impressum:KURZ und KNAPP: Bausteine für einen Mustervortrag für Gemeinden und Basisgruppenerstellt von Kerstin Sommer M.A.Heidelberg, 2002 Layout: Ellen MüllerDruck: Druckerei Maulbetsch GmbH · 74939 Zuzenhausen

Gedruckt mit Unterstützung von ABP (Ausschuss für Entwicklungsbezogene Bildung und Publizistik)und der Europäischen Kommission.

Preis: 2,50 Û

Bestelladresse:Kairos Europa e.V. Hegenichstraße 22D-69124 HeidelbergTel.: 0 62 21-71 60 05Fax: 0 62 21-78 11 83Email: [email protected]

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Inhalt

I. Theologische Begründung 31.) Kommentierte Lesung aus dem alten Testament2.) Mechanismen ökonomischer Ungerechtigkeit

und ökologischer Zerstörung heute

II. Strukturelle Gewalt 61.) Was ist strukturelle Gewalt?2.) Strukturelle Gewalt durch Finanzspekulation

III. Internationale Finanzarchitektur 7

IV. Die Gefahren des hochspekulativen 9internationalen Finanzsystemsa) Asienkriseb) Die argentinische FinanzkriseResümee

V Lösungsansätze 131.) Umsetzung des erweiterten Jubileekonzeptes2.) Einführung der Devisenumsatzsteuer3.) Schließung der Offshore-Finanzzentren

VI. Was können wir tun? 17

VII. Fragebogen für die Gemeinde 18

VIII. Glossar 18

Adressen, Hinweise zu ausführlicher Literatur 20

Kopiervorlagen für Musterfolien 21

Dekade zur Überwindung von Gewalt 31

Mustervortrag für Gemeinden und Basisgruppen 1/ 31

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Einleitung

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2/ 31 Mustervortrag für Gemeinden und Basisgruppen

Dieser Mustervortrag ist als Hilfsmittel für Multiplikato-ren in Gemeinden und Basisgruppen gedacht. Wir möch-ten Ihnen in komprimierter Form Grundinformationenzum Internationalen Finanzsystem und insbesondere zumTeilbereich der Spekulation vermitteln. Aus diesem Grundkann dieser Mustervortrag nur eine Ergänzung zu bereitsveröffentlichten Materialien sein.

Hinweise zu weiterführender Literatur finden sie an denentsprechenden Stellen. Ein weiteres Anliegen diesesMustervortrages ist es, die Sachinformationen aus dem„Fachchinesisch“ der Finanzexperten in eine Sprache zuübersetzten, die auch für Laien zugänglich ist. DerMustervortrag ist also als eine Auswahl von Bausteinenzu verstehen, die Sie sich je nach Zielgruppe individuellzusammenstellen können.

In den gestrichelten Kästen sind für Sie immer nochZusatzinformationen, in den fetten Kästen Hinweise, wieSie pädagogisch vorgehen können.

Im Kapitel X finden Sie Kopiervorlagen für Folien. Wo Siediese verwenden können, ist im jeweiligen Kapitel mitdem Hinweis zur Folie (Folie) angegeben.

Ich hoffe, Kairos Europa kann Ihnen mit diesenBausteinen für einen Vortrag weiterhelfen. Ich wünscheIhnen viel Erfolg für Ihren ersten eigenen Vortrag.

P. S.: Aus Gründen der sprachlichen Vereinfachung habenwir auf weibliche „Formen“ (z. B. Teilnehmerinnen)bewusst verzichtet. Für Rückmeldungen und Verbesse-rungsvorschläge bin ich dankbar.

Viel Spaß und ErfolgKerstin Sommer, M.A.

Herzlichen Dank auch an Anne Heitmann,Pfarrerin in Mannheim, deren Idee (sowie aucheine Vorlage) die kommentierte Lesung war.

Diese kommentierte Lesung können Sie auch sehr gut in verteilten Rollen bei Vorträgen oderGottesdiensten verwenden.

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I. Theologische Begründung

Mustervortrag für Gemeinden und Basisgruppen 3 / 31

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Theologische Begründung1.) Kommentierte Lesung aus dem Alten

TestamentKommentar: Bevor wir auf die heutige wirtschaftlicheSituation zu sprechen kommen ist es angebracht erst ein-mal mehr als 2500 Jahre in unserer Zeitrechnung zurück-zugehen. Denn nicht nur heute ist das wirtschaftlicheund soziale Ungleichgewicht ein Problem. Schon in derAntike, als sich seit dem 8. Jh. V. Chr. das Wirtschaftenmit Eigentum und Geld durchsetzte, spielte die Fragenach Verschuldung und Überschuldung eine große Rolle.Die Überschuldung von Familien - vor allem von Bauern- führte zu großer sozialer Ungleichheit.In der Bibel, hier vor allem im Ersten Testament, findensich Texte, die deutlich machen, wie das Volk Israel imHören auf Gottes Wort versuchte eine Lösung für dieseSituation zu finden. Davon erzählen uns nun einigeMenschen, die in alttestamentlicher Zeit gelebt habenkönnten.Da ist zunächst eine Bäuerin, die etwa im Jahr 700 v. Chr.in Juda lebt. In Jerusalem regiert der König Hiskia. Hörenwir mal, was sie uns von sich berichtet.Bäuerin: Ich bin völlig verzweifelt. Ich weiß nicht mehr,was ich noch machen soll! Wir haben vor zwei Jahreneine schlechte Ernte gehabt. Für das neue Saatgut habenwir uns Geld geliehen. Aber die Dürre hat alles zu Grundegerichtet. Jetzt haben wir nichts mehr zu essen und dieSchulden wachsen uns über den Kopf. Um die Zinsen zuzahlen, müssen wir wieder Geld leihen. Der Gläubiger, deruns Geld geliehen hat fordert nun alles was wir haben.Als Pfand hat er schon den Schmuck genommen. Dann

hat er unserer Land genommen, das sowieso schon soklein war, das wir kaum genug anbauen konnten. Undnun ist auch noch mein Mann gestorben. Ganz plötzlich.Der Schuldherr hat gesagt, wenn ich nicht die Schuldenbald bezahle, dann nimmt er meine Kinder als Pfand. Siewerden dann seine Sklaven sein. Ich weiß nicht was ichmachen soll. Ich bin völlig verzweifelt. (vgl. 2. Könige 4,1 ff.)Kommentar: So etwas kann nicht dem Willen Gottesentsprechen. Dies sagten auch die Propheten. Amos undJesaja prangerten die Ungerechtigkeit mit harten Wortenan:Jesaja: Weh denen, die ein Haus nach dem anderen inihren Besitz bringen und einen Acker nach dem anderen,bis kein Raum mehr übrig ist, und sie allein das Landbesitzen. Ich habe das Wort des Herrn gehört, der spricht:„Fürwahr, die vielen Häuser sollen veröden und die gro-ßen und feinen leer stehen.“ (vgl. Jes. 5, 8-9)Amos: Und dies ist, was ich, Amos, der Schafzüchtervon Tekoa über die Zukunft Israels gesehen und vomHerrn gehört habe: So spricht der Herr: ich will die inIsrael nicht schonen, die Unschuldigen für Geld und dieArmen für ein paar Schuhe, die sie geliehen haben, in dieSklaverei verkaufen.Kommentar: In Jerusalem, am Königshof, wird späteran die Warnungen der Propheten gedacht. Die Gelehrtenund Theologen erinnern an die alten RechtssetzungenGottes. Sie werden zusammengefasst, aufgeschriebenund neu zur Geltung gebracht. (vgl. das sogenannte„Bundesbuch“ 2. Mose/Exodus 21-23). Und so hat viel-leicht ein Sprecher des Hofes eines Tages mitgeteilt:Hofsprecher: Wir verkünden die Weisungen Gottes,wie sie niedergeschrieben sind im 2. Buch Mose, im 22. Kapitel: Leihst du einem aus meinem Volk, einemArmen, der neben dir wohnt, Geld, dann sollst du dichgegen ihn nicht wie ein Wucherer benehmen. Ihr solltvon ihm keinen Wucherzins fordern. Nimmst du voneinem Mitbürger den Mantel zum Pfand, dann sollst duihn bis Sonnenuntergang zurückgeben; denn es ist seineeinzige Decke, der Mantel, mit dem er seinen bloßen Leibbedeckt. Worin soll er sonst schlafen? Wenn er zu mirschreit, höre ich es, denn ich habe Mitleid. (Ex. 22, 24-26)Bäuerin: Ja, wenn die Leute sich doch an diese Gesetztehalten würden, dann hätte ich wieder eine Hoffnung.Doch sie tun es nicht. Nicht nur ich und meine Familie,unser ganzes Land nähert sich dem Abgrund.

Diese kommentierte Lesung können Sie auch sehr gut in

verteilten Rollen bei Vorträgen oder Gottesdiensten ver-

wenden.

Literatur: Crüsemann, Frank, Die Tora. Theologie und

Sozialgeschichte des alttestamentlichen Gesetzes,

München 1992,

Duchrow, Ulrich/ Hinkelammert, Franz. J., Leben ist mehr

als Kapital. Alternativen zur globalen Diktatur des

Eigentums, 2002, Kap. I

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Kommentar: Nach der Zeit des Königs Hiskia fielenseine Nachfolger wieder in die alten ungerechtenPraktiken zurück. Unter König Josia gelang aber im Jahr622 v. Chr. Eine zweite Rechtsreform. Sie ist zusammen-gefasst im sogenannten „Deuteronomium“, dem „Zwei-ten Gesetz“ (5. Buch Mose). Hören wir in ein Gesprächzwischen zwei Gelehrten hinein.Erster Gelehrter: Wir haben zu wenig auf Gott ver-traut. Die Macht war uns wichtiger. Und auch dieWeisungen Mose, wie wir mit den Armen umgehen sol-len, sind in Vergessenheit geraten. Wir haben vergessen,dass alles, was wir haben: das Land, der Besitz, dass dasalles letztendlich nicht uns gehört, sondern Gott.Zweiter Gelehrter: Du hast Recht. Und wenn jemandeinem Armen was geliehen hat, dann wollte er ihm oftnicht helfen, sondern er wollte ihn in seine Hand bekom-men – die Menschen, ihr Land und ihren Besitz!Erster Gelehrter: Lasst uns neu auf die WeisungenGottes hören: Alle sieben Jahre soll es einen Erlass vonallen Darlehen geben.Zweiter Gelehrter: Du hast Recht. „Nach sieben Jahren sollst du einen Erlass veranstalten.Und folgende Bewandtnis hat es mit dem Erlass: jederInhaber eines Darlehens soll erlassen, was er seinemNächsten geliehen hat. Er soll seinen Nächsten undBruder nicht bedrängen, denn man hat einen Erlass fürden Herrn ausgerufen.“ (Dtn. 15, 1-2)Du sollst sogar in jedem dritten Jahr den zehnten DeinesEinkommens für die soziale Unterstützung der Armengeben (Dtn. 14, 28-29).Erster Gelehrter: Oh ja, wenn das Sabbatjahr einge-halten wird, da muss man schon großzügig leihen. Sogroßzügig, dass sich die Lage des Armen bis zum näch-sten Sabbatjahr so verbessert hat, dass er das Geldzurückzahlen kann – denn sonst hat man ja keineChance, das Geld überhaupt zurückzubekommen. Abersag mal, glaubst du, dass dann noch jemand den anderenGeld leiht?Zweiter Gelehrter: Das ist natürlich eine Frage derEinstellung – und auch des Glaubens. Wer nur an sichdenkt, tut das sicher nicht. Aber wer auf Gott vertraut,der kann es tun, denn solchen Menschen, die uneigen-nützlich handeln verspricht Gott Segen. Deshalb heißt esin dem Gesetz, das jetzt unter unserem König Josia gel-ten soll: „Hüte dich, dass nicht in deinem Herzen ein arglistiger Gedanke aufsteige, und du sagst: Es naht das

7. Jahr, das Erlassjahr – und dass du deshalb deinemarmen Bruder nichts gibst. Sonst wird er vor Gott überdich klagen und du hast unrecht und sündig gehandelt.Statt dessen sollst du ihm geben . . . Und du sollst deshalbnicht traurig sein, denn der Herr, dein Gott, wird dichsegnen in allem, was du unternimmst. “(Dtn. 15,9-10)Kommentar: Aber nach dem Tode Josias (609 v. Chr.)fielen die Könige, ihre beamten, Militärs und Großgrund-besitzer wieder in die alten Ungerechtigkeiten zurück.Tatsächlich werden nun aus der Sicht der Bibel dieDrohungen der Propheten wahr. Jerusalem wird erobertund die Oberschicht nach Babylon deportiert. Dort fan-gen manche an, über die Ursachen des Untergangs nach-zudenken. Die Rückbesinnung auf die Quellen ihresGlaubens, das immer wieder neue Lesen der Tora, derWeisungen Gottes, machte einen Neuanfang nach derRückkehr aus dem Exil aus Babylon an manchen Punktenmöglich. Man geht davon aus, dass in der Zeit als daszerstörte Jerusalem wieder aufgebaut wurde, dasErlassjahr neu eingeführt und auch praktiziert wurde.

Nehemia, der für den Wiederaufbau verantwortlich warberichtetNehemia: Das Volk, das nach Jerusalem zurückgekehrtwar, feierte das Laubhüttenfest, versprach Umkehr underinnerte sich daran, wie oft es mit der Begleitung Gottesschon aus aussichtslosen Situationen gerettet wurde. Unddarum wollten wir eine feste Abmachung treffen, sie auf-schreiben, und unseren Fürsten, Leviten und Priester soll-ten sie versiegeln und unterschreiben. Vieles ist in dieserAbmachung geregelt, auch die besondere Beachtung des7. Tages, des Sabbats, und des 7. Jahres, dem Erlassjahr.In der Abmachung steht: „Wir wollen von den anderenim Land am Sabbat und an den Feiertagen keine Warenkaufen und auch kein Getreide. Wir wollen auf dieAbgaben und auf alle Schuldforderungen in jedem 7. Jahrverzichten.“ (Neh. 10,32)Kommentar: Es ist wichtig sich die theologischeBegründung für diesen sozialen und ökologischen Ansatzklarzumachen. Nach dem sogenannten „Heiligkeits-gesetz“ in 3. Mose / Lev. 25, 23 sagt Gott: „Das Landdarf nicht endgültig verkauft werden; denn das Landgehört mir“. Über die Menschen heißt es in Vers 42:„Denn sie sind meine Knechte; ich habe sie aus Ägyptenherausgeführt; sie sollen nicht verkauft werden, wie einSklave verkauft wird.

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Mustervortrag für Gemeinden und Basisgruppen 5 / 31

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2.) Die Mechanismen der ökonomischenUngerechtigkeit und ökologischenZerstörung heute

Wie die Menschen von Gott in biblischen Zeiten brau-chen auch wir eine Analyse der Ursachen der ökonomi-schen Ungerechtigkeit heute. In vielen Teilen der Welt,wo Landwirtschaft noch immer die Basis der wirtschaft-lichen Form der Produktion ist, bedeutet die ungerechteVerteilung des Landes das Schlüsselproblem. Auf der glo-balen Ebene hat Kapital mehr und mehr eine unkontrol-lierte Führung übernommen. Überdies ist es den Kapital-eigentümern seit den 70er Jahren des 20. Jahrhundertsgelungen, sich mehr und mehr von sozialen, ökologi-schen und demokratischen Regulierungen zu befreien. Sospekulieren sie lieber mit ihrem Geld statt es zur Produk-tion nützlicher und notwendiger Güter und Dienstleistun-gen zu investieren. So treiben sie die Zinsen hoch undvermeiden so weit wie möglich, Steuern zu zahlen,Einkommen auszugleichen und Dienstleistungen für dasGemeinwohl zu finanzieren. Auf globaler Ebene gibt eskeine Regierung, die in dieser gefährlichen SituationMaßnahmen gegen die strukturelle Gewalt durchsetzenkönnte. Ja, noch schlimmer: die existierenden internatio-nalen Institutionen wie Internationaler Währungsfond(IWF), Weltbank und Welthandelsorganisation (WTO)sind von den reichen Industrieländern unter Führung derUSA beherrscht. Diese Deregulierung der Kapitalmachtim Interesse der Reichen hat zu nie da gewesenenAusmaßen von Verschuldung und Armut sowie zu sozia-ler und ökologischer Zerstörung geführt.

Sind die Kirchen, vor allem die in jenen Ländern, die vondiesen Mechanismen profitieren, bereit, ihr Gewicht ander Seite der leidenden Menschen und der beschädigtenErde in die Waagschale zu werfen und für Alternativen zuarbeiten?▲ Sind die Kirchen bereit, die Konsequenzen aus ihrem

Glauben daraus zu ziehen, dass Gott alleinEigentümer der Erde und seiner Menschen ist unddass darum kein Mensch absolutes Eigentum zurReichtumsvermehrung auf Kosten von GottesSchöpfung beanspruchen darf?

▲ Sind die Kirchen bereit, die ungerechten Einkom-mensstrukturen und die Kultur des Konsums, desMotors im Kapitalismus, kritisch herauszufordern?

▲ Sind die Kirchen bereit, den Konflikt mit denMächten der gegenwärtigen Welt(un)ordnung zuwagen?

▲ Sind wir als Christen und Kirchen bereit, zuallererstuns selbst als wirtschaftliche Subjekte kritisch unterdie Lupe zu nehmen? Wie gehen wir selbst mitunseren Gehaltsstrukturen und unserem Geld undVermögen um?

▲ Welches sind die geistlichen und kulturellen Wurzelnder gegenwärtigen Weltwirtschaft und der sie leiten-den neoliberalen Ideologie? Sind wir bereit, mit demzu leben, was ein Autor den "Reichtum des Genug"genannt hat, statt nach immer mehr zu jagen?

▲ Sind wir bereit, uns als institutionelle Kirchen in denschmerzlichen Prozess der Restrukturierung unseresFinanzsystems zu begeben, statt unsere Erwartungeneinfach an den gewohnten ökonomistischen Stil dergroßen Firmen anzupassen?

(Aus: Nächste Schritte zu einem umfassenden Erlassjahr,Kairos Europa 2001)

Die Geschichte Israels seit der Befreiung der Hebräer ausder Sklaverei Ägyptens und die Geschichte derUrchristenheit sind gekennzeichnet durch kritischeAuseinandersetzung mit wirtschaftlicher, politischer undideologisch-religiöser Macht und durch die Versuche, mitden Opfern dieser Macht Alternativen zu entwickeln. Wie können wir heute, in einer Situation, in der dieWirtschaft nicht mehr für die Menschen da ist, sondern die Menschen für die Wirtschaft da sein müssen, diesenkritischen und menschenfreundlichen Ansatz wieder-gewinnen?Es gibt viele Wege, die die Bibel hier ermöglicht, einerdavon ist den Weg entlang des Kirchenjahres zu beschreiten. Diese Möglichkeit finden Sie in: Kurz und Knapp, Wirtschaft und Finanzen als Glaubensfrage, Kairos Europa 2001

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II. Strukturelle Gewalt

Strukturelle Gewalt1.) Was ist strukturelle Gewalt ?Strukturelle Gewalt ist für viele Menschen ein sehrabstrakter Begriff. Fragt man danach, was Gewalt ist, sowerden in erster Linie personale Gewalt, d.h. Gewalt diesich auf konkrete Akteure zurückführen lässt genannt.Gewalt gegen Frauen, Raubüberfälle, Kriege usw..Weniger in den Blick fällt die sogenannte "strukturelleGewalt", die definitionsgemäß allein aus der Art undWeise der Beschaffenheit der Strukturen des gesellschaft-lichen Zusammenlebens resultiert und sich angesichts derGesellschaftssystemen innewohnenden sozialen, wirt-schaftlichen und politischen Ungerechtigkeit in Form vonungleichen Machtverhältnissen und dem zu Folge unglei-chen Lebenschancen äußert.

Die deutschen Bischöfe unterstreichen hiermit, zumeinen, dass Un-Friede auch Ausdruck und Folge sozialerUngerechtigkeiten ist, zum anderen, dass die Beseitigungsozio-ökonomischer und machtpolitischer Ungerechtig-keiten im Interesse einer dauerhaften Krisenpräventionunabdingbar ist.

In diesem Kontext fallen auch die Bedingungen der heu-tigen Weltwirtschaftsordnung unter den Begriff struktu-relle Gewalt. Nach Angaben der Vereinten Nationen führtdie „neoliberale Globalisierung“ zu einer teilweise dra-matischen Vertiefung von sozialer Ungleichheit undAusgrenzung. Die Armut nimmt unweigerlich zu – etwadie Hälfte der Menschheit muss heute mit weniger als 2 US-$ am Tag überleben -, und das nicht nur in denEntwicklungsländern, sondern auch in den Industrie-ländern. Wir wollen uns nun einmal am Beispiel einer Geschichteansehen, wie „strukturelle Gewalt“ durch die Finanz-märkte ausgeübt werden kann.

2.) Strukturelle Gewalt durch Finanz-spekulation

Mark ist 23 Jahre alt. Er wohnt in München und hat eineAusbildung als Techniker hinter sich. Sein Arbeitsplatz beieinem mittelständischen Unternehmen schien gesichertzu sein. Doch Mark traf es in den letzten zwei Jahrenhart. Wie jeder junge Mensch hatte er Träume, er wolltesich selbständig machen, doch das Geld dazu fehlte ihm.In dieser Zeit bekam er mit, wie Freunde an den Börsenspekulierten und offenbar riesige Gewinne damit mach-ten. Da Mark davon ausging, dass sein Arbeitsplatz gesi-chert ist, läuft doch das Unternehmen sehr gut, nahm ereinen Kredit auf, um auch an den Börsen zu spekulieren.Die Banken machten es ihm dabei sehr leicht. Vorsichtigwie er war spekulierte er erst mit wenig Geld, doch als esgut lief wurde er wagemutiger. Er verließ sich auf dieguten Prognosen, die man der t-online Aktie zuschrieb,hatte der Neue Markt doch bis dahin immer nur Gewinneverheißen und schon die Telekom-Aktie alle Hoffnungender Anleger erfüllt. So steckte er alles Geld was er hatteund noch einen zusätzlichen Kredit in die t-online Aktie.So wie er es schon bei den anderen Aktien gemacht hattewollte er auch diese nicht lange halten. Nur solange, bissie genügend gestiegen waren, damit er seine Kreditezurückzahlen konnte und dabei noch einen saftigen Ge-winn einfahren würde. Danach wollte er sich die nächsteAktie aussuchen, auf die er spekulieren wollte. Von zuHause aus mit dem online-brooking für Jedermann, gehtdas ja auch ganz einfach. Und in der Schule hatte er es jaauch schon mit dem Börsenspiel gelernt.Doch was so hoffnungsvoll begann, endete in einemDebakel. Die Aktien erlebten nach den anfänglichenKurssteigerungen einen Einbruch und sackten in den

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„Eine Welt, in der den meisten Menschen vorent-halten wird, was ein menschenwürdiges Lebenausmacht ist nicht zukunftsfähig. Sie steckt auchdann voller Gewalt, wenn es keinen Krieg gibt.“Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz: Die deutschen Bischöfe. Gerechter Friede, Bonn 2000

Folie 1

Vorschlag zur Umsetzung:

Sie können zuerst eine Runde machen und Begriffe sam-meln, die den Teilnehmern zur strukturellen Gewalt einfallen. Danach können Sie die Definition von struktureller Gewalteinführen. Vielleicht hilft Ihnen hierbei auch die fiktive Geschichteüber Mark, der mit seinen Spekulationsambitionen strukturelle Gewalt ausübte und dann selber Opfer derstrukturellen Gewalt auf den Finanzmärkten wurde.

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Internationale Finanzarchitektur

Keller ab. Nun hatte er die Wahl. Aktien verkaufen undversuchen die Kredite zurückzuzahlen, um die Verluste sogering wie möglich zu halten oder Aktien behalten, dieZinsen für den Kredit zahlen und hoffen, dass der Kursbald wieder bergauf geht. Doch darauf wartet er nochimmer. Und das Ergebnis ist das gleiche. Statt einenschnellen Gewinn einzufahren hat er nun Schulden. Dochdas war noch nicht alles. Da er bei einem Zulieferbetriebfür ein Telekommunikationsunternehmen arbeitet unddie Spekulationen und Aktienverkäufe die Kursverlustenoch weiter angeheizt haben, muss sein Unternehmenaufgrund von rückgängigen Bestellungen der Telekom-munikationsbranche, Leute entlassen. Und Mark ist unterIhnen. Er ist halt einer der Jüngsten im Unternehmen.

Das schlimmste für Ihn ist das Wissen, dass er mit seinemspekulativen Vorgehen, auch wenn er zu den Verlierernzählt, seinen Arbeitsplatz mit in Gefahr gebracht hat.

III. Internationale Finanzarchitektur

Um die geradezu revolutionären Umwälzungen desWeltfinanzsystems verstehen zu können, ist es notwen-dig, den historischen Hintergrund der gegenwärtigenFinanzordnung zu beleuchten. Von besonderem Interessesind in diesem Zusammenhang die sogenanntenDevisenmärkte, auf denen Geschäfte mit (Fremd-)Währungen abgewickelt werden.

Das Bretton Woods-SystemNach dem zweiten Weltkrieg war alles auf eine wäh-rungspolitische Stabilität ausgerichtet. Noch im Jahr 1944fand in Bretton Woods eine Weltwährungskonferenzstatt. Das Ergebnis dieser Konferenz prägte dasWährungssystem über mehrere Jahrzehnte.

Die wichtigsten Vereinbarungen waren folgende:▲ Alle Wechselkurse wurden gegeneinander fixiert und

an den US-Dollar gebunden. Damit war der US-Dollardie Leitwährung, die aufgrund einer Garantie-Erklärung der US-Regierung in Gold eintauschbar war.Dies nannte man auch den Goldstandard.

▲ Jedes Mitglied in diesem Währungssystem konnte nurnach vorheriger Genehmigung die eigene Währungauf- und abwerten.

▲ Der Internationale Währungsfond (IWF) überwachtedas System von Bretton Woods. Geriet ein Land ineine Krise, so konnte der IWF auch Kredite gewähren,dies tat er aber nur unter bestimmten wirtschaftspoli-tisch oft harten Bedingungen.

Das Ziel, das hinter den Vereinbarungen von BrettonWoods stand war, der Weltwirtschaft eine kalkulierbareund vor allem stabile Grundlage zu verschaffen. Vor allemohne die ständigen Risiken von Währungsschwankun-gen. So trug dieses System in den folgenden Jahren auchdazu bei, dass der Welthandel und die Weltproduktionüberdurchschnittlich wuchsen.1

Die Einführung flexibler WechselkurseEnde der 60er Jahre begann dann das Vertrauen in dasSystem von Bretton Woods zu schwinden. Ausschlag-gebend hierfür waren folgende Ereignisse:▲ Um Programme zur Bekämpfung der Armut zu Hause

und den Vietnamkrieg finanzieren zu können, kurbel-ten die USA die Notenpresse an. Dies überschwemm-te die Welt mit US-Dollar, die wiederum in großenMengen als Anlagen auf internationalen Banken land-eten. 1971 mussten die USA auf Grund der Dollar-Inflationierung die Einlösbarkeit des US-Dollars inGold aufkündigen.

▲ Die sogenannte Ölkrise im Jahr 1973 und noch einmal1979 tat das ihrige dazu. In diesem kurzen Zeitraumvon sieben Jahren wurden die Erdölpreise erst vervierf-acht, dann versechsfacht, also insgesamt vervierund-zwanzigfacht. Die riesigen sogenannten „Petrodollar-Beträge“ flossen in oft einwohnerarme Länder, da dasErdöl überwiegend aus arabischen Ländern kam. Dortwurde das Geld nicht investiert, sondern zu günstigenZinsen am internationalen Dollar-Markt angelegt.

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Dieses Kapitel soll Ihnen den geschichtlichen Hintergrundsowie Grundinformationen zu den Finanzmärkten liefern.Es ist eine stark verkürzte Darstellung, die nur die wichtigsten Aspekte vermitteln soll.

Einen tieferen Einblick bekommen Sie mit dem Heft Kurz und Knapp: Das internationale Finanzsystem,Kairos Europa 2001

1 Vgl. Wolfgang Kessler, Vortrag: Finanzmärkte außer Kontrolle - Kontrolle der Finanzmärkte, [email protected]

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2 + 3 Vgl. Epd Dritte Welt, Geld regiert die Welt - wer regiert das Geld? 10/11/96, S. 3

Von der Konvertibilität zur Flexibilität▲ Im Jahr 1973 brach das Fixkurssystems endgültig

zusammen. Die Wechselkurse wurden flexibel. Siewurden fortan durch Angebot und Nachfrage auf denDevisenmärkten bestimmt, ohne dass die nationalenWährungsbehörden zu Eingriffen verpflichtet waren.Von diesem fundamentalen Systemwechsel versprachman sich die Herausbildung marktgerechterUmtauschverhältnisse, welche die tatsächlichen Wett-bewerbsbedingungen der nationalen Volkswirtschaf-ten widerspiegeln sollten.

▲ Es stellten sich jedoch recht bald Währungsturbulen-zen ein. Diese waren insbesondere darauf zurückzu-führen, dass zahlreiche Länder aufgrund nationalerInteressen (etwa Beschäftigungsförderung, Inflations-bekämpfung, Schuldenfinanzierung) ihre Währungenje nach Bedarf eigenmächtig auf- bzw. abwerteten.

▲ Seitdem kennzeichnen immer neue, heftigeWechselkursschwankungen zwischen den wichtigstenZahlungsmitteln der Welt die internationale Wäh-rungs- und Finanzentwicklung – mit der Konsequenz,dass mitunter gravierende Preisschwankungen und -verzerrungen die Verlässlichkeit ökonomischerEntscheidungen für die Akteure an den Weltmärktenbeträchtlich mindern.2

Nichtsdestoweniger wurde von der Politik das neolibera-le Programm durchgesetzt. Der Staat hat sich immer wei-ter aus jeglicher Wirtschaftslenkung und Regulierungzurückgezogen.

Die Entwicklung derivater FinanzinstrumenteDerivate sind Finanzinstrumente, die von anderenGeldgeschäften abgeleitet sind. Der Grund für dieEntwicklung dieser Finanzinstrumente ist, dass die Anlageriesiger Geldbeträge auf dem Weltfinanzmarkt zu immergrößeren Schwankungen sowohl von Wertpapieren alsauch Wechselkursen führte. Da aber Käufer und Verkäu-fer von Waren und Dienstleistungen ohne ein hinreichen-des Maß an Geldwertstabilität nicht dauerhaft disponie-ren können, entstand ein immer größerer Bedarf nachAbsicherung gegen die Preisänderungsrisiken an deninternationalen Märkten. Diesem Zweck dienen die deri-vativen (d.h. abgeleiteten) Finanzinstrumente.

Konkret sieht das etwa so aus: Ein deutscher Fabrikantvereinbart mit einem US-amerikanischen Kunden dieLieferung einer Werkzeugmaschine in sechs Monaten zueinem Preis von 10.000 US-Dollar. Die Kalkulationsbasisfür den in Dollar festgelegten Betrag bildet der Wechsel-kurs zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses. Da derExporteur nicht weiß, wie viel der Dollar zum Zah-lungs-zeitpunkt in einem halben Jahr wert sein wird und somiteinen Verfall des Dollarkurses nicht ausschließen kann,schließt er mit einer Bank ein sogenanntes „Future“-Geschäft ab. Dieses berechtigt ihn, die 10.000 US-Dollaram Zahltag zum Kurs des Vertragsabschlusstages

Zu den allgemeinen Prinzipien des neoliberalenProgramms gehören:▲ Dass der freie Markt die Wirtschaft reguliert, vor

allem durch den Wettbewerb, der marktkonformesVerhalten „belohnt“ bzw. im gegenteiligen Fall„bestraft“.

▲ Dass sich der Staat aus jeglicher Wirtschaftslenkung soweit wie möglich zurückzieht und sich nur noch auf dieAufrechterhaltung der inneren und äußeren Sicherheitbeschränkt.

▲ Rückbau des Sozialstaates auf der Grundlage eines antiegalitären Fundamentalismus

▲ Dass Privatunternehmen als prinzipiell überlegeneOrganisationsform in allen gesellschaftlichen Bereichengelten. (vgl. Kapital braucht Kontrolle, Kairos Europa/WEED, Bonn 2001, S. 13)

Folie 1

Angesichts der zahlreichen Risiken, die mit dem heutigenGeschäftsgebaren auf den (Welt-) Märkten einhergehen,finden Derivate inzwischen in nahezu allen BereichenAnwendung. So können Derivaten neben Devisen- auchAktien,- Kredit- und Zinsgeschäfte (allesamt sogenannteFinanzderivate) zugrunde liegen; des weiteren existierenRohstoffderivate beispielsweise für den Kaffee- oderErdölhandel.Die HypoVereinsbank hat jetzt z.B. mit der DessauerVersorgungs- und Verkehrs GmbH (DVV) ein Wetter-Derivat abgeschlossen. Mit dem im Monat Februar desJahres 2002 auslaufenden Put (Verkaufsoption) sichert sichder Versorger gegen zu warme Wintermonate und demge-mäss gegen Umsatz- und Gewinnrückgänge ab. Wenn derFebruar 2002 besonders warm ausfällt und ein bestimmterTemperaturwert unterschritten wird, erhält die DVV eineAusgleichszahlung von der HypoVereinsbank. Sind dieTemperaturen im Februar sehr kalt, so verfällt dieseOption. In diesem Fall hat die DVV zwar dieOptionsprämie an die Bank gezahlt, doch wird sie durchhöhere Umsätze beim Wärmeverkauf entschädigt.

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IV. Die Gefahren des hochspekulativen internationalen Finanzsystems

einzutauschen, so dass er sich trotz einer eventuellen Ab-wertung des Dollars auf die kalkulierte Einnahme in Euroverlassen kann. Wäre der Preis dieses Geschäfts in Eurovereinbart worden, so hätte sich der Kunde aus den USAdurch ein ebensolches Geschäft gleichermaßen gegeneine mögliche Aufwertung des Euro „versichert“.3

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Die Folge: Spekulation!Gerade die derivativen Instrumente haben seit Ende der80er Jahre ein explosionsartiges Wachstum verzeichnet.Der Umsatz börsengehandelter Derivate stieg seit 1990um etwa 2.000%. Es wird geschätzt, dass die außerbörs-lich gehandelten Derivate sogar um etwa 5.500% zunah-men. Nicht zuletzt hierdurch haben die internationalenFinanzmärkte inzwischen einen Umfang erreicht, der grö-ßer ist und schneller wächst als der des internationalenHandels und der gesamten Weltproduktion.

IV. Die Gefahren des hochspekulativeninternationalen FinanzsystemsDer Boom im internationalen Finanzgeschäft mitDerivaten erklärt sich jedoch nicht etwa – wie man vonihrer eigentlichen Funktion her annehmen sollte – als eineReaktion auf die zunehmenden Marktrisiken. Vielmehrwerden die derivativen Instrumente inzwischen zum weitüberwiegenden Teil zu rein spekulativen Zwecken miss-braucht. Risiken werden ganz bewusst in Kauf genom-men, um möglichst hohe Gewinne zu erzielen. Es wer-den nämlich täglich an den Börsen der Welt ca. 1500Milliarden US-Dollar umgesetzt. Die Deutsche Bundes-bank hat errechnet, dass pro Tag nur etwa 30 MilliardenUS-Dollar notwendig sind, um alle Waren und Dienst-leistungen zu bezahlen, die bezahlt werden müssen. Dasheißt, dass täglich rund 1470 Milliarden US-Dollar umge-setzt werden, nur um Geld von einer Anlage in eineandere zu verwandeln.Nur allzu oft geht dies auch auf Kosten von vor allemEntwicklungsländern. Dies beweisen die zahlreichenFinanz- und Währungskrisen der letzten Jahre, z. B.Mexiko 1994, Süd-Ostasien 1997, Russland 1998 undBrasilien 1999, Türkei 2001, Argentinien 2002.Die herkömmliche Analyse macht für den Krisenausbruchvor allem schlechte ökonomische Fundamentaldaten inden betroffenen Ländern, unzureichende Überwachungdes Bankensektors, Korruption und Vetternwirtschaftverantwortlich. Diese Faktoren können aber nicht erklä-ren, warum ganze Regionen von Finanzkrisen und auchBanken in Industrieländern heimgesucht werden, wenn inden betroffenen Länder doch unterschiedliche Bedingun-gen herrschen.4 Dies wird besonders deutlich, wenn wiruns die Asienkrise betrachten.

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a) Asienkrise Die Asienkrise hatte ihren Ausgangspunkt im„Tigerstaat“ Thailand. Doch was führte dazu, dass die-ser Staat nach 10 Jahren erfolgreichen Wachstums in eineWirtschafts- und Finanzkrise schlitterte. ▲ Durch die Koppelung der einheimischen Währung

Baht an den immer stärker werdenden US-Dollarerfuhr der Baht eine fortwährende Aufwertung.

▲ In Thailand machte sich die Wachstumsschwäche des

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Da lacht der Devisenspekulant!

Der Abschied von ihrer D-Mark eröffnet den Deutschenungeahnte Möglichkeiten. Wer sich am 17. 12. 01 für 20 Mark das Starter-Kit für angehende Europäer holte,bekam umgerechnet 20,008 Mark in glänzenderEinheitswährung (Euro). Da lacht der Devisenspekulant! Im Gegensatz zu den meisten Anlageformen, die der deutsche Kleinanleger in den vergangenen Jahres jenseitsvon Sparbuch und Pfandbrief ausprobiert hat, handelt essich bei der Investition in Starter-Kits zu dem um eine todsichere Anlageform. Wer würde schon die erstklassige Bonität der Europäischen Zentralbank anzweifeln? Das nötige Kleingeld sollte der Investor jedoch unbedingtmitbringen: Um einen Gewinn von 8 000 Mark einzu-streichen, muss er satte 20 Millionen Mark einsetzten. Es ergibt sich dadurch eine Tagesrendite von 0,04%. Wem das zu wenig ist, dem sei ein Blick auf dieAktienrenditen etwa am Neuen Markt empfohlen.

(Aus: Handelsblatt, 17.12.02)

Dies war technisch allerdings nicht möglich, da dieAusgabe der Starter-Kits limitiert war.

4 Vgl. Kapital braucht Kontrolle, Kairos Europa/WEED, Bonn 2001, S. 31

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wichtigsten Handelspartners Japan negativ bemerk-bar. Vor allem, da Thailand hauptsächlich auf denExport ausgerichtet war.

▲ Die verteuerten Ausfuhren brachen dramatisch einund gleichzeitig floss immer mehr Geld für billigergewordene Importe ins Ausland ab.

▲ Die Folge war ein rapide zunehmendesZahlungsbilanzdefizit, das den Baht unter einenimmensen Abwertungsdruck geraten ließ.

▲ Akteure auf den internationalen Devisenmärktenbegannen unter Einsatz hoher Mittel gegen den über-bewerteten Baht zu spekulieren. Am 2. Juli 1997 gingdie Rechnung der (ausländischen) Spekulanten auf:Nachdem sie sich über Wochen wachsende Summenin Baht ausgeliehen und diese bei thailändischenGeschäftsbanken gegen US-Dollar umgetauscht hat-ten, erschöpften sich in zunehmendem Maße dieDevisenreserven (40 Mrd. US-Dollar) der Notenbankin Bangkok. (Zum Vergleich: der Spekulationsfondsvon George Soros hat ein Volumen von 125 Mrd. US-Dollar).

▲ Schließlich musste den Angriffen der Devisenhändlernachgegeben werden und der Wechselkurs wurdefreigeben.

▲ Der Baht verlor daraufhin gegenüber dem US-Dollarin kürzester Zeit nahezu 30% seines Wertes, und dieSpekulanten konnten – ihrem Kalkül entsprechend –zum weit niedrigeren Kurs Baht kaufen, ihre aufge-nommenen Kredite begleichen und einen großenGewinn einstreichen.

▲ Thailand hingegen fand sich binnen kürzester Zeitinmitten einer schweren wirtschaftlichen wie politi-schen Krise wieder. Der Verfall des Außenwerts desBaht riss auch die Börse in Bangkok mit sich zu Boden.

▲ Wie Dominosteine kippten nun auch die Währungenund Aktiennotierungen Malaysias, Indonesiens undder Philippinen um – mit der Folge, dass sich auchdiese Länder plötzlich gravierenden ∑realwirtschaft-lichen“ Rezessionserscheinungen ausgesetzt sahen.Selbst an den renommierten Finanzplätzen Hongkongund Singapur hinterließ der südostasiatische „Taifun“noch deutliche Spuren.

Die Auswirkungen dieser Wirtschaftskrise in Asien warenverheerend, die Arbeitslosigkeit in den betroffenenLändern stieg an und damit auch der Anteil der Armen.

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Auswirkungen der Spekulationen auf dieMenschen in Indonesien.

Diese Geschichte können Sie erzählen:

Dominus und April Haninuna leben mit ihren dreiKindern Sam, Yani und Aap in einer kleinenLehmhütte in dem Fischerdorf Ingumurik auf derindonesischen Insel Rote. Das südöstlich von Baligelegene Eiland zählt rund 100 000 Einwohner.Normalerweise lebt die Familie von Mais, Bohnenund Reis. Ab und zu gibt es etwas Fisch.Zwischendurch trinkt man Tua, einen von Palmengewonnenen Zuckerextrakt.

Seit Ausbruch der Asienkrise lebt die Familie nichtmehr so wie früher. Sam, Yani, Aap und ihre Elternhaben monatelang keine feste Nahrung mehrbekommen. Gab es vor der Krise sechsmal imMonat Reis, müssen sie danach ganz darauf ver-zichten. Die Lebensmittelpreise sind durch denWährungsverfall in unvorstellbare Höhen gestie-gen. Die Firma, in der Herr Haninuna beschäftigtwar, musste Konkurs anmelden – er wurde entlas-sen. Dadurch verschlimmerte sich die Lage derFamilie noch. Sie lebt nunmehr ausschließlich vonTua. Jeden Morgen ein Glas für den ganzen Tag."Tua füllt wenigsten den Magen", sagt die Mutter,"anders als die winzigen Fische." Alle drei Kindersind häufig krank, den Tua enthält kaum Eiweißund Vitamine.Den wenigen Touristen, die sich auf die Insel verir-ren, begegnet die Familie mit unveränderterFreundlichkeit. Die Besucher sind bestürzt überdie Armut, denken aber nicht daran, dass sie ihrGeld zu Hause Anlageberatern anvertraut haben,die damit im Ausland spekulieren und die Krisemit ausgelöst haben.

Sie wissen nicht, dass Finanzkonzerne inNordamerika und Europa im Sommer 1997beschlossen hatten, wirtschaftlicheFehlentwicklungen einiger Länder Asiens auszu-nutzen und auf eine Abwertung ihrer Währungenzu spekulieren. Thailand, Indonesien und andereTigerstaaten geraten daraufhin in finanzielleTurbulenzen. Ihre Währungen werden stark abgewertet, die Importe verteuern sich und dieNahrungsmittelpreise steigen z. T. um 300 Prozent.Durch die Finanzkrise werden aus den einstmalshochgelobten Tigerstaaten Krisenländer.

(Nach Sanjay Sojwal, World Vision Indonesien,attac-Leporello, Devisenumsatzsteuer)

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b) Die argentinische FinanzkriseArgentinien, die ehemalige „Kornkammer der Welt“ undimmer noch einer der wichtigsten Exporteure vonAgrarprodukten und Rindfleisch sah sich im vergangenenJahr dazu gezwungen den Notstand für Nahrungsmittelauszurufen. Das Land ist Bankrott und hat inzwischen dasgrößte Schuldenmoratorium in der Geschichte derWeltwirtschaft erklärt. Argentinien hat mehr als 132 Mrd.US-Dollar Auslandsschulden, die das Land an internatio-nale private und öffentliche Gläubiger zurückzuzahlenversucht. Aber wie konnte es dazu überhaupt kommen?Argentinien ist ja bekanntlich ein bevorzugter Schüler desInternationalen Währungsfonds (IWF) und hat sich seitden 80er Jahren streng an die ihm gemachten Auflagengehalten.Sehen wir uns einmal die Fakten an:▲ 1976 hat in Argentinien Viledas Militärjunta die

Macht übernommen und eine Diktatur etabliert, diebis 1983 regierte. In dieser Zeit hat sich dieAuslandsverschuldung verfünffacht (von 8 auf 43Milliarden Dollar), während der Anteil der Löhne amBruttoinlandsprodukt (BIP) von 43% auf 22% sank.Die Diktatur verursachte eine Verschuldungskrise unddie offizielle Übernahme der Führung der argentini-schen Finanzen durch den IWF.5

▲ Zusammen mit dem IWF wurde um der Verschuldungzu begegnen die erste Liberalisierung des Finanz-systems durchgeführt. Die Einheimische Zinsratewurde höher als die auf den internationalenFinanzmärkten, was zur Folge hatte, das argentinischeund in Argentinien ansässige internationale Großfir-men und Banken sich im Ausland billig verschuldethaben und mit diesem billigen Geld durch Kapital-anlagen im Inland größere Renditen erzielt, die siewiederum auf ausländischen Konten angelegt haben.

▲ 1982 war dann das Land zum ersten Mal zahlungs-unfähig. Als die Schuldenkrise offen ausbrach, wurdeauch auf Empfehlung des IWF und des US- Finanz-ministeriums diese „private“ Verschuldung mit Hilfevon Wechselkursgarantien verstaatlicht. DamaligeVersuche die Krise dauerhaft zu beheben schlugenfehl. Allein zwischen 1981 und 1990 musste derargentinische Staat für die Zinszahlungen an dasAusland 33,2 Mrd. US-Dollar aufbringen.6

▲ 1993 kam es zur Unterzeichnung des „Brady-Plan“.Die Reformen die daraufhin folgten gehörten zu denradikalsten die Südamerika jemals gesehen hatte. Eskam zur Privatisierung öffentlicher Unternehmen, ein-schließlich des Ölsektors, Erhöhung der Zinssätze.Liberalisierung der Wirtschaft auch im Agrarbereich.Außerdem kam es zur Schaffung einer neuen Wäh-rung, die an den US- Dollar gekoppelt wurde (1 Peso= 1 US-Dollar).7

▲ Die Einnahmen aus der Privatisierung haben jedochweder die Auslandsverschuldung nachträglich redu-ziert noch die Staatseinnahmen erhöht. DerSchuldenberg stieg weiter an und die Sparmaßnah-men im öffentlichen Sektor führten zu einer Senkungder Reallöhne der Beschäftigten, zu einer Verschlech-terung der Renten und der sozialen Dienstleistungen,besonders im Gesundheits- und Bildungsbereich.

▲ Haben die Reformen anfänglich die Inflation gestopptund zu neuen ausländischen Investitionen geführt(Das Bruttoinlandsprodukt wuchs um 25% innerhalbvon 3 Jahren), so verschlechterte sich in der zweitenHälfte der 90er Jahre für Argentinien die Lage wiederdrastisch. Denn die mexikanische „Tequila“-Kriseführte auch in Argentinien zu einer Finanzkrise, dasich die internationalen Kapitalquellen ab 1995 massivzurückzogen.

▲ Das laufende Defizit wurde immer tiefer ebenso dieAuslandsschulden. Das Land musste immer höhereSummen aufbringen um seine Schulden zu begleichen(der jährliche Schuldendienst stieg von 6 auf 21Milliarden), während gleichzeitig die Regierungsein-nahmen dramatisch sanken und der Peso überbewer-tet war.8

▲ Schuld war unter anderem die Steuerflucht. Denn inFolge der totalen Liberalisierung der Wirtschaft konn-ten ausländische Konzerne ihre Gewinne leichter ins eigene Land transferieren und somit nahm die

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Anstieg der Arbeitslosenquote von 1996 bis 1998in Prozent:

Hongkong 2,8 % - 4,8 %Malaysia 2,5 % - 6,7 %Südkorea 2,6 % - 7,6 %Philippinen 7,4 % - 13,0 %Thailand 1,1 % - 8,0 %Indonesien 4,1 % - 20,0 %

5 + 7 + 8 Die Ursachen der argentinischen Krise, von Arnoud Zacharie, Forscher am CADTM, aus: Grain de sable nr. 294, attac-France, 22. 12. 20016 Argentinien: Krise ohne Ende? Pedro Morazán, Institut SÜDWIND

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ungesetzliche Steuerflucht zu. Allein 1998 betrug dieSteuerflucht ca. 40 Milliarden DS-Dollar und entzogdamit dem Staat die Hälfte der Steuereinnahmen.

▲ 1999 als Brasilien in eine Finanzkrise versank hattedies wiederum dramatische Auswirkungen aufArgentinien. 30% der argentinischen Ausfuhren gin-gen nach Brasilien was nun während der brasiliani-schen Finanzkrise zu Einnahmeausfällen in Argen-tinien führte.

▲ Allein während des Jahres 1999 nahmen die argenti-nischen Schulden um 12 Milliarden US-Dollar zu, wasdazu führte, dass Argentinien das Land war, das seineSchulden gegenüber den Finanzmärkten am meistenerhöhte: Gläubiger von _ seiner Schulden sind dieFinanzmärkte. Und dies obwohl Argentinien dieAnpassungsprogramme des IWF und der Weltbanksorgfältig befolgte.

▲ Trotz der massiven Kreditaufnahmen gegenüber denFinanzmärkten reichte es nicht aus die Schuldenzurückzuzahlen. In der Folge unterschrieb Argentinienwieder einen Vertrag mit dem IWF über eine Summevon 7,2 Milliarden US-Dollar, das ihm auferlegte, seinHaushaltsdefizit von 7,1 Milliarden US-Dollar auf 4,7Milliarden innerhalb eines Jahres herabzusetzen. Auchdie Weltbank wurde wieder um Anleihen ersucht.9

▲ Im Dezember 2000 war der Druck trotz IWF- undWeltbank- Hilfe noch stärker und die Regierungschöpfte ihre Geldreserven aus, wobei sie versuchtedie feste Bindung Peso-US-Dollar aufrechtzuerhalten.

▲ Aber als mehrere wichtige Nachbarländer ihreWährungen abwerteten, stand Argentinien mit einerfür diese Wirtschaftregion überbewerteten Währungda. In der Folge führte dies dazu, dass sich die argen-tinischen Ausfuhren gegenüber mehreren lateinameri-kanischen Ländern verteuerte und das Handelsdefizitverschlimmerte.

▲ Doch noch im Dezember 2000 hielt man an derKopplung Peso- Dollar fest und der IWF schnürteerneut ein Hilfspaket. Aber auch dieses war wieder anBedingungen wie Liberalisierung des Gesundheits-wesens, Deregulierung der Schlüsselbereiche wieEnergie und Telekommunikation, Verringerung derEinfuhren, Verstärkung der Privatisierung,... geknüpft.

▲ Die Spirale war jedoch unerbittlich: Die weitereLiberalisierung der Geldtransaktionen und die unge-rechte Besteuerung, die vom IWF auferlegt wurde,

ermöglichten eine Steuerflucht von –zig MilliardenDollar pro Jahr. Gleichzeitig war der Staat gezwungenneue Kredite zu unerträglichen Zinsen (Risikoprämieerreichte 2001 40%) aufzunehmen um seine laufen-den Zahlungen nachzukommen.10

▲ All dies konnte jedoch den endgültigen Zusammen-bruch des argentinischen Wirtschaftssystems nichtaufhalten. Die argentinischen Banken hattenzwischenzeitlich geschlossen und es kam zu einerBegrenzung der Barabhebungen. Als Antwort auf denZusammenbruch eines vom IWF abgesegnetenWirtschaftssystems stützten innerhalb von 10 Tagenzwei Regierungen.11

▲ Inzwischen wurde die Peso-Dollar-Bindung aufgeho-ben. Am ersten Tag des frei floatenden Peso inArgentinien nach über zehn Jahren der Peso-Dollar-Parität, schwankte der Peso zwei Stunden nach Öff-nung der Wechselstuben zwischen 2 bis 2,40 Peso jeDollar.12

▲ Argentinien kann gegenwärtig nirgendwo mehr Geldaufnehmen, da das Land zahlungsunfähig ist. Auchweitere Hilfe des IWF lässt auf sich warten. Die argen-tinische Regierung spricht von einem neuenWirtschaftmodell, von mehr sozialer Gerechtigkeitund dem Ende der neoliberalen Ära in Argentinien.

▲ Der IWF hat erstmals seine Verantwortung für dieWirtschaftkrise Argentiniens eingestanden – umgleich darauf die Regierung wieder an seine Pflichtenzu erinnern: Es gebe keinen Ausweg aus der Krise, dernicht schmerzen würde. Doch diese Schmerzen hat inlateinamerika noch immer die breite Bevölkerung zuspüren bekommen, während die privaten ausländi-schen Gläubiger auf ihre Kosten kommen und auchder IWF seine Bilanz immer wieder ausgleichenkann.13

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9 + 10 Die Ursachen der argentinischen Krise, von Arnoud Zacharie, Forscher amCADTM, aus: Grain de sable nr. 294, attac-France, 22. 12. 2001

11 Le Monde diplomatique Nr. 6677 vom 15. 2. 2002, Seite 14-15, 290Dokumentation Diana Quattrocchi-Woisson

12 taz Nr. 6674 vom 12.2.2002, Seite 9, 123 TAZ-Bericht Ingo Malcher13 Le Monde diplomatique Nr. 6677 vom 15. 2. 2002, Seite 16-17, 346

Dokumentation Michael Husson

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V. Lösungsansätze

ResümeeDie Kapitalflüsse sind heute praktisch unkontrollierbar.Die Ursache hierfür sind der Abbau vonDevisenkontrollen und freie Wechselkurse. Dahintersteckt die Idee, dass das ungehemmte Kapital automa-tisch da hintransferiert wird, wo es am effizientesten ein-gesetzt werden kann. Dies soll wiederum den Welthandelsteigern und damit den weltweiten Wohlstand. DieAnnahme die dahinter steht ist, dass die Anleger rationalentscheiden. Aber:1. es kommen soziale, ökologische Aspekte zu kurz2. Anlageentscheidungen sind nicht immer so rational

wie im Modell angenommen (Bsp. Krisen oder Über-bewertung des US- Dollar und Unterbewertung desEuro)

3. Die weltweite Ungleichverteilung wächst weiter. DasVermögen der 447 Dollarmilliardäre kommt demJahreseinkommen von 2,7 Milliarden Menschengleich (UNDP-Jahresbericht 1997) Einkommensschereärmstes Fünftel und reichstes Fünftel: 1960 30:1,1990 60:1, 1979 74:1 (UNDP 1999)

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Es sieht so aus, als hätte sich das Geschehen auf denFinanzmärkten losgelöst vom wirklichen Leben. Und die-ser Eindruck ist keineswegs falsch. Im Zuge einerzunächst stillen, aber folgenreichen Revolution haben dieFinanzmärkte – wirtschaftlich wie politisch – ungeahnteDimensionen erreicht. Die inzwischen nahezu uneinge-schränkte Bewegungsfreiheit des Kapitals hat eine welt-weite Geldmaschinerie entstehen lassen, die ihre eigeneLogik jenseits der „realen“ Ökonomie besitzt. Spekulati-ve Finanzgeschäfte in astronomischen Größenordnungenhebeln nationale Geld-, Währungs- und Finanzpolitikenimmer stärker aus und verursachen zum Teil schwerwie-gende volks- wie weltwirtschaftliche Instabilitäten. Aufdiesem Hintergrund sehen wir uns heute mit einer nahe-zu unregierbaren internationalen Finanzordnung kon-frontiert. Deren Vorteile für eine relativ kleine Gruppevon Vermögenden und Privatunternehmen werden zumPreis einer enormen Zunahme der globalen Risikenerkauft. Nicht umsonst kann der Vorstandssprecher derDeutschen Bank, Rolf E. Breuer sagen, dass "dieFinanzmärkte die „Fünfte Gewalt" der Demokratie" sind.

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Diese Aussage lässt sich nur vor dem Hintergrund verste-hen, dass der unkontrollierte Weltfinanzmarkt, den inter-nationalen Banken, die einen großen Teil der Gelder ver-walten eine ungeheure Macht zukommen lässt. DieseMacht wird zum Beispiel in einer politischen Analyse derChase Manhattan Bank deutlich. Diese untersuchte dieKonfliktlage in Mexiko, einem Land dem sie hoheKreditsummen zur Verfügung gestellt hatte, und kam zuder Schlussfolgerung: "Die Regierung von Mexiko wirddie Zapatisten eliminieren müssen, um effektive Kontrolleüber das Staatsgebiet und die Sicherheitslage zu demon-strieren". Dies bedeutet, dass die Forschungsabteilungeiner Bank die militärische Gewalt eines Staates einfor-dert.14

V. LösungsansätzeGeld regiert die Welt - wer regiert das Geld? Diese Fragestellt sich in letzter Zeit immer öfter.Aber wenn das internationale Finanzsystem dem welt-weiten Wohlstand und der Finanzierung einer sozialgerechten und ökologisch tragfähigen Entwicklung die-nen soll, so muss es grundlegend verändert werden.Einige Ansätze auf dem Weg dorthin folgen nun, wobeihier nur solche Lösungsansätze genannt werden, für diees auch Kampagnen gibt, an denen man sich beteiligenkann.

1.) Umsetzung des erweitertenJubileekonzeptMillionen von Christen und viele Kirchen haben sich welt-weit an der Kampagne „Erlassjahr 2000“ beteiligt, umzur Jahrtausendwende für die ärmsten Länder einenumfassenden Schuldenerlass zu erreichen. Dieses Erwachen in unseren Kirchen und Gemeinden darfnach dem Jahr 2000 nicht nachlassen. Im Gegenteil – zueinem wirklichen und umfassenden Erlassjahr gehörenweitere Punkte, wie sie besonders von sozialen

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„die Finanzmärkte haben quasi als „fünfte Gewalt“ neben den Medien eine wichtigeWächterrolle übernommen“

Rolf –E. Breuer, 27.4.2000

14 Vgl. Wolfgang Kessler, Finanzmärkte außer Kontrolle- Kontrolle der Finanzmärkte, [email protected]

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Bewegungen des Südens (Jubilee South) gefordert wer-den:▲ Die Frage, welche Schulden überhaupt rechtmäßig

sind und welche illegitim – wie z. B. auf unsittlichenVerträgen beruhende Schulden oder solche, die kor-rupte Diktatoren aufgenommen haben

▲ Die Frage der unfairen Handelsbedingungen (terms oftrade) und der Abschottung der Märkte des Nordensgegenüber vielen Produkten des Südens

▲ Der Mangel an direktem Zugang der Armen zu denQuellen des Reichtums, Land und Kapital

▲ Die Strukturanpassungsprogramme im Süden,erzwungen von IWF und Weltbank im Interesse desNordens

▲ Die ökologischen Zerstörungen durch das Wirt-schaftswachstum, angetrieben durch Profitmaximie-rung

In dieser Perspektive zeigt sich die Rolle der Finanzmärkteund deren Herrschaft über die Wirtschaft undGesellschaft der Länder des Südens und des Nordens, desWestens und des Ostens als eines der Hauptprobleme.Im Blick auf das zunehmende Leiden der Armen und derganzen Erde in allen Regionen der globalisierten Weltsind Christen und Kirchen aufgerufen, auf Jesus und dasWort Gottes in der ganzen Bibel zu hören. Wir sind her-ausgefordert, jetzt nicht aufzugeben, sondern unsereBemühungen zu intensivieren und zu vertiefen, über dietechnischen Fragen des Schuldenerlasses hinaus "guteNachricht", das Evangelium, zu den Armen zu bringenund gerechte Beziehungen zwischen den Menschenuntereinander und mit der Erde wiederherzustellen.

Diese Herausforderung anzunehmen und zu bearbeitenist genau das, was die Kirchen und Initiativen derErlassjahrkampagne von uns fordern. Dies ist auch genaudas, was der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) undder Reformierte Weltbund (RWB) in ihren Vollversamm-lungen 1997 und 1998 beschlossen haben. Sie fordertenihre Mitgliedskirchen auf, an Alternativen zur neolibera-len Globalisierung zu arbeiten, um die strukturelle Gewaltzu überwinden, die die gegenwärtige Weltwirtschaft undbesonders das Finanzsystem ausüben. Sie rufen uns „zueinem verbindlichen Prozess der wachsenden Erkenntnis,der Aufklärung und des Bekennens (processus confessio-nis) bezüglich wirtschaftlicher Ungerechtigkeit und öko-logischer Zerstörung“ auf.15

2.) Die Einführung der Devisen-umsatzsteuer (Tobin Tax)Die Gefahr von Krisen ist immanent. Deswegen müssensie Finanzmärkte stärker reguliert und kontrolliert wer-den. Ein konkreter Ansatzpunkt ist hier die Tobin Tax(Devisenumsatzsteuer). Benannt nach dem ÖkonomJames Tobin, der sie schon 1972 vorschlug, möchte dieDevisenumsatzsteuer die Umsätze auf den internationa-len Finanzmärkten verlangsamen und ihre atemberau-bende Menge verringern. Dadurch würde die Schwan-kungsintensität und Instabilität der Finanzmärkte redu-ziert.

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Eine Devisenumsatzsteuer ist eine Abgabe, die beimUmtausch von einer Währung in eine andere erhobenwird, d. h. sowohl beim Kauf als auch beim Verkauf einerWährung. Die Steuer würde den Preis fürDevisenumtausch erhöhen und dadurch die Devisen-händler von kurzfristigen Spekulationen abhalten. Dennwird ein Geldbetrag mehrmals getauscht, fällt die Steuerjedes Mal erneut an. Kurzfristige Devisengeschäfte, dieeinen Geldbetrag Dutzende Mal im Jahr, sogar mehrmalsan einem Tag umtauschen, würden sich somit gegenüber

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Regionale konziliare Versammlungen sollen in allenKontinenten Bekenntnis und Aktion der Kirchen zuspitzen,um dann in den nächsten Vollsammlungen des RWB(2004) und des ÖRK (2006) zu klaren gemeinsamenEntscheidungen zu kommen. In Westeuropa wurden dieKirchen in einem Brief des ÖRK, RWB und der KonferenzEuropäischer Kirchen (KEK) im Mai 2001 aufgefordert, sich auf die Frage der Finanzmärkte und desFinanzsystems zu konzentrieren. Im Juni 2002 soll eineVersammlung in den Niederlanden stattfinden, um imBekenntnisprozess der Kirchen zu gemeinsamenPositionen, Handlungsperspektiven und politischenForderungen zu kommen.

Für Oktober 2002 plant Kairos Europa ein Hearing imEuropäischen Parlament, wo diesen Positionen,Handlungsperspektiven und politischen Forderungengegenüber der EU Gehör verschafft werden soll.Das wird aber nur Erfolg haben, wenn Gemeinden,Synoden und ökumenische Gruppen von unten her mit-oder sogar vorangehen.

15 Nächste Schritte zu einem umfassenden Erlassjahr, Kairos Europa 2001

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langfristigen Geschäften erheblich verteuern. Ein Devisen-händler müsste sich überlegen, ob der erwartete Gewinnhoch genug ist, um dafür den „Preis“ (z. B. 0,25% des„Einsatzes“) zu bezahlen. Nur wenn eine starkeWährungsschwankung erwartet wird, würde dasGeschäft dann noch getätigt. Dadurch würden viel weni-ger spekulative Geschäfte durchgeführt. Dies würde dasAuf und Ab der Wechselkurse stabilisieren und dieVolatilität (Schwankung) auf den Finanzmärkten verrin-gern. Diese Steuer sollte im Idealfall weltweit, zumindestaber in den Schlüsselwährungsländern erhoben werden.Bei 88% aller Devisengeschäfte spielen derzeit auf einerSeite der US-Dollar, der Euro, der Yen, das Britische Pfundoder der Schweizer Franken eine Rolle.

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Neben dem Stabilisierungseffekt ist zu erwarten, dass beieiner 0,25%igen Steuer Einnahmen vermutlich in Höhevon ca. 335Mrd US-Dollar weltweit im Jahr erreicht wer-den. Diese könnten für Armutsbekämpfung und anderedrängende globale Aufgaben, als weltweiter Interven-tionsfonds für krisengeschüttelte Länder genutzt werden.Die Tobinsteuer ist kein Allheilmittel für alle Problemeund Risiken des internationalen Finanzsystems. Das waraber auch nie ihr Anspruch. Sie hätte somit auch nicht dieAsienkrise, bei der durch überraschende spekulativeAttacken Gewinne von 40-60% zu erwarten waren, ver-hindern können.

Die Devisenumsatzsteuer istein Instrument für die Zeitendes "normalen" Funktionie-rens der Finanzmärkte. Siesoll eben, wie Tobin es for-mulierte, „etwas Sand in

Wer setzt sich für die Steuer ein?Die Devisenumsatzsteuer wird von Ökonomen undPolitikern rund um die Welt unterstützt.Es gibt eine internationale Kampagne für ihre Einführung,die v.a. von Nicht- Regierungsorganisationen, sozialenBewegungen und Gewerkschaften getragen wird. ATTAC, das "Bündnis für eine Besteuerung derFinanztransaktionen zu Gunsten der BürgerInnen", wurde1998 in Frankreich gegründet und hat schon über 25000 Mitglieder. Inzwischen gibt es attac-Bewegungenin 26 Industrie- und Entwicklungsländern. In Deutschland entstand das attac Netzwerk Anfang 2000.Kairos Europa gehört zu seinen Mitbegründern. Ihm gehö-ren viele Einzelpersonen, darunter WissenschaftlerInnenund Bundestagsabgeordnete sowie über 88 Nicht-Regierungsorganisationen an: politische, kirchliche undlokale Initiativen (Kairos Europa, Pax Christi, BUND, ver.di,WEED, u.a.)Die wichtigsten Forderungen von attac Deutschland sind:▲ Die Einführung einer Steuer auf internationale

Finanztransaktionen (z.B. Tobin Tax). ▲ Die Schließung der Steuerparadiese und "Offshore-

Zentren". ▲ Keine Privatisierung der sozialen Sicherungssysteme (z.B.

gesetzliche Krankenversicherung). Mittlerweile haben sich aber auch mehrere Parlamente undRegierungen, z.B. in Kanada, Belgien, Finnland etc. für dieSteuer ausgesprochen. Aber es gibt auch noch sehr vielWiderstand gegen die Tobin Steuer, z.B. aus den USA, aber auch von der deutschen Bundesregierung.Auch die Kirchen setzten sich ein!Der ÖRK hat schon auf seiner Vollversammlung in Harare

1998 die Empfehlung ausge-sprochen sich für „ein neuesFinanzsystem einschließlicheiner Steuer auf finanzielleTransaktionen (Tobin-Steuer)“einzusetzen und mit den entsprechenden Initiativenzusammenzuarbeiten. Auch das BMZ(Bundesministerium fürZusammenarbeit) hat schoneine Machbarkeitsstudie inAuftrag gegeben.

RechenbeispieleSie nehmen einen Kredit über 1000.000 Rupiah (indonesische Währung) auf. Und tau-schen diese in Euro um und warten auf eine Abwertung der Rupiah. Dann zahlen sie ihrenKredit zurück. (Der Einfachheit halber bleiben bei den Rechnungen die Kreditzinsen undBankgebühren unbeachtet)Ohne Tobin Tax Mit Tobin Tax (0,25%)1.000.000 Rupiah = 1.000.000 Euro 1.000.000 Rupiah = 1.000.000 Euro

Tobin Tax: 2.500,--Euro

Abwertung um 0,01%

1.000.000 Rupiah = 999.900,1 Euro 1.000.000 Rupiah = 999.900,1 EuroTobin Tax: 2499,75 Euro

Wechselkursgewinn: 99,99EuroMinus Tobin Tax: -2.500,-- Euro

-2.499,75 Euro

Gewinn: 99,99 Euro Gewinn: - 4.899,76 Euro

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Getriebe streuen“, um so zur Stabilisierung beizutragen.Da Finanz- und Währungskrisen immer ein ganzesBündel von Ursachen haben können und Spekulationnicht immer ein Teil davon ist, braucht es noch weitereMaßnahmen um solche Krisen wie in Asien verhindern zukönnen. Die Devisenumsatzsteuer ist auf das Problem derSpekulation ausgerichtet.16

3.) Schließung der Offshore-FinanzzentrenOffshore-Finanzzentren sind Wirtschaftsräume, die vonder Bankenaufsicht und – regulierung befreit sind. Off-shore-Finanzzentren sind Sonder-wirtschaftszonen, die,anders als der Name es aussagt, nicht unbedingt ∑aufhoher See“ liegen müssen. Im Gegenteil, viele von diesenliegen mitten in der Londoner City oder in Dublin. Manchmal sind auch eigenständige Völkerrechtssubjekte(also Länder) Offshorezen-tren. Hier kennen wirLuxemburg, Liechtenstein, Monaco, . . .

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Offshore bedeutet faktisch nicht mehr, als dass in dementsprechendem Territorium keine oder nur sehr geringeFormen von Finanz- und Bankenaufsicht existieren.Außerdem nur minimale oder sogar gar keine Steuernerhoben werden. Offshore-Zentren sind häufig zuIndustriestaaten gehörige Gebiete, die von derFinanzgesetzgebung des Mutterlandes ausgenommen

sind. Damit haben sie ihre Wirtschafts-, Steuer undFinanzgesetzgebung an die Bedürfnisse ausländischerInvestoren angeglichen.

Hinzu kommt die Garantie, Bankgeheimnisse um jedenPreis zu wahren. Damit sind Offshore-Zentren geradezuideale Orte für die Geldwäsche und Steuerhinterziehung.

Verlässliche Zahlen über die Finanzflüsse von, nach oderzwischen Offshore-Zentren gibt es nicht. Aber man kannsagen, dass fast 70% der Vermögen von Hedge Funds(Kapitalsammelstellen, die kaum Regulierungserforder-nissen unterliegen) sich in Offshore-Zentren befindet. Aber nicht nur Hedge Funds schaffen ihr Geld in dieOffshore-Zentren, auch die meisten Banken und andereinstitutionellen Anleger nutzen diese Möglichkeiten. Einanderes Problem schaffen die Offshore-Zentren durchihre Steuervergünstigungen und speziellen Dienstlei-stungen (Firmengründungen, Briefkastenexistenzen,...)für Firmen. Sie locken diese damit an, offiziell mit derBegründung Arbeitsplätze zu schaffen und struktur-schwache Gebiete wirtschaftlich attraktiver zu machen.Aber je stärker die wettbewerbsverzerrende Strategierealisiert wurde, desto stärker beschnitten sich dieStaaten selbst ihrer Steuereinnahmen. Allein in der EU wird ein Steuerausfall von mehr als 600 Mrd. DMgeschätzt.17

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KAIROS EUROPA e.V: KURZ und KNAPP - Mustervortrag für Gemeinden und Basisgruppen

16 Ausführlicheres finden Sie in: Kurz und Knapp: Devisenumsatsteuer, Kairos Europa, 2001 - 17 Vgl. Kapital braucht Kontrolle, Kairos Europa/ WEED, Bonn 2001, S.29-30

Steuerparadiese bzw. Offshore-Zentren

▲ unterlaufen internationale Regulierungsanstrengungen▲ bergen Stabilitätsrisiken für das internationale

Finanzsystem▲ dienen der Steuervermeidung und Steuerflucht▲ fördern den schädlichen Steuerwettbewerb zwischen

Staaten▲ dienen der Geldwäsche und dem Drogenhandel

Es gibt keine allgemein geteilte Definition von Offshore-Zentren, aber es zählen nicht nur die allgemeinbekanntenund exotischen Finanzplätze wie die Cayman Inseln,Antigua oder die Seychellen dazu, sondern auch großeFinanzplätze wie Dublin, London, Liechtenstein und dieSchweiz.

In Liechtenstein gilt z.B. für ausländische Firmen, es han-delt sich hier faktisch nur um Briefkastenfirmen, eine pauschale Steuer von 1.000 Schweizer Franken. DasPrinzip Steuer nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeitzu erheben ist hier außer Kraft gesetzt.

Drei Beispiele die die Brisanz, welche Rolle die Offshore-Zentren auf den internationalem Finanzmarkt spielen, zeigen:1. Die Art und Weise wie der internationale Terrorismusdiese Strukturen nutzt, um seine terroristischen Aktionenzu finanzieren. Hier sei nur das Netzwerk von Osama BinLaden genannt. 2. Der Skandal um die illegale Parteifinanzierung der CDU.Hier wurden Liechtensteiner Stiftungen genutzt.3. In einer Untersuchung über Monaco kommt derRechtsausschuss der französischen Nationalversammlungzu dem Schluss, dass der Zwergstaat „die Geldwäschebegünstige“ (FR, 23. 6. 2000).

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VI. Was können wir tun?

Mit weniger Steuereinnahmen kann der Staat jedochimmer weniger bereitstellen, was die Marktwirtschaft vonalleine nicht leisten kann: soziale Gerechtigkeit, öffentli-che Dienstleistungen, die allen offen stehen, Umwelt-schutzmaßnahmen, ein funktionierendes Bildungs-system, . . .

VI. Was können wir tun?!● Sie können die Beziehungen weiterentwickeln, die

bereits aufgenommen wurden, z. B. in Partnerschaftenzwischen Kirchen/Gemeinden, . . . und hier in einenkritischen Austausch über die Auswirkungen der wirt-schaftlichen Globalisierung eintreten.

● Unsere Partner im Süden fordern uns auf, an demökumenischen „Bekenntnis Prozess“ von 1998-2006teilzunehmen. Besorgen Sie sich Informationen darü-ber fordern Sie ihre Kirche auf, intensiv and diesem„processus confessionis“ teilzunehmen.

● Kritisieren und verändern Sie die Bereiche, wo die

negativen Machtverhältnisse der wirtschaftlichenGlobalisierung sich in der Struktur der Kirchen wider-spiegeln, z. B. in der Anlage von Kirchengeldern inGeschäftsbanken statt in alternativen Banken

● Sprechen Sie über sie nachteiligen Auswirkungen,Prinzipien und Praktiken der wirtschaftlichenGlobalisierung, z. B. auf Arbeitern, Landwirtschaft inallen Teilen dieser Welt.

● Hinterfragen Sie Konzernpraktiken, die vor allem den-jenigen schaden mit denen wir weltweit verbundensind.

● Achten Sie auf Anwaltschaft/Advocacy der Kirchen imBlick auf die soziale Verantwortung.

● Nehmen Sie Regierungen stärker in die Verantwor-tung und hinterfragen Sie die Liberalisierungs- undPrivatisierungspraktiken.

● Entwickeln sie verschiedene Arten von Bündnissen(ökumenisch, interreligiös oder auf Nichtregierungs-organisations(NGO)-Basis, um die wirtschaftlicheGlobalisierung verstärkt in die Verantwortung zu neh-men, im Blick auf Einzelne, Gemeinschaften und diegesamte Schöpfung, bzw. beteiligen sie sich an sol-chen Initiativen.

● Z.B. unterstützen Sie die Aktionen zur Einführung derTobin Steuer oder zur Schließung der Offshore-Zentren

● Setzen Sie sich für einen Schuldenerlass ein● Engagieren sie sich bei attac oder erlassjahr.de● Beteiligen Sie sich an Unterschriftenaktionen ● Gründen Sie vor Ort einen Arbeitskreis ● Sprechen Sie mit Ihren Abgeordneten und informieren

Sie ihn z. B. über die Tobin Steuer ● Überprüfen Sie die Geldanlagen ihrer Gemeinde

/Kirche● Machen Sie Gottesdienste zu dem Thema● Laden Sie zu Vorträgen ein

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KAIROS EUROPA e.V: KURZ und KNAPP - Mustervortrag für Gemeinden und Basisgruppen

Von attac gibt es hierzu eine Kampagne "Stoppt Steuerflucht", die folgendes fordert:

Kapitaleinkommen sollen mindestens genauso hoch undprogressiv besteuert werden wie Arbeitseinkommen! Dazu sind politische Maßnahmen in Deutschland und aufinternationaler Ebene notwendig:▲ Die Abschaffung aller deutschen Steuerpraktiken, die

ausländisches Kapital bevorzugen. Zinsen undDividenden von Steuerausländern sind angemessen zubesteuern. Die deutschen Unternehmenssteuern dürfennicht weiter gesenkt werden. Sie gehören bereits zu den niedrigsten innerhalb aller Industriestaaten.

▲ Banken und Konzerne müssen ihre Nutzung vonSteueroasen einstellen. Insbesondere die deutschenGroßbanken haben die großangelegte Organisierung der Steuerflucht zu beenden.

▲ Einführung einer international einheitlichenKonzernbesteuerung gegen ruinösenSteuersenkungswettlauf

▲ Eine europäische Harmonisierung derUnternehmenssteuern

▲ Die rasche und konsequente Umsetzung der europäischen Beschlüsse zur Besteuerung von Zins- und Dividendeneinnahmen. Die Beschlüsse sind auf alle Investmentfonds und Spekulationsgewinne auszudehnen.

Kairos Europa bietet Ihnen auch Vorträge zumInternationalen Finanzsystem, zurDevisenumsatzsteuer und zum Schuldenerlass /Internationales Insolvenzverfahren an. Referentenzum Thema attac und erlassjahr.de können Sieebenfalls über Kairos Europa bekommen.Kairos Europa, Hegenichstr.22, 69124 Heidelberg, Tel.: 06221-716005, Fax: 06221-781183, email: [email protected]

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VII. Fragebogen VIII. Glossar

VII. Fragebogen für die GemeindeDieser Fragebogen soll Ihnen einen Einstieg in dieThematik Wirtschaftliche Globalisierung - StrukturelleGewalt durch Finanzmärkte erleichtern. Sie können Ihnsowohl am Anfang, d.h. als stillen Einstieg nutzen wieauch am Ende, um über das Gehörte im eigenen Kontextzu reflektieren. Auch ermöglicht er Ihnen nach einerAuswertung, an bestimmten Punkten weiterzuarbeiten.

● Wie erleben Sie oder die Menschen in Ihrem Umfelddie Auswirkungen der wirtschaftlichen Globalisie-rung?

● Kennen Sie Opfer von Spekulationen und /oderSteuerflucht?

● Was beunruhigt Sie besonders im Blick auf die Art undWeise, wie andere von der wirtschaftlichenGlobalisierung betroffen sind?

● Wie begegnet Ihre Kirche/Gemeinde/Gruppe, wiebegegnen Sie den Auswirkungen der Globalisierung?

● Gibt es Beispiele dafür, wie Ihre Kirche den durch diewirtschaftliche Globalisierung Benachteiligten hilft?

● Welche spezifischen Beispiele für gelebte Alternativenzur wirtschaftlichen Globalisierung gibt es in IhremKontext?

● Wie könnten Sie die Frage der wirtschaftlichenGlobalisierung in bestehenden Partnerschaften be-handeln?

▲ Mit anderen Ortskirchen▲ Mit anderen Menschen▲ Mit Nichtregierungsorganisationen▲ Mit dem privaten und öffentlichen Sektor▲ Mit Kirchen/ Gemeinden in anderen Länden

VIII. GlossarAktien: Wertpapiere, die von einem Unternehmen ander Aktienbörse zum Verkauf angeboten werden. Käufervon Aktien werden zu Miteigentümern der Unterneh-men. Aber nicht alle Aktienunternehmen handeln mitihren Aktien an den Börsen.Aktienindex: An jeder Aktienbörse werden die wichtig-sten Werte zu einem Aktienkorb zusammengefasst, z. B.in Deutschland zum DAX oder zum Nemax 50 für denNeuen Markt. Die Kursentwicklung dieses Aktienkorbesdient als Indikator für die allgemeine Unternehmensent-wicklung. BIP: BruttoinlandsproduktBretton-Woods-System: Eine im Jahr 1944 initialisier-te Weltwährungsordnung mit festen Wechselkursen undumfangreichen Kapitalverkehrskontrollen.Deregulierung: Abschaffung von Gesetzten, Verord-nungen und Vorschriften auf dem Arbeits,- Aktien,-Güter, und anderen Märkten zugunsten des „freienSpiels“ der Marktkräfte.Derivate: Ein Wertpapier, dessen Wert von einem ande-ren zurückliegenden Wert abhängt. Dies könnenAktienkurse, Warenpreise, Wechselkurse . . . sein.Devisentransaktionsteuer: Die Besteuerung vonDevisentransaktionen soll den spekulativen Tausch vonWährungen unterbinden und damit die internationalenWechselkursverhältnisse stabilisieren. Auch unter demNamen Tobin Tax bzw. Devisenumsatzsteuer bekannt.Fixkurssystem: Hier werden die Währungen verschie-dener Länder aufgrund von ökonomischen Kriterien ineinem politisch bestimmten Verhältnis zueinander gehal-ten.Flexibles Wechselkurssystem: Der Preis derWährungen bildet sich auf den Märkten und entzieht sichder politischen Kontrolle.Global Player: sind große international agierendeTransnationale Konzerne (TNK) und Finanzunternehmenwie Banken, institutionelle Investoren, . . . Hedge Fond: Kapitalsammelstelle, die kaum Regulie-rungserfordernissen unterliegt und ihren Sitz oft in sog.Offshore-Finanzzentren hat. Hedge Fonds setzen in derRegel hohe Summen für Finanzspekulationen ein undgehen dabei hohe Risiken ein.Institutionelle Anleger: Kapitalanlageinstitutionenwie z. B. Versicherungen, Investmentfonds, Pensions-fonds und Hedge Fonds

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Investmentfond: eine spezielle Form von institutionel-lem Anleger, welcher private Gelder bestimmtenInvestitionsarten zuführtKapitalverkehrskontrollen: sind politische Instru-mente, mit denen der Zu- und Abfluss internationalenKapitals kontrolliert werden kannKreditmarkt: über den Kreditmarkt vermitteln Bankengesparte Gelder an Unternehmen und Privatpersonen.Der Kreditmarkt erlebte aber einen Bedeutungsverlustdurch die Möglichkeit anderer Finanzierungsquellen wie.z. B. WertpapierenKurzfristige Finanzströme: sie haben an Bedeutungzugenommen, da sie im Interesse der Kapitalbesitzer liegen, weil ihre Kurzfristigkeit eine rascheAndersverwendung der Gelder ermöglichtLeitwährung: ist eine nationale Währung, die im glo-balen Geschäftsverkehr volumenmäßig den größten Teilausmacht und darüber hinaus als nationalesWertaufbewahrungsmittel und Träger internationalerKredite fungiertLiberalisierung: so wird die politisch durchgesetzteÖffnung nationaler Märkte für internationaleUnternehmen und Waren bezeichnet. Im Neoliberalismusgeht sie mit der Deregulierung der Wirtschaft einherLiquidität: Zahlungsfähigkeit eines Staates, Unter-nehmens oder einer PrivatpersonNeoliberalismus: wirtschaftspolitische Ausrichtung, dieauf die politische Förderung von Individualismus und dieZurückführung sozialstaatlicher Interventionen in den pri-vaten Wirtschaftsprozess setzt. Der Markt soll zentralesRegulativ der Gesellschaft sein.Offshore-Finanzzentren (OFC): Orte an denen diereguläre Bankenregulierung und Steueraufsicht nicht exi-stiert und die zu Refugien der Steuerflucht undGeldwäsche geworden sindPensionsfond: sie treten im Rahmen der Privatisierungder Altersvorsorgesysteme als privatwirtschaftlicherErsatz der Rentenkassen auf und legen Mittel auf deninternationalen Finanzmärkten anShareholder Value: bezeichnet eine „Unternehmens-philosophie“, die den Unternehmen eine Mindestverzin-sung ihres Eigenkapitals abfordert, um den Besitzern vonUnternehmensanteilen (=shareholder) eine hoheKapitalrendite zu versprechenSpekulation: ist der Tatbestand, dass aufgrund vonunsicheren Zukunftserwartungen durch den Handel mit

Gütern, Wertpapieren und Devisen schnelle Gewinnerealisiert werden könnenSteuerflucht: oder Steuerhinterziehung wird durch dieDeregulierung und Liberalisierung des KapitalverkehrsermöglichtTobin Tax: Devisenumsatzsteuer oder auchDevisentransaktionsteuer genannt. Steuer aufDevisentransaktionen, damit die kurzfristigenFinanzspekulationen im Volumen reduziert werdenVolatilität: Schwankung. Das unvorhersehbare Auf undAb von Kursen und Preisen auf den FinanzmärktenWährungsspekulationen: Spekulationen, die die zeit-lichen Schwankungen der Wechselkursverhältnisse aus-nutzenWertpapiere: alle Arten von Aktien, Derivaten undAnleihen

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KAIROS EUROPA e.V: KURZ und KNAPP - Mustervortrag für Gemeinden und Basisgruppen

Adressen, weiterführende Literatur

▲ Kairos Europa, Hegenichstr.22, 69124 Heidelberg, Tel. 0 62 21-7160 05, Fax 0 62 21-78 11 83, email: [email protected]; www.kairoseuropa.de

▲ Attac-Netzwerk zur demokratischen Kontrolle derinternationalen Finanzmärkte,Artilleriestr. 6, 27283 Verden, Tel. 0 42 31- 95 79 51,Fax 0 42 31- 95 75 94; email: [email protected]

▲ Erlassjahr.de, Lindenstr. 58-60, 53721 Siegburg,Tel. 0 22 41- 59 12 26, Fax 0 22 41- 59 12 27, email: [email protected], www.erlassjahr.de

▲ Kapital braucht Kontrolle, Kairos Europa und WEED, 2001(15,--DM)

▲ Kurz und Knapp: Devisenumsatzsteuer, Kairos Europa2001 (2,- Euro)

▲ Kurz und Knapp: Wirtschaft uns Finanzen alsGlaubensfrage, Kairos Europa 2001 (2,--Euro)

▲ Kurz und Knapp: Das internationale Finanzsystem, KairosEuropa 2001 (2,--Euro)

▲ Tiger in Not –Krisen und kein Ende ? Die internationalenFinanzmärkte brauchen Fesseln, Kairos Europa, epd-DritteWelt-Information Nr. 1/1/98 (2,50 DM)

▲ Geld regiert die Welt – wer regiert das Geld ? DieGefahren des hochspekulativen internationalenFinanzsystems, Kairos Europa, epd-Dritte Welt-Informationen Nr. 10/11/96 (2,50 DM)

▲ Gott und Geld, Jahrbuch der Religionspädagogik 17, 2001 ▲ Geld und Gewissen, Kompass für ethisch motivierte Sparer,

Wolfgang Kessler, 2000▲ Towards a Just International Financial System, Kairos

Europa Dokumentation einer Konferenz inFrankfurt/Main, Januar 2001 in englisch (4,--DM)

▲ Colloquium 2000...im Streit mit der Globalisierung (4,-- DM)▲ Regaining Control of Capital Markets, Kairos Europa

Dokumentation, Bad Münster am Stein, 2000 (4,--Alternatives to Neo-liberal Globalisation, Kairos EuropaDokumentation zweier Anhörungen im EuropäischenParlament, Brüssel 1999 (4,-- DM)

▲ Alternatives to the Global Financial and EconomicMechanisms of Debt and Impoverishment, StrategyWorkshop, Kairos Europa Dokumentation 1999 (4,-- DM)

▲ Finanzmärkte außer Kontrolle- Kontrolle der Finanzmärkte,Wolfgang Kessler, [email protected]

▲ Engagement einer Gemeinschaft von Kirchen angesichtsder wirtschaftlichen Globalisierung, Lutherischer Weltbund,Mai 2001

▲ Argentinien: Krise ohne Ende? Pedro Morazán, InstitutSüdwind, Januar 2002

▲ Argentinien: Auslandsverschuldung und Brotaufstand,Pedro Morazán/ Irene Knoke, Institut Südwind, 2002

▲ Die Ursachen der argentinischen Krise, Arnaud Zacharie,Forscher am CADTM, aus Grain de sable Nr.294 AttacFrance, 22.12.2001

▲ Zehn Tage, die das Land erschütterten, Diana Quattrocchi-Woisson, le Monde diplomatique Nr. 6677 vom15.2.2002, Seite 14-15, 290 Dokumentation

▲ Argentiniens fatale Fixierung auf den Dollar, MichaelHusson, Monde diplomatique Nr. 6677 vom 15.2.2002,Seite 16-17, 290 Dokumentation

Kairos Europa

Das griechische Wort ΚΑΙΡΟΣ (Kairos) bedeutet:Die Zeit ist für eine notwendige (aber auch mög-liche) Entscheidung reif.KAIROS bezeichnet angesichts der Krise denMoment für Umkehr und Neubeginn. Der erfah-rene KAIROS ist der Beginn der Befreiung fürunterdrückte Menschen.

Kairos Europa ist ein europäisches Netzwerk vonökumenischen Initiativen, Gruppen und Einzel-personen, die sich für ein gerechtes Europa enga-gieren. Der Kairos-Prozess nahm 1985 im südafri-kanischen Widerstand gegen die Apartheid seinenAusgang.

Das europäische Netzwerk wurde im Mai 1990gegründet und hat heute über 500 Mitglieder in zahlreichen europäischen Ländern, wie z. B. in Belgien, Deutschland, Großbritannien,Niederlande, Italien, Polen, Spanien und Ungarn.

Kairos Europa arbeitet in mehreren Kairos-Centers und Programmlinien an unterschiedlichen Themen:

▲ Gerechtes Weltfinanzsystem▲ Lokale Alternativen zur Globalisierung▲ Zusammenleben in pluralen Gemeinschaften▲ Identität ethischer Minderheiten▲ Austausch von Exil-Jugendlichen in Europa▲ Spiritualität und Solidarität

Die einzelnen Programmlinien arbeiten selbst-ständig und unabhängig voneinander, entwickelnaber gemeinsame Aktionen, wie z. B. dasStraßburger „Parlament von unten“ (1992), dieAktionstage in Brüssel (1994, 1999) etc.

Es besteht ein enger Austausch mit Vertretern derzivilen Gesellschaft aus den Ländern des Südens,vor allem aus dem südlichen Afrika. DieVertreter/innen der verschiedenen Kairos-Centersund Programmlinien bilden den Geschäftsfüh-renden Ausschuss, der für die Koordination undVerwaltung des Prozesses verantwortlich ist.

Länderkorrigiert,

ist das sovollständig?

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Hier könnte ich auchdie gesetzte T abelle ausdem Text übernehmensiehe Seite 15

Page 32: Für ein gerechtes internationales Finanzsystem · KAIROS EUROPA e.V:KURZ und KNAPP - Mustervortrag für Gemeinden und Basisgruppen KURZ UND KNAPP Bausteine für einen MUSTERVORTRAG

Folie 10

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Dekade zur Überwindung von Gewalt

Millionen von Christen und viele Kirchen haben sich welt-weit an der Kampagne „Erlassjahr 2000“ beteiligt, umzur Jahrtausendwende für die ärmsten Länder einenumfassenden Schuldenerlass zu erreichen. Dieses Erwachen in unseren Kirchen und Gemeinden darfnach dem Jahr 2000 nicht nachlassen.

Im Gegenteil - zu einem wirklichen und umfassendenErlassjahr gehören weitere Punkte, wie sie besonders vonsozialen Bewegungen des Südens (Jubilee South) gefor-dert werden:

▲ Die Frage, welche Schulden überhaupt rechtmäßigsind und welche illegitim - wie z.B. auf unsittlichen Verträgen beruhende Schulden oder solche, die korrupte Diktatoren aufgenommen haben.

▲ Die Frage der unfairen Handelsbedingungen (terms of trade) und der Abschottung der Märkte des Nordens gegenüber vielen Produkten des Südens

▲ Der Mangel an direktem Zugang der Armen zu denQuellen des Reichtums, Land und Kapital

▲ Die Strukturanpassungsprogramme im Süden,erzwungen von IWF und Weltbank im Interesse des Nordens

▲ Die ökologischen Zerstörungen durch dasWirtschaftswachstum, angetrieben durchProfitmaximierung

In dieser Perspektive zeigt sich die Rolle derFinanzmärkte und deren Herrschaft über die Wirtschaftund Gesellschaft der Länder des Südens und desNordens, des Westens und des Ostens als eines derHauptprobleme.

Im Blick auf das zunehmde Leiden der Armen und derganzen Erde in allen Regionen der globalisierten Weltsind ChristInnen und Kirchen aufgerufen, auf Jesus unddas Wort Gottes in der ganzen Bibel zu hören.

Wir sind herausgefordert, jetzt nicht aufzugeben, son-dern unsere Bemühungen zu intensivieren und zu vertie-fen, über die technischen Fragen des Schuldenerlasseshinaus „Gute Nachricht“, das Evangelium, zu den Armenzu bringen und gerechte Beziehungen zwischen denMenschen untereinander und mit der Erde wiederherzu-stellen.Diese Herausforderung anzunehmen und zu bearbeitenist genau das, was die Kirchen und Initivativen derErlassjahrkampagne von uns fordern. Dies ist auch genaudas, was der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) undder Reformierte Weltbund (RWB) in ihren Vollversamm-lungen 1997 und 1998 beschlossen haben. Sie forderten ihre Mitgliedskirchen auf, an Alternativenzur neoliberalen Globalisierung zu arbeiten, um die struk-turelle Gewalt zu überwinden, die die gegenwärtigeWeltwirtschaft und besonders das Finanzsystem ausü-ben. Sie rufen uns „zu einem verbindlichen Prozess derwachsenden Erkenntnis, der Aufklärung und desBekennens (processus confessionis) bezüglich wirtschaft-licher Ungerechtigkeit und ökologischer Zerstörung“ auf.Regionale konziliare Versammlungen sollen in allenKontinenten Bekenntnis und Aktion der Kirchen zuspit-zen, um dann in den nächsten Vollversammlungen desRWB (2004) und des ÖRK (2006) zu klaren gemeinsa-men Entscheidungen zu kommen. In Westeuropa wur-den die Kirchen in einem Brief des ÖRK, RWB und derKonferenz Europäischer Kirchen (KEK) im Mai 2001 auf-gefordert, sich auf die Frage der Finanzmärkte und desFinanzsystems zu konzentrieren.

Im Juni 2002 soll dann eine Versammlung in Hollandstattfinden, um im Bekenntnisprozess der Kirchen zugemeinsamen Positionen, Handlungsperspektiven undpoitischen Forderungen zu kommen.

Für Oktober 2002 plant Kairos Europa ein Hearing inBrüssel, wo diese Positionen, Handlungsperspektiven undpolitischen Forderungen gegenüber der EU Gehör ver-schafft werden soll.

Das wird aber nur Erfolg haben, wenn Gemeinden,Synoden und ökumenische Gruppen von unten her mit-oder sogar vorangehen. Deshalb erstellt Kairos Europa fürdiesen Prozess eine Reihe von Bildungsmaterialien fürGemeinden und Basisgruppen.

Mustervortrag für Gemeinden und Basisgruppen 31/ 31

KAIROS EUROPA e.V: KURZ und KNAPP - Mustervortrag für Gemeinden und Basisgruppen