Fragmentozyten (09/2003) – Übungsblatt B Fragmentozyten im ... · Fragmentozyten (09/2003) –...

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Definition: Fragmentozyten (=Schistozyten = Schizozyten) entstehen aus normal gebildeten Erythrozyten. Durch eine Verletzung der Membran werden Teile abgespalten oder abgerissen. So entstehen Erythrozytenteile, die manchmal nur so groß sind wie Thrombozyten, gelegentlich aber auch Fragmente, die eine fast normale Erythrozytengröße zeigen. Fragmentozyten sind morphologisch definierte pathologische Erythrozyten mit folgenden Charakteristika: typisch sind Zellen, bei denen die konvexe Seite unverändert aussieht, die Riß- kante jedoch gerade oder sogar nach innen gewölbt (=konkav) erscheint und die am Übergang von konkav zu konvex spitze Fortsätze zeigen (Beispiele 1 und 2). Bei Vergleichen mit Dingen aus dem täglichen Leben errinnern diese Zellen an ein mit dem Messer geköpftes Ei ("eierschalenartig") oder an einen Helm ("helmartig" oder "Napoleonshut"). Seltener und schwerer von anderen Poikilozyten zu unterscheiden sind dreiecksförmige Erythrozyten, bei denen die Rißkanten gerade oder konkav sind und die Ecken spitz zulaufen (Beispiel 3). Andere Poikilozyten wie Echinozyten (Stechapfelformen), Akanthozyten, Ellipto- zyten, Ovalozyten oder Tränenformen sind schwer von echten Fragmentozyten zu unterscheiden und sollen nicht als solche gezählt werden. Sehr kleine runde Erythrozyten ohne zentrale Aufhellung kommen bei Erkrankungen mit Fragmentozytose häufig vor, werden nicht als Schistozyt gezählt, sollen den Betrachter aber nach Fragmentozyten suchen lassen. Fragmentozyten im peripheren Blut (09/2003) Empfehlungen der Arbeitskreise „Laboratorium“ der Deutschen (DGHO) und Österreichischen (ÖGHO) Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie zum Thema Morphologie Hyperfragmentationssyndrom Ein Hyperfragmentationssyndrom ist definiert durch den Nachweis von Fragmentozyten im Ausstrich. Es ist hinweisend auf: Mikroangiopathische hämolytische Anämie (MAHA, MHA), z.B. thrombotisch thrombozytopenische Pur- pura (TTP = M. Moschcowitz), hämolytisch urämisches Syndrom (HUS = M. Gasser), medikamenteninduzierte MAHA (Mitomycin C) oder therapieinduzierte MAHA (z.B. nach Knochenmarktransplantation) HELLP- Syndrom (Komplikation einer Präeklampsie) "Mechanische" Schädigung der Erythrozyten. Beispiele sind Z.n. Herzklappenersatz, extrakorporaler Kreislauf, Dialyse, Aortenaneurysma, Aortenklappen- stenose, maligne Hypertonie aber auch seltene Ursa- chen wie extreme sportliche Betätigungen (Marsch- hämoglobinurie oder Karatekämpfer) Großflächige Verbrennungen Disseminierte intravasale Gerinnung (DIC) (z.B. Sepsis, Geburtshilfliche Komplikationen, Schock, Riesenhämangiome oder metastasierte Karzinome) Wann sind Fragmentozyten diagnostisch oder therapeutisch entscheidend ? Wesentlich ist die Erkennung von Fragmentozyten im Ausstrich bei klinisch unklaren Situationen. So sind Frag- mentozyten ein wegweisendes diagnostisches Kriterium bei HUS, TTP oder HELLP. Ansonsten entscheidet die klinische Fragestellung über die Wertigkeit von Fragmentozyten. In der Regel ist das Auftreten von Fragmentozyten weder diagnostisch noch therapeutisch entscheidend bei folgenden Erkrankungen: Extrakorporaler Kreislauf und Hämodialyse Verbrennungen Metastasiertes Carcinom Schwere Dysplasie der Erythropoese (MDS, OMS) Bei einem Teil der Hyperfragmentationssyndrome besteht eine Thrombozytopenie, die prognostisch und therapeutisch entscheidend sein kann. Fragmentozyten können die Bestimmung der Thrombozytenzahl stören (falsch hoher Wert). Nur hämatologische Analysenauto- maten der neuesten Generation können kleine Erythro- zyten und Thrombozyten trennen. Ansonsten ist eine Zählung der Thrombozyten in der Kammer und eine Schätzung im Ausstrich erforderlich ! Beispiel 1 Beispiel 2 Beispiel 3

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Fragmentozyten (09/2003) – Übungsblatt B

Definition:

Fragmentozyten (=Schistozyten = Schizozyten) entstehen aus normal gebildeten Erythrozyten. Durch eineVerletzung der Membran werden Teile abgespalten oder abgerissen. So entstehen Erythrozytenteile, diemanchmal nur so groß sind wie Thrombozyten, gelegentlich aber auch Fragmente, die eine fast normaleErythrozytengröße zeigen. Fragmentozyten sind morphologisch definierte pathologische Erythrozyten mitfolgenden Charakteristika: typisch sind Zellen, bei denen die konvexe Seite unverändert aussieht, die Riß-kante jedoch gerade oder sogar nach innen gewölbt (=konkav) erscheint und die am Übergang von konkavzu konvex spitze Fortsätze zeigen (Beispiele 1 und 2). Bei Vergleichen mit Dingen aus dem täglichen Lebenerrinnern diese Zellen an ein mit dem Messer geköpftes Ei ("eierschalenartig") oder an einen Helm("helmartig" oder "Napoleonshut"). Seltener und schwerer von anderen Poikilozyten zu unterscheidensind dreiecksförmige Erythrozyten, bei denen die Rißkanten gerade oder konkav sind und die Ecken spitzzulaufen (Beispiel 3). Andere Poikilozyten wie Echinozyten (Stechapfelformen), Akanthozyten, Ellipto -zyten, Ovalozyten oder Tränenformen sind schwer von echten Fragmentozyten zu unterscheiden und sollennicht als solche gezählt werden. Sehr kleine runde Erythrozyten ohne zentrale Aufhellung kommen beiErkrankungen mit Fragmentozytose häufig vor, werden nicht als Schistozyt gezählt, sollen den Betrachteraber nach Fragmentozyten suchen lassen.

Fragmentozyten im peripheren Blut (09/2003)Empfehlungen der Arbeitskreise „Laboratorium“ der Deutschen (DGHO) und

Österreichischen (ÖGHO) Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie zum Thema Morphologie

Hyperfragmentationssyndrom

Ein Hyperfragmentationssyndrom ist definiert durchden Nachweis von Fragmentozyten im Ausstrich. Es isthinweisend auf:

Mikroangiopathische hämolytische Anämie (MAHA,MHA), z.B. thrombotisch thrombozytopenische Pur-pura (TTP = M. Moschcowitz), hämolytisch urämischesSyndrom (HUS = M. Gasser), medikamenteninduzier teMAHA (Mitomycin C) oder therapieinduzierte MAHA(z.B. nach Knochenmarktransplantation)

HELLP- Syndrom (Komplikation einer Präeklampsie)

"Mechanische" Schädigung der Erythrozyten. Beispiele sind Z.n. Herzklappenersatz, extrakorporalerKreislauf, Dialyse, Aortenaneurysma, Aortenklappen-stenose, maligne Hypertonie aber auch seltene Ursa-chen wie extreme sportliche Betätigungen (Marsch-hämoglobinurie oder Karatekämpfer)

Großflächige Verbrennungen

Disseminierte intravasale Gerinnung (DIC) (z.B. Sepsis, Geburtshilfliche Komplikationen, Schock,Riesenhämangiome oder metastasierte Karzinome)

Wann sind Fragmentozyten diagnostisch oder therapeutisch entscheidend ?

Wesentlich ist die Erkennung von Fragmentozyten imAusstrich bei klinisch unklaren Situationen. So sind Frag-mentozyten ein wegweisendes diagnostisches Kriteriumbei HUS, TTP oder HELLP.

Ansonsten entscheidet die klinische Fragestellung überdie Wertigkeit von Fragmentozyten.

In der Regel ist das Auftreten von Fragmentozytenweder diagnostisch noch therapeutisch entscheidendbei folgenden Erkrankungen:

Extrakorporaler Kreislauf und Hämodialyse

Verbrennungen

Metastasiertes Carcinom

Schwere Dysplasie der Erythropoese (MDS, OMS)

Bei einem Teil der Hyperfragmentationssyndromebesteht eine Thrombozytopenie, die prognostisch undtherapeutisch entscheidend sein kann. Fragmentozytenkönnen die Bestimmung der Thrombozytenzahl stören(falsch hoher Wert). Nur hämatologische Analysenauto-maten der neuesten Generation können kleine Erythro-zyten und Thrombozyten trennen. Ansonsten ist eineZählung der Thrombozyten in der Kammer und eineSchätzung im Ausstrich erforderlich !

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