Franz Schmidt Das Buch mit sieben Siegeln -...

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Sonntag, 8. Februar 2009, 19 Uhr St. Jacobi Göttingen Franz Schmidt Das Buch mit sieben Siegeln Oratorium nach der Offenbarung des Johannes Herbert Lippert (Tenor, Johannes) Traudl Schmaderer (Sopran), Nicole Dellabona (Alt) Andreas Wagner (Tenor), Konstantin Heintel (Bass) Martin Sander (Orgel) Kantorei St. Jacobi Göttinger Symphonie Orchester Leitung: Stefan Kordes

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Sonntag, 8. Februar 2009, 19 UhrSt. Jacobi Göttingen

Franz SchmidtDas Buch mit sieben SiegelnOratorium nach der Offenbarung des Johannes

Herbert Lippert (Tenor, Johannes)

Traudl Schmaderer (Sopran), Nicole Dellabona (Alt)

Andreas Wagner (Tenor), Konstantin Heintel (Bass)

Martin Sander (Orgel)

Kantorei St. Jacobi

Göttinger Symphonie Orchester

Leitung: Stefan Kordes

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Das Buch mit sieben SiegelnEinführung von Franz Schmidt zur Uraufführung am 15. Juni 1938

Meines Wissens ist mein Versuch, die Apokalypse zusammenhängend zu vertonen, der erste, derbisher unternommen wurde; einzelne dazu besonders geeignete Stellen wurden allerdings schonwiederholt komponiert. Als ich an diese Riesenaufgabe herantrat, war mir klar, dass dieVoraussetzung dazu darin lag, den Text auf eine Form zu bringen, die alles Wesentliche womöglichdem Wortlaute nach beibehielt und dabei die geradezu unübersehbaren Dimensionen desWerkes auf durchschnittlichen Menschenhirnen fassbare Maße brachte. Dabei sollte der Bau inseinen äußeren Umrissen und inneren Zusammenhängen intakt bleiben. Mit Ausnahme desUmstandes, dass ich die Briefe des Johannes an die sieben Gemeinden zu einerBegrüßungsansprache vereinigte, hielt ich mich zunächst ganz an das Original; die Berufung desJohannes durch den Herrn, sein Erscheinen vor dem Thron, die Huldigungszeremonie, das Buch inder Hand des Herrn, die Vision des Lammes, das Entgegennehmen des Buches durch das Lamm,all dieses ist beinahe im Wortlaut dem Original nachgebildet. Der anschließende kurzeDankgottesdienst rundet den Akt zu einem „Prolog im Himmel“ ab.

Der nun folgende Teil des Werkes bringt die Lösung der ersten sechs Siegel durch das Lamm: dieGeschichte der Menschheit wird vorauserzählt. Nach segens- und hoffnungsreicher Ausbreitungder christlichen Heilslehre durch den weißen Reiter ( Jesus Christus) und seine himmlischenHeerscharen verfällt die Menschheit in Nacht und Wirrsal; der blutrote Reiter überzieht die Weltmit seinen höllischen Heerscharen und stürzt die Menschheit in den Krieg aller gegen alle. Derdritte (schwarze) und der vierte (fahle) apokalyptische Reiter führen weiterhin die Folgen desWeltkrieges vor: Hungersnot und Pest. Die Menschheit ist zum größten Teil zugrunde gegangenund in Verzweiflung versunken: nur ein kleiner Rest hält noch am Glauben fest. Beim Aufbrechendes fünften Siegels treten die Seelen der Glaubensmärtyrer und anderer Opfer menschlicherVerbrechen in Erscheinung. Sie rufen nach Gerechtigkeit und Vergeltung. Der Herr heißt sie nochausharren und verspricht ihnen Gerechtigkeit am Tag des großen Gerichtes. Da der größte Teilder noch übrigen Menschheit auch weiterhin in Sünde und Verstocktheit verharrt, vertilgt sie derHerr durch Erdbeben, Sintflut und Weltbrand, was durch das Aufbrechen des sechsten Siegelsoffenbar wird.

Damit schließt der erste Teil. Die sich hier ergebende Zäsur bot die einzige Gelegenheit, das imOriginal nunmehr wie ein Ozean alles überflutende Material in eine vertonbare Form zu bringen.Johannes führt nämlich von hier aus an in zahllosen Varianten und Wiederholungen vonGleichnissen und Bildern in ungeheurer Steigerung seinen Kampf gegen den Sündenpfuhl Babylon(gemeint ist das damalige kaiserliche Rom) bis zu dessen völliger Vernichtung, um den endgültigenSieg des Christentums in der Vision vor dem neuen Jerusalem aufzuzeigen und zu verherrlichen.Ich habe es nun gewagt, die beiden ersten Faktoren der Antithese Babylon-Jerusalem, Heidentum-Christentum, Verworfenheit-Tugendhaftigkeit usw. samt allem darauf bezüglichen Materialauszuscheiden. Die fundamentale Antithese hat dadurch meinem Empfinden nach an Kraft undBedeutung nichts eingebüßt. Dafür aber wurde durch die enorme Abbürdung von Material derBau eines proportionierten zweiten Teiles, und zwar ganz im Sinne des Originals, möglich.

Der zweite Teil beginnt mit der großen Stille im Himmel, die beim Öffnen des siebenten Siegelseingetreten ist. Während dieser Stille erzählt uns Johannes gleichsam in Parenthese die Geschichtedes wahren Glaubens und seiner Kirche von der Geburt des Heilands angefangen, von ihrenKämpfen gegen die Anhänger des Teufels und deren falsche Lehren und von ihrem endgültigenSieg. Nach dem großen Schweigen im Himmel, das bis an das Ende aller irdischen Zeit während

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anzunehmen ist, rüsten die sieben Posaunenengel zum Blasen des schauerlichen Appells für dasJüngste Gericht. Über dieses selbst berichtet Johannes wie im Original nur ganz kurz, um aberumso eindringlicher darzulegen, dass die Weltenwende angebrochen sei, dass nunmehr eine neueErde jene trage, die das ewige Leben haben und dass ein neuer Himmel über ihnen blaue. Und derHerr spricht zu den Geläuterten, dass er mit ihnen wohnen wird und sie seine Kinder sein werdenund er ihr Vater. Nachdem die Geläuterten dem Herrn mit Hallelujah gedankt und gehuldigt haben,schließt Johannes seine Offenbarung mit einer kurzen erläuternden Abschiedsansprache ab.

Ich habe mich also, mit Ausnahme der oben einbekannten Elision, genau an das Original gehaltenund habe zum Werk einzig vom Standpunkte des tiefreligiösen Menschen und des Künstlers ausStellung genommen. Diese Stellungnahme mag auch manche Freiheit in der Auffassung erklären;so zum Beispiel, dass ich Johannes, der zur Zeit der Abfassung der Apokalypse ein hochbetagterGreis war, als jungen Mann auffasse und komponiere, dessen Musik mit dem Temperament einessolchen interpretiert.

Über die Musik selbst seien mir lediglich einige das Formale betreffende Bemerkungen gestattet.Da der Text die Funktion hat, das Knochengerüst der Komposition abzugeben und somit nicht nurdie äußeren Konturen des Werkes bestimmt, sondern auf das Wachstum aller seiner Organemaßgebenden Einfluss nimmt, so erscheint die vokale Komponente des Werkes als die primäreseiner Gesamtentwicklung. Ich war nun bestrebt, von diesem Gesichtspunkte aus diekünstlerischen Aufgaben auf alle am Aufbau des Werkes mitarbeitenden Kräfte in möglichstgleichem Maße zu verteilen. Daraus folgt zum Beispiel, dass dem Orchester zwar durchaus keineuntergeordnete, aber auch keine prävalierende Rolle zufällt. Es begleitet durchgehend imhochdramatischen Stil, hat auch gelegentlich tonmalerische Aufgaben zu lösen; dagegen hat eskeine selbständigen symphonischen Sätze wie Vor- und Zwischenspiele auszuführen; diese habeich vielmehr der Orgel zugeteilt, die in diesem Werke grundsätzlich als souveräner Klangkörperbehandelt wird und nicht etwa bloß im Orchester mitwirkt.

Die Disposition der Gesangpartien ist in großen Zügen folgende: Johannes, der zwischen denbeiden musikalisch gleichlautenden Ansprachen (Begrüßung und Abschied) seine Offenbarungvorträgt, wird darin von den vier Solisten und den Chören, die teils als handelnde Personen, teilsals Miterzähler eingreifen, unterstützt. Von den Solopartien ist die Stimme des Herrn (Bass) dieprominenteste. Sie ertönt dreimal: gleich zu Anfang zu Berufung des Johannes, dann im ersten Teilzur Besänftigung des Aufruhrs im Himmel und endlich im zweiten Teil zur Verkündigung der Heils-und Gnadenbotschaft. Außer diversen Quartett- und Ensemblesätzen (als Engel und dergleichen)haben die Solisten im ersten Teil zwei Duoszenen auszuführen, und zwar die der Mutter undTochter (Sopran und Alt) und die der beiden Überlebenden auf dem Leichenfelde (Tenor undBass). Die Chöre, über das ganze Werk verteilt und verschiedenartig beschäftigt, haben folgendewichtige selbständige Sätze auszuführen: Im Prolog die Vision des Lammes (mit Tenor-Solo),weiterhin Schlusschor. Im ersten Teil: „Der König der Könige“; der Krieg; der Aufruhr im Himmel;der Weltuntergang. Im zweiten Teil: Der Appell zum Jüngsten Gericht (Quadrupelfuge) undendlich das Hallelujah.

Diese knappen Andeutungen dürften genügen, um das Verstehen des Werkes beim ersten Hörenzu erleichtern; und wenn es meiner Vertonung gelingt, diese beispiellose Dichtung, derenAktualität jetzt, nach achtzehneinhalbhundert Jahren, so groß ist wie am ersten Tage, dem Hörervon heute innerlich nahe zu bringen, dann wird dies mein schönster Lohn sein.

Franz Schmidt

Dauer der Aufführung etwa 1 ¾ Stunden, keine Pause

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Franz Schmidt : Das Buch mit sieben Siegeln(1874-1939) (1935-1937)Text des Oratoriums und Versuch einer Gliederung

Erster Teil

Prolog: Die Begrüßungsansprache des Johannes an die Gemeinden

Gott beruft Johannes

DieThronvision des Johannes

Lobgesang vor GottesThron

Das Buch mit den sieben Siegeln

Johannes

Die Stimme des Herrn

Johannes

Die vier lebenden Wesen

Johannes

Die Ältesten

Soloquartett und Chor

Johannes

Ein EngelJohannesMehrere EngelJohannes

Johannes

ChorJohannesChorJohannesChor

Gnade sei mit euch und Friede von dem, der da ist und der da war und der da kommt. Und vonJesu Christo, welcher ist der Erstgeborene und der Fürst der Könige auf Erden. Der uns geliebet hat undgewaschen von den Sünden mit seinem Blut. Und hat uns zu Priestern gemacht vor Gott und seinem Vater.Demselbigen sei Ehre und Gewalt von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen. (Offenbarung 1 )

Ich bin das A und das O, der Anfang und das Ende, der Erste und der Letzte.Komm her! Komm herauf, ich will dir zeigen, was nachher geschehen muss. (22 ; 4 )

Und eine Tür ward aufgetan im Himmel. Und siehe, ein Thron stand da im Himmel, und auf demThron saß Einer; und der da saß, war gleich anzusehen wie der Stein Jaspis und Sarder. Und ein Regenbogenwar um den Thron, gleich anzusehen wie ein Smaragd. Und um den Thron waren vierundzwanzig Stühle.Und auf den Stühlen saßen vierundzwanzig Älteste, mit weißen Kleidern angetan, und hatten auf ihrenHäuptern goldene Kronen. Und von dem Thron gingen aus Blitze, Donner und Stimmen. Und sieben Fackelnmit Feuer brannten um den Thron, welches sind die sieben Geister Gottes. Und vor dem Thron war eingläsern Meer gleich dem Kristall. Und um den Thron vier Wesen; das erste war gleich einem Löwen, daszweite gleich einem Kalbe, das dritte hatte ein Antlitz wie ein Mensch, und das vierte Wesen war gleich einemfliegenden Adler. Und die Wesen gaben Preis und Ehre und Dank dem, der da auf dem Throne saß. (4 )

Heilig, heilig ist Gott, der Allmächtige, der da war und der da ist und der dakommt. Der Herr ist heilig. (4 )

Und die vierundzwanzig Ältesten fielen nieder und legten ihre Kronen vor den Thron undsprachen: (4 )

Herr, du bist würdig, zu nehmen allein Preis, Ehre und Macht. Denn du hast alle Dingegeschaffen und durch deinen Willen haben sie ihr Wesen und sind geschaffen.

Heilig ist der Herr, Gott der Allmächtige, der da war und der da ist und der dakommt. Amen! (4 )

Und ich sah in der rechten Hand dess´, der auf dem Throne saß, ein Buch. Ein Buch,beschrieben inwendig und auswendig und versiegelt mit sieben Siegeln. Ein Engel rief:

Wer ist würdig, zu nehmen das Buch und seine Siegel zu brechen? (5 )Und andere Engel riefen:

Wer ist würdig, zu nehmen das Buch und seine Siegel zu brechen?Und niemand im Himmel, noch auf Erden, noch unter der Erde konnte das Buch nehmen und

auftun, noch drein sehen.

Nun sah ich, und siehe, mitten vor dem Throne und den vier Wesen und inmitten der Ältestenein Lamm stehen. (5 ; 5 )

O sehet! Dort mitten vor dem Throne und den vier Wesen und inmitten der Ältesten ein Lamm!Ein Lamm, wie es geschlachtet wäre.

Wie es geschlachtet wäre.Es hat mit seinem Blute uns erlöst.

Mit seinem Blute uns erlöst, aus vielerlei Geschlecht und Zunge, Volk und Landen. (5 )

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Das Lamm

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Das Lamm nimmt das Buch - Lobgesang

Das erste Siegel: Der Reiter auf dem weißen Ross

Das zweite Siegel: Der Reiter auf dem roten Ross

Das dritte Siegel: Der Reiter auf dem schwarzen Ross

Johannes ’

ChorJohannes

Chor und Soloquartett

JohannesChorJohannes

Chor „ ”„ ”

Johannes

Krieger

Frauen

Krieger

,

Frauen

Johannes

Johannes

Und das Lamm trat heran an den Thron und nahm das Buch aus der rechten Hand dess , der aufdem Throne saß.

Und das Lamm, es nahm das Buch aus der rechten Hand des Herrn.Und als es das Buch nahm, da fielen die vier Wesen und die Ältesten nieder vor das Lamm und

hatten ein jeglicher Harfen und goldene Schalen voll Räucherwerk; dieses sind die Gebete der Heiligen;und ich hörte die Stimme vieler Engel, und ihre Zahl war vieltausendmal tausend. Und sprachen undsangen:

Du bist würdig, zu nehmen das Buch, denn du hast die Macht, seine Siegel zubrechen. Du ließest dich schlachten und hast uns erlöset. Herr, o Herr, der du sitzt auf dem Thron, dir seiLob und Ehre in Ewigkeit! Du hast uns zu Priestern gemacht und zu Königen, zu einem Reich. Wir werdenherrschen. Dir, o Herr, und dem Lamm sei Gewalt, Macht, Ehre und Lobpreis in Ewigkeit! Amen! (5 )

Und als das Lamm der Siegel erstes auftat, hörte ich eine Donnerstimme rufen:Komm, komm, komm!

Ein weißes Ross! Und der darauf saß, hatte einen Bogen und ihm ward gegeben eine Krone. Undals Sieger zog er aus und um zu siegen. Und in Gerechtigkeit richtet und streitet er.

Der Herr! Der König der Könige! Der Herr der Herren! Sein Name heißt: Das Wort Gottes . Erwird auch genannt: Treu und wahrhaftig . Seine Augen sind wie eine Feuerflamme, und auf seinemHaupte viele Diademe. Und bekleidet mit einem Gewande, getränkt mit Blut. Er selbst wird die Herde derVölker weiden mit eisernem Stabe. Und er wird treten die Kelter des Glühweines des Zornes Gottes desAllmächtigen. Der König der Könige! Der Herr der Herren! Als Sieger zieht er aus, um zu siegen im Namendes Herrn. Die himmlischen Heerscharen folgen ihm auf weißen Rossen, in weißem Linnen. Sie ziehenaus mit ihm zum Sieg. (6 ; 19 )

Und als das Lamm der Siegel zweites auftat, kam ein anderes, ein feuerrotes Ross hervor; dem,der darauf saß, war gegeben, den Frieden wegzunehmen von der Erde, so dass die Menschen einandermordeten; und es war ihm gegeben ein großes Schwert. (6 )

Tötet, erwürget, erschlaget den Feind! Ermordet, vernichtet, erschlaget den Feind! Schonetniemand, zerstöret, verwüstet. Verschonet nichts, was euer Arm erreicht! Schlagt um euch! Mordet!Zündet an! Plündert! Schonet das Kind nicht im Mutterleib! Seid stark!

Schonet uns Mütter! Wir sind Mütter! Schonet uns und unsere Kinder! Ach, habt Erbarmen!Gnade für unsere Kinder! Ach, ihr armen Kleinen! Erbarmen! Verschonet die Kinder, verschonet dieKleinen!

Heulende Weiber! Ihr seid des Todes! Ihr und eure Brut! Ihr alle! Nein! Keine Gnade euch!Ihr, die ihr heiter und sorglos und glücklich und reich waret, dem Tode verfallen seid ihr Heulenden!Tötet sie alle, die reich und glücklich gewesen! Vernichtet alles, was Menschen erzeuget! Verwüstet,zerstöret, was Reichtum geschaffen! Das Plündern, das Rauben das Morden ist Rache und Lust! Herrlichist der Krieg! Werft euch auf den Feind! Zündet an! Das Brennen, das Plündern, das Morden istRache! Das Rauben, das Morden hat niemals ein Ende!

Hat unser Elend niemals ein Ende? O Gott, höre unser Jammergeschrei! Gott, siehe unsere Not!Sieh' unser Elend! Ach, hat denn der Jammer kein Ende? O Jammer! O Elend! Und niemals ein Ende?Niemals? Nie? Wehe! Erbarmen! O hat denn das Elend kein Ende?

Der Reiter auf feuerrotem Ross! Und die Hölle folgte ihm nach.

Und als das Lamm der Siegel drittes auftat, sah ich ein schwarzes Ross, und der darauf saß, hatteeine Waage in der Hand und sprach:

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Orgelsolo

Zweiter Teil: Die sieben Siegel

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Der Schwarze ReiterTochter und Mutter

Frauen

Johannes’

Zwei Überlebende

Johannes

Chor

Johannes

Die Stimme des Herrn

Johannes

Chor

Johannes

Johannes

Ein Maß Weizen und drei Maß Gerste für euch alle. (6 )Mutter, ach Mutter! O siehest du nicht, wie ich sterbe vor Hunger? Ach, hast

du kein Brot? Wehe! Woher soll uns kommen da Brot, da die Felder verwüstet, die Männer tot sind?Vater, o Vater im Himmel! Warum suchst du heim uns so schrecklich mit Hunger und Not? Sündig,ja sündig sind viele und schlecht, unbekehret und ungläubig bis in den Tod. Uns, die wir tragen deinSiegel auf unserer Stirne, auch uns trifft dein furchtbarer Zorn? Ihr Schwestern, seid standhaft imLeiden! Denn harren wir aus, ist der Sieg uns gewiss!

Schwestern und Kinder! Seid standhaft im Leiden! Denn harren wir aus, ist der Sieg uns gewiss!

Und als das Lamm der Siegel viertes auftat, da sah ich, und siehe, ein fahles Ross! Und derdarauf saß, dess Name war der Tod. Und das Totenreich folgete ihm nach. (6 )

Was ist es, das sich da regt? Ein Mensch, wie du, wenn du ein Mensch bist. Ein Bruder?Im Tode sind wir alle Brüder. Ja, noch leben wir; doch nichts mehr lebet außer uns. Siehst im Nebel du dasfahle Ross? Das Ross? Es hinkt und lahmt auf endlosem Leichenfeld umher. Der Tod reitet darauf. Ihm undseinen Brüdern, dem Reiter auf feuerrotem Ross und dem Reiter auf schwarzem Ross, ward die Machtgegeben, zu morden die Menschen durch das Schwert, durch Hunger, durch die Pest und die wilden Tiereder Erde. (6 ) Doch verhieß uns der Herr: „Wer aber ausharrt bis ans Ende, der wird gerettet werden.“

Und als das Lamm der Siegel fünftes auftat, da sah ich unter dem Altar die Seelen derer, diegemordet waren um der Worte Gottes willen und um des Zeugnisses willen, daran sie festhielten. Und siesprachen:

Herr, du heiliger und wahrhaftiger, bis wann denn richtest du und rächest unser Blut an denen, die aufder Erde wohnen? Herr, bis wann richtest du?

Und es wurde ihnen einem jeglichen gegeben ein weißes Kleid, und der Herr sprach zu ihnen:

Ruhet noch und wartet eine kleine Weile, bis dass eure Zahl voll ist und eureMitknechte und Brüder zu euch kommen, die auch getötet werden, gleich wie ihr. Dann will ich richtenund rächen euer Blut an denen, die auf der Erde wohnen und die gesündigt haben an euch! (6 )

Und ich sah, dass das Lamm der Siegel sechstes auftat; und siehe, es entstand ein großesErdbeben. (6 )

Die Erde wankt! Es schwankt der Boden! Entsetzen! Wehe! O seht, der Mond ist rot wie Blut! Einfürchterlicher Sturm! Schreckliches Brausen! Es fallen die Bäume! Es brennet der Wald! Ach, wie glühet dieLuft! Seht! Die Sterne fallen auf die Erde! Sie fallen wie die Früchte des Feigenbaumes, den der Sturmrüttelt. Welch grausiger Hagel! Es schwillt das Meer und steiget immer höher und höher noch! Rettet euchin die Berge dort! O welch grauenvolle Finsternis! Die Sonne geht auf, und dennoch wird es nimmer helle!Denn seht, die Sonne ist schwarz wie ein härener Sack, wie ein Bußkleid. Und der Himmel schwindet, erschwindet dahin. Rennet und fliehet! O Schrecken! Grauen! Der Tag des Zornes ist da, des Zornes desHerrn der Herren und des Lammes! Ihr Berge, fallet über uns und verberget, ach, verberget uns vor demAngesicht des Herrn der Herren! Denn gekommen ist heute der Tag seines Zornes! O sagt, wer kann dabestehen? (6 )

Nach dem Auftun des siebenten der Siegel war aber ein großes Schweigen im Himmel. Daerschien ein großes Zeichen am Himmel.

Ein Weib, umkleidet mit der Sonne, den Mond unter ihren Füßen, und auf ihrem Haupte eine

5, 6, 8

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8

9-11

12

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Das vierte Siegel: Der Reiter auf dem fahlen Ross

Das fünfte Siegel: Die Märtyrer

Das sechste Siegel: Naturkatastrophen

Das siebte Siegel: Das große Schweigen

Gottes Antwort

Orgelsolo

Dritter Teil

Die schwangere Frau

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Krone von zwölf Sternen. Sie war gesegneten Leibes und sollte gebären. Und ein anderes Zeichen erschienam Himmel: Ein großer, feuerroter Drache. Der hatte sieben Köpfe und darauf sieben Diademe. SeinSchwanz fegte die Sterne vom Himmel und warf sie auf die Erde. Aber der Drache trat vor das Weib, dasdaran war, zu gebären, damit, wenn sie geboren hätte, er ihr Kind verschlänge.

Und sie gebar einen Sohn, ein Knäblein. Und das Kind ward entrücket zu Gott und auf seinenThron erhoben. Das Weib aber floh in die Wüste: Dort ist eine Stätte, die Gott selbst bereitet hat, auf dasssie dort ernähret würde. Das Knäblein im Himmel aber sollte dereinst alle Völker weiden mit eisernem Stabeund beschützen sie vor dem Bösen und kämpfen und streiten für sie und als Sieger kehren heim. (8 ; 12 )

Und als die große Stille im Himmel vorüber war, sah ich sieben Engel vor dem Throne Gottesstehen und es wurden ihnen gegeben sieben Posaunen. Und die sieben Engel rüsteten sich zum Blasen.Und eine jegliche der Posaunen verkündete viel Wehe über die Welt und über die Menschen. (8 )

Die Posaune verkündet großes Wehe: Regen von Blut und Feuer stürzt auf euch. (8 )So bestraft Gott der Herr die sündige Menschheit.

Hört, ein anderes Wehe: Ein glühender Berg ward ins Meer geworfen und alleSchiffe sind vernichtet; und alles Leben erlischt darin, denn das Wasser ist zu Blut geworden. (8 )

Großer Gott, gerecht sind deine Gerichte.

Hört, ein drittes Wehe: Es fällt ein brennender Stein vom Himmel auf die Erde,dess´ Name heißt Wermut. Er fällt auf Quell' und Fluss. Und alle Wasser werden bitter, werden zuWermut. Und wer da trinket von dem Wasser, stirbt davon. Die Menschen sterben davon. (8 )

Herr, gerecht wahrhaftig ist deine Strafe.

Wehe euch! Das vierte Wehe: Sonne, Mond und Sterne sind erloschen, denngetroffen hat sie Gottes Zorn. Fürchtet Gottes Zorn und des Herrn Gerichte! (8 )

Getroffen hat sie Gottes Zorn. Hört! Die fünfte Posaune! Der fünfte Engel bläst! Das fünfte Wehe!Die Posaunen künden euch das Gericht Gottes, des Herrn. Die Posaunen verkünden Gottes Strafefür die Sünden dieser Welt. Seht, der Stern, der auf die Erde gefallen war, schlug einen tiefen Schachtzum Abgrund! Und aus dem Abgrund steigt schwarzer Rauch empor; daraus kommen Heuschreckenohne Zahl und peinigen die Menschen wie Skorpione. Die Menschen suchen alle nur noch den Tod,doch finden sie ihn nicht! (9 )

Die Geburt

Michaels Kampf mit dem Drachen, Sieg über den Drachen

Johannes

Johannes

AltsoloChor

Alt- und Tenorsolo

Chor

Bass-, Alt- und Tenorsolo

Chor

Soloquartett

Chor

1 1-6

2, 6

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1-3, 6

Johannes

e

Im Himmel aber erhob sich ein großer Streit. Michael und seine Engel kämpften gegen denDrachen. Auch der Drache kämpfte und seine Engel, doch vermochten sie nicht zu siegen. Geworfenwurde der Drache, der große, die alte Schlange, die da heißet der Teufel und Satan, der die ganze Weltverführet, geworfen wurde er und s ine Engel auf die Erde. Und ihre Stätte ward nicht mehr gefunden imHimmel. Und da der Drache sah, dass er auf die Erde geworfen war, verfolgete er das Weib, das den Sohngeboren hatte, und führte Krieg mit ihren übrigen Nachkommen, die da halten die Gebote Gottes und diedas Zeugnis Jesu Christi haben. Dem Drachen folgeten alle, deren Namen nicht geschrieben sind imLebensbuch des Lammes von Anbeginn der Welt. Ich sah den Himmel aufgetan, und er, der Reiter aufweißem Ross, der König der Könige, der Herr der Herren, das Wort Gottes, erschien, gefolgt von denhimmlischen Heerscharen. Und alle, die dem Drachen gefolgt waren, sie alle wurden getötet. Ein Engelaber stieg vom Himmel nieder. Der hatte den Schlüssel zum Abgrund und eine große Kette in der Hand.Und er ergriff den Drachen, die alte Schlange, die da heißet auch der Teufel und Satan, und band ihn fürtausend Jahre. Und warf ihn in den Abgrund und verschloss und versiegelte ihn über ihm, dass er nichtmehr verführen sollte die Völker der Erde. (12 ; 20 )7-8 1-3

Die sieben Posaunen

Der erste Posaunenruf ertönt

Der zweite Posaunenruf ertönt

Der dritte Posaunenruf ertönt

Der vierte Posaunenruf ertönt

Der fünfte Posaunenruf ertönt

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Der sechste Posaunenruf ertönt

Der siebte Posaunenruf ertönt

Chor Höret! Der sechste Engel bläst! Gottes, des Herrn Gericht! Gottes Zorn vernichtet euch! Denn ihrfolgt alle dem Bösen nur. O Not! Die Engel, dort wachend am Euphratstrom, sie wurden abgelöst undführen Millionen Reiter zum Kampfe gegen euch. Die Reiterschar, die von den Engeln dort amEuphratstrom befehligt wird, sie stürmt dahin, um euch und alles Volk zu töten und zu vernichten. DasGericht Gottes kommt über dich, sündige Menschheit! Für euch ist keine Frist; es wird keine Zeit mehrgeben, und wenn der siebente Engel seine Stimme erhebt und die Posaune bläst, Gottes Geheimnis wirddann vollendet sein, wie er es seinen Propheten als frohe Botschaft verkündet hat. (9 ; 10 )13, 15-16 6-7

Chor

Johannes

Die Stimme des Herrn

Chor

Männerchor

Johannes

Chor

Nun sind die Reiche dieser Welt unseres Herrn geworden! Er wird herrschen von Ewigkeit zuEwigkeit! Gott der Herr regiert die Welt! Ewig ist seine Gewalt über alles. Sein Reich ist überall. Gott hat dieHerrschergewalt über alle Reiche dieser Welt an sich genommen. Gott untertan sind alle Reiche dieserWelt und seine Herrschaft währet ewig. Gottes Gebot herrschet ewiglich! Singet sein Lob! Preiset Gott!Singet sein Loblied! Singet Lob und preiset Gott den Herrn! (11 )

Vor dem Angesichte dessen, der auf weißem Throne saß, flohen die Erde und der Himmel undkeine Stätte ward für sie gefunden. Und das Meer und der Hades gaben die Toten heraus, die in ihnenwaren. Und alle Toten, groß und klein, standen vor dem Thron. Und Bücher wurden aufgeschlagen und dieToten wurden gerichtet nach dem, was da in den Büchern aufgeschrieben stand, nach ihren Werken. Undein anderes Buch ward aufgeschlagen, das ist das Buch des Lebens. Wer aber nicht gefunden wurdeaufgeschrieben im Buch des Lebens, ward in den Feuersee geworfen. Das aber ist der zweite Tod, derFeuersee. (20 ) Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde und alle, die im Buche des Lebensaufgeschrieben waren und die nun das ewige Leben haben. Und ich hörte eine Stimme vom Throne hersprechen: (21 )

Ich bin das A und das O, der Anfang und das Ende, der Erste und der Letzte. Ich willden Dürstenden geben von den Wasserquellen des Lebens. Sehet das Zelt Gottes mitten unter denMenschen! Er wird bei ihnen wohnen und sie werden sein Volk sein. Er wird abwischen alle Tränen vonihren Augen, und das Leid und der Tod wird nicht mehr sein; denn das Erste ist vergangen. Seht, ich machealles neu! Und wer überwindet, soll es zum Erbe empfangen, und ich werde sein Gott sein und er wird meinSohn sein. (22 ; 21 )

Hallelujah! Hallelujah! Danket dem Herrn! Seine Huld und Gnade währet ewig! Amen!Hallelujah! Hallelujah! Wohl denen, die ohne Tadel im Gesetze wandeln! Amen!Hallelujah! Hallelujah! Herr, hilf, o Herr! Denen, die da ausgeharret haben! Amen!Hallelujah! Hallelujah! Lobet den Herrn! Preiset ihn und danket für seine Gnade! Amen!Hallelujah! Hallelujah! Denn seine Gnade und Weisheit leuchtet allen Wesen! Amen!Hallelujah! Hallelujah! Hoch ist der Herr über alle Völker, alle Menschen! Amen!Hallelujah! Hallelujah! Preiset, ihr Engel, den Herrn und lobet den Namen Gottes! Amen!Singet Hallelujah! Singt Lob und Dank dem Herrn und preiset seinen Namen!

Wir danken dir, o Herr, allmächtiger Gott, der da ist und der da war, dass du deine großeMacht an dich genommen hast und herrschest. Die Völker sind zornig geworden, da kam auch dein Zornund die Zeit, zu richten die Toten und zu geben den Lohn deinen Knechten, den Propheten und denHeiligen und denen, die deinen Namen fürchten, den Kleinen und den Großen. Aber auch zu verderbenjene, die die Erde verderbet haben. (11 )

Ich bin es, Johannes, der all dies hörte und sah und der es euch nun offenbart. Hört auf meineWorte! Sie sind wahr und zuverlässig, denn Gott, der Herr der Geister, zeigte seinem Knecht, zeigte demPropheten alles, was in Bälde muss geschehen. Und wahrlich selig, wer die Worte versteht des Propheten!Bewahret die Weissagung! Und die Gnade Gottes, des Herrn, sei mit euch allen! Amen!

Amen! (22 )

15, 17

11-15

1, 3

13 3-7

17-18

6-8; 21

Das jüngste Gericht

Lobgesang der Auserwählten

Epilog: Schlusswort des Johannes

und die neue Welt

Schlussansprache Gottes

Gregorianisches Gebet

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Metha und Seiji Ozawa zusammen. Zu den Höhepunkten der Saison 2008/2009 gehörenEinspielungen und Konzerte mit Nikolaus Harnoncourt und dem Concentus Musicus, mitRiccardo Muti und dem Bayrischen Radiosymphonieorchester sowie dem Orchester MaggioMusicale Florenz, mit Fabio Luisi und der Staatskapelle Dresden, mit Daniele Gatti und demOrchestre National de France, mit Franz Welser Moest und den Wiener Philharmonikern.

Der Österreicher zählt zu den gefragten Tenörenunserer Zeit, er musiziert mit den wichtigsten Orchestern und singtauf den bedeutendsten Bühnen der Welt.Herbert Lippert war Solist bei den Wiener Sängerknaben, studierteMusik-Pädagogik an der Universität in Wien und schloss mitAuszeichnung ab. Die ersten Förderer seiner Stimme waren Sir GeorgSolti und Wolfgang Sawallisch. 1997 wurde er für die grandioseInterpretation des „David” in den „Meistersingern von Nürnberg” mitdem Grammy Award ausgezeichnet.Der Sänger arbeitet hauptsächlich mit Dirigenten wie NikolausHarnoncourt, Franz Welser-Moest, Riccardo Muti, Fabio Luisi, Zubin

Herbert Lippert

Traudl Schmaderer studierte an der Staatlichen Hochschule fürMusik in München Schulmusik mit den Fächern Klavier, Gesang undVioline. Erst nach dem zweiten Staatsexamen folgte eine privateGesangsausbildung bei Adalbert Kraus in München und Nurit Herzog-Gorén in Kassel. Sie vervollkommnete ihre Gesangstechnik u.a. beiMeisterkursen von Edith Mathis.Die Stipendiatin des Richard-Wagner-Verbandes feierte nachzahlreichen Konzert- und Oratorienauftritten in Europa 1993 mit „DieSchöpfung“ von J. Haydn ihr Debüt in den USA. Sie wirkte u.a. beiUraufführungen zeitgenössischer Musik und bei zahlreichen Rund-funk- und CD-Einspielungen mit. Sie tritt regelmäßig in den großen

Konzertsälen und Kirchen Deutschlands auf. 2005 gastierte sie in München zur Eröffnung derOpernfestspiele. Konzertreisen führten sie in viele Länder Europas wie auch in die USA und dieVereinigten Arabischen Emirate. Von 2002 bis 2007 hatte Traudl Schmaderer einen Lehrauftragan der Musikhochschule Frankfurt/Main inne.

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Nicole Dellabona wurde in Hamburg geboren und studierte dortan der Hochschule für Musik und Theater die Diplomstudiengänge Liedund Oratorium, Gesangspädagogik und Oper. Die Teilnahme anMeisterkursen bei Julie Kaufmann, Franz Grundheber, Ank Reinders undIrmgard Hartmann-Dreßler rundeten ihre Ausbildung ab. NicoleDellabona ist mehrfache Preisträgerin des Bundeswettbewerbs„Jugend musiziert“ und erhielt verschiedene Stipendien. ErsteBühnenerfahrungen sammelte sie noch im Forum der MusikhochschuleHamburg. Später folgten Gastspiele am Staatstheater Schwerin und aufKampnagel in Hamburg. Seit 2005 gastiert Nicole Dellabona immerwieder am Stadttheater Lüneburg. Nicole Dellabona lebt in

Hamburg und ist freischaffend als Opern- und Konzertsängerin mit dem SchwerpunktOratorium tätig. Ihre Lehrtätigkeit umfasst Einzelarbeit ebenso wie Stimmbildung für Chöre.Seit Sommer 2008 ist sie Dozentin für Gesang an der Schauspielschule Artrium in Hamburg.

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Andreas Wagner studierte von 1981 bis 1989 an derMusikhochschule seiner Heimatstadt Stuttgart und schloss seineGesangsausbildung mit dem Diplom bei Prof. Luisa Bosabalian undProf. Sándor Kónya ab, die kirchenmusikalische A-Prüfung beiProf.Bernhard Ader und Prof Dieter Kurz.Ein erstes Engagement führte ihn als lyrischen Tenor an dasStadttheater Würzburg. Von 1991 bis 1998 gehörte Andreas Wagnerden Wuppertaler Bühnen an, bevor er 1997 an das StaatstheaterDarmstadt wechselte. Gastspiele führten ihn außerdem nachHeidelberg, Düsseldorf, Münster, Hannover, Weimar und München,zu den Rossini-Festspielen Wildbad, den Ludwigsburger Schloss-

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festspielen, den Mai-Festspielen Wiesbaden, den Europäischen Wochen Passau, zu dem Musik-festival Athen und dem Opernfestival Ibiza.Im Rahmen seiner internationalen Konzerttätigkeit arbeitet Andreas Wagner mit Dirigenten wiePeter Schreier, Hanns-Martin Schneidt, Helmuth Rilling, Michel Corboz, Wolfgang Gönnenwein,Enoch zu Guttenberg und Marc Albrecht zusammen.

Konstantin Heintel, geb. in Bremerhaven, studierte Gesang ander Hochschule für Musik und Theater Hamburg. Zu seinenwegweisenden Lehrern zählen Tom Krause, Elisabeth Bengtson-Opitz,Ronald Balg und Nicole Dellabona. Er nahm an Meisterkursen bei JulieKaufmann, Irmgard Hartmann-Dressler und Franz Grundheber teil.Konstantin Heintel ist ein gefragter Konzertsänger. Auslandsreisenführten ihn in die Niederlande und die Schweiz, nach Frankreich,Dänemark und China. Als Opernsänger gastierte er in Berlin (Rossini /Gelegenheit macht Diebe), an der Hamburgischen Staatsoper (Lehar /Die lustige Witwe), am Landestheater Kiel (Schreker / Das Spielwerkund die Prinzessin sowie Alfano / Cyrano de Bergerac) und am Stadt-theater Lüneburg (Viva la mamma). Als freier Mitarbeiter singt er im SWR-VokalensembleStuttgart. An der Seite von Peter Schreier und Gerd Albrecht wirkte er bei der NDR-Fernsehproduktion „Musikkontakte“ mit.

Martin Sander ist als Professor für Orgel an der Hochschule fürKirchenmusik Heidelberg sowie an der Hochschule für Musik in Baseltätig. Zu seinen eigenen Lehrern in Studium und Meisterkursen zähltenUlrich Bremsteller, Harald Vogel, Luigi Ferdinando Tagliavini, FlorPeeters, Daniel Roth und Edgar Krapp.Der Gewinn mehrerer der bedeutendsten Orgelwettbewerbe u.a.Mendelssohn-Wettbewerb Berlin, ARD-Wettbewerb München,J.S.Bach-Wettbewerb

seine nahezu weltweite Konzertkarriere vor.Neben Produktionen und Konzertmitschnitten für verschiedene

Leipzig und Wettbewerb des Prager Frühlingsbereitete

deutsche und ausländische Rundfunk- und Fernseh-Anstalten spielte er etliche CompactDiscs ein.Martin Sander leitet zahlreiche Meisterkurse im In- und Ausland und ist als Juror internationalerWettbewerbe tätig.

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Franz Schmidt und sein Oratorium „Das Buch mit sieben Siegeln“Franz Schmidt wurde1874 in Bratislava (Pressburg) geboren und studierte u.a. noch bei Anton Bruckner. Derhochbegabte Musiker war Cellist bei den Wiener Philharmonikern (auch unter Gustav Mahler) undbegnadeter Pädagoge (Zitat eines Schülers: „Man brauchte nur an ihm vorbeigehen, schon war manmusikalisch.“). Er war ab 1911 Professor für Cello, Klavier und Komposition und ab 1925 Direktor derWiener Musikhochschule. Er schuf zahlreiche Orgelwerke, Opern, Symphonien und Kammermusik. Der imPrivatleben von Schicksalsschlägen getroffene Schmidt kränkelte in den dreißiger Jahren immer mehr. Nacheinem Herzinfarkt und erfolgreicher Wiederbelebung begann er - des nahen Endes bewusst - 1935 mit derKomposition seines einzigen geistlichen Werkes: des Buches mit sieben Siegeln. Die Schaffensphasen wurdenimmer wieder von Krankheit unterbrochen, aber nach zwei Jahren war das fast zweistündige Werk kurz vorseinem Tod vollendet.In Wien ist „Das Buch mit sieben Siegeln“, komponiert für den Wiener Singverein, fast ein Nationalheiligtummit regelmäßiger Aufführungstradition. Außerhalb Österreichs wird es jedoch sehr selten aufgeführt,nicht zuletzt wegen der immensen Schwierigkeiten im chorischen und instrumentalen Bereich.Schmidt kürzte den Bibeltext, stellte einzelne Abschnitte um und fügte, insbesondere bei der Beschreibungder Siegel, eigene Texte hinzu. Dabei beließ er einige der Zeitsprünge und Dopplungen des biblischenOriginals.Das Oratorium ist musikalisch in einer Bogenform komponiert. Die zu Beginn harmonische, diatonischeMusik wird beim Öffnen der Siegel immer chromatischer und expressiver und zum Ende wieder harmonisch.Das Stück ist durch die zwei Orgelsoli in drei Teile gegliedert (Schmidt sieht die ersten beiden als eineEinheit). Die Orgelsoli greifen die Musik von Chor und Orchester auf und lassen den Hörer seineneigenen Gedanken noch einmal nachhängen.

1 Prolog: Begrüßungsansprache - diatonische Melodien, begleitet von ostinaten, immer wiederkehrendenOrchestermotiven.

2 Gott beruft Johannes - von festlichen Bläsern begleitet, ähnlich, wie die Jesusworte, die in der Bach’schenMatthäuspassion von einer Streicher-Aura umgeben werden.

3 Vision des Thrones - die 7 Geister, die erste „Siebenzahl“, die in der Offenbarung so häufig vorkommt.4 Lobgesang in D-Dur (Solisten und Männerchor) - es kündigt sich schon das Hallelujah (Nr. 22) an.5 Das Buch - chromatisches, aufwühlendes Thema, rhythmisch ambivalent, in der Tiefe unheilvoll grummelnd.6 Das Lamm (G-Dur) - großer ruhiger diatonischer Abschnitt, das Lamm (Christus) beherrscht das Buch.7 Großer Lobgesang (Es-Dur) - erster ganz großer Choreinsatz mit Solisten, Abschluss des ersten Teiles.

- die vier apokalyptischen Reiter und die Naturkatastrophen

8 1. Siegel: Das weiße Ross - das Motiv des Lammes (aus 6) wird übernommen, rhythmisch pointiert undum einen Ton höher gesetzt (A-Dur): Der weiße Reiter ist Jesus Christus, das Lamm, der König der Könige.

9 2. Siegel: Das rote Ross - ständig pulsierender, aggressiver, unerbittlicher Rhythmus der Krieger (vier-stimmiger Männerchor mit chromatischem Motiv), gnadenlos gegen die Frauen (große Seufzermotive).

10 3. Siegel: Das schwarze Ross - Klagegesang von Mutter und Tochter, der Frauenchor antwortet fast tonlos.11 4. Siegel: Das fahle Ross - die Überlebenden, eine beklemmende Stimmung durch Xylophon und

Streicher, die col legno (auf Holz) spielen. Der Trost kommt gleichsam aus dem Himmel durch dasEinsetzen der Orgel.

12 5. Siegel: Die Seelen der Märtyrer - in der ersten großen Chorfuge rufen die Seelen Gott an.13 Einschub - die besänftigende Antwort Gottes mit der Bitte um Geduld.14 6. Siegel: Das Erdbeben - mit der berühmt/berüchtigten „Wasserwogenfuge“. Hier, im Zentrum des

Oratoriums, finden sich die expressivsten, harmonisch gewagtesten und zugleich gewaltigsten Stellen.

15 7. Siegel: Die Stille - weite ruhige Dreiklangsbrechungen der Streicher, ein „flirrendes“ Zeichen entsteht.16 Die schwangere Frau - die Geburt ( Jesu Christi) wird angekündigt, der Drache erscheint.

Eingangsteil

Das Herzstück: Das Öffnen der sechs Siegel

Der dritteTeil: Die Geschichte der Kirche

Orgelsolo (Das chromatische „Buch-Thema“ aus 5 - trotz des Lobgesangs steht Unheil bevor)

Orgelsolo (Das „Wasserwogen-Thema“ aus 14 - noch einmal klingen die Schrecken wortlos nach)

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Vorschau auf einige Konzerte in St. Jacobi 2009 (aktuell unter www.jacobikantorei.de)

Josef Rheinberger: Orgelkonzert g-Moll im Gottesdienst - Kammerorchester St. JacobiOrgelmusik mit Monika Henking (Schweiz) - Bach, Alain, Praetorius(17.30 Treffpunkt Orgelempore) Petr Eben (80. Geb.): Sonntagsmusik

- Kantorei St. Jacobi, Solisten, Barockorchester- Kammerchor St. Jacobi

J. S. Bach: „Christ lag in Todesbanden“ - Solisten des Kammerchores St. Jacobi

2. Sponsorenrallye „Für die Orgelpfeifen auf die Fahrradreifen“am 200. Todestag - Kantorei St. Jacobi, Barockorchester

Modest Mussorgski: Bilder einer Ausstellung für acht Klaviere und Orgel(Violoncello, Berlin) - Beethoven, Chopin, Martin

: Chorwerke, die sechs Orgelsonaten u.a.- Biederitzer Kantorei und Kantorei St. Jacobi

François Couperin: Messe für Schola und Orgel - Schola St. Jacobi

- 2 Aufführungen - Kammerchor St. Jacobi, Solisten, Göttinger Barockorchester

Orgeltranskriptionen von Richard Wagner (Walkürenritt u.a.)

Reihen: Freitags, 18 Uhr (ab März): 30 Minuten Orgelmusik - Samstags, 11.45: Trompete und Orgel

Ein herzliches Dankeschön an Vicki Bönninger, Finn Kirstein und Lars Röser für viele Einzelstimmprobensowie besonders an Kantor Arwed Henking für zahlreiche Stimmproben.Herzlichen Dank auch an Miriam Puls für das exzellente Korrepetieren während der Proben.

Wir danken unseren Unterstützern und Förderern, ohne die ein Konzert wie das heutige nicht möglich wäre:

Ev. Landeskirche, , , sowie der Schünemann-Stiftung.Danke auch den Mitgliedern des Kirchenmusikfördervereins, die durch ihr regelmäßiges Engagement unserMusikprogramm dauerhaft unterstützen.

J. S. Bach: JohannespassionH. Schütz: Johannespassion

J. Haydn: Heiligmesse

Duoabend mit Johanna HelmMendelssohn achtJ. Haydn: Nelsonmesse

Silvesterkonzert

Sa, 14.2. 18 Uhr

Sa, 25.4. 20 Uhr

Sa, 19.12. 20 Uhr

Duoabend mit Adam Czermak

J Bach:Weihnachtsoratorium

Preisträgerkonzert Jugend musiziert vom Regionalwettbewerb im Januar

(Konzertmeister GSO) - Beethoven, Gershwin

. I-III, Magnificat Es-Dur BWV 243a

So, 1.3. 10 Uhr

Fr, 6.3. 18 Uhr

Fr, 13.3. 18 Uhr

So, 22.3. 18 Uhr

Fr, 10.4. 15 Uhr

Mo, 13.4. 10 Uhr

So, 26.4. 14 Uhr

So, 31.5. 10 Uhr

Fr, 19.6. 18 Uhr

So, 27.9. 20 Uhr

Fr, 23.10. 18-23

Sa, 31.10. 20 Uhr

So, 15.11. 19 Uhr

So, 20.12. 18 Uhr

Do, 31.12. 20 Uhr

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Titelbild: Albrecht Dürer: Die apokalyptischen Reiter, 1497/98Gestaltung des Programmheftes: Hartmut Büscher, www.felipen-design.de

17 Die Geburt - die Mutter flieht mit dem Kind in die Wüste, großer G-Dur-Abschnitt entsprechend Nr. 6.18 Michaels Streit mit dem Drachen, sein Sieg - Schmidt verwendet das Lamm-Motiv aus 6 und 8, für

ihn ist es Christus, der den Drachen besiegt (B-Dur).19 Die sieben Posaunen - zunächst Anklang an die Stille (Nr. 15), dann die Posaunen (wieder die Siebenzahl!),

von c-Moll aus in vielen Anläufen zum triumphalen C-Dur (noch einen Ton höher als der Siegüber den Drachen), Übergang zum himmlischen Jerusalem mit schallenden Trompetenklängen.

20 Das Jüngste Gericht (eingeleitet durch das Posaunenthema) und ein neuer Himmel.21 Tröstende Schlussansprache Gottes (Beginn wörtlich wie 2).22 Hallelujah - in Händelscher Größe ein triumphales Hallelujah in D-Dur, der gleichen Tonart wie 4.23 Dankgebet - Schmidt nimmt sich nach allem, was geschehen ist, als Komponist zurück und greift auf

Gregorianik zurück (einstimmiger Männerchor).24 Epilog: Schlussansprache - was wir gehört haben, sind (nur) die Visionen des Johannes, die Berichte

bleiben „im Rahmen“ (d.h. gerahmt durch die musikalisch identischen Stücke 1 und 24).

So schließt sich der Bogen bei einem der für mich bedeutendsten Oratorien überhaupt. Ein sich schwererschließendes, von Visionen überquellendes Buch der Bibel wird eindrucksvoll ausgedeutet und durch dieMusik und ihre Motive interpretiert. Ein Oratorium, das gerade auch im Wissen der schrecklichen Visionenuns trotzdem immer wieder auf wunderbare Weise wie mit Balsam Trost spendet.

Stefan Kordes