Freies Zeichnen Lernheft 22 - Studienwelt Laudius · Blüten, Pflanzen und Bäume Lernheft 22 4...

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© Copyright Laudius GmbH DE-1015-00-00 Freies Zeichnen Lernheft 22 Blüten, Pflanzen und Bäume Inhaltsverzeichnis: 22.1 Einleitung ............................................................................................... 2 22.2 Blüten, Pflanzen und Bäume ................................................................. 2 22.3 Der Reichtum an Formen in der Natur .................................................. 6 22.4 Kontur und andere Methoden der Linienführung .................................. 9 22.5 Die Blütenpracht .................................................................................... 10 22.6 Selbstlernaufgaben................................................................................ 12 22.7 Zusammenfassung ................................................................................ 12 22.8 Hausaufgabe ......................................................................................... 13 22.9 Lösungen zu den Selbstlernaufgaben ................................................... 14 22.10 Anhang .................................................................................................. 15

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Freies Zeichnen

Lernheft 22

Blüten, Pflanzen und Bäume

Inhaltsverzeichnis:

22.1 Einleitung ............................................................................................... 2

22.2 Blüten, Pflanzen und Bäume................................................................. 2

22.3 Der Reichtum an Formen in der Natur .................................................. 6

22.4 Kontur und andere Methoden der Linienführung .................................. 9

22.5 Die Blütenpracht .................................................................................... 10

22.6 Selbstlernaufgaben................................................................................ 12

22.7 Zusammenfassung ................................................................................ 12

22.8 Hausaufgabe ......................................................................................... 13

22.9 Lösungen zu den Selbstlernaufgaben................................................... 14

22.10 Anhang .................................................................................................. 15

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22.1 Einleitung

In diesem Lernheft werden wir uns mit der Welt der Natur, wie Pflanzen, Bäumen und Blumen befassen. Die grundlegenden Fragen wie die der Struktur, die räumliche Darstellung sowie die Bildkomposition werden uns bei unseren Überlegungen stets begleiten. Die verschiedenen Themenkreise in der Darstellung der Natur mit ihrem unglaublichen Repertoires an Formen, verbunden mit ihrer Farbenpracht, stellen den Zeichner vor eine bemerkenswerte Herausforderung. Die gebotene Bearbeitung aller Fragen zur zeichnerischen Darstellungen der Natur ist angesichts der Mannigfaltigkeit kaum erschöpfend zu bewältigen.

Dies bleibt letztlich ihrer Initiative und Freude an diesem Thema vorbehalten. Durch Übung in der Gestaltung von Formen und dem Entdecken neuer zeichnerischer Möglichkeiten gelangen Sie zum Wesentlichen dessen, was die bildende Kunst tatsächlich ausmacht. Auch wenn nicht jede Zeichnung zur Zufriedenheit gereicht, enthält das stetige Experimentieren immer wieder Anstöße zur Weiterentwicklung der individuellen Fähigkeit und Fertigkeit.

Erklärung der Symbole

Selbstlernaufgaben Hausaufgabe

Zusammenfassung Hinweise/Tipps

Lösungen zu den Selbstlernaufgaben Notizen

Anhang

22.2 Blüten, Pflanzen und Bäume

Auf unserem Planeten befindet sich eine kaum zu überblickende Artenvielfalt an Pflanzen, von denen unser Überleben abhängt. Viele von uns sammeln, pflegen und veredeln sie für den täglichen Gebrauch und um unsere Umwelt ansehnlich zu gestalten. Etwas anderes ist es, sie auch zu zeichnen, um ihre Schönheit und die Artenvielfalt im Bild zu feiern, unsere Umgebung zu verschönern sowie unsere gestalterischen Fertigkeiten zu präzisieren.

Die Pflanzenwelt bietet nicht nur zeichnerische Ideen für dekorative Künste wie florale Ornamente, sondern lädt dazu ein, realitätsbezogene botanische Studien bzw. Illustrationen von eben diesen Formen, Farben und Schönheiten anzufertigen. Um den Gedanken nach Vielfalt der Pflanzenwelt gerecht zu werden, setzt dies sicherlich einen differenzierten Kenntnisstand und eine ausgeprägte Beobachtungsgabe voraus.

So gesehen liegt zwischen Beschäftigung mit der Botanik und der Zeichnung derselben eine enge Beziehung in der Darstellung von Formen, Farben und Texturen,

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Raumordnung und Tiefenwirkung, Ausarbeitung von Licht und Schatten, folglich die umfassende zeichnerische Auseinandersetzung mit der lebendigen Natur.

Hierbei ist grundsätzlich zu beachten, ob es sich um einen wissenschaftlichen Wert in der Zeichnung handeln soll, geprägt von Detailgenauigkeit oder um ein individuelles Abbild oder eine Interpretation der Form „Pflanze“, die womöglich in einer Abstraktion kunstvoll aufgelöst wird.

Abb. 1: Jan van Huysum (Amsterdam 1682 – 1749) Blumenstück. Kreide, Beispiel für die Darstellung eines Blumengebindes

Quelle: Koschatzky, Walter: Die Kunst der Zeichnung. Redidenz Verlag, Salzburg und Wien 1977, S. 108

Abb. 2: Ernst Ludwig Kirchner (Aschaffenburg 1880 – 1938): Blumenstillleben. Feder, aquarelliert, auf grundiertem Papier, 497 x 370 mm, Beispiel für die Abstraktion eines Blumengebindes

Quelle: ebenda, S. 306

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Abb. 3: Franz Bauer: Ein Beispiel für eine detailgetreue botanische ZeichnungQuelle: Simblet, Sarah: Zeichnen. Dorling Kindersley Verlag GmbH, Starnberg 2005, S. 48

Wir sollten beachten, dass in der zeitgenössischen Kunst eine bildnerische Ausdrucksstärke nicht unbedingt mit Detailgenauigkeit einhergehen muss. Die Ihnen bereits bekannten Merkmale aus anderen Zusammenhängen wie Dynamik, zeichnerische Konsequenz, Schnelligkeit, lockere Linienführung oder Spontanität sorgen gleichsam für die Darstellung einer lebendigen Natur, die die Energie des Wachstums widerspiegeln kann.

Diese Kriterien schaffen Stimmung und Lebendigkeit in der Zeichnung. Erinnern Sie sich an das Prinzip der Bildordnung, die mit sehr unterschiedlichen Ansätzen eine Harmonie in der Abbildung aufweisen kann.

Gewollt und bewusst gestaltet kann Disharmonie, ausgelöst durch zeichnerisch bedingte Störungen, die Aufmerksamkeit des Betrachters auf die Bildidee und den kritisch inhaltlichen Kern, zuweilen auf einen tieferen Bildzusammenhang führen. Der Betrachter soll zum Nachdenken animiert oder auch provoziert werden.

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Abb. 4: Piet Mondrian: Beispiel für eine Komposition mit kraftvollen LinienQuelle: A. a. O., S. 53

Denn nur irgendwelche botanische Zeichnungen oder das bloße Abbilden eines Baumes bzw. einer Blüte wäre zu einfach. Vielmehr sollte es sich um eine Aussage über das Motiv handeln, die sicherlich durch zeichnerisches Vermögen an Ausdruckstärke gewinnen muss. Es muss sich um die dem Zeichner eigene Vorstellungskraft und dessen Persönlichkeit drehen, die der Zeichnung Charakter sowie Originalität verleiht.

Einmal mehr kommt es sehr auf die Bildkomposition an, um Interessantes und nichtLangweiliges herauszuarbeiten. Bei der Zeichnung von Blumen und deren Blütenpracht zum Beispiel könnten Sie einige wenige deutlich herausstellen, wobei andere zurücktreten. Wenige gelangen zur Detailansicht, wieder andere geben allenfalls ihre Form zarter und unverbindlicher preis.

Die Gefahr der zu starken Konzentration z. B. auf eine Blüte oder auf alle Pflanzen, kann kompositorisch fehlgeleitet Bildteile aus dem Zusammenhang reißen. Dies trifft genauso auch auf die Gestaltung von Bäumen, Baumgruppen oder sei es das Blattwerk eines Laubbaumes zu. Es gilt enttäuschende flache Muster zu vermeiden und der ursprünglichen Inspiration und der beabsichtigten Bildaussage in der Darstellung zu folgen.

Nicht unerwähnt bleiben darf an dieser Stelle, dass die Natur – wie bereits erwähnt –nur so von Farben, Leuchtkraft und Farbklängen strotzt, die wir zu einem späteren Zeitpunkt hinsichtlich farbtheoretischer Überlegungen und Materialanwendungen näher durchleuchten werden.

Andererseits dürfen wir nicht vergessen, dass monochrome Zeichnungen von Pflanzen, Bäumen und Blüten ihren besonderen Reiz besitzen.

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22.3 Der Reichtum an Formen in der Natur

Es bleibt weiter spannend, die kompositorischen Mittel einzusetzen, um seine eigene Entstehungswelt, geprägt durch die Formenvielfalt in der Pflanzenwelt, zu schaffen. Im praktischen Studium besinnt sich der Zeichner darauf, das Zusammenspiel von Linien, Form, Farbe, Perspektive, Volumen und Bewegung als Gliederung und Merkmal im Aufbau der Naturzeichnung anzuwenden. Diese Kriterien gelten übrigens für alle Arten der künstlerischen Gestaltung von Motiven. Wir geben den Blumen, Blüten, Bäumen, eben der Pflanzenwelt, durch unsere gestalterische Fähigkeit und Fertigkeit ein Gesicht. Wir vermitteln dem Betrachter unsere Sicht der Welt und unsere Haltung, unser Verständnis und unsere Wirklichkeit.

Den Dingen Gestalt geben bedeutet im beschriebenen Sinne dem Betrachter einen persönlich sinnlichen Eindruck zu verschaffen. Wir beeindrucken durch die Schaffung einer Vorstellungswelt mithilfe von Formen aus der Natur.

Die Grundlage des zeichnerischen Gestaltens ist hierbei das Denken an den Wechselprozess zwischen subjektiver Wahrnehmung und gestalterischer Umsetzung in der Zeichnung. Wenn wir uns dieses Gedankengut vor Augen geführt haben und diese Ansicht beherzigen, kann es bei einer Zeichnung der Natur oder anderer Motive nicht mehr um das bloße Abbilden gehen. Vielmehr geht es um die schöpferische Eigen-leistung, die es zu beachten gilt, um über die Zeit in der Sammlung von Erfahrungen kontinuierlich Stufe für Stufe zur eigenen spezifischen Bildsprache und zur wiedererkennbaren Handschrift in der Zeichnung zu gelangen.

Abb. 5: Ein Beispiel eines Blumenmotivs, was sich durch die eigene Handschrift des Zeichners ausdrückt

Quelle: Parramón, José M.: Modelle zeichnen und skizzieren. Edition Michael Fischer GmbH, München 2001, S. 36

Die Frage, die sich nun aufdrängt, ist, welche Formen sind es und wie gehe ich zeichnerisch damit um? Zunächst betrachten wir die Erscheinungsweise der Oberfläche des Motivs, seien es die Blätter des Baumes, die Blütenblätter, der Baumstamm, der Blumenstengel oder was auch immer. Die Wahrnehmung und Beobachtung bezieht sich auch selbstverständlich auf die Erscheinungsweise einer Blumenwiese oder einer Baumgruppe. Betrachten Sie einmal eine Blumenwiese, wobei Sie mehr oder weniger einzelne Blüten entdecken. Die nahen Blüten erkennen Sie als ganze Form, diejenigen mit weiterem Abstand lassen Einzelheiten kaum noch erkennen. Unser Auge nimmt eine bestimmte Ordnung und Wirkung des Gesehenen

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wahr. Zu sehende Bildteile werden als Ganzheit angenommen. Sollte etwas fehlen, wird dies ergänzt. Wir erfassen das Ganze als Struktur und fügen die Dinge zusammen. Die Aufgabe des Zeichners ist nun, dem Betrachter das Gemeinte zeichnerisch verständlich zu machen.

Abb. 6: Ein Beispiel für eine reduzierte skizzenhafte Zeichnung von Formen aus der Natur

Quelle: Lorenzi, Felix: Zeichnen – aber wie. Boje-Verlag, Stuttgart 1983, S 16 ff.

Der nächste Schritt ist die räumliche Anordnung, die sich in der Gestaltung der bekannten dreidimensionalen Illusion ausdrückt. Die Pflanzenwelt mit ihren vielen Gebilden kann durch ihre großartige Beweglichkeit nach allen Seiten Formen entwickeln. Die Aufgabe des Zeichners besteht darin, den Formen der Natur nachzuspüren und seine Erkenntnis auf den Zeichengrund zu übertragen. Selbst ein Blumenfeld lässt sich als ein geometrisches, räumliches Gebilde auf die wesentlichen Grundformen reduzieren.

Abb. 7: Ein Beispiel für geometrische FormenQuelle: Autor: Blumenfeld. Neuss 2009

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Kommen wir letztlich auf das beliebte Thema „Bildkomposition“ zurück, das immer mit der Frage verbunden werden sollte: Wie verhält sich etwas zur gesamten Bildfläche?“ Jede Pflanze besitzt eine Form, sind es mehrere Pflanzen oder Blüten, ergeben diese je nach Anordnung und Zusammenspiel wieder eine Form.

Diese Tatsache muss mit dem Bildformat in ein überzeugendes Verhältnis gebracht werden. Bedenken Sie in ihren kompositorischen Überlegungen Formkontraste einzubinden, wie z. B. runde, rechteckige, quadratische, lange, breite, kugelige usw., die für einen Spannungsbogen in der Zeichnung sorgen. Die Zeichnung wird mit der Einfügung ergänzender Grundformen interessanter und abwechslungsreicher.

Zum Schluss dieses Kapitels möchte ich noch bemerken, dass die Entscheidung über das Bildformat von großer Bedeutung ist. Sie trägt wesentlich zum Gelingen der Zeichnung bei und deshalb sollten Sie sich diese Tatsache verdeutlichen. Hilfreich ist die Analyse von Arbeiten großer Meister.

Besuchen Sie mal wieder die Bibliothek. Auch ein Museums-besuch wird Sie in Ihrer Arbeit beflügeln.

Abb. 8: Beispiele für Formkontraste als Merkmale für kompositorische MerkmaleQuelle: A. a. O., S. 41 ff

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22.4 Kontur und andere Methoden derLinienführung

Mit dieser Methode bei der Zeichnung von Pflanzen, gleichgültig welcher Couleur oder Eigenschaft, geht es um die Anwendung der Umrisslinie, die bei richtigem Gebrauch die dreidimensionalen Eigenschaften der Blume, des Strauches oder eines Baumes wiedergeben kann. Die Konturlinie muss neben der Angabe von Höhe und Breite der abgebildeten Pflanze auch ihr Proportionsverhältnis bzw. ihr Volumen anzeigen.

Diese Art der Linienführung geht weg von der Fläche in die Räumlichkeit, die bei einem Baum dazu führen wird, dass dieser an Erhöhungen und Vertiefungen gewinnt. Wir ziehen die Linie um den Stamm herum, wir umfassen die Formen der Rinde und mithilfe der Schattierung die Wölbungen und etwaige Flächenanteile, die wir ggfs. über abgegrenzte Bildebenen zeichnerisch definieren. Oftmals genügen einige wenige Konturen, um den gewünschten Sinneseindruck zu vermitteln. Es sollte sich nicht darum handeln, mit einer zu kleinteiligen Linienführung die Abbildung zu überfrachten.

Abb. 9: Ein Beispiel für die Zeichnung einer Konturlinie nach einer FotovorlageQuelle: Koschatzky, Walter: Die Kunst der Zeichnung. Residenz Verlag, Salzburg und Wien

1977, S. 256

Abb. 10: Beispiel für den Zeichenverlauf von der Konturlinie zur Gestaltung des Helldunkelanteils

Quelle. ebenda, S. 262

Grundsätzlich ist es selbstverständlich erlaubt, verschiedene Materialien und Techniken miteinander zu kombinieren. Ganz im Gegenteil ist es je nach Motiv effektiv und äußerst ratsam, um die gewollte Ausdrucksstärke zu unterstützen. Im Lernheft über die Zeichentechniken mit Tusche hatte ich die Lavierung als zeichnerische Methode aufgeführt, die durchaus mit Grafit- oder Bleistift harmonieren kann. Ebenso

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können Sie mit handelsüblicher Wasser- oder Aquarellfarbe einige Bildteile mit einer Lavierung versehen, um mit einer Konturlinie Bildteile besonders hervorzuheben und zu betonen.

Natürlich ist der farbkompositorische Aspekt von Bedeutung, es sei denn, dass Sie eine monochrome Zeichnung anlegen möchten.

Abb. 11: Ein Beispiel für das Mischen von Aquarellarbe, Bleistift und Tusche unter Anwendung von Pinseln und der Lavurtechnik

Quelle: Simpson, Ian: Ravensburger Handbuch der Zeichentechniken. Urania-Ravensburger, Berlin 2000, S. 32

22.5 Die Blütenpracht

Blumen verhalten sich nicht völlig ruhig, selbst Schnittblumen in der Vase bewegen sich im Verlaufe eines Tages. Erst recht über einen längeren Zeitraum ist das Arrangement einer Blütenpracht als Motivgruppe völlig verändert. Daran sollten Sie in Ihrer Arbeitsvorbereitung denken und in Ihre Überlegungen einbeziehen. Am besten Sie legen sich auf eine Komposition fest und zeichnen auf der gefundenen Grundlage weiter.

Berücksichtigen Sie bei der Bildkomposition einzelne Details, falls es sich aufdrängt, sie zu einer komplexen Formeinheit zusammenzufügen. Wenn Sie die Blüten in ihrer Struktur und den Hintergrund komponiert haben, können Sie sich für das Hervorheben von Bildteilen entscheiden. Die Detailarbeit darf nicht die Balance und Harmonie der Abbildung zum Kippen bringen. Sicherlich sorgt der Einsatz von Farbe für den richtigen Klang und ohne eine Farbgebung der Blüten ist eigentlich die Zeichnung

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eines Blumengebindes kaum vorstellbar. Dennoch bleibe ich dabei, dass eine Bleistiftzeichnung oder sei es eine Tuschearbeit sowie Holzkohle ihren besonderen Reiz besitzt. Monochrome Zeichnungen können spannend Formen von Blumen und deren Blütenstand darstellen.

Es wird Ihnen zur Freude gereichen, die Natur als Motiv aufzugreifen, ob es sich um draußen oder drinnen mit einem eigenen Arrangement aus der Pflanzenwelt handelt. Sie werden bald feststellen, dass Sie Ihre Umwelt anders wahrnehmen und es sich lohnt, auf das große Abenteuer Naturzeichnung einzugehen. Ihnen wird nun niemals mehr ein Mangel an Motiven begegnen, da können Sie völlig sicher sein. Die zeichnerische Beschäftigung zum Beispiel mit Wildkräutern oder wild wachsenden Blumen sowie der Blumengarten sind unerschöpflich. Sie sollten sich ein kleines Skizzenbuch als Taschenexemplar anlegen, wo Sie spontane Eindrücke festhalten, die darauf warten, zu Hause ausgearbeitet zu werden. Sie werden zunehmend feststellen, dass die Pflanzenwelt zuweilen äußerst komplexe Formen hervorbringt. Hilfreich ist es, wenn Sie sich von Blüte zu Blüte und von Bildteil zu Bildteil vorarbeiten und zur Bestimmung von Proportion und Volumen die Zwischenräume genau unter die Lupe nehmen. Betrachten Sie genau das Umfeld der Pflanzen Hier kann ggfs. eine Umrisslinie selbst feinste Licht- und Schattenverhältnisse definieren. Ebenso ist es legitim verschiedene Zeichentechniken, wie z. B. eine Linienzeichnung mit einer Punktiertechnik zu verbinden, um die angestrebte Vielfalt zeichnerisch abbilden zu können. Verlieren Sie nie die Lichtverhältnisse mit Blick auf die Reflexe und die allgemeine Lichtwirkung aus den Augen. Dies gilt sowohl für eine Zeichnung von innen mit Topfpflanzen als auch für eine einladende Blumenwiese in der Abend-stimmung. Die Wirkung von Farben und deren Ausgestaltung nimmt je nach den Lichtverhältnissen völlig andere Farbverläufe in Anspruch, denen der Zeichner bei realistischer Bildgestaltung folgen sollte.

Die Zeichnung einer Blüte wie einer Pflanze insgesamt besitzt insofern auch eine Schwierigkeit darin, die Dreidimensionalität der Blütenblätter zu treffen und gleichzeitig die Textur wiederzugeben. Um diesen Gedanken aufzugreifen, sollte der Zeichner zwischen den Texturen der Blütenblätter, des Blumenstengels und der Blüten unterscheiden, indem er eine veränderte Linienführung sowie Nuancen in der Schattierung anwendet.

Abb. 12: Ein Beispiel für eine „reife“ ZeichentechnikQuelle: A. a. O., S.89

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Letztlich möchte ich daran erinnern, was allgemein für den Anfang von Zeichnungen schlechthin gelten sollte.

Unterwerfen Sie sich immer Ihrer entwickelten individuellen Systematik in der Ausarbeitung. Ich hatte es bereits mehrfach betont, dass mit einem harten Stift als Vorzeichnung begonnen wird und die vertiefende Arbeit nach und nach mit weicheren Stiften gestaltet werden sollte. Dies gilt selbst anfangs bei farblich angelegten Arbeiten, um die Verhältnismäßigkeit der Bildteile zueinander und deren Anordnung besser komponieren zu können. Experimentieren heißt hier versuchen, und zwar immer wieder, bis es harmoniert und folglich stimmt!

22.6 Selbstlernaufgaben

1. Welche Kriterien sollten bei der Zeichnung von Pflanzen beachtet werden?

2. Welche Merkmale sind geeignet Energie und Wachstum in der Natur wiederzugeben?

3. Wie kann der Zeichner sein Können und zeichnerisches Vermögen ausdrücken?

4. Wie lässt sich die zeichnerische Grundlage definieren?

5. Welche Schrittfolge kann hilfreich bei einer Naturzeichnung angewendet werden?

6. Welche Aufgaben werden in der Zeichnung mit der Konturlinie verbunden?

7. Welche Zeichentechnik ist besonders geeignet, um eine Tiefenwirkung im Sinne der Dreidimensionalität bei der Abbildung von Pflanzen und Blüten zu erreichen?

22.7 Zusammenfassung

– Die Pflanzenwelt bietet Ideen zur Zeichnung dekorativer Künste, floraler Ornamente, botanischer Studien und kunstvoller Illustrationen

– Die Zeichnung der Natur, wie zum Beispiel die Blumenvielfalt und Pflanzenwelt bedingt die Auseinandersetzung mit den Formen, von Farbgebung und -klang, Texturen, Raumordnungsprinzipien, Tiefenwirkung sowie der Licht- und Schattenverhältnisse

– Eine bildnerische Auseinandersetzung bedingt nicht automatisch eine Detailgenauigkeit

– Eine Zeichnung muss eine inhaltliche Aussage über das Motiv treffen

– Bei der Zeichnung der Pflanzenwelt ist darauf zu achten, flache Muster zu vermeiden und an der ursprünglichen Inspiration und beabsichtigten Bildaussage festzuhalten

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– Die Zeichnung von Pflanzen – wie auch aller andere Objekte und Körper –befasst sich mit dem Zusammenspiel von Linien, Formen, Farben, Perspektive, Volumen und Bewegung

– Es gilt, dem Betrachter durch die Zeichnung einen Sinneseindruck verständlich zu machen

– Die Beachtung der zeichnerischen Systematik in der Wahrnehmung der Erscheinungsweise eines Motivs, der Strukturerkennung und -wiedergabe, der Gestaltung der räumlichen Ordnung und der kompositorischen Mittel führt zur Entwicklung der eigenen Bildsprache und zeichnerischen Handschrift

– Das Bildformat ist für die Zeichnung prägend

– Die Konturlinie macht die Angaben über Höhe und Breite, räumliche Wirkung, Proportionsverhältnismäßigkeit sowie Volumen der Pflanze

– Details können zu einer komplexen Formreinheit zusammengefasst werden

– Detailarbeit sollte nicht Balance und Harmonie der Zeichnung stören

– Die Natur wirft einen hohen Grad an Farben und Formen auf, die einen umfassenden Kenntnisstand benötigen

22.8 Hausaufgabe

Wählen Sie je eine Bildgröße im DIN A3 und DIN A2 und benutzen Sie diese in Hoch-oder Querformat je nach Motivwahl. Entscheiden Sie sich in der anzufertigenden Zeichnung für einen Blickwinkel der zu zeichnenden Motive. Stellen Sie in einem Abstand von drei Metern eine Vase mit verschiedenen Blumen vor sich hin. Beachten Sie nun bei den Zeichnungen die beschriebene Vorgehensweise dieses Lernheftes. Arbeiten Sie ausschließlich mit Blei- und Grafitstiften unterschiedlichen Härtegrades. Drei verschiedene Härtegrade sollten es schon sein.

Beginnen Sie zunächst mit schnellen skizzenhaften Abbildungen des Motivs (Zeitdauer: 10 min) Fertigen Sie von dem gefundenen Motiv je zwei Zeichnungen aus unterschiedlichen Blickwinkeln an bzw. ordnen Sie die Blumen in der Vase anders an. Sie können selbstverständlich für diese Übungen auch eine Topfpflanze nutzen.

Achten Sie nun auf die Tonwertbildung, Perspektive, Größenverhältnisse, Gewichtung von Bildelementen, das Umfeld der Pflanzen, Struktur und Bildung von Formeinheiten von Bilddetails und Bildhintergrund, um zu einem „Ganzen“ und zur eigentlichen Bildaussage zu gelangen. Setzen Sie zum Schluss noch „Glanzlichter“, um einen weiteren Beitrag zur Bilddynamik zu geben. Es sollten mindestens ein, besser zwei „durchgezeichnete“ Bilder entstehen!

Viel Erfolg und Freude an der Zeichnung!

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22.9 Lösungen zu den Selbstlernaufgaben

1. Welche Kriterien sollten bei der Zeichnung von Pflanzen beachtet werden?

Lösung:

In der Darstellung der Pflanzen schenken wir Kriterien, wie Formgebung, Farbenund Textur, Gestaltung der Raumordnung und Tiefenwirkung, Ausarbeitung der Licht- und Schattenverhältnisse größte Aufmerksamkeit.

2. Welche Merkmale sind geeignet Energie und Wachstum in der Natur wiederzugeben?

Lösung:

Die bekannten Merkmale, wie Spontanität, lockere Linienführung, zeichnerische Entschlossenheit und Konsequenz, Schnelligkeit sowie Dynamik sorgen für energische Wirkung im Sinne von Bildstimmung und Lebendigkeit.

3. Wie kann der Zeichner sein Können und zeichnerisches Vermögen ausdrücken?

Lösung:

Durch seine Fertigkeit, Vorstellungkraft und kompositorische Grundlagen kann der Zeichner sein Können unter Beweis stellen.

4. Wie lässt sich die zeichnerische Grundlage definieren?

Lösung:

Eine zeichnerische Grundlage bezeichnet das Wechselspiel zwischen subjektiver Wahrnehmung und gestalterischer Umsetzung in der Zeichnung.

5. Welche Schrittfolge kann hilfreich bei einer Naturzeichnung angewendet werden?

Lösung:

Das Erfassen der Erscheinungsweise der Oberfläche, die wahrgenommene bzw. ergänzte Struktur, die räumliche Anordnung und erkannte geometrische und/oder andersartige Gebilde können zur systematischen Schrittfolge bei der Zeichen-arbeit führen.

6. Welche Aufgaben werden in der Zeichnung mit der Konturlinie verbunden?

Lösung:

Die Konturlinie definiert Höhe und Breite, Proportionsverhältnisse bzw. Volumen und ist der erste Schritt von der Flächigkeit zur Räumlichkeit.

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7. Welche Zeichentechnik ist besonders geeignet, um eine Tiefenwirkung im Sinne der Dreidimensionalität bei der Abbildung von Pflanzen und Blüten zu erreichen?

Lösung:

Die Differenzierung der Blütenblätter durch verschiedene Texturen, die in der Linienführung und Schattierung derselben ihren Ausdruck finden, kann angewendet werden.

22.10 Anhang

Quellen:

Abb. 1, 2, 9, 10:Koschatzky, Walter: Die Kunst der Zeichnung. Residenz Verlag, Salzburg und Wien 1977

Abb. 3, 4: Simblet, Sarah: Zeichnen. Dorling Kindersley Verlag GmbH, Starnberg 2005

Abb. 5: Parramón, José M.: Modelle Zeichnen und Skizzieren. Edition Michael Fischer GmbH, München 2001

Abb. 6, 8: Lorenzi, Felix: Zeichnen – aber wie. Boje-Verlag, Stuttgart 1983

Abb. 7: Autor: Blumenfeld. Neuss 2009

Abb. 11, 12: Simpson, Ian: Ravensburger Handbuch der Zeichentechniken. Urania-Ravensburger, Berlin 2000