FreiRaum 1 2014 - · PDF filePartei Waffen in ein Land geliefert werden, ... Marianne Sp h...

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Das wäre eine gute Frage an den zuständigen Bundeswehrgeneral, den Luftwaffeninspekteur. Was würde er wohl antworten? Etwa dies: Für die nächsten 20-30 Jahre bleiben diese Waffen in Deutschland. Die NATO will sie behalten, damit sich Polen und das Baltikum an die atomare Abschreckung der USA angekoppelt fühlen. Die große Koalition hat signalisiert: So- lange die NATO auf nukleare Abschreckung setzt, wird Deutschland in Nuklearfragen mitreden wol- len. Deshalb muss die Bundesrepublik auch wei- ter bei der nuklearen Abschreckung mitmachen und geeignete Träger ugzeuge bereitstellen. Wir werden auch darüber nachdenken müssen, ob es klüger ist, die Nutzungsdauer unserer nuklearfä- higen Tornado-Flugzeuge noch einmal zu verlän- gern oder gleich ein neues Flugzeug zu kaufen. »DIE ZUKUNFT TAKTISCHER NUKLEARWAFFEN IN EUROPA« Unter diesem Titel hatte die Washingtoner Denk- fabrik Stimson Center am 16. Januar in Washing- ton eingeladen. Norton Schwartz, der ehemali- ge Stabschef der US Air Force, liebt die klaren Worte. Die Modernisierung der US-Atombomben vom Typ B 61 zur B 61-12 ist aus Sicht von Ge- neral Schwartz »notwendig«. Diese Waffe sei »vom Einsatz her betrachtet« vorteilhaft, weil sie eine geringere Sprengkraft und eine höhe- re Treffgenauigkeit besitze als die bisherigen luftgestützten Atomwaffen der US-Luftwaffe. »Eine höhere Zielgenauigkeit und eine niedrigere Sprengkraft – das sind wünschenswerte Fähig- keiten. Ohne Frage«, so der ehemalige General. Die B 83, eine Megatonnenwaffe, sei zwar jünger als die B 61, »übertreffe« aber mit ihrer großen Sprengkraft die »militärischen Anforderungen«. Die Modernisierung der B 61 sei aus seiner Sicht sogar wichtiger als die geplante Entwicklung ei- nes neuen nuklearen Marschugkörpers großer Reichweite: »Ich würde die B 61 vorziehen.« EINE NEUE ATOMWAFFE Der General bestätigt damit – ganz nebenbei – den wesentlichen Kritikpunkt an der B 61-12: Die größere und exiblere militärische Nutzbarkeit der neuen Bombe bringt das Vorhaben in Wider- spruch zum Versprechen von US-Präsident Oba- ma, keine neuen und auch keine Atomwaffen mit neuen militärischen Fähigkeiten einzuführen. Gefragt, ob die Modernisierung die bestehende Waffe nur besser mache oder auch zu einer ver- änderten Zielplanung führen werde, antwortete Schwartz: »Es würde beide Effekte haben.« [ ¤ weiter auf S. 7] »Wie lange haben die US-Atomwaffen noch eine Zukunft in Deutschland?« Kumar Sundaram ist ein indischer Anti-Atom-Aktivist Er arbeitet für die Koalition für Atomwaffenabrüstung und Frieden (CNDP). Er besuchte im Februar die Konferenz in Mexiko über die humanitären Folgen von Atomwaffen. Auf seinem Heimweg besuchte er Deutschland und informierte sich in Mutlangen über unsere Arbeit für eine atomwaffenfreie Welt. Er war begeistert, dass auf dem ehemaligen Stationierungsgelände der Pershing II heute Wohnhäuser und die zweitgrößte Solaranlage Baden-Württembergs stehen. Ukraine zeigt: atomare Abrüstung ist notwendig Die Ukraine war mit über 5.000 Atomsprengköpfen nach dem Zer- fall der Sowjetunion der dritt- größte Atomwaffenstaat. Sie gab ihre Atomwaffen auf. Parlament und Präsident stimmten 1994 dem Abtransport der Atomwaffen nach Russland zu. Macher Kommentator fragt: Hat sich das gelohnt? Stellen wir uns vor, in der Ukraine würden immer noch Atomwaffen lagern. Die Situation wäre noch um einiges gefährlicher. Könnten sie genügend gesichert werden, um nicht in die Hände gewaltbereiter Gruppierungen zu gelangen? Dem Abgeordneten Mikhail Golovko der rechtsradikalen Svoboda-Partei wäre es recht, wenn die Ukraine über Atomwaffen verfügen wür- de. Er hat gefordert, die Ukraine solle ihr kerntechnisches Wissen nutzen, um Atomwaffen zu bauen. Die Svoboda-Partei ist übrigens ein Teil der Opposition, die von der EU unterstützt wurde und noch wird. Wir sollten also froh sein, dass die Ukraine atomwaffenfrei ist. Die Krise würde sonst noch unkalku- lierbarer. Darüber hinaus wäre die Situation weniger gefährlich, wenn keine der Koniktparteien Atomwaffen hätte – auch nicht die USA und Russland. Russlands Drohung, als Reaktion auf Sanktionen keine Atomwaffeninspektionen mehr zu- zulassen, greift die internationalen Sicherheitsstrukturen an. Sie weist in die falsche Richtung. Die internationale Gemeinschaft muss die richtigen Schlüsse aus der Krise ziehen. Das Verbot aller Atomwaffen gehört auf ihre Ta- gesordnung und muss umgesetzt werden, damit in zukünftigen Kri- sen niemand mehr auf die nukleare Karte setzen kann. [wsh] KOMMENTAR Für eine Welt ohne Atom- und Uranwaffen Für die friedliche Nutzung des Weltraums Nr. 1 / April 2014 13. Jahrgang Foto: Pressehütte

Transcript of FreiRaum 1 2014 - · PDF filePartei Waffen in ein Land geliefert werden, ... Marianne Sp h...

Das wäre eine gute Frage an den zuständigen Bundeswehrgeneral, den Luftwaffeninspekteur. Was würde er wohl antworten?

Etwa dies: Für die nächsten 20-30 Jahre bleiben diese Waffen in Deutschland. Die NATO will sie behalten, damit sich Polen und das Baltikum an die atomare Abschreckung der USA angekoppelt fühlen. Die große Koalition hat signalisiert: So-lange die NATO auf nukleare Abschreckung setzt, wird Deutschland in Nuklearfragen mitreden wol-len. Deshalb muss die Bundesrepublik auch wei-ter bei der nuklearen Abschreckung mitmachen und geeignete Trägerflugzeuge bereitstellen. Wir werden auch darüber nachdenken müssen, ob es klüger ist, die Nutzungsdauer unserer nuklearfä-higen Tornado-Flugzeuge noch einmal zu verlän-gern oder gleich ein neues Flugzeug zu kaufen.

»DIE ZUKUNFT TAKTISCHER NUKLEARWAFFEN IN EUROPA«Unter diesem Titel hatte die Washingtoner Denk-fabrik Stimson Center am 16. Januar in Washing-ton eingeladen. Norton Schwartz, der ehemali-ge Stabschef der US Air Force, liebt die klaren Worte. Die Modernisierung der US-Atombomben vom Typ B 61 zur B 61-12 ist aus Sicht von Ge-neral Schwartz »notwendig«. Diese Waffe sei

»vom Einsatz her betrachtet« vorteilhaft, weil sie eine geringere Sprengkraft und eine höhe-re Treffgenauigkeit besitze als die bisherigen luftgestützten Atomwaffen der US-Luftwaffe. »Eine höhere Zielgenauigkeit und eine niedrigere Sprengkraft – das sind wünschenswerte Fähig-keiten. Ohne Frage«, so der ehemalige General. Die B 83, eine Megatonnenwaffe, sei zwar jünger als die B 61, »übertreffe« aber mit ihrer großen Sprengkraft die »militärischen Anforderungen«. Die Modernisierung der B 61 sei aus seiner Sicht sogar wichtiger als die geplante Entwicklung ei-nes neuen nuklearen Marschflugkörpers großer Reichweite: »Ich würde die B 61 vorziehen.«

EINE NEUE ATOMWAFFEDer General bestätigt damit – ganz nebenbei – den wesentlichen Kritikpunkt an der B 61-12: Die größere und flexiblere militärische Nutzbarkeit der neuen Bombe bringt das Vorhaben in Wider-spruch zum Versprechen von US-Präsident Oba-ma, keine neuen und auch keine Atomwaffen mit neuen militärischen Fähigkeiten einzuführen. Gefragt, ob die Modernisierung die bestehende Waffe nur besser mache oder auch zu einer ver-änderten Zielplanung führen werde, antwortete Schwartz: »Es würde beide Effekte haben.«

[¤ weiter auf S. 7]

»Wie lange haben die US-Atomwaffen noch eine Zukunft in Deutschland?«

Kumar Sundaram ist ein indischer Anti-Atom-Aktivist Er arbeitet für die Koalition für Atomwaffenabrüstung und Frieden (CNDP). Er besuchte im Februar die Konferenz in Mexiko über die humanitären Folgen von Atomwaffen. Auf seinem Heimweg besuchte er Deutschland und informierte sich in Mutlangen über unsere Arbeit für eine atomwaffenfreie Welt. Er war begeistert, dass auf dem ehemaligen Stationierungsgelände der Pershing II heute Wohnhäuser und die zweitgrößte Solaranlage Baden-Württembergs stehen.

Ukraine zeigt: atomare Abrüstung ist notwendigDie Ukraine war mit über 5.000 Atomsprengköpfen nach dem Zer-fall der Sowjetunion der dr itt-größte Atomwaffenstaat. Sie gab ihre Atomwaffen auf. Parlament und Präsident stimmten 1994 dem Abtransport der Atomwaffen nach Russland zu. Macher Kommentator fragt: Hat sich das gelohnt?

Stellen wir uns vor, in der Ukraine würden immer noch Atomwaffen lagern. Die Situation wäre noch um einiges gefährlicher. Könnten sie genügend gesichert werden, um nicht in die Hände gewaltbereiter Gruppierungen zu gelangen?

Dem Abgeordneten Mikhail Golovko der rechtsradikalen Svoboda-Partei wäre es recht, wenn die Ukraine über Atomwaffen verfügen wür-de. Er hat gefordert, die Ukraine solle ihr kerntechnisches Wissen nutzen, um Atomwaffen zu bauen. Die Svoboda-Partei ist übrigens ein Teil der Opposition, die von der EU unterstützt wurde und noch wird.Wir sollten also froh sein, dass die Ukraine atomwaffenfrei ist. Die Krise würde sonst noch unkalku-lierbarer.

Darüber hinaus wäre die Situation weniger gefährlich, wenn keine der Konfliktparteien Atomwaffen hätte – auch nicht die USA und Russland. Russlands Drohung, als Reaktion auf Sanktionen keine Atomwaffeninspektionen mehr zu-zulassen, greift die internationalen Sicherheitsstrukturen an. Sie weist in die falsche Richtung.

Die internationale Gemeinschaft muss die richtigen Schlüsse aus der Krise ziehen. Das Verbot aller Atomwaffen gehört auf ihre Ta-gesordnung und muss umgesetzt werden, damit in zukünftigen Kri-sen niemand mehr auf die nukleare Karte setzen kann. [wsh]

KOMMENTAR

Für eine Welt ohne Atom- und UranwaffenFür die friedliche Nutzung des Weltraums

Nr. 1 / April 201413. Jahrgang

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EDITORIAL

FreiRaum

Mit herzlichen Grüßen

Wolfgang Schlupp-Hauck (wsh)

Pressehütte

Liebe FriedensfreundInnen,in diesem Frühjahr jährte sich am 1. März zum 60. Mal der größte Atombombentest aller Zeiten. Die Wasserstoffbombe Bravo war die stärkste Bombe, die je von den USA gezündet wurde. Ihre Sprengkraft entsprach 1.000 Hiroshimabomben. Am 11. März jährte sich die Reak-torkatastrophe von Fukushima zum dritten Mal. Wir dürfen nicht Ruhe geben, solange der Atomtod die Menschheit bedroht.Im letzten Jahr haben wir für 24 Stunden das Atomwaffenlager in Büchel blockiert. Jetzt finden die juristischen Nachspiele statt. Es geht dabei nicht um die Blockade selbst, sondern um die Aufforde-rung dazu.Die Stadt Koblenz hatte Hermann Theisen verboten Flugblätter zu verteilen, die zur »Vollblockade« des Fliegerhorstes Büchel auf-forderten. Das war rechtswidrig, stellte das Verwaltungsger icht Koblenz in einem Urteil vom 27. Februar fest: »Eine Nötigung liege nur vor, wenn sie als verwerflich anzusehen sei. Ob dies der Fall sei, müsse bei Blockadeaktionen durch eine Abwägung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Bedeutung der Grundrechte der Versammlungs- und Meinungsfreiheit ermittelt werden. Diese Maßstäbe gelten entsprechend, wenn es um die Auf-forderung zu einer Blockade geht.« (1 K 628/13.KO). In dem Flugblatt habe nicht gestanden, wie die Blo-ckade von Büchel aussehen sollte. Die st ichwortart igen Formulie-rungen ließen kein Urteil darüber zu, ob die geplante Aktion verwerf-lich sei. Ein Strafprozess wird auch noch folgen, da Hermann Theisen es trotz des Verbots verteilt hat.Der Freispruch ist mit Blick auf das Demonstrationsrecht erfreu-lich. Noch besser wäre er, wenn er feststellen würde, dass der Aufruf gerechtfertigt sei, weil Atomwaf-fen »verbotene Massenvernich-tungswaffen sind.« Ein solches völkerrechtlich verbindliches Ver-bot steht noch aus. Das ist das Ziel unserer Aktionen.

»Deutschland soll atomwaffenfrei werden«, dies fordert der Mutlanger Appell »Atomwaf-fenfrei – Jetzt«. Der Bundestagsabgeordnete Roderich Kiesewetter nahm diesen bei seinem Besuch in der Pressehütte entgegen. Er war ab-rüstungspolitischer Sprecher der Union. Zum Abschluss dieses Amtes besuchte er die Pres-sehütte in Mutlangen, um dort mit Friedensbe-wegten die Perspektiven, die sich aus der Ko-alitionsvereinbarung ergeben, zu diskutieren,

Zwischen den Friedensbewegten und dem Aalener Abgeordneten gab es eine lebhafte Diskussion. In der Forderung. die letzten Atomwaffen vom Flie-gerhorst Büchel in der Eifel abzuziehen, sind sich Kiesewetter und die Friedensbewegten grund-sätzlich einig. Unterschiede gibt es in der Frage, wie das zu erreichen ist. Für Kiesewetter ist das nur im Bündnis vorstellbar. Die Vorbehalte aus den baltischen Staaten und Polen, die sie noch als Gegengewicht zu Russlands Atomwaffen in Eu-ropa wissen wollen, müssten zuerst ausgeräumt werden. Deshalb seien erfolgreiche Verhandlun-gen mit Russland im Koalitionsvertrag als Voraus-setzung genannt. Roland Blach, Koordinator der Kampagne kritisierte, dass mit dieser Vorausset-zung die große Koalition hinter die Aussagen der letzten Bundesregierung zurückfalle. Er mahnte, dass diese Atombomben wenn sie bleiben, durch neue, modernisierte ersetzt werden sollen. Kie-sewetter verstand diese Befürchtungen. Er hält die Pläne der USA für so weitgehend, dass »nicht nur die Lebensdauer des ältesten Atomwaffen-typs verlängert wird – sondern dass die neuen Bomben technisch so weiter entwickelt werden, dass es ein neuer Atomwaffentyp ist.« Volker Nick verglich dies mit dem technischen Sprung von Pershing I zu Pershing II. Kiesewetter hofft, dass es noch Veränderungen in den Planungen gibt, weil die Kosten zu hoch seien.

Ihm ist es wichtig, dass Deutschland an den nuklearen Planungen der NATO solange betei-ligt bleibt, wie die NATO Atomwaffen besitzt. Jährlich würden in Oberammergau an der NATO-Schule Stabsübungen zum Atomwaffeneinsatz durchgeführt. »Dort ist es wichtig, dass die deut-schen Bedenken eingebracht werden«, erklärte Kiesewetter.

Kiesewetter wurde auch auf die Rüstungs-exporte nach Saudi-Arabien angesprochen: »Da sollen mit Zustimmung einer christlichen Partei Waffen in ein Land geliefert werden, das die Rechte von Christen missachtet.« Der Aale-ner Abgeordnete sieht es kritisch, dass der an-gefragte Panzertyp zur Aufstandsbekämpfung konzipiert ist und nicht zur Landesverteidigung. Marianne Späh forderte, dass Rüstungsexporte nicht im Geheimen von der Regierung genehmigt werden, sondern offen im Parlament diskutiert werden sollen.

Auch Mutlangens Bürgermeister Seyfried be-teiligte sich an der Diskussionsrunde. Er klagte, dass er im Rahmen der Mayors for Peace schon seit fast zehn Jahren für ein weltweites Verbot aller Atomwaffen eintrete und auf internationaler Ebene sich nichts Wesentliches tue . Deutschland solle hier aktiver agieren. Kiesewetter, der bisher einziges Mitglied aus der Union beim parlamen-tarischen Netzwerk für nukleare Abrüstung und Nichtverbreitung (PNND) ist, sagte zu, dass er weitere Mitglieder für das Netzwerk gewinnen wolle und dass er sich dafür einsetzen werde, dass im Bundestag eine überparteiliche Abrüs-tungsresolution verabschiedet wird, wie dies im Mutlanger Appell gefordert wird.

Roderich Kiesewetter zum friedenspoliti-schen Neujahrsgespräch in der Pressehütte

Der Besuch Roderich Kiesewetters steht in einer Reihe von Gesprächen mit Bundestagsabgeordneten. Die Gmünder Tagespost schickte einen Fotografen und Journalisten in die Pressehütte.

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Die Debatte neu ausrichtenSie würden sich um die Opfer küm-mern und dabei selbst zu Opfern werden. Eines ist sicher: eine Atom-bombe macht keinen Unterschied zwischen Soldaten und Zivilbevöl-kerung. Ende Januar fand in Berlin der Workshop »Katastrophales Leid - die Debatte über Atomwaffen neu ausrichten« statt.

Eingeladen hatte die IPPNW (In-ternationale Ärzte zur Verhütung des Atomkrieges e. V.) und ICAN (International Campaign to Ab-olish Nuclear Weapons). Ziel war es, die jungen Studenten und Studentinnen auf Lobbygespräche mit Abgeordneten kompetent vor-zubereiten. Zwanzig engagierte Menschen, die Informationen wie ein Schwamm aufsogen.

Xanthe Hall, Abrüstungsexpertin der IPPNW, hatte die Staatenkonfe-renz in Mexiko im Visier. Um dafür Aufmerksamkeit zu schaffen, hatte sie Termine für Gespräche mit Par-lamentariern organisiert.

Zunächst gab es die Basics zu Atom-waffen. Lars Pohlmeier (IPPNW) präsentierte erschreckend ver-ständlich und einprägsam die hu-manitären Folgen von Atomwaffen. »Uns Ärzte nehmen die Politiker ernst«, so Pohlmeier – »also lasst uns dafür einstehen.«

Martin Hinrichs ist jung und stellt sich energisch auf den Kampf gegen die Atomwaffen ein. Seinen Vor-trag schmückte er mit Bildern von Hiroshima. Der Film, den er tonlos vorführte, stürzte die Teilnehmer in tiefes Schweigen. Ja, so schlimm sind Atomkriege.

Das Seminar vermittelte die Grund-lagen für den Dialog mit den Ent-scheidungsträgern. Am Montag wurden dann Gespräche geführt mit Ulrich Ernst, dem stellvertre-tenden Leiter des Abrüstungsre-ferats im Auswärtigen Amt, mit Michael Broer, dem Referent für nukleare Rüstungskontrolle des Verteidigungsministeriums, mit Büroleitern und wissenschaftli-chen Mitarbeitern von Abgeord-neten. Die Gespräche wurden von ihnen als überwiegend positiv er-lebt. Mit einigen Politikern gibt es jetzt nach Mexiko Folgegespräche.

Annabella Akçal

Bombentyp Wählbare Sprengkraft

Stationierung Einsatz

B 61- 3 0,3/1,5/60/170 Kilotonnen

200 Bomben dieses Typs im Arsenal, davon 90 in Europa

taktisch

B 61-4 0,3/1,5/10/45 Kilotonnen

200 Bomben dieses Typs im Arsenal, davon 90 in Europa

taktisch

B 61-7 10/170/340 Kilotonnen

430 Bomben dieses Typs im Arsenal, davon 215 aktiv

strategisch

B 61- 10 0,3/5/10/80 Kilotonen

100 Bomben dieses Typs im Arsenal, alle inaktiv.

taktisch

B 61-11 ~10 Kilotonnen Bunkerbrechende Bombe taktisch

B 83 Bis zu 1,2 Megatonnen

650 Bomben im Arsenal strategisch

[¤ Fortsetzung von S. 1] Mittlerweile gibt es erste Indizien, dass die flexiblen Einsatzmöglich-keiten der neuen Waffe noch einmal ausgeweitet worden sein könnten. Im Oktober 2013 wurde bekannt, dass die B 61-12 alle bisherigen Atom-bomben der USA ablösen soll. Also auch die B 83 mit ihrer maximalen Sprengkraft von einer Mega-tonne und den nuklearen Bunkerknacker B 61-11.

Bisher ist nicht ganz klar, wie und warum es zu dieser Veränderung der Planung kam. Möglicher-weise soll auf die B 83 verzichtet werden, weil ihre Sprengkraft die heutigen Anforderungen übertrifft und man hofft, das Vorhaben B 61-12 vom Kongress leichter finanziert zu bekommen, wenn man argumentieren kann, dass eine neue Waffe alle alten ersetzen soll.

FLEXIBEL EINSETZBARVielleicht gibt es aber auch eine andere Erklä-rung. Die JASONs, ein wichtiges wissenschaftli-ches Beratergremium, empfahlen 2012, nicht nur die sekundären Nuklearsprengsätze der Version B 61-4 für die Modernisierung zur B 61-12 he-ranzuziehen, sondern auch die sehr ähnlichen Secondaries der B 61-10, also des umgebauten alten Pershing-II-Sprengkopfes.

Das hätte wahrscheinlich zwei Folgen: Zum ei-nen könnten eine größere Zahl von B 61 Bomben modernisiert werden, weil mehr Secondaries zur Verfügung stehen. Zum anderen stünden mehr Sprengkraftstärken zur Wahl, denn die B 61-10 bietet etwas andere Wahlmöglichkeiten als die B 61-4. Ein noch flexiblerer Einsatz der Waffe würde

möglich. Ein Beispiel: Die maximale Sprengkraft der B 61-10 beträgt 80 Kilotonnen, nicht 50 wie bei der B 61-4. Auch das könnte die Entscheidung erleichtert haben, auf die Megatonnenwaffe B 83 zu verzichten.

Mit der B83 würde eine der technisch sichersten und neusten Atomwaffen außer Dienst gestellt und durch eine weniger sichere Waffe, die B 61-12 ersetzt. Die B 83 verfügt über eine feuerre-sistente Nuklearkomponente, das Pit. Dieses soll verhindern, dass bei einem Atomwaffenunfall mit einem Brand Plutoniumpartikel mit dem Rauch in der Umgebung verteilt werden. Alle Versionen der B 61, auch die künftige B 61-12 können nicht mit einer solchen, sichereren Komponente aus-gestattet werden.

AUCH DIE EUROPÄER SOLLEN ZAHLENDas Vorhaben, den Joint Strike Fighter nukle-arfähig zu machen, liegt derzeit weiterhin auf Eis. Der Kongress hat auch für das Haushaltsjahr 2014 keine Gelder für die Entwicklung der Vari-ante „Block IV“ bereitgestellt. General Schwartz machte sich auf der Stimson-Tagung dafür stark, die geplante nuklearfähige Version des neuen Jagdbombers nur dann zu entwickeln, wenn die Europäer sich verpflichten, einen Teil der Kosten zu übernehmen. Das neue Kampfflugzeug leidet zudem weiterhin unter erheblichen technischen Problemen. Die Modernisierung der US-Atom-bomben vom Typ B 61 zur B 61-12 ist aus Sicht von General Schwartz jedoch davon unabhängig »notwendig«.

Unter folgendem Link wurde die Veranstaltung dokumentiert: www.stimson.org/spotlight/stimson-event-on-capitol-hill-examines-the-future-of-us-tactical-nuclear-weapons-video

Kommt die All-in-One-Bombe? Praktisch, diese technischen All-in-One–Geräte. Drucker, Scanner, Fax und Kopierer – nur ein Gerät – geringe Kosten, wenig Platzbedarf und für viele Aufgaben geeignet. Etwas Ähnliches müssen sich die US-Nuklearwaffenspezialisten gedacht haben, die die Anforderungen für die künftige Atombombe vom Typ B 61-12 ersonnen haben: Eine einzige Bom-be für alle Aufgaben – das wäre die ideale Lösung. Sie soll alle sechs vorhandenen Atombombentypen der USA ablösen und deren unterschiedliche mili-tärische Funktionen in ihren Fähigkeiten vereinen.

Ausgewählte Bauteile werden in der neuen Bombe vereinigt und mit neuen Steuerungs- und Sicherheitselementen versehen V

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ImpressumFreiRaum.

Für eine Welt ohne Atom- und Uranwaffen. Für die friedliche Nutzung des Weltraums.

Erscheint vierteljährlich

Auflage: 1000

HerausgeberPressehütte MutlangenFriedens- und Begegnungsstätte Mutlangen e.V.Forststraße 373557 MutlangenTel./Fax 0 71 71 - 75 66 [email protected]

Einzelheft: Euro 3.-€ plus Porto

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Für Mitglieder der Friedens- und Begegnungsstätte Mutlangen e.V. und der Friedenswerkstatt Mutlangen e.V. ist der Bezug im Mitglieds-beitrag enthalten.

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Karikatur: Peter Musil

Kirchentag Rostock 1988

Sicherheitskonferenz München 2014

Ostermarsch 2014 in BüchelHALTET SIE AUF – STOPPT DAS BOMBENGESCHÄFT!Ostermontag, den 21. April 2014 | Beginn: 14 Uhr im Gewerbegebiet Büchel Kundgebung: 15 Uhr in der Nähe des Haupttores am Fliegerhorst Büchel mit Alyn Ware (alternativer Friedensnobelpreis, PNND), Bernd Hahnfeld (IALANA ), Anne Solbach-Freise (Stiftung Zivilcourage), der Sängerin Blue Flower und anderen…

Die neue Bundesregierung hat die Abrüstung der letzten in Deutschland verbliebenen US-Atomwaf-fen nicht mehr in ihren Koalitionsvertrag aufgenommen. Stattdessen wird die Bündnisverpflichtung innerhalb der NATO bekräftigt und damit an der nuklearen Abschreckung willentlich festgehalten, was eine teure »Modernisierung« der US-Atombomben einschließt. Mit dieser fragwürdigen Sicher-heitspolitik hat ein neues Wettrüsten begonnen und die Gefahr eines neuen Kalten Krieges wird heraufbeschworen. Wer nach dem Warum fragt, muss sich auch die Aktivitäten einiger Großbanken anschauen wie der Deutschen Bank, der Commerzbank oder der Allianzversicherung, die alle im Atom-bombengeschäft kräftig mitmischen.

Kontakt: Internationaler Versöhnungsbund, Regionalgruppe Cochem-Zell, Telefon 0 26 53-32 20