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Freitag, 29. Januar 2016 Nummer 4 · Holz-Zentralblatt · Seite 99 Holzbau Neue Fassadensysteme für höhere Energieeffizienz Fassaden mit energieeffizienten Funktionen bieten auch viele Gestaltungschancen Der Begriff der „intelligenten Fassade“ ist nicht selbsterklärend. Man könnte sagen, es sind Fassadensysteme, die au- tark auf ihre Umwelt reagieren, um den Energieverbrauch von Gebäuden zu senken und das Innenraumklima für den Nutzer zu verbessern. Dazu kön- nen selbstregulierende Wärme-, Fens- ter- und Sonnenschutzsysteme, die sich wechselnden Licht- und Klimaverhält- nissen anpassen oder entsprechend auf sie abgestimmt sind, ebenso dienen wie Fassaden-Lösungen mit Fotovoltaik- Paneelen, die Häuser zu ihrem eigenen Kraftwerk machen. Dass Planer mehr und mehr darüber nachdenken, wie man die gebäudeum- hüllenden Außenwände und deren wit- terungsschützende Bekleidungen (Fas- saden) so ausführen kann, dass sie einen Beitrag zur Energieeffizienz des Gebäudes oder gar Energiegewinnung liefern, spiegelten die Vorträge des The- menblocks deutlich wider. Moderiert hat ihn Prof. Andreas Müller von der Berner Fachhochschule Architektur, Holz und Bau (BFH-AHB) in Biel, Schweiz. Über die energetische Sanierung der Gesamtschule in Wetter im Landkreis Marburg-Biedenkopf referierte Alexan- Im Rahmen des zweitägigen Kernfo- rums des „21. Internationalen Holz- bau-Forums“ (IHF) in Garmisch-Par- tenkirchen (2. bis 4. Dezember 2015) stellten sieben Referenten unter dem Titel „Energieeffizientes Bauen – Intel- ligente Fassaden“ Projekte mit in Form und Funktion besonderen Fassa- denausführungen für Sanierungen wie Neubauten vor. Doch ob Alt- oder Neubau, die Gebäudehülle samt Fas- sade stellt Planer immer vor die Auf- gabe, sie energetisch und optisch best- möglich zu gestalten. Das zeigten auch die ausgewählten Beispiele des Vor- tragsblocks. der Müller von Müller-Schurr-Archi- tekten (m2s), Marktoberdorf, zusam- men mit Andreas Fischer von Rubner Holzbau, Augsburg. Sanierung als zweite Chance für Baugestaltung „Die meisten Gebäude im Bestand sind etwas in die Jahre gekommen und gesichtslos. Die Aufgabe ist, ein neues Erscheinungsbild zu liefern und dabei die markanten Merkmale wie beispiels- weise die horizontalen Fensterbänder des Bestands aufzugreifen“, erklärte Müller die Herangehensweise. Die Schule besteht aus einem Haupt- gebäude und mehreren Nebengebäu- den. Aufgrund der Hanglage ist sie stu- fenförmig und zweigeschossig ausge- führt. Wie die Untersuchungen an dem Stahlbeton-Skelettbau aus den frühen 1970er-Jahren ergaben, war es nicht möglich, die beste- hende Vorhangfas- sade aus Stahlbe- ton-Fertigteilen als Montagebasis für eine neue Fassa- denkonstruktion zu nutzen, da sie nicht zusätzlich belastet werden durfte. So wählten die Planer ein au- tarkes, vorgestell- tes Sanierungssys- tem, bei dem die vertikale Lastab- tragung der neuen Fassade über neue Fundamente vor den Bestands-Be- tonfassaden er- folgt. „Hierfür haben wir werkseitig komplett vorgefertigte Holzrahmenbau- Elemente mit (dreifach verglasten) Fenstern, Raffstores und Außenbeklei- dung in Kombination mit dem ,TES Energy-Facade‘-System genutzt“, so der Architekt. Mit dieser Lösung konnte man der Fassade ein einheitliches Gesicht ge- ben, in der zuvor ein Konglomerat un- terschiedlichster Fensterarten und -qua- litäten verbaut war, ferner Vorsprünge ausgleichen und aufwändige Details vermeiden. Um außerdem weitere bau- liche Maßnahmen zu vermeiden, wur- den die vorhandenen Wandöffnungen für die Fensterbänder auch bei der neu- en Fassadengestaltung als Abwicklung zugrunde gelegt. Die Sanierung erfolgte bei laufendem Betrieb der Schule; hierbei wurden die alten Fenster erst nach bzw. während der Montage entfernt. „Das ,TES-Sys- tem‘ ermöglichte eine industrielle Ferti- gung auf Basis von 3 D-Daten der Ge- bäudegeometrie und der Struktur der Bestandsfassade. Mithilfe der Foto- grammmetrie und des 3 D-Laserscan- nens ließen sich die Fassadenelemente aus Holz wie ein Abguss vorfertigen und dann hinterströmungsfrei auf die Bestandsfassade aufbringen. So war ei- ne optimale Energieeffizienz erreichbar, denn diese hängt vielfach davon ab, wie gut die Anschlüsse der Gebäudehülle an das Tragwerk entworfen und wie sauber sie ausgeführt werden, erklärte der Referent den Nutzen des Systems, das auch die Herstellung der erforderli- chen luftdichten Hülle ermöglichte. Wesentliches Thema bei Fassadensa- nierung oder -erneuerung sind die Brandschutzanforderungen. Bei der Gesamtschule galt die Muster-Schul- baurichtlinie (M-SchulbauR) einzuhal- ten und eine Fassadenbekleidung zu wählen, die „Brand ausbreitungsbe- grenzend“ wirkt, bzw. einen Fassaden- aufbau, der nach DIN 4102-4 ausge- führt ist. Einen Brandüberschlag über die Ge- schosse zu verhindern, durch den Ein- satz nichtbrennbarer Bekleidungen im Erdgeschoss sowie eine Brandunterbre- chung durch Querhölzer in der Unter- konstruktion bzw. Hinterlüftungsebene zu gewährleisten, gehörten ebenfalls zu den Maßnahmen – um hier nur die wichtigsten zu nennen. Andreas Fischer ergänzte den Vortrag des Architekten noch mit Einblicken in Fertigung, Transport und Montage. Die geschickte Elementeinteilung der rund 100 Holzrahmenbauwände bei der Pla- nung war nicht nur der zentrale Faktor für eine optimal ausgebildete Gebäude- hülle, sondern ermöglichte auch eine reibungslose Baustellenlogistik. Die Ta- feln wurden im Werk bis zur Schalungs- ebene vorgefertigt, zur Baustelle trans- portiert und vor Ort mithilfe einer ent- sprechenden Baustelleneinrichtung die Fenster und andere Einsatzelemente eingebaut. „Eine große Herausforde- rung stellte der Zeitplan dar“, so Fi- scher. „Aber wir haben es geschafft: En- de März 2014 wurden wir beauftragt, im August haben wir mit der Montage be- gonnen und Mitte September 2014 wa- ren wir fertig.“ Die Planung der Sanie- rung orientierte sich vom Einbau bis zum Rückbau zudem am Lebenszyklus, um den ökologischen Fußabdruck klein zu halten. Bewegte Fassaden für die Wiedererkennung Die Fassade des fünfgeschossigen Bü- rogebäudes „Z 3“ der Ed. Züblin AG in Stuttgart-Möhringen beleuchtete Jürgen Bezler vom gleichnamigen Unterneh- men. Markantes Gestaltungselement sind 18 m hohe vertikale Lisenen aus brettschichtverklebtem Lärchenholz an der Fassade. Diese wurden nach indivi- duellen Profilen und Vorgaben der Pla- ner von MHM Architects, Wien (Öster- reich), mit einer CNC-Anlage bei Rub- ner gefräst und über die gesamte Gebäu- dehöhe in einem Stück montiert. Die Gebäudehülle selbst, also die Au- ßenwandkonstruktion, besteht aus vor- gefertigten Holzrahmenbau-Elementen mit Regelabmessungen von 4,5 × 3,2 m. „Sie wurden inklusive Fenster (Drei- Scheiben-Wärmeschutzverglasung, mittlerer Uw-Wert: 0,4 W/(m²K)), Au- ßenjalousien und Blechverkleidung auf die Baustelle geliefert und vor Ort in den Rohbau eingesetzt“, erklärte Bez- ler. Die Elemente überspannen jeweils drei Fensterachsen und schließen ent- sprechend dem Achsmaß des Stahlbe- tonskelettbaus auf beiden Seiten an ei- ne Betonstütze an. Täglich konnten bis zu zehn der insgesamt 175 Wandele- mente montiert werden. Auf diese Wei- se war das komplette Gebäude inner- halb weniger Tage „rohbaudicht“, so der Referent. Im Zuge der planungsbegleitenden thermischen und lichttechnischen Ge- bäudesimulationen ließen sich durch die Anpassung der Lisenentiefe und -breite eine Optimierung des Kunst- lichtbedarfs und der Effizienz des au- ßenliegenden Sonnenschutzes errei- chen. Der Gesamtanteil der transparen- ten Fassadenbereiche liegt bei etwa 45 %. Das Gebäude wurde aufgrund Die energetische Sanierung der Gesamtschule in Wetter ermöglichte ein einheitli- ches Erscheinungsbild bei gleichzeitiger Nutzung der vorhandenen Öffnungen für die Fensterbänder Fotos (2): Rubner Holzbau Die Holzrahmenbau-Elemente mit eingebauten Fenstern wurden bei der Sanie- rung der Gesamtschule in Wetter nach dem ,TES Energy-Facade‘-System vorge- fertigt. Wie ein Abguss umhüllen sie den Bestand Die Gebäudehülle des Aktiv-Stadthauses in Frankfurt am Main besteht aus ge- dämmten Holzrahmenbau-Elementen. In der Südfassade, die wie das Dach als „hauseigener“ Energielieferant dient, sind Fotovoltaik-Module zwischen den Fenstern eingebaut, was die Fassade gleichzeitig strukturiert Foto: Ralf H. Pelkmann/ABG Frankfurt Holding Fortsetzung auf Seite 100 Die Lisenen aus brettschichtverklebtem Lärchenholz wurden einzeln, nach individuellen Profilen und nach Vorgabe des Architekten mit einer CNC-Anlage gefräst und über die ge- samte Gebäudehöhe von 18 m in einem Stück montiert Die 18 m hohen Lisenen des Bürogebäudes „Z 3“ von Züblin in Stuttgart-Möhringen bilden das markante Gestaltungsele- ment des Fünfgeschossers Fotos (2): Rubner Holzbau Alexander Müller Andreas Fischer Jürgen Bezler Prof. Andreas Müller

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Freitag, 29. Januar 2016 Nummer 4 · Holz-Zentralblatt · Seite 99Holzbau

Neue Fassadensysteme für höhere EnergieeffizienzFassaden mit energieeffizienten Funktionen bieten auch viele Gestaltungschancen

Der Begriff der „intelligenten Fassade“ist nicht selbsterklärend. Man könntesagen, es sind Fassadensysteme, die au-tark auf ihre Umwelt reagieren, um denEnergieverbrauch von Gebäuden zusenken und das Innenraumklima fürden Nutzer zu verbessern. Dazu kön-nen selbstregulierende Wärme-, Fens-ter- und Sonnenschutzsysteme, die sichwechselnden Licht- und Klimaverhält-nissen anpassen oder entsprechend aufsie abgestimmt sind, ebenso dienen wieFassaden-Lösungen mit Fotovoltaik-Paneelen, die Häuser zu ihrem eigenenKraftwerk machen.

Dass Planer mehr und mehr darübernachdenken, wie man die gebäudeum-hüllenden Außenwände und deren wit-terungsschützende Bekleidungen (Fas-saden) so ausführen kann, dass sieeinen Beitrag zur Energieeffizienz desGebäudes oder gar Energiegewinnungliefern, spiegelten die Vorträge des The-menblocks deutlich wider. Moderierthat ihn Prof. Andreas Müller von derBerner Fachhochschule Architektur,Holz und Bau (BFH-AHB) in Biel,Schweiz.

Über die energetische Sanierung derGesamtschule in Wetter im LandkreisMarburg-Biedenkopf referierte Alexan-

Im Rahmen des zweitägigen Kernfo-rums des „21. Internationalen Holz-bau-Forums“ (IHF) in Garmisch-Par-tenkirchen (2. bis 4. Dezember 2015)stellten sieben Referenten unter demTitel „Energieeffizientes Bauen – Intel-ligente Fassaden“ Projekte mit inForm und Funktion besonderen Fassa-denausführungen für Sanierungen wieNeubauten vor. Doch ob Alt- oderNeubau, die Gebäudehülle samt Fas-sade stellt Planer immer vor die Auf-gabe, sie energetisch und optisch best-möglich zu gestalten. Das zeigten auchdie ausgewählten Beispiele des Vor-tragsblocks.

der Müller von Müller-Schurr-Archi-tekten (m2s), Marktoberdorf, zusam-men mit Andreas Fischer von RubnerHolzbau, Augsburg.

Sanierung als zweiteChance für Baugestaltung

„Die meisten Gebäude im Bestandsind etwas in die Jahre gekommen undgesichtslos. Die Aufgabe ist, ein neuesErscheinungsbild zu liefern und dabeidie markanten Merkmale wie beispiels-weise die horizontalen Fensterbänderdes Bestands aufzugreifen“, erklärteMüller die Herangehensweise.

Die Schule besteht aus einem Haupt-gebäude und mehreren Nebengebäu-den. Aufgrund der Hanglage ist sie stu-fenförmig und zweigeschossig ausge-führt. Wie die Untersuchungen an demStahlbeton-Skelettbau aus den frühen1970er-Jahren ergaben, war es nicht

möglich, die beste-hende Vorhangfas-sade aus Stahlbe-ton-Fertigteilen alsMontagebasis füreine neue Fassa-denkonstruktionzu nutzen, da sienicht zusätzlichbelastet werdendurfte. So wähltendie Planer ein au-tarkes, vorgestell-tes Sanierungssys-tem, bei dem dievertikale Lastab-tragung der neuenFassade über neueFundamente vorden Bestands-Be-tonfassaden er-

folgt. „Hierfür haben wir werkseitigkomplett vorgefertigte Holzrahmenbau-Elemente mit (dreifach verglasten)Fenstern, Raffstores und Außenbeklei-dung in Kombination mit dem ,TESEnergy-Facade‘-System genutzt“, so derArchitekt.

Mit dieser Lösung konnte man derFassade ein einheitliches Gesicht ge-ben, in der zuvor ein Konglomerat un-terschiedlichster Fensterarten und -qua-litäten verbaut war, ferner Vorsprüngeausgleichen und aufwändige Detailsvermeiden. Um außerdem weitere bau-liche Maßnahmen zu vermeiden, wur-den die vorhandenen Wandöffnungenfür die Fensterbänder auch bei der neu-en Fassadengestaltung als Abwicklungzugrunde gelegt.

Die Sanierung erfolgte bei laufendemBetrieb der Schule; hierbei wurden diealten Fenster erst nach bzw. währendder Montage entfernt. „Das ,TES-Sys-tem‘ ermöglichte eine industrielle Ferti-gung auf Basis von 3 D-Daten der Ge-bäudegeometrie und der Struktur derBestandsfassade. Mithilfe der Foto-

grammmetrie und des 3 D-Laserscan-nens ließen sich die Fassadenelementeaus Holz wie ein Abguss vorfertigenund dann hinterströmungsfrei auf dieBestandsfassade aufbringen. So war ei-ne optimale Energieeffizienz erreichbar,denn diese hängt vielfach davon ab, wiegut die Anschlüsse der Gebäudehüllean das Tragwerk entworfen und wiesauber sie ausgeführt werden, erklärteder Referent den Nutzen des Systems,das auch die Herstellung der erforderli-chen luftdichten Hülle ermöglichte.

Wesentliches Thema bei Fassadensa-nierung oder -erneuerung sind dieBrandschutzanforderungen. Bei derGesamtschule galt die Muster-Schul-baurichtlinie (M-SchulbauR) einzuhal-ten und eine Fassadenbekleidung zuwählen, die „Brand ausbreitungsbe-grenzend“ wirkt, bzw. einen Fassaden-aufbau, der nach DIN 4102-4 ausge-führt ist.

Einen Brandüberschlag über die Ge-schosse zu verhindern, durch den Ein-satz nichtbrennbarer Bekleidungen imErdgeschoss sowie eine Brandunterbre-chung durch Querhölzer in der Unter-

konstruktion bzw. Hinterlüftungsebenezu gewährleisten, gehörten ebenfalls zuden Maßnahmen – um hier nur diewichtigsten zu nennen.

Andreas Fischer ergänzte den Vortragdes Architekten noch mit Einblicken inFertigung, Transport und Montage. Diegeschickte Elementeinteilung der rund100 Holzrahmenbauwände bei der Pla-nung war nicht nur der zentrale Faktorfür eine optimal ausgebildete Gebäude-hülle, sondern ermöglichte auch einereibungslose Baustellenlogistik. Die Ta-feln wurden im Werk bis zur Schalungs-ebene vorgefertigt, zur Baustelle trans-portiert und vor Ort mithilfe einer ent-sprechenden Baustelleneinrichtung dieFenster und andere Einsatzelementeeingebaut. „Eine große Herausforde-rung stellte der Zeitplan dar“, so Fi-scher. „Aber wir haben es geschafft: En-de März 2014 wurden wir beauftragt, imAugust haben wir mit der Montage be-gonnen und Mitte September 2014 wa-ren wir fertig.“ Die Planung der Sanie-rung orientierte sich vom Einbau biszum Rückbau zudem am Lebenszyklus,um den ökologischen Fußabdruck kleinzu halten.

Bewegte Fassaden fürdie Wiedererkennung

Die Fassade des fünfgeschossigen Bü-rogebäudes „Z 3“ der Ed. Züblin AG inStuttgart-Möhringen beleuchtete JürgenBezler vom gleichnamigen Unterneh-men. Markantes Gestaltungselementsind 18 m hohe vertikale Lisenen aus

brettschichtverklebtem Lärchenholz ander Fassade. Diese wurden nach indivi-duellen Profilen und Vorgaben der Pla-ner von MHM Architects, Wien (Öster-reich), mit einer CNC-Anlage bei Rub-ner gefräst und über die gesamte Gebäu-dehöhe in einem Stück montiert.

Die Gebäudehülle selbst, also die Au-ßenwandkonstruktion, besteht aus vor-gefertigten Holzrahmenbau-Elementenmit Regelabmessungen von 4,5 × 3,2 m.„Sie wurden inklusive Fenster (Drei-Scheiben-Wärmeschutzverglasung,mittlerer Uw-Wert: 0,4 W/(m²K)), Au-ßenjalousien und Blechverkleidung aufdie Baustelle geliefert und vor Ort inden Rohbau eingesetzt“, erklärte Bez-ler. Die Elemente überspannen jeweilsdrei Fensterachsen und schließen ent-sprechend dem Achsmaß des Stahlbe-tonskelettbaus auf beiden Seiten an ei-ne Betonstütze an. Täglich konnten biszu zehn der insgesamt 175 Wandele-mente montiert werden. Auf diese Wei-se war das komplette Gebäude inner-halb weniger Tage „rohbaudicht“, soder Referent.

Im Zuge der planungsbegleitendenthermischen und lichttechnischen Ge-bäudesimulationen ließen sich durchdie Anpassung der Lisenentiefe und-breite eine Optimierung des Kunst-lichtbedarfs und der Effizienz des au-ßenliegenden Sonnenschutzes errei-chen. Der Gesamtanteil der transparen-ten Fassadenbereiche liegt bei etwa45 %. Das Gebäude wurde aufgrund

Die energetische Sanierung der Gesamtschule in Wetter ermöglichte ein einheitli-ches Erscheinungsbild bei gleichzeitiger Nutzung der vorhandenen Öffnungen fürdie Fensterbänder Fotos (2): Rubner Holzbau

Die Holzrahmenbau-Elemente mit eingebauten Fenstern wurden bei der Sanie-rung der Gesamtschule in Wetter nach dem ,TES Energy-Facade‘-System vorge-fertigt. Wie ein Abguss umhüllen sie den Bestand

Die Gebäudehülle des Aktiv-Stadthauses in Frankfurt am Main besteht aus ge-dämmten Holzrahmenbau-Elementen. In der Südfassade, die wie das Dach als„hauseigener“ Energielieferant dient, sind Fotovoltaik-Module zwischen denFenstern eingebaut, was die Fassade gleichzeitig strukturiert

Foto: Ralf H. Pelkmann/ABG Frankfurt Holding

Fortsetzung auf Seite 100

Die Lisenen aus brettschichtverklebtem Lärchenholz wurdeneinzeln, nach individuellen Profilen und nach Vorgabe desArchitekten mit einer CNC-Anlage gefräst und über die ge-samte Gebäudehöhe von 18 m in einem Stück montiert

Die 18 m hohen Lisenen des Bürogebäudes „Z 3“ von Züblinin Stuttgart-Möhringen bilden das markante Gestaltungsele-ment des Fünfgeschossers Fotos (2): Rubner Holzbau

AlexanderMüller

Andreas Fischer Jürgen Bezler

Prof. AndreasMüller

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seiner hohen Energieeffizienz (Passiv-hausstandard) außerdem mit demDGNB-Label in Gold zertifiziert. Aktu-ell steht eine energetische Aufrüstungfür das „Z 3“ an: Im Frühjahr 2016 sol-len in den Brüstungsbereichen der Fas-sade nachträglich Fotovoltaikmoduleintegriert werden. Dabei rechne Züblinmit einer jährlichen Einspeisung vonrund 20 000 kWh, schloss Bezler seinenVortrag.

Was es mit „Lignoalp – die besondereFassade“ auf sich hat, darüber klärten

Michael Sedlmayer und Markus Damia-ni von Damiani-Holz & Ko aus Brixen(Südtirol) am Beispiel des eigenen neu-en Firmensitzes auf, einem viergeschos-sigen Kubus mit 15,5 × 15,5 m Grund-fläche und 16 m Höhe: ein Stahlbeton-Sockelgeschoss mit drei Holzbauge-schossen darüber. Die wellenförmige

Fassade ist aus einem Ideenwettbewerbhervorgegangen. Im Entwurf entwickel-ten die Architekten daraus eine vertikalgegliederte Fassade, in der sich einedreidimensional geformte Welle überdie komplette Fassadenfläche zieht;weitergeführt über die Dachebene gibtdie Gebäude umhüllende Welle demFirmensitz ein markantes Erschei-nungsbild: Das Relief der Fassadenimmt Bezug zur Topografie der umge-benden Berglandschaft.

Die Holzkonstruktion des Büro- undVerwaltungsbaus besteht aus einerKombination von Holzrahmenbau- undBrettsperrholzbauweise. „Die Heraus-forderung bei der technischen Umset-zung der Fassade bestand darin, den op-

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Neue Fassadensysteme für gute Energieeffizienz

timalen Abstand zwischen den vertika-len Lamellen zu finden. Betrachtet wur-de bei der Visualisierung am Computerder Lichteinfall zwischen den Lamel-len, aber auch die Ästhetik der Fassade,um den Eindruck einer geschlossenenHülle zu erhalten“, erklärte Damiani.

Ferner galt es, die optimale Lamellen-breite zu finden, was wiederum starkvom jeweiligen Holzwerkstoff abhing.Die besten Voraussetzungen bezüglichDauerhaftigkeit, Dimensions- undFormstabilität, Schutz der Lamellen-Schmalflächen, Wartung usw. botkreuzweise verklebtes, kesseldruckim-prägniertes Furnierschichtholz (FSH/LVL). Das Material ermögliche schlan-ke Querschnitte und benötige weder ei-nen Wartungsanstrich noch einen zu-sätzlichen Schutz der Schmalflächen,so Damiani. Zudem sei es einfach zu be-arbeiten und in Längen bis zu 23 m ver-fügbar, sodass die Lamellen im Portal-bearbeitungszentrum dreigeschosshochgefertigt werden konnten. Im Ergebniskamen 12,6 m hohe, 20 cm bis 65 cmbreite und 57 mm dicke Lamellen zumEinsatz, die über Stahlschwerter an dieAußenwandelemente angeschlossenwurden. Damiani erwähnte auch denGewährleistungszeitraum des LVL-Herstellers, den er mit 15 Jahren angab.Möge es so lange halten.

Flaggschiff fürenergieeffizientes Wohnen

Nachdem der Vortrag „Fassade derZukunft – statisch oder dynamisch?“von Prof. Dr.-Ing. Winfried Heusler vonSchüco International aus Bielefeldkrankheitsbedingt ausfiel, konnte An-dreas Wiege von HHS-Planer und Ar-chitekten, Kassel, im Anschluss das En-de Juli 2015 fertiggestellte Projekt „Ak-tiv-Stadthaus mit Effizienzhaus-Plus-Standard in Frankfurt am Main“ vor-stellen. Mit dem vom Bund gefördertenDemonstrationsvorhaben, das im Rah-men der Forschungsinitiative „Zukunft-Bau“ des Bundesministeriums für Um-welt, Naturschutz, Bau und Reaktorsi-cherheit (BMUB) und des Bundesamtesfür Bauwesen und Raumordnung er-richtet wurde, hat man die bisherigenEntwicklungen im Bereich von Einfa-milienhäusern erstmals auf einen groß-maßstäblichen Geschosswohnungsbauim Innenstadtbereich einer Großstadtübertragen. Der achtgeschossige, gut 27m hohe Wohnblock (Gebäudeklasse 5)mit einer Länge von rund 150 m, abernur knapp 10 m Breite erzeugt den Ge-

samtenergieverbrauch der 74 Wohnun-gen in der Jahresbilanz komplett selbst.Als Energiequellen dienen rund 750hocheffiziente Fotovoltaik-Module aufdem langgestreckten, allseitig überste-henden Pultdach bzw. etwa 350 Foto-voltaik-Module zwischen den Fensternder Südfassade.

Tragende Schotten aus Stahlbetonund Mauerwerk bilden zusammen mitStahlbetondecken das statische Gerüstdes Wohnbaus, nichttragende Außen-wände in Holzrahmenbauweise die Ge-bäudehülle. „Mit den Holzrahmenbau-wänden ließen sich die notwendigen

Wanddicken für den Passivhausstan-dard im Vergleich zu mineralischenWänden sehr schlank halten. DerWandaufbau mit den 33 cm dicken,Holzrahmenbau-Elementen samt hin-terlüfteter Fassadenbekleidung undraumseitiger Vorsatzschale der Nord-fassade umfasst rund 47 cm, der derSüdfassade analog mit hinterlüftetenFotovoltaik-Modulen rund 55 cm. Da-raus ergibt sich auf dem schmalenGrundstück mehr vermietbare Flächeund damit eine sehr wirtschaftliche Lö-sung“, erklärte Wiege die Entscheidungfür die Holzbauweise.

Die vorgefertigten geschosshohenAußenwand-Elemente sind vor denStahlbetonschotten angeordnet und ho-rizontal an sie angeschlossen. Ihre Län-gen orientieren sich am Gebäuderasterund den Knicklinien der Südfassade. Inden meisten Fällen reichen die Elemen-te über mehrere Schotten hinweg undsind bis zu 12,60 m lang. Mit Zellulosevoll ausgedämmt erreichen sie einen U-Wert von 0,127 W/(m²K). Dazu wähl-

ten die Planer dreifach verglaste Fenster(Uw-Wert zwischen 0,72 und 0,80W/(m²K)) mit einem niedrigen Energie-durchlassgrad (g-Wert) von 0,44, dasheißt nur 44 % der auf die Fensterflä-chen auftreffenden Energie gelangen inden Innenraum. Wiege erläuterte ergän-zend zur Gebäudehülle das Energie-konzept und wie beides zusammen-wirkt. Sein Fazit: Das Pilotprojekt zei-ge, das energieeffizientes Bauen im gro-ßen Maßstab wirtschaftlich „geht“.Wenn ab 2020 nach der EU-Richtliniezur „Gesamtenergieeffizienz von Ge-bäuden“ (EU 2020, Energy Perfor-mance of Buildings Directive (EPBD)2010/31/EU) nur noch Neubauten zu-gelassen werden, die ihre benötigteEnergie selbst erzeugen bzw. aus rege-nerativen Ressourcen beziehen, könntedieser Wohnbau Schule machen.

Holz als bessereWärmedämmung

Markus Mooser von S-Win aus Lau-sanne (Schweiz) sprach über die gutenbzw. im Vergleich zu anderen Baustof-fen besseren wärmedämmenden Eigen-schaften von Holz und berichtete überdie energetische Sanierung zweierWohnblöcke der Wohnungsgenossen-schaft „La Cigale“ in Genf, dem bislanggrößten Sanierungsprojekt nach demEnergieeffizienz-Standard Minergie-Pin der Schweiz. Seinem Projektvortragschickte er allgemeine Betrachtungenvoraus, warum und in welchen FällenHolz die beste Lösung ist. Dass Holz alsKohlenstoffspeicher oder als Baustoff,der bei der Verarbeitung wenig Primär-energie benötigt, einen Beitrag zum Kli-maschutz leistet, kam ebenso zur Spra-che wie die Vorteile, dass Holz „vonHaus aus“ eine wärmedämmende Wir-kung hat und eine hohe Festigkeit beigeringem Eigengewicht aufweist. Alldas prädestiniere den Holzbau für Sa-nierungen und die Nachverdichtung inStädten, so Mooser.

Den Beweis dafür lieferte sein Pro-jektbericht über die erwähnte Sanie-rung der zwei achtgeschossigen Wohn-blöcke. Die Wohnbaugenossenschaft„La Cigale“ hatte sie 1952 im Zentrumvon Genf errichten lassen. Als diebeiden Immobilien 2009 grundsa-niert werden mussten, steckten sich dieEigentümer ein ambitioniertes Ziel:eine Sanierung nach Minergie-P-Stan-dard.

Das dazu erarbeitete Konzept saheine Senkung des Wärmebedarfs derGebäude um 70 % vor. Hierfür erhiel-ten die Gebäude, ähnlich wie bei derGemeinschaftsschule in Wetter (siehevorne) eine neue Hülle aus vorgefertig-ten, voll ausgedämmten, 24 cm dickenHolzrahmenbau-Elementen samt ein-gebauter Fenster und ein neu gedämm-tes Dach. „Ein wichtiges Element derenergetischen Sanierung waren die Bal-kone. Mit einer Glasmembran ver-schlossen konnten sie zu Loggien um-gewandelt werden und wurden damitganzjährig nutzbar. Auch die Wärme-brücken ließen sich so auf ein Mini-mum reduzieren“, erklärte Mooser. Mitder neuen Gebäudehülle in Verbindungmit einem Heizsystem, das eine Wärme-pumpe, einen Eisspeicher und ein So-lardach kombiniert, erreichen dieWohnblöcke nun den gewünschtenEnergiestandard.

Dank der Vorfertigung der Holzrah-menbau-Elemente, die vor Ort eine sehrkurze Sanierungszeit ermöglichte,mussten die Bewohner während derUmbauarbeiten nicht ausquartiert wer-den. Im März 2014 war die Sanierungnach 13 Monaten abgeschlossen. We-gen der besonderen sozialen, ökologi-schen und finanziellen Lösungen galt esals Pilotprojekt und erfuhr Unterstüt-zung durch das Bundesamt für Energie.2014 wurde es sogar mit zwei Preisenausgezeichnet: mit dem „Nachhaltig-keitspreis des Kantons Genf 2014“ unddem „Schweizer Solarpreis 2014“.

Susanne Jacob-Freitag, Karlsruhe

Die beiden Wohnblöcke der Baugenossenschaft „La Cigale“in Genf aus den frühen 1950er-Jahren mussten 2009 drin-gend saniert werden Fotos (3): La Cigale

Nach der Sanierung erreichten die achtgeschossigen Häuservon „La Cigale“ den Energieeffizienz-Standard Minergie-P.Ermöglicht hat es die neue Gebäudehülle

Voll ausgedämmte, vorgefertigte Holzrahmenbauwände samt eingebauter Fensterumhüllen den Bestand der „La Cigale“-Häuser und machen aus Balkonen Log-gien. Nach nur 13 Monaten war die Sanierung abgeschlossen

Als Material für die Fassaden-Lamellen des dreigeschossigen Lignoalp-Firmensit-zes in Brixen wählten die Architekten kesseldruckimprägniertes Furnierschichtholz,das schlanke Querschnitte erlaubte und laut Hersteller weder einen Wartungsan-strich noch einen Schutz der Schmalseiten benötigt Fotos : R. G. Wett

Die Macher des 27 m hohen, 150 m langen, dabei aber nur knapp 10 m breiten „Aktiv-Stadthauses“ in Frankfurt/Mainwollen zeigen, dass Plusenergiegebäude auch im großen Maßstab funktionieren. Die Gebäudehülle aus nichttragenden,vorgefertigten Holzrahmenbau-Elementen machte die Immobilie auf dem schmalen Grundstück erst wirtschaftlich.

Foto: HHS Planer + Architekten

MichaelSedlmayer

MarkusDamiani

Andreas Wiege