Für eine Kirche mit Zukunft

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„Für eine Kirche mit Zukunft - Eckpunkte für eine menschenrechtskonforme Kirchenverfassung“ Batschunser Erklärung 2010 zur Notwendigkeit einer neuen Kirchenverfassung Kirchenvolks-Konferenz vom 18. bis 20 Juni 2010 in Batschuns/Vorarlberg. Sie wurde federführend von „Wir sind Kirche“ gemeinsam mit „Priester ohne Amt“, Pfarrer- und Laieninitiative veranstaltet. Seite 1 Die römisch-katholische Kirche verfügt zwar über ein detailliertes Rechtssystem im Codex juris canonici (CIC), aber über keine Verfassung im formellen Sinn, an der die einzelnen Gesetze auf ihre Rechtmäßigkeit geprüft werden können. Um eine kirchliche Ordnung sicherzustellen, in der die Würde der Kirchenmitglieder vor Willkür geschützt ist, muss eine Kirchenverfassung geschaffen werden, die menschenrechtskonform ist und sich an den Standards erprobter demokratischer Strukturen orientiert. Eine solche Verfassung wird zu einer grundlegenden Reform des kirchlichen Rechtssystems führen. Die folgenden Prinzipien stellen die Eckpunkte einer neuen Kirchenverfassung dar: Das Prinzip der Gewaltenteilung: Legislative, exekutive und judikative Machtbe- fugnisse werden in der Kirche getrennt. Insbesondere werden Gerichte auf allen Ebenen etabliert, deren Entscheidungen vom Zugriff der Leitungsämter unab- hängig sind. So werden faire und verfassungsgemäße Verfahren sichergestellt. Das Prinzip der Subsidiarität : Alle Entscheidungen liegen in der Verantwortung der kleineren Gemeinwesen, solange es nicht das Wohl der nächst größeren Gemeinschaft erfordert, dass die Entscheidungskompetenz an diese abgegeben wird. Subsidiarität verhindert einen Zentralismus, der menschennahe und regionale Interessen ausschaltet. Das Prinzip der Repräsentanz: Alle Gruppierungen der Gläubigen, Frauen und Männer, sind in demokratischer Weise in Gremien der Führung und Beschlussfassung vertreten. Entscheidungen werden durch offenen und respektvollen Dialog vorbereitet, um weitgehende Einmütigkeit – auch mit Minderheiten – zu erreichen. Das Prinzip der Mitwirkung: Um die Mitbestimmung und Mitverantwortung aller Betroffenen zu gewährleisten, werden beispielsweise Leiter und Leiterinnen auf allen Ebenen kirchlicher Verantwortung je nach Bedarf und Eignung durch Wahlen zu ihren Ämtern bestellt. Das Prinzip befristeter Amtszeiten: Leiter und Leiterinnen aller kirchlichen Verantwortungsbereiche werden für eine Amtszeit von festgelegter und begrenzter Dauer gewählt. Die einmalige Wiederwahl ist möglich. Das Prinzip der Rechenschaftspflicht: Alle Verantwortlichen legen ihren Wählern und Wählerinnen in regelmäßigen Abständen Rechenschaftsberichte ihrer Arbeit vor, einschließlich unabhängig geprüfter finanzieller Abrechnungen. Bei schweren Verstößen gegen die Verfassung und Gesetze kann das Verfassungsgericht Amtsverzicht verfügen. Das Prinzip der Schriftlichkeit: Auf allen Ebenen der Kirche, von der Pfarre aufwärts, werden Übereinkünfte im Sinne dieser Verfassung schriftlich niederge- legt, so dass sie der Willkür wechselnder Verantwortungsträger entzogen sind. Die gegenwärtige Struktur der Kirche mit ihrem umfassenden Herrschaftsanspruch von oben ist eine geschichtlich bedingte menschliche Einrichtung und kann sich nicht auf das Neue Testament und die urchristlichen Formen der Gemeindeorganisation berufen. Für eine neue Verfassung ist die volle kirchliche Anerkennung der „Erklärung der Menschenrechte“ nötig. Schritte zur Verwirklichung müssen von unten gesetzt werden. Zu beginnen ist mit der Entwicklung von Pfarrverfassungen, die ebensolche Verfassungen auf Diözesanebene anstoßen. Ein Schneeballeffekt muss schließlich zur Änderung des Kirchenrechts führen. „Wir sind Kirche“ Priester ohne Amt Pfarrerinitiative Laieninitiative Batschuns, im Juni 2010

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„Für eine Kirche mit Zukunft - Eckpunkte für eine menschenrechtskonforme Kirchenverfassung“Batschunser Erklärung 2010 zur Notwendigkeit einer neuen Kirchenverfassung

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„Für eine Kirche mit Zukunft - Eckpunkte für eine menschenrechtskonforme Kirchenverfassung“

Batschunser Erklärung 2010 zur Notwendigkeit einer neuen Kirchenverfassung

Kirchenvolks-Konferenz vom 18. bis 20 Juni 2010 in Batschuns/Vorarlberg. Sie wurde federführend von „Wir sind Kirche“ gemeinsam mit „Priester ohne Amt“, Pfarrer- und Laieninitiative veranstaltet.

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Die römisch-katho l ische Ki rche ver fügt zwar über e in deta i l l ie r tes Rechtssystem im Codex jur is canonic i (CIC), aber über ke ine Verfassung im formel len Sinn, an der d ie e inze lnen Gesetze auf ih re Rechtmäßigkei t geprüf t werden können. Um eine k i rch l iche Ordnung s icherzuste l len, i n der d ie W ürde der Ki rchenmi tg l ieder vor W i l lkür geschützt is t , muss e ine Ki rchenver fassung geschaf fen werden, d ie menschenrechtskonform is t und s ich an den Standards erprobter demokrat ischer Struktu ren or ient ier t . E ine so lche Verfassung wi rd zu e iner grundlegenden Reform des k i rch l ichen Rechtssystems führen. Die fo lgenden Pr inzip ien s te l len d ie Eckpunkte e iner neuen Ki rchenver fassung dar :

Das Prinzip der Gewaltenteilung: Legis lat ive, exekut ive und judikat ive Machtbe-fugnisse werden in der Kirche getrennt. Insbesondere werden Ger ichte auf a l len Ebenen etabl ier t , deren Entscheidungen vom Zugr if f der Leitungsämter unab-hängig s ind. So werden fa ire und verfassungsgemäße Verfahren s ichergeste l l t .

Das Prinzip der Subsidiarität : Al le Entscheidungen l iegen in der Verantwortung der k le ineren Gemeinwesen, so lange es nicht das W ohl der nächst größeren Gemeinschaf t er fordert , dass d ie Entscheidungskompetenz an d iese abgegeben wird. Subs id iar i tät verh indert e inen Zentra l ismus, der menschennahe und regionale Interessen ausschal tet.

Das Prinzip der Repräsentanz: A l le Gruppierungen der Gläubigen, Frauen und Männer, s ind in demokrat ischer W eise in Gremien der Führung und Beschlussfassung ver t reten. Entscheidungen werden durch of fenen und respektvol len Dia log vorbere itet , um wei tgehende Einmütigkeit – auch mit Minderheiten – zu er re ichen.

Das Prinzip der Mitwirkung: Um die Mitbest immung und Mitverantwor tung a l ler Betrof fenen zu gewähr leis ten, werden beispie lsweise Leiter und Leiter innen auf a l len Ebenen k irch l icher Verantwor tung je nach Bedarf und Eignung durch W ahlen zu ihren Ämtern beste l l t .

Das Prinzip befristeter Amtszeiten: Le iter und Leiter innen a l ler k irchl ichen Verantwor tungsbereiche werden für e ine Amtszei t von fes tgelegter und begrenzter Dauer gewähl t . D ie e inmal ige W iederwahl is t mögl ich.

Das Prinzip der Rechenschaftspf l icht: A l le Verantwor t l ichen legen ihren W ählern und W ähler innen in regelmäßigen Abständen Rechenschaf tsber ichte ihrer Arbei t vor, einschl ieß l ich unabhängig geprüf ter f inanzie l ler Abrechnungen. Bei schweren Vers tößen gegen d ie Verfassung und Gesetze kann das Verfassungsger icht Amtsverzicht verfügen.

Das Prinzip der Schri ft l ichkeit: Auf a l len Ebenen der Kirche, von der Pfarre aufwär ts, werden Übereinkünf te im Sinne d ieser Verfassung schr i f t l ich n iederge-legt, so dass s ie der W il lkür wechselnder Verantwortungsträger entzogen s ind.

Die gegenwärt ige Struktur der Ki rche mi t ihrem umfassenden Herrschaf tsanspruch von oben is t e ine geschicht l i ch bedingte menschl iche Einr ichtung und kann s ich n icht auf das Neue Testament und d ie urchr is t l ichen Formen der Gemeindeorganisat ion berufen. Für e ine neue Ver fassung is t d ie vo l le k i rch l iche Anerkennung der „Erk lärung der Menschenrechte “ nöt ig . Schr i t te zur Verwi rk l ichung müssen von unten gesetzt werden. Zu beginnen is t mi t der Entwick lung von Pfarrve r fassungen, d ie ebensolche Verfassungen auf Diözesanebene anstoßen. Ein Schneeba l le f fek t muss sch l ießl ich zur Änderung des Ki rchenrechts führen. „Wir s ind Ki rche“ Pr ies te r ohne Amt Pfarre r in i t ia t ive La ien in i t ia t ive

Batschuns, im Juni 2010