G P C VERSUCH 16 - Uni Ulm Aktuelles · Grundpraktikum Physikalische Chemie, Versuch 16: Chemisches...
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Überarbeitetes Versuchsskript, 18.10.2017
GRUNDPRAKTIKUM PHYSIKALISCHE CHEMIE
VERSUCH 16 CHEMISCHES GLEICHGEWICHT IN DER GASPHASE
Kurzbeschreibung:
Die Temperaturabhängigkeit des chemischen Gasphasen-Gleichgewichts
wird unter isochoren Bedingungen quantitativ untersucht. Hierfür wird die Masse eines
Glaskolbens bei verschiedenen Temperaturen bestimmt, der ein Gemisch aus N2O4 und dessen
dissoziierter Form NO2 enthält. Die Kenntnis der Masse erlaubt eine Berechnung des
Dissoziationsgrades bzw. des Verhältnisses von N2O4 und NO2 und damit der
Gleichgewichtskonstanten und verschiedener thermodynamischer Daten.
Grundpraktikum Physikalische Chemie, Versuch 16: Chemisches Gleichgewicht in der Gasphase
2
1. ALLGEMEINES
Verläuft eine chemische Reaktion nach dem Schema
( 1 )
so ist die Gleichgewichtskonstante K durch das Massenwirkungsgesetz (MWG) von GULDBERG
UND WAAGE gegeben.
( 2 )
Hierin ist die Aktivität der Komponente Y (Y = A, B, C, D), und der Exponent der jeweils in der
Reaktionsgleichung auftretende stöchiometrische Koeffizient.
Die Aktivität einer Komponente hängt mit dem chemischen Potential der Komponente über die
Definition zusammen. Für ideale Gase gilt
. Dabei ist immer der
Standarddruck von 1 bar.
Die Gleichgewichtskonstante lässt sich alternativ auch durch die Konzentrationen , die
Partialdrücke oder die Stoffmengenanteile (Molenbrüche) ausdrücken:
( 3 )
Die Gleichgewichtskonstante K ist direkt mit der Freien Standardreaktionsenthalpie
verknüpft (siehe Wedler, Kapitel 2.6.2):
( 4 )
Der Wert von bezieht sich wieder auf Standarddruck 1 bar, die Größe ist aber grundsätzlich
von der Temperatur abhängig und wird oft für 25°C angegeben. berechnet sich aus der
Standardreaktionsenthalpie und der Standardreaktionsentropie :
( 5 )
, und lassen sich nach dem Satz von Hess aus thermodynamischen Daten für die
Edukte und Produkte einer Gleichgewichtsreaktion berechnen, z.B.:
( 6 )
( 7 )
Im vorliegenden Versuch werden und durch Auftragung von gegen
bestimmt
werden. Hierfür gilt näherungsweise
( 8 )
Dass dies ein sinnvolles Resultat ergibt, ist jedoch nicht selbstverständlich, da und
beide temperaturabhängig sind.
Grundpraktikum Physikalische Chemie, Versuch 16: Chemisches Gleichgewicht in der Gasphase
3
Dass die Steigung der Auftragung von gegen
den Wert
hat, hängt direkt mit der
Van't Hoffschen Reaktionsisobare zusammen (s. Anhang):
( 9 )
Für den Fall isochorer Reaktionsbedingungen betrachtet man die Van't Hoffsche
Reaktionsisochore (s. Anhang):
( 10 )
2. DAS DISSOZIATIONSGLEICHGEWICHT
Distickstofftetraoxid dissoziiert gemäß der folgenden Reaktionsgleichung:
( 11 )
Wenn unter den gewählten Versuchsbedingungen ein Mol N2O4 zu einem Bruchteil dissoziiert
( = Dissoziationsgrad bzw. Reaktionslaufzahl mit der Einheit mol), dann enthält das System
genau 2 NO2. Für die Stoffmengen gilt
(12)
Daraus ergeben sich die Stoffmengenanteile (Molenbrüche)
(13)
berechnen. Die Gesamtstoffmenge im Gleichgewicht ist entsprechend
(12)
Ferner gilt
(15)
Im Experiment wird ein Glaskolben mit dem Volumen evakuiert und dann direkt mit
einem Metallzylinder verbunden, in dem sich flüssiges N2O4 befindet. Im Gesamtsystem stellt
sich dann der Dampfdruck des flüssigen N2O4 ein (Berechnung: s. Anhang bzw.
Druckmessung). Die Temperatur des Glaskolbens wird mit einem Thermostaten
kontrolliert, um verschiedene Gleichgewichtslagen zu erhalten.
Die Information über den Dissoziationsgrad steckt in der Masse des gefüllten Kolbens, die
gravimetrisch bestimmt wird. Nach Abzug der Masse des evakuierten Kolbens erhält man die
Gesamtmasse der eingeschlossenen Gasteilchen. Nach der Zustandsgleichung für ideale Gase
( 13 )
ist die Gesamtstoffmenge n im Kolben bekannt, mit deren Hilfe sich die mittlere Molmasse
berechnen lässt:
Grundpraktikum Physikalische Chemie, Versuch 16: Chemisches Gleichgewicht in der Gasphase
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( 14 )
Diese mittlere Molmasse setzt sich aus den Molmassen von N2O4 und NO2 als über die Molen-
brüche gewichtete Summe zusammen:
( 15 )
Berücksichtigt man, dass
und und setzt man für
ein, so erhält man
( 16 )
Aus lassen sich der Dissoziationsgrad (bzw. die Reaktionslaufzahl) und die
Gleichgewichtskonstante Kx berechnen:
( 17 )
( 18 )
Aus Kx lassen sich leicht Kp und K berechnen.
2
2 4
2 2
2
4
(1 )
NO p x
N O
p K K p pK
p p p p p
( 22 )
Damit stehen dann alle Werte für die Auftragung von gegen
zur Verfügung, aus der
dann und durch lineare Regression gewonnen werden können.
(2 3 )
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3. AUFGABEN
1) Bestimmen Sie für fünf Temperaturen (z. B. 30, 40, 50, 60 und 70 °C) den Dissoziationsgrad
und die Gleichgewichtskonstanten , Kx, Kp und .
Achtung: Die erste Temperatur sollte mindestens 5 K über der Temperatur des N2O4-
Reservoirs liegen. Andernfalls wird die Messung durch flüssiges N2O4 verfälscht, welches im
Messkolben auskondensiert.
2) Tragen Sie einem Diagramm gegen
auf und bestimmen Sie auf dieser Grundlage
und . Wägefehler u. ä. sollten hier in Form von Fehlerbalken berücksichtigt sein.
3) Erstellen Sie ein Ergebnisblatt ähnlich wie am Ende der Anleitung skizziert.
4) Diskutieren Sie die Schlüssigkeit Ihrer Ergebnisse: Liegen die Punkte annähernd auf einer
Geraden? Welche Vereinfachungen wurden in den theoretischen Annahmen gemacht, die
eventuell für die Abweichungen verantwortlich sein könnten?
5) Wie passen Ihre Werte zu denen aus der Literatur?
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4. DURCHFÜHRUNG
Vorsicht! ist ein farbloses (tiefe Temperaturen), aggressives, stark giftiges
Gas. ist ein tief braunes (bei T ≥ Raumtemperatur), giftiges Gas.
Deshalb müssen alle Operationen mit diesem Gemisch in einem gut funktionierenden Abzug
vorgenommen werden.
Abbildung 1: Schematischer Aufbau der Apparatur
In Abbildung 1 ist die für den Versuch vorgesehene Apparatur schematisch dargestellt. Der
tatsächliche Aufbau ist um weitere Kühlfallen ergänzt und weicht daher etwas von dieser Skizze
ab.
Ablauf:
1) Kühlfallen mit flüssigem Stickstoff füllen.
2) Thermostat einschalten und gewünschte Temperatur einstellen.
3) -Behälter in ein Wasserbad stellen, dessen Temperatur bei jedem Messdurchlauf
überprüft wird.
4) Den gereinigten, trockenen Kolben mit einer Kugelschliffklemme an Apparatur anschließen.
Dichtigkeit sicherstellen (kein Schlifffett verwenden – Verfälschung der Masse!).
Grundpraktikum Physikalische Chemie, Versuch 16: Chemisches Gleichgewicht in der Gasphase
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5) Vakuumpumpe und Baratron einschalten.
6) Messreihe durchführen (5 Messreihen)
a. Anlage mitsamt Kolben evakuieren (Ventile E, C & D geöffnet).
b. Kolben mit Gas füllen (Ventile A, C & D geöffnet).
c. 10 Minuten warten, bis Druckkonstanz vorliegt.
d. Ventil zum Kolben schließen und Anlage evakuieren (Ventile E & C geöffnet).
e. Kolben wiegen.
7) Nach der letzten Messung wird der Kolben vollständig evakuiert und seine Masse bestimmt.
8) Zur Bestimmung des Kolbenvolumens wird die Öffnung des evakuierten Kolbens in
destilliertes Wasser getaucht (Temperatur messen!) und das Ventil geöffnet. Durch den
Unterdruck wird der Kolben mit Wasser gefüllt. Aus der Masse des Wassers kann das
Volumen des Kolbens berechnet werden.
9) Apparatur belüften, Kühlfallen abmontieren und ausdampfen lassen, Geräte ausschalten.
Achtung! Eine Hauptfehlerquelle bei diesem Versuch ist die langsame Einstellung des
berechneten Dampfdrucks. Bitte lassen Sie bei jeder Messung den Kolben mindestens 10
Minuten in Verbindung mit dem -Behälter.
Ein weiteres Problem ist die Abkühlung des Kolbens beim Evakuieren (N2O4 kann
auskondensieren). Bitte warten Sie vor dem Gaseinlass etwa 2 Minuten, bis der Kolben sich
wieder auf die Temperatur des Thermostaten erwärmt hat.
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Messprotokoll Versuch 16
Chemisches Gleichgewicht in der Gasphase
Teamname:
Mitglieder:
Messwerte
Messung-Nr. 1 2 3 4 5
/ °C
/ °C
/ g
Fehlerwerte:
Feinwaage
Grobwaage
Temperatur
Zur Berechnung verwendete Werte:
Gaskonstante R
Ergebnisse
Messung-Nr. 1 2 3 4 5
Mittlere Molmasse
Dissoziationsgrad
1 / T
K
Aus der Geraden ergibt sich: Literaturwerte:
kJ mol-1 kJ mol-1
J K-1 mol-1 J K-1 mol-1
kJ mol-1 kJ mol-1
kJ mol-1 Literaturstelle(n):
Eine Übersicht in dieser Form sollte
am Ende Ihres Protokolls stehen!
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5. ANHANG
FEHLERRECHNUNG
Die Fehler werden mit der Größtfehlerrechnung (Fehlerfortpflanzung) ermittelt:
CHEMISCHES POTENTIAL UND REAKTIONSLAUFZAHL
Hinweis: negativ/ positiv für Edukte/Produkte
im Gleichgewicht:
ZUSAMMENHANG GLEICHGEWICHTSKONSTANTE UND
im Gleichgewicht:
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HERLEITUNG DER GIBBS-VAN’T HOFF’SCHEN FORMELN
Im Folgenden soll die Herleitung der VAN’T HOFF’schen Formel behandelt werden (nach JACOBUS
HENRICUS VAN’T HOFF). Sie beschreibt in der Thermodynamik den Zusammenhang zwischen der
Lage des Gleichgewichts einer chemischen Reaktion und der Temperatur. Eine wichtige
Grundlage ist der Zusammenhang
der sich wie folgt herleiten lässt:
Durch Ableiten unter Anwenden der Quotientenregel erhält man
Über die Zusammenhänge
Und dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik
(reversible Bedingungen)
Bei isobaren Bedingungen gilt , deshalb gilt
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Diese Beziehungen kann man oben einsetzen und erhält:
Zur Beschreibung eines Gleichgewichtes muss dieser Zusammenhang auf die partiellen molaren
Größen übertragen werden.
Hiermit lässt sich die VAN´T HOFFSCHE Reaktionsisobare aufstellen:
oder kurz:
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Ein anderer wichtiger Fall ist der des Gleichgewichts bei festem Volumen. Hier variiert der
Gesamtdruck mit der Lage des Gleichgewichts wenn die Zahl der gasförmigen Komponenten auf
Edukt- und Produktseite unterschiedlich ist. Ideales Verhalten vorausgesetzt, gilt
(Y = A, B, C, D). Beachtet man, dass
, und gibt man [Y] in mol L-1 an, so gilt .
Damit kann man Kp auch schreiben als
wobei
die Konzentrationsgleichgewichtskonstante ist.
(*)
Dies lässt sich kürzer schreiben, wenn man statt der Reaktionsenthalpie die
Reaktionsenergie , also die Wärmetönung der Reaktion bei konstantem Volumen (isochore
Reaktionswärme), verwendet.
Hier gilt nach der Definition der Zusammenhang
wobei für eine isochore Reaktion
gilt. Ferner ist nach der idealen Gasgleichung
wobei
die Änderung der Zahl der gasförmigen Teilchen (in Mol) pro Mol Formelumsatz bezeichnet, die
sich in unserem Fall über die stöchiometrischen Koeffizienten berechnet:
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Damit erhalten wir
Damit wird Gleichung (*) zur VAN’T HOFF’schen Reaktionsisochore:
Liegen experimentelle Daten zu K bei verschiedenen Temperaturen vor, so kann man bzw.
über eine Auftragung von gegen
erhalten.
Hierfür ist die folgende Umformung nützlich:
Im vorliegenden Fall bedeutet dies
d.h., die Reaktionsenthalpie bzw. –energie lässt sich direkt aus der Steigung einer Auftragung
von gegen
bestimmen.
BERECHNUNG DES DAMPFDRUCKS VON
Der Dampfdruck hängt von der Temperatur T des Gefäßes ab, in dem sich das
flüssige N2O4 befindet. Um diese Temperatur möglichst genau zu kennen, empfiehlt es sich,
das Gefäß in ein Wasserbad zu stellen, dessen Temperatur bei jeder Messung notiert wird.
Der Dampfdruck berechnet sich dann nach der August ‘schen Dampfdruckformel:
Für die Rechnung benötigt man die Verdampfungsenthalpie = 38.12 kJ mol-1 sowie
den Siedepunkt von N2O4. Am Siedepunkt hat N2O4 definitionsgemäß den
Dampfdruck , der dem Normaldruck entspricht.
Grundpraktikum Physikalische Chemie, Versuch 16: Chemisches Gleichgewicht in der Gasphase
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6. VORBEREITUNG AUF DEN PRAKTIKUMSVERSUCH
Arten von Gleichgewichten und Definition des chemischen Gleichgewichts
Prinzip von Le Chatelier mit Beispiel
Herleitung der van’t Hoff’schen Reaktionsisobare / -isochore
Reaktionslaufzahl , Ableitung nach
Herleitung der Gleichgewichtskonstanten , , und
Druck- und Temperaturabhängigkeit des chemischen Potentials
Dissoziation von N2O4: Auswerteformel, Dissoziationsgrad, Messprinzip
7. LITERATUR:
[1] G. WEDLER, Lehrbuch der Physikalischen Chemie, 5. Aufl., WILEY-VCH, 2004.
[2] P. W. ATKINS, Physikalische Chemie, 4. Aufl., WILEY-VCH, 2006.
Grundpraktikum Physikalische Chemie, Versuch 16: Chemisches Gleichgewicht in der Gasphase
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Alte Klausuraufgabe:
Wir betrachten ein chemisches Gleichgewicht von idealen Gasen: 2 4(g) 2(g)N O 2NO
a) Geben Sie einen Ausdruck für die Gleichgewichtskonstante Ka an.
2
2 2
2 42 4 2 4
2
2 2
NO
NO NO
a
N ON O N O
p
a ppK
pa p p
p
b) Zeigen Sie, dass 2
2
4
(1 )a
pK
p
, wobei der Dissoziationsgrad ist.
Stoffmengen: 2 4
1N On 2
2NOn 1gesn
Molenbrüche: 2 4
1
1N Ox
2
2
1NOx
Partialdrücke: 2 4 2 4
1
1N O N Op x p p
2 2
2
1NO NOp x p p
2
22 2
2
2
4 41
1 1 1 (1 )
1
a
pp p
Kp p
pp
c) Berechnen Sie /V n in L mol–1
für p = 0,5 bar, 1 bar und 2 bar unter der Bedingung, dass bei 25°C
keine Dissoziation vorliegen würde.
V RT
n p
p / bar V m / L mol-1
0.5 49.6
1 24.8
2 12.4
d) Berechnen Sie /V n bei 25°C für p = 0,5 bar, 1 bar und 2 bar unter Berücksichtigung der
Dissoziation mit Ka = 0,115. Die Gasmischung soll sich ideal verhalten.
2
2
4
(1 )a
pK
p
4a
pap
K
K
11
V RT V RT
n p n p
p / bar V m / L mol-1
0.5 0.23 61.1
1 0.17 28.9
2 0.12 13.9
e) Wenn der Druck für diese ideale Gasmischung sehr klein wird, nähert sich der Kompressionsfaktor
Z anstelle des typischen Wertes von 1 dem Wert 2 an. Erklären Sie in einem Satz.
1mpVZ
RT , d.h. die Stoffmenge ist nicht konstant und verdoppelt sich bei kleinem Druck.