Geschäfte mit Russland: im Bann der Weltpolitik...Geschäfte mit Russland: im Bann der Weltpolitik...

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VR International 1 VR International Nummer 6 | Juni 2018 Repräsentanz Moskau: aktuelle Aufgaben | Seite 3 Ländersteckbrief Aserbaidschan | Seite 6 Ost-Ausschuss: Vertrauen in die deutsche Wirtschaft | Seite 10 Geschäfte mit Russland: im Bann der Weltpolitik Nach einer fast einjährigen Verhandlungsphase mit dem russischen Kunden hat ein westfälischer Maschinenbauer Ende März den Vertrag endlich finalisiert. Kaufpreis, technische Details und Lieferzeiten wurden festgelegt, die Absicherung der Lieferung über ein bestätigtes Akkreditiv vereinbart. Es kam aber anders: Denn der Eigentümer der russischen Firma stand auf der am 6. April 2018 von der US-Regierung veröffent- lichten Sanktionsliste. Für das Unternehmen aus Westfalen sind die USA ebenfalls ein wichtiger Absatzmarkt. Eigentlich wäre alles nach deutschem Recht so einfach gewesen: Paragraf 7 der Außenwirtschaftsverordnung verbietet die Sanktionen von Drittstaaten zu be- folgen. Da die Lieferung der Maschine nach deutschem/EU-Recht nicht sankti- oniert ist, könnten sich die Exporteure sicher fühlen. Das Problem liegt in der Androhung der Amerikaner, auch Nicht- US-Bürger mit sogenannten sekundären oder exterritorialen Sanktionen zu bele- gen, falls diese wissentlich „signifikante Transaktionen“ mit den sanktionierten russischen Personen oder Unternehmen tätigen. Und was signifikant ist, entschei- den die amerikanischen Behörden nach eigenem Ermessen. Zwischen die Mühlsteine der Welt- politik sind jetzt besonders die deut- schen Unternehmen mit gleichzeitiger Präsenz in Russland und in den USA geraten. Das russische Parlament plant ein Gesetz zu beschließen, das das Ein- halten von US-Sanktionen zur Straftat macht. Wenn diese Unternehmen ihre Geschäftsbeziehung mit den sanktio- nierten russischen Firmen vertragsgemäß fortführen, drohen empfindliche Strafen der Amerikaner. Die bisherigen Sanktionsmaßnahmen gegen Russland, die im Zusammenhang mit dem russisch-ukrainischen Konflikt um die Krim und den Donbass im Jahr 2014 verhängt wurden, wurden zwi- Der Rote Platz, das pulsierende Herzstück Moskaus

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    VR International Nummer 6 | Juni 2018

    VR_Intern_03_2017_VR International 02.03.17 13:46 Seite 1

    Repräsentanz Moskau: aktuelle Aufgaben | Seite 3Ländersteckbrief Aserbaidschan | Seite 6Ost-Ausschuss: Vertrauen in die deutsche Wirtschaft | Seite 10

    Geschäfte mit Russland: im Bann der Weltpolitik Nach einer fast einjährigen Verhandlungsphase mit dem russischen Kunden hat ein westfälischer Maschinenbauer Ende März den Vertrag endlich finalisiert. Kaufpreis, technische Details und Lieferzeiten wurden festgelegt, die Absicherung der Lieferung über ein bestätigtes Akkreditiv vereinbart. Es kam aber anders: Denn der Eigentümer der russischen Firma stand auf der am 6. April 2018 von der US-Regierung veröffent- lichten Sanktionsliste. Für das Unternehmen aus Westfalen sind die USA ebenfalls ein wichtiger Absatzmarkt.

    Eigentlich wäre alles nach deutschem Recht so einfach gewesen: Paragraf 7 der Außenwirtschaftsverordnung verbietet die Sanktionen von Drittstaaten zu be-folgen. Da die Lieferung der Maschine nach deutschem/EU-Recht nicht sankti-oniert ist, könnten sich die Exporteure sicher fühlen. Das Problem liegt in der Androhung der Amerikaner, auch Nicht-US-Bürger mit sogenannten sekundären oder exterritorialen Sanktionen zu bele-gen, falls diese wissentlich „signifikante Transaktionen“ mit den sanktionierten russischen Personen oder Unternehmen tätigen. Und was signifikant ist, entschei-den die amerikanischen Behörden nach eigenem Ermessen.

    Zwischen die Mühlsteine der Welt- politik sind jetzt besonders die deut-schen Unternehmen mit gleichzeitiger Präsenz in Russland und in den USA geraten. Das russische Parlament plant ein Gesetz zu beschließen, das das Ein-halten von US-Sanktionen zur Straftat

    macht. Wenn diese Unternehmen ihre Geschäftsbeziehung mit den sanktio-nierten russischen Firmen vertragsgemäß fortführen, drohen empfindliche Strafen der Amerikaner.

    Die bisherigen Sanktionsmaßnahmen gegen Russland, die im Zusammenhang mit dem russisch-ukrainischen Konflikt um die Krim und den Donbass im Jahr 2014 verhängt wurden, wurden zwi-

    Der Rote Platz, das pulsierende Herzstück Moskaus

     

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    Im Fokus

    schen der EU und der US-Regierung ko-ordiniert. Die neuen, seit August 2017 verhängten Sanktionsmaßnahmen der US-Regierung stehen zum Teil im Wider-spruch zu den EU-Maßnahmen.

    Auswirkungen auf die deutschen Exporte nach Russland

    Bereits die EU-Sanktionen und die rus-sischen Gegenmaßnahmen, die auf die EU-Agrarexporte zielten, haben die deutsche Ausfuhr in das größte Land der Welt signifikant erschwert. Die bisherigen Sanktionen waren zwar nur zum Teil für den Rückgang des deutschen Export- volumens nach Russland verantwortlich, haben aber dennoch einen hohen büro-kratischen Aufwand bei deutschen Un-ternehmen, ihren Hausbanken und beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhr-kontrolle verursacht. Der schwache Rubel und die Rezession als direkte Folge des Verfalls der Rohstoffpreise beeinflussen allerdings die gesamten russischen Im-porte viel dramatischer als die EU-Sank-tionen. So sind die deutschen Exporte nach Russland in 2013 – das letzte volle Jahr ohne Sanktionen – von 36,1 Milliar-den EUR um 40,9 Prozent auf 21,8 Milli-arden EUR im Jahr 2015 – das erste vol-le Jahr nach den Sanktionen – gefallen, haben auch die chinesischen Exporteure – die keinerlei Sanktionen unterlagen –, sondern im Gegenteil, die Zurückhaltung der deutschen Konkurrenten auf dem russischen Markt gezielt ausnutzten, im gleichen Zeitraum Ausfuhreinbußen nach Russland um 30 Prozent hinnehmen müssen.

    Mit der allmählichen Erholung der Rohstoffpreise seit Anfang 2016 und der damit einhergehenden Stabilisierung des Rubel/USD-Kurses hat die russische Wirt-schaft die Talsohle der Rezession erreicht

    und ist sogar im Jahr 2017 um 1,5 Prozent gewachsen. Die deutschen Exporteure haben von dieser Entwicklung überpro-portional profitiert und ihre Ausfuhren im Gesamtjahr 2017 um 20 Prozent auf 25,9 Milliarden EUR gesteigert. Einen sehr großen Anteil an der Stabilisierung der deutschen Ausfuhren nach Russland hat die Bundesregierung, die ihr Euler Hermes Exportkreditgarantie-Programm in den besonders schwierigen Jahren 2015–2016 massiv ausgeweitet hat. Der Hermes gedeckte Anteil an den Russland- exporten ist von 6,7 Prozent im letzten Vorsanktionsjahr 2013 auf 17,5 Prozent in 2016 angestiegen. Auch wenn das Bundesdeckungsvolumen im Jahr 2017 wieder auf das Normalmaß an den Russ-landexporten gefallen ist, blieb Russland auch in 2017 – wie in den letzten vier Jah-ren in Folge – das Land mit dem höchsten Deckungsvolumen bei Euler Hermes. Der Rückgang der Bundesdeckung in 2017 hatte einen sehr erfreulichen Grund: Die Privatwirtschaft – Geschäftsbanken und die privaten Versicherer – hat ihre Risi-koeinschätzung gegenüber russischen Kontrahenten im Laufe des Jahres 2016

    nach oben revidiert, Limite kräftig erhöht und die Risikoprämien so stark reduziert, dass eine Absicherung oder Finanzierung der Russlandexporte im Jahr 2017 wieder zu den günstigen „Vorsanktions-Konditio-nen“ darstellbar war.

    Russlands Wirtschaft kann den Sanktionen trotzen

    Diese positive Einschätzung der Privat-banken und Versicherer basiert auf ei-nem soliden Fundament. Die russischen Behörden haben Stabilisierungsmaßnah-men ergriffen, die zwar eine deutliche Reduzierung der Kaufkraft der russischen Bevölkerung zur Folge hatte, dafür aber die Staatsfinanzen und vor allem Devi-senreserven des Landes geschützt haben. Der Staat verfügte Ende April 2018 mit 464 Milliarden USD über fast die glei-chen Gold- und Devisenreserven wie vor der Sanktionseinführung Mitte 2014. Die Staatsverschuldung ist nur leicht, auf im internationalen Vergleich sehr niedrige, 17 Prozent des Bruttoinlandsprodukts angestiegen. Dies hat sogar zwei große US-amerikanische Ratingagenturen dazu bewogen, Russland wieder mit dem Prä-dikat „Investment Grade“ auszuzeichnen. Auch die Weltbank hat in ihrem „Doing Business-Vergleich“ die Verbesserung um 58 Positionen auf aktuell Platz 35 unter 190 untersuchten Ländern in den letzten vier Jahren attestiert. Die Zentralbank hat den Bankensektor konsequent saniert und in den letzten vier Jahren mehr als ein Drittel aller Banken in Russland ge-schlossen. Sie hat sich nicht einmal davor gescheut, die viertgrößte Bank des Lan-des „Bank Otkritie“, die einigen mächti-gen Oligarchen gehörte, im August 2017

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    Im Fokus

    Autor

    Piotr Napolski AbteilungsdirektorDZ BANK AGStrukturierte FinanzierungCorrespondent Banking Emerging Markets 2, SFCMLudwig-Erhard-Allee 2040227 Düsseldorf0211 [email protected]

    Die Tätigkeit von ausländischen Bank- repräsentanzen wird in der Russischen Föderation durch das Gesetz über Ban-ken und Banktätigkeit sowie durch ent-sprechende Vorschriften der Zentralbank geregelt. Diesen Regulatorien zufolge darf eine Repräsentanz nur genau defi-nierte Funktionen wahrnehmen. Dazu gehören die Beobachtung der wirt-schaftlichen Situation des Landes und des Bankensektors, Beratungen von Kunden, Unterhaltung und Ausweitung von Kontakten zu den russischen Finanz- instituten und Entwicklung der internati-onalen Zusammenarbeit. Bankgeschäfte jeglicher Art sind den Repräsentanzen strikt untersagt.

    Die Repräsentanz ist eng eingebun-den in ein breites Netzwerk von Kon-takten mit Behörden, Verbänden, supra- nationalen Organisationen, Institutionen und Unternehmen. Hier bieten sich An-satzpunkte zur Informationsbeschaffung

    und zu interessanten Gesprächen bezüg-lich anstehender Geschäfte, Beurteilung des Marktes und Konkurrenzbeobach-tung. Unsere wichtigsten Handelspart-ner in Russland sind neben den großen russischen Unternehmen die lokalen Banken. Über diese bestehenden Bezie-hungen wird ein Großteil des dokumen-tären Außenhandelsgeschäfts im Interes-se deutscher Exporteure akquiriert. Ein weiterer Schwerpunkt der Tätigkeit der DZ BANK AG im russischen Markt ist das ECA-Geschäft. Auch hier gelang es uns in den vergangenen Jahren immer wieder, durch Informationsbeschaffung und di-rekte Kontakte in Russland renommier-te Großprojekte für deutsche Zulieferer mitzufinanzieren. Oftmals agiert die Re-präsentanz als „entry-point“ und stellt die DZ BANK bei den russischen Geschäfts-partnern vor. Zudem ist die Repräsentanz für die Organisation und Logistik von Ter-minen für die Kollegen aus Deutschland

    Repräsentanz Moskau – Schwerpunkte, Expertise, aktuelle Aufgabenstellungen

    während deren Geschäftsaufenthalten in Russland zuständig.

    Abschließend bleibt zu hoffen, dass die aktuellen geopolitischen Auseinan-dersetzungen zu dem Maß an gegen-seitiger Achtung und Vertrauen zurück-finden, welches in der Geschäftswelt zwischen Russland und Deutschland seit Jahrzehnten üblich ist.

    Autorin

    Carmen Heinrichs Chief RepresentativeDZ BANK AGRepräsentanz MoskauPodkopaevskyi pereulok 4A109028 Moskau007 [email protected]

    zu enteignen und unter Zwangsadmi-nistration zu stellen. Der unangefochte-ne Star der russischen Bankenszene ist die Sberbank, die im Geschäftsjahr 2017 mit 10,9 Milliarden EUR nicht nur ei-nen höheren Nettogewinn als die zehn größten deutschen Kreditinstitute – zu-sammengenommen – vermelden konn-te, sondern auch im Frühjahr 2018, nach ihrer Börsenkapitalisierung, als zweit-wertvollste Bank in Europa bewertet wurde.

    Russischer Markt für die Chinesen?

    Die neuesten amerikanischen Straf-maßnahmen wirken sich bereits auf die deutschen Exporte nach Russland aus. Durch die starke Abschwächung des Ru-belkurses seit dem 6. April haben sich die Einfuhren aus Deutschland schlagartig verteuert. Einige Transaktionen wurden deswegen verschoben. Auch die psycho-logische Wirkung auf die russischen Part-ner wiegt schwer. Da die US-Politik zurzeit nicht vorhersehbar ist, besteht die akute Gefahr, dass weitere Oligarchen mit ihren

    Imperien gelistet werden, und zwar un-abhängig davon, in welchem Verhältnis sie zur russischen Regierung stehen. Die Käufer sind dadurch verunsichert. Wenn ein russischer Unternehmer heute eine Maschine in Deutschland bestellt, die erst in sechs oder zwölf Monaten ausgeliefert werden soll, kann er nicht sicher sein, ob diese vertragsgemäß ausgeliefert werden darf. Am Ende könnte die russische Firma lieber das Risiko vermeiden und die Ma-schine in Asien bestellen.

    Wenn die deutsche/europäische Poli-tik keine Maßnahmen ergreift, um eige-ne Unternehmen vor der exterritorialen Anwendung der US-amerikanischen Sanktionen zu schützen, droht eine wei-tere Verschiebung der russischen Han-delsströme in Richtung China. In der Folge wird sich der Westen den Markt-zugang zum Land mit den größten Roh-stoffvorkommen der Welt, einem hohen Bedarf an Investitionsgütern und einer auch in schwierigen Zeiten nachgewie-senen Zahlungs- und Liefertreue selbst verbauen. Ob das tatsächlich im strate-gischen Interesse Westeuropas und der

    USA liegt, muss jetzt die Politik beant-worten.

    Hoffnungsschimmer

    Der westfälische Maschinenbauer kann jetzt wieder hoffen: Der sanktionierte russische Geschäftsmann hat sich bereit erklärt, die Anteile an dem betroffenen Unternehmen auf unter 50 Prozent zu reduzieren, um dieses vor den US-Sank-tionen zu bewahren.

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    Märkte & Chancen

    Asien: wichtiger für Fleisch- und Milchexporteure In Fernost wächst die Nachfrage nach Nahrungsmitteln aus Deutschland seit Jahren kontinuierlich. Mittlerweile gehen fast 14 Prozent der Fleischexporte und 7 Prozent der Milchlieferungen dorthin. Mit Abstand größter Abnehmer ist die VR China. Die entsprechenden Ausfuh-ren nach Japan, Südkorea und in die ASE-AN-Staaten legten um mehr als ein Drit-tel zu. Die zunehmende Globalisierung der Nahrungsmittelmärkte zeigt sich exemplarisch an den deutschen Fleisch- exporten: Knapp ein Siebtel von ihnen

    – im Wert von rund 1,5 Milliarden USD – gingen 2017 in das etwa 20.000 See- kilometer entfernte Ost- und Südost- asien – eine Verdopplung in nur fünf Jah-ren. Vor allem die Lieferungen nach China sind Beleg dafür, dass Distanzen auch bei günstigen Verbrauchsgütern eine immer geringere Rolle spielen. So haben sich die Ausfuhren dorthin mehr als verdreifacht.

    Deutschland lieferte 2017 Milch und Milchprodukte im Wert von mehr als 700 Millionen USD nach Ost- und Südostasi-en. Das entspricht einer Steigerung von

    Weitere Informationen:www.diplo.de

    Neuauflagen: www.diplo.de und App „Sicher Reisen“Der Internetauftritt des Auswärtigen Amts www.diplo.de ist neu gestaltet, mit einem verschlankten Auftritt und responsivem Design. Im neuen News-room sehen Sie auf einen Blick alle aktu-ellen Berichte oder Meldungen aus dem Auswärtigen Amt und können mit einer komfortablen Suchoption recherchieren. Mit über 20.000 Unterseiten und mehr als 50.000 Besuchern täglich ist die Web-seite das zentrale Service- und Informati-onsportal des Auswärtigen Amts. Neben

    den Reise- und Sicherheitshinweisen gibt es aktuelle Informationen zur Außen- und Europapolitik und ausführliche Hin-tergrundberichte zu Fachthemen und Länderinformationen.

    Auch die App „Sicher Reisen“ wurde grundlegend überarbeitet und ist mit neuen Funktionen in den App-Stores verfügbar. Die App bietet Tipps und eine Checkliste für die Reisevorbereitung, die Adressen der Vertretungen des Reiselan-des in Deutschland. Für Probleme vor Ort

    findet man in der App Infos für Notfälle sowie die Adressen der deutschen Ver-tretungen im Reiseland. Mit den Reise-ländern auf der Pinnwand entgeht durch Push-Nachrichten kein aktueller Reise- und Sicherheitshinweis.

    einem Drittel im Jahresvergleich und drei Vierteln in den letzten fünf Jahren. Auch bei Milch ist China der mit Abstand wich-tigste Zielmarkt, mit einer Verdoppelung der Liefermenge seit 2012. Dort spielt Lebensmittelsicherheit eine große Rolle. In chinesischen Supermarktregalen wird deutsche Milch daher oft mit Herkunfts-siegel und schwarz-rot-goldener Flagge vermarktet. Deutsche Milch wird sowohl in Pulverform als auch flüssig nach Asien geliefert.

    Quelle: gtai

    Ostafrika: Nachfrage nach ArzneimittelnWohl nirgendwo auf der Welt sind die Herausforderungen an den Gesundheits-sektor so groß wie in Subsahara-Afrika. Die Nachfrage übersteigt das Ange-bot. Für die Pharmaindustrie bedeutet das überdurchschnittliche Zuwachsraten. Allein der ostafrikanische Markt für Arz-neimittel dürfte bis 2021 eine Größenord-

    nung von 3,5 Milliarden USD erreichen, sagt eine Studie des US-amerikanischen Beraterunternehmens Frost & Sullivan. Dies entspricht jährlichen Zuwachsraten von mehr als 10 Prozent. HIV, Malaria und Tuberkulose sind zum Beispiel in keinem anderen Teil der Welt so weit verbreitet wie in Afrika, heißt es in der Studie.

    Während der Kontrolle von über-tragbaren Krankheiten unverändert die Priorität der Gesundheitssysteme gilt, ist der rapide Zuwachs von nicht übertrag-baren Krankheiten die nächste Heraus-forderung. Ostafrika unterscheidet sich diesbezüglich kaum von anderen Regio-nen südlich der Sahara. Dabei geht der Trend zu einer größeren Produktion von Arzneimitteln vor Ort, um die Abhän-gigkeit von Spenden und Importen zu vermindern. Die deutschen Exporte von pharmazeutischen Erzeugnissen nach Ostafrika sind bislang marginal.

    Weitere Informationen:www.frost.com

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    Österreich: erneuerbare Energien hoch im Kurs

    Der Ausbau erneuerbarer Energien hat beim Großteil der österreichischen Be-völkerung ungebrochen einen hohen Stellenwert. Das bestätigt eine aktuel-le Studie vom Institut für Strategisches Management der Wirtschaftsuniversität Wien, Deloitte Österreich und Wien Ener-gie. Der Trend setzt sich fort: Große Zu-stimmung findet sich beim Thema Ener-giewende sowie bei Elektromobilität, Photovoltaik und Gemeinschaftsanlagen. Zugleich verliert Diesel als Antriebs- modell an Akzeptanz.

    Deutliche 85 Prozent ziehen die Weiterentwicklung erneuerbarer Ener-

    MESSETIPPS

    THE BIG 5 SHOW International Building & Construction Show

    Auf dem Messegelände in Dubai, Vereinigte Arabische Emirate, findet vom 26. bis 29. No-vember 2018 THE BIG 5 SHOW – Internatio-nal Building & Construction Show statt. Angebotsschwerpunkte sind u. a. 3D-Druck, Baubedarf, Baubeschläge, Bauplanung, Bau-profile, Bedachung, Beschichtungsmaterialien, Brandschutz, Dichtstoffe, Elektro-Installati-onstechnik, Klimageräte, Klimatechnik, Kühl-technik, Robotik, Sicherheitseinrichtungen, Smart Home (Intelligente Haustechnik), Son-nenschutzanlagen, Stahl, Türen, Wassertechnik und Werkzeuge. Für deutsche Unternehmen gibt es eine Firmengemeinschaftsausstellung. Kontakt:Messe & Marketing Michael PittscheidtAlte Landstr. 2953902 Bad Münstereifel02253 [email protected]

    INTERMODAL EUROPE The World‘s Leading Container Event

    In Rotterdam, Niederlande, öffnet vom 6. bis 8. November 2018 die INTERMODAL EUROPE – The World‘s Leading Container Event ihre Tore. Branchenschwerpunkte sind Transport und Verkehr (Branche 83), Ange-botsschwerpunkte sind Container, Hafenaus- rüstung, Kommunikationstechnik und Trans-portsysteme des Güterverkehrs.

    Kontakt:Informa PLC – Head Office5 Howick PlaceSW1P 1WG LondonGroßbritannien und Nordirland0044 [email protected] 0044 [email protected]

    Kontaktadresse für alle Fragen rund um Ihr internationales Geschäft

    Haben Sie Fragen oder zusätzlichen Informations-bedarf für Ihr internationales Geschäft?Sie erreichen die erfahrenen Spezialisten der DZ BANK unter folgender Mail-Adresse:[email protected]. Bitte mit dem Hinweis, zu welcher Volks- oder Raiffeisenbank Geschäftsverbindung besteht.

    gietechnologien der stärkeren Nutzung fossiler Energieträger vor. Eine große Mehrheit von 81 Prozent erhofft sich dadurch ein nachhaltigeres Wirtschafts-wachstum. Die Stimmungslage ist damit drei Jahre in Folge sehr positiv. Erstmals wurde in der aktuellen Studie auch ein Schwerpunkt auf junge Menschen im Alter zwischen 15 und 25 Jahren gelegt. Hier zeigt sich, dass diese mehr Wert auf die Stromherkunft legen, die Generatio-nengerechtigkeit betonen und verstärkt auf Elektromobilität setzen.

    Quelle: Presseartikel

    Thailand: verstärkt Forschung und Entwicklung

    Thailands Markt für Analyse-, Bio- und Labortechnik legt mit der politischen Ini-tiative zu einem neuen Wachstumsschub durch mehr Forschung und Innovation stärker zu. Als tragende Zweige gelten hier Ernährung, Biotechnologie, Petro-chemie und Pharmazie. Bisher konzent-riert auf den Science Park, folgt jetzt der Eastern Economic Corridor of Innovation. Die Importdynamik dokumentiert viel Absatzpotenzial für deutsche Unterneh-men, die fast die Hälfte des europäischen Exports bestreiten.

    Die neue Entwicklungsstrategie Thai-land 4.0 setzt den Schwerpunkt zur Be-

    schleunigung der industriellen Entwick-lung auf einen höheren Wachstumspfad in zehn sogenannte S-Curve Industries, davon fünf gut etablierte sowie fünf neue Zweige. Zur ersten Gruppe zählen Autos der nächsten Generation, Smarte Elektronik, Medizin- und Wellnesstou-rismus, Nahrungsmittel der Zukunft so-wie Landwirtschaft und Biotechnologie. Die neue Gruppe umfasst Roboter und Automatisierung, Luftfahrt und Logis-tik, Biochemie und umweltfreundliche Petrochemie, Digitalwirtschaft und den Medical Hub.

    Quelle: Presse

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    Ländersteckbrief

    AserbaidschanAserbaidschan ist ein Binnestaat in Vor-derasien und erstreckt sich auf einer Fläche von 86.600 qkm zwischen Kas-pischem Meer und dem Kaukasus. Die Einwohnerzahl des Landes betrug 2016 circa 9,7 Millionen, wovon allein 2 Milli-onen in der Hauptstadt Baku leben. Als Korrespondenzsprachen dienen Aser-baidschanisch (Aseri), Russisch, Türkisch und Englisch.

    Politische Lage

    Das politische System Aserbaidschans ist ein autokratisches Präsidialsystem. Der Präsident Ilham Alijew, welcher im Jahr 2003 seinem Vater Heydar Alijew ins Amt folgte, verfügt über weitreichende Befugnisse wie die Ernennung von Mi-nisterpräsident und Ministern, Auflösung des Parlaments und das Vorschlagsrecht für die Ernennung von Verfassungs-richtern. Die Gewaltenteilung ist dem- entsprechend nur schwach ausgeprägt. Am 11. April 2018 fanden vorgezogene Präsidentschaftswahlen statt. Diese be-stätigten mit einer Zustimmung von über 80 Prozent den Amtsinhaber Alijew, wel-cher damit seine vierte Amtszeit antritt. Die OSZE kritisierte die Wahl aufgrund schwerwiegender Unregelmäßigkeiten scharf. Mit dem eigentlich demokrati-

    Baku ist die größte Stadt des gesamten Kaukasus, zudem Knotenpunkt mehrerer Erdölleitungen.

    te, völkerrechtlich aber zu Aserbaidschan gehörende Region Berg-Karabach. Nach dem Ende des Krieges beider Staa-ten von 1992 bis 1994 um die Region Berg-Karabach kam es an der Waffenstill-standslinie wiederholt zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen dem ar-menischen und dem aserbaidschanischen Militär, zuletzt im April 2016. Die Wieder-herstellung der territorialen Integrität ist das erklärte Ziel der aserbaidschanischen Außenpolitik. Enge wirtschaftliche und politische Beziehungen bestehen zur Türkei. Das außenpolitische Verhältnis zu Russland ist hingegen ambivalent. Einen

    schen Instrument der Präsidentschafts-wahl wird ein autokratisches Machtsys-tem legitimiert, an dessen Spitze seit Jahrzehnten die Familie Alijew steht. So wurde die Ehefrau des Präsidenten 2017 zur Vizepräsidentin ernannt. Entspre-chend hoch ist auch die Korruption von wirtschaftlichen und politischen Eliten. Im Corruption Perceptions Index 2017 von Transparency International wird Aserbaidschan auf Rang 122 von 180 geführt. Ein wichtiger außenpolitischer Risikofaktor ist eine erneute Eskalation des Konfliktes mit dem Nachbarland Ar-menien um die von Armeniern bewohn-

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    Ländersteckbrief

    Beitritt zur Eurasischen Wirtschaftsunion – Mitglieder: Armenien, Kasachstan, Kir-gisistan, Russland, Weißrussland – lehnt Aserbaidschan derzeit ab.

    Wirtschaftsstruktur

    Die aserbaidschanische Volkswirtschaft ist gering diversifiziert und weist mit knapp 49 Prozent des nominalen Brut-toinlandsprodukts (BIP) eine sehr hohe Abhängigkeit vom Öl- und Gassektor auf. Eine wichtige langfristige wirt-schaftspolitische Herausforderung bleibt daher die Reduzierung dieser Abhängig-keit. Gegenwärtig wird das Wachstums- potenzial der Nicht-Erdöl-Sektoren durch eine hohe Korruption, eine geringe Rechtssicherheit und eine marktbeherr-schende Stellung einzelner Oligarchen in verschiedenen Wirtschaftssektoren be-einträchtigt. Das Land verfügt über 0,4 Prozent der weltweit nachgewiesenen Ölreserven und 0,6 Prozent der weltwei-ten Gasreserven. Die Förderung sowie der Export von Öl und Gas stehen unter der Kontrolle der staatlichen Firma State Oil Company of the Azerbaijan Republic, werden jedoch auf Basis von Dienstleis-tungsverträgen und Joint Ventures auch in Zusammenarbeit mit internationalen Energiefirmen betrieben. Die sehr hohe volkswirtschaftliche Bedeutung von Erd-ölexporterlösen zeigt sich insbesondere im Außenhandel und im öffentlichen

    Haushalt. So entfallen über 65 Prozent der aserbaidschanischen Exporte auf Rohöl und Erdölprodukte. Diese Erlöse stellen zudem die wichtigste Einnah-mequelle im öffentlichen Haushalt dar. Der Bankensektor Aserbaidschans war in den letzten Jahren ein Risikotreiber.

    So verzeichnete die International Bank of Azerbaijan, die mit Abstand größte Geschäftsbank des Landes, am 10. Mai 2017 einen Zahlungsausfall und muss-te vom Staat rekapitalisiert werden. Die Aufwendungen für die Restrukturierung belaufen sich Schätzungen zufolge auf

    Jahr Bruttoinlandsprodukt Inflationsrate Haushaltssaldo (real) (Jahresdurchschnitt) (BIP)

    2016 –3,1 12,4 –0,4

    2017 0,1 12,8 –1,6

    2018p 1,6 4,1 0,1

    2019p 1,8 4,8 0,4

    p = Prognose

    Quellen: Internationaler Währungsfonds (IWF); eigene Schätzung

    Gesamtwirtschaftliche Entwicklung (in Prozent)

    Jahr Leistungsbilanzsaldo Direktinvestitionen Währungsreserven (netto) (ohne Gold)

    2016 –1,4 4,8 5,8

    2017 1,7 4,2 6,7

    2018 3,0 5,5 6,9

    2019p 1,8 5,6 7,3

    p = Prognose

    Quellen: Internationaler Währungsfonds (IWF); Weltbank; eigene Schätzung

    Entwicklungen in der Außenwirtschaft (in Milliarden USD)

    Die sehr hohe volkswirtschaftliche Bedeutung von Erdölexporterlösen zeigt sich insbesondere im Außenhandel und im öffentlichen Haushalt.

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    Ländersteckbrief

    knapp 20 Prozent des aserbaidschani-schen BIP. Aufgrund mangelnder Kapi-talausstattung wurde noch eine weitere Bank vom Regulator geschlossen. Trotz dieser Maßnahmen ist der restliche Ban-kensektor mit einer NPL-Quote von 20,6 Prozent weiterhin verwundbar. Auch ist die aserbaidschanische Wirtschaft durch einen hohen Grad an Dollarisierung ge-kennzeichnet. So macht der Anteil der Fremdwährungskredite an den Gesamt-krediten hohe 41 Prozent aus, auf der Einlagenseite stehen Fremdwährungen sogar für über 72 Prozent. Dies erhöht die Anfälligkeit der aserbaidschanischen Volkswirtschaft gegenüber Wechselkurs-schwankungen und zeugt von einem mangelnden Vertrauen der Bevölkerung in die Landeswährung.

    Wirtschaftslage und -politik

    Die konjunkturelle Entwicklung Aserbaid-schans hat sich 2017 stabilisiert, ist aber weiterhin unterdurchschnittlich. Nach der

    Rezession in 2016, mit einer negativen Wachstumsrate von 3,1 Prozent, wurde 2017 ein reales BIP-Wachstum von nur 0,1 Prozent erreicht. Hintergrund dieser schwachen Entwicklung war einerseits die von der OPEC beschlossene Drosse-lung der Ölfördermenge, andererseits der schwache private Konsum und die gerin-gen staatlichen Investitionen. In 2018 wird mit einem BIP-Wachstum von 1,6 Prozent gerechnet, was jedoch immer noch deut-lich unter dem durchschnittlichen Real-wachstum von 4,5 Prozent in den Jahren 2008 bis 2015 liegt. Die Inflationsrate hat-te sich 2016 aufgrund der starken Wäh-rungsabwertung, und den daraus resul-tierenden steigenden Importpreisen, auf 12,4 Prozent beschleunigt und verharrte auch 2017 auf diesem hohen Niveau. Ein Auslaufen des Währungseffektes sollte die Inflationsrate 2018 wieder deutlich auf akzeptable 4,1 Prozent reduzieren. Die öffentliche Verschuldung ist seit Jah-ren stetig gestiegen und erreichte 2017 ein Niveau von knapp 56 Prozent des BIP.

    Neben gestiegenen Fremdwährungsver-bindlichkeiten aufgrund der Abwertung des aserbaidschanischen Manats ist die bereits erwähnte Stützung des Banken-sektors einer der Hauptgründe für den Anstieg. Positiv auf die Finanzsituation des aserbaidschanischen Staates wirken sich hingegen die hohen staatlichen Re-serven aus, welche aus öffentlichen Haus-haltsüberschüssen in Erdölboomjahren resultieren. So verfügt allein der staatliche Ölfonds SOFAZ über Aktiva im Wert von über 80 Prozent des aserbaidschanischen BIP. In Anbetracht dieser hohen staatli-chen Reserven ist die kurz- bis mittelfris-tige Finanzsituation der Regierung als komfortabel einzustufen. Dagegen hängt die langfristige Finanzsituation des Landes in hohem Maße von der zukünftigen Ent-wicklung des Erdölpreises ab. Durch den gestiegenen Ölpreis wies die Leistungs-bilanz nach den Defiziten der Vorjahre in 2017 einen Überschuss von 4,1 Prozent des BIP aus. Auf Basis aktueller Ölpreis-prognosen wird dies auch in den nächsten zwei Jahren zu Leistungsbilanzüberschüs-sen in der Größenordnung von 4 bis 6 Prozent des BIP führen.

    Botschaft der Bundesrepublik Deutschland

    ISR Plaza, Nizami Str. 69 AZ 1005 Baku 0099412 4654100 [email protected] www.baku.diplo.de

    Botschaft der Republik Aserbaidschan

    Hubertusallee 43 14193 Berlin 030 2191613 [email protected] http://berlin.mfa.gov.az/

    Deutsch-Aserbaidschanische Auslandshandelskammer

    Winter Park Plaza 7. Etage Rasul Rza Str. 75

    AZ 1014 Baku | Aserbaidschan 00994 (12) 4976306/07 [email protected] www.ahk-baku.de

    Nützliche Adressen

    Jahr Deutsche Ausfuhr Deutsche Einfuhr Saldo

    2015 675 2.177 –1.502

    2016 317 1.614 –1.297

    2017 352 1.003 –651

    2018 Jan.–Febr. 51 220 –169

    Quellen: Statistisches Bundesamt, Wiesbaden; Außenhandel, Fachserie 7

    Außenhandel der Bundesrepublik Deutschland mit Aserbaidschan (in Millionen EUR)

    In der Altstadt von Baku, die seit 2000 den Status eines UNESCO-Welterbes hat, sind zahl-reiche Paläste, Moscheen und Festungsbauten erhalten geblieben.

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    Ländersteckbrief

    Beziehungen zu Deutschland und EU

    Die EU nimmt im Außenhandel mit Aser-baidschan eine wichtige Stellung ein. Mit 47 Prozent gehen knapp die Hälfte der aserbaidschanischen Exporte an die Staatengemeinschaft. Umgekehrt ste-hen EU-Güter für 22 Prozent der aser-baidschanischen Importe. Deutschland ist mit 5 Prozent der Importe das sechst-wichtigste Lieferland Aserbaidschans sowie das fünftwichtigste Abnehmer-land mit 7 Prozent der Exporte. Unter den deutschen Handelspartnern nimmt

    Aserbaidschan insgesamt nur Rang 65 ein, spielt als fünftgrößter Rohöllieferant aber trotzdem eine wichtige Rolle. Das bilaterale Handelsvolumen ist in den letz-ten Jahren rückläufig. Hintergrund ist ein Rückgang bei den Öl- und Gasimporten Deutschlands um fast die Hälfte. Auch die deutschen Ausfuhren nach Aser-baidschan haben sich seit 2015 nahezu halbiert und erreichten 2017 noch 352 Millionen EUR. Insgesamt weist die Han-delsbilanz einen Überschuss zugunsten Aserbaidschans aus, der sich 2017 ge-genüber dem Vorjahr von 1,3 Milliarden

    EUR auf 0,7 Milliarden EUR reduzierte. Zu den wichtigsten deutschen Exporten nach Aserbaidschan zählen Maschinen (22 Prozent der Exporte), Kraftfahrzeu-ge und -teile (14 Prozent der Exporte), Elektrotechnik (8 Prozent) sowie Arz-neimittel (7 Prozent). Importiert wird zu 98 Prozent Erdöl. Bei den Direktinves-titionen entfallen 73 Prozent auf den Öl- und Gassektor, gefolgt von der Bau-wirtschaft mit 16 Prozent. Aufgrund des Sitzes großer Erdölkonzerne stammen knapp 27 Prozent der Investitionen aus Großbritannien. Der Anteil Deutschlands beläuft sich auf geringe 0,2 Prozent. Die Chancen Deutschlands als strategischer Wirtschaftspartner können im Hinblick auf die zukünftige wirtschaftliche Ent-wicklung Aserbaidschans grundsätzlich positiv eingeschätzt werden. Vor allem der Investitionsbedarf in die Infrastruk-tur und die wachsende Nachfrage nach Importgütern lassen steigende Ge-schäftschancen vermuten.

    Aussichten

    Aserbaidschan ist aufgrund seiner um-fangreichen Erdöl- und Erdgasvorkom-men wenig diversifiziert und stark abhän-gig von der wirtschaftlichen Entwicklung des Öl- und Gassektors. Einerseits sorgen die mit dem Ölgeschäft verbundenen Deviseneinnahmen für eine gewisse au-ßenwirtschaftliche Stabilität, andererseits wurden jedoch dringend notwendige Strukturreformen noch nicht angegan-gen. Eine wirtschaftspolitische Stärkung des Nicht-Erdölsektors würde einen hohen Investitionsbedarf auslösen, mit entsprechenden Chancen für deutsche Exporteure. Außenpolitisch bleibt die friedliche Lösung des Konflikts um die En-klave Berg-Karabach das wichtigste Ziel.

    Markus Mischker

    DZ BANK AG

    Bevölkerung:

    9,5 Millionen

    Hauptstadt:

    Baku

    Korrespondenzsprachen:

    Russisch, Englisch

    Wichtige Feiertage:

    Volkstrauertag: 20. Januar

    Tag der Republik: 28. Mai

    Tag der Unabhängigkeit: 18. Oktober

    Zollflughäfen:

    Baku Heydar Aliyev Int., Baku Zabrat, Gyandzha, Nakhchivan

    Zolltarif:

    Harmonisiertes System

    Einfuhrlizenzen:Die Einfuhr ist weitgehend liberalisiert.

    Zahlungsbedingungen und Angebote:Von Lieferung auf offene Rechnung wird abgeraten. Vorauskasse evtl. Akkreditiv-basis nach vorheriger Konsultation einer erfahrenen, international tätigen Bank.

    Maße und Gewichte:Metrisches System

    Währungseinheit: 1 Manat = 100 Qapik. ISO-Code: AZN

    Euler Hermes Länder-Klassifizierung: 5

    Auszug aus den „Importbestimmungen anderer Länder“ 2016 sowie aus den „Konsulats- und Mustervorschriften“ (42. Auflage, 2017/2018).

    Eckdaten für den Export nach Aserbaidschan

    Maschinen 23,6

    Nahrungsmittel 19,0

    Eisen und Stahl 13,1

    Transportmittel 9,5

    Quelle: Germany Trade & Invest, Wirtschaftsdaten kompakt, November 2017

    Hauptimportgüter Aserbaidschans(in Prozent der Gesamteinfuhr 2016)

    Teppiche aus Aserbaidschan sind wichtige Bestandteile der Kunst und Kultur des Landes und waren schon in der Antike bekannt.

  • Nummer 6 | Juni 2018

    10 VR International

    Interview des Monats

    Ost-Ausschuss: Russen setzen Vertrauen in die deutsche WirtschaftDas politische Verhältnis zu Russland ist alles andere als ungetrübt. Darüber und über die Chancen des deutschen Mittelstandes in diesem traditionellen Export-Markt sprach VR International mit Wolfgang Büchele, dem Vorsitzenden des Ost-Ausschusses der deutschen Wirtschaft e.V.

    VR International: Belasten die aktuellen Ereignisse – Fall Skripal und der Krieg in Syrien – das Russland-Geschäft?

    Wolfgang Büchele: Seit der Ost-Aus-schuss vor über 60 Jahren gegründet wurde, ist die politische Großwetterlage in Bezug zu Russland oder der Sowjet-union fast nie einfach gewesen. Nach der schweren Krise infolge des Ukraine-Kon-flikts und der Einführung von Sanktionen 2014/2015 hatten sich die Geschäftskon-takte 2017 wieder spürbar verbessert. Die aktuelle Spirale weiterer US-Sanktionen mit Bezug auf den Fall Skripal, Syrien oder russische Aktivitäten in den USA trüben allerdings wieder die kurzfristigen Aus-sichten. Russland wird als größter Nach-bar der EU immer ein interessanter und wichtiger Partner bleiben. Deutschland kann die Technik liefern, die die russische Wirtschaft zur Modernisierung braucht, umgekehrt sind russische Rohstoffliefe-rungen für eine nachhaltige Entwicklung der deutschen und europäischen Wirt-schaft unverzichtbar. Das verbindet uns.

    VR International: Bedeutet der Aus-gang der Wahl in Russland Stabilität in der internationalen Beziehung?

    Wolfgang Büchele: Das Ergebnis der Präsidentenwahl hat sicherlich nieman-den überrascht, die meisten Russen wünschen sich in diesem Amt Kontinui-tät. Gleichzeitig erwarten sie aber auch eine Modernisierung ihrer Wirtschaft und eine Rückkehr zu den Wachstumszahlen der frühen 2000er-Jahre. Wir hoffen, dass Präsident Putin in seiner verfassungsmä-ßig letzten Amtszeit nun beherzte Schrit-te unternimmt, das belastete Verhältnis zum Westen wieder in Ordnung zu brin-gen. Umgekehrt sollte es auch Dialog- angebote von westlicher Seite geben, die dabei helfen, Russland wieder aus der zunehmenden internationalen Isolation herauszuführen. Wir denken, dass es bei

    vielen großen Fragen gemeinsame Inter-essen der EU und Russlands gibt, über die man sprechen kann. Die Wirtschaft kann einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass Deutschland und Russland verbun-den und im Gespräch bleiben.

    VR International: Wird es politische und wirtschaftliche Änderungen in Russland geben?

    Wolfgang Büchele: Putin hat in seinen jüngsten Reden einen starken Schwer-punkt auf die wirtschaftliche Entwicklung des Landes gelegt und große Ziele wie die Halbierung der Armut angekündigt. Im neuen Kabinett hätten wir uns aller-dings mehr Personen mit liberalem Wirt-schaftsprofil erhofft. Vor allem müsste sich der russische Staat aus der Mehrheit seiner Industriebeteiligungen zurückzie-hen und mehr Wettbewerb zulassen. So kann im produzierenden Gewerbe gelin-gen, was in den Bereichen IT und Tele-kommunikation schon Realität ist: Hier sind Unternehmen entstanden, die wett-bewerbsfähig und fit für den Weltmarkt sind. Deutsche Investoren brauchen fai-re Wettbewerbsbedingungen auf dem russischen Markt. Mehr internationale Zusammenarbeit und Kooperationen in wesentlichen Industriebereichen würden Russland einen deutlichen Schub geben.

    VR International: Hat der deutsche Mittelstand weiterhin Chancen – und einen guten Ruf in Russland?

    Wolfgang Büchele: Seit 2012 gibt es im Ost-Ausschuss eine eigene Kontaktstel-le, die das Engagement des deutschen Mittelstands in Russland fördert. In die-ser Zeit sind beachtliche Projekte mit auf den Weg gebracht worden. Immer mehr deutsche Mittelständler, etwa in der Zu-liefererindustrie für die Autoproduktion, haben sich in Russland engagiert und produzieren jetzt in Russland. Sie werden

    dort mit großer Sympathie aufgenom-men. Dennoch können die Investitions-bedingungen natürlich noch weiter ver-bessert werden. Gerade Mittelständler benötigen stabile Rahmenbedingungen und Rechtssicherheit. Hier sind wir mit der russischen Seite ständig im Gespräch und werden auch gehört. Trotz gegen-seitiger Wirtschaftssanktionen ist der deutsch-russische Handel 2017 erstmals wieder um 20 Prozent gewachsen. Das zeigt, dass das Vertrauen in Russland in die deutsche Wirtschaft und speziell in den Mittelstand intakt ist und die politi-schen Krisen dem zum Glück am Ende nur wenig anhaben konnten.

    VR International: Aus Blick des deut-schen Mittelstandes: Für welche Bran-chen sehen Sie positive Bedingungen?

    Wolfgang Büchele: Die Landwirtschaft und die Ernährungsindustrie werden von den deutschen Unternehmen wei-terhin mit deutlichem Abstand als die wachstumsstärksten Branchen in Russ-land eingeschätzt. Sie profitieren nicht zuletzt vom russischen Importverbot für westliche Agrarprodukte und staatlicher Förderung. Auf Rang zwei folgt unver-ändert der Maschinen- und Anlagenbau. Wieder positiv entwickelten sich zuletzt die Automobilindustrie und die Bauwirt-schaft.

    VR International: Vielen Dank.

    Interview mit …

    Wolfgang BücheleVorsitzender des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft e.V.Breite Straße 29 10178 Berlin 030 [email protected]

  • Nummer 6 | Juni 2018

    VR International 11

    Von Praktikern für Praktiker

    Erfolgreiche Geschäfte in Russland – kein Buch mit sieben SiegelnKaltes Klima, riesige Entfernungen, Isola-tion des Landes, asiatischer Einfluss, Ent-fernung von den meisten Handelsrou-ten, grundsätzliches Misstrauen Fremden gegenüber, Leibeigenschaft, autoritäre Führung und Planwirtschaft: Diese und andere Faktoren haben eine Mentalität geprägt, die sich grundsätzlich von der deutschen unterscheidet – trotz der an-genommenen äußeren Ähnlichkeit zwi-schen Deutschen und Russen.

    Daher hilft das Verständnis füreinan-der, den wichtigsten Stolpersteinen im Vorfeld proaktiv entgegenzuwirken, um die Zusammenarbeit mit Kunden und Kollegen effizient zu gestalten und teure Fehler zu vermeiden.

    Kulturen sind wie Zwiebeln. Wir se-hen und interpretieren unweigerlich die äußere Schale. Darunter verbergen sich jedoch Werte und Grundsätze, die sich über Jahrhunderte hinweg gebildet haben. Das bedeutet, dass hinter unter-schiedlichen Verhaltensweisen mitunter dieselben Werte und vor allem positive

    oder rationale Absichten stecken, die je-doch völlig anders interpretiert werden.

    Kleine Ursachen – große Missverständnisse

    Dies beginnt bereits mit simplen Dingen, die schon am Anfang für Verstimmungen sorgen können. In Deutschland gibt man sowohl Männern wie auch Frauen die Hand. In Russland hingegen geben sich nur Männer die Hände, Frauen werden mit einem freundlichen Kopfnicken be-grüßt. Was in Deutschland als unhöflich gilt, bedeutet in Russland das Bezeugen von Respekt: Frauen möchten als Frauen respektiert werden und nicht mit einem kräftigen „germanischen“ Händedruck auf dieselbe Stufe wie Männer gestellt werden.

    Gleiches gilt für den Augenkontakt. In Deutschland schaut man seinem Ge-genüber in die Augen, wenn man sich unterhält. Dies baut Vertrauen auf und signalisiert Interesse. Anders in Russland,

    wo der Augenkontakt erheblich selte-ner ist, insbesondere, wenn es sich um Menschen handelt, die auf unterschied-lichen hierarchischen Stufen stehen oder die man nicht kennt. Dies drückt ebenfalls Respekt aus, verwirrt deutsche Geschäftsleute jedoch oft und führt mitunter sogar zu Fehlentscheidungen, beispielsweise bei der Beurteilung von Kandidaten bei Bewerbungsgesprächen.

    Hinter beiden Verhaltensweisen steht eine positive Absicht. Dies gilt auch für die Tendenz der Russen, ihre Gesprächs-partner zu unterbrechen. Während dies in Deutschland als unhöflich empfunden wird, wollen Russen damit Interesse an der Konversation signalisieren. Offenheit und Darlegung von Absichten sind dabei einfache Mittel, um Missverständnisse aufzuklären.

    König Kunde

    Russische Kunden empfinden sich oft als Könige und tendenziell verhalten sie sich

  • Nummer 6 | Juni 2018

    12 VR International

    Von Praktikern für Praktiker

    IMPRESSUM

    Herausgeber: DZ BANK AG, Deutscher Genossenschafts-Verlag eGVerantwortliche Redakteurin: Dr. Sabine Theadora Ruh, freie Wirtschaftsjournalistin, Allendorfer Straße 47, 60433 FrankfurtObjektleitung: Andreas Köller, DG VERLAG, E-Mail: [email protected]: Deutscher Genossenschafts-Verlag eG Vertreten durch den Vorstand: Peter Erlebach (Vorsitzender), Franz-J. Köllner und Mark Wülfinghoff, Leipziger Str. 35, 65191 Wiesbaden

    Druck und Versand: Görres-Druckerei und Verlag GmbH, Niederbieberer Str. 124, 56567 NeuwiedBildnachweis: DZ BANK, BDI, Frau Beekes, Fotolia.comNachdruck – auch auszugsweise – nur mit Genehmigung des Deutschen Genossenschafts-Verlages eG zulässig.ISSN 2195-206XVR International erscheint monatlich und ist bei Volksbanken und Raiffeisenbanken erhältlich. Das Manuskript für diese Ausgabe wurde Mitte Mai 2018 abgeschlossen. Für die Richtigkeit und Vollständigkeit keine Gewähr.

    auch so. Hier zeigen sich die oft als Wi-derspruch empfundenen Eigenschaften. Einerseits können Russen hart verhan-deln und dabei sehr direkt sein, was meist schroff und unhöflich wirkt. Andererseits können Russen indirekt kommunizieren, beispielsweise, wenn es um negative Bot-schaften geht. Ein klares „Nein“ ist dann eher nicht zu hören. Essenziell ist es bei einer Geschäftsbeziehung daher, von Beginn an Vertrauen aufzubauen. Dies kostet Zeit, ist aber eine gute Investition, gerade am Anfang. Haben Sie die Ver-trauensbasis erst einmal geschaffen, kann es dann aber geschäftlich durchaus schnell gehen. Sehr wichtig ist dabei der persönli-che Kontakt – Reisekosten sind in diesem Fall Investitionen in gute Geschäfte.

    Political Correctness gibt es auch in Russland

    Gerade wenn es um Vertrauensaufbau geht, sind die richtigen Gesprächsthe-men wichtig. Die Beziehungen zwischen

    durch Trinkgelage nach Dienstschluss aufgelockert. Während sich in Moskau bei der jungen Generation derzeit ein Wertewandel vollzieht und rasches Geld-verdienen einen klaren Kopf erfordert, ist im ländlichen Raum das Wodkatrinken bei Geschäftsverhandlungen nach wie vor üblich. Um sich höflich aus der Affä-re zu ziehen und ein Freund zu bleiben, funktioniert ausschließlich der Hinweis auf gesundheitliche Probleme.

    Russland und Deutschland sind ja der-zeit eher gespannt. Vermeiden Sie diese Themen, sie können nur zur Dissonanz beitragen. Ebenso sehen die Russen das Thema Zweiter Weltkrieg aus anderer Sicht. Für Russen ist es der große Vater-ländische Krieg, der die Welt von den Nazis befreite, eine glorreiche Angele-genheit. Aber: Sie müssen als Deutscher keine Sorge haben, wegen des Krieges auf Ressentiments zu stoßen.

    Noch Wodka?

    Der weitaus wichtigste Faktor bei inter-kultureller Zusammenarbeit ist gegensei-tige Wertschätzung. Wohlgemerkt keine „einstudierte“ Wertschätzung. Wird Wert-schätzung als authentisch empfunden, werden auch kleine Fehler verziehen.

    Zu guter Letzt: Was ist dran am Kli-schee, dass in Russland der Geschäfts- erfolg von der Trinkfestigkeit abhängt? In der sozialistischen Planwirtschaft wur-de das langweilige Arbeitsleben gerne

    Autorin

    Ekaterina Beekes AkademieleiterinGlobal Cultures – Akademie für interkulturelles ManagementHochstraße 165779 Kelkheim06195 969 34 [email protected]