Geschichtskreis Motorenfabrik Oberursel e. V....Geschichtskreis Motorenfabrik Oberursel e. V. Helmut...

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Geschichtskreis Motorenfabrik Oberursel e. V. Helmut Hujer - Die Entwicklung von Großflugmotoren in Oberursel 1941 bis 1945 Sonderdruck aus dem Heft 53 2014 der Mitteilungen des Vereins für Geschichte und Heimatkunde Oberursel e.V. © Alle Rechte beim Autor Die Hefte der „Mitteilungen“ können im örtlichen Buchhandel oder unter www.ursella.org bezogen werden. Verein für Geschichte und Heimatkunde Oberursel e.V. 61440 Oberursel www.ursella.org

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  • Geschichtskreis Motorenfabrik Oberursel e. V.

    Helmut Hujer -

    Die Entwicklung von Großflugmotoren in Oberursel 1941 bis 1945

    Sonderdruck aus dem Heft 53 – 2014

    der Mitteilungen des Vereins für Geschichte und Heimatkunde Oberursel e.V.

    © Alle Rechte beim Autor

    Die Hefte der „Mitteilungen“ können im örtlichen Buchhandel

    oder unter www.ursella.org bezogen werden.

    Verein für Geschichte und Heimatkunde Oberursel e.V. 61440

    Oberursel www.ursella.org

  • Zum Autor und dessen Buch „125 Jahre Motorenfabrik Oberursel“

    Der Autor des Aufsatzes hat, beginnend mit einer Werkzeugmacher-Lehre 1961 und nach dem

    anschließenden Maschinenbau-Studium, sein gesamtes Berufsleben in der „Motorenfabrik Ober-

    ursel“ gearbeitet. Anschließend hat er wesentlich

    mitgewirkt an der Gründung des „Geschichts-

    kreis Motorenfabrik Oberursel“ im Jahr 2010,

    und zugleich hat er sich an die Erforschung der

    Werksgeschichte gemacht. Das Ergebnis ist sein

    im Jahr 2017 herausgegebenes Buch „125 Jahre

    Motorenfabrik Oberursel - 1892 bis 2017“.

    Dieses Buch, mit 896 reich bebilderten Seiten im

    Format A4, kann im Vortaunusmuseum in Ober-

    ursel eingesehen und erworben werden (50 €), im

    Werksmuseum bei Rolls-Royce Deutschland o-

    der direkt beim Autor, Kontakt: hujer.helmut@t-

    online.de, Tel. 06081/3611 und 0170 4375 178.

    Das Inhaltsverzeichnis sowie das Repertorium,

    mit Personen-Register und chronologischen Pro-

    dukte-Wegweiser, können auf den Webseiten

    www.gkmo.net und www.ursella.info als digitale und per Schlagwort durchsuchbare Dokumente

    eingesehen und kostenlos ausgedruckt werden.

    Die Motorenfabrik Oberursel, im Jahr 1892 gegründet und seit dem Jahr 2000 ein Standort der Firma

    Rolls-Royce Deutschland, gilt als die älteste noch in Betrieb befindliche Flugmotorenfabrik der Welt. Sie

    geht zurück auf eine sogar noch zehn Jahre früher gegründete Fabrik für Müllereimaschinen, die seinerzeit

    erste Maschinenbaufabrik in Oberursel. Groß geworden mit den Stationärmotoren „Gnom“, entwickelte sie

    sich Anfang des 20ten Jahrhunderts zum zweitgrößten Hersteller für Motorlokomotiven in Deutschland.

    Mit den während des Ersten Weltkriegs gebauten Oberurseler Umlaufmotoren wurden die ersten deutschen

    Jagdflugzeuge ausgerüstet, die mit dem Fokker-Dreidecker des Manfred Freiherr von Richthofen in Erin-

    nerung geblieben sind. Zwischen den Weltkriegen wurden dann in Oberursel auch jene Deutzer Motoren

    in großen Stückzahlen gebaut, die im „Bauernschlepper“ und im „11er Deutz“ die Mechanisierung in der

    deutschen Landwirtschaft voranbrachten. Daneben arbeitete man ab 1941 an der Entwicklung von Groß-

    Flugmotoren. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Fabrik ein Opfer der Reparationsdemontage und die

    US-Army nutzte sie elf Jahre lang als Instandsetzungsbetrieb und Kaserne. Anfang der 1960er Jahre zog

    wieder der Flugmotorenbau mit verschiedenen Lizenzfertigungen und Eigenentwicklungen in der Fabrik

    ein. Ein kleines Drohnentriebwerk wurde zum ersten nach 1945 in Deutschland entwickelten und in Serie

    gebauten Strahltriebwerk. Im Jahr 1990 begann mit der Firma BMW Rolls-Royce AeroEngines eine neue

    Ära. Hier in Oberursel nahm die Entwicklung der BR700 Schubtriebwerke für Regional- und Geschäfts-

    reiseflugzeuge ihren Anfang, für die auch die wesentlichen Bauteile in Oberursel gefertigt wurden. Nach

    dem Übergang in die Firma Rolls-Royce Deutschland entwickelte sich das Werk zum Kompetenzzentrum

    für rotierende Triebwerkbauteile, insbesondere für Verdichtertrommeln, für Verdichterräder in BLISK-

    Bauweise und für Turbinenscheiben.

    In der Stadt Oberursel gehört die Motorenfabrik schon von ihrer Gründung an zu den größten Industriebe-

    trieben und Arbeitgebern, und sie war seitdem und ist auch nach dem Strukturwandel in der zweiten Hälfte

    des 20ten Jahrhunderts von großer Bedeutung für den Wirtschaftsstandort und für die Menschen in Ober-

    ursel.

  • Dass in der Motorenfabrik Oberursel im zweitenWeltkrieg große Flugmotoren entwickelt wordensind, ist weithin in Vergessenheit geraten, wohlauch, weil diese Motoren nicht zu einer Flugver-wendung gekommen sind.

    Die Motorenfabrik war von Wilhelm Seckgegründet worden, um hier den von seinem SohnWilly entwickelten Stationärmotor G herzu-stellen. Seck hatte die frühere Wiemersmühlegekauft und hier zunächst eine Fertigungsstätte fürMüllereimaschinen, insbesondere für Walzenstühleeingerichtet. In der in eine Aktiengesellschaftgewandelten Motorenfabrik Oberursel (künftigauch als MO bezeichnet) sind neben Verbren-nungsmotoren bald auch davon angetriebene Ma-schinen gebaut worden, ab Motorlokomoti-ven, und ab Flugmotoren zunächst nach einerfranzösischen Lizenz. Im Ersten Weltkrieg ist dieMO mit etwa gebauten Flugmotoren, zwarmit deutlichem Abstand auf Daimler und Benz,immerhin zum drittgrößten Flugmotorenherstellerim Deutschen Reich gewachsen. Die wirtschaftli-chen Probleme nach dem Krieg und dem ersatzlo-sen Wegfall dieser Fertigung hat sie aber bald ineine Interessengemeinschaft mit der stärkeren Gas-motorenfabrik Deutz getrieben. Zusammen mitder Maschinenbauanstalt Humboldt AG sind diesebeiden Firmen dann ganz in der Humboldt-Deutzmotoren AG aufgegangen. Nur wenige derzuvor etwa deutschen Flugmotorenherstellerhaben in den er Jahren den Flugmotorenbauwieder aufnehmen können. Das hat sich aberschon kurz nach der Machtübernahme durch dieNationalsozialisten geändert. Im Mai wird dasReichsluftfahrtministerium (RLM) gebildet, undder Aufbau der deutschen Luftwaffe wird energischvorangetrieben.

    derterblock an Baumusternummern zugewiesen,denen ein Kürzel für den Firmennamen vorange-stellt worden ist. So hat die Humboldt-Deutzmo-toren AG, ab Klöckner-Humboldt-Deutz AG(KHD), den Nummernblock von bis er-halten, und das Firmenkürzel Dz.

    Erste Schritte bei KHD in Köln

    In der Humboldt-Deutzmotoren AG sind An-fang der er Jahre hauptsächlich Dieselmotoren,Motorlokomotiven und Traktoren hergestellt wor-den. Ende des Jahres nimmt die Unterneh-mensleitung Kontakt mit dem Reichsluftfahrtmi-nisterium auf, um ihre Möglichkeiten beim Flug-motorenbau auszuloten. Mitte vereinbartman, drei verschiedene Untersuchungsobjekte inAngriff zu nehmen :• Ein kleiner Sternmotor für Schulungsflugzeuge• Ein größerer Sternmotor für den Frontdienst• Ein Höhenflugmotor für »Stratosphäreneinsatz«

    Für die beiden ersten Anwendungen soll dasDiesel-Zweitaktverfahren zur Anwendung kom-men, und zwar mit der Umkehrspülung in der vonDr. Adolf Schnürle patentierten Variante, und beidem Höhenflugmotor sollen völlig neue Wege ge-sucht werden. Und so beginnen in Köln die erstenUntersuchungen, ob sich die einfacher aufgebautenZweitaktmotoren überhaupt als Flugzeugantriebeignen, und ob sich mit ihnen Drehzahlen, Lei-stungen und Verbräuche erreichen lassen, diegleich oder besser sind als bei den bisher üblichenViertaktmotoren. Für dieses neue Projekt wirdMitte des Jahres eine Flugmotorengruppe auf-gestellt, deren Leitung im Juni Dr. AdolfSchnürle übertragen wird.

    Die Sternmotoren Dz 700

    Die ersten Studienversuche in Köln befassen sichmit luftgekühlten Einzylindermotoren mit Mil-limeter, später auch mit Millimeter Bohrung.Nach den ermutigend verlaufenen Voruntersu-chungen beauftragt das Reichsluftfahrtministeriumim Jahr die Firma KHD mit der Konstruktionund Entwicklung eines Achtzylinder-Sternmotors,der als Antrieb von Schulungsflugzeugen vorgese-hen ist. Dieser Motor, er erhält die Bauartbezeich-

    Das RLM fördert fortan eine Vielzahl von Flug-zeug- und Motorenentwicklungen, oft auch inForm von Parallelentwicklungen. Zu den Flugmo-torenfirmen gehören zunächst BMW, DaimlerBenz, Junkers, die Brandenburgischen Motoren-werke (Bramo) und Argus. Dazu sind dann nochdie Heinkel Hirth Motoren GmbH und dieHumboldt-Deutzmotoren AG gekommen. DiesenUnternehmen hat das RLM jeweils einen Hun -

    Die Entwicklung von Großflugmotorenin Oberursel -

    von Helmut Hujer

  • nung Dz , soll eine Dauerleistung von PS,eine Kurzzeitleistung von PS bei Umdre-hungen pro Minute, und eine Kurzzeitleistung von PS bei Umdrehungen pro Minute erzie-len. Vier solcher Versuchsmotoren werden insge-samt gebaut, V bis V, mit denen im Jahr diePrüfstanderprobungen aufgenommen werden. Da-bei absolvieren sie mehrere erfolgreiche -Stun-denläufe, sowie einen -Stundenlauf mit PSals Dauerleistung und PS Kurzzeitleistung.

    den als Module für einen künftigen Großmotormit bis PS betrachtet, zu dem KHD ab im Auftrag des Reichsluftfahrtministeriumserste Entwurfskonstruktionen erstellt.

    Im Sommer erhält KHD hierzu auch einenUntersuchungsauftrag, nachdem sich die leichtenBomber der Luftwaffe bei den Angriffen auf Eng-land als ungenügend erwiesen haben, und der Be-darf an leistungsstärkeren Flugmotoren für schwe-rere Bomber und Langstreckenaufklärer unüber-sehbar geworden war. Als Alternative zu Aufträgenan Daimler-Benz und Junkers soll KHD einenZweitaktmotor mit Benzin als Kraftstoff entwik-keln, denn nach den Erkenntnissen aus den Vor-untersuchungen vergrößern sich angeblich die bau-artbedingten Vorteile des Zweitaktmotors bei Ben-zinbetrieb. Im Oktober reicht KHD beim»Reichsminister für Luftfahrt und Oberbefehlsha-ber der Luftwaffe« ein Entwicklungsangebot ein,zu einem »Zweitaktbenzinmotor mit PSDauerleistung und PS Startleistung«. AlsEntwicklungsziel werden der Abschluss der Mu-sterprüfläufe mit zwei Vollmotoren und die Liefe-rung von drei weiteren Vollmotoren für die Flug-erprobung bis zum . März angegeben.

    Noch im Dezember beschließt KHD, dassdas Werk Oberursel, »in dem schon früher Flug-motoren gebaut wurden«, nun zum Entwicklungs-zentrum für Flugmotoren ausgebaut werden soll.

    Mit dem Ziel, die Anzahl der Einzelteile unddamit den Bauaufwand für den Motor zu reduzie-ren, und um ihn gleichzeitig betriebssicherer undbilliger zu machen, wird ein fünfter Versuchs-motor V gebaut, mit nur noch sechs Zylindern.Bei ansonsten gleichen Leistungsdaten erhält dieserSechszylinder-Sternmotor , Liter Hubraum, wo -zu der Zylinderdurchmesser auf Millimeter ver-größert wird.

    Mit Ausbruch des Krieges werden die Entwick-lungsarbeiten an den für Schulflugzeuge vorgese-henen Dz Motoren »zurückgestellt«, ohnedass es zu einer Flugerprobung oder gar Serienfer-tigung gekommen ist.

    Der Einstieg bei den Großmotoren

    Auch nach dem Abschluss des Entwicklungsauf-trags zu den kleineren Sternmotoren Dz hatKHD, zunächst auf eigene Kosten, die Untersu-chungen und Versuche zum Zweitaktverfahrenweitergeführt, sowohl nach dem Diesel- als auchdem Ottoprozess. Diese Einzylindermotoren wer-

    Der Ausbau des Oberurseler Werks

    Mit dem Eintritt in die Interessengemeinschaftmit der Gasmotorenfabrik Deutz im November war in Oberursel die Produktion auf MotorenDeutzer Bauart umgestellt worden. Im Zuge derWeltwirtschaftskrise ist das Werk stillgelegtworden, hat aber nach der Wiederinbetriebnahmeim April mit einer erneuten Motorenproduk-tion einen stetigen Aufschwung nehmen können.In den Jahren um sind etwa bis % allerKHD-Motoren in Oberursel gebaut worden, kon-ventionelle Kleinmotoren mit einem bis drei Zy-lindern. Diese Motorenfertigung wird Anfang nach Köln verlegt werden, dann sind seit ins-gesamt etwa . solcher Ein-, Zwei- und Drei-zylinder-Dieselmotoren in Oberursel hergestelltworden.

    Mit dem . Januar als Stichtag beginnt derAusbau der Motorenfabrik Oberursel zum Ent-wicklungszentrum für Flugmotoren. Neben demAusbau des Werks selbst kauft KHD etlicheWohnhäuser in Oberursel (bekannt ist das zur Lin-denstraße a) und Umgebung, um Fach- und Füh-

    Dz Achtzylinder-Zweitakt-Dieselmotor,KHD A GKMO

  • rungskräfte für die Flugmotorenentwicklung un-terbringen zu können. In Bad Homburg besitzt dieFirma bereits ein . Quadratmeter großesWohnbaugrundstück, und für weitere Siedlungs-zwecke kauft sie ein . Quadratmeter großesAreal ein Stück oberhalb des Werkes. Zu einer Be-bauung soll es aber doch nicht kommen, dieGrundstücke am jetzigen Hans-Rother-Steg wer-den nach verkauft.

    Die Gesamtplanung für den Ausbau des Werksist nach Art und Umfang beeindruckend. Die vor-gesehenen Baulichkeiten bedecken das eigentlicheWerksgelände, vom Sportbereich abgesehen, fastvollständig. Dieser Ausbau des Werks soll in dreiStufen bis ins Jahr erfolgen. Die Arbeiten zurAusbaustufe I beginnen unverzüglich, sie werdenweitestgehend bis Ende abgeschlossen. Beidiesem Ausbauumfang wird es jedoch im Wesent-lichen bleiben, denn mit dem zunehmend kriti-scher werdenden Kriegsverlauf werden sich die Rü-stungsschwerpunkte verschieben, zum Nachteil desFlugmotorenprogramms in Oberursel.

    Angeblich investiert KHD acht MillionenGoldmark ( Goldmark = , g Feingold) indie Baumaßnahmen, Einrichtungen, Prüfständeund Maschinen der Ausbaustufe I des Entwick-lungszentrums. Damit werdeninsbesondere folgende Maßnah-men realisiert :

    mechanischen Werkstätten sowie die Motoren-montage, die Kontrolle und eine Werkzeugausgabeuntergebracht. Direkt daneben, in einem schonfrüher so genutzten Bereich, wird eine moderneHärterei und Warmbehandlungswerkstatt aufge-baut (Position ). Im Hauptteil der großen Hallewerden weiterhin konventionelle DieselmotorenDeutzer Bauart hergestellt, montiert und geprüft(Position ).Im Untergeschoss der Halle, unter der Entwick-lungswerkstatt, wird auf Quadratmetern einehochmoderne Materialprüfanstalt eingerichtet, mitMaschinen und Anlagen für statische und dynami-sche Materialprüfungen, für Röntgenprüfungen,Glühversuche, für Metallmikroskopie mit Dunkel-kammer, sowie ein chemisches Laboratorium fürWerkstoffanalysen. In der ganzen Halle werden dieElektroinstallation, die Beleuchtung und die Be-heizung erneuert. • Die früher als Werk bezeichnete Halle (Posi-tion ) wird grundlegend überholt und umgebaut.In das hohe Mittelschiff werden Teststände für dieFlugmotorenentwicklung eingebaut, mit schall -gedämmten Einhausungen und schwingendenFundamenten. Es entstehen zehn Prüfkabinen fürEinzylindermotoren, eine Doppel-Prüfkabine für

    • Das seit nicht mehr ge-nutzte Verwaltungsgebäude (Po-sition im Plan nebenan) wirdgrundlegend renoviert, die Elek-troinstallation, die sanitären In-stallationen, die Heizungsanlagemitsamt aller Installationensowie die Fußböden werdenkomplett erneuert. Damit ste-hen den technischen Abteilun-gen und der Verwaltung derFlugmotorenentwicklung Quadratmeter Bürofläche zurVerfügung. Das Werk erhältauch eine komplett neue Tele-fonanlage, mit einer Zentrale imVerwaltungsgebäude.

    • In der großen Werkhalle, da-mals noch Werk genannt, wirddie mittels einer Wand abge-schottete Entwicklungswerkstattfür die Flugmotoren (Position )eingerichtet. Hier werden aufrund Quadratmetern die Flugmotoren-Entwicklungswerk Gesamtplanung Stufe III A GKMO

  • Zweizylindermotoren, sowie in einem Nachbar-raum zwei Prüfstände für Zwölfzylindermotorenbis PS Leistung. Für diese Testeinrichtungenwerden zentrale Systeme zur Kraftstoffversorgung,zur Be- und Entlüftung, sowie zur Kühlwasserver-sorgung geschaffen. Des Weiteren werden Werk-statt- und Montageräume, Lagerräume sowie Prüf-anlagen für Lader, Kraftstoff-Einspritzgeräte,Zündkerzen, Schmierstoff- und Kraftstoffpumpensowie für sonstige Hilfsgeräte eingerichtet.• Die bisherige elektrische Zentrale im gleichenGebäude wird im Rahmen einer Neuauslegung derStromversorgung zur Notstromversorgungsanlageumgebaut (Position ). Vier Dieselmotoren undzwei Gasmotoren mit eigener Gaserzeugungs anlageversorgen nun fünf Generatoren mit einer elektri-schen Gesamtleistung von rund . kVA. DieseNotstromleistung kann das Werk mit bis zu %der installierten Fremdanschlussleistung versorgen,was einen weitgehend autarken Betrieb zumindestder wesentlichen Funktionen der Fabrik ermög-licht.• In direkter Nachbarschaft zur neuen Notstrom-anlage wird das noch heute genutzte Umspann-oder Trafohaus als Eingangsstation gebaut (Posi-tion ). Im April erfolgt der Anschluss an dieunterhalb des Eisenhammerwegs von der Main-Kraftwerke AG errichtete Trafostation Obu .Über ein -kV Kabel kann eine Leistung von MVA eingespeist werden. Angeblich wurde hierfürein neues, vier Kilometer langes -kV Kabel vomUmspannwerk der Main-Kraftwerke AG in Bom-mersheim herangeführt. Von dem neuen Um-spannhaus, in dem drei Transformatoren mit einer

    Leistung von jeweils MVA sowie ein Lichttrans-formator mit kVA Leistung installiert sind,werden neue Kabel in der erforderlichen Stärke indie verschiedenen Betriebsbereiche geführt.

    • Zur Versorgung der neuen Motorenprüfständewird eine Kühlwasseranlage gebaut, mit einem»Pumpenhaus« (Position ) zur Wasserentnahmeaus dem Urselbach im Bereich der ehemaligenWasserturbinenanlage. Drei Pumpen können zu-sammen etwa Kubikmeter Wasser pro Stundefördern. Eine unterirdische Millimeter Kühl-wasserleitung versorgt die Motorenprüfständen inder Halle sowie, den Urselbach querend, die Voll-motorenprüfstände im Turmbau (Position ). Dasdort sowie in den weiterhin geplanten Großprüf-ständen (Positionen bis ) aufgeheizte Wassersollte in den großen Kühltürmen mit Pumpenhaus(Position ) für die wiederholte Nutzung rückge-kühlt werden. Nach den späteren Programmein-schnitten wird ersatzweise an dieser Stelle, weil dieWasserführung des Urselbachs mit etwa cbm/h im Jahresdurchschnitt als nicht zuverlässiggenug betrachtet wird, ein wesentlich kleinererKühlturm vorgesehen. Aber über die Ausschach-tung der Fundamentgrube soll auch dieses kleinereVorhaben nicht hinauskommen, und so wirdschließlich das auf den Prüfständen aufgeheizteKühlwasser nach einmaliger Nutzung wieder überden Entwässerungskanal in den Urselbach fließen.Dieser etwa Meter lange Kanal mit -Milli-meter-Rohren beginnt in der Prüfstandhalle (Posi-tion ) und verläuft in einem gestuften Graben ent-lang der Wasserleitung. Neben der Kraftwagenhalle(Position ) werden ein Sandfang sowie eine Ben-

    Flugmotoren-Entwicklungs-werk der KHD.Werksfotobearbeitet aufSituationsstandum

    A GKMO

  • zin- und Ölabscheideanlage eingebaut. Am Turm-bau (Position ) nimmt der Kanal das Kühlwasservon den Vollmotorenprüfständen auf, dann mün-det er etwa Meter unterhalb der Brücke in denUrselbach ein.• Zur Versorgung der Motorenprüfstände mitKraftstoff wird die errichtete Martini-KünekeTankanlage mit ihrem Rohrleitungssystem undden Steuerungs- und Sicherungsanlagen moderni-siert (Position ). Die erneuerte Tankanlage fasstnun . Liter Kraftstoff sowie . Liter Öl.Am Bahngleis wird eine Einfüllanlage für Kessel-wagen mit zwei zur Tankanlage führenden Rohr-leitungen gebaut. Auch der DoppelturmprüfstandPosition wird von hier aus versorgt, da die Tank-anlage gemäß Position nicht zur Ausführungkommt.

    neuen Tankbefüllungsanlage abgerissen worden.• In die bereits errichtete Kläranlage werdenweiterhin die gesamten Abwässer des Werks gelei-tet, das geklärte Wasser wird dann in den Ursel-bach geführt.• Zur Unterbringung und Verpflegung von zu-nächst etwa ausländischen Arbeitern wird imHerbst der Grundstock für ein Barackenlagergelegt, mit einer Wohn- und einer Wirtschaftsba-racke (Position ). Zum Ausgleich für die zuneh-mend zur Wehrmacht eingezogenen »Gefolg-schaftsmitglieder« folgen im Laufe des Jahres die unter Position beschrieben Erweiterungenjenseits der Hohemarkstraße.• Zwei weitere Neubauten sind auf dem Ausbau-plan nicht dargestellt. Zum einen wird Ende desJahres unterhalb der beiden Baracken Position eine »Bürobaracke« mit QuadratmeternNettobürofläche errichtet, die auf späteren Werk-lageplänen jedoch als Wohnbaracke ausgewiesenwird. Zum anderen entsteht gegenüber dem Um-spannhaus und direkt an dem werkseigenenGleisanschluss eine als »Wareneingang« bezeich-nete Halle.

    Damit sind die wesentlichen Maßnahmen be-schrieben, die zu einer umfassenden Modernisie-rung und Erweiterung der Motorenfabrik geführthaben.

    • Der Doppelturmprüfstand Position soll, alserstes Fertigungsgebäude der Motorenfabrik rechtsdes Urselbachs, der einzige zur Ausführung kom-mende Vollmotoren-Prüfstand bleiben. Darin sindzwei Prüfkanäle von je x Meter Querschnittund Metern Länge für Prüfläufe mit Luftschrau-ben oder mit Wasserbremse für Motoren bis PS untergebracht. Hier sollen die auf einem Pen-delbock zu montierenden Doppelmotoren mitihren zwei mal Zylindern oder zwei mal Zy-lindern gebremst werden. In den Türmen sindUmlenkgitter sowie Schallschluckgitter angeord-net. Im rückwärtigen Gebäudeteil wird zwischenden Turmprüfständen ein weiterer Wasserbremsen-prüfstand für Motoren bis PS Leistung er-richtet. Sämtliche Innenwände der Prüfräume sindmit Lochsteinen ausgefüttert. Im Keller befindensich verschiedene Betriebseinrichtungen, unter an-derem die mit einer Blende versehene Luftansaug -leitung für den Wasserbremsenprüfstand, mit derdie vom Motor verbrauchten Luftmengen gemes-sen werden können. Aus den jeweiligen Messräu-men, in denen die Einrichtungen zur Messung undAnzeige von Temperaturen, Drücken, Mengen undsonstigen Prüfgrößen angeordnet sind, können diePrüfläufe durch Beobachtungsfenster verfolgt wer-den. Der erste der beiden großen Prüfkanäle wirdim August in Betrieb genommen. Die mit denPositionsnummern bis geplanten Gebäudeund Einrichtungen kommen hingegen nicht zurAusführung.• Neben der bereits bestehenden Kraftwagenhallewird eine neue Fahrradhalle errichtet (Position ),welche die zuvor entlang der Oberseite der großenFabrikhalle (Position ) angeordneten Fahrrad-schuppen ersetzt. Diese sind wegen des Baus der

    Die Entwicklung des Großflugmotors Dz – Vom - zum -Zylindermotor

    Wie bereits ausgeführt, hat KHD am . Okto-ber das Entwicklungsangebot zu einem Zwei-taktbenzinmotor mit PS Startleistung und Dauerleistung abgegeben, und hat bald dar-auf den Startschuss für den Ausbau des WerksOberursel zum Entwicklungszentrum gegeben.Der angebotene Vollmotor ist als Doppelboxer-Benzinmotor mit Zylindern konzipiert, beste-hend aus zwei übereinander angeordneten, flüssig-keitsgekühlten Zwölfzylinder-Boxermotoren. AlsEntwicklungsziel sind der Abschluss der Muster-prüfläufe mit zwei Vollmotoren und die Lieferungvon drei weiteren Vollmotoren für die Flugerpro-bung bis zum . März angegeben. Eine kon-tinuierliche Entwicklung unterstellend erscheintein solcher Zeitplan durchaus realistisch.

    Die beiden vollkommen unabhängig voneinan-der arbeitenden Zwölfzylinder-Boxermotoren mitBenzineinspritzung sollen mit einer ventil- undschieberlosen Umkehrspülung nach den Patentenvon Dr. Schnürle arbeiten. Jeweils ein von der Kur-

  • belwelle angetriebener Kreisellader soll die Luft fürdie Zylinderspülung liefern, und während desStartvorgangs und in größeren Flughöhen sollenjeweils zwei Abgasturbolader mit einem zweistu -figen Kreisellader zugeschaltet werden. Jeder derbeiden übereinander liegenden Motoren soll überein Planetengetriebe eine von zwei gegenläufigenLuftschrauben antreiben, oder, bei Antrieb einereinzigen Luftschraube, seine Leistung mittels einesFreilaufgetriebes auf eine gemeinsame Welle ab -geben.

    Neben etlichen Ein- und Zweizylinder-Teilmo-toren für Teiluntersuchungen werden zwei solcherZwölfzylindermotoren hergestellt.

    konzipierter-ZylinderaufgeladenerDoppelboxer-Zweitakt-benzinmotor

    A GKMO

    : -ZylinderaufgeladenerZweitakt-Boxermotormit Benzin-einspritzungA GKMO

    Der Wechsel zum 16-Zylindermotor

    Doch schon im Verlauf des bisherigen Kriegessind die Leistungsanforderungen der Flugzeugeständig gestiegen, und so wird Anfang einem x - Zylindertriebwerk gegenüber dem bisheri-gen x - Zylindertriebwerk mit unveränderterStirnfläche der Vorrang gegeben. Auch als Einzel-motor wird nur dem leistungsstärkeren -Zylin-dermotor eine Erfolgsaussicht gegenüber konkur-rierenden Motoren zugebilligt.

    Einsatzmöglichkeiten für den neuen Sechzehn-zylinder-Boxermotor mit PS Startleistung,der die Bezeichnung Dz beibehält, werden vorallem in dem Großtransporter Ju und in demschweren Bomber He gesehen, daneben aberauch in allen mehrmotorigen Flugzeugen für die

  • der Jumo vorgesehen ist, also auch in dem ge-planten Bomber Ju der Junkerswerke.

    Der neue Programmplan sieht vor, bis Ende zehn solcher Sechzehnzylinder-Vollmotoren zubauen, und die ersten Motoren für die Werkser-probung bei Junkers im Oktober zu liefern.Für die Flugerprobung des Dz ist ein aus demTransportflugzeug Ju abgeleiteter fliegenderPrüfstand vorgesehen, die Ju .

    Bis Mitte sind alle Konstruktions- und Ver-suchsabteilungen von Köln in den mittlerweileausgebauten Betrieb nach Oberursel umgezogen.Im September werden in der Flugmotoren-entwicklung schon Beschäftigte gezählt, technische Angestellte und Arbeiter, darunter »ausländische Arbeiter«. Das Versuchsprogrammin Oberursel ist auf weitere Ein- und Zweizylin-dermotoren sowie den ersten Zwölfzylindermotorausgeweitet worden. Mit den Einzylindermotorensind über Laufstunden gefahren worden, dar-unter ein -Stundenlauf. Auch mit Zweizylin-dermotoren sind längere Läufe mit bis zu PSLeistung gefahren worden. Der erste Zwölfzylin-dermotor, der nun als Vorstufe zum Vollmotor er-probt wird, hat im September seinen Erstlaufabsolviert. Trotz seines noch unruhigen Laufskonnte er dabei mit PS Leistung ( PS je Zy-linder) belastet werden. Weiter ist eine Attrappedes Sechzehnzylinder-Vollmotors gebaut worden.

    Aus späteren Unterlagen ergibt sich, dass insge-samt Ein-, Zwei-, Zwölf- sowie funktions -fähige Sechzehnzylindermotoren hergestellt wor-den sind.

    – Höhepunkt und Wende

    Während des Jahres verschlechtert sich dieKriegslage für das Deutsche Reich zusehends. Diezunehmenden Bombardierungen der deutschenStädte durch die britische RAF sowie die von derUS-Army Air Force aufgenommenen Tagangriffeprimär gegen Rüstungsanlagen reduzieren die Luft-kriegsführung mehr und mehr auf die Reichsver-teidigung. Obwohl Hitler unbeirrt seine Bomber-pläne verficht, verlagert sich der Schwerpunkt derLuftrüstung auf die Jagdflugzeuge, welche diefeindlichen Bomberströme abwehren sollen. Daskann nicht ohne Konsequenzen für die Flugmoto-renentwicklung in Oberursel bleiben, aber zu-nächst geht es hier plangemäß und zuversichtlichin das Jahr hinein.

    Am . August reicht KHD ein neues An-gebot zu den weiteren Entwicklungsarbeiten beimReichsluftfahrtministerium ein. Besondere An-strengungen sind der Erreichung und möglichstder Steigerung der Höhenleistung zugedacht. Dernun angebotene Vollmotor Dz , mit , LiterHubraum aus Zylindern, soll eine Startleistungvon PS bei Umdrehungen pro Minuteliefern. Die Steig- und Kampfleistung ist mit PS bei Umdrehungen pro Minute angege-ben, die Dauerleistung mit PS am Boden,und mit PS in Kilometer Höhe, jeweils bei Umdrehungen pro Minute. Als Kraftstoff istweiterhin Flugbenzin B mit Oktan vorgesehen,also ein weniger klopffester und einfacher herzu-stellender Kraftstoff als die für vergleichbare Vier-taktmotoren erforderliche Sorte C.

    Im Leistungszeitraum bis Ende sollen fol-gende Versuchsmotoren gebaut werden :

    Einzylindermotoren, Zweizylindermotoren, Zwölfzylinder-Boxermotoren, und

    Sechzehnzylinder-Vollmotoren.

    Zum Jahresbeginn übernimmt die »Abteilung L«das Sagen im Werk Oberursel, und im Mai wird die Fertigungsverlagerung der konventionel-len Dieselmotoren nach Köln abgeschlossen. Nunwerden alle Beschäftigten, im Juni werden gezählt, der Abteilung L zugerechnet, also auch alleBeschäftigten in der allgemeinen Verwaltung undin den Hilfs- und Nebenbetrieben. Weil in diesenBetrieben eine große Anzahl »ausländischer Arbei-ter« eingesetzt ist, wächst deren Gesamtzahl in derAbteilung L um etwa auf nun an.

    Ein Situationsbericht vom . April lässt er-kennen, dass die Erprobungen mit den Teilmoto-ren zufriedenstellend vorangehen. Mit den Ein-und Zweizylindermotoren sind mittlerweile insge-samt fast . Laufstunden gefahren worden,einschließlich eines erfolgreichen Dauerlaufs mit Stunden. Um die bei zunehmender Flughöheeintretenden Leistungsminderungen zu kompen-sieren, werden umfangreiche Untersuchungen zurArt und Anordnung der Spülgebläse und insbeson-dere der Abgasturbolader durchgeführt.

    Unterdessen hat die Herstellung von drei Sech-zehnzylinder-Vollmotoren begonnen, der Erstlaufist für Juli vorgesehen. Anschließend sollenverschiedenartige Motorenvarianten aufgebaut unduntersucht werden, um neben der Entwicklung derFunktions- und Betriebssicherheit die Steigerungder Höhenleistung sowie Möglichkeiten zur Min-derung des Bedarfs an »Sparstoffen«, wie Chrom,Mangan, Kupfer, Vanadium, Nickel und Molyb-dän zu untersuchen. Angesichts der mittlerweile

  • erkannten Schwierigkeiten wird der Plantermin fürdie Lieferung der ersten Sechzehnzylinder-Vollmo-toren für die Werkserprobung bei Junkers von Ok-tober auf Juni verschoben, was immernoch ambitioniert erscheint.

    Durch die Kopplung von zwei solchen Sech-zehnzylindermotoren wird die Möglichkeit zurEntwicklung eines H-Motors mit PS Start-leistung in Aussicht gestellt, dem die Baumuster-bezeichnung Dz gegeben wird.

    Der Wind dreht sich

    Aber mit der sich nun verschlechternden Kriegs-lage verliert der Oberurseler Dz -Motor anPriorität. Mittlerweile sind die Vorkriegstypen derdeutschen Militärflugzeuge gegenüber den alliier-ten Flugzeugen zunehmend ins Hintertreffen ge-raten, aber die geplanten Nachfolgemuster kom-men nicht recht voran. Und so gewinnt die Opti-mierung und Weiterentwicklung der eingeführtenFluggeräte und Motoren zu Lasten von zeitrauben-den Neuentwicklungen an Bedeutung. Im Früh-jahr beschneidet das Reichsluftfahrtministe-rium den Entwicklungsauftrag bei KHD um rundzwei Drittel und ordnet am . April an, dass sichKHD an der Entwicklung des neuen Vierwellen-Dieselmotors Jumo der Junkerswerke betei -ligen soll.

    Der Dz wird zum Dieselmotor

    Bei den Verhandlungen mit Junkers haben dieOberurseler Ingenieure wohl erkannt, dass wiederein gewisses Interesse an einem kraftstoffsparendenDieselmotor besteht, nämlich als Antrieb für Lang-streckenflugzeuge. KHD stellt deshalb in Abspra-che mit dem RLM die Flugmotorenentwicklungumgehend auf das Dieselprinzip um. Aber die Auf-tragsbeschränkung kann auch damit nicht gelok-kert werden, und die weiteren Arbeiten müssen aufGrundsatzuntersuchungen zu technischen Einzel-aspekten beschränkt bleiben. Dies schließt jedochSystemerprobungen mit dem Vollmotor ein.

    Der Erstlauf eines Dz Motors

    Dem anfänglichen Eingehen auf die angeordneteZusammenarbeit mit Junkers folgen bald Ableh-nung und Widerstand. Die Oberurseler Ingenieureargumentieren, dass ihr Dz mit nur einer Kur-belwelle einfacher aufgebaut sei sowie leichter undleistungsstärker als der Junkers GegenkolbenmotorJumo mit zwei Wellen, was umso mehr geltefür den zweiwelligen Dz gegenüber dem me-chanisch sehr komplexen GegenkolbenmotorJumo mit sogar vier Wellen. Letztlich kommtdie angeordnete Entwicklungszusammenarbeit mitJunkers nicht zu Stande, möglicherweise weil auchder Jumo wieder an Priorität verliert. Im Juli schlägt Junkers zudem vor, dass Oberursel soschnell wie möglich und bis zum Anlauf der Jumo - Fabrikation mit der Fertigung von monatlich Jumo Serienmotoren eingespannt werdensolle. Das RLM stimmt dem zwar zu, betont aber,dass das Werk in Oberursel dennoch »Entwick-lungs- und Nullserienwerk« bleibe. Auch aus die-sem Fertigungsvorhaben ist offensichtlich nichtsgeworden.

    Im August wird der erste der beiden Prüf-kanäle des Doppelturmprüfstandes in Betrieb ge-nommen, es muss der auf der rechten Gebäude-seite gewesen sein. Der erste Sechzehnzylinder-Vollmotor wird bereits eilig auf Dieselbetriebumgerüstet und für seinen Erstlauf vorbereitet.Der genaue Tag des Erstlaufs eines Dz , es istder Motor V, ist nicht überliefert, sehr wahr-scheinlich hat dieses Ereignis im Oktober stattgefunden.

    Dz : -Zylinder-Boxer-DieselmotorTurmprüfstand der MO im Oktober

    A GKMO

  • Zwei weitere Sechzehnzylinder-Vollmotoren be-finden sich zu der Zeit in der Fertigung, und dieUntersuchungen an den Komponenten und anden Ein- und Zweizylindermotoren laufen aufDieselkraftstoff umgestellt auf reduziertem Niveauweiter.

    Rückkehr der konventionellen Dieselmotoren

    Bei mehreren großen Luftangriffen auf Kölnsind Anfang Juli die vier dortigen Hauptwerkeder KHD schwer getroffen worden, ebenso die be-nachbarten Arbeiterwohnviertel. In dieser Situa-tion verlegt KHD ab September die Fertigungverschiedener Bauteile sowie die Montage vonVier-, Sechs- und Achtzylinder- Dieselmotoren derTypen F/AM nach Oberursel. Dazu werden Fertigungsmaschinen in das weniger kriegsgefähr-dete Oberursel gebracht, und etwa Arbeitersowie Angestellte ziehen von Köln-Deutz nachOberursel um. Untergebracht werden zumindestein Teil dieser Leute in Baracken im Bereich desHans-Rother-Stegs, und ein weiterer Teil vermut-lich in der gegen Ende unterhalb der Fremd-arbeiterbaracken errichteten »Bürobaracke«. Diesebietet über qm Nutzfläche in Räumensowie zusätzliche Sanitärräume.

    gekommen, und zu dem Drängen auf eine Zusam-menarbeit mit Junkers. Dennoch legt die KHDAG, die bis Ende angeblich , MillionenReichsmark in die Flugmotorenentwicklung undden Ausbau des Entwicklungsbetriebs investierthat, im Dezember ein ehrgeiziges Angebotüber die Weiterentwicklung des Dz Flugmotorsim Jahr vor. Offenbar hofft man auf einen Be-darf an sparsamen Motoren für Langstreckenflug-zeuge, also Fernaufklärer und Fernbomber, mitdenen Hitler nun auch Nordamerika erreichenwill.

    Der Kostenvoranschlag vom . Dezember für die »Entwicklung des -Zylinder-FlugmotorsDz in der Zeit vom . . bis . . «schlägt die Weiterentwicklung des vor wenigenMonaten zum ersten Mal gelaufenen Sechzehnzy-linder-Dieselmotors vor. Die im Einzelnen be-schriebenen Leistungen werden mit , MillionenReichsmark (RM) angeboten, zu den wesentlichenPositionen zählen :

    . Ingenieurstunden zu je RM Einzylindermotoren zu je , TRM, Zweizylindermotoren zu je , TRM, und Sechzehnzylindermotoren zu je TRM

    Die Fertigung, Montage und Abnahme dieserDeutzer Dieselmotoren wird wieder in den erst vorwenigen Monaten geräumten Teilen der Fabrik-halle eingerichtet. Wegen der Beschneidung desFlugmotorenauftrags war dieser Bereich offenbarnoch nicht weiter genutzt worden. Bis AnfangMärz werden noch . dieser Vier-, Sechs-und Achtzylinder-Dieselmotoren F/AM miteiner Gesamtleistung von knapp . PS aus-geliefert.

    1944 und 1945 – Die Luft ist raus

    Nachdem schon im Frühjahr das Interesseder Luftwaffe an einem leistungsstarken Benzin-motor geschwunden war, und man sich in Ober-ursel an den Strohhalm eines leistungsschwäche-ren, aber kraftstoffsparenden Dieselmotors geklam-mert hatte, ist ab dem Spätsommer auch dasInteresse an einem solchen Dieselmotor versiegt.In der Rückschau verwundert dies wenig, denn diepraktischen Einsatzmöglichkeiten eines Zweitakt-dieselmotors mit seiner geringeren Leistungsdichtebeschränken sich auf Flughöhen bis etwa Kilo-meter, somit auf Transport- oder Verkehrsflug-zeuge, und die stehen weit hinten in der Prioritäts-liste, und geeignete Motoren dafür sind auch ver-fügbar. So war es zu den Auftragsbeschneidungen

    Folgende Laufstunden sind vorgesehen: h mit Einzylindermotoren bei je RM/h,

    h mit Zweizylindermotoren bei je RM/h, h mit Zwölf- und Sechzehnzylindermotoren,

    bei je RM/h.

    Die Beauftragung durch das Reichsluftfahrtmi-nisterium, über die leider keine Informationen vor-liegen, kann weiterhin nur prinzipielle Studiensowie Erprobungsläufe mit dem Vollmotor umfassthaben. Folglich bemüht sich KHD um alternativeEinsatzmöglichkeiten für ihre Motoren auch beimHeer und bei der Kriegsmarine. Überliefert sindkonkrete Bemühungen zu Panzerantrieben undumfangreiche Untersuchungen zu einem Schnell -bootantrieb.

    Im Frühjahr nimmt das Oberurseler Ent-wicklungsbüro im Auftrag des HeereswaffenamtesEntwurfsarbeiten zu Panzermotoren auf. Dafürwerden . Arbeitsstunden reserviert, und esliegen Hinweise zu zwei Projekten vor : Zum einensoll der Einbau eines PS Dieselmotors aufBasis des leistungsreduzierten Dz in den mitTonnen überschweren Panzer VIII mit dem be-zeichnenden Namen »Maus« untersucht wordensein, allerdings ist dieses skurrile Panzerprogrammgegen Ende wieder eingestellt worden. Zumanderen gibt es vage Hinweise auf einen PS

  • Panzermotor in V-Form mit der Typenbezeich-nung T M . Ansonsten liegen keine Informa-tionen zu diesem Projekt und Motor vor.

    Größeren Raum haben dagegen die Anfang desJahres aufgenommenen Aktivitäten zu einem-Zylinder-Dieselmotor als Schnellbootantriebeingenommen. Hierbei ging es um einen bis PS starken Zweitakt-Schiffsdieselmotor mitder Bezeichnung Dz , zu dem KHD am .Februar eine Spezifikation vorgelegt hat, deram . Juni ein Entwicklungsangebot imUmfang von .. Reichsmark folgt. Zuvorhatten Oberurseler Ingenieure die Möglichkeit zurBesichtigung der Motorenanlage eines solchenSchnellboots in der Stettiner Oderwerft, inkognito,sodass Daimler Benz davon »keinen Wind be-kommt«. Das RLM gewährt die Freistellung von % der Oberurseler Entwicklungsmannschaft fürdieses Marineprojekt, was angeblich etwa Mannentspricht. Der erste der -Zylinder-Vollmotorensoll im Juni in die Erprobung gehen. Ob je-doch und in welchem Umfang solche Angebotslei-stungen beauftragt worden sind, ist nicht überlie-fert. Möglicherweise sind die bereits erwähntenVersuchsläufe mit dem Sechzehnzylinder-Diesel-motor Dz in den Jahren und im Rah-men dieses Marineprojekts gefahren worden.

    Obwohl seit Herbst auch wieder konven-tionelle Dieselmotoren in Oberursel produziertwerden, ist das Werk nicht voll ausgelastet. So istes wenig verwunderlich, dass bald ein obdachlosgewordener Gast aufgenommen werden muss.

    Die Konkurrenz zieht ein, der Jumo

    Nach schweren Bombardierungen der DessauerJunkerswerke Ende Mai verfügt das Reichs-luftfahrtministerium die Auslagerung der weiterenEntwicklung des Jumo Flugmotors in die Mo-torenfabrik Oberursel. Dazu verlegt Junkers etwa Arbeitskräfte und eine nicht mehr genau er-mittelbare Anzahl von Werkzeugmaschinen nachOberursel. Das Konstruktionsbüro hingegen bleibtin Dessau. Für die Motorenmontage wird ein »Jun-kers-Raum« in der Halle eingerichtet. Bis Ende sollen in Oberursel fünf solcher Jumo mitihren Einzelteilen hergestellt und zumindest zweidavon auch auf den Turmprüfständen erprobt wor-den sein. Angeblich sollen, als die alliierten Trup-pen nahten, diese beiden Motoren in eine »naheFelshöhle« eingemauert worden sein (eventuellLuftschutzstollen ? ). Dann seien sie als Kriegsbeutenach Amerika gekommen, wo sie später in einerAusstellungshalle in Washington DC gestandenhätten. Einer dieser Jumo E Motoren ist an das Deutsche Museum in München gelangtund in die dortige Ausstellung übernommen wor-den, als »Geschenk« der Amerikaner anlässlich derEröffnung der neuen Museumshalle für Luft- undRaumfahrt.

    Am Ende der Entwicklungsarbeiten

    Mit den Sechzehnzylinder-Dieselmotoren Dz sind bis Ende März Versuche im Turm-prüfstand sowohl mit Luftschrauben als auch ander Wasserbremse mit insgesamt über Lauf-

    Jumo :-ZylinderReihen-sternmotorUK NA

  • stunden gefahren worden. Die höchste Leistung istmit dem Motor V am . März auf demWasserbremsenstand erreicht worden, PS bei Umdrehungen pro Minute, wenige Tagebevor die US-Army das Werk besetzt. Von einemungewöhnlichen Fall abgesehen sind die von KHDentwickelten Flugmotoren aber nicht über solcheWerkserprobungen hinausgekommen.

    Mit der Besetzung der Motorenfabrik durch dieUS-Army am . März mussten die Beschäf-tigten entlassen werden, und die Entwicklungsar-beiten an den Flugmotoren endeten zwangsläufig.

    Mit dem Ausbau zum Flugmotoren-Entwick-lungszentrum sind die Infrastruktur des Werkssowie seine Einrichtungen und Anlagen für dieMotorenentwicklung auf einen damals hochmo-dernen Stand gebracht worden. Nach einem Pro-duktionsbericht vom März soll die Motoren-fabrik zur Zeit der Besetzung über insgesamt rund Werkzeugmaschinen verfügt haben, davonwaren dem Fahrzeugmotorenbau zugeordnet,wovon wiederrum außerhalb des Werkes gela-gert worden seien. Die anderen Werkzeugma-schinen seien der Flugmotorenentwicklung zuge-ordnet gewesen, wovon der Firma Junkers ge-hört hätten. Nach dem gleichen Bericht hat dieBelegschaft des Werkes, damals Gefolgschaft ge-nannt, insgesamt . Mitarbeiter umfasst, wovon Arbeiter und Angestellte der Fahrzeugmo-torenfertigung zugeordnet gewesen seien, sowie Arbeiter und Angestellte der Flugmotorenent-wicklung. Darin seien die von der Firma Junkershierher versetzten Mitarbeiter eingeschlossen, de-ren Anzahl in anderen Quellen mit etwa ange -geben ist. Im Hinblick auf die Programmkürzun-gen seit dem Jahr erscheinen die Mitarbeiter-zahlen für die Flugmotorenentwicklung erstaun-lich hoch.

    Was wurde aus den Entwicklungsergebnissen,den Werkseinrichtungen und ausden Flugmotoren ?

    Schon in den ersten Tagen nach der Besetzungdes Werks tauchen die ersten »Intelligence Teams«in der Motorenfabrik auf. Solche Teams der alliier-ten Siegermächte waren auf der Jagd nach deut-schen Forschungs- und Entwicklungsergebnissen,um sich diese in ihrer eigenen Militär- und Zivil-technologie zunutze zu machen. Größeres Interesseals an den theoretischen Ergebnissen der Flugmo-torenentwicklung haben die Amerikaner an ver-schiedenen Werkseinrichtungen und auch an denvorgefundenen Flugmotoren gezeigt. So wird derlauffähig montierte Dz Motor V schon MitteApril requiriert und in einer vom herbeigerufenenWerksschreiner gebauten Transportkiste am .Mai abtransportiert. Seine Spuren tauchenspäter auf der Wright Air Force Base in Dayton,Ohio auf. Und dorthin schafft die Air Force am .Juni auch den teilzerlegten Dz Motor V,auf spezielle Anforderung aus Dayton hin (ActionHacker). Die Motoren haben dort an vergleichen-den Untersuchungen von Zweitakt-Hochleistungs-motoren teilgenommen, dann haben sich ihreSpuren verloren.

    Des Weiteren haben sich die Amerikaner auchdie Einrichtungen des hochmodernen Werkstoff-

  • labors und die Kleinprüfstände im Gebäude alssogenannte Advanced Deliveries gesichert und imJuli in elf Güterwagen abtransportiert (ActionTreiber).

    Noch während diese anfänglichen Requirierun-gen andauern, wird das Werk Ende zum Re-parationsbetrieb erklärt. Bis Ende werdensämtliche Einrichtungen und Maschinen der Mo-torenfabrik demontiert und in Eisenbahnwag-gons abtransportiert. Der als Rüstungswerk einge-stufte Turmprüfstandsbau soll, nach dem Ausbauund dem Abtransport der Testeinrichtungen nachFrankreich, gesprengt werden.

    Einer der Achtzylinder-Sternmotoren Dz aus Oberursel hat später noch Geschichte in denUSA geschrieben. Wie er dorthin gekommen ist,liegt im Dunklen. Dieser Motor, er soll aus einemin Missouri abgestürzten Flugzeug nicht mehr fest-stellbaren Typs stammen, ist bei einem dorti-gen Schrotthändler aufgetaucht. Bis in die erJahre stand er dann in einem Privatmuseum imStaat New York, bis er an einen nicht genanntenSammler in Deutschland verkauft worden ist. Lei-der ist nichts über die Flugerfahrungen mit diesemMotor bekannt, und über die Umstände des Flug-zeugabsturzes. Immerhin, dieser Achtzylinder-Sternmotor Dz ist wohl als der Einzige der da-mals bei KHD gebauten Flugmotoren zu einemFlugeinsatz gekommen !

    des Werksmuseums Motorenfabrik Oberursel, dasKurbelgehäuse mit einem Zylinder des Achtzylin-dermotors, sowie eine Kurbelgehäusehälfte desSechszylindermotors.

    Zum Verbleib der beiden Sechzehnzylinder-Boxermotoren Dz ist wiederholt recherchiertworden, leider ohne Erfolg. Diese Motoren müssenals verloren gelten. Um dennoch auch diesen we-sentlichen Teil der Werksgeschichte angemessenpräsentieren zu können, hat der GeschichtskreisMotorenfabrik Oberursel ein Scheibenmodell inbeeindruckender voller Größe angefertigt und imJuli im Werksmuseum präsentiert. Mit die-sem Behelf konnte die Darstellungslücke zwischenden Umlaufmotoren des ersten Weltkriegs unddem Turbinenstrahltriebwerk Orpheus von ineindrucksvoller Weise ergänzt werden.

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    Appell : Mit den recherchierten Informationenkonnte zumindest das vorgelegte grobe Bild vonden damaligen Entwicklungsarbeiten und dem Ge-schehen in der Motorenfabrik Oberursel geschaf-fen werden. Jede Ergänzung des Kenntnisstandeswäre der Sache dienlich, und der Autor würde sichfreuen, wenn Zeitzeugen sich dazu meldeten bzw.wenn sich Informationen oder Unter lagen aus derdamaligen Zeit fänden. Der Autor ist dankbar fürjeden Hinweis (hujer.helmut @ t-online.de).

    Die Dz-Flugmotoren im Werksmuseum

    Die bei Erdarbeiten im Oberurseler Werk gefun-denen Bauteile der noch in Köln gebauten Stern-motoren Dz gehören zum Gründungsfundus

    Dz nach Flugunfall in Missouri, um A GKMO

    Idee und Ausführung von Günter Hujer –Vorstellung am . Juli

    2014_Deckblatt 03_Gossflug.pdfGrossFlug_txt.pdf