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Führen in der vernetzten virtuellen und realen Welt Corinna von Au Hrsg. Digitalisierung, Selbstorganisation, Organisationsspezifika und Tabuthema Tod Leadership und Angewandte Psychologie

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Führen in der vernetzten virtuellen und realen Welt

Corinna von Au Hrsg.

Digitalisierung, Selbstorganisation, Organisationsspezifika und Tabuthema Tod

Leadership und Angewandte Psychologie

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Leadership und Angewandte Psychologie

ReihenherausgeberC. von AuInLeaVe® – Institut für Leadership & VeränderungOberursel (Ts.)HessenDeutschland

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Die Reihe Leadership und Angewandte Psychologie befasst sich mit modernen und tragfähigen Führungsansätzen, den Rahmenbedingungen einer Leadership-förderlichen Organisation, den Persönlichkeitseigenschaften und Kompetenzen der Führungspersön-lichkeiten von morgen sowie deren Auswahl und Entwicklung. Der sich hierbei heraus-kristallisierende und zukunftsweisende Fokus auf das System, die Haltung, Beziehung und Individualität von Persönlichkeiten macht deutlich, dass Führung mehr ist als ein rein betriebswirtschaftliches Management der Organisation bzw. deren Mitglieder. Viel-mehr führt nur die umfassende und adäquate Berücksichtigung von psychologischen Aspekten zum Erfolg der Organisation. Die Beiträge der Reihe zeichnen sich durch eine konsequente Verbindung von Theorie und Praxis aus, was sich auch in den Bio-grafien der Autoren/-innen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz widerspiegelt. Sie richtet sich sowohl an Führungspersönlichkeiten aller Hierarchieebenen als auch an (zukünftige) Verantwortliche im Bereich der Unternehmens- und Personalstrategie und der Führungskräfte-, Team- und Organisationsentwicklung sowie an Studierende und Lehrende der (Wirtschafts-)Psychologie und Betriebswirtschaftslehre.

Weitere Bände in der Reihe http://www.springer.com/series/15047

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Corinna von Au (Hrsg.)

Führen in der vernetzten virtuellen und realen WeltDigitalisierung, Selbstorganisation, Organisationsspezifika und Tabuthema Tod

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HerausgeberCorinna von AuInLeaVe® Institut für Leadership & Veränderung Oberursel (Ts.) Deutschland

ISSN 2509-3355 ISSN 2509-3363 (electronic)Leadership und Angewandte Psychologie ISBN 978-3-658-18687-6 ISBN 978-3-658-18688-3 (eBook)https://doi.org/10.1007/978-3-658-18688-3

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detail-lierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

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V

Was kennzeichnet „gute“ Führung? Leadership erlebt in Zeiten zunehmender Globali-sierung, Komplexität, Dynamik und eines offensichtlichen Wertewandels wieder eine bedeutende Renaissance. Das vorliegende Buch „Führen in der vernetzten virtuellen und realen Welt. Digitalisierung, Selbstorganisation, Organisationsspezifika und Tabuthema Tod“ ist der achte Band der Reihe „Leadership und Angewandte Psychologie“. Auch in diesem Buch habe ich wieder großartige Beitragsautoren1 in der Wissenschaft und Pra-xis gewonnen, die in meiner Wahrnehmung etwas besonders Wertvolles über New Lea-dership sagen können. Diesen gilt mein ausdrücklicher Dank!

Darüber hinaus danke ich ganz herzlich dem Springer Verlag, insbesondere Frau Dr. Lisa Bender und Herrn Joachim Coch, für den Mut und das Zutrauen, dieses Riesen-Werk in meine alleinige Herausgeberschaft zu geben. Frau Eva Brechtel-Wahl und Frau Sonja Trautwein gilt mein ausdrücklicher Dank für das Lektorat sowie Frau Anke Hoffmann für die Steuerung des nationalen und internationalen Produktionsteams. Besonders herzlich danken möchte ich meiner Familie für ihren vollkommenen Rückhalt, ihre Liebe und ihre fortlaufende Ermutigung.

Nach den ersten sieben Bänden „Wirksame und nachhaltige Führungsansätze“ (Band 1), „Struktur und Kultur von Leadership-Organisationen“ (Band 2), „Eigenschaften und Kom-petenzen von Führungspersönlichkeiten“ (Band 3), „Führung im Zeitalter von Verände-rung und Diversity“ (Band 4), „Auswahl und Onboarding von Führungspersönlichkeiten“ (Band 5), „Entwicklung von Führungspersönlichkeiten und Führungssystemen“ (Band 6) und „Anreizsysteme für Leadership-Organisationen“ (Band 7) wird nun das Führen in der vernetzten virtuellen und realen Welt näher beleuchtet. Diskutiert wird hierbei insbeson-dere der bedeutende Aspekt der Digitalisierung in der VUCA-Welt, der u. a. zur Erfordernis einer Selbstorganisation des „lebenden“ Organisationssystems mit seinen wechselseitigen,

Vorwort

1Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird im vorliegenden Buch und im Gesamtwerk „Leader-ship und Angewandte Psychologie“ auf die Erwähnung der weiblichen Form verzichtet. Selbstver-ständlich sind beide Geschlechtsformen gleichermaßen und gleichberechtigt angesprochen.

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VI Vorwort

in nicht linearen Austauschbeziehungen stehenden Organisationsmitgliedern führt. Hier-bei wird auch auf bedeutende Organisationsspezifika (Vereine, wissenschaftlicher Bereich, öffentliche Verwaltung und Sozialwirtschaft) eingegangen. Die Verbreitung von „guten“ wie auch „schlechten“ Nachrichten erfolgt in der vernetzten Welt rasant schnell. Somit ist auch mit herausfordernden Situationen, wie z. B. dem Tod eines Organisationsmitgliedes oder der Trauer von Organisationsmitgliedern, adäquat umzugehen. Oftmals sind Tod und Trauer aber noch ein Tabuthema in Organisationen. Diesem bedeutenden Thema widmet sich entsprechend der letzte Beitrag. Allen großartigen Beitragsautoren möchte ich von ganzem Herzen meinen individuellen Dank aussprechen:

• Was bedeutet die zunehmend vernetzte und digitale Welt für die Rolle der Führung? Der Psychologe sowie Executive Coach und Berater für Führungskräfte Prof. Dr. Ulrich Lenz und die Wirtschaftspsychologin Pirie Grützmacher zeigen in ihrem sehr anschaulichen Beitrag Was bin ich (noch), und was sollte ich sein? Die Auswirkungen der Digitalisie-rung auf die Rolle einer Führungskraft, dass Digitalisierung und die dadurch ausgelöste Entgrenzung der Organisationen sowie die Neuentwicklung von (parallel bestehenden) Organisationsformen (wie Hierarchie und Netzwerk) sowie New Work-Konzepte ein komplett neues Rollenverständnis von Führung erfordern: Statt allwissende Anführer, Top-down-Kommunikation, Informationsmonopole und „Command and Control“ wer-den Führungspersönlichkeiten benötigt, die kontextabhängige flexible Rollen einnehmen und als Moderatoren die Selbstorganisation des lebenden Organisationssystems fördern.

• Tanja Ineichen, systemische Beraterin, Projektleiterin und Coach, diskutiert in ihrem richtungsweisenden Beitrag Aus der inneren Kraft heraus: Wie etablierte Unterneh-men Stabilität und Innovation mit Resilienz, Respekt und Resonanz vereinen, die Frage, was die Unternehmensführung tun kann, damit die strukturelle und kulturelle Potenzialentfaltung bei der Selbstorganisation des Systems unterstützt werden kann. Hierbei geht sie explizit auf die in Zeiten des permanenten Wandels gleichermaßen bedeutenden Gruppen der Innovationstreiber und Stabilitätsträger ein, indem sie die Möglichkeiten und Herausforderungen einer gewinnbringenden Zusammenarbeit in Koexistenz und Kooperation erörtert.

• Durch den Bedeutungszuwachs der lateralen Führung quer durch die Organisation gewinnt die Fähigkeit, Commitment von anderen innerhalb und außerhalb der Orga-nisation zu gewinnen, für Führungspersönlichkeiten an besonderer Bedeutung. Der Führungskräfteentwickler Gunther Fürstberger zeigt hierzu in seinem Beitrag Führen in der Network-Society – mit einer Commitment Kommunikation und Objectives and Key Results erfolgsversprechende Wege auf, die er mit sehr anschaulichen Praxisbei-spielen unterlegt.

• Viele Organisationsmitglieder arbeiten im digitalen Zeitalter mehr und mehr virtuell zusammen. Jörg Rumpf, Associate Client Partner bei Korn Ferry Hay Group, diskutiert in seinem praxisorientierten Beitrag Führungen durch Mausklick? – Herausforderungen für Führungskräfte in einer zunehmend digitalisierten Arbeitswelt mit virtuellen Teams entsprechend die zwei folgenden Fragestellungen: Welche Faktoren bestimmen die

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VIIVorwort

Effektivität der Zusammenarbeit in virtuellen Strukturen? Und welche Schlüsselkompe-tenzen müssen Führungspersönlichkeiten für die digitalisierte Welt entwickeln?

• In seinem Beitrag Führung in der digitalisierten Arbeitswelt: Theoretische Hinter-gründe und praktische Umsetzung bei der SAP Schweiz gibt uns Enrico Palumbo, Personalleiter und Mitglied der Geschäftsführung der SAP Schweiz, interessante Ein-blicke in sein Unternehmen: Führungspersönlichkeiten werden als Dienstleister ver-standen, die „coachable moments“ erkennen und nutzen sollen, um Mitarbeiter in ihrer allgemeinen Entwicklung ebenso wie bei konkreten Fragestellungen zu unterstützen.

• In einer vernetzten Welt arbeiten zunehmend Personen aus unterschiedlichen Kultu-ren zusammen. Der Psychologe und interkulturelle Trainer Prof. Dr. Christian Tröster erläutert in seinem theoretisch äußerst fundierten Beitrag Führen von multinationalen Teams – eine kognitive Analyse sowie Implikationen für die Führung multinationaler Teams detailliert die wissenschaftlichen Hintergründe und leitet daraus die Implikati-onen für die Führung multinationaler Teams ab.

• Virtuelle Teams, deren Teammitglieder oftmals geografisch auf dem gesamten Globus verteilt sind, beinhalten viele Vorteile, stehen aber auch vor großen Herausforderun-gen. Ralf Friedrich, internationaler Projektcoach, und Andrea Keil, zertifizierte inter-kulturelle Trainerin (DGIKT), stellen in ihrem Beitrag Virtuelle Teamleistung steigern durch das Virtual Team Maturity Model (VTMM®): Theorie und Fallstudie ein Reife-gradmodell vor, welches die virtuelle Teamleistung erfasst und somit als Basis für die Leistungssteigerung von Teams dienen kann.

• Die Praxis zeigt, dass sich (virtuelle) Teamleistungen steigern lassen, wenn in Orga-nisationen Grundprinzipien wie Selbstorganisation, Ganzheit und Sinn vorherrschen. In ihrem inspirierenden Beitrag Evolutionäre Führung von Selbstorganisation im modernen Ehrenamt – Vorbild für die Arbeitswelt der Zukunft? Ein Praxisbeitrag am Beispiel der Digital Media Women e. V. beleuchtet Brigitte Schröder, Organisa-tionsberaterin und ehrenamtliche Organisatorin von selbstorganisiertem Lernen bei #DMW, wie mit diesem Verständnis Organisationsformen ganz neu gedacht werden können und dass solche neuartigen Organisationsformen bereits in vielen Branchen auffindbar und erfolgreich sind.

• Führen Professoren anders? Spezifika in der wissenschaftlichen Führungskultur, so lautet der äußerst interessante Beitrag von Prof. Dr. Uta Bronner, Psychologin und Veränderungsberaterin, und Dr. Anja Frohnen, Geschäftsführerin des internationa-len Qualitätsnetzwerkes für Kompetenzentwicklung in Wissenschaft, impulsplus, und systemischer Master Coach (DGfC). Hierin gehen die beiden Autorinnen auf die Besonderheiten der Führungsstruktur und -kultur sowie die damit verbundene Rollen-vielfalt von Professoren ein und diskutieren auf der Grundlage aktueller Studiener-gebnisse Anforderungen an Führungspersönlichkeiten und Erfolgsfaktoren wirksamer Führung im universitären System.

• Unterscheidet sich die Führung in der öffentlichen Verwaltung von der in der Pri-vatwirtschaft? Auf Basis derartiger Überlegungen leitet die Psychologin Dr. Liane Schmitt, Leiterin des Bereichs Organisationsentwicklung, Beratungsformate und

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VIII Vorwort

Organisationskultur bei der Stadtverwaltung Mannheim, in ihrem spannenden Beitrag Vom Verwalten zum Gestalten: Reflexive Prozesse implementieren, Führungskräfte entwickeln und Dialog fördern am Beispiel der Stadtverwaltung Mannheim, die Mög-lichkeiten der Gestaltung und Entwicklung der Führungskultur in der öffentlichen Verwaltung ab.

• Organisationen der Sozialwirtschaft sind anderen Organisationen in vielen Punkten ähnlich, unterscheiden sich jedoch in manchen Punkten signifikant. Lena Brandes, systemische Organisationsberaterin, und Doris Santifaller, Diplompädagogin mit sys-temischer Zusatzausbildung und langjährige Leitung eines großstädtischen Eigen-betriebs für Kindertagesstätten, beleuchten entsprechend in ihrem sehr praxisnahen Beitrag Herausforderungen der Führung aus Distanz in sozialen Organisationen: Theoretische Grundlagen und Praxisbeispiele. Hierbei gehen sie auch explizit auf die Meta-Führung, d. h auf die Führung von Führungskräften, ein.

• In Deutschland sterben jährlich rund 900.000 Menschen, davon etwa 140.000 Men-schen im erwerbsfähigen Alter. Dabei hinterlassen sie noch eine weitaus größere Anzahl an Trauernden. Somit machen Tod und Trauer auch nicht vor Organisatio-nen bzw. deren vernetzten Organisationsmitgliedern halt. In meinem abschließenden Beitrag Umgang mit Tod und Trauer im Führungsalltag: Hintergründe, Herausforde-rungen und Next Practice Impulse beleuchte ich ein leider noch häufig tabuisiertes Thema in der Arbeitswelt. Hierbei wird einerseits auf die Individualperspektive, d. h. auf die individuelle Ausgestaltung der Trauer und Trauerreaktion eingegangen. Ande-rerseits werden im Rahmen der Organisationsperspektive die Problematik einer sub-optimalen Trauerkultur und der Sonderfall Suizid diskutiert. Schließlich leite ich Next Practice Impulse in Form der Erstellung eines Notfallkonzepts „in guten Zeiten“ und des bewussten, empathischen und individuellen Agierens der Führungspersönlichkei-ten im Notfall ab.

Wenn Sie dieses Buch lesen, ist schon eine gewisse Zeit seit dem Schreiben der Beiträge vergangen. Da ich diese Reihe weiter lebendig und pulsierend halten möchte, würde ich mich über Feedback sehr freuen: Was ist gut? Was kann wie verbessert werden? Haben Sie Vorschläge für einen wissenschaftlichen oder praktischen Beitrag für eine neue Auf-lage? Bitte schreiben Sie Ihre Resonanzen, Wahrnehmungen, Ideen für Lösungen „Zwei-ter Ordnung“ an InLeaVe® – Institut für Leadership & Veränderung: [email protected]. Auch wenn Sie „nur“ einen Austausch wünschen oder mich kennen lernen möchten, so freue ich mich auf Ihre Kontaktaufnahme.

Bis dahin wünsche ich Ihnen allen eine gesunde, glückliche und sinnhafte Zeit mit einer guten Selbst- und Mitarbeiterführung.

IhreCorinna von Au

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IX

Eine Leadership-Persönlichkeit ist für mich

… ein kognitiv und insbesondere emotional gereifter und ausbalancierter Mensch, der durch ehrliches Interesse und tagtäglich gelebte Wertschätzung und Vertrauen Reso-nanz erzeugt, sich fortlaufend reflektiert und lernt sowie als mutiger „Enabler“ Füh-rungsrahmenbedingungen schafft, in denen Organisationsmitglieder individuell gefordert und gefördert werden (Prof. Dr. Corinna von Au);

… reflektiert, aufrichtig und klar (Lena Brandes);… jemand, der Impulse (weiter)gibt und wertschätzend zum eigenständigen Denken

anleitet, der um seine Wirkung weiß und zugleich seine Grenzen kennt und sie res-pektiert (Prof. Dr. Uta Bronner);

… jemand, der allen Teammitgliedern einen Sinn in ihren Aufgaben gibt. Als Ergebnis arbeiten die Teammitglieder engagiert an den gemeinsamen Zielen. Dabei werden kulturelle Unterschiede genutzt, um voneinander zu lernen und einmalige Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln (Ralf Friedrich);

… eine Person, die Klarheit durch Zielorientierung und Strukturen vermittelt, die offen ist für kritisches Querdenken und die achtsam ihre Feinfühligkeit kultiviert (Dr. Anja Frohnen);

… jemand, der das Commitment von anderen gewinnen kann (Gunther Fürstberger);… ein globaler Entwicklungspartner, der auf Augenhöhe in verschiedenen Netzwerken

Beziehungen gestaltet und dabei auf Basis von fundamentalen Werten verantwor-tungsvoll Mehrwerte schafft (Pirie Grützmacher);

… eine Person, die sich selbst authentisch lebt – committet zu ihren Kunden, zur Organi-sation und zu sich selbst – und darüber hinaus diesen Spirit in anderen zündet (Tanja Ineichen);

… jemand, der Leadership individuell auf sein Gegenüber anpassen kann und so die besonderen Qualitäten jedes Teammitglieds zum maximalen Nutzen des Teams zu kombinieren vermag (Andrea Keil);

Leadership Statements der Beitragsautoren (in alphabetischer Reihenfolge)

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X Leadership Statements der Beitragsautoren (in alphabetischer Reihenfolge)

… geprägt von der Haltung, gemeinsam das zu gestalten, was für die zukunftsorientierte, nachhaltige Entwicklung von Organisationen und ihrer Menschen notwendig ist, und nicht das, was dem eigenen Ego entspringt (Prof. Dr. Ulrich Lenz);

… James Stockdale, der Namenspate des Stockdale-Paradox (Enrico Palumbo);… transparent und werteorientiert, begeistert andere für eine gemeinsame Vision und

stellt den Erfolg der Mitarbeitenden über den eigenen Erfolg (Jörg Rumpf);… vertrauensvoll, transparent und verlässlich (Doris Santifaller);… jemand, der sein Handeln kontinuierlich reflektiert, die Mitarbeitenden im Einsatz

ihrer Fähigkeiten nicht behindert und einen Orientierungsrahmen schafft, der es ihnen erlaubt, wirksam zu agieren (Dr. Liane Schmitt);

… ein Vorbild darin, wie Verantwortung für sich, seine Handlungen und Entscheidungen übernommen wird, schafft Bindung, Vertrauen und Wirksamkeit und definiert sich nicht über Machthierarchien, sondern entwickelt sich in der Selbstorganisation ganz natürlich (Brigitte Schröder);

… jemand, der Menschen dazu bewegt, ihr Potenzial zu entdecken und zu entwickeln (Prof. Dr. Christian Tröster).

Mit einer Leadership-Kultur verbinde ich

… eine wahrhaftig wertschätzende, kreative und reflexive Dialog- und Lernkultur, in der die Verschiedenheit aller Menschen erkannt und individuell berücksichtigt wird, sodass alle Organisationsmitglieder mit großer Freude erfolgreich an sinnhaften Leis-tungen arbeiten und sich stets weiter entwickeln können (Prof. Dr. Corinna von Au);

… innovative Organisationen, die ökonomisch durchdachtes Handeln sowie Menschlich-keit und Fairness zugleich leben (Lena Brandes);

… eine Klima der Offenheit und des Vertrauens, das Lust darauf macht, sich einzubrin-gen und zu engagieren (Prof. Dr. Uta Bronner);

… transparentes Führungsverhalten, welches ein Team integriert anstatt spaltet (Ralf Friedrich);

… ein Klima der Inspiration und einer gelebten Fehlerfreundlichkeit, in der jeder sich eingeladen fühlt, seine Ideen einzubringen (Dr. Anja Frohnen);

… den wichtigsten langfristigen Wettbewerbsvorteil eines Unternehmens (Gunther Fürstberger);

… ein Zitat von Antoine de Saint-Exupéry: „Wenn du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer“ (Pirie Grützmacher);

… einen vertrauensvollen, sinnstiftenden Dialog, der Klarheit schafft, Ressourcen akti-viert und Potenziale entfaltet (Tanja Ineichen);

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XILeadership Statements der Beitragsautoren (in alphabetischer Reihenfolge)

… Leadership Verhalten, in dem sich die spezielle Teamkultur widerspiegelt (Andrea Keil);

… Transparenz und Wertschätzung in der Führungskommunikation, den Mut zur Gestal-tung von Innovationen, gepaart mit der Fähigkeit, Menschen und Organisationen zu einem anforderungsgerechten Wechsel ihrer Prozessmuster zu führen, ohne dabei den Stolz über das Erreichte aus den Augen zu verlieren (Prof. Dr. Ulrich Lenz);

… eine Organisation die Führungskräfte nachhaltig befähigt, zugleich Mitarbeitern keine Führungskräfte zumutet, die keine Leader sein möchten (Enrico Palumbo);

… ein organisationsweites gemeinsames Wertesystem, an dem alle Führungskräfte und Mitarbeitende ihr das Verhalten ausrichten – dazu gehören insbesondere Respekt, Wertschätzung von Vielfalt und die Verpflichtung, sich für den gemeinsamen Erfolg einzubringen (Jörg Rumpf);

… eine Organisation die ihre Mitarbeiter adäquat in Entscheidungsfindungen einbezieht und ihnen mit Respekt begegnet (Doris Santifaller);

… das Schaffen von gemeinsamen Reflexionsräumen für Führungskräfte und Mitarbei-tende, die eine erfolgreiche Umsetzung von lernender Organisation ermöglichen (Dr. Liane Schmitt);

… Freiräume, basierend auf Vertrauen, zur Entfaltung der ganzen Persönlichkeit, Selbst-organisation als Form der Zusammenarbeit und sinnstiftende Organisationen, in denen das Leben von individuellen und kollektiven Werten nach innen und außen möglich wird (Brigitte Schröder);

… Organisationen, die ihre Mitarbeiter und deren Bedürfnisse als Ursache und nicht als Hindernis für Erfolg werten (Prof. Dr. Christian Tröster).

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XIII

Herausgeber-Profil

Prof. Dr. Corinna von Au Jahrgang 1965, ist verheiratet und Mutter von zwei Kindern. Sie studierte in unterschiedlichen Fachgebieten (Dipl.-Kauffrau, Dipl.-Handelslehrerin, Master of Arts/Personalentwicklung, Master of Mediation) und hatte zehn Jahre Projekt- bzw. Linienverantwortung bei Pricewater-houseCoopers bzw. in der DZ BANK. Seit 2005 ist sie Pro-fessorin an der Hochschule für angewandtes Management in den Bereichen Wirtschaftspsychologie und Schlüsselqualifi-kationen. Parallel dazu war und ist sie als Beraterin, Coach und Mediatorin tätig, u. a. auch als Senior Managerin im Bereich Organisation & Change bei Deloitte Consulting bzw.

aktuell als Institutsleitung bei InLeaVe® – Institut für Leadership & Veränderung (www.inleave.de). Ihre Lehr- und Forschungsschwerpunkte sowie Beratungsschwerpunkte sind Leadership und Executive Coaching, Persönlichkeits-, Team- und Organisationsentwick-lung, Kompetenzen und Kompetenzsysteme, Change Management, Konfliktmanagement und Mediation sowie psychosoziale Belastungen und Störungen am Arbeitsplatz. Sie ist zertifizierte systemische Beraterin, Coach und Organisationsentwicklerin (ISB Wiesloch, Dr. Bernd Schmid), amtsärztlich zugelassene Heilpraktikerin für Psychotherapie und EMDR Therapeutin sowie für Facet5 (Big 5) Persönlichkeitsdiagnostik (www.facet5.com) und für Belbin Teamrollen (www.belbin.de) akkreditiert. Sie ist ausgebildete Hospizhelfe-rin (Sterbe- und Trauerbegleiterin) und engagiert sich in der Hospizbewegung. Weitere Fortbildungen u. a. in systemischen Aufstellungen (Syst Institut, Prof. Dr. Matthias Varga von Kibéd, München), Design Thinking (E&E information consultants AG, Berlin) und in klinischer Hypnose (Akademie Heiligenfeld, Bad Kissingen).

Kontakt: [email protected]

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XV

Inhaltsverzeichnis

Was bin ich (noch), und was sollte ich sein? Die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Rolle der Führungskraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1Ulrich Lenz und Pirie Grützmacher

Aus der inneren Kraft heraus: Wie etablierte Unternehmen Stabilität und Innovation mit Resilienz, Respekt und Resonanz vereinen . . . . . . . . . . . . . . 19Tanja Ineichen

Führung in der Network Society – mit einer Commitment Kommunikation und Objectives and Key Results . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37Gunther Fürstberger

Führung durch Mausklick? Herausforderungen für Führungskräfte in einer zunehmend digitalisierten Arbeitswelt mit virtuellen Teams . . . . . . . . . 51Jörg Rumpf

Führung in der digitalisierten Arbeitswelt: Theoretische Hintergründe und praktische Umsetzung bei der SAP Schweiz . . . . . . . . . . . . . 69Enrico Palumbo

Führen von multinationalen Teams – eine kognitive Analyse sowie Implikationen für die Führung multinationaler Teams . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79Christian Tröster

Virtuelle Teamleistung steigern durch das Virtual Team Maturity Model (VTMM®): Theorie und Fallstudie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95Ralf Friedrich und Andrea Keil

Evolutionäre Führung von Selbstorganisation im modernen Ehrenamt – Vorbild für die Arbeitswelt der Zukunft? Ein Praxisbeitrag am Beispiel der Digital Media Women e. V. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117Brigitte Schröder

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XVI Inhaltsverzeichnis

Führen Professoren anders? Spezifika in der wissenschaftlichen Führungskultur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135Uta Bronner und Anja Frohnen

Vom Verwalten zum Gestalten: Reflexive Prozesse implementieren, Führungskräfte entwickeln und Dialog fördern am Beispiel der Stadtverwaltung Mannheim . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155Liane Schmitt

Herausforderungen der Führung auf Distanz in sozialen Organisationen: Theoretische Grundlagen und Praxisbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173Lena Brandes und Doris Santifaller

Umgang mit Tod und Trauer im Führungsalltag: Hintergründe, Bedeutung und Next Practice Impulse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193Corinna von Au

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1© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2018 C. von Au (Hrsg.), Führen in der vernetzten virtuellen und realen Welt, Leadership und Angewandte Psychologie, https://doi.org/10.1007/978-3-658-18688-3_1

Was bin ich (noch), und was sollte ich sein? Die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Rolle der Führungskraft

Ulrich Lenz und Pirie Grützmacher

U. Lenz (*) Fakultät Wirtschaftspsychologie, Hochschule für angewandtes Management GmbH, Steinheilstraße 4, 85737 Ismaning, DeutschlandE-Mail: [email protected]

P. Grützmacher Bellevue 2, 22301 Hamburg, DeutschlandE-Mail: [email protected]

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Der Einfluss der Digitalisierung auf Organisationsprozesse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

2.1 Plattformen – oder: Die Entgrenzung von Organisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32.2 Organisationale Ambidextrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42.3 New Work-Konzepte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

3 Die Transformation der Führungsrolle im Zeitalter der Digitalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . 63.1 Der sozialpsychologische Rollenbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63.2 Die systemische Rolle von Führung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63.3 Die interne Rolle einer Führungskraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73.4 Die externe Rolle einer Führungskraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

4 Implikationen für die Unternehmenspraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 Zusammenfassung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

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2 U. Lenz und P. Grützmacher

1 Einleitung

Die fortschreitende Digitalisierung und Virtualisierung bedingt einen dramatischen Transformationsprozess der sozioökonomischen Strukturen, der durch drei Entwick-lungslinien kumuliert wird: Die Maschine-Maschine-Kommunikation im Internet of Things, die Transformation sämtlicher Kommunikationsprozesse durch Social Media (sowohl öffentlich als auch unternehmensintern als Corporate Social Network), sowie die grundsätzlich verbesserte Entscheidungsqualität durch intelligente Algorithmen zur Aus-wertung großer Datenbestände. Auch wenn viele Branchen wie Handel und Versicherun-gen die digitale Revolution gerade erst beginnen (vgl. Rigby und Tager 2014, S. 3 f.), so verändern die technologischen Innovationen im Zuge der Digitalisierung die Gesell-schaft und die Arbeitswelt in ihren Grundzügen (vgl. Cascio und Montealegre 2016). Die Auswirkungen auf betriebliche Organisationsabläufe und Strukturen, auf die Kom-munikation und Interaktion der Mitarbeiter sowie auf das Wirken und Handeln der Füh-rungskräfte sind elementar miteinander verwoben (vgl. Nextpractice 2015; PWC 2016): Es zeigt sich, dass Digitalisierung nicht nur eine technologische Herausforderung für Unternehmen darstellt, sondern auch eine Kulturrevolution initiiert, die das klassische Verständnis von Führung auf den Kopf stellt (vgl. Schwarzmüller et al. 2015).

Um aktuelle und zukünftige Herausforderungen erfolgreich bewältigen zu können, ist ein Paradigmenwechsel der Führung erforderlich. Darin stimmen Wissenschaft und Unternehmenspraxis grundsätzlich überein (vgl. Roman Herzog Institut 2016). Konsens besteht auch in der notwendigen Anerkennung der Auseinandersetzung mit elementaren Fragen: Was muss Führung in Zukunft leisten und gegenüber wem ist sie verantwort-lich (vgl. Kienbaum 2015)? Welches Spannungsfeld wirkt auf Führung durch sich rapide verändernde globale Beziehungen, die ihrerseits durch Digitalisierung intensiviert wer-den? Welches strategische Agieren ergibt sich aus Geschäftsprozessen, die durch Digita-lisierung neu konstruiert werden? Welche Kernkompetenzen sind für Führung in diesen Kontexten unverzichtbar? Wie stellt sich Arbeit im digitalen Kontext dar und wie findet Führung in dieser neuen Arbeitswelt statt? Der Fragenkatalog mutet endlos an, die Ent-wicklung der Lösungsansätze ist komplex. Führung steht in dem scheinbar unlösbaren Widerspruch, Orientierung vorgeben zu müssen, deren Koordinaten noch in der Entwick-lung sind. Dieses Vakuum belastet die Leistungsfähigkeit der Führung (vgl. Wimmer 1996). So gaben in einer aktuellen Umfrage zur Führungskultur im Wandel mehr als drei Viertel der Befragten an, dass Führung ohne grundlegende systemische Änderungen weit unter ihren Möglichkeiten bleibt. Gleichzeitig sahen die Befragten die vorherrschende Führungspraxis in Deutschland in großer Distanz zu den sich tatsächlich durch den Wan-del der Arbeitswelt ergebenden Führungsanforderungen (vgl. Nextpractice 2015).

Gerade weil traditionelle Wirtschafts- und Sozialwissenschaften bislang wenig visi-onäre Lösungen anzubieten haben, ist die systematische Auseinandersetzung mit dem Einfluss der „vierten industriellen Revolution“, der Digitalisierung, auf Führung und Führungskräfte umso vordringlicher. Das „Beziehungsgeschehen“ zwischen Digitalisie-rung und Führung ist mit Unschärfen und Emotionen verbunden. Mit dem vorliegenden

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3Was bin ich (noch), und was sollte ich sein? …

Beitrag wird versucht, die Diskussion zu versachlichen und Implikationen hinsichtlich der Rolle von Führung aufzuzeigen. Konzeptionell folgt der Beitrag einem sozialpsy-chologischen Rollenmodell, in welchem die Rolle die „Gesamtheit der einem gegebe-nen Status zugeschriebenen kulturellen Modelle, Erwartungen, Werte, Handlungsmuster und Verhaltensweisen“ repräsentiert (Linton 1979, S. 10). Hierbei wird sowohl die Rolle einer Führungskraft innerhalb eines Unternehmens betrachtet, als auch ihre Rolle im erweiterten öffentlichen Unternehmensumfeld, da im Zeitalter der Digitalisierung die Grenzen von Organisationen fluide werden.

Der Fokus des Beitrags liegt auf der Darstellung der Transformation der Führungs-rolle im Zuge der Digitalisierung, weniger auf der Konzeption von normativen Ansprü-chen an die Führungsrolle. Der Beitrag ist dabei wie folgt aufgebaut: Im Abschn. 2 wird zunächst der Einfluss der Digitalisierung auf die organisationale und organisationsüber-greifende Ebene skizziert. Es wird sich dann in Abschn. 3 zeigen, dass Digitalisierung und die dadurch ausgelöste Neuentwicklung von Organisationsformen ein komplett neues Rollenverständnis von Führung erfordern – sowohl innerhalb des Unternehmens als auch über die Unternehmensgrenzen hinaus. Die resultierenden Implikationen für die Unternehmenspraxis werden in Abschn. 4 erläutert. Abschließend werden in Abschn. 5 die Erkenntnisse zusammengefasst und es wird ein kurzer Ausblick skizziert.

2 Der Einfluss der Digitalisierung auf Organisationsprozesse

2.1 Plattformen – oder: Die Entgrenzung von Organisationen

Um den Musterwechsel in der Rolle von Führungskräften systematisch zu analysieren, werden zunächst einige Aspekte des Einflusses der Digitalisierung auf Organisations-prozesse betrachtet. Dabei wird zunächst auf die organisationsexterne Perspektive am Beispiel von Unternehmensplattformen eingegangen. Unter einer unternehmensüber-greifenden Plattform versteht man ein meistens, aber nicht notwendigerweise, virtuelles Konstrukt, das typischerweise aus einem Anbieter, der die Plattform bereitstellt und Pro-duzenten, sowie Konsumenten, die auf der Plattform operieren, besteht. Beispiele sind Plattformen, auf denen Apps entwickelt werden oder ein Sportartikelhersteller, der auf einer von ihm bereitgestellten Plattform Laufschuhe entwickeln lässt. Dabei sind unter-nehmensübergreifende Plattformen so alt wie das Wirtschaften selbst: Stadtmärkte, seit Jahrhunderten betrieben von öffentlichen Institutionen, können als Plattformen verstan-den werden, auf denen sich verschiedene Unternehmen, Handwerker und Dienstleis-tungsanbieter zusammenfanden.

Mithilfe der Digitalisierung sind Plattformen virtualisiert und globalisiert worden. Dabei ist die Plattform selbst das Geschäftsmodell und es findet eine Entkopplung zwi-schen der Plattform an sich und der auf dieser Plattform von Dritten produzierten Wert-schöpfung statt. Zweck der Plattformen, die Unternehmen wie Uber, Alibaba und Airbnb betreiben, ist das innovative Matching von Anbietern und Nachfragern. Das Asset des

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Plattformbetreibers ist der innovative Algorithmus, der dieses Matching ermöglicht (vgl. von Alstyne et al. 2016, S. 57 ff.). In strategischer Hinsicht verwischen sich dadurch die Branchen- und Unternehmensgrenzen. Dort, wo es bisher wegen notwendiger Infrastruk-tur-Investitionen hohe Eintrittsbarrieren in Märkte gab, ist in Zeiten der Digitalisierung kein branchenbezogener Aufbau einer Infrastruktur durch den Angreifer notwendig. Konsequenterweise besitzt Uber keine Taxis und Airbnb keine Hotelbetten.

Plattformen ermöglichen zudem ein vertieftes Verständnis für die Art, wie die Kunden denken. Jenseits des alten Verständnisses, dass die Kundenwünsche erfasst werden müss-ten, gehen moderne Konzepte in die Richtung, das Leben und die Interessen der Kunden an sich verstehen zu wollen, z. B. dadurch, dass man in die unmittelbare Lebensumwelt des Kunden eintaucht. Dieses Verstehen-Wollen und die teilnehmende Beobachtung sind wesentliche Prozessschritte in ergebnisoffenen, iterativen Entwicklungsprozessen wie z. B. Design Thinking (vgl. Brown und Martin 2015). An diesem Beispiel lässt sich erkennen, wie die Möglichkeiten der Digitalisierung sich auf Prozesse – hier: Innova-tionsprozesse – auswirken und in der Folge auch eine komplett neue Haltung von Füh-rungskräften verlangen: Verstehen wollen statt Antworten geben.

2.2 Organisationale Ambidextrie

Infolge von „Industrie 4.0“ und Social Media steht die Unternehmensführung vor der Kernfrage, wie der Trade-off zwischen Exploration von Produkt- und Prozessinnovatio-nen einerseits und Effizienz der Organisation andererseits gestaltet werden kann. Dieses Spannungsfeld wird als organisationale Ambidextrie bezeichnet. Steigende Komplexität und hohe Volatilität des organisationalen Umfelds bewirken einen erhöhten Innovations-druck – die Exploration – und gleichzeitig eine konsequente Steigerung der Effizienz des Unternehmens. Die Bedeutung der Exploration neuer Ideen nimmt angesichts disruptiver Marktentwicklungen stark zu. Deshalb ist eine Führungsrolle die Schaffung von Rah-menbedingungen, die die Innovationsfähigkeit der Organisation steigern. Damit wird die Flexibilität und Anpassungsfähigkeit an schnell wechselnde Umfeldbedingungen ermög-licht. Eine andere Führungsrolle ist es, Transaktionsprozesse zur Steigerung der organi-sationalen Effizienz einzusetzen und zu entwickeln.

Transaktionale Prozesse reduzieren Unsicherheit, schaffen Stabilität und verringern Transaktionskosten durch eine kontinuierliche Geschäftsprozessoptimierung (vgl. Jansen 2005, S. 26 ff.). Dabei belasten Stereotypen die Kommunikationsbeziehungen zwischen Innovatoren und Effizienzoptimierern: „Die Bremser und Bürokraten“, versus „Wir ver-dienen das Geld und die verbrennen es“. Unternehmen gehen deshalb dazu über, eigene Einheiten für das Vorantreiben digitaler Innovationen zu gründen. Darrell et al. (2016) beschreiben das Beispiel von General Electric, die mit GE Digital ein eigenes Unter-nehmen gegründet haben, in dem mehr als 20.000 Mitarbeiter des Konzerns zusammen-gezogen wurden, um den Wandel von General Electric hin zu einer „digital industrial company“ (Darell et al. 2016, S. 48) zu gestalten.

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5Was bin ich (noch), und was sollte ich sein? …

Kotter (2014) spricht von der Notwendigkeit, dass eine agile Organisation zwei Betriebssysteme brauche, ein Netzwerk für die Erzeugung neuer Ideen sowie eine hier-archische Strukturorganisation für das operative Geschäft. Im Netzwerk-Betriebssystem sollen hierarchie- und fachübergreifend die gleichen Mitarbeiter tätig sein, die auch in der Strukturorganisation arbeiten, dabei aber jeweils unterschiedliche Rollen wahrnehmen. Er erläutert dies am Beispiel eines Technologieunternehmens, in dem die Koalition der veränderungsbereiten Mitarbeiter verschiedene Initiativen auf den Weg brachten und – in ihrer Rolle als Mitglieder der Strukturorganisation – die Umsetzung förderten (vgl. Kotter 2014, S. 94 ff.). Damit wird deutlich: Führungskräfte agieren in unterschiedli-chen Rollen, die teilweise sogar gegensätzliche Anforderungen haben: Die Öffnung von Systemen, die Exploration von Neuem verlangt eher eine geöffnete, zuhörende Rolle und Haltung. Dem gegenüber kommt es bei der Effizienz auf ein eher geschlossenes Kom-munikationsverhalten, die Planbarkeit von Wenn-Dann-Beziehungen und damit die mög-lichst weitgehende Determinierung von beabsichtigten Ergebnissen des Handelns an.

2.3 New Work-Konzepte

Mindestens zwei der einleitend drei genannten Entwicklungsrichtungen der Digitalisierung haben erheblichen Einfluss auf die Arbeitswelt: Die Social-Media-Technologien ermög-lichen eine Entkopplung von Arbeitsort und Arbeitsleistung (vgl. Robert-Bosch-Stiftung 2013, S. 28). Dies wird insbesondere durch die technologische Möglichkeit zum Austausch von Kommunikation und Daten in Echtzeit, die Speicherung und jederzeitige weltweite Ver-fügbarkeit von Daten in cloudbasierten Systemen sowie durch die gemeinschaftliche und gleichzeitige Dateibearbeitung ermöglicht. Damit steigen Geschwindigkeit, Verfügbarkeit und Transparenz in der Arbeitswelt erheblich, bei deutlich sinkenden Transaktionskosten. Insbesondere die Entwicklung zu vollständiger Transparenz sollte von der Führungsrolle moderiert werden, denn neben dem weitgehenden Verzicht auf Emails in kollaborativen Arbeitsformen haben die Teilnehmenden auch kaum noch eigene Dateien, da die Arbeit in gemeinsamen, cloudbasierten Dateien und Anwendungen stattfindet.

Das „Internet der Dinge“ ist der zweite wesentliche Faktor für die derzeit entste-hende neue Arbeitswelt. Dabei werden Maschinensteuerungen durch intelligente Assis-tenzsysteme unterstützt oder, in der Maschine-Maschine-Interaktion, ganz übernommen. Die Bedeutung autonomer Arbeitsgruppen in der Produktion nimmt ab. Damit zeigt sich in der Produktion möglicherweise eine gegenüber der Kollaboration mithilfe Social Media entgegengesetzte Entwicklung. Allerdings werden auch in Servicebereichen trans-aktionale Prozesse zunehmend automatisiert, in dem Umfang, in dem intelligente Sys-teme auf dem Vormarsch sind (vgl. Gebhardt 2015, S. 13 ff.). Bots für das Schreiben von Zeitungsartikeln sowie automatisierte Bearbeitungsprozesse bei Versicherungen sind Beispiele für diese Entwicklungen.

Das Mitdenken von Kontexten der eigenen Handlungen und Entscheidungen (vgl. Gebhardt 2015, S. 13) fällt damit immer weniger in die Rolle einer Führungskraft, sondern

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in die Rolle des weitgehend autonomen Wissensarbeiters, der vor Ort z. B. die Steuerung eines vernetzten Maschinenparks überwacht. Aus Untersuchungen von Boes et al. (2015, S. 67 ff.) geht hervor, dass der Abbau von Hierarchieebenen für sich genommen keine hin-reichende Voraussetzung für mehr echte Mitwirkung von Mitarbeitenden an Führungsent-scheidungen ist. Es braucht eine tief greifende Kulturveränderung in Unternehmen mit der entsprechenden Neufassung der Rolle von Führungskräften.

3 Die Transformation der Führungsrolle im Zeitalter der Digitalisierung

3.1 Der sozialpsychologische Rollenbegriff

Der Begriff der Rolle versucht das Verhältnis von Individualität und Sozialität zu klären (vgl. Schreyögg 1991). Er beschreibt in der amerikanischen Kulturanthropologie nach Linton (1979) die Gesamtheit aller Kulturmuster, die mit einem bestimmten Status ver-bunden sind. Charakteristisch für diesen kulturanthropologischen Rollenbegriff ist die Identifizierung sozialer Rollen mit bestimmten Interaktionsmustern, welche die Rechte und Pflichten des Rolleninhabers implizieren, die mit seinem sozialen Status verknüpft sind. Auf dieser Definition baut der soziologische Rollenbegriff auf, wie Wiswede (1977) hervorhebt. Der Begriff einer sozialen Rolle wird im Zusammenhang mit menschlichem Verhalten verwendet und bezieht sich dabei auf ein von Menschen normativ erwartetes Verhalten und Handeln in örtlich sowie zeitlich bestimmten Situationen. In der Sozial-psychologie wird die (soziale) Rolle als Summe der von einer Person erwarteten Ver-haltensweisen definiert. In dieser Herangehensweise wird der Rollenbegriff um die Dimensionen des normativen Konzeptes – Erwartungen – und behavioralen Konzepts – Verhalten und Handlungsweisen – erweitert. Im sozialpsychologischen Bereich wird das Rollenkonzept heutzutage meist im normativen Sinne verwendet.

3.2 Die systemische Rolle von Führung

„Brauchen wir noch Führung?“, fragte Rudolf Wimmer (1996, S. 46) schon vor über 20 Jahren. Ist, angesichts der beschriebenen Entwicklungen im vorangegangenen Kapitel, Führung ein Relikt vergangener Zeiten oder ist sie bedeutsamer denn je? Zunehmende Technisierung und Automatisierung von zuvor menschlichen Leistungen mögen hier einen falschen Eindruck erwecken (vgl. Wimmer 1996). Technologie alleine kann nicht führen (vgl. Goschy 2012): Digitalisierung ist ein Werkzeug, welches erst durch kompe-tente menschliche Führungskräfte seine volle Wirkungskraft entfaltet.

Durch die zunehmende Komplexität mit den scheinbar unbegrenzten Möglichkeiten der Digitalisierung wird die Rolle von Führung in Zukunft wichtiger als je zuvor. Diese Entwicklung bestätigen über 71 % der Befragten des „Deutschen Industrie 4.0 Index

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7Was bin ich (noch), und was sollte ich sein? …

2015“ (vgl. Staufen 2015). Auch die HR-Trendstudie zeichnet ein ähnliches Bild und identifiziert Führung, Kultur-Management, Organisationsentwicklung und Transforma-tionsmanagement als zentrale HR-Prozesse der Zukunft (vgl. Kienbaum 2015). Digitalisie-rung und Führung müssen Hand in Hand gehen (vgl. Ciesielski und Schulz 2016; Preusser und Bruch 2014): In Anlehnung an Remdisch (2016) ist zudem festzuhalten, dass die Her-ausforderungen des „Digital Leadership“ mindestens genauso stark psychologischer und prozessualer wie technologischer Natur sind. Ebenso betonen Leipprand et al. (2012), dass technologiebedingte Aspekte künftig zum zentralen Treiber von Veränderungen werden. Beispielsweise bewirkt die Digitalisierung eine Neudefinition der Interaktions-mechanismen zwischen Kunden, Mitarbeitern, Führungskräften, externen Stakeholdern und den Unternehmen (vgl. Preusser und Bruch 2014). Aus dieser hochkomplexen Vernet-zung der Arbeits- und Unternehmensumwelt gehen substanziell veränderte Erwartungen und Zuschreibungen an die Rolle der Führungskräfte hervor – innerhalb des Unternehmens und darüber hinaus (vgl. Franken 2016; Zink et al. 2016).

3.3 Die interne Rolle einer Führungskraft

Digitalisierung erfordert und bewirkt eine fundamentale Veränderung der organisations-internen Führungsrolle, die sich in drei strategischen Entwicklungsrichtungen zusam-menfassen lässt:

• Steigende Komplexität und deutlich erhöhte Volatilität des organisationalen (Markt-) Umfelds: Organisationen stehen vor der Herausforderung, die internen Prozesse und Strukturen dieser externen Komplexität anzupassen. Damit werden die klassi-schen „Command and Control“-Berichtswege zu einem erheblichen Risiko für die Zukunftsfähigkeit einer Organisation. Entscheidungen und Verantwortung werden gemäß dem Konzept der Shared Leadership ebenfalls dezentralisiert und auf Teams oder auf einzelne Organisationsmitglieder verlagert. Das Prinzip lautet „Selbstorgani-sation der Mitarbeiter“. Ein recht weitgehendes Beispiel dafür ist die Holakratie, auf die weiter unten eingegangen wird. Dabei werden Führungskräfte zum strategischen Richtungsgeber von sich selbst organisierenden Teams. Führung definiert sich zuneh-mend über kontextabhängige, flexible Rollen und immer weniger über individuellen Status (vgl. Bernstein et al. 2016).

• Umgang mit dem Dilemma von Exploration und Effizienz: Wie in Abschn. 2 erläutert, reagieren Organisationen auf diesen Zielkonflikt, indem sie z. B. zwei Betriebssysteme erschaffen. Die Vernetzung innerhalb von Organisationen wird durch die Technologie, insbesondere das cloudbasierte, verteilte Arbeiten und die technologische Unterstüt-zung kollaborativen Arbeitens grundsätzlich gefördert. Auch hierbei ist ein Statusver-lust der „klassischen“ Führungsrolle zu verzeichnen. Führung unterliegt immer mehr dem systemischen Prinzip der Nicht-Steuerbarkeit und der Nicht-Determiniertheit

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von Ergebnissen des Führungshandelns. Eine Organisationsentwicklung mit dualen Betriebssystemen kann somit ein wesentlicher Treiber für die „neue“ Führungsrolle sein.

• Fluide Organisation von Netzwerken: Es stellt sich die Herausforderung, wie interne Netzwerke koordiniert werden sollen, um den übergeordneten Zielen und dem Sinn einer Organisation gerecht werden zu können. Agile Organisation ist das Stichwort, nämlich die Kopplung von Personen, Teams und Netzwerken. Diese Kopplung erfolgt über eindeutige Governance-Prozesse, die verbindlich eingeführt werden. Zu nennen sind etwa die „Holakratie-Verfassung“ oder das „Agile Manifesto“. In diesem Kontext sind klassische Führungsrollen nicht mehr notwendig bzw. werden grundlegend neu definiert.

In der Tab. 1 sind die Implikationen aus den drei strategischen Entwicklungsrichtungen für die interne Führungsrolle exemplarisch dargestellt.

Auf einzelne Aspekte der internen Führungsrollen wird nachstehend eingegangen. Dazu ist das Beispiel der Holakratie als ein Modell agiler Organisation besonders geeig-net, weil in dieser Form des Organisierens alle drei vorgenannten Aspekte berücksichtigt sind. Holakratie ist ein Selbstmanagement-System in Organisationen, welches 2007 von Robertson entwickelt wurde und in den folgenden Jahren bei Zappos, einem US-ameri-kanischen Schuhe- und Mode-Onlineshop, eingeführt wurde (vgl. Bernstein et al 2016; Robertson 2016). Diese Form agiler Organisation verbreitet sich zunehmend. Ein Unter-nehmen ist in Kreise aufgeteilt; jeder Kreis, auch Holon oder Cabal genannt, umfasst ein Set von Verantwortlichkeiten für ein definiertes Arbeitsergebnis. Das gesamte Unterneh-men ist der Super-Kreis oder General Company Circle, während gleichartige Rollen in Kreisen, Sub-Kreisen, bis hin zu Einzelpersonen abgebildet werden. Dabei sind die Sub-Kreise den sie umfassenden Kreisen nicht untergeordnet. Am besten trifft es das Bild von Zellen im Körper: Jede einzelne Zelle („Rolle“) hat eine autonome Funktion, die sie in Koordination – nicht in Unterordnung – mit den anderen Zellen mit gleicher Funktion erfüllt (vgl. Bernstein et al. 2016).

Es wird evident, dass der Rollenbegriff in der Holakratie von zentraler Bedeutung ist: Aufgaben werden nicht an Personen, sondern an eine Rolle zugewiesen. Eine Person hat i. d. R. mehrere Rollen inne und gehört mehreren Kreisen an. Eine Rollendefinition besteht aus der Rollenbezeichnung, der Beschreibung der Aufgabe, der Themenberei-che, für die diese Rolle tätig ist, und der Benennung der Verantwortlichkeiten der Rolle (vgl. Robertson 2016, S. 42). Bei Zappos gibt es beispielsweise die „Marketing-Rolle“, „Finanzrolle“ und weitere Bezeichnungen, die aus den üblichen Strukturorganisationen bekannt sind. Aber es finden sich auch Rollen wie „Design für Auszeichnungen“. Damit ist die Konzeption von Belohnungen für besondere Kompetenzen gemeint. Diese Rolle gehört zum Holon „Auszeichnungen“, das wiederum zum Holon „Zappos 2.0“ gehört (vgl. Robertson 2016, S. 43).

Jeder Kreis hat eine Rolle „Lead Link“ und eine Rolle „Rep Link“ Der Rep Link vertritt die Anliegen eines Sub-Kreises in dem zugehörigen nächstgrößeren Kreis. Damit