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Gesunde Familien Starke Familien Ein Beratungsangebot für Mütter, Väter und pflegende Angehörige Rahmenkonzept der Arbeitsgemeinschaft „Frauen- und Familiengesundheit / Müttergenesung in der Diakonie Hessen“ (AGFFM)

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Gesunde Familien Starke FamilienEin Beratungsangebot für Mütter, Väter und pflegende Angehörige

Rahmenkonzept der Arbeitsgemeinschaft

„Frauen- und Familiengesundheit / Müttergenesung

in der Diakonie Hessen“ (AGFFM)

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Müttergenesung – weil das Persönliche politisch ist … Vorwort des Vorstandes der Diakonie Hessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

Auf einen Blick: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6Familien unterstützen und fördern – Gesunde Familien sind starke Familien – Nah bei den Familien und niedrigschwellig – Stark im Verbund und auf der Höhe der Zeit – Qualität: „Therapeutische Kette“ und „Diakonie Siegel“ – Diakonische Grundhaltung als soziale Verantwortung – Zukunft und Absicherung der Beratungsarbeit

1. Ziele und Zielgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

2. Das Leistungsangebot die „Therapeutische Kette“ und die Kernprozesse . . . . . . . . . . . . . 11

2.1 Die „Therapeutische Kette“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112.2 Die Kernprozesse der Beratungsstellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122.2.1 Erstkontakt / Information . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122.2.2 Clearing / Beratung / Zielvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132.2.3 Antragstellung und Klinikauswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132.2.4 Vorbereitung auf eine stationäre Maßnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152.2.5 Nachsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162.2.6 Evaluation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172.2.7 Öffentlichkeitsarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

Inhalt

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3. Vernetzte Beratungsstellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183.1 Die Beratungsstellen im internen und fachlichen Verbund . . . . . . . . 183.2 Die Beratungsstellen und die externen Kooperationspartner . . . . 193.2.1 Krankenkassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193.2.2 Ärztinnen und Ärzte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203.2.3 MGW Kliniken für stationäre Vorsorge- und

Rehabilitationsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

4. Qualitätssicherung – fachlich, personell, finanziell, technisch, räumlich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

4.1 Fachliche Qualifikation, Standards und Kenntnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . 224.2 Fort- und Weiterbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224.3 Zusammenarbeit mit der Diakonie Hessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224.4 Personelle Ausstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234.5 Finanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234.6 Räumliche / Technische Ausstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

5. Familienförderung als gesellschaftliche Herausforderung und Notwendigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

6. Tradition und Innovation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266.1 Evangelische Frauenarbeit: Die Wurzeln der Müttergenesung . . . 276.2 Deutsches Müttergenesungswerk (MGW) –

Elly-Heuss-Knapp-Stiftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286.3 Evangelisch-diakonisches Selbstverständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

3Inhalt

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4 Vorwort

Müttergenesung – weil das Persönliche politisch ist … Vorwort des Vorstandes der Diakonie Hessen

Elly Heuss-Knapp und Dr. Antonie Nopitsch, eine diakonische Pionierin, gründeten 1950 das Mütter-genesungswerk. Vorausgegangen war seit Anfang des 20. Jahrhunderts ein christlich motiviertes En-gagement evangelischer Frauen für ihre erschöpften Geschlechtsgenossinnen.

Mit der Gründung des Müttergenesungswerkes (MGW) wurde dieses Engagement von Frauen für Frauen professionalisiert. Nicht nur die Angebote der

Kurmaßnahmen wurden professioneller, sondern es entstand ein ganz neuer Blick auf die Gesundheit von Frauen, der auch die soziale Situation nicht aussparte. Was dabei heraus kam, gefiel vor allem denen nicht, die Müttergenesung als Instrument zur Sta-bilisierung traditioneller Rollenmuster sahen. Hausfrauen waren nicht gesünder als die berufstätigen Frauen, sondern umgekehrt1. Die kirchlichen Leitbilder von der Frau als Hausfrau und Mutter mussten sich eine kritische Überprüfung gefallen lassen.

Gesundheit bzw. Krankheit von Frauen ist kein persönliches Problem, sondern es ist ein Thema mit einer hohen gesellschaftspolitischen Sprengkraft. Das zeigt dieses kleine Beispiel aus den 50er Jahren.

Der scheinbar altmodisch daherkommende Name der „Müttergene-sung“, wurde in der Diakonie Hessen durch Frauen- und Familien- gesundheit ergänzt, um die Brücke zur Aktualität gesellschaftlicher Rahmenbedingungen zu schlagen. Früher wie heute suchen er- schöpfte Mütter – und mittlerweile wenige Väter – die Beratungs- stellen auf, um erstmalig über ihre strukturell bedingten Belastungs-dimensionen zu sprechen. Die traditionelle Frauenrolle der Hausfrau und Mutter hat vielerorts ausgedient. Stattdessen beklagen viele Mütter die Doppelbelastung von Familie und Beruf, denn noch im- mer bleibt ihnen ein Großteil der Hausarbeit, die Versorgung und Erziehung der Kinder und oft auch die Pflege der Angehörigen über-

1 Vgl. Hofmann, Beate, Von der Müttererholung zur Frauengesundheit. Festvortrag 2010.

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5Vorwort

lassen. Zudem hat sich die Zahl der Alleinerziehenden in den letzten Jahren deutlich erhöht.

Das Persönliche ist also politisch: Wer überarbeitete, müde und kranke Mütter in den Blick nimmt, kann die Augen vor den struktu-rellen Defiziten nicht verschließen, die zu Überforderung und Aus-gebranntsein führen. Die Arbeit der Frauen- und Familiengesundheit rüttelt am Selbstverständnis einer immer noch männlich geprägten Gesellschaft und fragt nach Gerechtigkeit für beide Geschlechter. Geleitet vom christlichem Menschenbild, demzufolge Mann und Frau zum Ebenbild Gottes geschaffen sind, trägt sie zu einem geänderten Bewusstsein bei den betroffenen Frauen bei. Sie stellt zementierte Rollenmuster beider Geschlechter in Frage und entlastet damit im Übrigen nicht nur die Frauen, sondern auch die Männer. So kann Gesellschaft sich verändern – von innen heraus.

Als Diakonie und Kirche ist es uns ein bleibendes Anliegen, die Be-

ratungsangebote der Frauen- und Familiengesundheit vorzuhalten, als Instrument der Gerechtigkeit und Baustein zu Gottes neuer Welt.

Dr. Harald Clausen Wilfried Knapp Vorstand der Diakonie Hessen Vorstand der Diakonie Hessen

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Familien unterstützen und fördern

In Artikel 6 des Grundgesetzes wird die Schutzwürdigkeit von Ehe und Familie wie auch die von Müttern an prominenter Stelle fixiert. Die Diakonie Hessen sieht es als ihre Aufgabe an, sich im Sinne des Subsidiaritäts- prinzips für Familien einzusetzen. Das Kernziel

ist dabei, die Familien – gleich welcher Konstellation – zu unterstüt-zen und zu fördern, sodass sie ihrer Sorge-, Erziehungs- wie auch gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden können.

Gesunde Familien sind starke Familien

Die Gesundheit von Müttern, Vätern mit ihren Kindern wie auch von pflegenden Angehörigen ist das erklärte Ziel der Beratungsarbeit der Arbeitsgemeinschaft „Frauen- und Familiengesundheit / Mütter-genesung“ (AGFFM) in der Diakonie Hessen.

Nah bei den Familien und niedrigschwellig

Die Beratung von Müttern, Vätern und pflegenden Angehörigen wird dezentral von den über ganz Hessen verteilten Regionalen Diakonischen Werken und Mitgliedseinrichtungen wahrgenommen. Kurmaßnahmen sind in Deutschland traditionell eine anerkannte, gesellschaftlich akzeptierte und respektierte Form der Gesundheits-förderung, quer durch alle Milieus. Von daher hat ein entsprechen-des Kontaktangebot einen niedrigschwelligen Charakter. Eine Kur zu beantragen, erscheint unverfänglich und nicht stigmatisierend.

Auf einen Blick

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8 Auf einen Blick

Stark im Verbund und auf der Höhe der Zeit

Die AGFFM ist als Mitglied im Bundesfachverband EVA – Evange-lischer Fachverband für Frauengesundheit e. V. – einer der Kompe-tenzpartner des Deutschen Müttergenesungswerks – Elly Heuss-Knapp-Stiftung (MGW).

Gemeinsam mit dem Evangelischen Fachverband für Frauengesund- heit e. V. und den anderen Partner*innen unter dem Dach des MGW werden die Angebote für die Zielgruppen weiterentwickelt, indem die gesellschaftlichen, familialen und demographischen Trends beobach- tet und aufgenommen werden. So hat sich das Angebot seit 1950 von den zunächst reinen Mütterkuren zu den Mutter-Kind-Kuren erweitert und seit 2013 gibt es daneben auch spezifische Kur- und Unterstützungsangebote für Väter und ihre Kinder wie auch für pflegende Angehörige.

Qualität: „Therapeutische Kette“ und „Diakonie-Siegel“

Das MGW hat mit seinen Partnerorganisationen ein einzigartiges Beratungs- und Unterstützungsmodell entwickelt: die „Therapeuti-sche Kette“. Sie reicht von der Erstberatung über stationäre medizi-nische Kurmaßnahmen bis zur Nachsorgearbeit. Die angebotenen Maßnahmen sind ganzheitlich und geschlechtsspezifisch ausgerich-tet. Sie orientieren sich sowohl an der persönlichen Lebenssituation, als auch an den Bedürfnissen und Kompetenzen der Klient*innen.

Die Beratungsstellen unter dem Dach der Diakonie Hessen arbeiten nach den Kernprozessen des „Bundesrahmenhandbuchs Diakonie-

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9Auf einen Blick

Siegel – Beratung für medizinische Vorsorge und Rehabilitation für Mütter und Väter“.2

Diakonische Grundhaltung als soziale Verantwortung

Der Mensch lebt nach christlichem Verständnis in Beziehung zu Gott und als soziales Wesen auch zu seinen Mitmenschen. In seiner unverwechselbaren Einzigartigkeit wird er in seiner Ganzheit, mit seinen Stärken und Schwächen, in annehmender Weise angesehen. Das ist die Basis diakonischen Handelns, das damit soziale Verant-wortung wahrnimmt. Kirche und Diakonie stehen den Menschen, den Familien zur Seite. Soziale Verantwortung bedeutet auch und zugleich sozialpolitisches Engagement für die Stärkung der Familien.

Zukunft und Absicherung der Beratungsarbeit

Der Bedarf an Beratung für Mütter, Väter und Pflegende mit gesund- heitlichen Beeinträchtigungen in schwierigen Lebenslagen ist aktuell und zukünftig groß. In ihm spiegeln sich die individuellen und gesell-schaftlichen Umbrüche.

Die Beratungsarbeit perspektivisch durch eine solide Finanzierung zu sichern und auszubauen ist eine der zentralen Herausforderungen der nächsten Zeit.

2 Vgl. Bundesrahmenhandbuch Diakonie-Siegel – Beratung für medizinische Vorsorge und Rehabilitation für Mütter und Väter, Diakonisches Institut für Qualitätsentwicklung, Diakonie Deutschland – Evangelischer Bundesverband, Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e. V., Berlin 2014

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Schwierige familiäre und soziale Konstellationen wie Mehrfachbelas- tungen, Erziehungsprobleme, finanzielle Sorgen, mangelnde Anerken- nung, Pflege von Angehörigen, fehlende soziale Netzwerke, etc. stellen gesundheitliche Gefährdungspotenziale für Familien dar.

Die Beratung von Müttern, Vätern und pflegenden Angehörigen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen ist die Kernaufgabe der Bera-tungsstellen der Träger unter dem Dach der Diakonie Hessen, organi- siert in der AGFFM.

Ziele sind die Förderung und Erhaltung der Gesundheit von Familien. Durch das Zusammenwirken von psychosozialer Beratung und medizinischer Behandlung kann eine nachhaltige Veränderung und Verbesserung der Situation von Müttern, Vätern und deren Kindern sowie Pflegender und somit der ganzen Familie erreicht werden.

Die Beratung ist kostenfrei, unabhängig und offen für alle Menschen, gleich welcher Herkunft, Religion oder welchen Geschlechts.

1. Ziele und Zielgruppen

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2.1 Die „Therapeutische Kette“

Die „Therapeutische Kette“ beschreibt einen Dreiklang, der aus einer engen Verzahnung von Beratung, stationärer Maßnahme und Nachsorge besteht. Sie ist ein Alleinstellungsmerkmal und zeichnet die Strukturqualität der Maßnahmen unter dem Dach des MGW aus.

Die Angebote sind dabei ganzheitlich und geschlechtsspezifisch ausgerichtet. Sie orientieren sich an der persönlichen Lebenssitu-ation sowie den Bedürfnissen und Kompetenzen der Klient*innen. Die Beratungsstellen spielen zu Beginn der „Therapeutischen Kette“, wie auch bei ihrem Abschluss, eine zentrale Rolle. Während des ge- samten individuell angelegten Gesundungs- und Veränderungs- prozesses können die Klient*innen durch die Berater*innen begleitet werden.

2. Das Leistungsangebot – die „Therapeutische Kette“ und die Kernprozesse

ClearingBeratung

stationäre Kurmaßnahme

Mütter/Mutter-Kind/ Väter/Vater-Kind

Pflegende

Nachsorge

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12 Das Leistungsangebot

2.2 Die Kernprozesse der Beratungsstellen

Die Beratungsstellen arbeiten nach den Kernprozessen des „Bundes- rahmenhandbuchs Diakonie-Siegel – Beratung für medizinische Vorsorge und Rehabilitation für Mütter und Väter“ (BRH).

2.2.1 Erstkontakt / Information

Die Erfahrung zeigt, dass der Wunsch nach einer „Kurberatung“ vielfach der Anlass für einen telefonischen oder persönlichen Erst-kontakt mit einer Beratungsstelle ist. Dabei erfolgt eine vorläufige Klärung des Anliegens.

In der Regel erhalten die Interessent*innen grundsätzliche Informa-tionen, die bei der Beantragung einer Kurmaßnahme zu beachten sind, wie Eckdaten zum Antragsverfahren für eine stationäre Vor- sorge- und Rehabilitationsmaßnahme, versicherungs- und leistungs- rechtliche Fragen, erforderliche Unterlagen etc.

Das Leistungsspektrum der Beratungsstelle wird dargestellt und ge-gebenenfalls ein weiterer Beratungstermin vereinbart (s. 2.2.2). Sind zusätzliche Unterstützungsangebote erforderlich oder empfehlens-wert, kann bereits im Erstgespräch auf passende Hilfeangebote vor Ort verwiesen oder auf Wunsch ein Kontakt zu den entsprechenden Diensten vermittelt werden.

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13 Das Leistungsangebot

2.2.2 Clearing / Beratung / Zielvereinbarung

Im Clearinggespräch erfolgt u. a. die Unterstützung bei der Sondie-rung der Gesamtsituation. Hier wird oft erstmalig über die eigene Lebenssituation mit allen Belastungsdimensionen als Auslöser körperlicher Erkrankungen gesprochen. Es wird schließlich das per-sönlich zugeschnittene Unterstützungsangebot mit den Klient*innen herausgearbeitet, das sinnvoll und machbar erscheint.

Eine Antragstellung auf eine Kurmaßnahme erfolgt daher nicht regel-haft, sondern stellt im Beratungsgespräch eine Option neben vielen anderen dar.

Es können auch vorrangig andere Unterstützungsangebote wie z. B. Erziehungs-, Ehe – und Familienberatung angezeigt sein. Die Mobilisierung eigener Ressourcen steht im Fokus des Beratungs-prozesses.

Ein wichtiger Teil des Beratungsgesprächs, im Hinblick auf eine Kurantragsstellung, ist die Klärung der Erwartungen und die Erarbei-tung von Zielen, die im Rahmen der Kurmaßnahme erreicht werden sollen. Auf diese Weise gilt es unrealistischen Vorstellungen und etwaigen Kurabbrüchen vorzubeugen.

Bereits vor Antritt einer Kurmaßnahme kann es sinnvoll sein, dass eine zusätzliche Begleitung durch Fachdienste in Anspruch genom-men wird, die zur Stabilisierung beiträgt und krankheitsfördernde Faktoren minimiert.

2.2.3 Antragstellung und Klinikauswahl

Grundlage für eine stationäre Maßnahme – und damit für eine Antrag- stellung – ist das Sozialgesetzbuch V mit den §§ 24 und 41 für Mütter / Väter und §§ 23 und 40 für pflegende Angehörige. Es regelt den Anspruch und die Kostenübernahme durch die Krankenkassen.

Die Auswahl einer Klinik orientiert sich an der medizinischen Indika- tion unter Berücksichtigung der individuellen Bedürfnisse der Klient* innen wie auch am Profil der Kliniken.

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14 Das Leistungsangebot

Die Beratung bei der Antragstellung umfasst folgende Aspekte: > Besprechung des Antrages und der Antragstellung ggf. Hilfe

beim Ausfüllen der Formulare, > Beachtung der ärztlichen Atteste und der Indikation, ggf.

Rücksprache mit den behandelnden Ärzt*innen, > Prüfung der Antragsunterlagen auf Vollständigkeit und

Aussagekraft, > Bei Ablehnung des Antrages, Information über weitere

Vorgehensweisen, ggf. Unterstützung im Widerspruchs- verfahren.

Die indikationsgerechte Auswahl einer Klinik bezieht sich vor allem auf die

> in den ärztlichen Attesten und Befunden benannten gesund-heitlichen Erkrankungen und Störungen aus medizinischer Sicht und auf die in der vorangegangenen Anamnese erhobenen Daten zur psychosozialen Belastung,

> Empfehlungen der Haus- und Kinderärzt*innen, > besonderen Problemlagen wie z. B. Trauer, Trennung, Kinder

mit einer ADS-Erkrankung, Pflege von Angehörigen, Traumati-sierung oder Gewalterfahrung.

Darüber hinaus werden persönliche Wünsche zur Auswahl auf ihre Umsetzbarkeit geprüft. Auch Möglichkeiten zur Auseinandersetzung mit Glaubensfragen durch die Auswahl einer Klinik mit religiösem Profil werden aufgezeigt.

Häufig wird im Rahmen einer Kontaktaufnahme mit der Klinik bereits eine Vorreservierung / Anmeldung für einen Maßnahmeplatz vorge-nommen.

Bei Bedürftigkeit kann die Beantragung einer finanziellen Unter-stützung (z. B. durch Spendenmittel des MGWs) zur Anschaffung notwendiger Bekleidung etc. erfolgen.

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15 Das Leistungsangebot

2.2.4 Vorbereitung auf eine stationäre Maßnahme

Die gezielte Vorbereitung auf eine Kur verkürzt die Eingewöhnungs-zeit und ermöglicht die optimale Nutzung des stationären Therapie-angebots.

Angaben über das ausgewählte Kurhaus und örtliche Bedingungen vermeiden falsche Vorstellungen an die Maßnahme und Klinik.

Die Vorbereitung umfasst u. a. folgende Themen: > Information über die Anreise, > Ablauf einer stationären Maßnahme, > Chancen und Grenzen, > Konkretisierung der Zielsetzung, > Informationen über mögliche Kurnachsorgeangebote.

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16 Das Leistungsangebot

2.2.5 Nachsorge

Die vielseitigen Nachsorgeangebote der Beratungsstellen sind in die „Therapeutische Kette“ des Müttergenesungswerks wie auch in sozial- raumorientierte Netzwerke integriert. Sie machen die Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen im Müttergenesungswerk nachhaltig effektiv, sodass die angestoßenen Veränderungsprozesse sich fes-tigen und zu einem zentralen Bestandteil des Lebensalltags werden können.

Um dies zu erreichen, gibt es eine breite Angebotspalette: Einzel- gespräche, Gruppenveranstaltungen, Nachsorge-Wochenenden, z. B. in der Klinik Werraland – Zentrum für Familiengesundheit in Bad Sooden-Allendorf (Mutter-Kind / Vater-Kind-Klinik), Vermittlung von Kontakten zu anderen Beratungsdiensten, zu Selbsthilfegruppen, zu Angeboten der Kirchengemeinden oder therapeutischen Diensten.

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2.2.6 Evaluation

Im Rahmen der Nachsorge durch die Beratungsstellen wird die persönliche Zielerreichung der Klient*innen, ihre Zufriedenheit mit dem Verlauf und dem Ergebnis der Kur wie auch mit der Arbeit der Beratungsstelle evaluiert. Dies erfolgt im Gespräch und / oder mit einer schriftlichen anonymisierten Befragung durch Zusendung / Aushändigung des „Fragenbogens zur Zufriedenheit“. Die Beteiligung basiert auf Freiwilligkeit.

Statistische Daten nach den Vorgaben des MGW zur Anzahl der Beratenen, Antragstellungen, Bewilligungen etc. werden erhoben und ausgewertet.

2.2.7 Öffentlichkeitsarbeit

Die Methoden der Öffentlichkeitsarbeit für das Arbeitsfeld sind vielfältig und von den örtlichen Gegebenheiten abhängig. Ziel ist die Steigerung des Bekanntheitsgrades und die Darstellung der Leistungen der Beratungsstellen sowie die Imagepflege und Ver-trauensförderung.

Öffentlichkeitsarbeit der Beratungsstellen erfolgt u. a. über:

> Auslegen von Informationsflyern,

> Informationsveranstaltungen / Informationsstände,

> Artikel in Gemeindebriefen,

> Artikel in der regionalen Presse,

> Informationen auf der Homepage etc.

Das Leistungsangebot

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3.1 Die Beratungsstellen im internen und fachlichen Verbund

Die Träger der Beratungsstellen sind Mitglied in der „Arbeitsgemein- schaft Frauen- und Familiengesundheit / Müttergenesung in der Diakonie Hessen“. Die AGFFM gehört dem Bundesfachverband „EVA – Evangelischer Fachverband für Frauengesundheit e. V.“ an und ist aktives Mitglied im Landesausschuss Müttergenesung in Hessen. Die AGFFM fungiert als diakonische Interessenvertretung und bringt fachliche und sozialpolitische Belange auf Landes- wie auf Bundesebene ein. Über den Bundesfachverband EVA erfolgt die Interessenvertretung im Müttergenesungswerk und gegenüber dem „Spitzenverband Bund der Krankenkassen“ (GKV-Spitzenverband). Auch die politische Vertretung gegenüber dem Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) und anderen Ministerien, sowie die Verbandsarbeit mit den Wohlfahrtsverbänden und der Diakonie Deutschland auf Bundesebene, wird vom Evange-lischen Fachverband wahrgenommen.

3. Vernetzte Beratungsstellen

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19 Vernetzte Beratungsstellen

Die Beratungsstellen der Frauen- und Familiengesundheit / Mütter-genesung sind Fachdienste, die bei den Regionalen Diakonischen Werken (RDW) bzw. Mitgliedseinrichtungen angesiedelt sind. Mit ihren Angeboten nehmen die Einrichtungsträger soziale Verantwor-tung in ihren Regionen wahr. Das Referat „Frauen- und Familien- gesundheit / Müttergenesung“ in der Landesgeschäftsstelle der Diakonie Hessen begleitet die Beratungsstellen fachlich und steht als Ansprechpartnerin zur Verfügung. Im Referat ist eine Zentral-stelle verortet, die engen Kontakt zu den Kliniken hält und Bera-tungsstellen bei der Kurantragstellung und Klinikauswahl unter- stützt.

3.2 Die Beratungsstellen und die externen Kooperationspartner

Da die Beratungsstellen einen ganzheitlichen Ansatz verfolgen (Berücksichtigung persönlicher Lebenslagen sowie struktureller und gesellschaftlicher Rahmenbedingungen), arbeiten sie im Ein- vernehmen mit den Klient*innen eng mit anderen Fachdiensten (z. B. Erziehungs-, Ehe-, Lebens-, Sucht- oder Schuldnerberatung) und Angeboten im Sozialraum (z. B. der Kirchengemeinde, Selbst-hilfegruppen) zusammen.

Die Krankenkassen sowie Ärzt*innen sind weitere Kooperations- partner – und natürlich die Kliniken des Müttergenesungswerkes (MGW).

Das Ziel aller Kooperationen ist, für die Klient*innen optimale Unter-stützungs- und Therapiemaßnahmen zu ermöglichen.

3.2.1 Krankenkassen

Die Krankenkassen als Kostenträger der stationären Maßnahme verweisen häufig Personen, die an einer Kurmaßnahme interessiert sind, an die Beratungsstellen, da diese umfassend informieren und beraten. Eine Kooperation mit den Krankenkassen ermöglicht den Beratungsstellen im Bedarfsfall u. a. Absprachen zu Klinik- und Terminauswahl vorzunehmen sowie Informationen zum Sachstand

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Vernetzte Beratungsstellen20

zu erhalten. Die Kontaktaufnahme zum Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) kann im Rahmen der Ablehnung einer Leistungsbewilligung zur Anforderung von Gutachten von Bedeu-tung sein, da die Begutachtung Aufgabe des MDK ist.

3.2.2 Ärztinnen und Ärzte

Die Krankenkassen übernehmen die Kosten für einen Kuraufent-halt nur dann, wenn eine entsprechende medizinische Indikation vorliegt. In den Attesten muss neben der medizinischen Indikation auch die mütter- bzw. väterspezifische Problemlage ersichtlich sein. Bei Bedarf informieren die Beratungsstellen die Ärzt*innen über die Ausstellung eines in dieser Hinsicht aussagekräftigen Attestes.

3.2.3 MGW Kliniken für stationäre Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen

Die Kooperation der Beratungsstellen mit den Kliniken ermöglicht eine indikations- und bedarfsgerechte Klinikauswahl. Die Zusam-menarbeit und Abstimmung mit den Kliniken erfolgt in der Einzelfall- arbeit wie auch auf gemeinsamen Fachtagungen. Durch den Aus-tausch mit den Kliniken verfügen die Beratungsstellen über ein brei-tes Wissen beispielsweise zu den therapeutischen Schwerpunkt- angeboten und den spezifischen Profilen.

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4 Qualitätssicherung – fachlich, personell, finanziell, technisch, räumlich

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Der hohe Qualitätsstandard der Beratungsstellen wird durch die Ori-entierung am „Bundesrahmenhandbuch Diakonie-Siegel – Beratung für medizinische Vorsorge und Rehabilitation für Mütter und Väter“ und das Konzept der „Therapeutischen Kette“ erzielt.

Da diese Beratungsarbeit sich in einem hoch komplexen wie auch sensiblen Feld bewegt, wird fachlich qualifiziertes Personal benö-tigt, das an eine integrierte Beratungsstellenstruktur angebunden und mit den regionalen Fachstellen vernetzt ist. Um die inhaltliche Qualität zu unterstützen, braucht es entsprechende personelle Res-sourcen und auch einen finanziellen, technischen wie räumlichen Support.

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22 Qualitätssicherung

4.1 Fachliche Qualifikation, Standards und Kenntnisse

Das Fachpersonal sollte folgende Voraussetzungen erfüllen: > Abgeschlossenes Studium der Sozialpädagogik / Sozialarbeit

oder ein vergleichbarer Abschluss, nach Möglichkeit mit Zusatzqualifikation in Gesprächsführung,

> Kenntnisse über familiendynamische Prozesse, > Organisations- und Kommunikationsfähigkeit, > Kenntnisse der Rahmenbedingungen des Arbeitsfeldes, > Grundkenntnisse im Sozial- und Verwaltungsrecht, > Kooperations- und Teamfähigkeit.

4.2 Fort- und Weiterbildung

Eine kontinuierliche Fortbildung ist über den Träger zu gewährleisten, um fachliche und gesellschaftliche Veränderungen, die die Arbeit direkt beeinflussen, erkennen und für die Beratungsarbeit berück- sichtigen zu können. Die Fachberatung erfolgt über das Referat „Frauen- und Familiengesundheit“ in der Landesgeschäftsstelle der Diakonie Hessen. Dieses fördert und initiiert den fachlichen Aus-tausch sowie die Entwicklung von Qualitätsstandards und Qualifizie- rungsangeboten.

4.3 Zusammenarbeit mit der Diakonie Hessen

Die Träger der Beratungsstellen sind Mitglied in der „Arbeitsgemein- schaft Frauen- und Familiengesundheit / Müttergenesung in der Diakonie Hessen“.

Die Ordnung der „Arbeitsgemeinschaft Frauen- und Familien- gesundheit / Müttergenesung in der Diakonie Hessen“ (in der jeweils aktuellen Fassung) ist Grundlage für die Zusammenarbeit.

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4.4 Personelle Ausstattung

Für eine professionelle Umsetzung der Kernelemente im Rahmen der „Therapeutischen Kette“ sollte ein Stellenumfang von mindestens einer Vollzeitstelle pro Landkreis und kreisfreier Stadt vorgehalten werden. Stellenbesetzungen sollten (in der Regel) nicht unter 0,5 Stellenanteilen erfolgen.

4.5 Finanzierung

Die Finanzierung der Beratungsstellen erfolgt überwiegend aus Eigenmitteln der Träger. Durch Spendengelder u. a. des Müttergene-sungswerkes werden sporadisch zusätzliche Initiativen unterstützt.

4.6 Räumliche / Technische Ausstattung

Für die Beratungsarbeit stehen geeignete, den Erfordernissen des Datenschutzes gerechte Räumlichkeiten zur Verfügung. Für eine vertrauensvolle Atmosphäre ist ein angenehmes Beratungsumfeld erforderlich.

Die Datenerhebung im Rahmen eines Kurplatz-Vermittlungs-Sys-tems und die Nutzung des MGW Online Buchungssystems (M-OBS) macht eine zeitgemäße IT-Ausstattung notwendig.

Qualitätssicherung

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Familien übernehmen vielfältige Aufgaben für unsere Gesellschaft. Sie unterliegen zugleich Veränderungen in der Lebens- und Arbeits-welt. Die daraus resultierenden Anforderungen, können zu erhebli-chen Belastungen führen.

> Familienformen werden immer differenzierter und vielfältiger. Es ist eine Zunahme von Trennungen, Patchworkfamilien und Alleinerziehenden zu verzeichnen.

> Ungesicherte, befristete und nicht existenzsichernde Arbeits- verhältnisse mit hoher Flexibilitätserwartung nehmen zu.

> Das Armutsrisiko für Familien mit Kindern ist erhöht. Betroffen sind hauptsächlich Alleinerziehende, junge und kinderreiche Familien sowie Familien mit Migrationshintergrund.

> Rollenbilder haben sich stark verändert. Frauen mit minder- jährigen Kindern sind überwiegend erwerbstätig.

5. Familienförderung als gesellschaftliche Herausforderung und Notwendigkeit

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25Familienförderung

> Trotz veränderter Rollenbilder sind ¾ der in Partnerschaft lebenden Mütter allein zuständig für die Haus- und Familien- arbeit, auch wenn sie Vollzeit arbeiten.

> Daneben nimmt der Anteil der Väter, die im Alltag Verant-wortung für die Erziehung und Versorgung ihrer Kinder über-nehmen, zu. In der Regel sind sie jedoch weiterhin in Vollzeit berufstätig. Der Wunsch / Anspruch, eine gleichberechtigte Partnerschaft zu leben, lässt sich so oft nur schwer in die Realität umsetzen.

> Die Mehrheit der Pflegebedürftigen wird zu Hause von Ange-hörigen, überwiegend von Frauen, gepflegt. Bis 2030 wird ein deutlicher Anstieg der Anzahl der Pflegebedürftigen erwartet.

Die beispielhaft skizzierten gesellschaftlichen Entwicklungen mit ihren Anforderungen an Familien, insbesondere an Frauen, führen zu Überlastungen und auf Dauer zu gesundheitlichen Beeinträchti-gungen.

Die vom Müttergenesungswerk und seinen Kompetenzpartner*innen (Kliniken und Beratungsstellen) auf diesem Hintergrund verantwor-teten Unterstützungsangebote sind passgenau, geschlechtsspezi-fisch, berücksichtigen die jeweilige Lebenssituation und sind mit ih-ren vielfältigen Facetten nachhaltig. Dadurch erfahren Mütter, Väter und Pflegende in Belastungssituationen effektive Unterstützung, die sie befähigt, langfristig in eigener Verantwortung ihren Alltag so zu gestalten, dass – in präventiver Intention – Gesundheitsgefährdun-gen und soziale Risiken vermieden bzw. minimiert werden.

endlichdurchatmen

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Die Beratung von Müttern und wie auch seit einigen Jahren von

Vätern und pflegenden Angehörigen hat eine lange Tradition. Aktu- elle gesellschaftliche und soziale Entwicklungen werden aufgegrif-fen und führen zu einer Fortschreibung des Konzeptes und Weiter-entwicklung der Beratungsarbeit. Tradition und Innovation gehören gleichermaßen zu ihrem Profil.

6. Tradition und Innovation

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27Tradition und Innovation

6.1 Evangelische Frauenarbeit: Die Wurzeln der Müttergenesung

Evangelische Frauenvereine haben Anfang des 20. Jahrhunderts, in einer Zeit des sich stark entwickelnden sozialen Engagements, Er-holungs- und Freizeitangebote für erschöpfte Mütter geschaffen 3*. Eine christlich motivierte Form der Hilfe von Frauen für Frauen und die Empathie für vielfach belastete Frauen in Familienverantwortung waren die Grundlage 4.

Längere Zeit wurden die Angebote der vorbeugenden Gesundheits- fürsorge für sozial schwache Familien in alleiniger Initiative und Verantwortung von Evangelischen Frauenverbänden getragen. Bis Ende der 20er-Jahre führten die Frauenverbände diese Arbeit auf Spendenbasis durch. Erst dann erlaubte der Staat Sammlungen. In Einzelfällen wurde durch die Wohlfahrtsämter finanzielle Unter-stützung zu einer Kur geleistet. In der Zeit des Nationalsozialismus wurden die Hilfsformen der Evangelischen Frauenverbände vom nationalsozialistischen System übernommen und politisch für eige-ne Zwecke genutzt 5. Es kam vorübergehend teilweise zur Einstellung dieser Arbeit. Nach dem Krieg nahmen die Evangelischen Frauen-verbände ihre Arbeit schnell wieder auf, um die durch Kriegsfolgen belasteten Frauen zu stärken 3*.

3 Vgl. Dorothea Stöcker, Impulsvortrag Müttergenesung im Spiegel politischer Entscheidungen, 100 Jahre Müttergenesung – Fachtag „Prävention und Frauen- gesundheit“, 30. Mai 2008; Evangelische Frauenhilfe im Rheinland, Bonn

4 Vgl. Prof. Dr. Beate Hofmann, Nürnberg, Von der Müttererholung zur Frauen-gesundheit – ein Lehrstück über „Das Persönliche ist politisch“. Vortrag zum 40-jährigen Jubiläum des EVA am 28.10.2010 in Berlin

5 Vgl. Anke Kreutz, Evangelische Frauenhilfe im Rheinland e. V. – Die Bedeutung der Frauenverbände für die Müttergenesungsarbeit, Impulsvortrag, 100 Jahre Müttergenesung – Fachtag „Prävention und Frauengesundheit“ 30. Mai 2008; Evangelische Frauenhilfe im Rheinland, Bonn

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28 Tradition und Innovation

6.2 Deutsches Müttergenesungswerk (MGW) – Elly-Heuss-Knapp-Stiftung

Aufbauend auf den jahrelangen Erfahrungen und der Kompetenz besonders der konfessionellen Frauenverbände gründeten Elly Heuss-Knapp, die Gattin des ersten Bundespräsidenten Theodor Heuss, und Dr. Antonie Nopitsch, eine diakonische Pionierin des 20. Jahrhunderts, im Jahre 1950 die Elly-Heuss-Knapp-Stiftung, Deutsches Müttergenesungswerk. Die Erholung wird damit zur Genesung und zur Mütterkur, die Gesundheit von Müttern zum erklärten Ziel. Die beiden Akteurinnen vernetzen zielstrebig die Frauenorganisationen der Kirchen und Trägergruppen der Wohl-fahrtsverbände – EVA (Diakonie); Katholische Arbeitsgemeinschaft Müttergenesung / KAG (Caritas); Deutsches Rotes Kreuz / DRK; Arbeiterwohlfahrt / AWO; Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsver-band / DPWV – unter dem Dach des MGW.

Elly Heuss-Knapp wird erste Vorsitzende des MGW und in dieser Traditionslinie ist bis heute die Frau des Bundespräsidenten Schirm-herrin des MGW. In Hessen übernimmt traditionsgemäß die Frau des amtierenden Ministerpräsidenten die Schirmherrschaft über die Müttergenesung in Hessen.

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Bis in die 70er-Jahre waren die Kurmaßnahmen des MGW reine Müt- terkuren. Die gesellschaftlichen Veränderungen, wie die wachsende Zahl alleinerziehender Mütter und der neue familiale Lebenskontext in Kleinfamilien, ein neues Mütterverständnis und die gewollte Stär-kung der Mutter-Kind Beziehung erforderten ein Umdenken und ebneten den Weg in die Mutter-Kind-Maßnahmen.

Das MGW hat im Jahr 2013 mit der Bildung der „Zustiftung Sorge-arbeit“ und der damit verbundenen Erweiterung um die Zielgruppe der Väter und Pflegenden die Arbeit des MGW den gesellschaft-lichen und demographischen Entwicklungen angepasst. Damit können auch Väter mit ihren Kindern und pflegende Angehörige Beratung, stationäre Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen sowie Nachsorgearbeit innerhalb der „Therapeutischen Kette“ in Anspruch nehmen.

6.3 Evangelisch-diakonisches Selbstverständnis

Die biblische Überlieferung sieht den Menschen von Anfang an in Be- ziehung zu Gott und zu seinen Mitmenschen. Der christliche Blick auf den Menschen ist ein annehmender Blick. Die Hinwendung zu Menschen in Krisensituationen und die Annahme des Menschen mit seinen Stärken und Schwächen sind untrennbarer Bestandteil christlichen Selbstverständnisses und des daraus resultierenden diakonischen Handelns.

Evangelische Kirche und Diakonie engagieren sich daher in der Beratungsarbeit „Frauen- und Familiengesundheit / Müttergene-sung“. Kirche und Diakonie sehen es als ihre wichtige Aufgabe an, Familien in Lebensphasen, die durch körperliche und seelische Be- lastung, Krankheit und Unsicherheit bestimmt sind, mit ihrem Be-ratungsangebot zur Seite zu stehen. Die Diakonie Hessen versteht sich zugleich auch als soziale Anwältin der Interessen von Müttern, Vätern, Kindern und pflegenden Angehörigen und bringt sich auf Landes- und Bundesebene in die gesellschaftspolitische Diskussion ein.

Tradition und Innovation 29

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Erarbeitet vom Vorstand der Arbeitsgemeinschaft Frauen- und Familiengesundheit / Müttergenesung in der Diakonie Hessen unter Mitwirkung von Berater*innen

HerausgeberDiakonie Hessen – Diakonisches Werk in Hessen und Nassau und Kurhessen-Waldeck e. V. Landesgeschäftsstelle Kölnische Straße 136 34119 Kassel

AnsprechpartnerinHeidrun Klinger-Meske Referentin für Frauen- und Familiengesundheit Abteilung Familie, Frauen, Jugend, Kinder

Quellen Bundesrahmenhandbuch Diakonie-Siegel – Beratung für medizinische Vorsorge und Rehabilitation für Mütter und Väter, Diakonisches Institut für Qualitätsentwicklung, Diakonie Deutschland – Evangelischer Bundesverband, Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e. V., Berlin 2014

Prof. Dr. Beate Hofmann, Nürnberg, Von der Müttererholung zur Frauengesundheit – ein Lehrstück über „Das Persönliche ist politisch“. Vortrag zum 40-jährigen Jubiläum des EVA am 28.10.2010 in Berlin

Impulsvorträge 100 Jahre Müttergenesung, Fachtag „Prävention und Frauen- gesundheit“, 30. Mai 2008; Evangelische Frauenhilfe im Rheinland, Bonn:

> Anke Kreutz, Evangelische Frauenhilfe im Rheinland e. V., „Die Bedeutung der Frauenverbände für die Müttergenesungsarbeit“

> Dorothea Stöcker, Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Müttergenesung (EAG) e. V., „Müttergenesung im Spiegel politischer Entscheidungen“

30 Impressum

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Fotos ©Foto Deutsches Müttergenesungswerk (S. 9, 12, 25, 28), Arno F. Kehrer / Diakonie Hessen (S. 4),Fotolia.com: detailblick-foto (S.8), Laurent Hamels (S. 9)iStock: A-Digit (Titel), kali9 (S. 8), kate_sept2004 (S. 9), skynesher (S. 10), sturti (S. 21), PeopleImages (S. 24 li.), DNF-Style (S. 24 M), sborisov (re), izhairguns (S. 26), afromatte | photocase.de (S. 6), shutterstock.com: Lightspring (S. 18), FabrikaSimf (S. 20),Evangelische Mütterkurheime in Württemberg e.V. – www.muettergenesung-kur.de:(S. 15 o. re., 15 u. li. + re.,16)Werraland Stiftung für Familiengesundheit: (S. 15 o. li., U4)

DesignPiva & Piva, Darmstadt

DruckPLAG gGmbH Druck und Verlag, Schwalmstadt (Treysa)

Stand 2018

Gefördert durch das Hessische Ministerium

für Soziales und Integration.

Impressum 31

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Diakonie Hessen - Diakonisches Werk in Hessen und Nassau und Kurhessen-Waldeck e.V. Landesgeschäftsstelle Kölnische Straße 136 34119 Kassel