Gesundheit älterer Menschen fördern Bedeutung einer...

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Gesundheit älterer Menschen fördern Bedeutung einer ausgewogenen Ernährung, von ausreichender Bewegung und sozialer Teilhabe zur Erhaltung der Selbstständigkeit

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Gesundheit älterer Menschen fördern –

Bedeutung einer ausgewogenen

Ernährung,

von ausreichender Bewegung und sozialer

Teilhabe zur Erhaltung der

Selbstständigkeit

Wovor fürchten wir uns im Alter?

Individuelle Sicht

Gesellschaftspolitische Sicht

So dramatisch gefährdet die Überalterung Europa (Die Welt, 09.04.2014)

Deutschland überaltert. Wir schrumpfen! Bald gibt

es nur noch 67 Millionen Deutsche (Focus 28.04.2015)

Demografische Zeitbombe : Japan schrumpft im

Rekordtempo (n-tv, 28.01.2018)

Warnung der Bundesbank Überalterte

Gesellschaft bremst Deutschlands

Wirtschaftswachstum (Der Spiegel, 24.04.2017)

Demographische Entwicklung

Lebenserwartung

Altersstruktur

Pflegebedürftigkeit

Demographischer Wandel Ausgabe 2010, Stat. Ämter des Bundes und der Länder

Pflegebedürftige nach Altersgruppen

Demenz

Prävalenz:

• Zahl der Demenzkranken derzeit 1,2 -1,5 Millionen

• Bis 2050 Verdopplung auf 3 Millionen

• 2/3 der Erkrankten 80 J und älter, 70% Frauen

• 50-70% Alzheimerdemenz

• 15-25% vaskuläre Demenz

• Rest Lewy-Körper-Demenz. Demenz bei M. Parkinson , Frontotemporale Demenzformen

S3-Leitline Demenz, AWMF, Weltalzheimerreport

Demenz

Prävalenz in Abhängigkeit vom Alter:

S3-Leitline Demenz, AWMF

Demenz

Inzidenz (Rate der Neuerkrankungen)

• Rate an Neuerkrankungen pro Jahr 244000

• Inzidenz stark altersabhängig

S3-Leitline Demenz, AWMF

Alter und Sturzneigung

• 30% der Menschen > 65 fallen jährlich

• Die Hälfte häufiger als 1 x

• Die Häufigkeit von Stürzen steigt pro Lebensdekade um ca. 10%.

• Die Hälfte aller Pflegeheimbewohner fälltmindestens 1 x / Jahr

• Frakturen 6-9%

• Weichteilverletzungen bis 60%

Knochenbrüche im Alter

• Hüftgelenknahe Femurfrakturen

• Wirbelfrakturen

• Beckenfrakturen

• Proximale Humerusfrakturen

• Distale Unterarmfrakturen

Epidemiologie

Die geriatrischen Patienten mit Frakturen machen

bereits heute über 50% der Patienten in der

Unfallchirurgie aus. Ihre Zahl wird sich laut der

Gesundheitsberichterstattung des Bundes in den

kommenden 20 Jahren verdoppeln bis

verdreifachen

Epidemiologie proximale Femurfraktur

• Inzidenz für hüftgelenksnahe Frakturen in Deutschland derzeit bei > 125000/ Jahr (Buecking et al., Dtsch.

Ärztebl. Int110:255-262)

• Bis 2050 Anstieg der Inzidenz um das 5-fache (Bonnaire F, Lein T, Engler KJ (2008) Behandlung der Schenkelhalsfrakturen. Chirurg 79:595–611)

• 1-Jahres-Mortalität von ca. 30% (Gosch, Kammerlander, DMW2014; 139:

1207-1210)

• 5-Jahres-Mortalität lag in einer Studie bei 69% (Kammerlander, Gosch, Arch Orthop Trauma Surg 2011; 131: 1435-1444)

• Funktionell ebenfalls schlechtes Outcome: 25% der Patienten immobil, 50% unfähig das Haus zu verlassen. (Kammerlander, Gosch, Arch Orthop Trauma Surg 2011; 131: 1435-1444)

Abb. 12.36 Rohe Rate der Krebsneuerkrankungen pro 100000 im Jahr 2010 in Deutschland (in Altersgruppen) (Quelle: ).

Quelle: Hämatologie und Onkologie > Geriatrische Onkologie

Autoren: Ernst Späth-Schwalbe

Krebs eine Alterskrankheit

Krebsrate im Alter

• Anteil der über 65 jährigen an der Gesamtbevölkerung der BRD:

• aktuell 17 %

• 2030 ca. 25 %

• Inzidenzrate maligner Erkrankungen• unter 65 jährige ca. 200 / 100.000

• über 65 jährige ca. 2.000 / 100.000

Fazit: Bei gleichbleibender Inzidenzrate nimmt die

Zahl alter Karzinompatienten in den nächsten

30 Jahren um 50 % zu.

Kosten

Kosten

Hüftgelenksnahe Frakturen:

• Direkte Behandlungskosten 2,5 Mrd €

Demenzbehandlung:

• Kosten der GKV derzeit 5,633 Mrd €

Pflegebedürftigkeit:

• Leistungen GPV 2017 35,2 Mrd €

Individuelle Sicht

Was fürchten wir am Alter

• Gebrechlichkeit

• Verlust der Selbständigkeit

• Pflegebedürftigkeit

• Demenz

• Inkontinenz

• Einsamkeit

• Immobilität

• Krankheit

• Altersarmut

Der geriatrische Patient

Geriatrische Patienten sind definiert durch:

• Geriatrietypische Multimorbidität

• Höheres Lebensalter (70 Jahre und älter)

Oder durch

• Alter ≥ 80

Auf Grund der alterstypisch erhöhten Vulnerabilität

des Auftretens von Komplikationen und Folgeerkrankungen

Gefahr der Chronifizierung

erhöhten Risikos für den Verlust der Selbständigkeit/ Bedarf an sozialer Unterstützung (nach UEMS, Malta 2008)

Geriatrische Syndrome

Die „Giganten“ der Geriatrie: die geriatrischen I‘s

• Immobilität

• Impairment von Intellekt/Gedächtnis(Demenz)

• Instabilität /Vulnerabilität/Gebrechlichkeit

• Inkontinenz (Urin und/oder Stuhl)

Geriatrische Syndrome

New kids on the bloc

• Immundefizit

• Isolation

• Insomnia ( Schlaflosigkeit)

• Impecunity (Armut)

• Iatrogen (Krankheit durch medizinische Maßnahmen)

• Irritables Colon

• Impaired eyes / ears

Was ist eigentlich „Altern“

• Keine allgemein gültige Definition

• Vielzahl von Alternstheorien (> 100)

• Altern wahrscheinlich multifaktoriell verursacht

• Genetische Komponente

• Umweltfaktoren

Alternstheorien

Adaptive, evolutionäre Theorien

• Entwicklungs- ,Fortpflanzungs- und

Alterungsphase sind genetisch reguliert. Altern

i.S. einer programmierten Beendigung des

Lebens.

• „Survival of the fittest“. – Die Lebewesen mit

dem „besten“ Erbgut leben am längsten

Alternstheorien

Verschleiß-Theorie

• Zellschädigungen durch Umwelteinflüsse und

ungesunde Lebensweise die nur z.T.

neutralisiert werden können.

• Schäden der Zellwand und DNA akkumulieren

mit der Zeit und bedingen allg.

Funktionsrückgang der Zellen

Definition Altern

Altern kann definiert werden als

eine im Laufe der Zeit eintretende

allmähliche Verschlechterung

der Funktion des gesamten Organismus trotz

optimaler Umweltbedingungen

(Dandekar, 1995)

Normal-Aging, Anti-Aging, Pro-Aging?

• Altern ist kein monokausaler Vorgang

• Es gibt nicht „Die Alternstheorie“

• Altern ist normal, keine Krankheit

• Anti-Aging – Industrie-/Werbungskonzept: Altern

ist reversierbar oder gar vermeidbar

• Geriatrie: Pro-Aging – Akzeptanz und Begleitung

des Alterns als normalen Vorgang

Herz-Kreislauf-System

• Vermindertes Herzminutenvolumen (insbesondere bei Belastung)

• Absinken der max. Herzfrequenz ( ca. ½ Schlag /min pro Jahr). Bei 20J. max. HF etwa bei 200/min, bei 80J. Nur noch 170/min Herzfrequenz möglich.

• Nachlassende Elastizität der Herzmuskulatur

• Nachlassende Elastizität der Koronararterien

• Wandstarre der Hauptschlagader – Anstieg des systolischen Blutdrucks

• Abnahme der max. Sauerstoffaufnahme

Verminderte körperliche Belastbarkeit

Alternsbedingte Einschränkungen der Organfunktion

Alternsbedingte Einschränkung der Organfunktion

Pulmonal:

• Verminderung der Lungenelastizität (Compliance)

• Steifheit der Brustwand

• Verminderung der Atemmuskelkraft

• Herabgesetzte Abwehrmechanismen (reduzierter Hustenreflex, reduzierte Immunität, Abnahme mukoziliarer Transport)

• Abnahme der Lungenbläschen und Wandverdickun

• Verminderung der Pulmonalkapillaren

• Abnahme der Gasaustauschfläche

Infektanfälligkeit, Aspirationsgefahr, verminderte Belastbarkeit

Alternsbedingte Einschränkung der Organfunktion

Gastrointestinal:

• Atrophie von Magen- und Darmschleimhaut

• Abnahme der Intrinsic-factor-, Magensäure- und

Pepsinsekretion

• Reduzierte Aufnahme von Eisen, Kalzium und Vit. B 12

• Verminderter Defäkationsreflex

• Größenabnahme und reduzierte Durchblutung von Leber

und Bauchspeicheldrüse

Erhöhtes Risiko für Malnutrition, Exsikkose, Obstipation,

Divertikulose, Stuhlinkontinenz

Regulation der Nahrungsaufnahme

• Altersanorexie – verringertes Verlangen nach Nahrung im Alter durch

• Abnehmende Sinneswahrnehmungen Geschmack, Geruch, Sehen)

• Gesteigerte Aktivität gastrointestinaler Sättigungsfaktoren

• Veränderungen diverser Nervenbotenstoffe, Hormone und Zytokine

Alternsbedingte Einschränkung der

Organfunktion

Alternsbedingte Einschränkung der Organfunktion

Nierenfunktion:

• Kontinuierliche Abnahme der Filtrationsleistung – im 80. LJ 50% des Ausgangswertes beim 20jährigen

• Abnahme der Nephrone um 30% bis zum 8. Lebensjahrzehnt

• Reduzierte Verdünnungs- und Konzentrationsfähigkeit

Störungen im Salz- und Wasserhaushalt, verminderte Ausscheidung von Medikamenten, Gefahr der Austrocknung

Nicht nur das Äußere ändert sich!

Bilder: www.physiotherapie-es.de; www.physiowissen.de

Kreatinin 1,0 mg/dl

Gewicht 60 kg

Alter 70 Jahre

Kreatinin-Clearance*:

49 ml/min

Kreatinin 1,0 mg/dl

Gewicht 60 kg

Alter 30 Jahre

Kreatinin-Clearance*:

77 ml/min

* Nach Cockroft-Goldformel

Alternsbedingte Einschränkung der Organfunktion

• Zentralnervensystem• Morphologische Veränderungen bei über 75-jährigen:

• Verschmälerungen der Hirnwindungen

• mäßige bindegewebige Verdickung der Hirnhäute

• Abnahme des Gehirngewichtes

• Funktionelle Veränderungen:• Herabsetzung der Gedächtnisleistung

• Verlangsamung der Reaktionsgeschwindigkeit

• Deutliche Einschränkung der Stabilität der Körperachse beim Stehversuch mit geschlossenen Augen

• Abnahme der peripheren Sensibilität (in unterschiedlichem Ausmaß für die einzelnen Körperregionen)

• Verändertes Schlafverhalten (Einschlaflatenz↑, Tiefschlafphasen↓)

Gangstörung, Sturzgefahr↑, Merkfähigkeit↓, Informationsverarbeitung↓, Reaktionsvermögen↓

Immunsystem• Involution von Thymus, Knochenmark und Lymphgewebe

• Abnahme von Lymphocyten (v.a. T-Zellen)

• Eingeschränkte Lymphocytenfunktion (B und T)

Infekt-Gefährdung, Anfälligkeit für

Autoimmunerkrankungen und Tumoren, abgeschwächte

oder fehlende Infektzeichen wie Fieber oder

Veränderung von Blutwerten

Alternsbedingte Einschränkung der Organfunktion

Alternsbedingte Einschränkung der Organfunktion

Bewegungsapparat:

• Abnahme des Kalksalzgehalts der Knochen

(Ostoporose)

• Knorpelschwund und –Auffaserung

• Geringere Belastbarkeit der Sehnen

• Verlust von Muskelmasse und –kraft

• Vom 30-70 LJ 0,3-1,3% Muskelmasse↓ jährlich

• Ab dem 70 LJ 3-4% jährlich

Sarkopenie

Alters-assoziierter Muskelschwund, der über den altersphysiologischen Abbau der Muskulatur hinausgeht.

Jährliche Abnahme der Muskelmasse ab dem 50 LJ um 1-2%:

Abnahme der Muskelkraft

50-60. LJ 1,5% jährlich, danach um 3% Jährlich

Die schnellen Muskel-Fasern

besonders betroffen!

Von Haehling S, Morley JE, Anker SD. 2010;

Abb. 1 Faktoren, die die Entstehung einer Sarkopenie begünstigen, mit dem Versuch

einer ätiologischen Zuordnung (Überschneidungen zwischen beispielsweise

altersassoziierten und krankheitsassoziierten Faktoren sind möglich).

Quelle: Spira D, Steinhagen-Thiessen E, Norman K, et al. Sarkopenie. Klinikarzt. 2017; 46(12): 624 - 629 doi:10.1055/s-0043-

122590

Ursachen Sarkopenie

Frailty (Altersgebrechlichkeit)

Frailty - geriatrisches Syndrom,

• verminderte Resistenz auf Stressoren

• Verursacht durch eine reduzierte funktionelle

Reserve in physiologischen Systemen,

• erhöhte Vulnerabilität für diverse Komplikationen

wie Stürze, Krankenhauseinweisungen

• Verlust der Selbstständigkeit bis hin zum Tod.

Frailty-Kriterien

• Empfinden von Energielosigkeit, Erschöpfung

• ungewollter Gewichtsverlust >5kg/Jahr

• muskuläre Schwäche (Handkraftmessung)

• langsame Gehgeschwindigkeit

• niedriger physischer Aktivitätsgrad

Für alle Parameter gibt es Schwellenwerte:

• 1–2 Kriterien erfüllt: Prefrailty

• 3 und mehr Kriterien erfüllt: Frailty

• Prefrailty und Frailty sind mit einer erhöhten Morbidität und Mortalität verbunden.

Resilienz

Definition:

In der Gerontologie und damit auch in der Geriatrie

subsummiert man unter Resilienz die Fähigkeit,

mittels persönlicher (physisch und psychisch) und

sozial vermittelter Ressourcen auf belastende

Lebensereignisse (Krankheiten, Funktionsverluste,

soziale Belastungen) zu reagieren.

Alter-Krankheit-Funktionalität

• Physiologische Alterungsvorgänge und Multimorbidität sind bedeutende Risikofaktoren für Funktionsstörungen

• Das Verhältnis von Frailty und Resilienz bestimmt das Auftreten von Funktionsstörungen

• Bis zum 70. LJ meist geringes Risiko für Funktionsstörungen

• Funktionelle Einbußen rasch zunehmend ab dem 75.-80. LJ

• Überleben bei Hochbetagten in erster Linie abhängig von den Behinderungen, nicht von der Zahl der Erkrankungen

McGee GA. Johnson AL. Kay DWK. et al. The decription of activities of daily living in five centres in England and Wales. Age and Ageing 1998; 27: 605-613

Landi F. Liperoti R. Russo A. et al. Disability, more than multimorbidity, was predictive of mortality among older persons aged 80 years and older. J Clin Epidemiol 2010; 63: 752-759

Resilienz versus Frailty

Das individuelle Verhältnis von Resilienz und

Frailty entscheidet über subjektives

Gesundheitsempfinden und Funktionalität:

Frailty

Resilienz

Alltagsfunktionen

Gangstörung und Mortalität

Erfolgreiches gesundes Altern

• Vermeidung von Multimorbidität

• Vermeidung von Frailty und Sarkopenie

• Erhalt der Funktionalität (Alltagskompetenz)

• Stärkung der Resilienz

Risikofaktor Mangelernährung

Definition Mangelernährung:

Unbeabsichtigter auffälliger Gewichtsverlust

> 5% in 3 Monaten

> 10% in 6 Monaten

Deutlich reduzierte Körpermasse – BMI < 20kg/m²

Leitlinie Klinische Ernährung Geriatrie, Akt. Ernährungsmed. 2013; 38; e1-e48

Zahlen und Fakten

Aktuelle Zahlen und Fakten• Schätzungen gehen davon aus, dass in Deutschland 1,6

Millionen der 19,4 Millionen über 60-Jährigen unter chronischer Mangelernährung leiden.

• Davon leben 1,3 Millionen zu Hause und 330.000 in Altenpflegeheimen.

• Jeder zweite Krankenhauspatient über 75 Jahre ist bei seiner Aufnahme in die Klinik mangelernährt.

DGEM 2013

Zahlen und Fakten

Große Streubreite der Prävalenz:

• Mangelernährung bei zu Hause lebenden selbständigen

älteren Menschen („go-go“) relativ selten

• In Langzeitpflegeeinrichtungen und Krankenhäusern

(„slow-go und no-go“)bis zu 2/3

• Unabhängig von Lebens- und Gesundheitssituation

Risiko für Mangelernährung etwa bei 50% aller älteren

Menschen

Aktuelle Ernährungsmed 2013; 38: e1–e48

Ursachen von Mangelernährung im Alter

Soziale Probleme

• Einsamkeit

• Armut

• Mangelnde Einkaufsmöglichkeit

Ursachen von Mangelernährung im Alter

Körperliche Einschränkungen

• Lähmungen, Gelenkarthrosen

• Schluckstörungen

• Schlechter Zahnstatus

• Mundtrockenheit, Zahnfleischentzündungen

• Immobilität

• Abnahme des Seh-, Geruchs- und

Geschmacksvermögens

Ursachen von Mangelernährung im Alter

Psychische Einschränkungen

• Demenz

• Depression

• Psychosen

Ursachen von Mangelernährung im Alter

Sonstige Ursachen

• Ungünstige Ernährungsgewohnheiten

• Multiple Medikamente

• Mangelnde Wahrnehmung der

(drohenden)Unterernährung durch Verwandte,

Pflegekräfte und Ärzte

Teufelskreis der Mangelernährung

Folgen der Mangelernährung

Unspezifische Folgen

• Müdigkeit

• Antriebsarmut

• Schlechter Allgemeinzustand

• Allgemeine Schwäche

Folgen der Mangelernährung

Organfunktionen

Muskulatur

• Beschleunigung der Sarkopenie (bis zu 500 g

Muskelabbau pro Tag)

• Abnahme der Muskelkraft

• Zunehmende Immobilität

• Erhöhtes Sturz- und Frakturrisiko

• Schluckstörungen

Folgen der Mangelernährung

Organfunktionen

Atemmuskulatur

• Eingeschränkte respiratorische Funktion

• Verminderte Hustenkraft Sekretretention

• Haut

• Erhöhte Vulnerabilität

• Erhöhtes Dekubitusrisiko

Folgen der Mangelernährung

Organfunktionen

Immunsystem

• Erhöhte Infektanfälligkeit

• Besiedlung mit multiresistenten Keimen

Gehirn

• Vigilanz

• Konzentrationstörungen

• Kognitive Defizite

• Verstärkung neurologischer Ausfälle

Folgen der Mangelernährung

Krankheitsverlauf• Dekubitusgefahr

• Gestörte Wundheilung

• Erschwerte postoperative Mobilisierung

• Verlängerte Rekonvaleszenz

• Erhöhte perioperative Komplikationsrate (z.T. 50% )- Nosokomiale Infektionen

- Erschwerte Respiratorentwöhnung

- Durchgangssyndrom

• Mortalität sowohl in der Klinik als auch 1 Monat bis 6 Jahre nach Entlassung

Was tun?

ergokassel.de

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Ernährung

Ziele:Bedarfsgerechte EssmengeVerbesserung/Erhalt des ErnährungszustandesVerbesserung/Erhalt körperlicher und geistigerFunktionenVermeidung von KomplikationenEinsparung von Kosten und Ressourcen

Grundprinzipien

Bedarfsorientierte Ernährung• Bedarfsgerechte Aufnahme von Energieund Nährstoffen

• Vermeidung / Verminderung von- Gewichtsverlust / Muskelabbau- Funktionalitätsverlust (körperlich, kognitiv)

Bedürfnisorientierte Ernährung• Wünsche, Vorlieben, Abneigungen• angepasst an Fähigkeiten undRessourcen

Erhalt / Verbesserung der Lebensqualität

Strategien

• Beseitigung / Behandlung der UrsachenBehandlung der Grunderkrankung

• Umgebungsgestaltung• Pflegerische Unterstützung• Ernährungsmaßnahmen

Interdisziplinäre Zusammenarbeit

Ursachen klären

Warum wird nicht (ausreichend) gegessen?• Kauprobleme• Schluckstörung• Depression• Einsamkeit• Schmerzen• Akute Erkrankung• Bewusstseinsstörung• Medikamenteneffekte

...und beseitigen

• Kauprobleme ˃ Zahnbehandlung• Schluckstörung ˃ Schlucktraining• Depression ˃ ggf. Medikation• Restiktive Diät ˃ Vermeiden• Hilfsbedürftigkeit ˃ Unterstützung/Anreichen• Appetithemmende ˃ AbsetzenMedikation

• katabole ˃ adäquate TherapieErkrankung

Orale ErnährungAusgewogene Lebensmittelauswahl

• Ca. 30-35 kcal/ kg KG

• 750 g Obst und Gemüse

• 250 g Vollkornprodukte

• Mindestens 200 ml Milch u. Milchprodukte

• Tgl. 1 Portion Fleisch, Fisch oder Ei (1-1,5 g

Eiweiß/kg KG)

• Tgl. 1 warme Mahlzeit

Möglichkeiten der Ernährungstherapie

Bedürfnisorientierte Ernährung

Stimulation der Sinne• Farben• Konsistenz• Textur• Gerüche• Geschmack

Erinnerungen wecken• Lieblingsgerichte

• Essbiographie berücksichtigen

Bedürfnisorientierte Ernährung

Passierte Kost

Es geht auch anders!

Optimierung des Essensangebots

Individuelle Anpassung des Essens an denBedarf und an die Bedürfnisse des alten Menschen

• Wunschkost – Aufhebung unnötiger Diätvorschriften

• Konsistenzanpassung bei Kau- und Schluckstörungen

• Steigerung des Energie- und Nährstoffgehalts durch

Anreicherung

• vermehrter Einsatz hochkalorischer Lebensmittel

• Nährstoffkonzentrate

• Häufige kleine Mahlzeiten – „Fingerfood“

Effekt von Nahrungssupplementen in der

Geriatrie Metaanalyse zur Trinknahrung (Cochrane Review 2009, Milne

et.al)

• 62 Studien mit insgesamt 10187 Patienten

• 2,2% Gewichtszuwachs in der Interventionsgruppe

• Reduktion der Komplikationsrate um 14%

• Bei mangelernährten Patienten Reduktion der Mortalität

um 21%

• Bei Substitution von mindestens 400 kcal tgl. Reduktion

der Mortalität um 11% (alle Patienten)

Vermeidung von Multimorbidität

Lebensstil, Lebenserwartung und Behinderung

Vermeidung von Über-

gewicht, Rauchen und

übermäßig Alkohol

verlängert die Lebens-

Erwartung um 7 Jahre

Prävention der Demenz

FINGER-Studie (Finnish Geriatric Intervention Study to Prevent Cognitive Impairment and Disabilitiy)

• 1260 Menschen zwischen 60 und 77 J

• Mindestens 6/15 Pkt Cardiovascular Risk Factors, Aging

and Dementia Scale (z.B. Bluthochdruck, Cholesterin↑)

• Kognitives Screening bei allen Teilnehmern (CERAD)

• Kontrollgruppe: Schulung gesunde Lebensweise

• Interventionsgruppe: Ernährungsberatung, Anleitung zu

regelmäßiger körperliche Betätigung, kognitives Training,

Erfassung und Behandlung von vaskulären

Risikofaktoren

Lancet 2015; 385: 2255–63

Prävention der Demenz

Ergebnisse nach

24 Monaten:

Prävention der Demenz

© Bild: KNA

Quelle: picture alliance / ZB/woi;cse

© Peter Kneffel/dpa

Quelle: Reto Klar/ZGBZGH/Reto Klar

Training, Mobilität und Sturzrisiko

• Zahlreiche Studien belegen eine effektive

Sturzprävention durch Trainingsprogramme zur

Erhöhung von Kraft und Balance , Z.B. Ulmer

Modell – Senkung der Sturzrate um 40% und

der Frakturrate um 30% in Altenheimen

• Besonders effektive Senkung des Sturzrisikos

durch dual-task-Training – gleichzeitiges

Training von Motorik und Kognition

Jaques-Dalcroze Rhythmik

Bachmann ML. Dalcroze today: an education through and into music.

Oxford University Press Inc., New York, 1991

Dalcroze Rhythmik Training (6 Monate):

Verbessertes Dual-Tasking, deutliche Sturzreduktion

Tai Chi und Stürze

• Sturzreduktion um 47.5%

• Signifikante Reduktion d.

Sturzangst

• 35 % führten Tai Chi

weiter nach Studienende.

Wolf SL, Barnhart HX, Kutner NG et al. Reducing frailty and falls in older persons: an

investigation of Tai Chi and computerized balance training. Atlanta FICSIT Group. Frailty and

Injuries: Cooperative Studies of Intervention Techniques. J Am Geriatr Soc

1996;44:489-97.

Sturzreduktion durch Vitamin D3: 23%

Soziale Teilhabe und Lebenserwartung

MONICA )-Projekt (Monitoring of Trends and Determinants in Cardiovascular Disease)

• 5-Jahres-follow-up Studie im Rahmen des MONICA-

Projekts

• Kohorte von 1030 Männern und 957 Frauen im Alter von

55-74 Jahren

• Einfluss von Familienstand und sozialer Integration auf

die Sterblichkeit

Familienstand und Mortalität

Familienstand und Mortalität

Soziale Integration und Mortalität

Soziale Integration und Mortalität

Zusammenfassung

Haupteinflußfaktoren auf die Selbständigkeit und

Lebensqualität im Alter sind:

• Das Verhältnis von Frailty und Resilienz

• Mobilität (Sturzneigung)

• Funktionelle Einschränkungen

• Ernährungszustand/Mangelernährung

• Kognitive Funktion

• Soziale Integration/Teilhabe

Zusammenfassung

Grundlage für ein erfolgreiches Altern und Erhalt der Lebensqualität sind:

• Eine gesunde, bedarfsgerechte und hochwertige Ernährung

• Vermeidung von Frailty und Sarkopenie

• Förderung der Resilienz

• Regelmäßige körperliche und geistige Aktivität

• Gesunde Lebensweise und Reduktion der Kardiovaskulären Risikofaktoren im mittleren Lebensalter

• Soziale und familiäre Einbettung

Aufgaben aus individueller Sicht

• Reduktion von Übergewicht und Alkoholkonsum

sowie Nikotinkarenz spätestens ab dem 40-50 LJ

• Regelmäßig Sport bis ins hohe Alter

• Geistige Aktivität auch nach dem Rentenbeginn

• Anpassung der Ernährung an die Bedürfnisse im

Alter (Eiweiß, Vitamine, v.a. Vitamin D, Calcium)

• Regelmäßige Sozialkontakte, soziales /familiäres

Engagement

Aufgaben für die Gesellschaft

• Wertschätzung des alten Menschen - Pro-Agingstatt Anti-Aging

• Förderung gesunde Ernährung ab dem Schulalter –Unterricht, Mensa, Firmenkantinen, Seniorenheime

• Ernährung im Alter unabhängig von Höhe der Rente

• Präventionsprogramme Kardiovaskuläre Risikofaktoren – Schule, Beruf, Vereine, Sport in jedem Lebensalter

• Seniorensport, Sturzpräventionsprogramme, Überwachungstechnik zur Sturzprophylaxe

• Soziale Integration alter Menschen, Förderung geistiger Aktivität – Senior Experts, Leih-Oma, Mehrgenerationen Wohnquartiere statt Luxus-Stadtvillen

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit