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Graphentheorie Dr. Theo Overhagen Mathematik Universit¨ at Siegen

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Graphentheorie

Dr. Theo OverhagenMathematik

Universitat Siegen

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I

Literatur

Beutelspacher/Zschiegner: Diskrete Mathematik fur Einsteiger, Springer Spektrum, 2014

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Korte, Vygen: Kombinatorische Optimierung, Springer Spektrum, 2012 (elektron. Ausga-be).

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Nitzsche: Graphen fur Einsteiger - rund um das Haus vom Nikolaus, Vieweg, 2004.

Schwartz: Einfuhrung in die Graphentheorie. Vorlesung Uni Wurzburg, 2012/13.

Struckmann, Watjen: Mathematik fur Informatiker, Kap.5, Springer, 2016 (elektron. Aus-gabe).

Tittmann: Graphentheorie. Eine anwendungsorientierte Einfuhrung. Fachbuchverlag Leip-zig, Hanser Verlag 2003.

Volkmann: Fundamente der Graphentheorie, Springer, 1996.

Wilson: Introduction to graph theory, Longman, 1996.

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Inhaltsverzeichnis

0 Einleitung 2

1 Grundbegriffe, Eulersche und Hamiltonsche Graphen 51.1 Definitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51.2 Matrixdarstellungen von Graphen, Isomorphie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91.3 r- und bipartite Graphen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121.4 Eulersche Graphen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131.5 Hamiltonsche Graphen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

2 Baume 242.1 Brucken, trennende Ecken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242.2 Baume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262.3 Minimale bzw. maximale spannende Baume in bewerteten Graphen . . . . . . . . 29

3 Kurzeste und langste Wege 343.1 Kurzeste Wege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343.2 Langste Wege in Netzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

4 Planare Graphen 424.1 Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 424.2 Eulersche Polyederformel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 434.3 Der Satz von Kuratowski . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 474.4 Dualitat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49

5 Farbungen 515.1 Eckenfarbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 525.2 Farbung von Landkarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 545.3 Kantenfarbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54

6 Matchings 566.1 Matchings und erweiternde Wege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 566.2 Matchings in bipartiten Graphen, Hallscher Heiratssatz . . . . . . . . . . . . . . . 586.3 Unabhangige Ecken- und Kantenmengen, Ecken- und Kantenuberdeckungen . . . 62

7 Netzwerke 647.1 Flusse und Schnitte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 647.2 Der Algorithmus von Ford-Fulkerson . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 667.3 Trennende Mengen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70

8 Anhang V

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0 Einleitung

Um ohne Navigationsprogramm in einer fremden Stadt die Route zu einer gewunschten Zieladres-se zu bestimmen, benutzt man Stadtplane: Fur die Fahrt mit dem Auto oder anderen indivi-duellen Verkehrsmitteln in einer sehr großen Stadt vielleicht zuerst einen Ubersichtsstraßenplan,in dem nur die Hauptstraßen aufgefuhrt sind, und dann einen detaillierten Umgebungsplan derZieladresse, in der alle Straßen vorkommen.Fur die Fahrt mit offentlichen Verkehrsmitteln sind spezielle Linienplane nutzlich. Und wahrendbei Straßenplanen die geografischen Gegebenheiten wie Langen und relative Lage der Straßenabgebildet werden, steht bei Planen fur große U- und/oder S-Bahnnetze die Ubersichtlichkeitim Vordergrund. Dabei beschrankt man sich auf die Darstellung der Haltestellen als Punkte undder Verkehrsverbindungen zwischen den Haltestellen als (moglicherweise verschieden eingefarbte)Linien zwischen den Punkten.

Bild Berliner S- /U-Bahnnetz, Vergleich Straßen-/OVNP-Netz

Wir nennen ein solches Schema in der Mathematik Graph. Graphen sind also mathematischeModelle, um Straßen-, Computer-, Telefonnetze oder Versorgungsnetze (Gas bzw. Wasser) dar-zustellen. Man kann mit ihnen aber auch elektrische Schaltungen, wie die folgende Wechselschal-tung,

1. Schalter 2. Schalter

Erdung

Neutral

Leiter

Lampe

Wechselschaltung

Bindungen der Atome innerhalb chemischer Molekule

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0. Einleitung 3

H

C

C

H

H

C

O

H

oder wirtschaftliche oder soziale Beziehungen wie den folgenden biblischen Stammbaum beschrei-ben.

s s s s s s

s s

s s s s s s s s

s ss

s ss

s

s ss

s

Ruben Simeon Levi Juda Joseph Benjamin

Jakob Esau

Ismael Simram Joksan Medan Isaak Midian Jesbak Suah

Haran NaharAbraham

Ham JaphethSem

Noah

Kain AbelSeth

Adam

Biblischer Stammbaum

Gemeinsam ist diesen Anwendungen, dass eine Menge von Objekten existiert (die Orte, Com-puter, Atome oder Menschen), die in einer gewissen Beziehung zueinander stehen. Die Objektestellt man einfach durch Punkte und die Beziehungen der Objekte durch Verbindungsstreckendar.Dabei gehen naturlich die speziellen Eigenschaften der Objekte und der Beziehungen verloren.Trotzdem (oder gerade deshalb) kann man schon viele Eigenschaften des Graphen untersuchenwie z.B.:

• Kann man die Kanten des Graphen so durchlaufen, dass man jeden Punkt (oder jedeVerbindungsstrecke) genau einmal durchlauft?

• Wie viele Verbindungsstrecken braucht man mindestens, um von einem Punkt zu einemanderen zu gelangen?

• Wie viele verschiedene Graphen mit gegebenen Anzahlen von Punkten und Verbindungs-strecken gibt es? Wie viele sind wesentlich verschieden?

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0. Einleitung 4

• Kann man einen gegebenen Graphen so in die Ebene zeichnen, dass keine zwei Verbin-dungsstrecken sich kreuzen?

• Wie viele Verbindungsstrecken kann man auswahlen, so dass keine zwei dieser Verbindungs-strecken in einem gemeinsamen Punkt enden?

• Wie viele Verbindungsstrecken kann man aus einem zusammenhangenden Graphen entfer-nen, so dass der neue Graph immer noch zusammenhangend ist?

Um anstehende Probleme zu losen, muss man oft spezielle zusatzliche Eigenschaften in den Grapheinbauen:

• Fur die Planung einer Urlaubsreise mochte man den kurzesten Weg zum Zielort bestimmen.Dazu betrachtet man gewichtete Graphen, bei denen die Verbindungsstrecken mit ihrenLangen oder Durchfahrzeiten versehen werden.

• Um die Zuverlassigkeit eines Kommunikationsnetzes zu bestimmen, gewichtet man Punkteund/oder Verbindungsstrecken mit den Ausfallwahrscheinlichkeiten.

• Um moglichst konstengunstige Netze herzustellen, betrachtet man in der Planung ein Netzmit allen moglichen Verbindungen, bewertet die Verbindungsstrecken mit ihren Kosten undsucht ein entsprechendes Teilnetz aus.

• In Straßennetzen treten auch Einbahnstraßen auf. Daher ist auch die Betrachtung gerich-teter Graphen sinnvoll, bei denen die Verbindungsstrecken mit einer Richtung versehensind.

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1 Grundbegriffe, Eulersche undHamiltonsche Graphen

1.1 Definitionen

Beispiel 1.1.1 Bei dem ersten graphentheoretisch beschriebenen Problem (Euler 1736), demKonigsberger Bruckenproblem, geht es darum, einen Spaziergang durch die Innenstadt vonKonigsberg so zu planen, dass man am Ende wieder zu Hause ankommt und auf dem Spaziergangjede der 7 Brucken genau einmal uberquert hat.

Offensichtlich ist fur die Betrachtung der Fragestellung nur wichtig, wie die Ufer und Inselndurch Brucken verbunden sind. Reduziert man die Inseln und die durch den Fluss getrenntenFestlandteile auf Punkte und stellt die Brucken durch Verbindungskurven dar, dann erhalt man

✉A

B

C

D

Definition 1.1.2 Sei E eine beliebige nichtleere endliche Menge und K eine weitere endlicheund zu E disjunkte Menge, deren Elemente 1- oder 2-elementige Mengen von E sind. Gibt eseine Abbildung, die jedem k ∈ K ein bzw. zwei Elemente von E zuordnet, dann heißt G = (E,K)(endlicher) (ungerichteter) Graph. Die Elemente von E heißen Ecken oder Knoten unddie Elemente von K Kanten des Graphen.

Bemerkungen 1.1.3

(1) Nach Definition gehoren zu jeder Kante k zwei (nicht notwendig verschiedene) Ecken x

und y. Diese Ecken heißen benachbart oder adjazent und die Kante k inzident mit denEcken x und y. k heißt Verbindungskante von x und y.Die Menge Γ(x) der zu einer Ecke x benachbarten Ecken heißt Nachbarschaftsmenge

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1. Grundbegriffe, Eulersche und Hamiltonsche Graphen 6

von x.

Wir bezeichnen eine Verbindungskante von x und y im folgenden oft mit xy.

(2) Umgekehrt heißen zwei Kanten mit einer gemeinsamen Ecke benachbart bzw. adjazent.

(3) Kanten, die eine Ecke mit sich selbst verbinden, heißen Schlingen.

(4) Seien x, y Ecken. Gibt es mehrere Kanten mit den Ecken x, y, dann heißen diese Kantenparallel bzw. Mehrfachkanten.

(5) Enthalt K weder Mehrfachkanten noch Schlingen, dann heißt (E,K) schlichter Graph.

Die Bezeichnungen sind nicht einheitlich: Manchmal heißt ein Graph (E,K) mit Mehr-fachkanten und Schlingen Multigraph, und ein schlichter Graph wird einfach als Graphbezeichnet.

(6) Eine Ecke muss in keiner Kante liegen. Solche Ecken heißen isoliert.

(7) Wir stellen Graphen entsprechend dem Konigsberger Bruckenproblem oft durch Zeichnun-gen dar, in denen die Ecken als (dicke) Punkte und die Kanten als entsprechende Ver-bindungslinien dargestellt werden. Kanten konnen sich in der Zeichnung schneiden - dieseSchnittpunkte gelten aber nicht als Ecken.

Beispiele 1.1.4

(1) In dem (schlichten) Graph mit der Eckenmenge E = {e1, e2, e3, e4, e5, e6, } und der Kanten-menge

K = {k1 = e1e2, k2 = e2e3, k3 = e3e4, k4 = e4e5, k5 = e2e5, k6 = e1e4, k7 = e1e5}

sind z.B. die Ecken e1 und e2 und die Kanten k5 und k7 benachbart, die Ecken e2 und e4sowie die Kanten k5 und k6 sind nicht benachbart. e6 ist eine isolierte Ecke. Die Nachbar-schaftsmenge von e1 ist {e2, e4, e5} und die Nachbarschaftsmenge von e6 ist leer.

✉ ✉

e1

e2 e3

e4

e5e6

k1

k2

k3

k4

k5

k6

k7

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1. Grundbegriffe, Eulersche und Hamiltonsche Graphen 7

(2) Die nachsten Beispiele zeigen einen Graph G1 mit 3 Ecken, 3 parallelen Verbindungskantene1e3 und zwei parallelen Verbindungskanten e2e3 sowie einen Graph G2 mit 3 Ecken, 2parallelen Verbindungskanten e1e2, einer Schlinge e3e3 und zwei parallelen Schlingen e2e2.

s s

s

e1 e2

e3

k1

k2

k3

k4

k5

k6

G1

s s

s

e1 e2

e3

G2

Definition 1.1.5 Sei G = (E,K) ein Graph, x ∈ E eine Ecke.

(a) Die Anzahl der mit x inzidenten Kanten heißt Grad der Ecke. Bezeichnung: gradx.Eine Schlinge wird beim Grad der inzidenten Ecke zweimal gezahlt.Ist gradx gerade, dann heißt die Ecke gerade, sonst ungerade.

(b) Wir bezeichnen den minimalen Eckengrad in G mit δ(G) und den maximalen Eckengradmit ∆(G).

(c) Hat jede Ecke von G denselben Grad m, dann heißt G (m-)regular.

Beispiele und Bemerkungen 1.1.6

(1) Im Graph von Beispiel 1.1.4 (1) ist

grad e1 = grad e2 = grad e4 = grad e5 = 3, grad e3 = 2, grad e6 = 0.

Im Graph G1 von Beispiel 1.1.4 (2) ist

grad e1 = 4, grad e2 = 3, grad e3 = 5.

Im Graph G2 von Beispiel 1.1.4 (2) ist

grad e1 = 3, grad e2 = 7, grad e3 = 4.

(2) Ist G ein schlichter Graph mit Ecke x, dann ist gradx die Anzahl der zu x benachbartenEcken. Sonst ist gradx im allgemeinen großer.

(3) Ist G ein (p − 1)-regularer schlichter Graph mit p Ecken, dann heißt G vollstandigerGraph. Bezeichnung Kp.

Ein vollstandiger Graph G mit p Ecken hat

(p

2

)Kanten.

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1. Grundbegriffe, Eulersche und Hamiltonsche Graphen 8

Um nichtsymmetrische Beziehungen (z.B. Zuneigungen zwischen Menschen, Einbahnstraßen inStraßenkarten oder Produktionsschritte, die vom Abschluss anderer Produktionsschritte abhan-gen,) darzustellen, ist es sinnvoll, Graphen mit orientierten Kanten (mit Richtung) zu betrachten.

Definition 1.1.7 (a) Sei E eine beliebige nichtleere endliche Menge, K eine weitere endlicheund zu E disjunkte Menge. Gibt es eine Abbildung, die jedem k ∈ K ein geordnetes Paar ausE zuordnet, dann heißt G = (E,K) (endlicher) gerichteter Graph (oder Digraph).

(b) Die Elemente von K heißen (gerichtete) Kanten von G. Bezeichnung: −→xx bzw. −→xy.−→xx heißt Schlinge, x heißt Anfangsecke und y Endecke einer Kante −→xy.

(c) Seien x, y Ecken. Gibt es mehrere Kanten mit Anfangsecke x und Endecke y, dann heißendiese Kanten parallel bzw. Mehrfachkanten.Zwei Kanten −→xy und −→yx heißen invers.

(d) G heißt schlicht, wenn G keine Schlingen und fur jedes Eckenpaar x, y mit x 6= y hochstenseine Kante −→xy besitzt.

(e) Der Graph G′ = (E,K ′), der entsteht, wenn man jeder gerichteten Kante von G eineentsprechende nichtgerichtete Kante zuordnet, heißt der dem gerichteten Graph G unter-liegende Graph.Umgekehrt heißt G Orientierung von G′.

(f) Fur eine Ecke e ∈ E heißt die Anzahl der Kanten, die e als Endecke haben, der Ein-gangsgrad grad−(e) von e, die Anzahl der Kanten, die e als Anfangsecke haben, derAusgangsgrad grad+(e) von e, und

grad (e) := grad −(e) + grad+(e)

Grad von e.

Beispiel und Bemerkungen 1.1.8 Folgender Graph G ist ein gerichteter Graph und G′ derzugehorige unterliegende Graph:

G =(E,K) mit E = {e1, e2, e3, e4},

K = {k1 =−−→e1e2, k2 =

−−→e2e2, k3 =−−→e2e3, k4 =

−−→e4e3, k5 =−−→e4e3, k6 =

−−→e4e1, k7 =−−→e1e3, k8 =

−−→e1e4}

✉ ✉

✉ ✉

✲✻✒

e1e2

e4 e3

k1k2

k3

k4

k5

k6 k7k8

G

✉ ✉

✉ ✉

e1e2

e4 e3

G′

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1. Grundbegriffe, Eulersche und Hamiltonsche Graphen 9

(1) Es gilt

grad −(e1) = 1, grad−(e2) = 2, grad−(e3) = 4, grad −(e4) = 1,

grad +(e1) = 3, grad+(e2) = 2, grad+(e3) = 0, grad +(e4) = 3,

grad (e1) = grad (e2) = grad (e3) = grad (e4) = 4.

(2) Nimmt man in G die Schlinge k2 und eine der Parallelkanten, z.B. k5, heraus, dann entsteht

ein schlichter gerichteter Graph G.

Die gerichteten Kanten k6 und k8 des Graphen G sind invers, also nicht parallel, aberdie induzierten Kanten in dem G unterliegenden Graph G′ sind parallel. G′ ist also nichtschlicht.

(3) Inzident, adjazent und benachbart sind wie bei ungerichteten Graphen definiert. So sindz.B. im Graph G die Ecken e1, e3 bzw. e3, e4 und die Kanten k1,k3 bzw. k1,k7 bzw. k3,k7benachbart, und die Ecken e1 und e2 inzident mit der Kante k1.

Die Betrachtung der Eckengrade kann z.B. bei Fragen nach der Existenz bestimmter Graphenhelfen. Der nachste Satz beantwortet zum Beispiel die Frage, ob es einen (gerichteten) Graphenmit 5 Ecken und den zugehorigen Eckengraden 1, 2, 3, 4, 5 gibt.

Satz 1.1.9 (Handshaking-Lemma) Sei G ein gerichteter Graph mit p Ecken {e1, . . . , ep} undq Kanten. Dann gilt

p∑

i=1

grad −(ei) =

p∑

i=1

grad+(ei) = q,

p∑

i=1

grad (ei) = 2q.

Korollar 1.1.9.1 (a) Hat ein ungerichteter G p Ecken {e1, . . . , ep} und q Kanten, dann giltentsprechend

p∑

i=1

grad (ei) = 2q.

(b) Die Anzahl der ungeraden Ecken eines ungerichteten oder gerichteten Graphen G ist gerade.

(c) Jeder 3-regulare (kubische) ungerichtete Graph hat gerade Eckenzahl.Ist m ∈ IN ungerade, dann hat jeder m-regulare ungerichtete Graph gerade Eckenzahl.

(d) Fur einen ungerichteten Graph G gilt δ(G) ≤2q

p≤ ∆(G).

(e) Ein vollstandiger Graph G mit p Ecken hatp(p− 1)

2Kanten.

1.2 Matrixdarstellungen von Graphen, Isomor-phie

Graphentheoretische Probleme werden fur Graphen mit vielen Ecken und Kanten oft algorith-misch mit Hilfe von Computerprogrammen bearbeitet. Dazu mussen die Beziehungen der Eckenund Kanten entsprechend gespeichert werden. Die beiden folgenden Matrix-Darstellungen sindBeispiele:

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1. Grundbegriffe, Eulersche und Hamiltonsche Graphen 10

Definition 1.2.1 Sei G ein Graph mit den p Ecken {e1, . . . , ep} und den q Kanten {k1, . . . , kq}.

(a) Ist G ein ungerichteter Graph, dann ist die Adjazenzmatrix von G die (p× p)-Matrix A

mitaij := Anzahl der Kanten mit zugehorigen Ecken ei und ej, 1 ≤ i, j ≤ p.

Ist G ein gerichteter Graph, dann ist die Adjazenzmatrix von G die (p × p)-Matrix A

mit

aij := Anzahl der Kanten mit Anfangsecke ei und Endecke ej , 1 ≤ i, j ≤ p.

(b) Ist G ein schlingenfreier ungerichteter Graph, dann ist die Inzidenzmatrix von G die(p× q)-Matrix B mit

bij :=

1 falls ei Ecke der Kante kj ist,

0 sonst, 1 ≤ i ≤ p, 1 ≤ j ≤ q.

Ist G ein schlingenfreier gerichteter Graph, dann ist die Inzidenzmatrix von G die (p×q)-Matrix B mit

bij :=

1 falls ei Anfangsecke der Kante kj ist,

−1 falls ei Endecke der Kante kj ist,

0 sonst

, 1 ≤ i ≤ p, 1 ≤ j ≤ q.

Beispiele und Bemerkungen 1.2.2

(1) Die Graphen G1 und G2 von Beispiel 1.1.4 (2) haben die Adjazenzmatrizen

A =

0 1 31 0 23 2 0

bzw. A =

0 2 12 4 11 1 2

.

Der Graph von Beispiel 1.1.8 hat die Adjazenzmatrix

A =

0 1 1 10 1 1 00 0 0 01 0 2 0

.

(2) Der Graph G1 von Beispiel 1.1.4 (2) hat die Inzidenzmatrix

I =

1 0 0 1 1 11 1 1 0 0 00 1 1 1 1 1

.

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1. Grundbegriffe, Eulersche und Hamiltonsche Graphen 11

Der Graph von Beispiel 1.1.8 (ohne die Schlinge k2) hat die Inzidenzmatrix

I =

1 ∗ 0 0 0 −1 1 1−1 ∗ 1 0 0 0 0 00 ∗ −1 −1 −1 0 −1 00 ∗ 0 1 1 1 0 −1

.

(3) Die Adjazenzmatrix eines ungerichteten Graphen ist symmetrisch.Der Grad einer Ecke in einem ungerichteten Graph ist gleich der Zeilensumme in der zu-gehorigen Zeile bzw. gleich der Spaltensumme in der zugehorigen Spalte der Adjazenzmatrixund gleich der Anzahl der 1 in der zugehorigen Zeile der Inzidenzmatrix.

(4) Der Ausgangsgrad einer Ecke in einem gerichteten Graph ist gleich der Zeilensumme in derzugehorigen Zeile der Adjazenzmatrix und gleich der Anzahl der 1 in der zugehorigen Zeileder Inzidenzmatrix.Der Eingangsgrad gleich der Spaltensumme in der zugehorigen Spalte der Adjazenzmatrixund gleich der Anzahl der -1 in der zugehorigen Zeile der Inzidenzmatrix.

(5) Fur einen kantengewichteten Graph G = (E,K, c) ohne Parallelkanten mit Kantengewichtcij der Kante e1ej bzw.

−−→eiej definiert man die zugehorige Adjazenzmatrix A durch

aij :=

cij falls eiej ∈ K bzw. −−→eiej ∈ K

0 sonst.

Naturlich kann man jeden Graphen auf verschiedenste Art durch eine Zeichnung darstellen -entscheidend sind die durch die Kanten festgelegten Beziehungen der Ecken untereinander.

Definition 1.2.3 Zwei Graphen G1 = (E1, K1) und G2 = (E2, K2) heißen isomorph, fallses bijektive Abbildungen ϕ : E1 → E2 und Φ : K1 → K2 gibt, die die Nachbarschaftsrelationerhalten, d.h. fur die gilt

k = xy ∈ K1 ⇐⇒ Φ(k) = ϕ(x)ϕ(y) ∈ K2 fur alle x, y ∈ E1 bzw.

k = −→xy ∈ K1 ⇐⇒ Φ(k) =−−−−−−→ϕ(x)ϕ(y) ∈ K2 fur alle x, y ∈ E1.

Beispiele und Bemerkungen 1.2.4

(1) Die folgenden 4 schlichten ungerichteten Graphen sind isomorph.

① ①

① ①

① ①

a1 a2

a3 a4

a5 a6

① ①

b1

b2 b3

b4

b5b6

① ①

① ①

① ①

c1 c2

c3 c4

c5 c6

① ①

① ①

① ①

d1 d2

d3 d4

d5 d6

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1. Grundbegriffe, Eulersche und Hamiltonsche Graphen 12

(2) Die folgenden zwei schlichten gerichteten Graphen sind isomorph.

s

s

s

s

s✲

✕✯

✍■

a1 a2

a3

a4

a5

G2

s s s

s s❘

✕✇✛

✠b1 b2

b3b4

b5

G2

(3) Naturlich konnen Graphen mit verschiedenen Eckenzahlen oder Kantenzahlen nicht iso-morph sein. Aber wie die beiden folgenden zu den Graphen aus 1.2.4 (1) nicht isomorphenGraphen zeigen, ist das keine hinreichende Bedingung.

① ①

① ①

① ①

e1 e2

e3 e4

e5 e6

① ①

① ①

① ①

f1 f2

f3 f4

f5 f6

Bei dem ersten Graphen ist dies leicht zu erkennen, denn jede Ecke der Graphen aus Beispiel1.2.4 (1) ist zu genau 3 Ecken benachbart, aber e3 ist zu 4 Ecken benachbart und e5 zu 2Ecken.

(4) Eine Funktion, die jedem Graphen einen Wert und isomorphen Graphen denselben Wertzuordnet, heißt Invariante. Eckenzahl und Kantenzahl sind Invarianten.

1.3 r- und bipartite Graphen

Definition 1.3.1 Sei G = (E,K) ein Graph, r ∈ IN, r ≥ 2.

(a) Gibt es eine Zerlegung von E in paarweise disjunkte Mengen E1, . . . , Er, so dass fur jedesi, 1 ≤ i ≤ r, keine zwei Ecken von Ei benachbart sind (d.h. die Endpunkte jeder Kanteliegen in verschiedenen Eckenmengen), dann heißt G r-partit und fur r = 2 bipartit oderpaar.

(b) Ist G r-partit und schlicht, und gilt xy ∈ K fur alle x ∈ Ei, y ∈ Ej mit 1 ≤ i < j ≤ r, dannheißt G vollstandiger r-partiter Graph. Ein vollstandiger bipartiter Graph, bei dem E1

m Ecken und E2 n Ecken enthalt, wird mit Km,n bezeichnet.

Bemerkungen und Beispiele 1.3.2

(1) K1,1 = K2 ist der einzige vollstandige bipartite Graph, der auch vollstandig ist.

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1. Grundbegriffe, Eulersche und Hamiltonsche Graphen 13

(2) G1 ist bipartit, aber nicht vollstandig bipartit. G2, G3 und G4 sind vollstandig bipartit,d.h. es gilt G2 = K1,8, G3 = K3,3, G4 = K2,2. G5 ist 3-partit.

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G1

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G2

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G3

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G4

G5

(3) Ein r-partiter Graph hat keine Schlingen.

(4) Der vollstandige bipartite Graph Km,n hat genau m+ n Ecken und m · n Kanten.

(5) Ist ein Graph bipartit, dann haben alle seine Kreise gerade Lange.

1.4 Eulersche GraphenWir wollen das Konigsberger Bruckenproblem losen. Dazu benotigen wir einige weitere Defini-tionen.

Definition 1.4.1 Sei G ein ungerichteter oder gerichteter Graph.

(a) Eine endliche FolgeW = e0k1e1k2e2 . . . knen

von sich abwechselnden Ecken e0, . . . , en und Kanten k1, . . . , kn von G mit ki = ei−1ei bzw.ki =

−−−→ei−1ei heißt Kantenfolge von e0 nach en oder kurz e0-en-Kantenfolge.e0 und en heißen Anfangs- bzw. End-Ecke und die anderen Ecken innere Ecken derKantenfolge. n heißt die Lange der Kantenfolge.Die Kantenfolge heißt geschlossen, wenn e0 = en, und sonst offen.

(b) Sind alle Kanten der Kantenfolge W = e0k1e1k2e2 . . . knen verschieden, dann heißt W

Kantenzug.

(c) Sind alle Ecken der offenen Kantenfolge W = e0k1e1k2e2 . . . knen verschieden, dann heißtW Weg.

(d) Sind alle Ecken e1, e2, . . . , en der geschlossenen Kantenfolge W = elk1e1k2e2 . . . knen ver-schieden, dann heißt W Kreis oder Zyklus.

Beispiele 1.4.2 Wir betrachten den Graph

✉ ✉

e1e2

e3

e4

e5

k1

k2

k3

k4

k5

k6

k7

k8

k9

k10

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1. Grundbegriffe, Eulersche und Hamiltonsche Graphen 14

(1) W1 = e1k1e2k5e2k6e3k2e1k1e2k8e5

ist eine offene e1-e5-Kantenfolge der Lange 6, aber - da k1 doppelt vorkommt - kein Kan-tenzug und kein Weg.

(2) W2 = e1k1e2k5e2k6e3k2e1k4e4k7e2k8e5

ist ein offener e1-e5-Kantenzug der Lange 7, aber - da die Ecken e1 und e2 mehrfach vor-kommen - kein Weg.

(3) W3 = e1k1e2k5e2k6e3k2e1k1e2k7e4k4e1

ist eine geschlossene Kantenfolge der Lange 7, aber - da k1 doppelt vorkommt - kein Kan-tenzug und kein Kreis.

(4) W4 = e1k1e2k5e2k6e3k2e1k3e3k9e4k4e1

ist ein geschlossener Kantenzug der Lange 7, aber - da die Ecken e1 und e2 mehrfachvorkommen - kein Kreis.

(5) W5 = e1k1e2k8e5k10e3k9e4

ist ein e1-e4-Weg der Lange 4.

(6) W6 = e2k5e2 und W7 = e1k1e2k6e3k9e4k4e1 sind Kreise der Lange 1 bzw. 4.

Bemerkungen 1.4.3

(a) Jeder Weg ist auch ein Kantenzug, und analog ist jeder Kreis ein geschlossener Kantenzug.Die Umkehrung gilt im allgemeinen nicht.

(b) Alle Kreise mit gleicher Eckenzahl sind zueinander isomorph.

Satz 1.4.4 Sei G ein Graph mit Ecken e1, e2. Dann beinhaltet jede e1-e2-Kantenfolge einen e1-e2-Weg, falls e1 6= e2, bzw. einen Kreis durch e1.

Satz 1.4.5 Sei G ein ungerichteter Graph mit δ(G) ≥ 2. Dann gilt:

(a) G enthalt mindestens einen Kreis.

(b) Ist G schlicht, dann enthalt G einen Kreis der Lange mindestens δ(G) + 1.

Definition 1.4.6 Sei G ein ungerichteter Graph mit Ecken e1, e2.

(a) Gibt es eine e1-e2-Kantenfolge in G, dann nennt man e1 und e2 zusammenhangend.

(b) Sind je zwei Ecken von G zusammenhangend, dann heißt G zusammenhangend, undsonst nicht zusammenhangend.

(c) Der Teil-Graph der mit e1 zusammenhangenden Ecken zusammen mit den entsprechendenKanten heißt (die e1 enthaltende) Komponente von G.

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1. Grundbegriffe, Eulersche und Hamiltonsche Graphen 15

Bemerkung 1.4.7”zusammenhangend“ ist eine Aquivalenzrelation auf der Eckenmenge E

und die Ecken einer Aquivalenzklasse zusammen mit den entsprechenden Kanten bilden eineKomponente des Graphen.

Beispiele 1.4.8 Der Graph aus Beispiel 1.1.4 (1) hat 2 Komponenten, die isolierte Ecke 6 undden Rest-Teilgraph.Alle anderen bisherigen Beispiele sind zusammenhangend.

Fur gerichtete Graphen muss man”zusammenhangend“ modifizieren:

Definition 1.4.9 Sei G = (E,K) ein gerichteter Graph.

(a) Seien a, b ∈ E beliebige Ecken. b heißt von a aus erreichbar, wenn es einen gerichtetena-b-Weg gibt.a und b heißen stark zusammenhangend, wenn a von b aus und b von a aus erreichbarist.

(b) G heißt stark zusammenhangend, wenn je zwei verschiedene Ecken stark zusammen-hangend sind.

(c) G heißt schwach zusammenhangend, wenn der unterliegende Graph zusammenhangendist.

Bemerkung 1.4.10”Stark zusammenhangend“ ist eine Aquivalenzrelation aufE. Die Aquivalenz-

klassen heißen starke (Zusammenhangs-) Komponenten von G.

Beispiel 1.4.11 Der folgende gerichtete Graph G ist schwach zusammenhangend, aber nichtstark zusammenhangend. Er hat die 4 starken Komponenten G1, G2, G3, G4.

t

t

t

t

t

t

t

t

t

t

✛✻

❘✛✻

✛e1

e2

e3

e4

e5

e6

e7

e8

e9

e10

G

t

t

❘e2

e3

G1

te6

G2

t

t

t

❯✛e1

e4

e5G3

t

t

t

t

✻✛

❄ ❯e7 e8

e9e10

G4

Definition 1.4.12 Sei G = (E,K) ein ungerichteter oder gerichteter Graph, (A,B) eine Par-tition von E (d.h. A 6= ∅ 6= B, A ∩ B = ∅, E = A ∪ B). Dann heißt (A,B) Schnitt in G.

Satz 1.4.13 Sei G = (E,K) ein gerichteter Graph mit p Ecken und q Kanten.

(a) G ist stark zusammenhangend genau dann, wenn fur jeden Schnitt (A,B) jede Ecke aus Bvon jeder Ecke aus A erreichbar ist.

(b) G ist schwach zusammenhangend genau dann, wenn es fur jeden Schnitt (A,B) Kanten imunterliegenden Graphen G′ gibt, die A und B verbinden.

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1. Grundbegriffe, Eulersche und Hamiltonsche Graphen 16

(c) Ist G stark zusammenhangend mit mindestens 2 Ecken, dann gilt q ≥ p.

(d) Ist G schwach zusammenhangend, dann gilt q ≥ p− 1.

(e) Sei G1 eine starke Komponente mit mindestens 2 Ecken, a, b Ecken in G1. Dann enthalt jedegerichtete a-b-Kantenfolge nur Ecken aus G1. Weiter gibt es eine geschlossene Kantenfolge,die alle Ecken aus G1 enthalt.

Eine Moglichkeit, in einer Stadt die anfallenden Verkehrsstrome bei gleichbleibender Straßenbrei-te zu ermoglichen, ist Einbahnstraßen einzurichten. Wenn man in einem Straßenplan jede Kreu-zung durch eine Ecke und die Straßen zwischen den Kreuzungen durch nichtgerichtete Kantenreprasentiert, erhalt man einen zusammenhangenden nicht gerichteten Graph G′. Nach Einrich-tung der Einbahnstraßen sollte immer noch jeder Ort erreichbar sein. Die Frage ist also, ob eseine stark zusammenhangende Orientierung G von G′ gibt.

Satz 1.4.14 Ein ungerichteter Graph G′ hat genau dann eine stark zusammenhangende Orien-tierung G, wenn er zusammenhangend ist und keine Kanten enthalt, nach deren Entfernung G′

nicht mehr zusammenhangend ware.

Beispiel zur Konstruktion einer stark zusammenhangenden Orientierung:

Das Konigsberger Bruckenproblem ist genau dann losbar, wenn es im Graphen von Beispiel 1.1.1einen geschlossenen Kantenzug gibt, der alle Kanten des Graphen enthalt.

Definition 1.4.15 Sei G ein gerichteter oder ungerichteter Graph.Eine geschlossene Kantenfolge, die jede Kante von G mindestens einmal enthalt, heißt Tour.Ein Kantenzug in G, der jede Kante von G genau einmal enthalt, heißt Eulerscher Kanten-zug, ein geschlossener Eulerscher Kantenzug heißt Eulersche Tour und ein Graph mit einerEulerschen Tour heißt Euler-Graph.

Wir betrachteten zuerst gerichtete Graphen.

Satz 1.4.16 Sei G ein schwach zusammenhangender gerichteter Graph.

(a) Hat G mindestens eine Kante, dann gilt: G ist Eulersch genau dann, wenn fur jede Eckeder Eingangsgrad gleich dem Ausgangsgrad ist.

Insbesondere ist der Graph dann stark zusammenhangend.

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1. Grundbegriffe, Eulersche und Hamiltonsche Graphen 17

(b) Hat G mindestens 2 Ecken, dann gilt: G enthalt einen Eulerschen Kantenzug genau dann,wenn es 2 Ecken a und b gibt mit

grad+(a) = grad−(a) + 1, grad−(b) = grad+(b) + 1

und fur alle anderen Ecken der Eingangsgrad gleich dem Ausgangsgrad ist.

(c) G ist genau dann Eulersch, wenn er sich in kantendisjunkte geschlossene gerichtete Kan-tenzuge zerlegen lasst.

Bemerkung 1.4.17 Gilt in einem gerichteten schwach zusammenhangenden Graphen, dass furjede Ecke Eingangs- und Ausgangsgrad gleich sind, dann kann man eine Euler-Tour konstruieren.Der Beweis folgt dem Algorithmus von Hierholzer.

Voraussetzung: Fur jede Eckegilt:

Eingangsgrad = Ausgangsgrad.

(An jeder Ecke ist der Eingangsgrad

als”Index“ vermerkt.)

Behauptung: Es gibt eine Euler-Tour

Fur ungerichtete Graphen folgt

Satz 1.4.18 Sei G = (E,K) ein zusammenhangender ungerichteter Graph, e1, e2 ∈ E mit e1 6=e2.

(a) G ist genau dann Eulersch, wenn der Grad jeder Ecke gerade ist.

(b) G hat genau dann einen Eulerschen Kantenzug von e1 nach e2, wenn e1 und e2 die einzigenEcken mit ungeradem Grad sind.

Bemerkungen 1.4.19

(1) Analog zeigt man: Ein zusammenhangender ungerichteter Graph mit 2n ungeraden Eckenenthalt eine Familie von n kantendisjunkten Kantenzugen, die zusammen alle Kanten desGraphen enthalten.

(2) Es gibt also keine Euler-Tour durch Konigsberg.

(3) Mit dem vorigen Satz kann man feststellen, welche ebenen Figuren man zeichnen kann,ohne abzusetzen und ohne eine Linie doppelt zu zeichnen:Kennzeichnet man jeden Schnittpunkt von Linien als Ecke, dann gelingt das genau dann,wenn hochstens 2 Ecken ungeraden Grad haben.Beim Haus des Nikolaus gibt es einen Eulerschen Kantenzug, der Graph ist aber nichtEulersch, wahrend der Graph zu der 2. Zeichnung Eulersch ist.

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1. Grundbegriffe, Eulersche und Hamiltonsche Graphen 18

Haus des Nikolaus:

Satz 1.4.20 Sei G ein zusammenhangender ungerichteter Graph mit mehr als 1 Ecke.

(a) G ist genau dann Eulersch, wenn man G als Vereinigung von kantendisjunkten Kreisendarstellen kann.

(b) G hat eine geschlossene Kantenfolge, in der jede Kante von G genau zweimal vorkommt.

Beispiele 1.4.21

(1) Fur eine Ausstellung soll dem Publikum ein Weg so vorgegeben werden, dass jedes Aus-stellungsstuck genau einmal betrachtet wird. Die Exponate sind beiderseits eines Gangesplatziert, d.h. jeder Gang soll genau einmal in jeder Richtung durchlaufen werden. Fasstman die Gange als parallele Doppel-Kanten und ihre Kreuzungspunkte als Ecken auf, dannhaben die Ecken offensichtlich geraden Grad und der Graph ist zusammenhangend, d.h. esgibt eine Euler-Tour.

(2) Eine weitere Anwendung ist das Problem des chinesischen Brieftragers, das zuerst ineiner Arbeit des chinesischen Mathematikers Kuan 1962 untersucht wurde:

Bevor ein Brieftrager seine Briefe zustellen kann, muss er sie vom Postamt abholen. Danachtragt er sie in jeder Straße seines Zustellungsbereichs aus, und kehrt am Ende zu seinemPostamt zuruck, um die nicht zustellbaren Briefe abzugeben.

Er mochte naturlich seine Route so wahlen, dass die Gesamtstrecke moglichst kurz wird.

Graphentheoretisch beschreibt man das Problem so:

Jede Straße entspricht einer Kante und die Kreuzungspunkte den Ecken eines Graphen. DenKanten wird die Lange der entsprechenden Straße als Wert zugeordnet. Die Bewertungeiner Tour ist dann die Summe der Werte der Kanten der Tour.

Ist der Graph Eulersch, dann kommt jede Kante genau einmal in einer Eulerschen Tour vor,eine Eulersche Tour hat also einen minimalen Wert (und alle anderen Eulerschen Tourendenselben).

Wenn aber der Graph G nicht Eulersch ist, dann enthalt jede Route einige der Kantenofter als einmal. Eine solche Route in G entspricht aber einer Eulerschen Tour in einem

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1. Grundbegriffe, Eulersche und Hamiltonsche Graphen 19

Graphen G′, der aus G entsteht, indem man zu jeder Kante k, die in der Route n-maldurchlaufen wird, n−1 Parallelkanten mit gleichem Wert wie k hinzufugt. Einer optimalenRoute entspricht dann eine Erweiterung, bei der die Summe der Werte der hinzugefugtenKanten minimal ist.

Naturlich ist die Losung des Problems immer noch kompliziert, weil man nicht sofort er-kennen kann, welche Kanten man fur eine minimale Route hinzufugen muss. Hat man abernur zwei Ecken a und b mit ungeradem Grad, dann sucht man einen kurzesten Weg von a

nach b und verdoppelt die zugehorigen Kanten.

1.5 Hamiltonsche GraphenDer irische Mathematiker William Hamilton (1805-1865) erfand ein Puzzle in Form eines Dode-kaeders, dessen Ecken jeweils durch den Namen einer Hauptstadt gekennzeichnet waren. Gesuchtwar eine Rundreise, die jede Hauptstadt genau einmal besucht und wieder beim Startpunktankommt.

Betrachtet man wieder den Graphen, der alle Ecken und Kanten des Dodekaeders enthalt, dannist also ein Weg gesucht, der jede Ecke des Graphen genau einmal enthalt.

✉ ✉

✉ ✉

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✉ ✉

Definition 1.5.1 Ein Weg in einem Graphen G, der jede Ecke von G enthalt, heißt Hamilton-Weg, ein entsprechender Kreis Hamilton-Kreis.G heißt Hamiltonscher Graph, wenn es einen Hamilton-Kreis in G gibt.

Bemerkungen 1.5.2

(1) Fur eine Euler-Tour wird gefordert, dass es einen geschlossenen Kantenzug gibt, der jedeKante des Graphen genau einmal enthalt. Ersetzt man die Bedingung

”jede Kante ge-

nau einmal“ durch”jede Ecke genau einmal“, dann ergibt sich die Problemstellung des

Hamilton-Graphen.

(2) Die Eigenschaften Eulersch und Hamiltonsch sind unabhangig:

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1. Grundbegriffe, Eulersche und Hamiltonsche Graphen 20

① ①

① ①

Eulersch u. Hamiltonsch

① ①

① ①

nur Hamiltonsch

① ①

① ①

nur Eulersch

① ①

① ①

weder noch

(3) Jeder Hamiltonsche Graph enthalt auch einen Hamilton-Weg. Die Umkehrung gilt nichtallgemein.

(4) Ein Euler-Kantenzug bzw. eine Euler-Tour in einem zusammenhangenden Graphen G

enthalt jede Kante von G genau einmal, und damit auch jede Ecke von G, aber i.a. mehr-mals.Ein Hamilton-Weg bzw. Hamilton-Kreis enthalt jede Ecke von G genau einmal und damiti.a. nicht alle Kanten von G, denn er enthalt (hochstens) zwei Kanten mit gemeinsamerEcke.

(5) Sei G′ ein beliebiger Graph und G der Graph, der entsteht, wenn man bei der Kantenmengevon G Schlingen weglasst und bei Mehrfachkanten zwischen je zwei Ecken alle diese Kantenaußer einer weglasst. Dann ist der schlichte Graph G genau dann Hamiltonsch, wenn G′

ein Hamiltonscher Graph ist. Man kann sich bei der Suche nach Hamilton-Graphen alsoauf schlichte Graphen beschranken.

(6) Sind G und G′ zwei Graphen mit gleicher Eckenmenge, ist die Kantenmenge von G Teil-menge der Kantenmenge von G′ und ist G ein Hamiltonscher Graph, dann auch G′.

Man kann fur jeden Graph einfach feststellen, ob er Eulersch ist, indem man den Grad jederEcke bestimmt. Bisher ist noch keine so einfache notwendige und hinreichende Bedingung dafurgefunden worden, dass ein Graph Hamiltonsch ist.Man kann aber zumindest fur jede Eckenzahl Beispiele von Hamiltonschen Graphen angeben:

Beispiele 1.5.3

(1) Ist G ein Kreis mit p Ecken, d.h. zusammenhangend mit p Kanten, dann ist G Hamiltonsch.

(2) Der vollstandige Graph Kp mit p Ecken ist Hamiltonsch. Er enthalt genau(p− 1)!

2ver-

schiedene Hamilton-Kreise.

Es sei nun G ein beliebiger nicht vollstandiger schlichter Graph mit p Ecken. Fugt man schritt-weise eine Kante zwischen zwei noch nicht direkt verbundenen Ecken dazu, dann erhalt mannach endlich vielen Schritten den zugehorigen vollstandigen und damit Hamiltonschen GraphenKp. Sind nun

G0 := G, G1, . . . , Gn = Kp

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1. Grundbegriffe, Eulersche und Hamiltonsche Graphen 21

die entsprechenden Graphen und war der Ausgangsgraph nicht Hamiltonsch, dann gibt es einn0 ∈ IN mit 1 ≤ n0 ≤ n, so dass Gn0

Hamiltonsch ist, aber Gn0−1 nicht. Damit kommt man zufolgender

Definition 1.5.4 Ein schlichter Graph G heißt maximal nicht-Hamiltonsch, wenn er nichtHamiltonsch ist, aber das Hinzufugen einer beliebigen Kante zwischen zwei in G nicht direktverbundenen Ecken einen Hamiltonschen Graphen erzeugt.

Bemerkung 1.5.5 Zu jedem nicht-Hamiltonschen Graphen gibt es einen Ober-Graphen mitderselben Eckenmenge, der maximal nicht-Hamiltonsch ist.

Satz 1.5.6 (Dirac) Sei G ein schlichter Graph mit p ≥ 3 Ecken und der Grad jeder Ecke ist

mindestensp

2, dann ist G Hamiltonsch.

Bemerkung 1.5.7 Der Satz von Dirac verlangt die Beziehung zwischen minimalem Eckengradδ(G) und Eckenzahl des Graphen. Verlangt man nur, dass δ(G) groß genug ist, dann gilt dieAussage im allgemeinen nicht mehr, denn zu jedem k ∈ IN gibt es einen nicht-HamiltonschenGraphen G mit δ(G) = k.

Aus dem Beweis zu dem vorigen Satz ergibt sich

Satz 1.5.8 Sei G ein schlichter Graph mit p ≥ 3 Ecken und e1 und e2 seien zwei nicht benach-barte Ecken von G mit

grad e1 + grad e2 ≥ p.

Weiter sei G′ der Graph, der aus G durch Hinzufugen der Kante e1e2 entsteht. Dann ist G genaudann Hamiltonsch, wenn G′ Hamiltonsch ist.

Damit liegt folgende Konstruktion nahe:Wir gehen von einem schlichten Graphen G0 mit p ≥ 3 Ecken aus.Gibt es zwei in G0 nicht benachbarte Ecken a1 und b1 mit grad a1 + grad b1 ≥ p, dann verbindetman die beiden Ecken und erhalt einen Graphen G1.Gibt es zwei in G1 nicht benachbarte Ecken a2 und b2, fur die in G1 die Ungleichung grad a2 +grad b2 ≥ p gilt, dann verbindet man wieder diese beiden Ecken und erhalt einen Graphen G2.Die Konstruktion endet nach endlich vielen Schritten mit einem Graphen Gn, namlich spatestensmit dem vollstandigen Graphen Kp. Gn nennen wir Hulle von G0 und bezeichnen ihn mit c(G0).

Beispiele 1.5.9

(1) In folgendem Beispiel ergibt sich als Hulle der vollstandige Graph:

① ①

①①

b1

b2 b3

b4

b5b6

① ❤

❤①

b1

b2 b3

b4

b5b6

❤ ①

❤①

b1

b2 b3

b4

b5b6

❤ ①

①①

b1

b2 b3

b4

b5b6

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1. Grundbegriffe, Eulersche und Hamiltonsche Graphen 22

❤ ①

①❤

b1

b2 b3

b4

b5b6

① ❤

①❤

b1

b2 b3

b4

b5b6

① ①

①❤

b1

b2 b3

b4

b5b6

① ①

①①

b1

b2 b3

b4

b5b6

(2) Fur folgenden Graph G gilt c(G) = G.

① ①

①①

b1

b2 b3

b4

b5

b6b7

Man kann i.a. in einem Graphen verschiedene Paare von Ecken auswahlen, deren Gradsummenicht kleiner als p ist, d.h. man erhalt i.a. aus einem Graphen G durch die vorige Konstruktionverschiedene aufsteigende Folgen von Graphen. Man kann aber zeigen, dass diese Folgen alle mitdemselben Graphen enden, d.h. die Hulle von G ist durch G eindeutig bestimmt.

Satz 1.5.10 Sei G ein schlichter Graph mit p ≥ 3 Ecken.

(a) Die Hulle c(G) ist durch G eindeutig bestimmt.

(b) G ist genau dann Hamiltonsch, wenn seine Hulle Hamiltonsch ist. Ist speziell c(G) derentsprechende vollstandige Graph, dann ist G Hamiltonsch.

Fur r-partite Graphen gilt

Satz 1.5.11 Sei G = Kp1,p2,...,pr ein vollstandiger r-partiter Graph mit p ≥ 3 Ecken und es gelte

p1 ≤ p2 ≤ . . . ≤ pr. Dann gilt: G ist genau dann Hamiltonsch, wennr−1∑

i=1

pi ≥ pr.

Beispiel 1.5.12 Ein Handlungsreisender (Traveling Salesman) hat ein Gebiet mit vielen ver-schiedenen Stadten zu betreuen, von denen bestimmte Paare durch Straßen verbunden sind. Ermuss jede Stadt besuchen. Kann er nun eine Rundreise finden, so dass er jede Stadt genau einmalbesucht und zusatzlich die Gesamtlange der zuruckgelegten Strecke minimal ist?Das

”Traveling Salesman Problem“ hat viele Anwendungen: Routenplanungen fur Verkehrs-

unternehmen, Mullabfuhr, Sozialdienste, Warenverteilung, Einsatz von Maschinen, die mehrereVerarbeitungsvorgange durchfuhren konnen, zwischen denen jeweils Leerzeit entsteht usw.Gesucht ist immer ein Hamiltonscher Kreis in einem bewerteten (gewichteten) Graphen mit mini-maler Lange. Bei Graphen mit wenigen Ecken lasst sich naturlich die Losung durch Betrachtungaller moglichen Kombinationen finden, aber die Eckenzahl vieler Anwendungen uberfordert sehrschnell jeden Computer.Grundsatzlich gibt es zwei Probleme:

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1. Grundbegriffe, Eulersche und Hamiltonsche Graphen 23

(1) Es ist oft schon schwierig zu bestimmen, ob der vorliegende Graph Hamiltonsch ist, daeinfache Charakterisierungen wie bei Eulerschen Graphen fehlen.

(2) Es gibt (derzeit?) keinen allgemeinen einfachen oder gut funktionierenden Algorithmus zuErmittlung eines optimalen Kreises. Man misst den Rechenaufwand eines entsprechendenAlgorithmus (Komplexitat) in Relation zu der Eckenzahl. Es ist nicht bekannt, ob es einenAlgorithmus gibt, bei dem der Rechenzeitaufwand eine polynomiale Funktion der Eckenzahlist, oder ob es nur Algorithmen gibt, deren Rechenzeit exponentiell mit der Eckenzahlwachst.

Gewisse Losungen erhalt man mit Heuristiken, das sind Verfahren, die versuchen, mit Hilfe vonFaustregeln und intelligentem Raten Losungen von Optimierungsproblemen zu finden, aber nichtgarantieren, eine optimale Losung zu finden.

Ein Beispiel ist die Nachster-Nachbar-Heuristik:Nachster-Nachbar-Algorithmus Sei G ein einfacher ungerichteter vollstandiger und kanten-gewichteter Graph mit p ≥ 2 Ecken.

[1 ] Wahle eine beliebige Ecke e1 des Graphen aus. Setze i := 1.

[2 ] Setze e := ei.

[3 ] Wahle unter allen Kanten eu mit einer noch nicht ausgewahlten Ecke u 6∈ {e1, . . . , ei}eine kurzeste aus.

[4 ] Fur i < p− 1 setze i := i+ 1 und ei := u. Gehe zu [2].

[5 ] Verbinde ep und e1.

Beispiel und Bemerkung 1.5.13Der Nachste-Nachbar-Algorithmus findet zwar einen Hamilton-Kreis in einem entsprechenden Graph. Wie das folgende Beispiel zeigt, kann der Wert dieserLosung aber beliebig weit von dem Wert des gesuchten minimalen Hamilton-Kreis abweichen.

✉ ✉

✉✉

c > 4

14

2

3 1

Beginnt man mit der linken unteren Ecke (als e1), dann erhalt man einen Hamilton-Kreis derLange 11. Beginnt man aber mit der linken oberen Ecke, dann ergibt sich ein Hamilton-Kreis derLange 6 + c oder 7 + c.

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2 Baume

2.1 Brucken, trennende EckenWir betrachten in diesem Kapitel ungerichtete Graphen.

Beispiel 2.1.1 Der folgende Graph stelle ein Netzwerk aus Telefonleitungen und -Verteiler dar.Fur den Betreiber ist wichtig zu wissen, welche Leitungen oder Verteiler insofern kritisch sind,dass bei ihrem Ausfall das Netz nicht mehr funktionsfahig ist. Der zusammenhangende Graphist dann nach Entfernen einer solchen Kante oder Ecke nicht mehr zusammenhangend.

✈ ✈

✈✈✈

e1 e2

k1

k2

Definition 2.1.2 Sei G = (E,K) ein Graph mit Eckenmenge E und Kantenmenge K.

(a) Ein Graph G′ = (E ′, K ′) mit E ′ ⊂ E und K ′ ⊂ K heißt Teilgraph von G. Gilt E ′ = E,dann heißt G′ spannender Teilgraph von G.

(b) Ist E ′ ⊂ E, dann heißt der (bezuglich der Kantenmenge K von G) maximale TeilgraphG′ = (E ′, K ′) der von E ′ induzierte oder aufgespannte Teilgraph von G.

(c) Ist k ∈ K, e ∈ E, dann bezeichne G − k den maximalen Teilgraph von G, der k nichtenthalt, und G− e den maximalen Teilgraph von G, der e nicht enthalt.Sei eine Kante k′ = uv 6∈ K, u, v ∈ E. dann bezeichnen wir mit G + k′ analog den Graphmit Eckenmenge E und Kantenmenge K ∪ {k′}.

Beispiele 2.1.3

(1) Jeder Graph in Beispiel 1.5.9 (1) ist spannender Teilgraph des nachsten. Jeder schlichteGraph mit 5 Ecken ist nichtspannender Teilgraph des K6.

(2) Im folgenden Graph G mit den Ecken E = {e1, . . . e5} und den Kanten k = e2e5, k′ = e3e5

✉ ✉

✉✉ ✉

e4e5

e1 e2 e3

k

bedeutet

✉ ✉

✉✉ ✉

e4e5

e1 e2 e3

G− k

✉✉ ✉

e4

e1 e2 e3

G− e5

✉ ✉

✉✉ ✉

e4e5

e1 e2 e3

k k′

G+ k′

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2. Baume 25

Definition 2.1.4 Sei G ein Graph, e ∈ E, k ∈ K.

(a) e heißt trennende Ecke, wenn G− e mehr Komponenten hat als G.

(b) k heißt Brucke, wenn G− k mehr Komponenten hat als G.

Der Graph aus Beispiel 2.1.1 hat die trennenden Ecken e1 und e2 und die Brucken k1 und k2.

Bemerkung 2.1.5 Eine trennende Ecke kann nicht isoliert sein. Eine Brucke kann keine Schlingesein.

Satz 2.1.6 Sei G = (E,K) ein zusammenhangender Graph und k eine Kante von G. Dann sindfolgende Aussagen aquivalent:

(a) k ist eine Brucke.

(b) k liegt auf keinem Kreis in G.

(c) Es gibt Ecken a und b von G, a 6= b, so dass k auf jedem a-b-Weg liegt.

(d) Es gibt eine Zerlegung von E in nichtleere Teilmengen E1 und E2, so dass k fur beliebigee1 ∈ E1, e2 ∈ E2 auf jedem e1-e2-Weg liegt.

Bemerkung 2.1.7 Ist k eine Brucke, dann hat G− k genau eine Komponente mehr als G.

Satz 2.1.8 Sei G = (E,K) ein zusammenhangender Graph und e eine Ecke von G. Dann sindfolgende Aussagen aquivalent:

(a) e ist trennende Ecke.

(b) Es gibt Ecken a und b von G mit a 6= e 6= b, a 6= b, so dass e auf jedem a-b-Weg liegt.

(c) Es gibt eine Zerlegung von E \ {e} in nichtleere Teilmengen E1 und E2, so dass e furbeliebige e1 ∈ E1, e2 ∈ E2 auf jedem e1-e2-Weg liegt.

Satz 2.1.9 Sei G ein Graph mit p ≥ 2 Ecken. Dann enthalt G mindestens 2 Ecken, die keinetrennenden Ecken sind.

Satz 2.1.10 Sei G = (E,K) ein zusammenhangender Graph mit mindestens 3 Ecken und ohneSchlingen. Dann sind folgende Aussagen aquivalent:

(a) G hat keine trennenden Ecken.

(b) Je zwei Ecken liegen auf einem gemeinsamen Kreis.

(c) Je eine Ecke und je eine Kante liegen auf einem gemeinsamen Kreis.

(d) Je zwei verschiedene Kanten liegen auf einem gemeinsamen Kreis.

(e) Sind a, b zwei beliebige Ecken, k eine beliebige Kante. Dann gibt es einen a-b-Weg, der k

enthalt.

(f) Sind a, b, c drei beliebige verschiedene Ecken, dann gibt es einen a-b-Weg, der c enthalt.

(g) Sind a, b, c drei beliebige verschiedene Ecken, dann gibt es einen a-b-Weg, der c nicht enthalt.

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2. Baume 26

2.2 BaumeDefinition 2.2.1 (a) Ein kreisloser Graph heißt Wald.

(b) Ein zusammenhangender Wald heißt Baum.

Bemerkungen 2.2.2

(1) Baume und Walder sind schlichte Graphen.

(2) Die Komponenten eines Waldes sind Baume.

Beispiel 2.2.3 Außer dem letzten Graphen in Bemerkung 1.5.2 (2) war keiner der bisherigenBeispielgraphen ein Wald oder ein Baum.

Der folgende Graph ist ein Wald mit 5 Komponenten, und jede Komponente ist ein Baum.

① ①

① ①

① ①

① ①

Satz 2.2.4 Sei G ein Graph. Dann sind folgende Aussagen aquivalent:

(a) G ist ein Baum.

(b) G hat keine Schlingen und zu je zwei beliebigen verschiedenen Ecken gibt es genau einenverbindenden Weg.

(c) G ist minimal zusammenhangend, d.h. G ist zusammenhangend und jede Kante ist eineBrucke.

(d) G ist maximal kreislos, d.h. G ist kreislos, aber zu je zwei nicht benachbarten Ecken a, b

enthalt G+ ab einen Kreis.

(e) G ist zusammenhangend und hat genau q = p− 1 Kanten.

(f) G ist kreislos und hat genau q = p− 1 Kanten.

Satz 2.2.5 Sei G ein Baum mit p Ecken. Dann gilt:

(a) Gilt p ≥ 2 und ist W ein langster Weg in G. Dann haben die beiden Endecken a und b desWeges Grad 1.

(b) Gilt p ≥ 2, dann gibt es mindestens 2 Ecken in G mit Grad 1.

(c) Gibt es eine Ecke vom Grad n, dann hat G mindestens n Ecken vom Grad 1.

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2. Baume 27

Bemerkungen 2.2.6

(1) Ein Wald mit p Ecken und m Komponenten hat p−m Kanten.

(2) Ein beliebiger zusammenhangender Graph mit p Ecken hat mindestens p− 1 Kanten.

(3) Jeder Wald und jeder Baum ist bipartit.Daraus folgt speziell die Umkehrung von Bemerkung 1.3.2 (5): Haben alle Kreise einesGraphen G gerade Lange, dann ist G bipartit.

Satz 2.2.7 Ein Graph G ist zusammenhangend genau dann, wenn er einen spannenden Baumenthalt.

Ein Graph hat im allgemeinen mehrere nicht isomorphe spannenden Baume.

Beispiel 2.2.8 Der folgende Graph G hat z.B. die beiden nicht isomorphen spannenden BaumeB1 und B2.

✈ ✈

✈ ✈

✈✈

G B1 B2

Fur den vollstandigen Graphen gilt

Satz 2.2.9 (Cayley) Der vollstandige Graph Kp enthalt pp−2 unterschiedliche (moglicherweisezueinander isomorphe) spannende Baume.

Bemerkung 2.2.10 Betrachtet man nur zueinander nichtisomorphe Baume mit p Ecken, dann

liegt ihre Zahl zwischenpp−2

p!und 4p−1.

Wie kann man Baumen in gerichteten Graphen definieren?Zuerst stellt sich die Frage, ob ein gerichteter Baum stark oder schwach zusammenhangendsein soll, und weiter, ob er nur keine gerichteten einfache Kreise enthalten darf oder auch keineungerichteten einfachen Kreise.Da jeder stark zusammenhangende Graph mit mindestens zwei Ecken nach Definition gerichteteKreise enthalt, ist die Forderung

”stark zusammenhangend“ sinnlos.

Baume in ungerichteten Graphen mit p Ecken und q Kanten sind genau die zusammenhangendenbzw. kreislosen Graphen mit

q = p− 1.

Ein gerichteter, schwach zusammenhangender Graph mit p Ecken und q Kanten, der keine ge-richteten einfachen Kreise enthalt, hat wegen des schwachen Zusammenhangs mindestens p− 1Kanten, q kann aber großer sein. Zum Beispiel hat der folgende gerichtete schwach zusam-menhangende kreislose Graph 4 Ecken und 6 Kanten.

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2. Baume 28

t t

tt

✛❄✠ ❄❘

Um den Zusammenhang zwischen Ecken- und Kantenzahl fur gerichtete Baume beizubehalten,definiert man:

Definition 2.2.11 Ein gerichteter Graph T = (E,K) heißt Baum, wenn der zugeordnete un-gerichtete Graph ein Baum ist.

Baume in gerichteten Graphen sind also schwach zusammenhangend und kreisfrei, d.h. sie ent-halten keine ungerichteten einfachen Kreise. Allerdings ist fur einen Baum T = (E,K) in einemgerichteten Graph nicht gewahrleistet, dass es fur zwei beliebige Ecken e1, e2 einen gerichtetenWeg von e1 nach e2 gibt (s. Graph G1 in Beispiel 2.2.12).

Beispiel 2.2.12

t t

t

✕❑

G1

t t

tt

G2

In manchen Anwendungen ist dies jedoch fur besondere Ecken wichtig. Beispiel: Stammbaume.Daher folgende starkere

Definition 2.2.13 (a) Sei G = (E,K) ein gerichteter Graph. Eine Ecke w ∈ E heißt Wurzelvon G, wenn es fur jede beliebige Ecke e 6= w einen gerichteten Weg mit Anfangsecke w

und Endecke e gibt.

(b) Ein gerichteter Baum T = (E,K) mit Wurzel w heißt Wurzelbaum.

Bemerkungen und Beispiele 2.2.14

(1) Der Graph aus Beispiel 1.4.11 hat die einzige Wurzel e6.

(2) Graph G2 aus Beispiel 2.2.12 ist ein Wurzelbaum, G1 ist kein Wurzelbaum.

(3) Ein gerichteter Graph mit Wurzel ist schwach zusammenhangend, aber wie man am Gra-phen G1 aus Beispiel 2.2.12 erkennt, besitzt nicht jeder schwach zusammenhangende Grapheine Wurzel.

(4) Ein gerichteter Graph ist stark zusammenhangend genau dann, wenn jede Ecke eine Wurzelist.

Wurzelbaume lassen sich folgendermaßen charakterisieren:

Satz 2.2.15 Es sei T = (E,K) ein gerichteter Graph und w ∈ E. Dann sind aquivalent:

(a) T ist ein Wurzelbaum mit Wurzel w.

(b) T ist ein Baum und es gilt grad−(w) = 0 und grad −(e) = 1 fur alle Ecken e ∈ E, e 6= w.

(c) w ist eine Wurzel in T und es gilt grad −(w) = 0 und grad−(e) ≤ 1 fur alle Ecken e ∈ E,e 6= w.

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2. Baume 29

2.3 Minimale bzw. maximale spannende Baumein bewerteten Graphen

Eine Anzahl p Dorfer soll durch ein Rohrleitungssystem zwischen den jeweiligen Wasserturmenmiteinander verbunden werden. Die Dorfer werden durch Ecken dargestellt, und Rohrleitungen,die gebaut werden konnen, durch Kanten. Naturlich will man moglichst wenige Rohrleitungenbauen, d.h. man sucht einen spannenden Baum mit p − 1 Kanten. Von jeder Rohrleitung sinddie Baukosten bekannt. Wie wurde das (oder ein) kostengunstigstes Leitungssystem aussehen?

Definition 2.3.1 (a) Sei G = (E,K) ein Graph, w : K → IR eine Funktion. Dann heißt(G,w) bewerteter Graph.

(b) Fur jeden Teilgraphen G′ = (E ′, K ′) heißt

w(G′) :=∑

k∈K ′

w(k)

Wert von G′.

(c) Ein spannender Baum B heißt minimaler spannender Baum, falls kein anderer span-nender Baum B′ von G mit geringerem Wert existiert.

Unser Rohrleitungsproblem lauft also daraus hinaus, in einem bewerteten zusammenhangendenGraphen den oder einen spannenden Baum mit minimalem Wert zu finden.

Bemerkungen 2.3.2

(1) Da es in jedem Graphen nur endlich viele spannende Baume gibt, gibt es immer mindestenseinen minimalen spannenden Baum. Im allgemeinen gibt es aber keine eindeutige Losung:Haben in einem Graph alle Kanten gleichen Wert (d.h. ist die Bewertung konstant), dannist jeder spannender Baum minimal.

(2) Ein nicht zusammenhangender Graph zerfallt in endlich viele ZusammenhangskomponentenGi = (Ei, Ki), 1 ≤ i ≤ m. Ist Bi = (Ei, K

′i) ein spannender Baum von Gi, 1 ≤ i ≤ m, dann

heißt F =⋃{Bi; 1 ≤ i ≤ m} spannender Wald vonG. Das Problem der Suche nach einem

minimalen spannenden Wald fur einen nichtzusammenhangenden Graphen lost man durchdie Suche nach einem minimalen spannenden Baum fur jede Zusammenhangskomponente.Wir werden uns zunachst auf zusammenhangende Graphen beschranken.

(3) Erganzt man einen zusammenhangenden schlichten GraphGmit p Ecken zum vollstandigenGraphKp und ordnet den neuen Kanten den Wert∞ zu, dann ist ein minimaler spannenderBaum von Kp auch minimaler spannender Baum von G.Ist G nicht zusammenhangend, dann erhalt man aus einem minimalen spannenden Baumin Kp nach Weglassen der Kanten mit Wert ∞ einen minimalen spannenden Wald von G.Man kann sich also auf Betrachtung vollstandiger Graphen beschranken.

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2. Baume 30

(4) Eine leichte Abwandlung unserer Fragestellung fuhrt zu einem vollig anderen graphentheo-retischem Problem: Sucht man ein billigstes Leitungsnetz, so dass jede Ecke nach Entfer-nung einer Kante immer noch mit den anderen verbunden ist, dann muss der entsprechendeTeilgraph Kreise enthalten, also mindestens p Kanten haben. Gesucht ist also ein minimalerHamiltonkreis (durch alle Ecken), d.h. eine Losung des Problems des Handlungsreisenden.

Beispiel 2.3.3 Graph mit zwei verschiedenen minimalen spannenden Baumen:

s

s

s

s

ss

e1

e2

e3 e4

e5

e6

1

2

1

7

2

5

2

6

4

2s

s

s

s

ss

1

1

2

4

2 s

s

s

s

ss

1

1 2

4

2

Wie kann man minimale spannende Baume erkennen? Ein Kriterium gibt

Satz 2.3.4 Sei G = (E,K) ein ungerichteter, gewichteter und zusammenhangender Graph mitp Ecken, q Kanten und Kantengewichten w(k) fur alle k ∈ K, und sei T ein spannender Baum.Dann sind aquivalent:

(a) T ist ein minimaler spannender Baum.

(b) Fur jede Kante k′ von G − T gilt: In dem (eindeutig bestimmten) Kreis in T + k′ hat k′

maximales Gewicht.

(c) Fur jede Kante k von T gilt: T − k zerfallt in zwei Zusammenhangskomponenten T1 undT2 und unter allen Kanten k∗ von G − (T1 + T2), die T1 und T2 verbinden (mit je einerEndecke in jeder Komponente), hat k minimales Gewicht.

Der folgende Algorithmus von Kruskal baut aus einem kantenlosen Graphen (E, ∅) (mit allenEcken) den gesuchten Baum auf, indem man einfach bei jedem Schritt die gunstigste geeigneteKante hinzufugt.

S1 Sortiere die Kanten in K aufsteigend nach ihrem Wert, d.h. K = {k1, k2, . . . , kq} mit w(k1) ≤ w(k2) ≤. . . ≤ w(kq). Setze T := (E,K ′ = ∅).

S2 Enthalt K ′ genau p − 1 Kanten, dann ist T = (E,K ′) der gesuchte maximale spannende Baum und derAlgorithmus bricht ab.

S3 Wahle die erste Kante k ∈ K und setze K := K \ {k}.

S4 Liegen die Endecken von k in verschiedenen Komponenten von T , dann setze K ′ := K ′ ∪ {k}. Fahre mitSchritt 2 fort.

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2. Baume 31

Beispiel 2.3.5 Durchfuhrung des Algorithmus fur den Graph aus Beispiel 2.3.3 mit einer etwasanderen Bewertung:

s

s

s

s

ss

k1 = 1

k3 = 2

k4 = 2

k9 = 8

k10 = 9

k8 = 8

k7 = 6

k5 = 3

k6 = 5

k2 = 1 ergibt:s

s

s

s

ss

s

s

s

s

ss

k1

s

s

s

s

ss

k1

k2 s

s

s

s

ss

k1

k2

k3

s

s

s

s

ss

k1

k2

k3k5

s

s

s

s

ss

k1

k2

k3k5

k7

Satz 2.3.6 Der Algorithmus von Kruskal findet einen minimalen spannenden Baum fur einenzusammenhangenden Graphen G mit p Ecken, q Kanten und nichtnegativer Bewertung.

Folgender Algorithmus ist eine Abwandlung des Algorithmus von Kruskal und beginnt ebenfallsmit dem Graph (E, ∅), d.h. mit p Zusammenhangskomponenten.Bei jedem Schritt wird jeder Komponente eine Kante minimaler Lange zugeordnet, die die Kom-ponente

”verlasst“, d.h. eine Ecke liegt in dieser Komponente, die andere nicht. Danach werden

diese Kanten in den Graph eingefugt, wobei darauf geachtet werden muss, dass kein Kreis ent-steht. Dadurch wird die Anzahl der Komponenten verringert (mindestens halbiert). Der Algo-rithmus bricht ab, wenn der entstandene Graph zusammenhangend ist.

Beispiel 2.3.7Wir betrachten wieder den Graph aus Beispiel 2.3.3 mit einer anderen Bewertung.

s

s

s

s

ss

e1

e2

e3 e4

e5

e6

k1 = 1

k4 = 2 k5 = 2

k2 = 1

k6 = 2

k8 = 5

k7 = 4

k9 = 6

k3 = 1

k10 = 8s

s

s

s

ss

e1

e2

e3 e4

e5

e6

s

s

s

s

ss

e1

e2

e3 e4

e5

e6

k1

k2

k3

s

s

s

s

ss

e1

e2

e3 e4

e5

e6

k1

k2

k3

k7

k4

Zuordnung im 1. Schritt: k1 → e1, k1 → e2, k2 → e3, k2 → e4, k3 → e5, k3 → e6

Zuordnung im 2. Schritt: k4 → ({e1, e2}, {k1}), k4 → ({e3, e4}, {k2}), k7 → ({e5, e6}, {k3}).

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2. Baume 32

Bei dem folgenden Algorithmus von Prim sucht man, ausgehend von dem Graph ({e1}, ∅) miteiner beliebigen Ecke e1 des Graphen G = (E,K), eine minimale, mit e1 inzidente Kante k1 underhalt den Baum T1 = ({e1, e2}, {k1}).Ausgehend von einem Baum Tj = (Ej , Kj−1) sucht man eine Verbindungskante kj von einer Eckevon Ej und einer Ecke von E \ Ej und setzt Tj+1 := Tj + k.Das Verfahren bricht wieder ab, wenn p− 1 Kanten gefunden wurden.Damit erhalt man folgenden Algorithmus fur den Graphen G = (E,K) mit p Ecken, Bewertungw und e1 ∈ E.

S1 Setze E1 := {e1} und T1 := (E1,K0 = ∅).

S2 Ist i = p, d.h. Ei = E, dann ist Ti = (E,Kp−1) der gesuchte minimale spannende Baum und der Algorith-mus bricht ab.

S3 Wahle eine Kante ki+1 ∈ K \Ki, die Ei und E \ Ei verbindet, mit minimalem Wert w(k) fur alle solcheVerbindungskanten. Die in E \Ei liegende Endecke von ki+1 nennt man ei+1 und setzt Ei+1 := Ei∪{ei+1},Ki := Ki−1 ∪ {ki} und Ti+1 := (Ei+1,Ki).

S4 Fahre mit Schritt 2 fort.

Beispiel 2.3.8 Durchfuhrung des Algorithmus fur folgenden Graph:

s

s

s

s

ss

1

2

1

7

2

5

2

6

4

2 ergibt:s

s

s

s

ss

e1 s

s

s

s

ss

e1

e2

1

s

s

s

s

ss

e1

e2

e3

1

1 s

s

s

s

ss

e1

e2

e3 e4

1

1 2 s

s

s

s

ss

e1

e2

e3 e4

e5

1

1 2 2 s

s

s

s

ss

e1

e2

e3 e4

e5

e61

1 2

4

2

Satz 2.3.9 Der Algorithmus von Prim findet einen minimalen spannenden Baum fur einen zu-sammenhangenden Graphen mit p Ecken, q Kanten und nichtnegativer Bewertung w.

Bemerkung 2.3.10 Der Algorithmus von Prim ist i.a. bestmoglich, da zur Bestimmung einesminimalen spannenden Baums jede Kante betrachtet werden muss. Fur Graphen mit wenigenKanten lasst sich der Algorithmus verbessern.

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2. Baume 33

Um einen spannende Wald (d.h. einen Teilgraphen mit moglichst wenigen Kanten) zu finden,dessen Gesamtwert maximal ist, kann man sich wieder auf die Konstruktion eines maximalenspannenden Baums fur jede Komponente beschranken.

Satz 2.3.11 Die Algorithmen von Kruskal und Prim finden einen maximalen spannenden Baumfur einen zusammenhangenden Graphen mit p Ecken, q Kanten und nichtnegativer Bewertungw.

Bemerkung 2.3.12 Die Algorithmen von Prim und Kruskal heißen gierige oder Greedy-Algorithmen. Diese Algorithmen versuchen ein Problem zu losen, indem sie bei jeder Iterationdas tun, was gerade am besten erscheint. Global gesehen muss das nicht zum gewunschten Erfolgfuhren. Mochte man zum Beispiel von einem Berggipfel absteigen, wurde man bei einem Greedy-Algorithmus immer die Richtung des steilsten Abstiegs wahlen. Dabei kann man aber in einerSenke landen, aus der man mit diesem Verfahren nicht mehr herauskommt.

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34

3 Kurzeste und langste Wege

3.1 Kurzeste WegePraktisch jeder von uns nutzt Routenplaner (im Internet, Smartphone oder Navi), um denkurzesten/ schnellsten/ wirtschaftlichsten

”Weg“ von einem Startort s zu einem Zielort z zu

finden. Das ist offensichtlich ein typisches Optimierungsproblem in der Graphentheorie, wobeiwir allgemeiner Kantenfolgen betrachten.

Zur Vorbereitung entsprechender Verfahren betrachten wir folgendes Problem:

Beispiel 3.1.1 Einem zufallig ausgewahlten Menschen auf der Erde soll ein Brief zugestelltwerden. Der Brief ist vertraulich und darf daher nur zwischen Menschen weitergegeben werden,die sich kennen.Um die Aufgabe zu losen, ordnen wir jedem Menschen auf der Erde eine Ecke zu und verbindenzwei Ecken genau dann, wenn die zugehorigen Menschen sich kennen. Man erhalt einen unge-richteten Graphen mit ca. 7 Milliarden Ecken und muss einen Weg von der eigenen Ecke zu derdes Empfangers finden.(Fur kleine Graphen kann man moglicherweise schnell einen solchen Weg mit Hilfe einer Zeich-nung erkennen. Um ein solches Problem bei Graphen mit sehr vielen Ecken und Kanten zu losen,sind Algorithmen sinnvoll, die fur kleine wie große Graphen eine Losung finden.)Eine Losungsmoglichkeit (fur zusammenhangende Graphen) ist die folgende: Man uberlegt zu-nachst, wen man alles kennt. Ist der gewunschte Empfanger darunter, so ist das Problem gelost.Gehort der Empfanger nicht zu den unmittelbaren Bekannten (die wir Bekannte Stufe 1 nennen),dann fragt man alle Bekannten, ob diese den Empfanger kennen. Kennt einer dieser Bekanntenden Empfanger, dann gibt man ihm den Brief und er gibt ihn dem Empfanger.Kennen die Bekannten der Stufe 1 den Empfanger auch nicht, so fragen sie jeweils ihre Bekannten(der Stufe 2), ob diese den Empfanger kennen und so weiter.

r

r

r

r

r

r

r

r

r

r

r rr

r

r

a

b

e

i j

f

c

h

d

g

l mk

Bezeichnet in dem obigen Graph a den Absender, h den Empfanger, dann entsprechen die Eckenb, e und k den Bekannten der Stufe 1, die Ecken c, f , i und l der Stufe 2, die Ecken d und j derStufe 3 und die Ecken g, h und m der Stufe 4.Damit existiert ein Weg von a nach h mit 4 Kanten, und dieser ist nach Kantenzahl der kurzeste.Damit der Algorithmus auch den Weg als Ergebnis liefert, speichern wir bei jeder Ecke e der i-tenStufe die Ecke e′ i − 1-ten Stufe, von der aus e zuerst erreicht wurde. In dem Beispiel ergebensich die Zuordnungen

Ecke a b c d e f g h i j k l mVorganger - a e c a b j d e f a k j

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3. Kurzeste und langste Wege 35

und damit der Weg aecdh, wobei bei dem Verfahren ausschließlich das Wissen uber die Nachbarnjeder einzelnen Ecke verwendet wurde.

Wir betrachten nun allgemein einen (kanten-) bewerteten gerichteten (oder ungerichteten) Gra-phen G = (E,K) mit zwei Ecken s und z, in dem jede Ecke von s aus erreichbar ist, und sucheneine s-t-Kantenfolge mit minimalem Kosten. Dabei konnten durchaus negative Zahlen als Be-wertungen auftreten, z.B. wenn man eine Fahrroute mit minimalen Kosten sucht, aber man aufbestimmten Verbindungen Gewinn (also

”negative Kosten“) erzielen kann.

Beispiel 3.1.2 In dem Graph

✉ ✉ ✉ ✉

e1 e2 e3 e4

e5

✲ ✲ ✲

1 −4 1

−12

gibt es zwischen e1 und e4 nur einen Weg mit Wert −2. Andererseits gibt es unendlich vieleKantenfolgen von e1 nach e4 mit den Werten -2, -5, -8,...

Gibt es also in G Kreise mit negativem Wert, dann gibt es keine optimale Losung.

Zunachst betrachten wir im folgenden nur gerichtete stark zusammenhangende Graphen G =(E,K) mit nichtnegativer Bewertung w : K → IR und wollen fur eine beliebige feste Eckes ∈ E die Langen (die Werte) einer kurzesten Kantenfolge von s zu jeder anderen Ecke e ∈ E

bestimmen.Da man zu jeder s-e-Kantenfolge durch Weglassen von Kreisen einen s-e-Weg erhalt, dessen Wertwegen der nichtnegativen Kantenbewertung nicht großer als der der Kantenfolge ist, beschrankenwir uns hier auf die Suche nach einem minimalen s-e-Weg.

O.B.d.A. sei G vollstandig, d.h. fur jedes Paar von Ecken a, b ∈ E ist−→ab ∈ K (wir setzen

gegebenenfalls w(−→ab) := ∞).

Definition 3.1.3 Sei G = (E,K) ein gerichteter Graph mit nichtnegativer Bewertung w, U ⊂E, s ∈ U , e ∈ E. Dann bezeichnen wir mit

ρU(s, e) :=

{minw(W ); W ist s-e-Weg mit Zwischenecken nur in U,

∞ sonst

den Abstand von s zu e bezuglich U .

Grundlage des nachsten Algorithmus ist folgender

Satz 3.1.4 Sei G = (E,K) ein vollstandiger gerichteter Graph mit nichtnegativer Bewertung w,s ∈ E.Ist W fur a ∈ E ein kurzester Weg von s nach a, b ∈ E eine Zwischenecke von W und sind W ′

und W ′′ die Teilwege von s nach b bzw. von b nach a, dann gibt es keinen kurzeren Weg von s

nach b als W ′ und keinen kurzeren Weg von b nach a als W ′′.

Speziell gilt

ρG(s, a) ≤ ρG(s, b) + w(−→ba) fur alle

−→ba ∈ K.

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3. Kurzeste und langste Wege 36

Wir betrachten nun folgenden Algorithmus von Dijkstra (1959).

[1] Zuerst ordnen wir jeder Ecke e einen Wert f(e) zu, und zwar der Startecke s den Wert f(s) = 0 und denanderen Ecken den Wert f(e) = ∞.Weiter sei M∗ = ∅, M = E und w(k) die Lange der Kante k.

[2] Wir wahlen eine Ecke u ∈ M mit minimalem Wert.

[3] Ist diese Ecke gleich der Zielecke z, dann ist der Algorithmus beendet. Ansonsten ersetzen wir M∗ durchM∗ ∪ {u} und M durch M \ {u}.

[4] Fur jede Ecke e in M , die mit u durch eine (Schnitt-)Kante verbunden ist, berechnen wir f(u) + w(−→ue).Wenn dieser Wert kleiner als f(e) ist, ersetzen wir f(e) durch diesen Wert.

[5] Das Verfahren mit Schritt 2 fortgesetzt.

Anwendung des Algorithmus auf

Beispiel 3.1.5

s

s s

s

ss

✲❄

✒❯

a b

s z

c d

21 24

13

222

10

8

6 31

16

11

Die Werte, die nach jedem Schritt den Ecken zugeordnet sind, werden in einer Zeile eingetragen.Ist eine Ecke im Schritt 2 ausgesucht, wird der ihr zugeordnete Wert fett gedruckt und in denanschließenden Zeilen kein weiterer Wert eingetragen. Bei jedem Schritt enthalt also die MengeM genau die Ecken, fur die Werte in Normalschrift eingetragen sind.

Durchlauf Auswahl s a b c d z M M∗

0 0 ∞ ∞ ∞ ∞ ∞ s, a, b, c, d, z ∅1 s 21 ∞ 13 ∞ ∞ a, b, c, d, z s

2 c 21 24 19 ∞ a, b, d, z s, c

3 d 21 24 50 a, b, z s, c, d

4 a 24 50 b, z s, c, d, a

5 b 48 z s, c, d, a, b

Satz 3.1.6 Dijkstras Algorithmus bestimmt die Lange des kurzesten s-z-Weges.

Bemerkungen und Beispiele 3.1.7

(1) Fur das Beispiel 3.1.5 ergibt sich als Lange eines kurzesten s-z-Weges 48. Den entsprechen-den kurzesten Weg erhalt man durch Ruckverfolgung des Algorithmus:Wir beginnen mit z. Der Wert von z anderte sich letztmalig bei Auswahl der Ecke b, derWert von b letztmalig bei Auswahl von c und der Wert von c letztmalig bei Auswahl von

s. Damit ergibt sich der kurzeste Weg−−→scbz.

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3. Kurzeste und langste Wege 37

(2) Bei negativen Kantenbewertungen arbeitet der Algorithmus von Dijkstra i.a. nicht mehrkorrekt:Der folgende Graph hat zwar einige Kanten mit negativer Bewertung, aber keine Kreisenegativer Lange.

s s

s s s

e4 e3

e5 e1 e2

✲ ✲

❄✠

−1

−1

6

−3

3

−4 4

Der kurzeste Weg von e1 nach e4 ist −−−−−→e1e2e3e4 mit Lange 4. Der Algorithmus von Dijkstraliefert als kurzesten e1-e4-Weg die Kante −−→e1e4 mit Lange 6.

Durchlauf Auswahl e1 e2 e3 e4 e5 M M∗

0 0 ∞ ∞ ∞ ∞ e1, e2, e3, e4, e5 ∅1 e1 3 ∞ 6 ∞ e2, e3, e4, e5 e12 e2 7 6 ∞ e3, e4, e5 e1, e23 e4

(3) Mit dem Algorithmus von Dijkstra lasst sich das Problem des chinesischen Postbote fur denFall losen, dass es genau zwei ungerade Ecken gibt. Er liefert einen kurzesten Weg zwischendiesen beiden Ecken und damit die Mindest-Gesamtlange.

Der folgende Floyd–Warshall–Algorithmus benutzt Matrix-Operationen zur Berechnung derAbstande aller Ecken untereinander. Er funktioniert auch mit negativen Kantenbewertungen underkennt Kreise negativer Lange.

Definition 3.1.8 Sei G = (E,K) ein gerichteter schlichter Graph mit den Ecken e1, . . . , ep undder Bewertung w : K → IR. Weiter sei r ∈ IN mit 1 ≤ r ≤ p.

(a) Die Matrix D = (dij) mit

dij :=

w(−−→eiej), fur −−→eiej ∈ K

0 fur i = j

∞ fur −−→eiej 6∈ K

heißt Abstandsmatrix von G.

(b) Fur eine reelle (p, p)-Matrix A = (aij) definieren wir die durch die”Dreiecksoperation“

auf A bezuglich r erzeugte Matrix A′ = (a′ij) durch

a′ij =

{min{aij , air + arj} fur alle i, j ∈ {1, . . . , p} \ {r}

aij sonst.

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3. Kurzeste und langste Wege 38

Bemerkungen und Beispiele 3.1.9

(1) Zu dem Graph

✉ ✉

✉ ✉

e1 e2

e4 e3

❄�����✒

✲ ❄

1

2

-4

3

1 erhalt man die Abstandsmatrix (dij) =

0 ∞ ∞ 12 0 1 ∞∞ ∞ 0 ∞∞ −4 3 0

.

Die Dreiecksoperation fur r = 4 ergibt (d′ij) =

0 − 3 4 12 0 1 ∞∞ ∞ 0 ∞∞ −4 3 0

.

(2) Sei G ein Graph mit den Ecken E = {e1, e2, . . . , ep}, S ⊂ E, dij die Lange eines kurzestenei-ej-Weges mit Zwischenecken nur aus S und er 6∈ S. Weiter sei (d′ij) die Matrix, dieaus (dij) durch eine Dreiecksoperation bezuglich r entsteht. Dann ist d′ij die Lange eineskurzesten ei-ej-Weges mit Zwischenecken nur aus S ∪ {er}.

(3) Sei G = (E,K) ein gerichteter bewerteter Graph mit Ecken e1, . . . , ep und Abstandsmatrix

D(0). Fur r = 1, . . . p sei D(r) = (d(r)ij ) das Ergebnis der Dreiecksoperation fur D(r−1)

bezuglich r. Dann gilt:

(a) Es gibt einen Kreis negativer Lange genau dann, wenn d(r)ii < 0 fur ein i und ein r.

(b) Gilt d(r)ii ≥ 0 fur alle i und r, so ist d

(r)ij die Lange eines kurzesten ei-ej-Weges, wenn nur

Wege zugelassen sind, die als Zwischenecken nur Elemente aus {e1, . . . , er} benutzen.

(4) Zur Bestimmung der zugehorigen kurzesten Wege dienen Matrizen (e(r)ij ), 1 ≤ r ≤ p, in der

fur den kurzesten ei-ej-Weg mit moglichen Zwischenecken aus {e1, . . . , er} (falls es einensolchen gibt) die Nummer der letzten Zwischenecke eingetragen wird.

Man setzt dazu e(0)ij := i, 1 ≤ i, j ≤ p und weiter e

(r)ij :=

{e(r−1)ij falls d

(r)ij = d

(r−1)ij

e(r−1)rj falls d

(r)ij < d

(r−1)ij

.

(5) Fortsetzung des Beispiels aus (1):

(d(0)ij ) =

0 ∞ ∞ 12 0 1 ∞∞ ∞ 0 ∞∞ −4 3 0

(e

(0)ij ) =

1 1 1 12 2 2 23 3 3 34 4 4 4

(d(1)ij ) =

0 ∞ ∞ 12 0 1 3∞ ∞ 0 ∞∞ −4 3 0

(e

(1)ij ) =

1 1 1 12 2 2 13 3 3 34 4 4 4

(d(2)ij ) =

0 ∞ ∞ 12 0 1 3∞ ∞ 0 ∞−2 −4 −3 −1

(e

(2)ij ) =

1 1 1 12 2 2 13 3 3 32 4 2 1

d(2)44 = −1 zeigt an, dass es einen e4-e4-Weg mit negativer Lange −1 gibt. Den Weg erhalt

man aus (e(2)ij ) durch Ruckverfolgung der Ecken. Aus e

(2)44 = 1 ergibt sich e1, aus e

(2)41 = 2

e2, aus e(2)42 = 4 wieder e4, d.h. insgesamt der Kreis e4e2e1e4.

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3. Kurzeste und langste Wege 39

3.2 Langste Wege in Netzen

Beispiel 3.2.1 Eine Familie plant den Bau eines Hauses. Das Grundstuck ist erworben und diePlane des Architekten liegen vor. Die derzeitige gemietete Wohnung muss gekundigt werden, undzwar zu einem Termin, der nicht vor Fertigstellung des Hauses liegen darf, aber auch moglichstnicht zu lange danach, um nicht unnotig Miete zu zahlen.

Um eine moglichst genaue Abschatzung des Fertigstellungstermins zu erhalten, wird einen Ab-laufplan fur das Bauprojekt erstellt. Dabei werden die zu erledigenden Arbeiten durch Punktedargestellt, die jeweils den Abschluss der Arbeit symbolisieren.Bevor eine Arbeit begonnen wird, mussen meist andere Arbeiten abgeschlossen sein. Zum Bei-spiel kann das Dach erst dann erstellt werden, wenn die Wande im Rohbau stehen, davor mussenFundamente und Bodenplatte gegossen sein, davor der Grundriss eingemessen werden und davordie Baugenehmigung vorliegen. Andere Arbeiten konnen dagegen parallel und unabhangig von-einander vonstatten gehen, z.B. konnen Elektriker und Installateur parallel arbeiten.Die Abhangigkeiten der Arbeiten untereinander werden also durch Pfeile dargestellt. Ein Pfeilvon Ecke a zu Ecke b bedeutet, dass Arbeit a erst abgeschlossen sein muss, bevor Arbeit b beginnt.Die Pfeile werden mit Zahlen versehen, die die Zeitdauer der Arbeit darstellen.Eine Arbeit kann erst begonnen werden, wenn alle entsprechenden Vorarbeiten abgeschlossensind, also auch die, die die langste Zeit beanspruchen. Die bis zur Fertigstellung des Gesamtpro-jekts notwendige Zeit ist also durch einen langsten Weg vom Startpunkt zum Zielpunkt gegeben.

Ein solcher gerichteter Graph heißt Netzplan. Er muss zusammenhangend sein, darf aber auchkeine Kreise (aus Kanten mit gleicher Richtung) haben, da fur den Beginn einer Arbeit nicht derAbschluss derselben Arbeit Voraussetzung sein kann.

Die Suche nach einem langsten Weg ist verwandt mit der Suche nach einem kurzesten Weg. Beieinem langsten Weg von s nach z mit vorletzter Ecke e muss der Teilweg von s nach e ebenfallsein langster Weg sein. Man sucht daher analog zum Algorithmus von Dijkstra ein Verfahren,das, ausgehend vom Startpunkt s, schrittweise langste Wege mit immer großerer Reichweitekonstruiert.Bei einem entsprechenden Algorithmus ist darauf zu achten, dass alle Arbeiten, deren Ecken miteiner neuen Ecke durch eine gerichtete Kante verbunden sind, abgeschlossen sind. Daher nimmtman bei jedem Durchlauf nur Ecken dazu, die nur mit den vorher ausgewahlten Ecken durchgemeinsame Kanten und durch keinen weiteren Weg verbunden sind.Jeder ausgewahlten Ecke wird durch den Algorithmus eine Zahl zugewiesen, die die Lange eineslangsten Weges von s zu dieser Ecke innerhalb der schon betrachteten Eckenmenge angibt. DieserWert heißt Potential der Ecke.

Langster-Weg-Algorithmus:

[1] Sei M∗ := {s}, M := E \M∗ und f(e) := 0 fur alle e ∈ E.

[2] Sei M1 die Menge aller Ecken aus M , zu denen nur von Ecken aus M∗ gerichtete Kanten gehen.

[3] Fur jede Ecke e ∈ M1 setze f(e) := max{f(e), f(u) + w(−→ue);u ∈ M∗,−→ue ∈ K}.

[4] Ist z ∈ M1, dann ist der Algorithmus beendet. Ansonsten ersetze M∗ durch M∗∪M1 und M durch M \M1.

[5] Das Verfahren mit Schritt 2 fortgesetzt.

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3. Kurzeste und langste Wege 40

Beispiel 3.2.2

s

s

ss

s

s

✟✟✟✟✟✟✟✟✟✟✯❍❍❍❍❍❍❍❍❍❍❥s

a

zPPPPPPPPPPq ✏✏✏✏✏✏✏✏✏✏✶

c

◗◗◗◗◗◗◗◗◗◗s ✑

✑✑✑✑✑

✑✑✑✑✸

d

✲ ✡✡✡✡✡✣

❅❅❅❅❘

b

7 6

47

4

4

9 3 3

1

Wie beim Dijkstra-Algorithmus stellen wir die Ergebnisse jedes Durchlaufs in der Zeile einerTabelle zusammen. Jeder Ecke wird wieder eine Spalte zugeordnet, in der die Werte des Potentialseingetragen werden. Unter dem Namen der Ecke sind alle Ecken aufgefuhrt, von denen einegerichtete Kante zu dieser Ecke lauft, die also Arbeiten symbolisieren, die abgeschlossen seinmussen.

Durchlauf Ecken s a b c d z Weg vonin M∗ − s, b s s, b, d s a, c, d

0 0 0 0 0 0 01 s 0 4 0 7 0 s

2 s, b, d 8 9 0 b

3 s, b, d, a, c 14 a

Der Algorithmus endet nach endlich vielen Schritten (bei p Ecken nach hochstens p Durchlaufen),und das Potential der Zielecke z nach Ende ist gleich dem Wert eines langsten Weges.Den entsprechenden langsten Weg erhalt man wieder durch Ruckverfolgung des Verfahrens. Inunserem Beispiel ist dies der Weg sbaz.Das Potential von z gibt an, wie lange das Projekt mindestens dauert. Verlangert sich eine derArbeiten, die zu Ecken auf diesem Weg gehoren, dann verlangert sich auch das ganze Projekt.Daher heißt ein solcher Weg kritischer Weg.

Arbeiten, die nicht auf einem kritischen Weg liegen, konnen sich in einem gewissen Rahmenverlangern, ohne den Fertigstellungstermin zu verzogern. Man ist naturlich daran interessiert,um welche Zeit sich eine Arbeit ohne Folgen fur die Projektdauer verlangern kann. Die maximaleZeit, um die sich die Aktivitat einer Kante

−→e1e2 verlangern kann, ergibt sich aus der Differenz

des spatest- und des fruhest-moglichen Anfangstermins der Aktivitat−→e1e2, und das ist

((Gesamtdauer des Projekts)− (Lange des langsten Weges von e1 uber

−→e1e2 nach z)

)−

− (Lange des langsten Weges von s nach e1).

In der nachsten Tabelle werden die moglichen Uberziehungszeiten fur alle Aktivitaten unseresobigen Beispiels aufgelistet.

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3. Kurzeste und langste Wege 41

Aktivitat−→sa

−→

sb−→sc

−→

sd−→

ba−→

bc−→

dc−→az

−→cz

−→

dz

fruhest-m. 0 0 0 0 4 4 7 7 9 7spatest-m. 1 0 2 3 4 8 10 8 11 10Schlupf 1 0 2 3 0 4 3 1 2 3

In der PERT-Methode (Program Evaluation and Review Technique) wird ein solches Netzwerkdurch statistische Uberlegungen erweitert. Zum Beispiel ergibt sich jeweils die eingesetzte Dauereiner Aktivitat aus einer Mischkalkulation, die eine optimistische, eine pessimistische und diewahrscheinlichste Schatzung auswertet. Oft mussen die Kosten fur eine Aktivitat berucksichtigtwerden, und Termin- und Kostenuberlegungen laufen entgegengesetzt. PERT gibt an, wie manbeide Uberlegungen gegeneinander abwagen kann.

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42

4 Planare Graphen

4.1 DefinitionDie Graphen in diesem Kapitel seien - wenn nicht anders erwahnt - ungerichtet.

Elektrische Schaltungen werden industriell auf Karten aufgedruckt.Die Leitungen konnen wir uns als Kanten und die verbundenen Objekte als Ecken eines Gra-phen vorstellen. Kreuzungen von Leitungen produzieren i.a. einen Kurzschluss, so dass die Fragesich als wichtig erweist, ob es isomorphe Graphen mit einer kreuzungsfreien Darstellung in dereuklidischen Ebene gibt.

Definition 4.1.1 (a) Eine stetige injektive Abbildung k : [0, 1] → IRn heißt Jordanbogen.

Ist k : [0, 1] → IRn stetig auf [0, 1], injektiv auf (0, 1) und gilt k(0) = k(1), dann heißt k

Jordankurve.

(b) Ein Graph G = (E,K) heißt euklidischer Graph, wenn folgendes gilt:

• Die Ecken von G sind Punkte des IRn (mit einem n ∈ IN).

• Die Kanten sind Jordanbogen oder Jordankurven ki, 1 ≤ i ≤ q, mit ki(0), ki(1) ∈ E

und ki(t) 6∈ E fur 0 < t < 1, 1 ≤ i ≤ q.

• Die Kanten von G haben keine Schnittpunkte (im Innern), d.h. es gilt ki(s) 6= kj(t)fur alle 0 < s, t < 1, i 6= j.

(c) Ist G ein Graph, G′ ein zu G isomorpher euklidischer Graph, dann heißt G′ Einbettungvon G in den (zugehorigen) IRn.

(d) Ein euklidischer Graph im IR2 heißt ebener Graph, ein zu einem ebenen Graph isomorpher

Graph heißt planar oder plattbar.

Beispiele 4.1.2

(1) Der vollstandige Graph K4 und der vollstandige bipartite Graph K2,3 sind planar.

(2) Ein bekanntes Puzzle ist die Frage, ob man 3 Dorfer a, b und c kreuzungsfrei mit einemElektrizitatswerk e, einem Gaswerk g und einem Wasserwerk w verbinden kann, d.h. obder vollstandige bipartite Graph K3,3 planar ist.Naturlich kann man alle fur dieses spezielle Problem in Frage kommenden Moglichkeitendurchprobieren und erkennt, dass der Graph nicht planar ist. Wir werden im folgendenKriterien fur planare Graphen herleiten.

Satz 4.1.3 Jeder Graph G lasst sich in IR3 einbetten.

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4. Planare Graphen 43

4.2 Eulersche PolyederformelDurch einen ebenen Graph wird die Ebene in endlich viele zusammenhangende Gebiete zerlegt,von denen genau eines nicht beschrankt ist (das

”Außengebiet“). Das beruht auf dem

Satz 4.2.1 (Jordanscher Kurvensatz) Eine Jordankurve C zerlegt die (Rest-)Ebene IR2 \ C

in zwei nichtleere Gebiete, von denen eins (das”Innere“ von C) beschrankt und das andere

(das”Außere“ von C) nicht beschrankt ist. Zwei Punkte der Ebene konnen genau dann durch

einen Jordanbogen verbunden werden, der C nicht trifft, wenn sie beide im Innern oder beide imAußeren von C liegen.

Definition 4.2.2 Sei G ein ebener Graph.

(a) Die durch die aus den Kanten zusammengesetzten Jordankurven entstehenden Gebiete hei-ßen Lander, der Graph zusammen mit seinen Landern Landkarte.

(b) Zwei verschiedene Lander heißen benachbart oder adjazent, wenn es eine Kante gibt,die zum Rand beider Lander gehort.

Bemerkungen 4.2.3

(1) Randpunkte und Rand eines Landes sind wie ublich in der Analysis definiert. Jeder Rand-punkt liegt auf genau einer Kante oder ist eine Ecke.

(2) Zwei Lander, deren Abschlusse nur eine Ecke gemeinsam haben, sind nicht benachbart.

(3) Mit Hilfe stereographischer Projektion kann man zeigen, dass ein Graph genau dann planarist, wenn er auf der Sphare einbettbar ist. Durch zweimalige stereographische Projektioneines ebenen Graphen kann man erreichen, dass ein beliebig vorgegebenes Land außeresLand wird.

Satz 4.2.4 (Eulerscher Polyedersatz) Sei G = (E,K) ein ebener Graph mit p Ecken, q Kan-ten, m Komponenten und die zugehorige Landkarte habe s Lander. Dann gilt:

(a) s− q + p = 1 +m.

(b) Ist G zusammenhangend, dann gilt s− q + p = 2.

Bemerkungen 4.2.5

(1) Da isomorphe Graphen dieselbe Ecken-, Kanten- und Komponentenzahl haben, ist nachder Eulerschen Polyederformel die Anzahl der Lander fur jede Einbettung eines planarenGraphen gleich. Daher kann man auch bei planaren Graphen von der Anzahl seiner Landersprechen.Landkarten, die zu verschiedenen Einbettungen eines Graphen gehoren, mussen nicht iso-morph sein. Bei folgendem Beispiel der beiden isomorphen ebenen Graphen entsteht beiG1 ein Funfeck, bei G2 treten nur Drei- und Vierecke auf.

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4. Planare Graphen 44

① ①

① ①

G1

①①

G2

(2) Ist G ein ebener Graph, dann ist eine Kante von G genau dann eine Brucke, wenn sie zumRand eines einzigen Landes gehort.

(3) Ist G ein zusammenhangender ebener Graph ohne Brucken, dann gehort jede Kante zugenau 2 Landern.

(4) Die Eulersche Polyederformel gilt auch fur konvexe 3-dimensionale Polytope, d.h. be-schrankte Durchschnitte endlich vieler (durch Ebenen berandeten) Halbraume im IR

3. Bei-spiele dazu gibt die folgende Tabelle, in der fur bestimmte Polytop-Beispiele die sogenanntenkombinatorischen Eigenschaften, d.h. die Anzahlen p der Ecken, q der Kanten, s der Seitensowie die Eckenzahl n pro Seite sowie die Kantenanzahl m pro Ecke aufgelistet ist:

Polytop p q s n m

Tetraeder 4 6 4 3 3Oktaeder 6 12 8 3 4Ikosaeder 12 30 20 3 5Wurfel 8 12 6 4 3Dodekaeder 20 30 12 5 3Pyramide uber n-Eck n + 1 2n n + 1 n bzw. 3 n bzw. 3Doppel-Pyramide uber n-Eck n + 2 3n 2n 3 n bzw. 4Prisma uber n-Eck 2n 3n n + 2 n bzw. 4 3Antiprisma uber n-Eck 2n 4n 2n+ 2 n bzw. 3 4

Projeziert man ein konvexes Polytop von einem Punkt sehr dicht an einer festen Seiteauf die Ebene, die diese Seite enthalt, dann erhalt ein Bild in der Ebene, das zwar nichtdie Großenverhaltnisse widerspiegelt, aber die kombinatorischen Eigenschaften: Die Bil-der zweier Kanten schneiden sich hochstens in einer Ecke, jede Ecke ist sichtbar mit allenKanten, die dort zusammenstoßen, und die Ebene wird durch die Kantenzuge in s Berei-che zerlegt, die Projektionen der Polytopseiten sind. Dabei fasst man das unbeschrankteAußengebiet als Bild der Seite auf, auf die projeziert wird.

Fur das Bild eines Tetraeders bzw. eines Wurfels ergibt sich zum Beispiel:

s s

s

s

s s

s s

s s

s s

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4. Planare Graphen 45

(5) In der Topologie klassifiziert man geschlossene 2-dimensionale Flachen im Raum. Sie sinddadurch gekennzeichnet, dass mit jedem Punkt der Flache auch eine kleine Kreisscheibeum diesen Punkt Teil der Flache ist, sie also keinen Rand hat. Beispiele sind Zylinderman-telflache, Kugeloberflache (

”Sphare“) oder Mobius-Band.

Zwei Flachen betrachtet man in der Topologie als gleich, wenn sie durch Verbiegungenoder Streckungen ineinander uberfuhrt werden konnen, aber ohne Gebrauch von Schereund Klebstoff.

Zuerst unterscheidet man zwischen orientierbaren (zweiseitigen) und nichtorientierbaren(einseitigen) Flachen. (Eine Ameise kann bei einer orientierbaren Flache niemals durchDurchlaufen einer geschlossenen Kurve die Richtungen

”oben“ und

”unten“ verandern.)

Die Sphare ist orientierbar, das Mobiusband ist nichtorientierbar (aber naturlich keinegeschlossene Flache).

Man kann zeigen, dass es Standardformen gibt, die man durch ihr Geschlecht beschreibt:

Der Kugeloberflache ordnet man das Geschlecht 0 zu.Setzt man an eine Kugeloberflache h Henkel an, dann erhalt man eine orientierbare FlacheOh vom Geschlecht h. Der Torus ist damit eine orientierbare Flache vom Geschlecht 1.Schneidet man andererseits in eine Kugeloberflache k kreisformige Locher und identifiziertbei jedem Loch jeweils die sich gegenuberliegenden Randpunkte (verklebt sie), dann erhaltman eine nichtorientierbare Flache Nk vom Geschlecht k.

Auf jeder dieser Standardformen F zeichnet man eine Landkarte mit p Ecken, q kreuzungs-freien Kanten und s Landern, und berechnet

E(F ) := e− k + s.

Man kann nun zeigen, dass der Wert von E(F ) charakteristisch fur die Art der Flache ist undnicht von der speziell gewahlten Landkarte abhangt. E(F ) heißt Euler-Charakteristikder Flache und es gilt

E(Oh) = 2− 2h und E(Nk) = 2− k.

(6) Mit Hilfe der Euler-Formel kann man zeigen, dass es im IR3 genau 5 (im kombinatorischen

Sinn) regulare konvexe Polytope gibt (bei denen die Anzahl der Ecken pro Seite und dieAnzahl der Kanten pro Ecke jeweils gleich ist), namlich die 5 platonischen Korper.

Definition 4.2.6 Ein schlichter ebener Graph G = (E,K) heißt maximal eben, wenn es kei-nen ebenen Graphen G′ = (E,K ′) gibt mit K ⊂ K ′, K 6= K ′.

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4. Planare Graphen 46

Satz 4.2.7 Sei G = (E,K) ein schlichter maximal ebener Graph mit p ≥ 3 Ecken und q Kanten.Dann gilt:

(a) G zusammenhangend und hat keine Brucke und daher auch keine trennende Ecke.

(b) Jedes Land der zugehorigen Landkarte wird durch genau 3 Kanten berandet, ist also einDreieck.

(c) G hat q = 3p− 6 Kanten.

Korollar 4.2.7.1 Sei G = (E,K) ein schlichter Graph mit p ≥ 3 Ecken und q Kanten.

(a) Ist G planar, dann gilt q ≤ 3p− 6.

(b) Ist G eben und enthalt die zugehorige Landkarte keine Dreiecke, dann gilt q ≤ 2p− 4. Dasgilt insbesondere fur bipartite Graphen.

(c) Der vollstandige Funfecksgraph K5 und der vollstandige bipartite Graph G3,3 sind nichtplanar.

(d) Ist G planar und gilt δ(G) ≥ 3, dann hat G mindestens 4 Ecken vom Grad kleiner odergleich 5.

Definition 4.2.8 Sei G = (E,K) ein schlichter ebener Hamilton-Graph, C ein orientierterHamiltonkreis. Lander, die bei Durchlauf von C links von C liegen, heißen innere Lander, dieanderen außere Lander. Weiter sei αi die Anzahl der inneren Lander, deren Rand aus i Kantengebildet wird, und βi die Anzahl der entsprechenden außeren Lander.

Beispiel 4.2.9 In dem Graphen

t

t

t

t

t

t

t

t

t

t

t

t

t

t

t

t

t tt

t✕

✛✛

✲ ✲ ✲

✢②✾❪

❯❥ ✯

✒ ❘5

6

44 4

4 45 5

5 5

9

Gist

α4 = 4, β4 = 1, α5 = 2, β5 = 3, α6 = 1, β9 = 1.

Es gilt

Satz 4.2.10 Ist G ein ebener Hamilton-Graph ohne Schlingen, C ein Hamilton-Kreis und αi, βi

die Zahl der Innen- bzw. Außenlander bezuglich C mit i Kanten, dann gilt

∞∑

i=2

(i− 2)(αi − βi) = 0.

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4. Planare Graphen 47

Beispiel 4.2.11 Der folgende ebene Graph G erzeugt eine Landkarte mit 9 Landern, die jeweilsgenau 4 Randkanten haben.

✉ ✉ ✉ ✉ ✉

G

Gabe es einen Hamilton-Kreis in G, dann folgte fur die Zahl der Innen- bzw. Außenlanderbezuglich des Kreises α4 = β4, d.h. die Zahl der Lander musste gerade sein.

4.3 Der Satz von KuratowskiDie Graphen K5 und K3,3 und damit auch beliebige Obergraphen dieser beiden Graphen sindnicht planar.

Der vollstandige bipartite Graph K3,3 ist nach Korollar 4.2.7.1 nicht planar. Fugt man in diesenGraphen in beliebige Kanten zusatzliche Ecken vom Grad 2 ein, dann ist der neue Graph auchnicht planar.

Definition 4.3.1 Sei G = (E,K) ein schlichter Graph.Fugt man in einige Kanten zusatzliche Ecken vom Grad 2 ein, dann heißt der neue Graph G′

Unterteilung von G.

Beispiele 4.3.2

(1) G2 ist eine Unterteilung von G1.

✉ ✉ ✉

✉ ✉

e1 e2 e3

e4e5

G1

✉e1

e2 e3

e4

e5 a1

a2

G2

(2) Der Petersen-Graph

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4. Planare Graphen 48

Ein Teilgraph ist isomorphzu folgender Unterteilungdes K3,3

Der Petersen-Graph ist also nicht planar.

Um nachzuweisen, dass ein Graph nicht planar ist, sind die Graphen K5 und K3,3 sehr nutzlich.Der folgende Satz zeigt, dass sie sogar wesentlich fur die Eigenschaft

”nichtplanar“ sind:

Satz 4.3.3 (Kuratowski) Ein Graph G ist genau dann planar, wenn er keinen Teilgraph be-sitzt, der isomorph zu einer Unterteilung von K5 oder K3,3 ist.

Vergleicht man den Petersen-Graph mit dem nicht planaren Graph K5, dann erkennt man leicht,dass man den Petersen-Graph in den K5 umwandeln kann, indem man jede der

”inneren“ Ecken

in die benachbarte”außere“ Ecke uberfuhrt.

Das fuhrt zu

Definition 4.3.4 Sei G = (E,K) ein schlichter Graph und k = uv ∈ K eine Kante von G.Ersetzt man u und v durch eine neue Ecke w, die zu einer Ecke x ∈ E \ {u, v} genau dannbenachbart ist, wenn ux ∈ K oder vx ∈ K, und streicht man von moglicherweise entstandenenParallelkanten alle bis auf eine, dann heißt der neue Graph G ∗ k der durch Kontraktion derKante k entstandener Graph.

Beispiele und Bemerkungen 4.3.5

(1) G ∗ k ist der resultierende Graph nach Kontraktion der Kante k = e1e4 in G.

e1e2

e3

e4

e5

e6

k

G

e2

e3

e5

e6

e7

G ∗ k

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4. Planare Graphen 49

(2) Ist T ein spannender Baum von G, der die Kante k beinhaltet, dann ist T ∗k ein spannenderBaum von G ∗ k. Treten bei Kontraktion der Kante k in G keine Parallelkanten auf, danngibt es umgekehrt zu jedem spannenden Baum T ′ von G∗k genau einen spannenden BaumT von G mit Kante k und T ′ = T ∗ k.

(3) Wie der Graph aus (1) zeigt, mussen die Eckenzusammenhangszahlen von G und G ∗ k

nicht gleich sein. Es gilt aber σ(G ∗ k) ≤ σ(G).

Analog zu Satz 4.3.3 folgt

Satz 4.3.6 (Kuratowski, 2.Version) Ein Graph G ist genau dann planar, wenn er keinen aufK5 oder K3,3 kontrahierbaren Teilgraphen besitzt.

Bemerkung 4.3.7 Von Tutte stammt ein Algorithmus, der einen gegebenen Graphen in dieEbene einbettet bzw. abbricht, wenn die Voraussetzung von Satz 4.3.3 bzw. 4.3.6 nicht erfulltsind.

4.4 DualitatDefinition 4.4.1 Sei G = (E,K = {k1, . . . , kq}, L = {l1, . . . , lr}) eine (ebene) Landkarte. DerGraph G∗ = (E∗, K∗) mit

E∗ := {e∗1, . . . , e∗r}, K∗ := {k∗

i = e∗je∗m; ki ist Kante von lj und lm}

heißt der zu G = (E,K) duale Graph.

Bemerkungen und Beispiele 4.4.2

(1) Im folgenden wird ein Graph und sein dualer Graph dargestellt:

r

r

r

r r

r

r

r

l1

l2 l3

l4

l5

k2

k1

k5

k4

k3

k6

k11

k8

k9

k7

k10

r

r r

r

r

e∗2

e∗1 e∗3

e∗5

e∗4k∗1

k∗5

k∗6

k∗2 k∗3 k∗4

k∗11

k∗9

k∗7

k∗10

k∗8

(2) Der Tetraedergraph ist zu sich dual, der Oktaedergraph zum Wurfelgraph und umgekehrt,und der Ikosaedergraph zum Dodekaedergraph und umgekehrt.

(3) G∗ hat genau dann Parallelkanten, wenn es in der Landkarte von G zwei Lander gibt, diemindestens zwei Kanten gemeinsam haben.

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4. Planare Graphen 50

(4) G∗ hat genau dann eine Brucke, wenn G eine Schlinge hat, und genau dann eine Schlinge,wenn G eine Brucke hat.

(5) Zu einem planaren Graphen kann es - je nach konstruierter Einbettung in die Ebene -verschiedene nichtisomorphe duale Graphen geben.

Satz 4.4.3 Sei G ein ebener Graph mit p Ecken, q Kanten und r Landern, und G∗ sein dualerGraph mit p∗ Ecken und q∗ Kanten. Dann gilt:

(a) G∗ ist planar.

(b) G∗ ist zusammenhangend.

(c) Ist G zusammenhangend und r∗ die Anzahl der Lander der von G∗ erzeugten Landkarte,dann gilt p∗ = r, q∗ = q, r∗ = p.

(d) Fur ein Land l sei grad l die Anzahl der Kanten auf dem Rand (wobei Brucken doppeltgezahlt werden). Dann gilt

r∑

i=1

grad li = 2q.

(e) Ist G∗∗ der zu G∗ duale Graph, dann gilt:G und G∗∗ sind genau dann isomorph, wenn G zusammenhangend ist.

(f) G ist genau dann bipartit, wenn G∗ Eulersch ist.

Bemerkung 4.4.4 Satz 4.4.3 (f) ermoglicht, Dualitat auch fur nichtplanare Graphen zu definie-ren:Zwei Graphen G und G∗ heißen abstrakt-dual (im Gegensatz zu geometrisch-dual), wenn es eineBijektion zwischen den Kantenmengen gibt und wenn jedes S ⊂ K genau dann einen Kreis in G

bildet, wenn die entsprechende Menge S∗ ⊂ K∗ einen Schnitt in G∗ bildet.Mit Hilfe des Satzes von Kuratowski kann man zeigen, dass genau dann zu einem Graph G einabstrakt-dualer Graph G∗ existiert, wenn G planar ist.

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51

5 Farbungen

Die Graphen in diesem Kapitel seien - wenn nicht anders erwahnt - ungerichtet.

In der Mathematik werden Probleme oft dadurch gelost, dass man eine zusatzliche Struktureinfuhrt. Diese Struktur hat in der Regel nur eine Hilfsfunktion, sie kommt weder in der Voraus-setzung noch in der Behauptung vor, sondern dient nur fur den Beweis. In vielen Fallen kann maneine solche Struktur durch eine Farbung realisieren. Durch eine geschickte Farbung wird dabeiein Problem gelost, das moglicherweise gar nichts mit Farben zu tun hat. Mit dieser Methodekann man sowohl Existenz- wie auch Nichtexistenzsatze beweisen.

Uberdeckung eines Schachbretts mit Dominosteinen

Wir betrachten ein normales Schachbrett und eine Menge von 2x1-Dominosteinen, von denenjeder genau zwei benachbarte Felder des Schachbretts uberdecken kann. Bei den Dominosteinenkommt es nicht auf die Beschriftung an, sondern nur auf die Form.Wir betrachten folgende Aufgabenstellungen:

• Kann man die Felder des Schachbretts luckenlos mit Dominosteinen so uberdecken, dasssich keine zwei Dominosteine uberlappen?

• Kann man ein Schachbrett, bei dem man ein Eckfeld ausgeschnitten hat, luckenlos mitsolchen Dominosteinen uberdecken?

• Kann man ein Schachbrett, bei dem man zwei gegenuberliegende Eckfelder ausgeschnittenhat, luckenlos mit solchen Dominosteinen uberdecken?

Naturlich gibt es sehr viele Losungen fur die erste Aufgabe.

Das beschnittene Schachbrett der zweiten Aufgabe hat eine ungerade Anzahl von Feldern (namlich63), jeder Dominostein uberdeckt aber gleich zwei Felder, d.h. es wird immer nur eine geradeAnzahl von Schachfeldern uberdeckt. Die zweite Aufgabe ist also nicht losbar.

Bei der dritten Aufgabe hat das beschnittene Schachbrett 62 Felder, die also im Prinzip durch31 Dominosteine uberdeckt werden konnten. Wenn wir jetzt aber berucksichtigen, dass die Fel-der eines Schachbretts abwechselnd weiß und schwarz gefarbt sind und zwei gegenuberliegendeEckfelder dieselbe Farbe haben (d.h. es gibt z.B. 32 schwarze und 30 weiße Felder), andererseitsein Dominostein immer jeweils ein weißes und ein schwarzes Feld uberdeckt, erkennt man, dassdie dritte Aufgabe auch nicht losbar ist

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5. Farbungen 52

5.1 Eckenfarbung

An der Kreuzung rechts sind folgende Verkehrs-strome gegeben: Die Straße rechts ist eine Ein-bahnstrasse mit Fahrtrichtung nach links. An derKreuzung ist (in Fahrtrichtung) eine Spur rechtsfur den Geradeaus-Verkehr (A) und eine Spur linksfur die Linksabbieger (B). Außerdem gibt es dorteinen Ubergang fur Fußganger (C). Auch am En-de der unteren Straße gibt es einen Ubergang furFußganger (D). Von unten kommende Fahrzeugedurfen nur nach links abbiegen (E) und von linkskommende Fahrzeuge nur nach unten (F).

F

D

C

E

A

B

❄❄

✲✛

Es sollen A und C nicht gleichzeitig grun haben, wahrend sich Aund D nicht storen. Wir beschreiben die Situation mit einem Gra-phen: Die Verkehrsstrome stellen wir durch Ecken dar und Kan-ten zeichnen wir dann, wenn sich die Verkehrsstrome gegenseitigstoren. Man nennt einen solchen Graphen auch Konfliktgraph. Ver-kehrsstrome, die durch eine Kante verbunden sind, durfen nichtgleichzeitig grun haben. Man konnte das erreichen, wenn man je-dem Verkehrsstrom einzeln grunes Licht gibt und die anderen indieser Zeit rot haben. Das bedeutet hier 6 Grunphasen nacheinan-der, mit langen Wartezeiten fur alle. Es konnten aber z.B. A und Dgleichzeitig grun haben. Es ist also sinnvoll, nach einer minimalenAnzahl von Grunphasen zu suchen.

s

s

s s

ss

A

D

B

C

F

E

Konfliktgraph

Wir farben jetzt die Ecken so, dass benachbarte Ecken verschiedeneFarben haben. Jede Farbe bedeutet also eine Ampelphase, und al-le Verkehrsstrome mit der gleichen Farbe konnen gleichzeitig grunhaben. Da der Graph Dreiecke enthalt (z.B. BED), braucht manmindestens 3 Farben und man sieht leicht, dass 3 Farben schonreichen, z.B. r (rot), b (blau) und g (grun). s

s

s s

ss

A, r

D, r

B, b

C, g

F, g

E, g

Konfliktgraph

Definition 5.1.1 Sei G = (E,K) ein schlichter Graph.

(a) G heißt n-farbbar, wenn man jeder Ecke eine von n Farben zuordnen kann, so dass jezwei benachbarte Ecken verschiedene Farben haben.

(b) Das Minimum der Anzahl der notwendigen Farben heißt chromatische Zahl von G. Be-zeichnung: χ(G). Ist χ(G) = n, dann heißt G n-chromatisch.

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5. Farbungen 53

Bemerkungen und Beispiele 5.1.2

(1) Ein Graph mit Schlingen ist uberhaupt nicht farbbar. Fur die Farbung der Ecken ist esweiter unerheblich, ob zwei Ecken durch eine oder mehrere (Parallel-) Kanten verbundensind. Daher beschranken wir uns im folgenden auf schlichte Graphen.

(2) Hat ein Graph p Ecken, dann gilt χ(G) ≤ p.

(3) Ist G′ ein Teilgraph von G, dann gilt χ(G′) ≤ χ(G).

(4) χ(Kp) = p fur alle p ∈ IN.

(5) Ist G ein Baum mit p > 1 Ecken, dann gilt χ(G) = 2.

(6) Hat G die (Zusammenhangs-) Komponenten G1, . . . , Gm, dann gilt χ(G) = max1≤i≤m

χ(Gi).

Die 2-chromatischen Graphen lassen sich vollstandig charakterisieren:

Satz 5.1.3 Es gilt χ(G) = 2 genau dann, wenn G bipartit mit q ≥ 1 Kanten ist.

Korollar 5.1.3.1 Es gilt χ(G) ≥ 3 genau dann, wenn G einen ungeraden Kreis enthalt.

Eine entsprechende Charakterisierung der 3-chromatischen Graphen gibt es (noch) nicht, auchkeine brauchbare Methode, zu einem beliebigen Graph G die chromatische Zahl χ(G) zu bestim-men. Eine Abschatzung gibt

Satz 5.1.4 Ist p0 die Eckenzahl eines großten vollstandigen Teilgraphen von G, dann gilt

p0 ≤ χ(G) ≤ ∆(G) + 1.

Die obere Schranke ist fur vollstandige Graphen und Kreise mit ungerader Eckenzahl bestmoglich.Fur die anderen Graphen lasst sie sich verbessern:

Satz 5.1.5 (Brooks) Ist G weder vollstandig noch ein Kreis mit ungerader Eckenzahl, dann gilt

χ(G) ≤ ∆(G).

Satz 5.1.6 (Heawoodscher Funffarbensatz) Planare Graphen sind 5-farbbar.

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5. Farbungen 54

5.2 Farbung von LandkartenDefinition 5.2.1 Sei G = (E,K) ein ebener Graph ohne Brucken. Die zugehorige Landkarteheißt n-flachenfarbbar, wenn man jedem Land eine von n Farben zuordnen kann, so dass jezwei benachbarte Lander (d.h. mit einer gemeinsamen Kante) verschiedene Farben haben.

Bemerkung und Beispiel 5.2.2

(1) Fur Graphen mit Brucken ist die Definition nicht sinnvoll.

(2) Wie man an der Landkarte zum K4 erkennt, braucht man mindestens 4 Farben, um einebeliebige Landkarte (ohne Brucken) zu farben.

Aus dem nachsten Satz ergibt sich ein Zusammenhang zwischen Eckenfarbung und Landkar-tenfarbung:

Satz 5.2.3 Sei G = (E,K) ein ebener zusammenhangender Graph ohne Brucken und Schlingen.Dann ist G genau dann n-farbbar, wenn der duale Graph G∗ n-flachenfarbbar ist.

Als Folgerungen ergibt sich:

Satz 5.2.4 Sei G ein ebener zusammenhangender Graph mit p > 1 Ecken und ohne Bruckenund Schlingen, und G∗ sein dualer Graph. Dann gilt:

(a) G ist 2-flachenfarbbar genau dann, wenn G Eulersch ist.

(b) G sei 3-regular (bzw. kubisch). G ist 3-flachenfarbbar genau dann, wenn jedes Land derzugehorigen Landkarte eine gerade Anzahl von Randkanten besitzt.

(c) Das Vierfarbenproblem zur Farbung der Lander einer Landkarte ist aquivalent zum Vier-farbenproblem zur Farbung der Ecken eines ebenen Graphen.

5.3 KantenfarbungBei den Vorrunden zu einer Fußball-EM oder -WM bilden je 4 Mannschaften eine Gruppe, undjede Mannschaft einer Gruppe muss gegen jede andere Mannschaft der Gruppe spielen. Naturlichsoll keine Mannschaft zwei Spiele gleichzeitig bzw. an demselben Tag bestreiten. Wieviele Spiel-tage sind notwendig?Wir betrachten das Problem am Beispiel der Vorrunde bei der WM 2002 in Japan und Sudkoreaund der Gruppe mit Deutschland (D), Kamerun (CAM), Irland (IRL) und Saudi-Arabien (KSA)und stellen die Spiele mit Hilfe eines Graphen dar. Die Mannschaften werden durch Ecken undein Spiel zwischen zwei Mannschaften durch eine Kante zwischen den entsprechenden Ecken dar-gestellt. Damit ergibt sich der vollstandige Graph K4.

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5. Farbungen 55

Ordnet man jetzt jedem Spieltermin eine Farbe zu, dann durfenzwei benachbarte Kanten nicht dieselbe Farbe haben. Die Anzahlder notwendigen Spieltage ist also gleich der Mindestanzahl derFarben, mit denen die Kanten des Graphen so farbt, dass keinezwei benachbarte Kanten dieselbe Farbe haben.In unserem Beispiel sieht man leicht, dass man 3 Spielterminebenotigt. ✉ ✉

✉ ✉

D CAM

IRL KSA

r

r

g g

bb

Spielgraph

Definition 5.3.1 Sei G = (E,K) ein schlichter Graph.

(a) G heißt n-kantenfarbbar, wenn man jeder Kante eine von n Farben zuordnen kann, sodass je zwei benachbarte Kanten verschiedene Farben haben.

(b) Das Minimum der Anzahl der notwendigen Farben heißt kantenchromatische Zahl oderchromatischer Index von G. Bezeichnung: χ′(G).

Bemerkungen und Beispiele 5.3.2

(1) Hat ein Graph q Kanten, dann gilt χ′(G) ≤ q.

(2) Ist G′ ein Teilgraph von G, dann gilt χ′(G′) ≤ χ′(G).

(3) Hat G die (Zusammenhangs-) Komponenten G1, . . . , Gm, dann gilt χ′(G) = max1≤i≤m

χ′(Gi).

(4) Ist C ein Kreis mit p Ecken und p gerade, dann gilt χ′(C) = 2 und sonst χ′(C) = 3.

Satz 5.3.3 Sei G ein schlichter Graph. Dann gilt:

(a) χ′(G) ≥ ∆(G).

(b) Ist G bipartit, dann gilt χ′(G) = ∆(G).

(c) χ′(Kp) =

{∆(Kp) = p− 1 falls p gerade

∆(Kp) + 1 = p falls p > 1 ungerade.

(d) (Vizing) ∆(G) ≤ χ′(G) ≤ ∆(G) + 1.

Bemerkung 5.3.4 Mit Hilfe von Satz 5.3.3 kann man lateinische Quadrate der Seitenlangen ∈ IN konstruieren.

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56

6 Matchings

Wir konnten das Brieftragerproblem in Beispiel 1.4.21 (2) losen, wenn der zugehorige GraphEulersch war, d.h. wenn der Graph nur Ecken mit geradem Grad hatte. Fur Graphen mit genau2 ungeraden Ecken musste zusatzlich der kurzeste Weg zwischen den beiden Ecken bestimmtwerden, was mit den Algorithmen von Dijkstra oder Floyd-Warshall gelingt. Hat man allerdingsmehr als 2 ungerade Ecken, z.B. 2n, dann reicht es nicht aus, alle kurzesten Wege zwischen jezwei ungeraden Ecken zu bestimmen, sondern man muss n dieser Wege so auswahlen, dass keinezwei dieser Wege eine gemeinsamen Anfangs- und Endpunkte haben und dass die Summe derLangen der n Wege minimal wird.

6.1 Matchings und erweiternde Wege

Definition 6.1.1 Sei G = (E,K) ein Graph.

(a) Eine Kantenmenge M ⊂ K heißt Matching oder Korrespondenz oder Paarung, wennM keine Schlinge enthalt und keine zwei Kanten von M benachbart sind.

(b) Ein Matching M in G heißt gesattigt, wenn es kein Matching M ′ 6= M von G gibt mitM ⊂ M ′.

(c) Ein Matching M in G heißt maximal, wenn es kein Matching M ′ von G gibt mit mehrKanten, und die Anzahl der Elemente von M heißt dann Kantenunabhangigkeitszahlα0(G).

(d) Ein Matching M in G heißt perfekt, wenn jede Ecke von G mit einer der Kanten von M

inzident ist, und fast-perfekt, wenn jede Ecke von G außer einer mit einer der Kantenvon M inzident ist.

Beispiele 6.1.2 In G1 besteht jedes nichtleere Matching aus genau einer Kante, und jede derKanten bildet ein Matching. Es ist ein gesattigtes und maximales, aber kein perfektes Matching.

In G2 sind z.B. {a1b1, a2b2, a3b3}, {a1b2, a2b1, a3b3} und {a1b2, a2b3, a3b1} gesattigte, maximaleund perfekte Matchings.

In G3 ist z.B. {a1a3, a4a6} gesattigt, aber nicht maximal und nicht perfekt, {a1a2, a3a4, a5a6}gesattigt, maximal und perfekt.

In G4 ist {a1a2, a3a4} gesattigt, maximal, aber nicht perfekt.

①① ①

① ①

① ①

G1

① ① ①

① ① ①

a1 a2 a3

b1 b2 b3

G2

a1

a2

a3

a4

a5

a6

G3

①① ①

① ①

① ①

a1

a2 a3

a4

G4

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6. Matchings 57

Bemerkungen 6.1.3 Sei G = (E,K) ein beliebiger Graph mit p Ecken. Dann gilt:

(1) Jedes maximale Matching ist gesattigt.

(2) Jedes perfekte oder fast-perfekte Matching ist maximal.

(3) Ist M ein Matching mit pM Ecken und qM Kanten, dann gilt pM = 2qM .

(4) Sei M ein Matching mit qM Kanten. Dann gilt p =

{2qM , falls M perfekt

2qM + 1, falls M fast perfekt.

(5) Ist G zusammenhangend mit ∆(G) ≤ 2, dann hat G fur p gerade ein perfektes und fur pungerade ein fast-perfektes Matching.

Eine sinnvolle Abschatzung der Kantenzahl eines beliebigen maximalen Matchings nach obengibt

Satz 6.1.4 Sei G ein Graph mit p Ecken.

(a) Ist M0 ein gesattigtes Matching von G mit qM0Kanten, M ein beliebiges Matching mit qM

Kanten, dann gilt qM ≤ 2qM0, und die Ungleichung ist scharf.

(b) Gibt es in G ein gesattigtes Matching M0 mit qM0Kanten und gilt 4qM0

< p, dann gibt esin G kein perfektes Matching.

Wir wollen nun ein Kriterium fur maximale Matchings herleiten. Aus dem Beweis ergibt sich einVerfahren zur Bestimmung eines solchen maximalem Matchings.

Definition 6.1.5 Sei G = (E,K) ein Graph, M ein Matching von G.

(a) Ein Weg W in G heißt M-alternierender Weg, wenn seine Kanten abwechselnd zu M

und K \M gehoren.

(b) Ein M-alternierender Weg W heißt M-erweiternder Weg, wenn keine seiner beidenEndecken in einer Kante von M liegen.

Beispiele 6.1.6 Fur das (maximale) Matching M1 = {e1e3, e4e5, e2e10, e6e9, e7e8} in G sinde5e4e1e3e10 und e3e1e5e4e2e10e9e6e7e8 M1-alternierende, aber nicht M1-erweiternde Wege.

Fur das (nicht maximale) Matching M2 = {e1e2, e3e5, e6e7, e8e10} in G ist e4e5e3e1e2e6e7e8e10e9ein M2-erweiternder Weg.

e1 e2 e6 e7

e5 e3 e8e10

e4 e9

Matching M1 in G

e1 e2 e6 e7

e5 e3 e8e10

e4 e9

Matching M2 in G

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6. Matchings 58

Satz 6.1.7 (Berge) Ein Matching M in einem Graph G ist maximal genau dann, wenn eskeinen M-erweiternden Weg in G gibt.

Bemerkung 6.1.8 Der Satz von Berge gibt also ein Kriterium dafur, ob ein (gesattigtes) Mat-ching M maximal ist.Wenn man einen M-erweiternden Weg gefunden hat (das Matching also nicht maximal ist), fin-det man mit Hilfe dieses Weges ein Matching M ′ mit einer Kante mehr.Es kann mehrere M-erweiternde Wege geben, und es ist fur das Verfahren gleichgultig, wie langein solcher Weg ist, da das neue Matching immer genau eine Kante mehr hat.Um fur ein gesattigtes Matching M einen M-erweiternden Weg zu finden, beginnt man mit einer

”freien“ Ecke, also einer Ecke e, die zu keiner Kante von M inzident ist. e kann zu keiner anderenfreien Ecke benachbart sein, denn sonst konnte man die entsprechende Kante zu M hinzufugen,d.h. M ware nicht gesattigt.Dann sucht man einen Weg, der bei e beginnt und mit einer freien Ecke endet, und hat einenM-erweiternden Weg gefunden.

6.2 Matchings in bipartiten Graphen, HallscherHeiratssatz

Beim sogenannten Personal-Zuteilungsproblem gibt es n zu erledigende Aufgaben undm < n

Personen, die fur mehrere dieser Aufgaben qualifiziert sind. Gesucht ist eine Aufgabenverteilung,so dass moglichst viele Personen beschaftigt sind. Stellt man jetzt jede Person und jede Aufgabeals Ecke dar, dann erhalt man als zugehoriges mathematisches Modell einen bipartiten Graphen,in dem ein maximales Matching gesucht ist.

Zur Formulierung des nachsten Satzes wiederholen wir die Definition der Nachbarschaftsmenge:

Definition 6.2.1 Sei G = (E,K) ein Graph.

(a) Fur x ∈ E bzw. E ′ ⊂ E heißt

N(x) := {y ∈ E; xy ∈ K} bzw. N(E ′) :=⋃

x∈E′

N(x)

Nachbarschaftsmenge von x bzw. E ′.

(b) Ist G bipartit mit Partition E = E1 ∪ E2, M ein Matching, so dass jede Ecke von E1

Endecke einer Kante von M ist, dann heißt M vollstandiges Matching von E1 nachE2.

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6. Matchings 59

Beispiele 6.2.2

(1) Es ist N(a3) = {b2} und N({b1, b2}) = {a1, a2, a3, a4, a5}.

(2) {a2b4, a3b2, a4b3, a5b1} ist ein vollstandiges Matching von {b1, b2, b3, b4} nach {a1, a2, a3, a4, a5},aber nicht umgekehrt.

Wenn es ein vollstandiges Matching von E1 nach E2 gibt, dann mussen fur jede Auswahl von Per-sonen (Ecken aus E1) mindestens die gleiche Anzahl von Aufgaben (Ecken aus E2) zur Verfugungstehen. Der folgende Satz sagt aus, dass diese Bedingung sogar hinreichend fur die Existenz einesvollstandigen Matchings ist.

Satz 6.2.3 (Heiratssatz von Hall) Sei G = (E = E1 ∪ E2, K) ein bipartiter Graph. Danngibt es genau dann ein vollstandiges Matching M in G von E1 nach E2, wenn fur alle S ⊂ E1

die Menge N(S) mindestens so viele Elemente hat wie S.

Zum Schluss soll ein Algorithmus zur Konstruktion maximaler Matchings vorgestellt werden:

In Bemerkung 6.1.8 wird beschrieben, wie man mit Hilfe eines gefundenen M-erweiternden Wegeszu einem vorliegenden gesattigten Matching M ein großeres (mit einer Kante mehr) findet.

Was bedeutet es aber, wenn man keinen solchen Weg gefunden hat?

Fur bipartite Graphen erhalt man mit der ungarischen Methode ein Verfahren, das mit Hilfeeines Teilgraphen entweder einen von einer festen freien Ecke ausgehenden M-erweiternden Wegkonstruiert oder zeigt, dass es mit dieser Ecke kein besseres Matching gibt.

Dazu benotigen wir folgende

Definition 6.2.4 Sei G = (E,K) ein Graph, M ein Matching in G. Fur eine nicht mit M

inzidente Ecke e ∈ E heißt ein Baum T = (ET , KT ) M-alternierender Wurzelbaum mitWurzel e, wenn folgendes gilt:

• e ∈ ET ,

• jede Ecke u ∈ ET , e 6= u, ist mit e durch einen (eindeutigen) M-alternierenden Wegverbunden.

Ein M-alternierender Wurzelbaum heißt gesattigt, wenn man T durch keine Kante aus G ver-großern kann.

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6. Matchings 60

Beispiel 6.2.5 Der folgenden GraphGmit dem gesattigten MatchingM = {a2b1, a4b2, a5b7, a6b5}

① ① ① ① ① ① ①

① ① ① ① ① ① ① ①

a1 a2 a3 a4 a5 a6 a7

b1 b2 b3 b4 b5 b6 b7 b8

G

hat den gesattigten M-alternierenden Wurzelbaum mit Wurzel a3

✉ ✉ ✉

✉ ✉ ✉ ✉

✉ ✉ ✉

a3

b2 a4 b1 a2

b6 b4 b3

b5 a6 b8

T

Satz 6.2.6 Sei G = (E = E1 ∪ E2, K) ein bipartiter Graph, M ein Matching von G und e ∈ E

eine nicht mit M inzidente Ecke. Weiter sei T ein M-alternierender Wurzelbaum mit Wurzel e.Dann gilt:

(a) Ist W ein M-erweiternder Weg in T mit Anfangsecke e, den man in G durch keine Kanteaus M verlangern kann, dann ist W ein M-erweiternder Weg in G.

(b) Ist T gesattigt und gibt es in T keinen M-erweiternden Weg mit Anfangsecke e, dann auchnicht in G.

Damit ergibt sich folgender Algorithmus fur einen bipartiten Graph G = (E = E1 ∪ E2, K)(oBdA |E1| ≤ |E2|) mit einem gesattigten Matching M mit Eckenmenge EM :

1. Wahle eine freie Ecke e ∈ E1.

2. Konstruiere dazu den gesattigten M-alternierenden Wurzelbaum mit Wurzel e.Wenn dabei ein M-erweiternder Weg entsteht, benutze diesen, um M durch ein Matching mit mehr Kantenzu ersetzen.Fuhre das Verfahren fur das neue Matching durch.

3. Sonst gibt es in G keinen M -erweiternden Weg, der mit e beginnt.Fuhre das Verfahren fur den Graph G-e durch.

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6. Matchings 61

Beispiel 6.2.7 Wir betrachten den Graphen G

① ① ① ① ① ① ①

① ① ① ① ① ① ① ①

a1 a2 a3 a4 a5 a6 a7

b1 b2 b3 b4 b5 b6 b7 b8

G

mitE1 = {a1, a2, . . . , a7}, E2 = {b1, b2, . . . , b8}

und dem gesattigten Matching M = {a2b1, a4b2, a5b7, a6b5}.

Wahl der Anfangsecke e = a1 ergibt die gesattigten M-alternierenden Wurzelbaume T .

✉ ✉

✉ ✉

a1

b2

b1

a4

a2

T1

✉ ✉ ✉ ✉ ✉a1 b1 a2 b2 a4

T2

✉ ✉ ✉ ✉ ✉a1 b2 a4 b1 a2

T3

Keiner enthalt einen M-erweiternden Weg, d.h. man startet den Algorithmus neu mit

E1 = {a2, a3, a4, a5, a6, a7}

und demselben Matching.

Wahl der Anfangsecke e = a7 ergibt einen M-alternierenden Baum mit Wurzel a7 und als M-erweiterndem Weg z.B. a7b7a5b3, und damit als neues Matching

M = {a2b1, a4b2, a5b3, a6b5, a7b7}.

Wahl der Anfangsecke e = a3 ergibt einen M-alternierenden Baum mit Wurzel a3 und als M-erweiterndem Weg z.B. a3b5a6b4 und damit als neues Matching

M = {a2b1, a3b5, a4b2, a5b3, a6b4, a7b7}.

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6. Matchings 62

Wegen EM = {a2, a3, a4, a5, a6, a7} bricht der Algorithmus ab. M ist ein maximales Matching.

6.3 Unabhangige Ecken- und Kantenmengen, Ecken-und Kantenuberdeckungen

Definition 6.3.1 Sei G = (E,K) ein Graph ohne Schlingen.

(a) Eine Eckenmenge E ′ ⊂ E heißt unabhangig in G, wenn keine zwei Ecken aus E ′ benach-bart sind.Ist E ′ unabhangig und gibt es keine unabhangige Eckenmenge in G mit mehr Elementen,dann heißt E ′ maximal unabhangig und die Anzahl ihrer Elemente Eckenunabhan-gigkeitszahl α(G).

(b) Eine Eckenmenge E ′′ ⊂ E heißt Eckenuberdeckung von G, wenn jede Kante von G

mindestens eine Endecke in E ′′ hat.Ist E ′′ eine Eckenuberdeckung von G und gibt es keine weitere Eckenuberdeckung von G mitweniger Elementen, dann heißt E ′′ minimale Eckenuberdeckung und die Anzahl ihrerElemente Eckenuberdeckungszahl β(G).

(c) Eine Kantenmenge K ′′ ⊂ E heißt Kantenuberdeckung von G, wenn jede Ecke von G

Endecke mindestens einer Kante in K ′′ ist.Ist K ′′ eine Kantenuberdeckung von G und gibt es keine weitere Kantenuberdeckung von G

mit weniger Elementen, dann heißt K ′′ minimale Kantenuberdeckung und die Anzahlihrer Elemente Kantenuberdeckungszahl β0G).

Beispiele und Bemerkungen 6.3.2

(1) Ein Matching heißt auch in G unabhangige Kantenmenge. Entsprechend heißt dieAnzahl der Elemente eines maximalen Matchings Kantenunabhangigkeitszahl α0(G).

(2) Hat G keine isolierte Ecke, dann ist K eine Kantenuberdeckung von G.Jede isolierte Ecke liegt in jeder maximalen unabhangigen Eckenmenge und in keiner mi-nimalen uberdeckenden Eckenmenge.

(3) Hat ein Graph G = (E,K) p Ecken und keine Kanten, dann ist E unabhangig und es giltα(G) = p. Jede Teilmenge von E ist uberdeckend, d.h. es gilt β(G) = 0.

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6. Matchings 63

(4) Fur den vollstandigen Graph gilt α(Kp) = 1, β(Kp) = p− 1, β0(Kp) =p

2, wenn p gerade,

und β0(Kp) =p+ 1

2, wenn p ungerade ist.

(5) Im folgenden Graph G1 sind z.B. {b1, b2, b3, b4} und {a3, b1, b3, b4} unabhangige Eckenmen-gen, {a1, a2, a3, a4, a5} und {a1, a3, a5, b3, b4} maximale unabhangige Eckenmengen, d.h. esgilt α(G1) = 5.Weiter sind {a1, a2, a3, a4, a5} und {a1, a2, a4, a5, b2} Eckenuberdeckungen von G1 und{b1, b2, b3, b4} und {a2, a4, b1, b2} minimale Eckenuberdeckungen, d.h. es gilt β(G1) = 4.{a1b1, a2b4, a3b2, a4b3, a5b3} ist minimale Kantenuberdeckung von G1, d.h. es gilt β0(G1) =5.{a2b4, a3b2, a4b3, a5b1} ist ein maximales Matching von G1, d.h. es gilt α0(G1) = 4.

① ① ① ① ①

①① ① ①

a1 a2 a3 a4 a5

b1 b2 b3 b4

G1

Satz 6.3.3 Sei G = (E,K) ein Graph ohne Schlingen mit p Ecken. Dann gilt:

(a) E ′ ⊂ E ist genau dann unabhangig in G, wenn E \ E ′ eine Eckenuberdeckung von G ist.

(b) α(G) + β(G) = p.

(c) α0(G) ≤ β(G).

(d) Gibt es ein Matching M und eine Eckenuberdeckung E ′ von G mit jeweils r Elementen,dann gilt α0(G) = β(G) = r.

(e) Hat G keine isolierten Ecken, dann gilt α0(G) + β0(G) = p.Daraus folgt α(G) ≤ β0(G).

Bemerkung 6.3.4 Fur den Kreis C3 gilt α0(C3) = 1, β(C3) = 2, also nicht die Gleichheit inSatz 6.3.3 (c).

Fur bipartite Graphen gilt an Stelle von Satz 6.3.3 (c) die Gleichheit:

Satz 6.3.5 (Konig) Sei G = (E = E1∪E2, K) ein bipartiter Graph mit p Ecken, α die Eckenun-abhangigkeitszahl, α0 die Kantenunabhangigkeitszahl, β die Eckenuberdeckungszahl, β0 die Kan-tenuberdeckungszahl. Dann gilt:

(a) β(G) = α0(G) ≤p

2.

(b) Hat G keine isolierten Ecken, dann gilt α(G) = β0(G).

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64

7 Netzwerke

7.1 Flusse und Schnitte

Von einem bestimmten Gut (z.B. Wasser) soll eine moglichst große Menge von einem festen Ort(der Quelle) zu einem anderen Ort (der Senke) transportiert werden. Zum Transport stehen Lei-tungen mit Zwischenstationen zur Verfugung, die allerdings jeweils in ihrer Kapazitat beschranktsind. Wir stellen Quelle, Senke und Zwischenstationen als Ecken und die Leitungen als gerich-tete Kanten eines Graphen dar. Die Quelle bezeichnen wir im Folgenden meist als Startecke s,die Senke als Zielecke z. Das Problem ist naturlich nur dann losbar, wenn es uberhaupt einenTransportweg von s nach z, also im Graph einen gerichteten s, z-Weg gibt. Direkte Verbindun-gen zwischen Start und Ziel spielen fur die Losung des Problems keine Rolle. Daher schließen wirdiese aus.

Definition 7.1.1 Sei G = (E,K) ein gerichteter Graph, s, z ∈ E nicht benachbarte Ecken mit−→sz 6∈ K, und es gebe einen (gerichteten) Weg in G von s nach z. Weiter sei c : K → IR eineFunktion auf der Kantenmenge mit 0 ≤ c(k) fur alle Kanten k ∈ K.N = (E,K, s, z, c) heißt Netzwerk mit der Quelle s und dem Ziel bzw. der Senke z, c heißt(obere) Kapazitat von N .

Beispiel und Bemerkungen 7.1.2

(1) Der folgende Graph stellt ein s-z-Netzwerk dar mit Kapazitat c, die bei den Kanten an-gegeben ist. Auf dem Weg se1e3z kann die Menge 4 transportiert werden, auf dem Wegse2e4z die Menge 2 und auf dem Weg se2e3z die Menge 1. Allgemein gilt: Die Menge, dieauf einem festen Weg transportiert werden kann, ist durch das Minimum der Kapazitatender beteiligten Kanten nach oben beschrankt.

s

s s

s

s s

s

e1 e3

z

e2 e4

����✒

✲❅❅❅❅❘

❅❅❅❅❘ ✁

✁✁✁✁✁✁✁✕

✲ ����✒

5

17

4

3

1

3

2

(2) Eine Verallgemeinerung des Problems erhalt man, wenn man durch jede Kante eine Min-destmenge durchschicken muss, d.h. es eine weitere Funktion cu auf der Kantenmenge gibtmit cu(k) ≤ c(k) fur alle k ∈ K. Wie das folgende Beispiel zeigt, kann dadurch unser Opti-mierungsproblem bei unglucklichen Werten von cu und c unlosbar sein. Dabei wurde jederKante untere und obere Kapazitat als Paar (cu|c) zugeordnet.

s s s

s e1 z

✲ ✲(0|1) (2|3)

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7. Netzwerke 65

Schickt man z.B. durch ein (Rohrleitungs-)Netzwerk von der Quelle s zur Senke z eine Flussigkeit,so sollte innerhalb des Netzwerks nichts verschwinden und nichts dazukommen, d.h. die Menge,die in eine innere Ecke hineinfließt, sollte auch aus ihr herausfließen. Weiter wird durch dieKapazitatsfunktion die Mengen, die durch eine bestimmte Kante stromen, nach oben beschrankt.Wir beschreiben jetzt die Menge, die durch eine bestimmte Kante fließt, durch eine weitereKantenfunktion.

Definition 7.1.3 Eine Abbildung f : K → IR in einem Netzwerk N = (E,K, s, z, c), die diebeiden Bedingungen

(i)f(k) ≤ c(k) fur jedes k ∈ K, (ii)∑

−→ue∈K

f(−→ue) =∑

−→ew∈K

f(−→ew) fur alle e ∈ E \ {s, z}

erfullt, heißt Fluss.

|f | =∑

−→su∈K

f(−→su)−∑

−→us∈K

f(−→us) heißt Wert |f | des Flusses.

Beispiel 7.1.4 Bei jeder Kante k wird durch x|y die (obere) Kapazitat co(k) = x und der Flussf(k) = y bezeichnet.

s

a

b

c

d

e

f

z✲

✲✻

✑✑✑✑✑✑✸◗

◗◗◗◗◗s

✲◗◗◗◗◗◗s

◗◗◗◗◗◗s

❄ ✲

2|2

2|2

2|1

1|0 2|1

1|1

1|1

1|1

1|1

1|1

2|22|1

2|2

1|0 2|1

Bemerkungen 7.1.5

(1) Es gilt |f | =∑

−→uz∈K

f(−→uz)−∑

zu∈K

f(−→zu).

(2) Oft wird bei Netzwerken gefordert, dass fur Kanten der Form −→us sowie −→zu die Kapazitatenund damit jeder mogliche Fluss Null sind. Dann gilt naturlich

|f | =∑

−→su∈K

f(−→su) =∑

−→wz∈K

f(−→wz).

Definition 7.1.6 Die Aufgabe, zu jedem Netzwerk N = (E,K, s, z, c) mit p Ecken und q Kantenden Fluss f ∈ IR

q mit maximalem Wert zu finden, heißt Problem des großten Flusses (maxflow problem) .

Beispiel 7.1.7 Im folgenden Netzwerk mit p = 4 Ecken, q = 5 Kanten und c(ki) = 1, i = 1, . . . , 5,gibt es einen maximalen Fluss mit Wert 2.

s zr r

r

r

����✒ ❅

❅❅❅❘

❅❅❅❅❘ �

���✒

k1 k2

k3 k4

k5

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7. Netzwerke 66

7.2 Der Algorithmus von Ford-FulkersonEntfernt man aus einem Fluss-Netzwerk genugend viele Kanten, dann liegen Quelle und Senkein verschiedenen Zusammenhangskomponenten, ein Fluss von der Quelle zur Senke ist also nichtmehr moglich. Existierte vorher ein Fluss, dann musste sein Wert vollstandig durch die entferntenKanten geflossen sein, er kann also nicht großer als die Gesamt-Kapazitat der entfernten Kantensein.

Wir betrachten spezielle Schnitte des Graphen (s. Definition 1.4.12):

Definition 7.2.1 (a) Sei (E,K, s, z, c) ein Netzwerk. Ein Schnitt (S, Z) heißt (s-z-)Schnittdes Netzwerks, wenn s ∈ S und z ∈ Z.

(b) c(S, Z) =∑

−−→eiej∈K,ei∈S, ej∈Z

c(−−→eiej) heißt Kapazitat des Schnittes (S, Z).

Satz 7.2.2 Sei N = (E,K, s, z, co) ein Netzwerk, (S, Z) ein Schnitt und f ein Fluss. Dann gilt

|f | =∑

−−→eiej∈K,ei∈S, ej∈Z

f(−−→eiej)−∑

−−→eiej∈K,ei∈Z, ej∈S

f(−−→eiej).

Insbesondere ist |f | ≤ c(S, Z), d.h. der Wert jedes Flusses ist kleiner oder gleich dem Infimumder Kapazitaten aller Schnitte.Weiter gilt: Gibt es einen Fluss f und einen Schnitt (S, Z) mit |f | = c(S, Z), dann ist der Flussmaximal.

Es ist offensichtlich kein Problem, fur ein Netzwerk einen (zulassigen) Fluss zu finden, z.B. f ≡ 0.Um einen Fluss mit moglichst großem Wert zu konstruieren, bietet es sich an, s, z-Wege maximalauszureizen. Allerdings sind diese Wege im allgemeinen nicht kantendisjunkt. In s nicht absehbareKapazitatsbeschrankungen spaterer Kanten konnen dazu fuhren, dass der so gefundene Flussnicht maximal ist. Betrachtet man z.B. bei dem vorhergehenden Beispiel die Wege sadz, sbezund scfz, dann erhalt man auf diese Weise einen Fluss mit Wert 3, der also nicht maximal ist.

Wir wollen nun Kriterien fur einen maximalen Fluss entwickeln.

Definition 7.2.3 Gegeben sei ein Netzwerk N = (E,K, s, z, c) und ein (zulassiger) s-z-Fluss f .Weiter sei W = (s = e0, e1, . . . , en = z) ein ungerichteter s-z-Weg im unterliegenden Graph.

(a) Die Kante k = ei−1ei von W heißt Vorwartskante von W , wenn −−−→ei−1ei ∈ K und Ruck-wartskante von W , wenn −−−→eiei−1 ∈ K.

(b) Gilt fur jede Vorwartskante k von W f(k) < c(k) und fur jede Ruckwartskante f(k) > 0,dann heißt W zunehmender Weg (bezuglich f).

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7. Netzwerke 67

Beispiel 7.2.4 Wieder wird bei jeder Kante k durch x|y die Kapazitat c(k) = x und der Flussf(k) = y bezeichnet.

s

a

b

c

d

e

f

z✑✑✑✑✑✑✸

✲ ✲

❄ ✲

✲✻

✑✑✑✑✑✑✸◗

◗◗◗◗◗s

✲◗◗◗◗◗◗s

✑✑✑✑✑✑✸

◗◗◗◗◗◗s

1|1

2|0

2|1

1|1

1|0

1|0

1|0

1|0

1|1

2|0

1|1

1|0 2|1

vorher

s

a

b

c

d

e

f

z✑✑✑✑✑✑✸

✲ ✲

❄ ✲

✲✻

✑✑✑✑✑✑✸◗

◗◗◗◗◗s

✲◗◗◗◗◗◗s

✑✑✑✑✑✑✸

◗◗◗◗◗◗s

1|1

2|0

2|2

1|0

1|1

1|0

1|0

1|1

1|1

2|1

1|1

1|0 2|1

nachher

Ein zunehmender Weg ist W = sceadz. Man kann auf jeder Vorwartskante von W den Flussum 1 erhohen und auf jeder Ruckwartskante um 1 vermindern. Dann ist weiter die Bedingungaus Definition 7.1.3 fur den neuen Fluss erfullt und sein Wert um 1 großer als der Wert desursprunglichen Flusses.

Satz 7.2.5 Ein Fluss f auf einem Netzwerk N = (E,K, s, z, co) ist genau dann maximal, wennes keinen bzgl. f zunehmenden Weg gibt.

Korollar 7.2.5.1 Sei S die Menge aller von s aus auf einem zunehmenden Weg in einem Netz-werk N erreichbaren Ecken, Z := E \ S, f ein Fluss auf N . Dann gilt: f ist maximal genaudann, wenn |f | = c(S, Z).

Bemerkungen 7.2.6

(1) Satz 7.2.5 liefert den Algorithmus von Ford-Fulkerson, der fur einen vorliegenden Fluss(z.B. f ≡ 0) entweder zeigt, dass er maximal ist, oder einen zunehmenden Weg konstruiert,mit dessen Hilfe ein großerer Fluss gefunden werden kann.Dazu werden die Ecken sukzessive, beginnend mit s, mit einer dreistelligen Markierungversehen:

- Die erste Markierung m1(e) gibt die Vorgangerecke auf einem moglichen zunehmendenungerichteten Weg an,

- die zweite Markierung m2(e) ∈ {+,−}, ob die Kante m1(e)e eine Vorwarts- oderRuckwartskante ist,

- und die dritte Markierung d(e), um welchen Anteil der Fluss entlang dieser Kanteverandert werden kann, um den Gesamtfluss zu verbessern.

Weiter werden in einer”LISTE“ die Ecken aufgefuhrt, die selbst schon markiert wurden,

aber nicht schon zur Markierung weiterer Ecken benutzt wurden.

1. Schritt: Gehe von einem Anfangsfluss aus (z.B. f ≡ 0). Markiere s durch m1(s) = s, m2(s) = −, d(s) = ∞.

2. Schritt: Setze LISTE := {s} und m1(e) := m2(e) := 0, d(e) := ∞ fur alle e ∈ E \ {s}.

3. Schritt: Fur jedes e ∈ LISTE betrachte alle Ecken v, w ∈ E \ LISTE mit f(−→ev) < c(−→ev) (Vorwartskante)bzw. f(−→we) > 0 (Ruckwartskante).Gibt es keine derartigen Ecken und ist d(z) = ∞, dann gibt es keinen zunehmenden s-z-Weg, derFluss f ist maximal und der Algorithmus bricht ab.Sonst setze m1(v) := m1(w) := e, m2(v) := +, m2(w) := − und d(v) := min(c(−→ev) − f(−→ev), d(e))bzw. d(w) := min(f(−→we), d(e)) und LISTE := LISTE ∪ {v, w}.

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7. Netzwerke 68

4. Schritt: Ist m1(z) 6= 0, dann Schritt (5). Sonst fahre mit Schritt (3) fort.

5. Schritt: N enthalt einen zunehmenden s-z-Weg. Rekonstruiere den Weg und erhohe den Fluss entlang deszunehmenden Weges um d(z). Fahre mit Schritt (2) fort.

(2) Die Satze machen keine Eindeutigkeitsaussage, d.h. es kann mehrere Flusse mit maximalemWert geben. Fur ganzzahliges c ist mindestens einer von ihnen ganzzahlig (siehe Satz 7.2.8).

Beispiel 7.2.7 Fur das Netzwerk

����✒

✲❅❅❅❅❘

❅❅❅❅❘

❅❅❅❅❅❅❅❘ �

���✒

✲�������✒

s

s s

s

s s

s

a c

z

b d

5|0

3|0

6|0

1|0

5|0

6|0

6|0

3|0

mit dem Fluss f0 ergibt sich

s a b c d z Listes,−,∞ 0, 0,∞ 0, 0,∞ 0, 0,∞ 0, 0,∞ 0, 0,∞ {s}

s,+, 5 s,+, 5 {s, b, a}a,+, 5 a,+, 3 {s, a, b, c, d}

c,+, 5 {s, b, c, d, a, z}

mit dem zunehmende Weg sacz nur mit Vorwartskanten und d = 5. Wir erhohen auf denVorwartskanten den Fluss f0 um 5 und erhalten

����✒

✲❅❅❅❅❘

❅❅❅❅❘

❅❅❅❅❅❅❅❘ �

���✒

✲�������✒

s

s s

s

s s

s

a c

z

b d

5|5

3|0

6|5

1|0

5|0

6|5

6|0

3|0

Der Algorithmus auf diesen Fluss f1 angewendet ergibt

s a b c d z Listes,−,∞ 0, 0,∞ 0, 0,∞ 0, 0,∞ 0, 0,∞ 0, 0,∞ {s}

s,+, 5 {s, b}b,+, 3 b,+, 1 {s, b, c, d}

c,−, 3 c,+, 1 {s, b, c, d, a, z}

mit dem zunehmende Weg sbcz nur mit Vorwartskanten und d = 1. Wir erhohen auf denVorwartskanten den Fluss f1 um 1 und erhalten

����✒

✲❅❅❅❅❘

❅❅❅❅❘

❅❅❅❅❅❅❅❘ �

���✒

✲�������✒

s

s s

s

s s

s

a c

z

b d

5|5

3|0

6|5

1|0

5|1

6|6

6|0

3|1

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7. Netzwerke 69

Der Algorithmus auf diesen Fluss f2 angewendet ergibt

s a b c d z Listes,−,∞ 0, 0,∞ 0, 0,∞ 0, 0,∞ 0, 0,∞ 0, 0,∞ {s}

s,+, 4 {s, b}b,+, 2 b,+, 1 {s, b, c, d}

c,−, 2 d,+, 1 {s, b, c, d, a, z}

mit dem zunehmende Weg sbdz nur mit Vorwartskanten und d = 1. Wir erhohen auf denVorwartskanten den Fluss f2 um 1 und erhalten

����✒

✲❅❅❅❅❘

❅❅❅❅❘

❅❅❅❅❅❅❅❘ �

���✒

✲�������✒

s

s s

s

s s

s

a c

z

b d

5|5

3|0

6|5

1|1

5|2

6|6

6|1

3|1

Der Algorithmus auf diesen Fluss f3 angewendet ergibt

s a b c d z Listes,−,∞ 0, 0,∞ 0, 0,∞ 0, 0,∞ 0, 0,∞ 0, 0,∞ {s}

s,+, 3 {s, b}b,+, 2 {s, b, c}

c,−, 2 {s, b, c, a}a,+, 2 {s, b, c, a, d}

d,+, 2 {s, b, c, a, d, z}

mit dem zunehmende Weg sbcadz mit den Vorwartskanten−→sb,

−→bc,

−→ad,

−→dz, der Ruckwartskante

−→ac und d = 2. Wir erhohen auf den Vorwartskanten den Fluss f3 um 2, verringern ihn auf derRuckwartskante um 2 und erhalten

����✒

✲❅❅❅❅❘

❅❅❅❅❘

❅❅❅❅❅❅❅❘ �

���✒

✲�������✒

s

s s

s

s s

s

a c

z

b d

5|5

3|2

6|3

1|1

5|4

6|6

6|3

3|3

Der Algorithmus auf diesen Fluss f4 angewendet ergibt

s a b c d z Listes,−,∞ 0, 0,∞ 0, 0,∞ 0, 0,∞ 0, 0,∞ 0, 0,∞ {s}

s,+, 1 {s, b}

Der Algorithmus bricht ab mit d(z) = 0, d.h. der Fluss f4 ist maximal mit Wert 9. Der zugehorige

minimale Schnitt mit S = {s, b} und Z = {a, c, d, z} ist {−→sa,−→bc,

−→bd} mit Kapazitat 9.

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7. Netzwerke 70

Im Beispiel 7.1.7 waren die Kapazitaten ganzzahlig, namlich 1, und es wurde ein ebenfalls ganz-zahliger maximaler Fluss gefunden, d.h. ein Fluss f mit f(k) ∈ ZZ fur alle k ∈ K.

Satz 7.2.8 Ist N ein Netzwerk mit nur ganzzahligen Kapazitaten, dann gibt es einen ganzzahli-gen maximalen Fluss auf N .

Fur den Zusammenhang zwischen den Schnitten und den Flussen ergibt sich

Satz 7.2.9 (Maximalfluss–Minimalschnitt) Der maximale Wert der Flusse auf einem Netz-werk N ist gleich der minimalen Kapazitat der Schnitte in N .

Bemerkungen 7.2.10

(1) In der Praxis spielen irrationale Kapazitaten in Netzwerken keine Rolle, da im Computernur rationale Zahlen darstellbar sind.

(2) Bei ganzzahligen oder rationalen Kapazitaten liefert der Algorithmus von Ford-Fulkersondas gewunschte Ergebnis. Bei irrationalen Kapazitaten kann es passieren, dass der Algorith-mus nicht abbricht und die Folge der Flusswerte konvergiert gegen einen falschen Flusswert.Mit einer Abwandlung von Edmonds-Karp wird das verhindert und die Anzahl der not-wendigen Durchlaufe eingeschrankt.

(3) Ist N = (E,K, s, z, cu, co) ein Netzwerk, w ∈ IR eine Zahl, und ist γ : K → IR eineKostenfunktion auf K, dann ergeben sich fur jeden Fluss f mit |f | = w die Kosten

γ(f) :=∑

k∈K

γ(k)f(k).

Unter allen Flussen mit Wert w denjenigen zu finden mit minimalen Kosten, heißt Problemder Bestimmung eines kostenminimalen Flusses (min cost flow problem).

7.3 Trennende MengenIn einem zusammenhangenden Graph gibt es zwischen je zwei Ecken immer einen verbindendenWeg. Meistens gibt es mehrere solcher Wege, die aber durchaus gemeinsame Kanten oder Eckenhaben konnen. Wir untersuchen hier die Frage, wie viele kantendisjunkte bzw. eckendisjunkteVerbindungswege es fur ein festgelegtes Eckenpaar gibt. Es gibt dabei einen Zusammenhang zuder Ausfallsicherheit von Kommunikationsnetzen.

Wir verallgemeinern zunachst die Begriffe”trennende Ecke“ und

”Brucke“:

Definition 7.3.1 Sei G ein ungerichteter schlichter Graph.

(a) Die kleinste Anzahl von Ecken von G, deren Entfernung einen nicht zusammenhangendenGraph oder K1 ergibt, heißt Ecken-Zusammenhangszahl σ(G).

(b) Die kleinste Anzahl von Kanten von G, deren Entfernung einen nicht zusammenhangendenGraph oder K1 ergibt, heißt Kanten-Zusammenhangszahl λ(G).

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7. Netzwerke 71

(c) Sei r ∈ IN. G heißt r-fach zusammenhangend, wenn σ(G) ≥ r, und r-fach kantenzu-sammenhangend, wenn λ(G) ≥ r.

Bemerkungen und Beispiele 7.3.2

(1) G = K1 oder G ist nicht zusammenhangend ⇐⇒ σ(G) = 0 ⇐⇒ λ(G) = 0.

(2) Es gilt σ(G1) = λ(G1) = δ(G1) = 2, σ(G2) = λ(G2) = δ(G2) = 3, σ(G3) = λ(G3) =δ(G3) = 4, σ(G4) = 1, λ(G4) = 3, δ(G4) = 3 und σ(G5) = 2, λ(G5) = 3, δ(G5) = 4.

G1

G2

① ① ①

① ① ①

① ①

G3

G4

G5

(3) σ(Kp) = λ(Kp) = δ(Kp) = p− 1.

(4) Fur einen beliebigen Weg W mit q > 0 Kanten gilt λ(W ) = σ(W ) = δ(W ) = 1.

(5) Fur einen beliebigen Kreis C mit q > 2 Kanten gilt λ(C) = σ(C) = δ(C) = 2.

(6) Ist G 6= K1 zusammenhangend, dann ist G auch einfach zusammenhangend und einfachkantenzusammenhangend.

(7) Sei G schlicht. Es gilt σ(G) = 1 genau dann, wenn G = K2 oder G mindestens 3 Eckenenthalt, zusammenhangend ist und mindestens eine trennende Ecke enthalt.Es gilt λ(G) = 1 genau dann, wenn G mindestens 2 Ecken enthalt, zusammenhangend istund mindestens eine Brucke enthalt.

(8) Sei G schlicht. G ist zweifach zusammenhangend (d.h. σ(G) ≥ 2) genau dann, wenn G

zusammenhangend ist und mindestens 3 Ecken, aber keine trennende Ecke enthalt.G ist zweifach kantenzusammenhangend (d.h. λ(G) ≥ 2) genau dann, wenn G zusam-menhangend ist und mindestens 2 Ecken, aber keine Brucke enthalt.

(9) Fur gerichtete Graphen ubertragen sich die Zusammenhangsdefinitionen. Sei G ein gerich-teter Graph ohne Schlingen mit p Ecken.Ist G nicht stark zusammenhangend oder G = K1, dann heißt G 0-fach stark zusam-menhangend und 0-fach stark kantenzusammenhangend und man setzt σ(G) :=

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7. Netzwerke 72

λ(G) := 0.G heißt r-fach stark zusammenhangend, wenn p ≥ r + 1 und G − E ′ stark zusam-menhangend ist fur alle E ′ ⊂ E mit hochstens r − 1 Elementen. Ist G r-fach stark zusam-menhangend, aber nicht (r + 1)-fach, dann setzt man σ(G) := r.G heißt r-fach stark kantenzusammenhangend, wenn G−K ′ stark zusammenhangendist fur alle K ′ ⊂ K mit hochstens r − 1 Elementen. Ist G r-fach stark kantenzusam-menhangend, aber nicht (r + 1)-fach, dann setzt man λ(G) := r.

Die Beispiele zeigen einen offensichtlichen Zusammenhang zwischen σ, λ und δ:

Satz 7.3.3 Sei G ein ungerichteter schlichter Graph. Dann gilt

σ(G) ≤ λ(G) ≤ δ(G)

Der letzte Satz gibt leicht bestimmbare obere Schranken fur σ und λ, der nachste Satz eine untereSchranke fur σ.

Satz 7.3.4 Sei G ein ungerichteter schlichter, aber nicht vollstandiger Graph mit p Ecken. Danngilt

σ(G) ≥ 2δ(G) + 2− p,

und die Ungleichung ist bestmoglich.

Korollar 7.3.4.1 Sei G ein ungerichteter schlichter, aber nicht vollstandiger Graph mit p ≤δ(G) + 2 Ecken. Dann gilt

σ(G) = λ(G) = δ(G).

Sei ein Verkehrsnetz mit Kreuzungen (Ecken) und Straßen (Kanten) mit zwei festen verschiede-nen Ecken u, v gegeben. Gesucht ist eine Moglichkeit, moglichst wenige Kontrollstellen in denKreuzungen bzw. in den Straßen einzurichten, so dass jeder u-v-Weg durch mindestens eineKontrollstelle lauft.

Definition 7.3.5 Zwei Wege in einem Graph heißen (ecken-) disjunkt, wenn sie keine innerenEcken gemeinsam haben, und kantendisjunkt, wenn sie keine Kante gemeinsam haben.

Satz 7.3.6 (Ford-Fulkerson, Menger) Sei G ein schlichter Graph mit verschiedenen, nichtbenachbarten Ecken u, v. Dann gilt

(a) Die Minimalzahl der u und v trennenden Kanten ist gleich der Maximalzahl der paarweisekantendisjunkten u-v-Wege.

(b) Die Minimalzahl der u und v trennenden Ecken ist gleich der Maximalzahl der paarweisedisjunkten u-v-Wege.

Korollar 7.3.6.1 Sei G ein ungerichteter schlichter Graph mit p ≥ 2 Ecken, r ∈ IN. Dann gilt:

(a) G ist r-fach kantenzusammenhangend genau dann, wenn je zwei Ecken durch r paarweisekantendisjunkte Wege verbunden werden konnen.

(b) G ist r-fach zusammenhangend genau dann, wenn je zwei Ecken durch r paarweise disjunkteWege verbunden werden konnen.

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Index

G ∗ k, 48G+ k, 24G− e, 24G− k, 24Kp, 7Km,n, 12N(E ′), 58N(x), 58∆(G), 7α(G), 62α0(G), 56α0(G), 62β(G), 62β0(G), 62χ′(G), 55χ(G), 52δ(G), 7grad (e), 8grad+(e), 8grad−(e), 8λ(G), 70ρU(s, e), 35σ(G), 70c(G), 21

Abstand zweier Ecken, 35Abstandsmatrix, 37adjazent, 5, 6, 43Adjazenzmatrix, 10Algorithmus

gieriger, 33Greedy-, 33von Floyd-Warshall, 37von Ford-Fulkerson, 67von Kruskal, 30von Prim, 32

Anfangsecke, 8Antiprisma, 44Ausgangsgrad, 8Ausstellungsbesuch, 18

Baumgerichteter, 28minimaler spannender, 29

ungerichteter, 26benachbart, 5, 6, 43bewerteter Graph, 29Bewertung, 29bipartit, 12Brucke, 25

Chinese Postman, 18, 37chromatische Zahl, 52chromatischer Index, 55

Digraph, 8Dijkstra, 36disjunkte Wege, 72Dodekaeder, 44Doppelpyramide, 44Dreiecksoperation, 37dual, 49

eben, 42Ecke, 5

adjazent, 5benachbart, 5gerade, 7Grad, 7ungerade, 7

Ecken-Zusammenhangszahl, 70eckendisjunkt, 72Eckenuberdeckung, 62Eckenuberdeckungszahl, 62Eckenunabhangigkeitszahl, 62Einbettung, 42Eingangsgrad, 8Endecke, 8erreichbar, 15euklidischer Graph, 42Euler-Charakteristik, 45Euler-Graph, 16Euler-Kantenzug, 16Euler-Tour, 16Eulersche Polyederformel, 43

farbbar, 52Flache

I

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INDEX II

Geschlecht einer, 45nichtorientierbare, 45orientierbare, 45

flachenfarbbar, 54Floyd-Warshall, 37Fluss, 65

kostenminimaler, 70Ford-Fulkerson, 67Funffarbensatz, 53

gerade Ecke, 7gerichtete Kante, 8gerichteter Graph, 8gieriger Algorithmus, 33Grad einer Ecke, 7, 8Graph

bewerteter, 29ebener, 42euklidischer, 42gerichteter, 8plattbarer, 42planarer, 42regularer, 7schlichter gerichteter, 8ungerichteter, 5unterliegender, 8

Greedy-Algorithmus, 33

Hamilton-Graph, 19Hamilton-Kreis, 19Hamilton-Weg, 19Handlungsreisender, 22Haus des Nikolaus, 18Hierholzer, 17Hulle, 21

Ikosaeder, 44induzierter Teilgraph, 24Invariante, 12inverse Kante, 8inzident, 5Inzidenzmatrix, 10isoliert, 6isomorph, 11

Jordan-Bogen, 42

-Kurve, 42

k-regular, 7Kante

adjazent, 6benachbart, 6gerichtete, 8inverse, 8parallele, 8ungerichtete, 5

Kanten-Zusammenhangszahl, 70kantenchromatische Zahl, 55kantendisjunkt, 72kantenfarbbar, 55Kantenfolge, 13

Anfangsecke, 13Endecke, 13geschlossene, 13innere Ecke, 13offene, 13

Kantenuberdeckung, 62Kantenuberdeckungszahl, 62Kantenunabhangigkeitszahl, 56, 62Kantenzug, 13Kapazitat

eines Schnittes, 66obere, 64

Knoten, 5Konigsberger Bruckenproblem, 5Komponente, 14

starke, 15Kontraktion, 48Korrespondenz, 56kostenminimaler Fluss, 70Kreis, 13kritischer Weg, 40Kruskal, 30kubisch, 9kurzester Weg, 35

Land, 43benachbart, 43

Landkarte, 43

M-alternierender Weg, 57M-erweiternder Weg, 57Matching, 56

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INDEX III

fast-perfektes, 56gesattigtes, 56maximales, 56perfektes, 56vollstandiges, 58

max flow problem (MFP), 65maximal eben, 45maximal nicht Hamiltonsch, 21maximale unabhangige Eckenmenge, 62maximale unabhangige Kantenmenge, 62Maximalfluss–Minimalschnitt–Satz, 70Mehrfachkanten, 6, 8MFP, 65minimale Eckenuberdeckung, 62minimale Kantenuberdeckung, 62minimaler spannender Baum, 29Multigraph, 6

n-chromatisch, 52Nachbarschaftsmenge, 5, 58Netzplan, 39Netzwerk, 64

Oktaeder, 44Orientierung, 8

paar, 12Paarung, 56parallele Kanten, 6, 8PERT, 41Petersen-Graph, 47plattbar, 42planar, 42platonische Korper, 44Potential, 39Prim, 32Prisma, 44Problem des chinesischen Brieftragers, 18Problems des großten Flusses, 65Pyramide, 44

Quelle, 64

r-fach kantenzusammenhangend, 71r-fach stark kantenzusammenhangend, 72r-fach stark zusammenhangend, 72r-fach zusammenhangend, 71r-partit, 12

regular, 7Ruckwartskante, 66

s-z-Schnitt, 66schlichter gerichteter Graph, 8schlichter Graph, 6Schlinge, 6Schnitt, 15schwach zusammenhangend, 15Senke, 64spannender Teilgraph, 24stark zusammenhangend, 15

Teilgraph, 24Tetraeder, 44Traveling Salesman Problem, 22trennende Ecke, 25

unabhangige Kantenmenge, 62unabhangige Eckenmenge, 62ungarische Methode, 59ungerade Ecke, 7unterliegender Graph, 8Unterteilung, 47

Verbindungskante, 5vollstandiger Graph, 7vollstandiger r-partiter Graph, 12Vorwartskante, 66

Wald, 26Weg, 13

M-alternierender, 57kritischer, 40M-erweiternder, 57zunehmender, 66

Wert, 29Wert eines Flusses, 65Wurfel, 44Wurzel, 28Wurzelbaum, 28

gesattigter M-alternierender, 59M-alternierender, 59

Ziel, 64zunehmender Weg, 66zusammenhangend, 14

schwach, 15

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INDEX IV

stark, 15zusammenhangende Ecken, 14zusammenhangender Graph, 14Zusammenhangszahl, 70Zyklus, 13

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V

8 Anhang

Zu Bem. 4.4.2 (5): Fur die isomorphen Graphen G1 und G2 aus Bemerkung 4.2.5 (1)

s

s s

s

s sl1

l2 l3 l6l5

l4

G1

k1

k2k3 k10

k7

k4k5

k6

k8

k9

s

s

s

s

ss

l1

l2 l3 l5l6

l4

G2

k1

k2

k3 k10

k7

k4k5

k6

k9k8

ergeben sich die nicht isomorphen dualen Graphen G∗1 und G∗

2 mit ∆(G∗1) = 5 und ∆(G∗

2) = 4

s

s

s

s

s

s

e∗6

e∗1

e∗2

e∗3

e∗4

e∗5

G∗

1

k∗1

k∗2

k∗3

k∗10

k∗7

k∗4

k∗5

k∗6k∗8

k∗9

s

s

s

s

s

s

e∗6

e∗1

e∗2

e∗3

e∗4

e∗5

G∗

2

k∗1

k∗2

k∗3

k∗7

k∗9

k∗4

k∗5

k∗6

k∗8

k∗10

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8. Anhang VI

Uberdeckung eines Schachbretts mit Dominosteinen

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8. Anhang VII

Beispiel zum Beweis des Funffarbensatzes

r

r

r❤

r

e5

e1

e2e3

e4u

Ecke u vom Grad 5 mit Nachbarn

r

r

r❤

r ❤ ① ❤

r❤

❤① ①

r

r

r ①

r

①❤

❤r

❤ ①

r①

❤e5

e1

e2e3

e4u

Graph mit Farben a1 (schwarz) und a3 (weiß)

❤ ① ❤

❤① ①

①❤

❤ ①

e1

e3

e1 und e3 in verschiedenen Komponenten des Teilgraphen G′ nur mit Farben a1 und a3

r

r

r❤

r ① ❤ ①

r❤

❤① ①

r

r

r ①

r

①❤

❤r

❤ ①

r①

❤e5

e1

e2e3

e4u

Neuer Graph mit umgefarbter Komponente von e1 in G′

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8. Anhang VIII

r

r

r❤

r ❤ ① ❤

r❤

❤① ①

r

r

r ①

r

①❤

❤r

❤ ①

r①

❤e5

e1

e2e3

e4u

e1 und e3 in derselben Komponente des Teilgraphen G′ nur mit Farben a1 und a3

Zusammen mit u gibt es einen Kreis in G′ durch e1 und e3, und e2 liegt im Innern, e4 im Außern.

e2 und e4 in verschiedenen Komponenten des Teilgraphen G′′ nur mit Farben a2 und a4

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8. Anhang IX

Beispiel zum Beweis Satz 5.3.3

r s r r r

r r s r r

r

r

u

v

k

Graph G, ∆(G) = 5

r s r r r

r r s r r

u

v

1 3 5 1 4 4 2 5 3 4 1 2 5 3 1

1 4 3 1 4 5 5 4 2 1 3 5 2 1 3

kantengefarbter Graph G′ = G− k, ∆(G′) = 5, Farben 1,2,3,4,5

Bei u fehlt Farbe 2, bei v Farbe 1.

r s r r r

r r s r r

u

v

2 1 2 1

2 1 2 1

Teilgraph G12

r s r r r

r r s r r

u

v

1 2 1 2

1 2 1 2

Umgefarbter Teilgraph G12

r s r r r

r r s r r

u

v

1 3 5 1 4 4 1 5 3 4 2 1 5 3 2

1 4 3 1 4 5 5 4 1 2 3 5 1 2 3

Umgefarbter Graph G′ = G− k, ∆(G′) = 5, Farben 1,2,3,4,5

Bei u fehlt Farbe 2, bei v Farbe 2, d.h. k kann mit Farbe 2 gefarbt werden.

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8. Anhang X

Zum Beweis Satz ??(b) Kantenfarbung bipartiter Graph

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8. Anhang XI

Beispiel Lateinische Quadrate

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8. Anhang XII

Beispiel ebener Hamilton-Graph

t

t

t

t

t

t

t

t

t

t

t

t

t

t

t

t

t tt

t✕

✛✛

✲ ✲ ✲

✢②✾❪

❯❥ ✯

✒ ❘

e1

e2e3

e4

e5

e6

e7

e8e9e10

e11e12 e13 e14

e15

e16e17

e18

e19e20

I

B

FG E

II DIII IV

A C

V

t t t tt

t

t

t

t

tt

tt

t

t

t

t

t

t

t✲ ✲ ✲ ✸

❨❨✾

✮✰

e1 e2 e3

e4

e5

e6

e7

e8

e9e10

e11e12

e13e14

e15

e16

e17

e18

e19e20 I

B

FG

E

II

D

III

IV

A

C

V

Lander im Innenbereich:Vierecke D, E, F , G, d.h. α4 = 4,Funfecke A, C, d.h. α5 = 2,Sechseck B, d.h. α6 = 1.

Lander im Außenbereich:Viereck II, d.h. β4 = 1,Funfecke I, III, IV , d.h. β5 = 3,Neuneck V , d.h. β9 = 1.