Grundlagen Haushaltsführung S. 123 (PDF, 1 MB, 29.04.2016)

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Ökonomische, rechtliche und organisatorische Grundlagen der Haushaltführung des Bundes Schweizerische Eidgenossenschaft Confédération suisse Confederazione Svizzera Confederaziun svizra Eidgenössisches Finanzdepartement EFD Eidgenössische Finanzverwaltung EFV

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Ökonomische, rechtliche und organisatorische

Grundlagen der Haushaltführung des Bundes

Schweizerische EidgenossenschaftConfédération suisseConfederazione SvizzeraConfederaziun svizra

Eidgenössisches Finanzdepartement EFDEidgenössische Finanzverwaltung EFV

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Inhaltsübersicht

1 Einleitung 13

2 Finanzpolitik – Ziele und Grundsätze 15

3 Öffentliche Haushalte der Schweiz 23 4 Rechtliche Grundlagen 37

5 Rechnungsmodell 41

6 Gesamtsteuerung durch die Schuldenbremse 55

7 Haushaltführung 61

8 Einnahmen und Erträge 71

9 Struktur der Ausgaben und Aufwände 87

10 Steuerung der Ausgaben und Aufwände 101

11 Sonderrechnungen 115

12 Tresorerie 123

13 Risikomanagement und Risikosituation 129

14 Steuerung der ausgelagerten Einheiten des Bundes 133

Anhang 139

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Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung 13

2 Finanzpolitik – Ziele und Grundsätze 152.1 Finanzpolitik ist kein Selbstzweck 152.1.1 Allokationeffizienz 162.1.2 Verteilungsziele 172.1.3 Stabilisierungsziele 182.1.4 Grenzen der Verschuldung 192.2 Finanzleitbild des Bundesrates 212.2.1 Grundsätze 21

3 Öffentliche Haushalte der Schweiz 233.1 Staatlicher Sektor der Schweiz 233.1.1 Der Staat gemäss Finanzstatistik 243.1.2 Kennzahlen der öffentlichen Haushalte 263.2 Föderalismus und Finanzausgleich 283.2.1 Föderale Struktur der Schweiz 283.2.2 Finanzausgleich und Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen 283.2.3 Evaluation des Finanzausgleichs 303.3 Der Bund 323.3.1 Konsolidierungskreise des Bundes 323.3.2 Kennzahlen des Bundes 34

4 Rechtliche Grundlagen 374.1 Finanzordnung des Bundes 374.2 Rechtliche Grundlagen der Haushaltführung 38

5 Rechnungsmodell 415.1 Rechnungswesen im öffentlichen Sektor 415.1.1 Aufgaben und Zweck des Rechnungswesens 415.1.2 Internationale Rechnungslegungsstandards (IPSAS) 415.2 Aufbau des Rechnungsmodells des Bundes 435.2.1 Grundlagen 435.2.2 Erfolgsrechnung 455.2.3 Bilanz 455.2.4 Finanzierungsrechnung 465.2.5 Geldflussrechnung 465.2.6 Eigenkapitalnachweis 475.2.7 Investitionsrechnung 475.2.8 Anhang 475.3 Kredit- und Kontensicht 485.3.1 Kreditsicht 485.3.2 Kontensicht 49

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Inhaltsverzeichnis

5.4 Duale Haushaltsteuerung 515.4.1 Finanzpolitische Gesamtsteuerung auf Bundesebene 515.4.2 Finanzielle Führung auf Ebene der Verwaltungseinheiten 515.5 Konsolidierte Rechnung Bund (KRB) 545.5.1 Konsolidierungskreis 545.5.2 Mehrwert an Informationen 54

6 Gesamtsteuerung durch die Schuldenbremse 556.1 Motivation und Ziel 556.2 Funktionsweise 566.3 Erfahrungen mit der Schuldenbremse 57

7 Haushaltführung 617.1 Grundsätze der Haushaltführung 617.1.1 Allgemeine Grundsätze der Haushaltführung 617.1.2 Grundsätze der Budgetierung 617.1.3 Grundsätze der Rechnungslegung 627.2 Instrumente der Haushaltführung 627.2.1 Finanzpolitische Prioritäten 627.2.2 LegislaturplanungundLegislaturfinanzplanung 647.2.3 Langfristperspektiven und Entwicklungsszenarien 647.2.4 Voranschlag mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan 657.2.5 Hochrechnung 667.2.6 Staatsrechnung und Konsolidierte Rechnung 667.3 Ablauf der Budgetierung und Finanzplanung 677.4 Finanzinformationen 69

8 Einnahmen und Erträge 718.1 Grundsätze der Besteuerung 718.2 Struktur der Einnahmen 728.3 FiskaleinnahmenundderenEinflussfaktoren 738.3.1 Direkte Bundessteuer 738.3.2 Verrechnungssteuer 758.3.3 Stempelabgaben 778.3.4 Mehrwertsteuer 788.3.5 Tabaksteuer 798.3.6 Mineralölsteuer 808.3.7 Schwerverkehrsabgabe 818.3.8 Zölle 828.4 Einnahmenprognosen 838.4.1 Grundlagen 838.4.2 Top-down-Plausibilitätsprüfung der Einnahmenschätzung 848.3.3 Qualität der Einnahmenschätzungen 84

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Inhaltsverzeichnis

9 Struktur der Ausgaben und Aufwände 879.1 Gliederung 879.1.1 Gliederungsarten 879.1.2 Institutionelle Sicht 879.1.3 Funktionale Sicht 889.1.4 Kontensicht 899.2 Subventionen 929.2.1 Subventionsbegriff 929.2.2 Überprüfung der Bundessubventionen 939.2.3 Sonderfall Subventionen in Form von Steuervergünstigungen 949.3 Ausgabenbindungen 969.3.1 Ausgaben mit starker Bindung 969.3.2 Ausgaben mit schwacher Bindung 989.3.3 Auswirkungen von Ausgabenbindungen 99

10 Steuerung der Ausgaben und Aufwände 10110.1 Kreditarten 10110.1.1 Voranschlagskredite 10110.1.2 VerpflichtungskrediteundZahlungsrahmen 10210.2 Abstimmung der mehrjährigen Finanzbeschlüsse aufdieLegislatur(finanz)planung 10410.3 Steuerung der Leistungen und Wirkungen im Budget- und Finanzplanungsprozess 10510.4 SpezialfinanzierungenundSpezialfonds 10810.4.1 Spezialfinanzierungen 10910.4.2 Spezialfonds 10910.5 Ausgabenbremse 11010.6 Instrumente der Budgetbereinigung 111

11 Sonderrechnungen 11511.1 Bahninfrastrukturfonds 11511.1.1 Rechtsgrundlage, Struktur und Kompetenzen 11511.1.2 FunktionsweisedesFondsundGrundzügederBahninfrastrukturfinanzierung 11611.2 Infrastrukturfonds 11811.2.1 Rechtsgrundlage, Struktur und Kompetenzen 11811.2.2 Funktionsweise des Fonds 11911.2.3 Ausblick: Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrs-Fonds 12011.3 Eidgenössische Alkoholverwaltung 12111.3.1 Allgemeines 12111.3.2 Rechnung der EAV 12111.3.3 Totalrevision der Alkoholgesetzgebung 122

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Inhaltsverzeichnis

12 Tresorerie 12312.1 Schuldenbewirtschaftung 12312.1.1 Anleihen 12412.1.2 Geldmarkt-Buchforderungen 12512.1.3 Geldmarktkredite 12512.2 Liquiditätsmanagement 12712.2.1 Liquide Mittel 12712.2.2 Kurzfristige Anlagen 12712.2.3 Wertschriften 12712.3 Devisenbewirtschaftung 128

13 Risikomanagement und Risikosituation 12913.1 Grundsätze des Risikomanagements Bund 12913.2 Steuerung der Risiken 13013.3 Risikosituation des Bundes 13013.4 Offenlegung der Risiken 131

14 Steuerung der ausgelagerten Einheiten des Bundes 13314.1 Aufgabentypologie 13314.2 Steuerung und Leitsätze 13414.3 Rollenverteilung 13614.4 Parlamentarische Oberaufsicht 13614.5 Portfolio 137

Anhang 139Aufgaben und Organisation der Eidgenössischen Finanzverwaltung 139

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1 Einleitung

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Die «Grundlagen der Haushaltführung des Bun-des» richten sich in erster Linie an die Mitglieder der Finanzkommissionen bzw. der Finanzdele-gation der eidgenössischen Räte, aber auch an alle anderen interessierten Kreise. Die «Grundla-gen» sind als Nachschlagewerk gedacht und sol-len den Einstieg in die ökonomischen, rechtlichen und organisatorischen Fragestellungen rund um den Bundeshaushalt erleichtern. Die vorliegende Ausgabe wurde im Hinblick auf die neue Legis-laturperiode 2015–2019 auf den aktuellen Stand gebracht.

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2 Finanzpolitik – Ziele und Grundsätze

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2.1 Finanzpolitik ist kein SelbstzweckDie Finanzpolitik umfasst alle Massnahmen, die das Budget einer Gebietskörperschaft (z.B. Bund, Kanton, Gemeinde) betreffen. Durch die Art und die Höhe der Einnahmen und Ausgaben können verschiedene Ziele verfolgt werden.

Oberstes Ziel des Bundes ist die Förderung der ge-meinsamen Wohlfahrt des Landes. Dieses obers-te Ziel kann zunächst konkretisiert werden durch die gesellschaftspolitischen Ziele wie Freiheit, Ge-rechtigkeit, Sicherheit, Frieden und Fortschritt. Aus diesen übergeordneten gesell schaftlichen Zie-len werden die wirtschafts- und sozialpolitischen

Ziele abgeleitet, die sich wiederum in weitere ver-schiedene Zielkategorien – Allokation, Verteilung, Stabilisierung – unterteilen lassen (siehe Schema). Finanzpolitik ist also kein Selbstzweck, denn sie steht letztlich im Dienste der wirtschafts- und sozi-alpolitischen Zielsetzungen.

Mehrere wirtschaftspolitische Ziele nebeneinan-der zuverfolgen,kann jedochzuZielkonfliktenführen, denn es können nicht alle Ziele gleich-zeitig und vollständig erreicht werden. Die Wirt-schaftspolitikkanngewisseZielkonfliktemildern,indem sie es vermeidet, mit einem einzigen Ins-trument mehrere Ziele gleichzeitig zu verfolgen.

Gesellschaftspolitische Ziele(Freiheit, Gerechtigkeit, Sicherheit, Frieden, Fortschritt)

Wirtschafts- und sozialpolitische Ziele

Allokationseffizienz

Ressourcen sollen so eingesetztund verwendet werden, dass es den

Präferenzen der Bürgerinnenund Bürger bestmöglich entspricht.

Verteilung

Steuerlast sowie Einkommen undVermögen sollen gerecht verteilt sein.

Stabilisierung

Steuerung der Ausgabenund Einnahmen soll die Konjunktur-

und Wachstums-schwankungen dämpfen.

Wirtschafts- und sozialpolitische Ziele

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Die Verfolgung allokations-, verteilungs- und sta-bilitätspolitischer Zielsetzungen ist fast immer mit Ausgaben verbunden, zu deren Finanzie-rung Einnahmen beschafft werden müssen. Dar-inbestehtdiefiskalischeZielsetzung:DieEinnah-mensindaufeffizienteWeisezubeschaffen,die öffentlichen Aufgaben sind mit möglichst wenig finanziellenMittelnzuvollziehenunddieMarkt-prozesse sind so wenig wie möglich zu verzerren. Diese fiskalische Zielsetzung leitet sich also ausden übrigen wirtschaftspolitischen Zielen ab.

Im Folgenden werden die drei erwähnten wirt-schaftspolitischen Ziele und deren Bezug zur Finanzpolitik sowie die Grenzen der Verschul-dung dargelegt.

2.1.1 AllokationseffizienzUnter Allokation versteht man den Einsatz und die Verwendung knapper Ressourcen (Produkti-onsfaktoren und Güter) in den Produktions- und Verbrauchsprozessen. Gemäss Allokationsziel sollen die Ressourcen so eingesetzt und verwen-det werden, dass die bereitgestellten Güter und Dienstleistungen bestmöglich den Präferenzen der Bürger entsprechen. Die meisten Güter und Dienstleistungen werden auf privaten und vom StaatnichtbeeinflusstenMärktenproduziertundgehandelt. Die öffentliche Hand muss lediglich die üblichen Rahmenbedingungen wie Rechtsi-cherheit, Eigentumsrechte und Gewerbefreiheit gewährleisten, damit diese funktionieren. Daher giltdieMarktwirtschaftalsdaseffizientesteWirt-schaftssystem. Wo immer möglich sind deshalb Marktlösungen zu suchen. Staatliche Eingriffe sind nur nötig, wenn der Marktmechanismus aus verschiedenenGründenkeineeffizientenErgeb-nisse erzeugt (Marktversagen). In solchen Fällen sind allokationspolitische Eingriffe des Staates angezeigt, die auf deren Korrektur abzielen.

In der ökonomischen Wissenschaft unterschei-det man drei Arten von Marktversagen, die eine fiskalischeInterventiondesStaatesrechtfertigenkönnen:

• Öffentliche Güter (Kollektivgüter): Diese Güter zeichnen sich dadurch aus, dass ihre Verfüg-barkeit durch die Inanspruchnahme nicht be-einträchtigt wird (Nicht-Rivalität im Konsum) und dass sie allen zugänglich sind, ohne dass die Nutzenden diskriminiert werden können (fehlendes Ausschlussprinzip), so dass es kei-nen Sinn macht, Personen von der Nutzung auszuschliessen (z.B. Besuch von Wäldern) oder ein solcher Ausschluss technisch gar nicht möglich ist (z.B. Öffentliche Sicherheit). Das Angebot solcher Güter über den Markt würde zu einer Unterversorgung führen, da die Nicht-Rivalität im Konsum und das fehlende Aus-schlussprinzip eine Preisfestsetzung erschwe-ren, welche sowohl die Herstellungskosten als auch die Benutzerzufriedenheit abbildet. In ei-nem solchen Fall muss der Staat als Anbieter von Gütern und Dienstleistungen auftreten, weil nur er über die notwendigen Zwangs-mittel verfügt, um die zur Aufgabenerfüllung notwendigenfinanziellenMittelzubeschaffen(Steuerfinanzierung). Typische Kollektivgütersind die Landesverteidigung, Justiz, Polizei und Feuerwehr, aber auch die Beziehungen zum Ausland. Einen teilweisen Kollektivgutcharak-terweistauchdieLandschaftspflegeauf.

• Externe Kosten: Kosten werden als extern be-zeichnet, wenn sie nicht von den verursachen-den Personen oder Unternehmen getragen werden. Ohne staatliche Gegenmassnahmen müssen diese Kosten von der Allgemeinheit getragen werden (z.B Überdüngung von Seen durch die landwirtschaftliche Produktion, Luft-verschmutzung durch den Privatverkehr). Da die «Verursacher» in ihrem Entscheidkalkül ledig-lich die privaten bzw. betriebswirtschaftlichen Kosten berücksichtigen, resultiert ein zu hohes Ausmass der entsprechenden Aktivität (Produk-tion, Konsum) als es für eine volkswirtschaft-lich optimale und effiziente Güterversorgungnotwendig wäre. Mit Lenkungsabgaben kann der Staat das Ausmass dieser Aktivitäten redu-zieren, indem er die externen Kosten teilweise

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oder vollumfänglich den Verursachern anlastet («Verursacherprinzip»). Ein Beispiel für eine sol-che Lenkungsabgabe ist die CO2-Abgabe auf Brennstoffen. Sie wird seit dem 1.1.2008 erho-ben und soll die Anreize so verändern, dass die mit dem Verbrauch fossiler Brennstoffe verbun-denen externen Effekte eingedämmt werden.

• Meritorische Güter: Im Gegensatz zu den öf-fentlichen Gütern ist bei den meritorischen Gütern das Ausschlussprinzip anwendbar und die Rivalität im Konsum gegeben. Grundsätz-lich sind die Voraussetzungen für einen funkti-onierenden Markt also erfüllt. Im Lichte gesell-schaftlicher Werthaltungen wird aber die über den freien Markt erzielbare Versorgung der Bevölkerung als ungenügend beurteilt. Wird in solchen Fällen ein Mehrangebot geschaf-fen, spricht man von meritorischen Gütern. Beispielsweise käme im Bildungsbereich auch bei staatlicher Abstinenz ein gewisses Ange-bot zustande. Gesellschaftspolitisch ist es aber wünschenswert, dass alle Kinder eine Schule besuchen könnenund auchmüssen (berufli-che Chancengleichheit). In solchen Situatio-nen muss deshalb der Staat intervenieren und das Marktangebot ergänzen. Beispiele für me-ritorische Güter sind Bildung und Forschung sowie das Gesundheitswesen.

Die Existenz von Marktversagen ist keine hin-reichende Legitimation für staatliche Eingriffe. Offen bleibt nämlich, ob und allenfalls wie ein Marktversagen mit staatlichen Eingriffen tat-sächlich korrigiert werden kann. Die staatlichen Entscheidungsträger sind mit den gleichen Infor-mationsproblemen konfrontiert, welche das Ver-sagen des Marktmechanismus verursachen. Zu-dem sind staatliche Eingriffe nie kostenlos. Die negativen Folgen von Marktunvollkommenhei-ten und die Kosten staatlicher Eingriffe (z.B. Re-gulierungskosten) müssen deshalb gegeneinan-der abgewogen werden.

2.1.2 VerteilungszieleDas Verteilungsziel beinhaltet eine Veränderung der Ergebnisse der Verteilung, die sich durch den Markt ergeben. Welche Verteilung der Ein-kommen als gerecht oder ungerecht empfunden wird, ist eine politische Frage. Ebenso gehen die Vorstellungen auseinander, auf welchem Weg die Verteilungsziele erreicht werden können. Das Allokationsziel legt es nahe, Lösungen zu suchen, von welchen keine negativen Anreize auf die Er-werbstätigkeit ausgehen.

Der Staat kann durch die Gestaltung seiner Steu-er- und Ausgabenpolitik die auf dem freien Markt zustande gekommene Einkommens- und Vermö-gensverteilungbeeinflussen.BeidenEinnahmenmuss dabei in erster Linie unterschieden werden zwischen den direkten Steuern, denen normaler-weise ein progressiver Tarif zugrunde liegt, und den indirekten Steuern, die den einzelnen Steu-erzahler ungeachtet seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse nach dem Konsum der besteuerten Güter und Dienstleistungen belas-ten. Die direkten Steuern wirken insgesamt ni-vellierend auf die Einkommensverteilung, da sie an der individuellen Leistungsfähigkeit anknüp-fen (Leistungsfähigkeitsprinzip). Im Gegensatz zu den direkten Steuern belastet eine Konsum-steuer die unteren Einkommensschichten pro-zentual stärker, weil die Konsumneigung (Anteil der Konsumausgaben am Einkommen) in der Regel mit sinkendem Einkommen steigt. Diese «regressive» Eigenschaft der indirekten Steuern wird dadurch leicht gemildert, dass die Güter des lebensnotwendigen Bedarfs teilweise von der Steuer befreit oder mit niedrigeren Sätzen belegt werden.

Neben den Einnahmen gehen auch von den staatlichen Ausgaben Verteilungswirkungen aus. Empirische Untersuchungen zeigen gar, dass von der Ausgabenseite der öffentlichen Haushalte ein grösserer Umverteilungseffekt ausgeht als

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von der Einnahmenseite. Die grösste Umvertei-lungswirkung haben die Ausgaben im Bereich der sozialen Wohlfahrt. Die Verteilungswirkun-gen werden einerseits durch direkte monetäre Zahlungen erzeugt. Andererseits beeinflussenauch Sachleistungen – bspw. bei Investitionen in die öffentliche Infrastruktur – die Wohlfahrt der Wirtschaftssubjekte, indem sie einen nicht-mo-netären Nutzen stiften.

In der Summe ist es kaum möglich, die tatsäch-liche Verteilungswirkung der staatlichen Bud-getpolitik abschliessend zu beurteilen. Prinzipiell sind alle Bevölkerungsgruppen und Einkommens-schichten durch eine Vielzahl von einnahmen- und ausgabenseitigen Massnahmen mit jeweils unterschiedlichen Wirkungen tangiert. Oft las-sensichfinanzpolitischeMassnahmennichtspe-zifischdefiniertenAnspruchsgruppenzuordnen.

2.1.3 StabilisierungszieleDas Stabilisierungsziel strebt eine stabile Wirtschaftsentwicklung an, um Perioden mit er-höhter Arbeitslosigkeit oder zu hoher Teuerung zu vermeiden.

Konjunkturschwankungen entsprechen Schwan-kungen im Auslastungsgrad der Produktions-kapazitäten und der Beschäftigung: Steigt die gesamtwirtschaftliche Nachfrage weniger stark als das Produktionspotential, so kommt es zu einer Unterauslastung der Produktionsfaktoren. Die Wirtschaft gleitet in eine Phase des Kon-junkturabschwungs oder sogar in eine Rezessi-on. Steigt hingegen die Nachfrage stärker als das Angebot, so bewirkt dies einen konjunkturellen Aufschwung und schliesslich eine Überbeanspru-chung der Kapazitäten, was mit inflationärenTendenzen verbunden ist. Aufgrund dieser uner-wünschten Begleiterscheinungen von Konjunk-turschwankungen steuert der Staat seine Ausga-ben und Einnahmen grundsätzlich so, dass die Konjunkturausschläge gedämpft oder zumindest nicht verstärkt werden. Dazu agiert der Staat – im Rahmen seiner Möglichkeiten – antizyklisch: wederwirdeinrezessionsbedingtesDefizitdurch

Steuererhöhungen oder Sparprogramme be-kämpft, noch die in einer Hochkonjunktur erziel-ten Einnahmenüberschüsse für Steuersenkungen oder Mehrausgaben verwendet.

Die Finanzpolitik kann situativ auf eine bestimm-te Wirtschaftslage reagieren und beispielswei-se in Rezessionen die Investitionstätigkeit er-höhen oder Stabilisierungspakete beschliessen. In solchen Fällen spricht man von einer «diskretionären», auf eine bestimmte Situati-on ausgerichteten Finanzpolitik. In der Schweiz sind die Möglichkeiten der Finanzpolitik als Kon-junkturinstrument eng begrenzt. Aufgrund der starken aussenwirtschaftlichen Verflechtung istdie schweizerische Konjunkturentwicklung stark durch das Ausland beeinflusst. Geht der kon-junkturelle Einbruch von rückläufigen Exportenaus, ist es unmöglich, die rückläufigeAusland-nachfrage für die Unternehmen direkt auszuglei-chen. Geht die Krise jedoch von einer Schwäche der Binnennachfrage aus, sind die Möglichkeiten grösser. Aufgrund der hohen Importquote wer-den die «einheimischen» Fiskalimpulse jedoch teilweise vom Ausland absorbiert. Deshalb ist es tendenziell schwierig, gezielte und wirksame Konjunkturmassnahmen zufinden. Zudem sindmit diskretionären Massnahmen praktische Um-setzungsschwierigkeiten verbunden: Die politi-sche Konsensfindung bezüglich der konkretenfinanzpolitischenMassnahmennimmtunweiger-lich Zeit in Anspruch, so dass sie unter Umstän-den zu spät zu wirken beginnen. Zudem ist es politisch nicht immer einfach, Massnahmen bei anziehender Konjunktur wieder rückgängig zu machen.

Aufgrund der Umsetzungsschwierigkeiten ei-ner diskretionären Fiskalpolitik besteht in der Schweiz Konsens darüber, dass die Finanzpoli-tik primär passiv antizyklisch zur Glättung von Konjunkturschwankungen beitragen soll. Als au-tomatische Stabilisatoren wirken innerhalb des Bundeshaushalts die Einnahmen: Da sich die-se in der kurzen Frist im gleichen Ausmass wie das Bruttoinlandprodukt (BIP) entwickeln und

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gleichzeitig die Ausgaben kontinuierlich ver-laufen, führt ein konjunktureller Abschwung tendenziellzueinerErhöhungdesDefizits,wäh-rend im Aufschwung die ansteigenden Einnah-men die Erwirtschaftung von Überschüssen ermöglichen. Dadurch verhält sich der Bundes-haushalt ohne weiteres Dazutun antizyklisch. Die konjunkturellen Schwankungen werden ge-glättet, weil in der Rezession nachfragestützen-deDefiziteausgewiesenwerden («deficit spen-ding») und in Boomphasen einer überbordenden Nachfrage entgegenwirkt wird, indem mit den Einnahmenüberschüssen Reserven angelegt wer-den. Eine solche passive antizyklische Ausrich-tung der Finanzpolitik gilt als vorteilhaft, weil sich zu starke Schwankungen im Auslastungsgrad der Produktionskapazitäten negativ auf das längerfristige Wachstumspotential der Wirt-schaft auswirken können. Um sicherzustellen, dass diese Ausrichtung der Finanzpolitik sich auch konkret im Budget niederschlägt, hat der Bundesrat das Instrument der Schuldenbremse dementsprechend ausgestattet (vgl. Ziff. 6). Ein weiterer bedeutender automatischer Stabilisa-tor ist die Arbeitslosenversicherung: zusätzlich zur Einnahmenentwicklung wirkt hier auch die Ausgabenentwicklung stabilisierend, weil in Re-zessionen bedeutend mehr Taggelder ausbezahlt werden als in der Hochkonjunktur.

Um kurzfristig konjunkturpolitische Ziele zu er-reichen eignet sich die Geldpolitik – zumindest unter normalen Umständen – besser als die Finanzpolitik. Sie kann rasch auf eine Verände-rung der Situation reagieren und die wirtschaftli-che Aktivität über die Zinspolitik in ihrer Gesamt-heitbeeinflussen.InderSchweizhatdeshalbdieGeldpolitik einen umfassenden Stabilisierungs-auftrag, mit der Preisstabilität als prioritärem Ziel.

2.1.4 Grenzen der VerschuldungAuf die Frage, inwieweit die staatlichen Aus-gaben über die laufenden Einnahmen finan-ziert werden müssen und in welchem Umfang sich der Staat zur Finanzierung seiner Aufga-ben verschulden darf, gibt die ökonomische

Theorie keine abschliessende Antwort. Einigkeit besteht darüber, dass eine tiefe Schuldenquote der Wirtschaftspolitik einen grösseren Hand-lungsspielraum gibt, um in Krisenzeiten zu re-agieren. Als Mindestvorgabe sollte deshalb die Schuldenquote über einen Konjunkturzyklus hin-weg nicht ansteigen.

Primärsaldo und Verschuldungsspirale Der Primärsaldo entspricht dem Saldo der Finanzierungsrechnung nach Abzug der Zins-ausgaben. Damit kann der Einfluss frühe-rer Defizite beziehungsweise der bestehendenStaatsschulden ausgeschaltet werden. Ist der Primärsaldo ausgeglichen, entspricht das Defi-zit (und damit die Zunahme der nominellen Ver-schuldung) dem Ausmass der Zinszahlung – die prozentuale Zunahme der nominellen Verschul-dung entspricht also dem durchschnittlichen Zinssatz. Entspricht dieser durchschnittliche Zins-satz für die Staatsschulden der Wachstumsrate des BIP, führt ein ausgeglichener Primärsaldo zu einer Stabilisierung der Schuldenquote, weil Nen-ner (BIP) und Zähler (nominelle Verschuldung) um den gleichen Prozentsatz zunehmen. Liegt das prozentuale Wirtschaftswachstum hingegen un-ter dem Zinssatz für die Staatsschulden, kann nur ein positiver Primärsaldo ein Ansteigen der Ver-schuldungsquote verhindern.

SchuldenfinanzierungVor diesem Hintergrund ist eine generelle Zu-rückhaltung gegenüber staatlicher Kreditfinan-zierung angezeigt. Diese Art der Finanzierung sollte sich auf die folgenden beiden Situationen beschränken:

• Konjunkturelle Defizite: Man unterscheidet zwischen einem konjunkturellen und einem strukturellen Defizit. In Rezessionszeiten istdas Wachstum der öffentlichen Einnahmen rückläufig oder sogar negativ, während ge-wisse Ausgaben sehr stark zunehmen. Die-se Reaktion der öffentlichen Finanzen auf die Konjunkturlage, die von den Ökonomen als «automatische Stabilisierung» bezeichnet

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wird, ist für die Volkswirtschaft wünschens-wert, denn sie mildert die sozialen und makroökonomischen Auswirkungen einer Re-zession. Man spricht von konjunkturellen und tolerierbarenDefiziten,solangesiemitEinnah-menüberschüssen aus konjunkturellen Boom-phasen kompensiert werden können. Struk-turelle Ungleichgewichte hingegen schaden sowohl der Wirtschaft als auch den öffentli-chen Finanzen. Sie halten auch in Zeiten nor-maler Konjunktur an und führen dazu, dass die Einnahmen abgesehen von konjunkturel-len und ausserordentlichen Zusatzeinnahmen nicht mehr ausreichen, um die Ausgaben zu finanzieren.DieSchuldenbremseerlaubtdemBund ausschliesslich im Falle eines konjunk-turellenDefizits dieses überVerschuldung zufinanzieren.

• Investitionen mit zukünftigem Nutzen: Investi-tionen, die in der Zukunft einen gesellschaftli-chen oder volkswirtschaftlichen Nutzen abwer-fen bzw. über ein höheres Wirtschaftswachstum zukünftig neue Steuer substanz schaffen, kön-nengrundsätzlichüberVerschuldungfinanziertwerden. Das bedeutet, dass die daraus resul-tierende finanzielle Belastung ebenfalls in dieZukunft verlagert werden kann. Man kann die Mindestforderung formulieren, dass die Aus-gaben für den öffentlichen Konsum sowie der jährliche Abschreibungsbedarf mit ordentlichen Einnahmen finanziert werden müssen. Trotzvereinzelter Investitionsspitzen (z.B. NEAT, Bahn 2000) entwickeln sich die Investitionsausgaben des Bundes relativ gleichmässig. Die jährlichen Abschreibungen und Wertberichtigungen wei-chen deshalb in der Regel nicht stark von den jährlichen Investitionsausgaben ab – eine Kre-ditfinanzierungistausdiesemGrundnichtan-gezeigt.

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2.2 Finanzleitbild des BundesratesDas Finanzleitbild bestimmt Ziele, Grundsätze und Instrumente für die Finanzpolitik des Bun-des. Es formuliert finanzpolitische Strategien,welche etablierte finanzwissenschaftliche Er-kenntnisse berücksichtigen und als Wegweiser für eine zukunftsgerichtete, moderne Finanzpo-litik dienen, die neuen Herausforderungen be-gegnet.

Das aktuelle Finanzleitbild hat der Bundesrat 1999 erlassen. Als konzeptionelles Fundament für eine vorausschauende, transparente und geradlinige Finanzpolitik bildet es nach wie vor eine Richtschnur für die Gestaltung der Finanz-politik. Zwischenzeitliche wirtschaftliche und ge-sellschaftliche Entwicklungen (z.B. die Finanz-, Wirtschafts- und Schuldenkrise oder das verän-derte internationale Steuerumfeld) lassen aber gewisse finanzpolitische Grundsätze in neuemLicht erscheinen. Zudem sind die darin darge-stellten Reformprojekte grösstenteils umgesetzt. Deshalb soll das Finanzleitbild während der aktu-ellen Legislaturperiode aktualisiert werden.

2.2.1 GrundsätzeAus den in Ziffer 2.1 dargestellten Zielen leiten sich die folgenden Grundsätze für die Ausgaben- und Steuerpolitik ab.

Vorab steht der Grundsatz der Transparenz: Finanzpolitische Informationen sollen von mög-lichst hoher Qualität sein. Ihre Darstellung erfolgt in einer offenen, für die Bürgerinnen und Bürger verständlichen Form.

Unter den Grundsätzen der Ausgabenpolitik pos-tuliert der Bundesrat unter anderem:

• Alle Staatsausgaben (bzw. -aufgaben) müssen periodisch auf ihre Notwendigkeit hin über-prüft werden.

• Dem Staat übertragene Aufgaben sind wirt-schaftlich und zielwirksam zu erfüllen.

• Für neue Ausgabenprogramme ist die Frage der Finanzierung sorgfältig zu klären. Mehr-ausgaben für neue Aufgaben sind vorrangig durch Einsparungen in bisherigen Aufgaben-bereichen aufzufangen.

• Subventionen sind – möglichst in Form von direkten Transfers an

Individuen und nicht als Objekthilfen zu ge-währen. Streusubventionen sind zu vermei-den;

– nicht an den Kosten zu orientieren, sondern am Erfüllungsgrad der vorgegebenen Ziele;

– vorzugsweise in der Form zeitlich befriste-ter Anschub- und Überbrückungshilfen aus-zugestalten. Bei Abgeltungen ist soweit wie möglich eine Befristung der staatlichen Auf-gabe vorzusehen.

Als Grundsätze der Besteuerung gelten insbeson-dere:

• DieSteuerlastistgerechtaufdieSteuerpflichti-gen zu verteilen. Dazu müssen Steuern den in der Verfassung verankerten Prinzipien der All-gemeinheit, Gleichmässigkeit und Verhältnis-mässigkeit (Besteuerung nach der wirtschaftli-chen Leistungsfähigkeit) genügen.

• Steuern sind so zu gestalten, dass die dem SteuerpflichtigenaufgebürdeteLastmöglichstgering und die Beeinträchtigung der wirt-schaftlichen Aktivität möglichst klein ist.

• Das Steuersystem ist so zu gestalten, dass die Standortattraktivität der Schweiz erhalten und gestärkt werden kann. Hohe Steuern und hohe Grenzsteuersätze sind möglichst zu ver-meiden.

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3.1 Staatlicher Sektor der SchweizDie Statistik der öffentlichen Finanzen der Schweiz folgt bei der Abgrenzung des staatlichen Sektors den Richtlinien der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung, wie sie in den heute geltenden internationalen Standardwerken der Wirtschafts- und Finanzstatistik1 festgehalten werden. Die Wirtschaftssubjekte einer Volkswirtschaft wer-den den folgenden institutionellen Sektoren zu-geteilt:

• NichtfinanzielleUnternehmen(produzierendesGewerbe)

• Finanzielle Unternehmen (Banken, Versiche-rungen)

• Staat (öffentliche Haushalte)• Private Haushalte• Private Organisationen ohne Erwerbszweck im

Dienste der Haushalte (POoE)• Ausland

Die Abgrenzung des Sektors Staat insbesonde-re vom Unternehmenssektor setzt vorgängig die Klärung der Frage voraus, wie und wo die Grenzen zwischen einem öffentlichen Haushalt (Sektor Staat) und einem Unternehmen zu zie-hen sind, unabhängig davon, ob es sich um ein privates oder öffentliches Unternehmen handelt. Die Abgrenzung erfolgt dabei nach einer wirt-schaftlichen Sichtweise. Es gilt: «Substance over Form»; der wirtschaftliche Gehalt kommt vor der Rechtsform.

Die Abgrenzung zwischen privaten und öffent-lichen Wirtschaftseinheiten folgt dem Kriterium der Beherrschung. Darunter versteht man die Möglichkeit, die Finanz- und Geschäftspolitik ei-ner anderen Einheit zu bestimmen und so aus

1 System of National Accounts (SNA 2008; UNO, OECD, IWF, Weltbank und Eurostat), Europäisches System Volkswirt-schaftlicher Gesamtrechnungen (ESVG 2010; Eurostat) und Government Finance Statistics Manual (GFSM 2014; IWF).

ihrer Tätigkeit einen Nutzen zu ziehen. Wird eine wirtschaftliche Einheit vom Staat kontrolliert, so ist zudem zu entscheiden, ob diese Teil eines öf-fentlichen Haushaltes ist oder ob es sich um ein öffentliches Unternehmen handelt.

Öffentliche (wie auch private) Unternehmen sind sogenannte marktbestimmte wirtschaftliche Ein-heiten, die ihre Güter (Waren und Dienste) zu ei-nemwirtschaftlich signifikanten Preis anbieten.EinPreis istwirtschaftlichsignifikant,wenndie-ser einenmassgebenden Einfluss auf dieMen-ge der vom Produzenten angebotenen Güter wie auch der von den Kunden oder Benutzern nach-gefragten Menge hat. Zu den öffentlichen Un-ternehmen zählen deshalb vor allem Einheiten, diesichüberihreVerkaufserlösefinanzierenodermehrheitlich gebührenfinanzierte Sondereinhei-ten sind. Hingegen ist eine Einheit nicht markt-bestimmt, wenn für das angebotene Gut kein wirtschaftlich signifikanter Preis verlangt wird;d.h. der verlangte Preis hat kaum oder gar kei-nen Einfluss auf die angebotene und nachge-fragte Menge.

Nebst der Beherrschung entscheidet somit die Fi-nanzierungsart darüber, ob eine wirtschaftliche Einheit, die sich unter der Kontrolle der öffent-lichenHandbefindet,zudenöffentlichenHaus-halten (Bund, Kantone, Gemeinden, öffentliche Sozialversicherungen) oder zu den öffentlichen Unternehmen gehört. Finanziert eine Einheit ihre Produktionskosten zu mehr als 50 Prozent selbst über Gebühren, Entgelte oder Verkäufe von Waren und Diensten, so wird diese dem (öf-fentlichen) Unternehmenssektor zugeteilt, da der verlangtePreisalssignifikantgiltunddieEinheitsomit marktbestimmt ist. Ist dies nicht der Fall, so handeltessichumeinevorwiegendsteuerfinan-zierte Einheit, die dem Sektor der öffentlichen Haushalte zugeordnet wird.

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3.1.1 Der Staat gemäss FinanzstatistikDie Statistik der öffentlichen Finanzen der Schweiz, kurz Finanzstatistik genannt, gibt einen Gesamtüberblick über die Ertrags-, Finanz- und Vermögenslage der öffentlichen Haushalte resp. des Sektors Staat. Dieser setzt sich aus vier Teil-sektoren zusammen:

• Bund• Öffentliche Sozialversicherungen• Kantone• Gemeinden

Die Finanzstatistik erfasst jedoch keine öffent-lichen Unternehmen. Diese sind Teil des Un-ternehmenssektors der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung der Schweiz.

Ein umfassender und vergleichbarer Überblick überdiefinanzielleLageeineseinzelnenöffentli-chen Haushalts ist nur möglich, wenn alle Einhei-ten, die wirtschaftlich zum jeweiligen Haushalt gehören, konsolidiert werden. Die konsolidierte, um interne Geschäftsvorgänge bereinigte Rech-nung eines öffentlichen Haushaltes setzt sich aus seiner eigenen Rechnung (Stammhaus) und den Rechnungen aller zu konsolidierenden instituti-onellen Einheiten zusammen, die der Kontrolle der Exekutive und Legislative dieses öffentlichen Haushalts unterstellt sind. Das Stammhaus setzt sich meistens aus der Zentralverwaltung und den Einheiten der dezentralen Verwaltung zu-sammen; bei den zu konsolidierenden Einheiten handelt es sich normalerweise um eigenständige, wennauchstaatlichkontrollierteoderfinanzierteSondereinheiten, die jedoch vorwiegend steuer-finanziertsind.

In der Finanzstatistik umfasst der Teilsektor Bund nebst den verschiedenen Einheiten der zentralen und dezentralen Bundesverwaltung (u.a. Parlamentsdienste und Bundesgerichte) auch folgende, vorwiegend steuerfinanzier-te Einheiten: den Bahninfrastrukturfonds  (BIF),den Infrastrukturfonds  (IF), die Eidg. Alkohol- verwaltung  (EAV), den ETH-Bereich, das Eidg.

Hoch schulinstitut für Berufsbildung, das Eidg. Institut für Metrologie  (METAS), das Schwei-zerische Nationalmuseum, Pro Helvetia, den Schweizerischen Nationalfonds, Schweiz Tou-rismus, Fondation des immeubles pour les Or-ganisations Internationales  (FIPOI) und denNetzzuschlagsfonds. Hingegen gelten als öf-fentliche Unternehmen: die Eidg. Finanzmarkt-aufsicht  (FINMA), das Eidg. Nuklearinspekto-rat, das Institut für Geistiges Eigentum, die Eidg. Revisionsaufsichtstelle, die Schweizeri-sche Exportrisikoversicherung, die Schweizeri-sche Gesellschaft für Hotelkredit, die SIFEM AG, Swissmedic,PostundPostfinance,dieSchweize-rischen Bundesbahnen  (SBB) und die SwisscomsowiedasSchweizerRadioundFernsehen (SRF).

Nach der heute geltenden Abgrenzung gehören folgende Versicherungszweige zum Teilsektor der öffentlichen Sozialversicherungen: die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV), die Inva-lidenversicherung (IV), die Erwerbsersatzordnung inkl. Mutterschaftsversicherung (EO/MV), die Familienausgleichskasse in der Landwirtschaft (FL) sowie die Arbeitslosenversicherung (ALV) und die Mutterschaftsversicherung Genf. Nicht dazu gehören die SUVA, die öffentlichen Pensi-onskassen (u.a. PUBLICA) oder die kantonalen AHV-Ausgleichsstellen, welche alle als öffentliche finanzielleUnternehmengelten.Anzumerkenist,dass in der Schweiz die Krankenkassen zum Sek-tor der finanziellen Unternehmen (Versicherun-gen) gezählt werden.

Der Teilsektor der Kantone umfasst neben den verschiedenen Kantonsverwaltungen ebenfalls die Universitäten, Fachhochschulen sowie wei-tere kantonale Bildungseinrichtungen. In die-ser Kategorie werden ebenfalls die Konkorda-te zwischen den einzelnen Kantonen erfasst. Nicht dazu gehören die Spitäler und weitere Einrichtungen des Gesundheitswesens, da die-se gesamtschweizerisch hauptsächlich (d.h. zu mehr als 50 %) über Beiträge und Vergütungen der Patienten und ihrer Versicherer finanziertwerden. Als öffentliche Unternehmen gelten

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ebenfalls die Elektrizitätswerke, sofern sich die-seselbstfinanzierenundsievonderöffentlichenHand beherrscht werden, d.h. ein einzelner Kan-ton (oder auch eine Gemeinde) muss nicht sel-ber über 50 Prozent des Unternehmens kontrol-lieren. Dieses Kriterium gilt auch als erfüllt, wenn sich z.B. die Aktienmehrheit im Besitz von Kan-tonenund/oderGemeindenbefindetoderdieseden Verwaltungsrat kontrollieren.

In den Teilsektor der Gemeinden fallen alle Verwaltungseinheiten der Gemeinden sowie alle Schulgemeinden und kommunalen Zweckver-bände aus dem Bildungsbereich. Des Weiteren sind die hauptsächlich steuerfinanzierten Ge-meindezweckverbände ebenfalls im Teilsektor der Gemeinden enthalten. Nicht in diese Kategorie gehörenjedochallevorwiegendgebührenfinan-zierten Zweckverbände aus dem Abwasser- und

Übersicht zu den publizierten Modellen der Finanzstatistik

FS-Modell GFS-Modell

Grundlage Nationale Rechnungslegungsmodelle des Bundes (NRM) und für die Kantone und Gemeinden (HRM2)

Internationale Finanzstatistikrichtlinien des IWF (GFSM 2014)

Ziel Nationale Vergleichbarkeit der öffentlichen Haushalte

Internationale Vergleichbarkeit des Wirtschaftssektors Staat und seiner Teilsektoren

Ergebnisse Erfolgs-, Investitions-, Finanzie-rungsrechnung und Bilanz

Erfolgs-, Anlage- und Vermögensrechnung

Abdeckung Auf Stufe Wirtschaftsteilsektor (Bund, Kantone, Gemeinden, öffentliche Sozialversicherungen) und Gesamtsektor Staat bis auf Stufe einzelner Haushalte (Städte und Kantonshauptorte, Kantone, Sozialversicherungen)

Nur auf Stufe Wirtschaftsteilsektor (Bund, Kantone, Gemeinden, öffentliche Sozialversicherungen) und Sektor Staat

Die Modelle der Finanzstatistik im ÜberblickBasisdaten der Finanzstatistik sind die Finanzbuchhaltungen der öffentlichen Haushalte und der von ihnen kontrollierten Institutionen (Körperschaften, Anstalten, Sonderrechnungen und Fonds usw.). Um den verschiedenen Ansprüchen gerecht zu werden, erfolgt der Ausweis der Ergebnisse und der daraus abgeleiteten Kennziffern nach zwei Modellen. Das FS-Modell dient der nationalen Vergleich-barkeit und baut grundsätzlich auf dem neuen Harmonisierten Rechnungslegungsmodell für die Kan-tone und Gemeinden (HRM2 von 2008) auf. Für internationale Vergleiche werden diese Daten in das GFS-Modell, das den Finanzstatistikrichtlinien des IWF (GFSM 2014) folgt, umgeschlüsselt und statistisch bearbeitet. Dazu zählen z.B. Bewertungskorrekturen oder die Zubuchung von Ansprüchen desStaatesgegenüberderNationalbankinderBilanz.DieseDatenfliessenwiederumindasESVG-Modell (ESVG 2010) und die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung (VGR) der Schweiz ein, welche auf der gleichen methodologischen Grundlage wie die Finanzstatistik aufbaut.1

1 Für ausführlichere methodische Hinweise siehe Jahresbericht Finanzstatistik der Schweiz auf der Webseite der EFV.

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Umweltbereich (u.a. Kehrichtverbrennung und Abfallentsorgung, ARA-Zweckverbände) sowie des Gesundheitswesens (Spitäler, Alters- und Pflegeheime).DieseInstitutionensindTeilderöf-fentlichen Unternehmungen. Dies gilt auch für alle industriellen Betriebe, insbesondere im Be-reich der Energieproduktion.

3.1.2 Kennzahlen der öffentlichen HaushalteDie finanzstatistischen Kennzahlen werden an-hand des internationalen GFS-Modells der Finanzstatistik nach den Finanzstatistikrichtlini-en des Internationalen Währungsfonds (GFSM 2014) ausgewiesen. Eine Ausnahme bildet die Schuldenquote, welche in Anlehnung an die Maastricht-Kriterien der EU anhand des FS-Mo-dells berechnet wird. So wird sichergestellt, dass die Kennzahlen international vergleichbar sind. Die für den Sektor Staat und seine Teilsektoren (Bund, Kantone, Gemeinden und öffentliche So-zialversicherungen) ausgewiesenen Kennzahlen werden jeweils im Verhältnis zum nominalen Bruttoinlandprodukt (BIP) dargestellt. Sie dienen in erster Linie als Grundlage für internationale Vergleiche.

Defizit-/ÜberschussquoteDie Defizit-/Überschussquote ist als Finan-zie rungssaldo der öffentlichen Haushalte im Verhältnis zum BIP definiert. Die Defizit-/Überschussquote der öffentlichen Haushalte ist starken konjunkturellen Schwankungen unter-worfen, konnte aber in der jüngsten Vergan-genheit auf einem positiven Niveau stabilisiert werden. Auf Grund des Einbruchs des Wirt-schaftswachstums ist sie seit 2009 zwar stark zurückgegangen, blieb aber dank einer auf al-len Staatsebenen ausgeglichenen Haushalts-politik bis 2011 im positiven Bereich. Seit 2013 sind leichte Defizite festzustellen, was u.a. aufdie Pensionskassensanierungen und -ausfinan-zierungen bei den Kantonen zurückzuführen ist.

FiskalquoteDie Fiskalquote misst den gesamten Fiskalertrag (Steuern und Sozialversicherungsabgaben) im Ver-hältnis zum BIP. Die Sozialversicherungsabgaben umfassen die obligatorischen Beiträge an AHV, IV, EO, ALV und für die Familienzulagen in der Land-wirtschaft sowie die Mutterschaftsversicherung des Kantons Genf. Die Beiträge an Krankenkas-sen, Unfallversicherungen und Pensionskassen werden trotz Obligatorium nicht berücksichtigt, da diese Unternehmungen nicht zum Sektor Staat gehören. Die Fiskalquote drückt den Anteil des BIP aus, den der Staat zur Finanzierung seiner Aufgaben über Steuern und Abgaben eintreibt. Ein starkes Auseinanderklaffen von Staats- und Fiskalquote deutet auf einen schuldenfinanzier-ten Haushalt hin. Nach dem Anstieg der 1990er-Jahre hat sich die Fiskalquote der öffentlichen Haushalte seit der Jahrtausendwende zwischen 27 und 28 Prozent des BIP stabilisiert.

StaatsquoteDie Staatsquote der Schweiz setzt die gesam-ten Staatsausgaben ins Verhältnis zum BIP. Da-bei werden in allen Sektoren die gesamten Aus-gaben (laufender Aufwand plus Nettozugang an Vermögensgütern) berücksichtigt. Seit den 1970er-Jahren stieg die Staatsquote kontinu-ierlich an und erreichte 2003 mit 33,8 Prozent einen Höchstwert, nachdem sie 1990 noch 28,0 Prozentbetragenhatte.Dankdersehrgu-ten Konjunkturlage in den Jahren 2003 bis 2008 sowie diversen Entlastungsmassnahmen konnte die Staatsquote vorübergehend gesenkt werden. Seit 2009 zeigt die Staatsquote infolge der belas-tenden Wirtschafts- und Finanzlage wieder eine zunehmende Tendenz.

SchuldenquoteDie Schuldenquote in Anlehnung an die Maast-richt-Definition ist das Verhältnis zwischen denBruttoschulden der öffentlichen Haushalte und

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demBIP.DieseKennzahlstütztsichaufdieDefini-tion des neuen Harmonisierten Rechnungsmodells der Kantone (HRM2). Sie stellt zudem eine An-näherung an die Bruttoschuldenquote ge-mäss der Maastricht-Definition der EU dar. DieBruttoschulden setzen sich gemäss HRM2 aus denlaufendenVerpflichtungen,denkurzfristigenSchulden, den mittel- und langfristigen Schulden sowiedenVerpflichtungenfürSonderrechnungenzusammen. Die ausgeprägten Defizite in den1990er-Jahren führten zu einem spektakulären Anstieg des öffentlichen Schuldenstandes. Die-ser verdoppelte sich innert eines Jahrzehnts und erreichte Ende 2004 mit 245,9 Milliarden einen Höchstwert (50,3% des BIP). Die Schuldenquote verzeichnet seither einen sinkenden Trend. Ins-besondere die Schuldenbremse des Bundes sorgt hierbei für einen kontinuierlichen Schuldenabbau. Aber auch verschiedenste Sanierungsmassnah-men auf Kantons- und Gemeindeebene und bei den öffentlichen Sozialversicherungen tragen zu diesem Ergebnis bei.

FremdkapitalquoteDie Fremdkapitalquote stellt die Staatsschulden gemässderDefinitiondesInternationalenWäh-rungsfonds (IWF) in Prozent des BIP dar. Mit Ausnahme der Finanzderivate umfasst sie alle Verpflichtungender Passivseite derVermögens-rechnung(Bilanz)und istdaherbreiterdefiniertals die Maastricht-Schuld und daher im Prinzip im-mer grösser als Letztere. Ein weiterer gewichtiger Unterschied besteht darin, dass der IWF soweit möglich eine Marktbewertung des Fremdkapitals fordert. Dadurch ist die Fremdkapitalquote auch wesentlich stärkeren Schwankungen unterwor-fen als die Schuldenquote nach Maastricht, in welcher die Schulden zum Nennwert eingehen. Die Fremdkapitalquote weist dennoch einen ähn-lichen Verlauf wie die Maastricht-Schuld auf und liegt durchschnittlich um gut 10 Prozentpunkte höher als diese.

Kennzahlen der öffentlichen Haushalte der Schweiz

in % BIP 1990 1995 2000 2005 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016

Defizit-/Überschussquote

0,2 -1,5 2,2 -0,6 0,3 0,5 0,0 -0,2 -0,1 -0,1 0,1

Fiskalquote 23,7 25,6 27,6 26,6 26,5 27,1 26,9 27,0 27,1 27,6 27,7

Staatsquote 28,0 32,7 30,9 32,8 32,1 32,6 32,6 32,9 33,0 34,1 34,0

Schuldenquote 29,3 44,8 48,0 48,0 33,9 33,2 34,2 34,6 34,5 34,6 34,5

Fremdkapitalquote 34,3 51,4 53,4 57,5 44,6 44,8 45,6 45,5 46,4 46,5 46,3

Hinweise:– Stand der Daten: 24.9.2015; 2014–2016: Hochrechnungen und Prognosen–Schuldenquote:BruttoschuldeninAnlehnungandieDefinitionvonMaastricht–Fremdkapitalquote:SchuldennachderDefinitiondesIWF

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3.2 Föderalismus und Finanzausgleich

3.2.1 Föderale Struktur der SchweizFöderalismus ermöglicht, Verschiedenartigkeit in einer Einheit zu leben. Für die Schweiz, mit meh-reren Sprachen und grossen topographischen Unterschieden, ist er eine wichtige Vorausset-zung für das Zusammenleben.

Aus ökonomischer Sicht spricht für eine födera-listischeStrukturdieTatsache,dassdieEffizienzder staatlichen Aufgabenerfüllung erhöht werden kann. Einerseits kann die teils dezentrale Bereit-stellung staatlicher Leistungen den örtlichen Be-dürfnissen besser Rechnung tragen. Andererseits werden die Gebietskörperschaften im Wettbe-werb um Steuerzahler zum haushälterischen Um-gangmitihrenfinanziellenMittelnangehalten.

Das20. Jahrhundertbrachteeinezunehmende,immer weniger durchschaubare Aufgaben- und Finanzierungsverflechtung zwischen Bund undKantonen sowie ein kritisches regionales Wohl-standsgefälle mit sich.

Die Verfassungsreform von 1999 hat mit einer Neukonzeption des Zusammenspiels zwischen Bund und Kantonen (kooperativer Föderalismus) einen ersten Schritt zu einer umfassenden Födera-lismusreform realisiert. Der Bund muss die Kanto-ne konsultieren, falls ihre Interessen oder Zustän-digkeiten betroffen sind (Art. 45, 46 und 55 BV).

Der Grundsatz der Subsidiarität, wonach der Bund nur dann tätig werden kann, wenn aus-drücklich eine Kompetenz in der Verfassung er-wähnt ist (Kompetenzvermutung zugunsten der Kantone)wurdeinArtikel 42Absatz 1derBun-desverfassung in abstrakter Weise umschrieben: «Der Bund erfüllt die Aufgaben, die ihm die Bun-desverfassung zuweist».

3.2.2 Finanzausgleich und Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen

Mit der Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kan­tonen (NFA) wurde das Subsidiaritätsprinzip als staatspolitische Maxime explizit in der Verfassung verankert. Der neue Artikel 5a BV lautet: «Bei der Zuweisung und Erfüllung staatlicher Aufgaben ist der Grundsatz der Subsidiarität zu beachten». Damit sollte auch dokumentiert werden, dass das Subsidiaritätsprinzip nicht nur für das Verhältnis Bund – Kantone gilt, sondern auch für das Ver-hältnis Kantone – Gemeinden sowie zwischen Staat und Gesellschaft im Allgemeinen.

Mit der auf den 1.1.2008 in Kraft gesetzten NFA wurde der zweite Schritt der Föderalismusreform in der Schweiz vollzogen. Damit wurden die Vo-raussetzungen für eine Erneuerung des Bun-desstaates, eine erhöhte Wirkungskraft des Fö-deralismus und eine effiziente und bürgernaheAufgabenerfüllung geschaffen.

Mit der NFAwurde eine Verbesserung der Effi-zienz, Effektivität und Anreizstruktur des födera-len Systems der Schweiz angestrebt. Um dieses Ziel zu erreichen, wurden die Aufgaben, Kom-petenzen und Finanzströme zwischen Bund und Kantonen so weit wie möglich und sinnvoll ent-flochten.Durch ein vollständigneukonzipiertesAusgleichssystem wurden Fehlanreize des al-ten Finanzausgleichs beseitigt. Im Vordergrund stand dabei der Ersatz der zweckgebundenen Finanzkraftzuschläge durch zweckfreie Beiträge, wodurch die Eigenständigkeit und Eigenverant-wortung der Kantone gestärkt und ihr Mittel-einsatz stärker den Bedürfnissen der regionalen Bevölkerung angepasst wurden. Der Vollzug von Bundesaufgaben durch die Kantone erfolgt neu mittels Programmvereinbarungen und Pauschal-beiträgen zielgerichteter. Des Weiteren werden

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durch eine stärkere Regelung der interkantona-len Zusammenarbeit bei der Erfüllung von öf-fentlichen Aufgaben Grössenvorteile besser aus-geschöpft und unerwünschte räumliche externe Effekte (sog. Spillovers) reduziert. Das Konzept der NFA beruhte demzufolge auf vier Pfeilern.

EntflechtungderAufgabenMit der NFA wurde ein gutes Drittel der bisher rund 40 Verbundaufgaben entflochten. Siebengingen in die alleinige Verantwortung des Bun-des über (insb. die individuellen Leistungen der AHV und der IV, die Nationalstrassen sowie Be-schaffung und Unterhalt der persönlichen mili-tärischen Ausrüstung und des Armeematerials). Für 10 Aufgabenbereiche sind neu die Kantone allein verantwortlich (insb. für die kollektiven IV-Leistungen, die Sonderschulung, die Verkehrs-trennungsmassnahmen ausserhalb von Agglo-merationen und die Niveauübergänge).

Zusammenarbeit und Finanzierung bei gemeinsamen AufgabenZahlreiche Aufgaben werden auch weiterhin von Bund und Kantonen gemeinsam erbracht. Statt Einzelobjekte nach aufwandorientierten Krite-rien zu subventionieren, kommen Mehrjahres-programme mit Zielvereinbarungen sowie Glo-bal- und Pauschalbeiträge zum Tragen. Dabei ist der Bund für die strategische Führung zuständig, während die Kantone die operative Verantwor-tung übernehmen. Ein Controlling sorgt für die Qualitätssicherung.

Interkantonale Zusammenarbeit mit LastenausgleichAufgrund der wachsenden Mobilität von Unter-nehmen, Arbeitskräften und Wohnbevölkerung decken sich die wirtschaftlichen und sozialen Le-bensräume immer weniger mit den Kantons-grenzen. Dadurch besteht die Gefahr, dass bei der staatlichen Aufgabenerfüllung Grössenvor-teile nicht genügend stark genutzt werden oder Spillovers entstehen (z.B. im Kulturbereich oder beim Agglomerationsverkehr). Die NFA brach-te denn auch eine stärkere Institutionalisierung

der interkantonalen Zusammenarbeit mit Las-tenausgleich. Auf der Basis der interkantonalen Rahmenvereinbarung (IRV) schliessen die Kanto-ne Verträge über den gegenseitigen Bezug oder die gemeinsame Produktion von staatlichen Leis-tungen ab. Dem Bund kommt hier lediglich eine Schiedsrichterrolle zu: Auf Antrag interessierter Kantone kann er in den neun in der Bundesver-fassung abschliessend aufgezählten Aufgaben-bereichen nicht kooperationswillige Kantone zur ZusammenarbeitmitLastenausgleichverpflichten.

Neues AusgleichssystemMitderNFAentfielen imneuen Finanzausgleichsämtliche indirekten Ausgleichselemente, so na-mentlich die Finanzkraftzuschläge, aber auch die Finanzkraftabstufung der Kantonsanteile an Bundeseinnahmen und am Nationalbankgewinn. Dafür wurde die Ausgleichsmasse des Finanzaus-gleichs deutlich aufgestockt. Dieser besteht nur noch aus zweckfreien Mitteln, wobei zwischen dem Ressourcenausgleich (Umverteilung von fi-nanziellen Ressourcen) und dem Lastenausgleich (Beitrag für Sonderlasten) unterschieden wird.

Grundlage für den Ressourcenausgleich ist der Ressourcenindex. Er widerspiegelt das Ressour-cenpotenzial der Kantone, d.h. die fiskalisch ausschöpfbare Wertschöpfung. Der Ressourcen-ausgleich wird gemeinsam vom Bund (vertika-ler Ressourcenausgleich) und von den ressour- censtarken Kantonen (horizontaler Ressourcen-ausgleich)finanziert.

Der Lastenausgleich besteht aus einem geogra-fisch-topografischen und einem soziodemografi-schen Lastenausgleich und wird vollständig vom Bund getragen.Während der geografisch-topo-grafische Lastenausgleich die durch eine dünneBesiedlung und die topografischen Verhältnissebedingten Sonderlasten der peripheren Kantone abgilt,kommtdersoziodemografischeLastenaus-gleich hauptsächlich den urbanen Kantonen zu-gute. Er entschädigt diese für Sonderlasten, wel-che aufgrund der Bevölkerungsstruktur oder der Zentrumsfunktion der Kernstädte entstehen. Das

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Ausgleichssystem der NFA ist schematisch in der nachfolgenden Abbildung dargestellt. Bei den darin enthaltenen Beträgen der einzelnen Aus-gleichselemente handelt es sich um die Finanzaus-gleichszahlen des Jahres 2016.

Grundsätzlich werden durch den Finanzausgleich die ressourcenschwachen Kantone stärker ent-lastet und die ressourcenstarken Kantone stärker belastet als im alten System. Der Übergang führ-te jedoch auch in einigen ressourcenschwachen Kantonen zu einer Belastung oder einer nur geringfügigen Entlastung. Diesen Kantonen wird zur Überbrückung der damit verbundenen finanziellenFolgeneinbefristeter Härteausgleich gewährt. Der Härteausgleich beträgt insgesamt 359 Millionen.ErwirdzuzweiDrittelvomBund

und zu einemDrittel von denKantonen finan-ziert. Ab 2016 wird er jährlich um 5 Prozent des Anfangsbetrags reduziert, wobei das Parlament alle vier Jahre über die vollständige oder teilweise AbschaffungdesHärteausgleichsbefindenkann.

3.2.3 Evaluation des FinanzausgleichsFinanzpolitisch ist – angesichts des Volumens der Finanzströme zwischen Bund und Kantonen – die NFA für den Bund von grosser Bedeutung. Die Transparenz der Finanzströme wurde mit der Reform markant erhöht und die Steuerbarkeit deutlich verbessert. Allokationsziele und (regi-onale) Verteilungsziele werden mit unabhängi-gen Instrumenten verfolgt. Die Steuerung erfolgt für die Dotation der Ausgleichsgefässe über die Festlegung von einigen wenigen Grössen und es

718 2301 227

114

3873

359359

1572

LastenausgleichGeografisch-topografisch

Sozio-demografisch

Ressourcenausgleich

Vertikal Horizontal

Härteausgleich

Kantone

Kantone mitüberdurchschnittlichen

Strukturkosten

Ressourcenschwache Kantone Ressourcenstarke Kantone

Bund

Vertikal Horizontal

Das Grundkonzept des neuen Ausgleichsystems (Finanzströme 2016)Zahlungen in Mio. CHFDas Grundkonzept des neuen Ausgleichsystems (Finanzströme 2016)Zahlungen in Mio. CHF

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werden vermehrt Mehrjahresprogramme mit Ziel-vereinbarungen sowie Global- und Pauschalbei-träge eingesetzt. Zur längerfristigen Sicherstellung der Wirksamkeit der neuen Ausgleichsinstrumen-te hat der Bundesrat der Bundesversammlung alle vier Jahre einen Bericht über den Vollzug und die Wirksamkeit des neuen Systems vorzulegen. Der Bericht soll Aufschluss über die Erreichung der Zie-le des Finanzausgleichs in der vergangenen Peri-ode geben und die möglichen Massnahmen für die kommende Periode darlegen. Der jüngste (zweite) Wirksamkeitsbericht umfasste die Periode 2012-2015 und wurde im März 2014 publiziert. Die Kernaussagen des zweiten Wirksamkeitsbe-richts lauten wie folgt:

Stärkung der kantonalen Finanzautonomie: Der Anteil der zweckfreien Transfers am Gesamtvolu-men der Transfers zwischen Bund und Kantonen konnte mit der Inkraftsetzung der NFA im Jahr 2008 substantiell erhöht werden und beläuft sich seither auf rund 40 Prozent.

Verringerung der Unterschiede in der finanziellen Leistungsfähigkeit und in der Steuerbelastung: Der Ressourcenausgleich bewirkt per se eine er-heblicheReduktionderDisparitäteninderfinan-ziellen Leistungsfähigkeit. Die Disparitäten vor Ressourcenausgleich haben seit 2012 etwas abge-nommen. Bei der Steuerbelastung haben verschie-dene ressourcenschwache Kantone ihre Steuer-sätze teilweise merklich gesenkt. Dennoch kann nicht generell von einem Abbau der Unterschiede bei der Steuerbelastung gesprochen werden.

Erhalt der steuerlichen Wettbewerbsfähigkeit der Kantone: Die steuerliche Wettbewerbsfähigkeit der Kantone ist sowohl bei den Unternehmens- wie auch bei den Einkommenssteuern nach wie vor hoch. Der Steuerwettbewerb hat sich mit der Einführung der NFA eher intensiviert.

Gewährleistung einer minimalen Ausstattung mit finanziellen Ressourcen: Die anzustrebende mini-male Pro-Kopf-Ausstattung mit Eigenmitteln von 85 Prozent des schweizerischen Durchschnitts

wurde auch vom ressourcenschwächsten Kanton (Uri) zum Teil deutlich übertroffen. Die Beiträge des Ressourcenausgleichs erwiesen sich deshalb als zu hoch.

Ausgleich von übermässigen geografisch-topo-grafischen und soziodemografischen Belastun­gen: 19 Prozent der Sonderlasten sind auf geo-grafisch-topografischeFaktorenund81Prozentauf soziodemografische Faktoren zurückzufüh-ren. Damit bestätigt sich, dass mit der heute gleichhohenDotationfürdengeografisch-topo-grafischenLastenausgleich(GLA)unddensozio-demografischen Lastenausgleich (SLA) die Son-derlasten unterschiedlich berücksichtigt werden.

Gewährleistung eines angemessenen interkanto­nalen Lastenausgleichs: Die Lastenausgleichszah-lungen zwischen den Kantonen haben sich seit Einführung der NFA praktisch verdoppelt. Dies weist darauf hin, dass sich die interkantonale Zu-sammenarbeit deutlich verstärkt hat.

Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen: Die mit der NFA vorgenommene Aufgabentei-lung hat sich bewährt. Es konnten insbesonde-re imBereichNationalstrassenEffizienzgewinneverzeichnet werden. Die Erfahrungen mit dem 2008 neu eingeführten Instrument der Pro-grammvereinbarungen für Aufgaben, die von Bund und Kantonen gemeinsam wahrgenom-men werden, sind im Grossen und Ganzen po-sitiv, auch wenn verschiedene Aspekte noch ver-bessert werden können.

Insgesamt hat der Wirksamkeitsbericht keine gravierenden Schwachstellen oder Mängel auf-gezeigt. Mit Ausnahme einer Reduktion der Grundbeiträge beim Ressourcenausgleich schlug der Bundesrat deshalb keine Anpassungen vor. Das Parlament halbierte die vom Bundesrat vor-geschlagene Kürzung: Gemäss Bundesbeschluss vom 19.6.2015 wird der Grundbeitrag des Bun-des um rund 98 Millionen und derjenige der ressourcenstarken Kantone um rund 67 Millio-nen Franken reduziert.

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3.3 Der Bund

3.3.1 Konsolidierungskreise des BundesNeben der zentralen Bundesverwaltung existie-ren weitere Einheiten und Organisationen, die aufgrund der Eigentums- oder Finanzierungs-verhältnisse dem Bund zugerechnet werden. Je nach Sichtweise werden unterschiedliche Einhei-ten dem Bund zugeordnet. Es lassen sich die fol-genden Konsolidierungskreise unterscheiden.

Staatsrechnung und VoranschlagDie Staatsrechnung ist rechtlich definiert. NachArt. 5 FHG umfasst sie die Bundesrechnung und die separat geführten Sonderrechnungen:

• Die Bundesrechnung («Stammhaus Bund») entspricht dem Bundeshaushalt. Dieser un-terliegt den Regeln der Schuldenbremse. Die Bundesrechnung beinhaltet die Departemente und ihre Verwaltungseinheiten, der Bundes-kanzlei, die Bundesversammlung einschliess-lich ihrer Parlamentsdienste, den Bundesrat sowie die Verwaltungseinheiten der dezentra-len Bundesverwaltung, die keine eigene Rech-nung führen.

• Sonderrechnungen werden separat geführt und müssen von der Bundesversammlung geneh-migt werden. Ihre Ausgaben unterliegen nicht der Schuldenbremse, jedoch die Einlagen aus dem Bundeshaushalt in die Sonderrechnungen.

Teilsektor Bund (Finanzstatistik)Der Teilsektor Bund ist gemäss den Regeln der Finanzstatistik definiert, welche eine volkswirt-schaftliche Sichtweise widergibt (vgl. Ziff.  3.1).Die Sozialversicherungen werden in der Finanzstatistik als eigener Teilsektor des Staates geführt.

Konsolidierte Rechnung BundDer Umfang der Konsolidierten Rechnung ba-siert auf den betriebswirtschaftlichen Kriterien der Rechnungslegung. Massgebend ist, ob eine Einheit vom Bund beherscht wird oder nicht. Ab 2017 wird der Konsolidierunskreis erweitert (vgl. Ziff. 5.5.1).

Die Konsolidierte Rechnung umfasst neben der Staatsrechnung die folgenden Aggregate:

• Einheiten der dezentralen Bundesverwaltung, welche eine eigene Rechnung führen, die nicht durch die Bundesversammlung genehmigt wird. Zu den vorwiegend steuerfinanziertenVerwaltungseinheiten zählen der ETH-Bereich, das Eidg. Hochschulinstitut für Berufsbildung, das Schweizerische Nationalmuseum und Pro Helvetia. Zu den übrigen gehören die FINMA, Swissmedic, ENSI und weitere.

• Zu den Beteiligungen des Bundes zählen die Unternehmen, an denen der Bund eine Kapitalmehrheit hält (ab 2017).

• Schliesslich werden auch die Ausgleichsfonds der Sozialversicherungen des Bundes berück-sichtigt (ab 2017).

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3 Öffentliche Haushalte der Schweiz

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Konsolidierte Rechnung BundKonsolidierungskreis ab 2017

Beteiligungen

– Die Post

– SBB

– Swisscom

– Ruag

– etc.

Bund als Teilsektor der öffentlichen Haushaltegemäss Finanzstatistik

Staatsrechnung/Voranschlagnicht konsolidiert

Bundesrechnung/BundesbudgetStammhaus Bund

Sonderrechnungenvom Parlament zu genehmigende Rechnungen

– Bahninfrastrukturfonds

– Infrastrukturfonds

– Eidg. Alkoholverwaltung

– Eidg. Hochschulinstitut für Berufsbildung

– Pro Helvetia

– Nationalfonds

– Schweiz Tourismus

– Schweizerisches Nationalmuseum

– Eidg. Institut für Metrologie

Publikationen zu Haushaltszahlen auf Bundesebene (ohne Kantone, Gemeinden und Sozialversicherungen)

– ETH-Bereich

– Netzzuschlagsfonds (ab 2017 im Stammhaus Bund)

– Fondation des immeubles pour les OrganisationsInternationales (FIPOI)

Ausgleichsfonds der Sozialversicherungen

– AHV

– IV

– EO

– ALV

Verwaltungseinheiten der dezentralen Bundesverwaltung mit eigener Rechnung

– Eidg. Finanzmarktaufsicht

– Swissmedic

– Schweizerische Exportrisikoversicherung

– etc.

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3 Öffentliche Haushalte der Schweiz

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3.3.2 Kennzahlen des BundesDie Kennzahlen umfassen nur die Kernverwal-tung, d.h. sie werden auf der Basis der Rech-nungen des Stammhauses Bund ermittelt. Die vorliegenden Zahlen eignen sich nicht für inter-nationale Vergleiche, da für diesen Zweck sämt-liche öffentliche Haushalte (Bund, Kantone, Ge-meinden und Sozialversicherungen) einbezogen werden müssen.

AusgabenquoteDie Ausgabenquote entspricht dem Verhältnis zwischen den ordentlichen Ausgaben des Bundes und dem nominellen Bruttoinlandprodukt (BIP). Die Ausgabenquote ist daher ein grober Indika-tor für das Ausmass der Tätigkeiten des Bundes im Verhältnis zur Gesamtwirtschaft. In der ersten Hälfte der 90er Jahre hat die Ausgabenquote ei-nen starken Anstieg erfahren. Im Jahre 1997 lag siemit10,6 Prozentknapp2 Prozentpunkteüberdem Stand von 1990. Nachdem sie im Jahr 2002 mit10,7 Prozent ihrenHöhepunkterreichthat-te, führten die zahlreichen Sparbemühungen in den folgenden Jahren zu einem Rückgang dieser Kennzahl. 2007 erreichte die Ausgabenquote mit 9,4 ProzentihrenTiefststand.

SteuerquoteDie Steuerquote setzt die ordentlichen Fiskal-einnahmen ins Verhältnis zum BIP und gibt ei-nen Eindruck über die relative Belastung von Bevölkerung und Wirtschaft. Darin nicht be-rücksichtigt ist der Bundesanteil am Reingewinn der Alkoholverwaltung. Dieser entsteht zwar aus der Besteuerung von Alkohol, fliesst demStammhaus Bund jedoch als Einnahmen aus Re-galien zu. Ab Mitte der 90er Jahre begann die Steuerquote wieder in die Höhe zu klettern. Im Jahr2000erreichte sie10,1 Prozent,waseinerZunahmeum2 Prozentpunktegegenüber1990entspricht. In der Folge hat sich diese Kennzahl jedoch sukzessive reduziert, was vor allem durch eine Abschwächung der Konjunktur bedingt war. Anschliessend erhöhte sie sich von 2005 bis 2010wiederleicht,umsich2014bei9,3 Prozenteinzupendeln.

Defizit-/ÜberschussquoteDie Defizit-/Überschussquote zeigt den ordent-lichen Saldo der Finanzierungsrechnung in Pro-zenten des BIP. Von 1991 bis 2005 präsentier-te der Bundeshaushalt mit Ausnahme des Jahres 2000 ausschliesslich Ausgabenüberschüsse. Dank den Entlastungsprogrammen zur Umsetzung der Schuldenbremse und der Wirtschaftsent- wicklung konnte die Defizitseriemit dem Rech-nungsabschluss 2006 beendet werden.

Kennzahlen des Bundes

in % BIP 1990 1995 2000 2005 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016

Ausgabenquote 8,8 10,0 10,3 10,1 9,8 10,1 9,9 10,0 9,9 10,1 10,2

Steuerquote 8,1 8,0 10,1 9,4 9,6 9,5 9,4 9,6 9,3 9,6 9,5

Defizit-/Überschussquote 0,3 -0,8 0,9 0,0 0,6 0,3 0,2 0,2 0,0 0,2 -0,1

Schuldenquote brutto 10,8 20,3 23,6 25,7 18,2 17,9 18,0 17,6 16,8 16,2 16,1

Hinweise:– 2015: Schätzung gemäss Hochrechnung per Ende September 2015; 2016: Quoten gemäss Voranschlag 2016.

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3 Öffentliche Haushalte der Schweiz

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SchuldenquoteDie Verschuldungsquote umfasst als Bruttogrösse imZählerdielaufendenVerpflichtungensowiediekurz- und langfristigen Schulden. Im Nenner steht wiederum das nominelle BIP. Die Schuldenquote hat sich seit 1990 mit 10,8  Prozent bis zum

Höhepunkt in den Jahren 2002 und 2003 mit 26,1 Prozentweitmehralsverdoppelt.Diedeut-lichen Einnahmenüberschüsse seit 2006 führten eine Trendwende herbei. Die Schuldenquote war seitherdeutlichrückläufig.

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4 Rechtliche Grundlagen

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4.1 Finanzordnung des BundesDie Grundsätze der Finanzordnung sind zur Hauptsache in den Artikeln 126–135 der Bun-desverfassung geregelt. Die Finanzordnung be-steht aus drei Teilen: der Haushaltführung des Bundes (Schuldenbremse), den Grundsätzen der Besteuerung und dem Finanz- und Lastenaus-gleich. Der erste Teil bezieht sich auf den Bundes-haushalt, während die beiden anderen Teile Be-stimmungen enthalten, die auch für die Kantone und Gemeinden Geltung haben oder die födera-le Ordnung betreffen:

• Haushaltführung: Die Schuldenbremse ist das zentrale Instrument zur Gesamtsteuerung des Bundeshaushalts. Artikel 126 BV wurde 2001 von Volk und Ständen gutgeheissen. Die Funk-tionsweise der Schuldenbremse wird in Ziffer 6 im Detail erläutert.

• Grundsätze der Besteuerung: Die Bestim mungen legen unter anderem die vom Bund erhobenen Steuern fest. In den Übergangsbestimmungen

Finanzordnung des BundesArt. 126–135 und Art. 196 Ziff. 13–15 BV

Haushaltführung(Art. 126 BV)

• Ausgleich der Finanzierungsrechnung über einen Konjunkturzyklus

• Verankerung der Schuldenbremse

Grundsätze der Besteuerung(Art. 127–134 und 196 Ziff. 13–15 BV)

• Allgemeine Grundsätze

• Rechtsgrundlagen für die vom Bund erhobenen Steuern

• (formelle) Harmonisierung der direkten Steuern

• Übergangsbestimmung zur Befristung der direkten Bundessteuer und der Mehrwertsteuer

Finanz- und Lastenausgleich(Art. 135 BV)

• Allgemeine Grundsätze

• Regelung des Beitrags der Kantone am Ressourcenausgleich

ist die Befristung der direkten Bundessteuer und der Mehrwertsteuer geregelt. Die Kom-petenz zur Erhebung der beiden wichtigsten Bundessteuern ist bis 2020 befristet. In der Vernehmlassungsvorlage zur neuen Finanzord-nung 2021 vom 24.6.2015 schlägt der Bun-desrat vor, die Befristung aufzuheben und die seit 1939 (Wehrsteuer; heute DBSt) und 1941 (Warenumsatzsteuer; heute MWSt) ohne Unter-bruch erhobenen Steuern in das Dauerrecht zu übernehmen. Die Grundsätze der Besteuerung werden in Ziffer 8.1 beschrieben.

• Finanz- und Lastenausgleich: Artikel 135 re-gelt insbesondere den Ressourcenausgleich zwischen Bund und Kantonen sowie unter den Kantonen. Die Bestimmungen wurden im Rahmen der Neugestaltung des Finanz-ausgleichs und der Aufgabenteilung zwi-schen Bund und Kantonen (NFA) im Jahr 2004 in die Verfassung aufgenommen. Der Finanz- und Lastenausgleich wird in Ziffer 3.2 erläutert.

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4 Rechtliche Grundlagen

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4.2 Rechtliche Grundlagen der Haushaltführung

BundesverfassungFür die Führung des Bundeshaushalts sind in der Bundesverfassung (BV; SR 101) in erster Linie die folgenden Bestimmungen massgebend:

• Berücksichtigung der Konjunkturlage: Nach Artikel  100 Absatz  4 BV soll der Bund beiseiner Einnahmen- und Ausgabenpolitik die Konjunkturlage berücksichtigen.

• Schuldenbremse: Artikel 126 BV verpflich-tet den Bund, seine Ausgaben und Einnah-men auf Dauer im Gleichgewicht zu halten (Abs. 1).ZudiesemZweckrichtetsichderimVoranschlag zu bewilligende Höchstbetrag der Gesamtausgaben – unter Berücksichtigung der Wirtschaftslage – nach den geschätzten Einnahmen (Abs.  2). Wird der Höchstbetragüberschritten, so sind die Mehrausgaben in denFolgejahrenzukompensieren(Abs. 4).

• Absolutes Mehr: Artikel 159Absatz  3 Buch-staben b und c BV legen fest, dass bestimm-te Gesetzesvorlagen und Finanzbeschlüsse die Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder jedes der beiden Räte benötigen (Ausgabenbremse; ausserordentlicher Zahlungsbedarf).

• Finanz- und Kredithoheit des Parlamentes: Nach Artikel 167 BV ist die Bundesversamm-lung zuständig für die Festsetzung des jährli-chen Voranschlages und für die Abnahme der Staatsrechnung. Das Finanz- und Kreditrecht ist deshalb geprägt durch die weitgehen-den Kompetenzen des Parlaments und seiner Finanzkommissionen.

• Kompetenzen des Bundesrates: Nach Arti-kel  183 BV erarbeitet der Bundesrat den Fi-nanzplan, entwirft den Voranschlag und er-stellt die Staatsrechnung. Zudem sorgt er für eine ordnungsgemässe Haushaltführung.

ParlamentsgesetzZahlreiche Vorschriften mit Bedeutung für den Haushaltbereich finden sich im Bundesgesetzvom 13.12.2002 über die Bundesversammlung (ParlG; SR 171.10). Sie betreffen insbesondere:

• Die Zuständigkeit der Bundesversammlung zum Erlass von Kreditbeschlüssen in der Form einfacher Bundesbeschlüsse (Art. 25 ParlG);

• die Oberaufsicht der Bundesversammlung überdenFinanzhaushalt(Art. 26Abs. 2ParlG)sowie die Aufgaben der Finanzkommissionen und der Finanzdelegation (Art. 50 und 51 ParlG);

• die Differenzregelung zwischen den Räten beim Voranschlag und bei den Nachtragskrediten (Art. 94 ParlG);

• die Behandlung von Eingaben zum Finanz-gebaren des Bundesrates durch die Finanz-kommissionen (Art. 129 ParlG);

• die Erläuterungen des Bundesrates in Botschaf-ten zu Erlassentwürfen über das Abstimmen von Aufgaben und Finanzen sowie die perso-nellenundfinanziellenAuswirkungenvonEr-lassen(Art. 141Abs. 2Bst.eundfParlG);

• die Unterbreitung des Voranschlags und sei-ner Nachträge, der Staatsrechnung sowie des FinanzplansdurchdenBundesrat (Art. 142 f.ParlG);

• denLegislaturfinanzplanunddessensachlicheund zeitliche Verknüpfung mit den Zielen und MassnahmenderLegislaturplanung(Art. 146Abs. 4ParlG);

• die laufende und regelmässige Orientierung der Finanzdelegation über die Beschlüsse des Bundesrates einschliesslich der Mitberichte (Art. 154 Abs. 3 ParlG).

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4 Rechtliche Grundlagen

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FinanzhaushaltgesetzDer Grunderlass für die Haushaltführung im Bund ist das Bundesgesetz vom 7.10.2005 über den eidgenössischenFinanzhaushalt(FHG; SR 611.0).

Näheren Aufschluss über die Leitgedanken der gesetzlichen Ordnung gibt die Botschaft des Bundesrates vom 24.11.2004 zur Totalrevision des FHG (BBl 2005 5) im Zusammenhang mit der Einführung des neuen Rechnungsmodells (NRM). Das Instrument der Kreditsperre ist seit dem 1.1.2008 ebenfalls im FHG verankert (vgl. Art. 37a und 37b).

Das Finanzhaushaltgesetz• gilt uneingeschränkt für die zentrale Bundes-

verwaltung (Departemente einschliesslich Ge-neralsekretariate, Bundeskanzlei, Ämter und Gruppen) und jene Verwaltungseinheiten der dezentralen Bundesverwaltung, die keine ei-gene Rechnung führen. Ebenfalls dem Gesetz unterstellt sind die Bundesversammlung (ein-schliesslich ihrer Parlamentsdienste), die eid-genössischen Gerichte, die Eidgenössische Fi-nanzkontrolle, die Bundesanwaltschaft und die Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (zur Sonderstellung dieser Institutionen vgl. Art. 142 Abs. 2 f. ParlG); dem Gesetz grundsätzlich nicht unterstellt sind Verwaltungseinheiten der dezentralen Bundesverwaltung mit eigenem Rechnungskreis (u.a. ETH-Bereich, Swissmedic, Eidgenössisches Institut für Geistiges Eigen-tum, Eidgenössische Alkoholverwaltung und PUBLICA);

• verlangt von Bundesversammlung, Bundesrat und Verwaltung, die Ausgaben und Einnah-men auf Dauer im Gleichgewicht zu halten (Art. 12 Abs. 1 FHG);

• sieht die Führung des Bundeshaushalts nach Finanzierungs- und Erfolgssicht vor (Art.  12Abs. 2FHG);

• statuiert die Grundsätze der Gesetzmässigkeit, der Dringlichkeit sowie der Sparsamkeit und verlangt, dass die Mittel wirksam und wirt-schaftlich eingesetzt werden (Art. 12 Abs. 4 FHG);

• überträgt dem Finanzdepartement die Aufga-be,dieVerwaltungderBundesfinanzenzulei-ten und für den Überblick über den gesamten Finanzhaushalt des Bundes zu sorgen (Art. 58 Abs. 1 FHG);

• macht die Verwaltungseinheiten verantwort-lich für die sorgfältige, wirtschaftliche und sparsame Verwendung der anvertrauten Kredi-te oder Vermögenswerte (Art. 57 Abs. 1 FHG).

FinanzhaushaltverordnungDie Ausführungsbestimmungen zum FHG sind in der Finanzhaushaltverordnung vom 5.4.2006 (FHV; SR 611.01) enthalten. In dieser Verord-nung hat der Bundesrat gestützt auf Artikel 63 Absatz 2 FHG namentlich den Kontenrahmen und die Kontierungsgrundsätze sowie die Abschreibungsmethoden und -sätze bestimmt; zudem hat er die Unterarten der Voranschlags- undVerpflichtungskrediteumschrieben.

Von besonderer Bedeutung sind die Vorschrif-ten in den Artikeln 16 und 24 f. FHV über das Verfahren bei der Bewilligung von Zusatz- und Nachtragskrediten. Im Falle der Dringlichkeit be-schliesstderBundesratnachArtikel28Absatz 1und Artikel 34 Absatz 1 FHG mit vorgängiger Zu-stimmung der Finanzdelegation der eidgenössi-schen Räte.

Schliesslich wird in Artikel 53 FHV festgelegt, dass sich die Rechnungslegung nach den Interna-tional Public Sector Accounting Standards (IPSAS) richtet. Die Abweichungen von IPSAS sind im An-hang 2 zur FHV aufgeführt.

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4 Rechtliche Grundlagen

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Weitere RechtsgrundlagenFolgende Rechtsgrundlagen sind für die Haus-haltführung ebenfalls relevant:

• Verordnung der Bundesversammlung vom 18.6.2004 über die Verpflichtungskredit-be gehren für Grundstücke und Bauten (SR 611.051)

• Bundesgesetz vom 5.10.1990 über Finanz-hilfen und Abgeltungen (Subventionsgesetz, SuG; SR 616.1)

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5 Rechnungsmodell

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5.1 Rechnungswesen im öffentlichen Sektor

5.1.1 Aufgaben und Zweck des Rechnungswesens

Die Aufgaben des Rechnungswesens lassen sich im Wesentlichen in vier Bereiche gliedern:

• Dokumentation: Zeitlich und sachlich geord-nete Aufzeichnung aller Geschäftsvorfälle an-hand von Belegen, die Auswirkungen auf die Vermögenswerte, das Eigen- und Fremdkapital sowie das Ergebnis haben.

• Rechenschaftslegung und Information: Perio-dische (jährliche) Berichterstattung gegenüber Eignern bzw. Parlament, Öffentlichkeit, Gläu-biger usw. über die Finanz-, Vermögens- und Ertragslage.

• Kontrolle: Überwachung der Wirtschaftlich-keit der betrieblichen Prozesse – im öffentli-chen Sektor insbesondere die wirtschaftliche Mittelverwendung – sowie die Gewährleis-tung der Zahlungsfähigkeit.

• Disposition: Bereitstellung von Zahlenmaterial als Grundlage für Planung und unternehme-rische Entscheidungen, z.B. über Investitionen oder die betriebliche Führung.

Während die Aufgaben im privatwirtschaftlichen und im öffentlichen Rechnungswesen grundsätz-lich die gleichen sind, ist die Zweckbestimmung unterschiedlich. Im privatwirtschaftlichen Rech-nungswesen steht die Abbildung formaler Ziele wie Gewinn, Umsatz, Rentabilität oder Marktan-teile im Vordergrund.

Im Gegensatz zur erwerbswirtschaftlichen Sicht-weise dominieren im primär steuerfinanzier-ten öffentlichen Haushalt Sachziele (öffentliche Aufgaben, öffentliche Interessen usw.) und auf

finanziellerEbenederAusgleichvonEinnahmenund Ausgaben. Dies gilt insbesondere für den Bund mit seinen hohen Transferausgaben und verhältnismässig geringen Eigenausgaben.

5.1.2 Internationale Rechnungslegungsstandards (IPSAS)

Die einzigen weltweit verbreiteten Rechnungsle-gungsstandards für den öffentlichen Sektor sind die International Public Sector Accounting Stan­dards (IPSAS). Sie basieren auf dem Konzept der Periodenabgrenzung (Accrual Basis). Die IPSAS werden entweder direkt von Einheiten des öf-fentlichen Sektors angewendet oder als Grund-lage für die Entwicklung nationaler Standards verwendet. Zu den Anwendern gehören sowohl internationale Regierungsorganisationen als auch Nationalstaaten und Einheiten auf unteren Staatsebenen.

Die Konzepte für die Entwicklung der IPSAS ent-sprechen weitgehend jenen der zugrunde liegen-den International Financial Reporting Standards (IFRS), die im privaten Sektor zur Anwendung ge-langen.EinigeIPSASwurdenspezifischfürSach-verhalte entwickelt, die nur in öffentlichen Haus-halten vorkommen: z.B. die Rechnungslegung für Erträge aus Transaktionen ohne zurechenbare Gegenleistungen (Steuern, Transfers) oder die Darstellung von Budgetinformationen. Die Mehr-zahl der IPSAS basiert jedoch auf den IFRS, mit Anpassungen an die wirtschaftlichen Sachverhal-te und Begriffe des öffentlichen Sektors.

Das Finanzhaushaltgesetz (FHG) legt fest, dass sich die Rechnungslegung des Bundes nach all-gemein anerkannten Standards richtet (Art.  48Abs.  1 FHG). In der Finanzhaushaltverordnung(FHV) werden die IPSAS als relevanter Standard bestimmt (Art.  53  FHV). Der Bund wendet dieIPSAS an, kann aber in gut begründeten Fällen von diesen Vorgaben abweichen. Gut begründe-teFällesind insbesondere jeneBundesspezifika,

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5 Rechnungsmodell

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für deren Berücksichtigung die IPSAS keinen Spielraum zulassen. Die Abweichungen von denIPSASwerdenimAnhang 2FHV(bzw.An-hang 3 für die Konsolidierte Rechnung Bund)

Harmonisiertes Rechnungsmodell für die Kantone und Gemeinden HRM2Die Konferenz der kantonalen Finanzdirektorinnen und Finanzdirektoren (FDK) hatte 1981 Empfeh-lungen für ein harmonisiertes Rechnungsmodell von Kantonen und Gemeinden (HRM1) auf Basis periodengerechter Buchführung publiziert. Diese wurden 2008 umfassend überarbeitet (HRM2), wo-bei hier – wie beim Bund – die IPSAS die Grundlage bilden. Im Gegensatz zum Rechnungsmodell des Bundes (NRM) sind aber grössere Abweichungen davon zulässig. Neben den Anforderungen an die heutige Rechnungslegung dient das HRM2 insbesondere auch nachstehenden Zielen:

• Koordinierte Finanzpolitik: Die Vergleichbarkeit der öffentlichen Rechnungen vereinfacht eine ko-ordinierte Finanzpolitik auf Kantons- und Gemeindeebene, da die Grundelemente der Rechnungs-legungeinheitlichdefiniertsind.

• Finanzausgleich: Der interkantonale und der interkommunale Finanzausgleich benötigen für die Berechnungsgrundlagen vergleichbare Daten.

• Transparenz: Unterschiede in der Finanzpolitik sollen transparent sein. Wenn die Rechnungen sich nicht entsprechen, ist ein Vergleich schwierig.

• Finanzstatistik: Das HRM2 ist eine wesentliche Voraussetzung für die Erstellung der Finanzstatistik, da vergleichbare Finanzvorfälle identisch erfasst werden.

Das HRM2 ist mit Stand 2015 in nahezu allen Kantonen eingeführt worden. Einzelne Kantone sowie ein Grossteil der Gemeinden folgen später.

festgehalten. Die Begründungen dazu so-wie die Auswirkungen werden im Anhang zur Jahresrechnung offen gelegt.

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5 Rechnungsmodell

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5.2 Aufbau des Rechnungsmodells des Bundes

5.2.1 Grundlagen

Das Rechnungsmodell des Bundes beleuch-tet die finanziellen Vorgänge und Verhältnis-se aus doppelter Perspektive (duale Steuerung): aus der Erfolgs- und aus der Finanzierungssicht. DiedualeSichtweiseführtzueinerEntflechtungder operativen Verwaltungs- und Betriebsfüh-rung von der strategisch-politischen Steuerung.

Zentrales Element der Finanzberichterstattung bildet die Übernahme des in der Privatwirtschaft gebräuchlichen Rechnungsaufbaus mit Erfolgs-rechnung, Bilanz, Geldflussrechnung sowieEigenkapitalnachweis und Anhang. Als weite-res Element wird die Investitionsrechnung darge-stellt. Für die finanzpolitischeGesamtsteuerunggemäss Vorgaben der Schuldenbremse bil-det die Finanzierungsrechnung das zentrale Steuerungsinstrument. Die Verwaltungs- und Betriebsführung orientiert sich dagegen an der Erfolgssicht.

Verwaltungseinheiten Bund (Zentrale Bundesverwaltung)

Erfolgsrechnung

Investitionsrechnung

ordentlichesInvestitionsergebnis

ausserordentlichesInvestitionsergebnis

Netto-Investitionen

Bilanz

ErfolgsrechnungBuchführung inVorsystemen

– Personal– Debitoren– Kreditoren– Finanzanlagen– Sachanlagen– ...

operativer Ertrag

operativer Aufwand

operatives Ergebnis(inkl. a. o. Positionen)

Finanzergebnis

Ergebnis aus namhaftenBeteiligungen

Jahresergebnis

Investitionsrechnung

ordentlichesInvestitionsergebnis

ausserordentlichesInvestitionsergebnis

Netto-Investitionen

Bilanz

Finanzierungs-rechnung

Geldflussrechnung

ordentliche Ausgaben der Erfolgsrechnung

ordentliche Einnahmen der Erfolgsrechnung

ordentliche Investitionsausgaben

ordentliche Investitionseinnahmen

Geldfluss aus operativer Tätigkeit

Geldfluss aus Investitionstätigkeit

Geldfluss aus Finanzierungstätigkeit

Veränderung «Fonds Geld» (Veränderung Mittelbestand)

Finanzierungs-ergebnis aus ordentlichen Transaktionen

Finanzierungsergebnisaus ausserordentlichenTransaktionen

Finanzierungs-ergebnis insgesamt

Grundbausteine des Rechnungsmodells des Bundes

operativer Ertrag

operativer Aufwand

operatives Ergebnis(inkl. a. o. Positionen)

Finanzergebnis

Ergebnis aus namhaftenBeteiligungen

Jahresergebnis

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5 Rechnungsmodell

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Optimierung des Rechnungsmodells (NRM) per 1. Januar 20172007 vollzog der Bund mit dem NRM den Schritt von der Cash-Sicht zur periodengerechten Ver-buchung der Finanzvorfälle (Accrual-Accounting). Seither richtet er sich für die Rechnung und die Budgetierung nach den International Public Sector Accounting Standards (IPSAS) aus. In der Zwischen-zeit ist die Entwicklung in der Rechnungslegung fortgeschritten, weshalb verschiedene Anpassungen im Rechnungsmodell vorgesehen sind. Die wichtigsten Neuerungen betreffen folgende Sachverhalte:

• Einführung einer Geldflussrechnung nach heute gängigen Normen. Gleichzeitig wird die Finanzierungs-undMittelflussrechnungaufeineFinanzierungsrechnungreduziertunddieGliede-rung der Erfolgsrechnung angepasst.

• Einführung der Rechnungslegungsgrundsätze für Finanzinstrumente (IPSAS 28–30). Die neuen Standards ersetzen die bisher angewendeten Richtlinien der Eidgenössischen Bankenkommission (heute FINMA) sowie der International Accounting Standards (IAS).

• Rüstungsgüter sowie Anzahlungen für Waren und Dienstleistungen werden neu aktiviert. Damit wird den Anforderungen der internationalen statistischen Regelwerke und der IPSAS entsprochen.

• Die Personalvorsorgeverpflichtungen werden gemäss IPSAS 25 ebenfalls in der Bilanz ausgewiesen. Bisher erfolgte die Offenlegung lediglich in den Eventualverbindlichkeiten.

• Die Konsolidierte Rechnung Bund (KRB) wird erweitert. Der Konsolidierungskreis umfasst in Zukunft das Stammhaus, die dezentralen Verwaltungseinheiten, die Bundesunternehmen sowie die Sozial-versicherungswerke AHV, IV, ALV.

• Die Sonderrechnungen des Bahninfrastrukturfonds (BIF) und des Infrastrukturfonds (IF) werden nach den Grundsätzen von NRM aufgebaut. Sie weisen neu eine Investitionsrechnung aus.

• Der Ausweis der Spezialfonds und Spezialfinanzierungen soll transparenter werden. In einer Zusatz-dokumentation zur Staatsrechnung werden alle relevanten Informationen zusammengefasst. Die effektive Verwendung der Mittel in den Spezialfonds wird dadurch ersichtlich.

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5 Rechnungsmodell

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5.2.2 Erfolgsrechnung Die Erfolgsrechnung zeigt den periodisierten Wertverzehr und -zuwachs sowie das Jahreser-gebnis. Sie wird nach kaufmännischen Grundsät-zen geführt:

• Aufwand und Ertrag werden zeitlich auf die Rechnungsperiode abgegrenzt («accrual accounting»).

• Es gilt das sogenannte Realisationsprinzip: Die Geschäftsvorgänge werden zum Zeitpunkt des EntstehensderVerpflichtungenundForderun-gen erfasst (Sollverbuchung) und nicht zum Zeitpunkt der Zahlungen (Ein- oder Ausgang).

• In der Erfolgsrechnung werden auch Bu-chungen erfasst, die keinen unmittelbaren Geldflussauslösen.BeispielefürsolcheEreig-nisse sind Abschreibungen oder die Bildung von Rückstellungen.

Der Abschluss der Erfolgsrechnung wird in drei Stufen erstellt:

• In der ersten Stufe wird das operative Ergebnis ausgewiesen.

• Die zweite Stufe zeigt das Finanzergebnis.

• In der dritten Stufe wird das Ergebnis aus den zum anteiligen Eigenkapital bewerteten nam-haften Beteiligungen ausgewiesen. Eine Betei-ligung qualifiziert gemäss Artikel 58 FHV alsnamhaft, wenn der Bund über 20 Prozent des EigenkapitalshältodermassgebendenEinflussauf die Beteiligung ausüben kann.

Die Erfolgsrechnung ist auf allen Stufen der Bundesverwaltung nach diesem Schema ge-gliedert. Unterschiede bestehen bei der De-taillierung, die auf den spezifischen Informati-onsbedarf der verschiedenen Führungsstufen abgestimmt ist:

• Auf Stufe Gesamtbund dient die Erfolgs-rechnung zur finanziellen Analyse der Ver-waltungstätigkeit sowie zur Ermittlung des Jahresergebnisses. Sie gibt einen verdichteten und konsolidierten Überblick über den Ge-schäftsgang.

• Auf Stufe Verwaltungseinheit und Departe-ment ist die Erfolgsrechnung eine wesent-liche Grundlage für die finanzielle Führungnach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen. Kostentransparenz wird hier gross geschrie-ben. Die Gliederung ist deshalb auf dieser Stufe feiner und schliesst die bundesinternen Leistungsbezüge bzw. Leistungserbringung ein (interne Leistungsverrechnung, LV). So-mit macht die Erfolgsrechnung sichtbar, wel-che Kosten die Aufgabenerfüllung einer Verwaltungseinheit bzw. eines Departements verursacht.

• Schliesslich ist die Erfolgsrechnung auch die Grundlage für die Erstellung des Budgets und des Finanzplans.

5.2.3 BilanzDie Bilanz gibt Auskunft über die Vermögens- und Kapitalstruktur des Bundes. Sie zeigt die Mittelherkunft und die Mittelverwendung. Die Erstellung der Bilanz erfolgt sowohl auf Stufe Ge-samtbund als auch auf Stufe Verwaltungseinheit. Die Aktiven und Passiven werden nach Fristigkei-ten gegliedert.

Bei den Aktiven wird die finanzhaushaltrecht-lich wichtige Unterteilung in das Finanz- und das Verwaltungsvermögen vorgenommen. Die Unter-scheidung macht sichtbar, welche Positionen der Geld- und Kapitalanlage dienen ( Finanzvermögen) und welche Aktiven der Bund für die Erfüllung sei-ner Aufgaben benötigt (Verwaltungsvermögen). Die Verwaltung des Finanzvermögens erfolgt nach kaufmännischen Grundsätzen und liegt in der Kompetenz von Bundesrat und Verwaltung.

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5 Rechnungsmodell

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Demgegenüber bedarf der Einsatz von Mitteln für die Aufgabenerfüllung der Zustimmung des Par-lamentes im Rahmen des Kreditbewilligungsver-fahrens.

Die Passiven beinhalten die Gesamtheit der Ver-bindlichkeiten und der eigenen Mittel. Sie um-fassen das Fremdkapital (Kreditoren, Anleihen, Rechnungsabgrenzungen, Rückstellungen usw.) und das Eigenkapital (Bilanzfehlbetrag, zweck-gebundene Fonds, Spezialfonds, Reserven usw.).

5.2.4 FinanzierungsrechnungDie Finanzierungsrechnung (FR) hat die Funktion eines finanzpolitischen Führungsinstrumentes.Betriebswirtschaftliche Fragen zum effizientenMitteleinsatz, über welche die Erfolgsrechnung Aufschluss gibt, treten hier in den Hintergrund. DieFRweistdeshalbnurfinanzierungswirksameVorgänge aus, d. h. buchmässige Tatbestände wie Abschreibungen, Abgrenzungen oder die Bildung von Rückstellungen bleiben unberücksichtigt. Die Gliederung ist auf die besonderen Erfordernisse der Gesamtsteuerung des Finanzhaushalts nach den Vorgaben der Schuldenbremse zugeschnit-ten. Auf der ersten Stufe wird das ordentliche Finanzierungsergebnis und auf der zweiten Stufe die ausserordentlichen Einnahmen und Ausga­ben ausgewiesen.

5.2.5 GeldflussrechnungDieGeldflussrechnung (GFR)zeigtalszeitraum-bezogene Rechnung anhand der Geldzuflüsseund-abflüssedieUrsachenderVeränderungderflüssigenMittel.DieGFRwirdindreiKategoriengegliedert:

• Geldfluss aus operativer Tätigkeit: Im Unter-schied zur Finanzierungsrechnung werden die echten Geldzu- und -abflüsse gezeigt.Debitorische Guthaben und kreditorische Ver-bindlichkeiten bleiben unberücksichtigt.

• Geldlfluss aus Investitionstätigkeit: Nebst den Geldflüssen der Investitionsrechnung (Verwal-tungsvermögen) werden auch Investitionsein-nahmen und -ausgaben aus dem Finanzvermö-gen erfasst.

• Geldfluss aus Finanzierungstätigkeit: Legt ins-besondere offen, wie sich die Bruttoschulden des Bundes verändern bzw. welche Faktoren dazu beigetragen haben.

Die Summe der drei Kategorien widerspiegelt die Veränderung des Fonds «Geld», welcher sich aus Bargeldbeständen, Sichtguthaben sowie geldnahen Mitteln (liquidierbare Geldanlage mit einer Laufzeit von max. 90 Tagen) zusammensetzt.

Die GFR ist ein von IPSAS vorgeschriebenes Ele-ment der Jahresrechnung, welches Transparenz und zusätzlichen Informationsgehalt bringt:

• Die GFR zeigt auf, wie der Bund seine Geldmit-tel für die Finanzierung seiner Aktivitäten be-schafft und wie er diese Geldmittel einsetzt.

• Sie gibt Einsicht in die Liquiditätsverhältnisse so-wie – zusammen mit anderen Elementen des Abschlusses – in die Veränderung der Kapital- und Vermögensstruktur.

• Sie dient als Indikator für die Finanzkraft. So macht die Gegenüberstellung des Cash Flows aus operativer Tätigkeit gegenüber dem Geldfluss aus Investitionstätigkeit transparent,ob die Investitionen der entsprechenden Perio-deauseigenerKraftfinanziertwerdenkönnen.

• Sie erleichtert die Einschätzung von Ansprüchen seitens der Kapitalgeber gegenüber dem Bund.

• Die GFR kann nicht durch buchungstechnische Vorgängebeeinflusstwerden,danurGeldflüsseerfasst werden. Das macht sie leicht verständ-lich und gegenüber anderen Gemeinwesen – insbesondere den Kantonen und Gemeinden – vergleichbarer.

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5 Rechnungsmodell

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5.2.7 InvestitionsrechnungDie Investitionsrechnung gibt einerseits Auskunft über die getätigten Ausgaben für den Erwerb oder die Schaffung von Vermögenswerten (Sachanla-gen, Darlehen, Beteiligungen, Investitionsbeiträge), welche zur Aufgabenerfüllung notwendig sind und über mehrere Perioden genutzt werden (Verwaltungsvermögen). Andererseits werden die Einnahmen aus Veräusserung bzw. Rückzahlung dieser Vermögenswerte ausgewiesen. Der Saldo zeigt den Netto-Geldfluss, der sich aus den or-dentlichen Investitionen ergibt. Ausserordentliche Investitionseinnahmen und -ausgaben wer-den für die Steuerung nach den Vorgaben der Schuldenbremse speziell ausgewiesen.

5.2.6 EigenkapitalnachweisDer Eigenkapitalnachweis gibt Auskunft über die vermögensmässigen Auswirkungen der in der Berichtsperiode erfassten Finanzvorfälle. Nebst dem Ergebnis aus der Erfolgsrechnung werden insbesondere auch Aufwand- und Ertragspositionen offen gelegt, welche direkt im Eigenkapital erfasst worden sind wie zum Bei-spiel Bewertungsänderungen aus der Fremdwäh-rungsabsicherung oder aus der Berechnung der Vorsorgeverpflichtung.DesWeiterenwerdendieVeränderungen der Reserven aus Globalbudgets sowie der zweckgebundenen Mitteln im Eigen-kapital transparent aufgezeigt.

5.2.8 AnhangDer Anhang stellt Informationen zur Verfügung, die weder in der Erfolgsrechnung, der Bilanz, der GeldflussrechnungnochimEigenkapitalnachweisenthalten sind. Er enthält beschreibenden Text oder die Aufschlüsselung einzelner im Abschluss enthaltener Posten sowie Informationen zu nicht im Abschluss erfassten Positionen.

Der Anhang hat:

• aktuelle Informationen über die Grundlagen der ErstellungdesAbschlussesunddiespezifischenBilanzierungs- und Bewertungsmethoden zu liefern;

• die Informationen anzugeben, die von den IPSAS verlangt werden, aber an keiner anderen Stelle in der Erfolgsrechnung, der Bilanz, der Geldflussrechnung oder im Eigenkapitalnach-weis enthalten sind; und

• zusätzliche Informationen zu liefern, die nicht in der Erfolgsrechnung, der Bilanz, der Geldflussrechnung oder im Eigenkapitalnach-weis enthalten sind, aber für das Verständnis der entsprechenden Finanzberichterstattung relevant sind.

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5 Rechnungsmodell

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5.3 Kredit- und KontensichtDie Bundesversammlung genehmigt das Budget in Form von Krediten. Dies begründet die Kreditsicht. Die Kredite folgen politischen Pri-oritäten und können von der Artengliederung des Kontenrahmens und somit der Kontensicht abweichen. Abweichungen ergeben sich bei-spielsweise dann, wenn die Kreditbildung nach Einzelmassnahmen erfolgt (Vorhaben oder Pro-jekte). In diesen Fällen können einem Kredit meh-rere Kontenarten zugeordnet sein.

5.3.1 KreditsichtInstitutionell ist die Berichterstattung nach Departementen und Verwaltungseinheiten ge-gliedert. Im Teil der Budgetpositionen werden die Erträge und Investitionseinnahmen sowie die Voranschlagskredite mit den Aufwänden und Investitionsausgaben ausgewiesen. Mit den Be-gründungen zu den einzelnen Positionen wer-den die wesentlichen Fakten dargelegt. Gestützt darauf befindet das Parlament im Rahmen derBudgetierung über die Kreditsprechung und gibt diefinanziellenLeitplankenfürdenVollzugvor.

Es sind drei verschiedene Kreditanteile zu unter-scheiden:

• Die finanzierungswirksamen Positionen (fw), welche mit einer Ausgabe oder Einnahme ver-bunden sind und in die Finanzierungsrechnung eingehen (z.B. Personal-, Betriebs- oder Investitionsausgaben).

• Die nicht-finanzierungswirksamen Positionen (nf), welche Buchungen ohne Geldfluss dar-stellen (z.B. Abschreibungen oder Rückstellun-gen).

• Die bundesinternen Leistungsbezüge (LV), die im Budget der Leistungsbezüger kreditwirk-sam eingestellt werden. Die finanzierungs-wirksamen Ausgaben fallen indirekt beim Leistungserbringer an.

Ein Kredit kann sich auf einen bestimmten Kre-ditanteil beschränken oder eine Kombination aus den drei Kreditanteilen beinhalten.

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5 Rechnungsmodell

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5.3.2 KontensichtDer Kontenrahmen ist ein systematisches Ver-zeichnis aller Konten für die Buchführung. Er dient als Richtlinie für die Aufstellung der untergeordneten Kontenpläne, welche die Finanzvorfälle den einzelnen Konten zuweisen. Damit wird die Erfassung, die Aufbereitung und die Darstellung der Finanzdaten nach einheitli-chem System sichergestellt.

Im Rechnungsmodell Bund werden drei Ebenen unterschieden:

• Der Kontenrahmen Bund umfasst die Kon-tengruppen auf oberster Gliederungsstufe (vgl. nachstehende Abbildung). Er beinhaltet je zwei Kontenklassen in der Bilanz (Aktiven, Passiven), in der Erfolgsrechnung (Aufwand, Ertrag) und in der Investitionsrechnung (In-vestitionsausgaben und Investitionseinnah-men). Der Kontenrahmen Bund ist mit dem Kontenrahmen des «Harmonisierten Rech-nungsmodells für die Kantone und Gemein-den HRM2» abgeglichen.

• Der StammhauskontenplanbefindetsicheineEbene tiefer. Er markiert die unterste Detaillie-rungsstufe für die Finanzberichterstattung und ist gleichzeitig die tiefste gemeinsame Konten-ebene für alle Verwaltungseinheiten. Aus dem Stammhauskontenplan werden die Konten-pläne der Verwaltungseinheiten abgeleitet.

• Der Kontenplan der Verwaltungseinheit fä-chert den Stammhauskontenplan weiter auf. Dabei spielen die spezifischen Aufgaben derVerwaltungseinheit eine wichtige Rolle. Auf der untersten Ebene wird auf Stufe Sachkonto der einzelne Finanzvorgang erfasst. Die Kon-tenpläne der Verwaltungseinheiten sind auf dieser Ebene nicht mehr deckungsgleich.

Für die Finanzierungsrechnung sind keine separa-ten Konten notwendig, da ihre Informationen di-rekt aus der Erfolgs- und der Investitionsrechnung abgeleitet werden.

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Bilanz

1 Aktiven 2 Passiven

10 Finanzvermögen

Flüssige Mittel und kurzfristige Geld-anlagen

Forderungen

Kurzfristige Finanzanlagen

Aktive Rechnungs­abgrenzung

Langfristige Finanzanlagen

Forderungen gegen über zweck-gebundenen Fonds im Fremdkapital

20 Fremdkapital

Laufende Verbindlichkeiten

Kurzfristige Finanz-verbindlichkeiten

Passive Rechnungs-abgrenzung

Kurzfristige Rückstellungen

Langfristige Finanz-verbindlich keiten

Verpflichtungen gegenüber Sonder­rechnungen

Personalvorsorge- verpflichtungen

Langfristige Rückstellungen

Verbindlichkeiten gegenüber zweck-gebundenen Fonds im Fremdkapital

14 Verwaltungs-vermögen

Sachanlagen

Vorräte

Immaterielle Anlagen

Darlehen

Beteiligungen

29 Eigenkapital

Zweckgebundene Fonds im Eigen­kapital

Spezialfonds im Eigenkapital

Reserven aus Globalbudget

Restatement reserve

Neubewertungs-reserven

Übriges Eigenkapital

Bilanzüberschuss/-fehlbetrag

Erfolgsrechnung

3 Aufwand 4 Ertrag

30 Personalaufwand

31 Sach- und Betriebs-aufwand

32 Rüstungsaufwand

33 Abschreibungen auf Verwaltungsver-mögen

34 Finanzaufwand

35 Einlage in zweckgebundene Fonds im Fremdkapital

36 Transferaufwand

38 Ausserordentlicher Aufwand

40 Fiskalertrag

41 Regalien und Konzessionen

42 Entgelte

43 Verschiedener Ertrag

44 Finanzertrag

45 Entnahme aus zweckgebundenen Fonds im Fremdkapital

48 Ausserordentlicher Ertrag

Investitionsrechnung

5 Investitions-ausgaben

6 Investitions-einnahmen

50 Sachanlagen und Vorräte

52 Immaterielle Anlagen

54 Darlehen

55 Beteiligungen

56 Eigene Investitionsbeiträge

57 Durchlaufende Investitionsbeiträge

58 Ausserordentliche Investitionsausgaben

59 Übertrag an Bilanz

60 Veräusserung Sachanlagen

62 Veräusserung immaterielle Anlagen

64 Rückzahlung Darlehen

65 Veräusserung Beteiligungen

66 Rückzahlung eigener Investitionsbeiträge

67 Durchlaufende Investitionsbeiträge

68 Ausserordentliche Investitions-einnahmen

69 Übertrag an Bilanz

Kontenrahmen Bund

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5 Rechnungsmodell

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5.4 Duale HaushaltsteuerungDer Bundeshaushalt wird nach dem Prinzip der dualen Steuerung geführt. Für die finanzielleFührung des gesamten Bundeshaushalts gemäss Schuldenbremse und nach finanzpolitischenKriterien ist die Finanzierungsrechnung von zentraler Bedeutung. Anderseits werden die Verwaltungseinheiten über die Erfolgs- und die Investitionsrechnung sowie über die Kosten- und Leistungsrechnung (KLR) geführt. Die betriebs-wirtschaftliche Sicht steht hier im Vordergrund.

5.4.1 Finanzpolitische Gesamtsteuerung auf Bundesebene

Zu den obersten Zielen der Finanzpolitik gehört, dass der Bund die Ausgaben und Einnahmen auf Dauer im Gleichgewicht hält. Dieser Grundsatz ist inderVerfassungverankert(Art. 126Abs. 1BV). Das Instrument der Schuldenbremse legt dabei – aufgrund der erwarteten Einnahmen und der konjunkturellen Entwicklung – die ma-ximal zulässigen Ausgaben des Bundes fest. Die Finanzierungsrechnung ist somit das zentrale In-strument zur Haushaltsteuerung, auch mit Blick auf zwei weitere Argumente:

• Zum einen ist der Bundeshaushalt ein klassi-scher Transferhaushalt, in dem die Subventio-nen und Beiträge an andere Haushalte einen Grossteil des Budgets beanspruchen. Um-gekehrt sind die Ausgaben für den eigenen Funktionsbereich verhältnismässig klein.

• Zum anderen gehen gesamtwirtschaftliche Analysen der Finanzpolitik und ihre Auswirkun-gen sowie stabilitätspolitische Überlegungen meist von der Finanzierungssicht aus. Aus dieser Perspektiveistesunerheblich,obGeldabflüsseals laufende Ausgaben oder als Investitionen erfolgen: sie werden für die finanzpolitischeSteuerung des Bundeshaushalts grundsätzlich gleich behandelt.

5.4.2 Finanzielle Führung auf Ebene der Verwaltungseinheiten

Im Gegensatz zur Steuerung auf Bundesebene stehen bei den Verwaltungseinheiten die Erfolgs-rechnung und somit die betriebswirtschaftliche Sicht im Vordergrund. Indes spielen auch auf die-serStufefinanzpolitischeÜberlegungenunddieFinanzierungssicht eine wesentliche Rolle. Es gilt den gemäss Budgetweisung des Bundesrates ver-bindlichen Ausgabenplafonds einzuhalten.

Auf Stufe Verwaltungseinheit zeigt sich das Prinzip der dualen Steuerung besonders gut. Zum einen werden die finanzpolitischen Stra-tegien und Ziele von Parlament und Bundesrat im Budget konkretisiert. Zum andern soll die Verwaltungseinheit so gesteuert werden, dass die Budgetvorgaben und die daran gekoppelten sachpolitischenZieleeffizientumgesetztwerden.Der Mitteleinsatz und die daraus erzielten Wir-kungen sollen ein möglichst günstiges Verhältnis ergeben.

Dieses Prinzip wird mit dem neuen Führungsmo-dell für die Bundesverwaltung gestärkt, indem in der mittelfristigen Planung Aufgaben und Fi-nanzen sowie Ressourcen und Leistungen auf allen Ebenen (Parlament, Bundesrat und Verwal-tung) verknüpft werden. Zudem werden die er-gebnisorientierte Verwaltungsführung und die Verwaltungskultur durch verstärkte Eigenverant-wortung bei der Leistungserbringung gefördert und die Freiräume beim Mitteleinsatz vergrös-sert. Zur Unterstützung der Verwaltungsführung dient eine auf die spezifischen Bedürfnisse derVerwaltungseinheiten zugeschnittene Kosten- und Leistungsrechnung (KLR).

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5 Rechnungsmodell

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Kosten- und LeistungsrechnungDie KLR ist das Hauptinstrument des betrieblichen Rechnungswesens. Sie verknüpft systematisch In-formationen der Kostenseite mit solchen der Er-gebnisseite. Damit ist jede Verwaltungseinheit in der Lage, die Kosten und die Erlöse für ihre Aufgaben, Leistungen und Projekte zu ermitteln. Dies bildet nicht nur eine wichtige Vorausset-zung für das Kostenbewusstsein und das Kosten-management, sondern fördert auch die Transpa-renz über die Mittelverwendung und verbessert zugleich die Entscheidgrundlagen des Parlaments in der Ausübung der Budgethoheit.

Nicht alle Verwaltungseinheiten weisen denselben Informationsbedarf auf. Je nach Aufgabenstellung sind sie schwächer oder stärker in die politische Führung eingebunden, arbeiten sie mit mehr oder weniger betrieblicher Autonomie, können ihre Leistungen besser oder schlechter als Produkte ab-gegrenzt werden. Die unterschiedlichen Anforde-rungen werden mit drei KLR-Typen berücksichtigt:

• Der Basis­Typ ist als Minimalstandard einzuhal-ten. Er ist für jene Verwaltungseinheiten aus-reichend, die vor allem über gesetzliche Auf-gaben und politische Aufträge geführt werden und die nur wenig betriebliche Autonomie aufweisen. Meist können ihre Leistungen nicht als klar umrissene Produkte abgegrenzt wer-den, zudem besteht nur ein geringer Bezug zwischen Kosten und Leistungen. Dies ist na-mentlich bei Einheiten mit Stabs- und Koordi-nationsfunktion, beispielsweise bei den Gene-ralsekretariaten, der Fall.

• Die einfache Kosten­ und Leistungsrechnung eignet sich für Verwaltungseinheiten, die über ein gewisses Mass an betrieblicher Autono-mie verfügen und damit weitgehend selbstän-dig bestimmen, wie die Leistungsziele erreicht werden. Voraussetzung ist ein hoher Anteil an abgrenzbaren und messbaren Leistungen.

Das Prinzip der dualen Steuerung

Akteure

Parlament,Finanzdelegation,Bundesrat

Bund

Departement

Verwaltungs-einheiten

Funktion Instrument Prinzip

Departements-vorstehende und Generalsekretariate

Amtsleitung und Amtscontrolling,Linie

finanzpolitischeGesamtsteuerung– Schuldenbremse– Prioritätenbildung Bundesaufgaben

Abstimmungund Koordination:finanzpolitischeGesamtsteuerung –betriebswirtschaftlichorientierte Verwaltungs-führung

betriebswirtschaftlichorientierte Verwaltungs-führung

Legislaturfinanzplan,Voranschlag mit IAFP,Finanzierungsrechnung,Staatsrechnung

Legislaturfinanzplan,Voranschlag mit IAFP,Erfolgsrechnung undFinanzierungsrechnungsowie weitere Elemente der Jahresrechnung,Leistungsvereinbarung

Kosten- und Leistungsrechnung,Jahresrechnung

Politisch

e Ratio

nalität M

anag

emen

t-Ratio

nalität

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5 Rechnungsmodell

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• Die ausgebaute Kosten­ und Leistungsrechnung ist für jene Verwaltungseinheiten vorgesehen, die eine grosse betriebliche Autonomie auf-weisen und mehrheitlich verrechenbare Leis-tungen für die Bundesverwaltung oder kom-merzielle Leistungen am Markt erbringen. Die KLR bildet hier die Grundlage für die Preiskal-kulation der zu erbringenden Leistungen.

Die Departemente bestimmen im Einverneh-men mit der EFV, welchen KLR-Standard die Verwaltungseinheiten führen.

Bundesinterne LeistungsverrechnungZur Steigerung der Kostentransparenz und des ef-fizientenMitteleinsatzeswirdderbundesinterneLeistungsaustausch kreditrelevant verrechnet. Die Leistungsverrechnung erfolgt grundsätzlich auf der Basis der vollen Kosten ohne Gewinn- oder Risikozuschlag. Um den administrativen Aufwand gering zu halten, werden nur Leistun-gen verrechnet, welche die folgenden Kriterien erfüllen:

• Wesentlichkeit: Das verrechenbare Leistungs-volumen ist betragsmässig wesentlich.

• Beeinflussbarkeit: Der Leistungsbezüger hat die Möglichkeit, Menge sowie Qualität und damit die Kosten seines Leistungsbezugs zu beeinflussen,d.h.zusteuern.

• Kommerzieller Charakter: Verrechenbar sind Leistungen, die der Leistungsbezüger grund-sätzlich auch ausserhalb der Bundesverwaltung beziehen könnte. Dies ermöglicht einen direkten Vergleich mit Dritten und erhöht den Kostendruck beim Leistungserbringer.

Die verrechenbaren Leistungen sind in einem Leistungsbereichskatalog aufgeführt. Verrechnet werden insbesondere Leistungen aus den Berei-chen Informatik, Unterbringung sowie Logistik.

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5 Rechnungsmodell

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5.5 Konsolidierte Rechnung Bund (KRB)Die KRB hat zum Ziel, einen Gesamtüber-blick über die Vermögens-, die Finanz- und die Ertragslage des Bundes zu vermitteln. Die Stammhausrechnung (Bundesrechnung) kann diesen Anforderungen nicht genügen, da we-sentliche Teile der Geschäftstätigkeit des Bun-des und damit der Vermögenswerte und der Verpflichtungen in Unternehmen und Orga-nisationen ausgelagert sind, die vom Bund be-herrscht werden. Die KRB wird ergänzend zur Stammhausrechnung erstellt und dient in erster Linie der Rechenschaftsablage. Es erfolgt weder eine Budgetierung, noch eine Revision durch die Eidgenössische Finanzkontrolle. Das Parlament nimmt die KRB gleichzeitig mit der Genehmi-gung der Staatsrechnung zur Kenntnis.

5.5.1 KonsolidierungskreisAb dem Rechnungsjahr 2017 umfasst der Konsolidierungskreis folgende Bereiche:

• das Stammhaus Bund (Bundesrechnung);

• die dezentralen Verwaltungseinheiten gemäss RVOV (z.B. FINMA, Swissmedic, ENSI usw; inkl. Sonderrechnungen);

• Unternehmen, an denen der Bund einen An-teil von mehr als 50 Prozent hält (Post, SBB, Swisscom, RUAG, Skyquide usw.);

• die Sozialversicherungswerke des Bundes (Ausgleichsfonds der AHV, der IV, der EO so-wie der ALV).

Die KRB umfasst somit alle vom Bund beherrsch-ten Einheiten.

5.5.2 Mehrwert an InformationenDie KRB ermöglicht die finanzielle Nettobe-trachtung, indem sie interne Beziehungen eli-miniert. So werden beispielsweise Forderungen und Darlehen des Bundes gegenüber der SBB oder gegenüber dem Ausgleichsfonds ALV mit den entsprechenden Schulden verrechnet. Glei-ches wird mit Aufwänden für Beitragszahlun-gen des Bundes an Konsolidierungseinheiten ge-macht, die diese Beiträge in ihren Rechnungen als Erträge erfassen (z.B. Finanzierungsbeitrag an den ETH-Bereich). Dadurch wird ein umfas-sender Überblick der finanziellen Gesamtsichtwesentlich erleichtert. Dies gilt insbesondere für die Vermögenssicht, die Verbindlichkeiten (inkl. Rückstellungen, Eventualverbindlichkeiten), die Gesamtschuldensituation (brutto, netto) und die Eigenkapitalsituation. Auf Stufe Gesamtbund be-stehen zahlreiche und bedeutende Kapitalver-flechtungenundBeitragszahlungen.ImWeiterenstellt die Konsolidierung sicher, dass die Bewer-tung nach einheitlichen Grundsätzen erfolgt.

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6 Gesamtsteuerung durch die Schuldenbremse

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6.1 Motivation und ZielIn der Schweiz wurde im Jahre 2003 auf Bundes-ebene der Übergang von einer diskretionären zu einer regelgebundenen Finanzpolitik vollzogen.

Den Anstoss für die Einführung der Schulden-bremse gab der rasche Anstieg der Bruttoschul-den im Verlauf der 90er-Jahre. Die Ursachen dafür waren einerseits konjunktureller und einmaliger Natur (mehrjährige wirtschaftliche Stagnations-phase,AusfinanzierungderPensionskassenvonausgelagerten Bundesbetrieben). Andererseits warsichtbargeworden,dassDefizitevondauer-hafter oder struktureller Art drohten. In der Fol-ge wurden verschiedene Massnahmen getroffen, um den Bundeshaushalt strukturell auszuglei-chen (u.a. Haushaltsziel 2001). Die Einführung der Schuldenbremse diente der langfristigen Si-cherung der Erfolge.

Mit dem Übergang zu einer regelgebundenen Fi-nanzpolitik wurden zwei Asymmetrien korrigiert, die in der Vergangenheit den Budgetausgleich erschwerten:

• Erstens liegen auf Bundesebene die Kompe-tenzen zur Erhöhung der Einnahmen und jene zur Erhöhung der Ausgaben nicht auf der-selben politischen Ebene. Eine Erhöhung der wichtigsten Steuern (direkte Bundessteuer und Mehrwertsteuer) benötigt eine Verfas-sungsänderung und damit die Zustimmung von Volk und Ständen, während eine Aufsto-ckung der Ausgaben durch das Parlament in der Regel mittels einfacher Mehrheit beschlos-sen werden kann. Dies führte in der Vergan-genheit periodisch zuHaushaltsdefizitenundeiner entsprechenden Schuldenfinanzierung.

Die Schuldenbremse legt deshalb verbindlich fest, dass die Ausgaben sich nach den Einnah-men richten müssen.

• ZweitensfehltehäufigdieBereitschaftzurfi-nanziellen Zurückhaltung während eines Wirt-schaftsaufschwungs, als Gegenstück zu den Defiziten in Rezessionsphasen. Vielmehr wargerade im Aufschwung der Druck hoch, mit den konjunkturbedingten Mehreinnahmen neueAufgabenzufinanzieren,ohneaufbe-stehende zu verzichten. Die Schuldenbremse legt deshalb verbindlich fest, dass ein konjunk-turell bedingter Überschuss im Aufschwung nicht für die Finanzierung von Ausgaben ver-wendet werden kann.

Ziel der Schuldenbremse ist der Budgetaus-gleich in der mittleren Frist (d.h. über einen Konjunkturzyklus hinweg) und damit die Stabili-sierung der nominellen (Netto-)Verschuldung. In der kürzeren Frist sind, je nach Konjunkturlage, Defizite zulässig oder Überschüsse notwendig,damit der in der Bundesverfassung geforderten Konjunkturverträglichkeit (Art.  100 BV) Rech-nung getragen werden kann. Diese Eigenschaft trägt zu einer «passiv antizyklischen» Finanzpo-litik bei und zielt dabei auf eine möglichst steti-ge Entwicklung der Ausgaben und damit auf die Planbarkeit der staatlichen Aufgabenerfüllung ab. Die Ausgaben sollen nicht im konjunkturellen Aufschwung erhöht und in einer Rezessionspha-se wieder eingespart werden.

Die Verfassungsbestimmungen zur Schulden-bremse wurden 2001 in einer Abstimmung mit einer Mehrheit von 85 Prozent gutgeheissen.

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6 Gesamtsteuerung durch die Schuldenbremse

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Die Schuldenbremse gilt nur für den Bun des - haushalt. Die Kantone und Gemeinden sind in ihrer Finanzpolitik autonom. Die Mehrzahl der Kantone kennt eigene Ausprägungen einer De-fizit- oder Verschuldungsbegrenzung.Weit ver-breitet ist zudem das kantonale Finanzreferen-dum, welches bei neuen staatlichen Ausgaben einen Volksentscheid ermöglicht.

6.2 FunktionsweiseDas Kernstück der Schuldenbremse ist eine Ausgabenregel. Sie limitiert die Ausgaben über einen Konjunkturzyklus hinweg auf die Höhe der Einnahmen und sichert damit einen ausgegliche-nen Bundeshaushalt. Konkretisiert wird die Regel im Finanzhaushaltgesetz durch folgende Formel:

Ausgabenplafond = geschätzte Einnahmen x Konjunkturfaktor

Trend-BIP

BIPKonjunkturfaktor =

Die Schuldenbremse setzt die Höchstausgaben in Abhängigkeit der erwarteten Einnahmen fest, wobei diese um einen Konjunkturfaktor kor-rigiert werden. Der Konjunkturfaktor ist eine Masszahl für die erwartete Konjunkturlage. Er entspricht dem Quotienten aus dem Trend des realen Bruttoinlandproduktes und dem effekti-ven realen Bruttoinlandprodukt des entsprechen-den Jahres:

Ausgabenplafond = geschätzte Einnahmen x Konjunkturfaktor

Trend-BIP

BIPKonjunkturfaktor =

Dieser Faktor bereinigt die Einnahmen um die geschätztenkonjunkturellenEinflüsse.Mitande-ren Worten: In Zeiten der gesamtwirtschaftlichen Überauslastung müssen die Ausgaben niedriger sein als die Einnahmen (Konjunkturfaktor < 1), dagegen dürfen sie im Abschwung höher aus-fallen (Konjunkturfaktor > 1). Im ersten Fall muss ein «konjunktureller Überschuss» erwirtschaftet werden, im zweiten ist ein «konjunkturelles De-fizit»zulässig.

Für ausserordentliche Situationen ist eine Ausnahmeregelung vorgesehen. Damit wird sichergestellt, dass die staatliche Handlungs-fähigkeit auch in besonderen Umständen er-halten bleibt. Im Fall von aussergewöhnli-chen und nicht steuerbaren Ausgaben, aber auch für rein verbuchungsbedingte Zahlungs- spitzen kann der Ausgabenplafond entspre-chend erhöht werden. Zur Genehmigung des ausserordentlichen Zahlungsbedarfs ist jedoch ein qualifiziertesMehr im Parlament nötig. Zu-dem müssen ausserordentliche Ausgaben durch ausserordentliche Einnahmen und/oder Unter-schreitungen des Ausgabenplafonds mittelfristig wieder kompensiert werden.

Die Vorgaben der Schuldenbremse werden mit dem Voranschlag festgelegt. Bei Vorlie-gen der Rechnungsergebnisse werden die Vor-gaben aufgrund definitiver Werte überprüftund die Abweichungen von der Regel festge-halten. In der Schuldenbremse stellt das so ge-nannte «Ausgleichskonto» gewissermassen das Gedächtnis der Regelabweichungen dar. In dieser Statistik werden sämtliche Über- und Un-terschreitungen der höchstzulässigen Ausgaben aufgezeichnet und aufsummiert. Dieses Instru-ment dient insbesondere der Transparenz und er-möglicht jederzeit eine Überprüfung der Regel-anwendung.

Bei Überschreitungen der höchstzulässigen Aus-gaben sind abgestufte Sanktionen vorgesehen. Grundsätzlich müssen Fehlbeträge im «Aus-gleichskonto» in den Folgejahren kompensiert werden. Überschreitet ein Fehlbetrag den Grenz-wertvon6 ProzentderAusgaben,sokommteineverschärfte Sanktion zum Einsatz. Das Gesetz schreibt in diesem Fall einen verbindlichen Zeitplan von drei Jahren vor, um den Fehlbetrag wieder un-ter den Grenzwert zurück zu führen.

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6 Gesamtsteuerung durch die Schuldenbremse

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6.3 Erfahrungen mit der Schuldenbremse

Der Bundeshaushalt hat sich unter der Schulden- bremse positiv entwickelt. Gemessen an den finanzpolitischen Kennzahlen hat die regel-gebundene Finanzpolitik die Erwartungen er-füllt. In den Jahren 2005 bis 2013 wurden jeweils zum Teil beträchtliche Überschüsse er-zielt. Die Ausgabenquote sank seit 2003 von 10,5  Prozent auf 9,9  Prozent des BIP, wäh-rend die Schuldenquote sich von 26,1  Prozentauf 16,8  Prozent reduzierte. Der Abbau derBundesschuld hat zu substanziellen Entlastungen bei den Zinszahlungen geführt und damit neuen Spielraum für andere Ausgaben gegeben.

Die Schuldenbremse hat seit ihrer Einführung im Jahr 2003 drei Bewährungsproben bestanden:

• Erstens befand sich der Bundeshaushalt zum Zeitpunkt der Einführung der Schuldenbremse entgegen den Erwartungen nicht im Gleich-gewicht, sondern wies eine beträchtliche strukturelle Finanzierungslücke auf. Dank den bindenden Vorgaben der Fiskalregel, die für die Startphase mit einem Defizitabbaupfad

ergänzt wurde, ist es Bundesrat und Par-lament gelungen, rasch und konsequent Entlastungsprogramme umzusetzen. Diese er-laubten, die Ausgaben permanent um rund 5 Milliardenzusenken,womitdiestrukturel-len Defizite zwischen 2003 und 2005 elimi-niert werden konnten.

• Zweitens hat die Schuldenbremse verhindert, dass die hohen Steuereinnahmen der wirt-schaftlich starken Jahre vor 2009 für Mehr-ausgaben verwendet wurden. Stattdessen konnten Überschüsse erwirtschaftet und Schulden abgebaut werden. Damit stellte die Schuldenbremse ihre disziplinierende Wirkung im Konjunkturaufschwung unter Beweis.

• Drittens hat sich die Schuldenbremse in der Finanz- und Wirtschaftskrise auch als schlechtwettertauglich erwiesen. Dank der Ausnahmeregelung war es möglich, die Eigen-kapitalbasis der UBS temporär zu stärken, ohne dadurch die ordentliche Aufgabenerfüllung des Bundes zu gefährden. Die konjunkturver-trägliche Ausgestaltung der Regel hat zudem in der Rezession verhindert, dass in der Krise

Konjunktureller Überschuss

Konjunkturelles Defizit

Einnahmen

Ausgaben

Franken

Zeit

Stetiger Ausgabenpfad und konjunkturabhängige Einnahmen

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6 Gesamtsteuerung durch die Schuldenbremse

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Ausgaben gekürzt werden mussten. Darüber hinaus hat sie Spielraum für massvolle kon-junkturstützende Massnahmen gelassen.

Die positive Entwicklung der Bundesfinanzenseit Einführung der Schuldenbremse ist auch äu-sseren Einflüssen zu verdanken. Zu nennen istprimär die dynamische Wirtschafts- respektive Einnahmenentwicklung. Wie diese Entwicklung in Zukunft verläuft, ist offen. Eine längere Peri-ode mit schwachem Wirtschaftswachstum be-ziehungsweise einer tiefen Einnahmendynamik würde den Bundeshaushalt – im Gegensatz zu einem kurzen Konjunktureinbruch – auch struk-turell belasten.

DieSchuldenbremseistkeinfinanzpolitischesAll-heilmittel. Sie erleichtert zwar die kürzerfristige Steuerung des Bundeshaushaltes und kann den Schuldenanstieg zum Stillstand bringen und da-mit die Finanzlage stabilisieren. Sie setzt indes-sen nur eine Obergrenze für die Staatsausgaben, sagt aber nichts darüber aus, wofür die staatli-chen Mittel einzusetzen sind. Damit sichert sie in keiner Weise die längerfristige Budgetqualität. Diese ist nur durch eine regelmässige Prüfung der Aufgaben zu erreichen.

Detaillierte Informationen zur Funktionsweise der Schuldenbremse und zu den gemachten Erfah-rungen finden sich im Bericht des Bundesratesvom 29.11.2013 («Die Schuldenbremse des Bun-des: Erfahrungen und Perspektiven» unter www.efv.admin.ch > Schuldenbremse).

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6 Gesamtsteuerung durch die Schuldenbremse

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Stand des Ausgleichskontos und SchuldenabbauMithilfe des Ausgleichskontos wird die Einhaltung der Schuldenbremse in der Vergangenheit kon-trolliert. Beim Ausgleichskonto handelt es sich allerdings nicht um ein Konto im buchhalterischen Sinn und auch nicht um einen Fonds mit einem verfügbaren Mittelbestand. Es wird als Statistik ausserhalb der Staatsrechnung geführt. In den letzten Jahren hat der Bundeshaushalt durchgehend strukturelle Überschüsse geschrieben. Das Mindestziel der Schuldenbremse – der strukturelle Aus-gleich von Einnahmen und Ausgaben – wurde damit klar übertroffen. Dies spiegelt sich im Stand des Ausgleichskontosvon21,4 MilliardenamEndedesRechnungsjahres 2014.

Die Gutschriften auf das Ausgleichskonto lassen sich in drei Komponenten aufteilen. So kann zu-nächst ein in der Staatsrechnung ausgewiesener struktureller Überschuss bereits zum Zeitpunkt der BudgetierunggeplantgewesenunddamitdasErgebniseinesbewusstenfinanzpolitischenEntschei-des sein. Ein struktureller Überschuss kann aber auch unerwartet beim Budgetvollzug entstehen; solche Abweichungen können durch Unterschätzungen der konjunkturbereinigten Einnahmen oder durch Überschätzungen der Ausgaben entstehen.

UntersuchtmandieEntwicklungdesAusgleichskontosperEnde2014,dannzeigtsich,dass9 Prozentder Gutschriften auf budgetierte strukturelle Überschüsse zurückzuführen sind. Der weitaus grössere Teil (91 %) wird durch ungeplante, d.h. erst in der Rechnung festgestellte, strukturelle Überschüsse erklärt. Davon kamen 49 Prozent infolge Unterschätzung der konjunkturbereinigten Einnahmen zu-stande und 42 Prozent aufgrund der Überschätzung der Ausgaben.

Die Zunahme des Ausgleichskontos widerspiegelt sich mit umgekehrten Vorzeichen im Schuldenstand: BeliefensichdieBruttoschuldenper1.1.2005nochauf130,3 Milliarden,konntensieindenfolgen-den Jahrenum21,5 Milliarden auf knapp109 Milliarden im Jahr 2014gesenktwerden.Auch inZukunft dürften die Bundesschulden zurückgehen. Der Grund dafür sind die systematisch anfallenden Kreditreste auf der Ausgabenseite. Die regelmässige Budgetunterschreitung dürfte auch in Zukunft zu strukturellen Überschüssen führen und einen Schuldenabbau ermöglichen. Damit wird der zukünftige Handlungsspielraum des Bundes und die Krisenresistenz der Volkswirtschaft erhöht.

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7.1 Grundsätze der Haushaltführung

7.1.1 Allgemeine Grundsätze der Haushaltführung

Bundesrat und Verwaltung führen den Bundes-haushalt nach den Grundsätzen der Gesetzmä-ssigkeit, der Dringlichkeit und der Sparsamkeit. Sie sorgen für einen wirksamen und wirtschaftli-chen Einsatz der Mittel (Art. 12 Abs. 4 FHG):

• Gesetzmässigkeit: Jede Budgetposition benö-tigt eine rechtliche Grundlage. Ausgaben dür-fen nur für Aufgaben des Staates, nur durch gesetzlich vorgesehene Behörden und nur im gesetzlich vorgeschriebenen Verfahren getä-tigt werden.

• Dringlichkeit: Die öffentlichen Mittel sind be-grenzt. Es gilt deshalb Prioritäten zu setzen. Wichtiges und zeitlich Unaufschiebbares hat Vorrang, Wünschbares muss warten.

• Sparsamkeit:DieExekutiveistverpflichtet,dieöffentlichen Mittel massvoll einzusetzen. Ver-meidbare Ausgaben sind zu verhindern.

• Wirksamkeit, Wirtschaftlichkeit: Während es bei der Wirksamkeit darum geht, dass die er-zielten Ergebnisse den beabsichtigten Wirkun-gen entsprechen («Werden die richtigen Dinge gemacht?»), zielt die Wirtschaftlichkeit auf ein möglichst günstiges Verhältnis zwischen Er-gebnis und eingesetzten Mitteln ab («Werden die Dinge richtig gemacht?»).

7.1.2 Grundsätze der BudgetierungDie Budgetierungsgrundsätze gelten für den Voranschlag, die Nachträge sowie sinngemäss für die Rechnung (Art. 19 FHV):

• Bruttodarstellung: Aufwände und Erträge so-wie Investitionsausgaben und -einnahmen sind getrennt voneinander ohne gegenseitige Ver-rechnung auszuweisen. Die EFV kann im Ein-vernehmen mit der Eidgenössischen Finanzkon-trolle in Einzelfällen Ausnahmen anordnen.

• Vollständigkeit: Im Voranschlag sind alle mut-masslichen Aufwände und Erträge sowie Investitionsausgaben und Investitionseinnah-men aufzuführen. Diese dürfen nicht direkt über Bilanzpositionen abgerechnet werden.

• Jährlichkeit: Das Voranschlagsjahr entspricht dem Kalenderjahr. Nicht beanspruchte Kredi-te verfallen am Ende des Voranschlagsjahres.

• Spezifikation: Ein Kredit darf nur für den bei der Bewilligung festgelegten Zweck verwen-det werden.

Sind mehrere Verwaltungseinheiten an der Finanzierung eines Vorhabens beteiligt, so ist eine federführende Verwaltungseinheit zu be-zeichnen, die das Gesamtbudget offen legt.

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7.1.3 Grundsätze der RechnungslegungDie Rechnungslegungsgrundsätze stellen sicher, dass die Ertrags-, Finanz- und Vermögenslage den tatsächlichen Verhältnissen entsprechend dargestellt wird («true and fair view»). Sie gelten sinngemäss für den Voranschlag und die Nach-träge (Art. 47 FHG):

• Wesentlichkeit: Sämtliche Informationen, wel-che für eine umfassende Beurteilung der Ver-mögens-, Finanz- und Ertragslage von Bedeu-tung sind, werden offen gelegt.

• Verständlichkeit: Die Informationen müssen klar und nachvollziehbar sein.

• Stetigkeit: Die Grundsätze der Budgetierung, Buchführung und Rechnungslegung sollen so-weit als möglich über einen längeren Zeitraum unverändert bleiben.

• Bruttodarstellung: Der Budgetgrundsatz der Bruttodarstellung ist sinngemäss anzuwenden.

Die Grundsätze der Rechnungslegung bilden die Grundlage für weiterführende Bestimmungen wie beispielsweise für die Buchführung, die Bi-lanzierung oder die Bewertung.

7.2 Instrumente der HaushaltführungFür die Haushaltführung verfügen Bundesrat und Parlament über folgende Instrumente:

• Finanzpolitische Prioritäten• Legislaturplanung und Legislaturfinanzpla-

nung• Langfristperspektiven und Entwicklungs szenarien• Voranschlag mit integriertem Finanzplan• Hochrechnung• Staatsrechnung und Konsolidierte Rechnung

7.2.1 Finanzpolitische Prioritäten Die Schuldenbremse gewährleistet, dass der Bun-deshaushalt über einen Konjunkturzyklus aus-geglichen bleibt. Sie gibt indes keine Vorgaben dazu, wie hoch die Einnahmen sein sollen und wie – mit welchen Steuern und Abgaben – sie beschafft werden sollen. Auch in Bezug auf die Frage, wie die verfügbaren Mittel auf die ver-schiedenen Aufgaben des Bundes zu verteilen sind, lässt die Schuldenbremse grossen Spiel-raum. Ebenso wenig äussert sie sich schliesslich dazu, ob die Ausgaben für eine neue Aufgabe über Mehreinnahmen oder über die Kürzung der Ausgaben für die bestehenden Aufgaben ge-deckt werden sollen.

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Auch unter dem Regime der Schuldenbremse be-steht somit Bedarf nach einer finanzpolitischenStrategie bzw. nach finanzpolitischen Prioritä-ten. Auf der Einnahmenseite stellt sich die Fra-ge, welche steuerpolitischen Projekte anstehen und wie prioritär sie aus rechtlicher und volks-wirtschaftlicher Sicht sind. Bei den ausgaben-politischen Prioritäten steht die Entwicklung der Aufgabengebiete im Vordergrund. Die finanzpolitischen Prioritäten geben somit einenÜberblick über die anstehenden thematischen Herausforderungen und die finanziellen Aus-wirkungen auf den Bundeshaushalt. Das Ziel derfinanzpolitischenPrioritäten ist es, überdievierjährige Finanzplanung hinaus die wichtigsten Entwicklungstendenzenaufzuzeigenunddasfi-nanzielle Gleichgewicht des Bundeshaushaltes si-cherzustellen.

Die Erarbeitung finanzpolitischer Prioritäten istein iterativer Prozess. Er beginnt mit der Erstel-lung mittelfristiger Finanzperspektiven, die auf-zeigen, wie sich die Bundesfinanzen über dienächsten 8 bis 10 Jahre entwickeln würden, wenn die geltenden Rahmenbedingungen unver-ändert blieben. Gestützt auf dieses sogenannte No-Policy-Change-Szenario lässt sich erkennen, ob der Haushalt strukturell im Gleichgewicht ist oder nicht, und bei Bedarf können rechtzei-tig strukturelle Reformen auf der Ausgabenseite oder Steuerreformen angestossen werden. Da-neben können grundsätzliche finanzpolitischeZiele festgelegt werden. So hat der Bundesrat beispielsweise für den Zeitraum 2016–2024 be-schlossen,

• dass die Ausgaben höchstens so schnell wachsen sollen wie das nominale Brutto-inlandprodukt (unter Ausklammerung der mit zusätzlichen Einnahmen zweckfinanziertenVorhaben),

• dass die steuerpolitischen Projekte, die zu Min-dereinnahmen führen, auf wenige prioritäre Vorhaben beschränkt werden,

• dass ein allfälliger Bereinigungsbedarf primär mit ausgabenseitigen Kürzungen beseitigt werden soll, und

• dass der Anteil der zweckgebundenen Ein-nahmen an den Gesamteinnahmen nicht wei-ter erhöht werden soll (mit Ausnahme von Lenkungsabgaben, die zurückverteilt werden).

In einem zweiten Schritt gilt es, das Szenario mit den im Rahmen der Legislaturplanung vorge-sehenen ausgabenseitigen Vorhaben, nament-lich mit den mehrjährigen Finanzbeschlüssen (vgl.  Ziff.  10.2), und Steuerreformen zu ergän-zen. Dabei muss selbstverständlich dem Gleich-gewicht des Bundeshaushalts Rechnung getra-gen werden.

Im letzten Schritt können die eigentlichen mit-telfristigen finanzpolitischen Prioritäten fest-gelegt werden. Diese bestehen auf der Ein-nahmenseite aus einer Liste der prioritären Steuerreformen. Auf der Ausgabenseite können (auf das angestrebte Gesamtausgabenwachstum abgestimmte) Zielwachstumsraten für die Aus-gaben nach Aufgabengebieten definiert wer-den. Diese dienen dem Bundesrat in der Folge für die Planung der Ausgaben in den einzelnen Aufgabengebieten, begründen aber keine abso-luten Ansprüche. Sie stellen vielmehr eine mittel-fristig anzustrebende Zielgrösse dar.

DiefinanzpolitischenPrioritätendesBundesrateswerden im Legislaturfinanzplan dargelegt. DasParlament kann mittels Motionen darauf einwir-ken.

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Legislaturfinanzplan

2016 2017 2018 2019

Legislaturperiode 2015–2019

Legislatur- und Legislaturfinanzplanung

7.2.2 Legislaturplanung undLegislaturfinanzplanung

GemässArtikel 146ParlGlegtderBundesratzu Beginn der neuen Legislatur der Bundes ver - sammlung eine Botschaft über die Legis latur-planung und den Entwurf zu einem einfachen Bundesbeschluss über die Legislaturplanung vor.

Die Legislaturplanung bildet für die nächsten vier Jahre die längerfristig geplante Politik der Regie-rung ab. Da sich neue Vorhaben aufgrund des poli-tischen Prozesses erst in einigen Jahren auswirken, greift die Planung über die aktuelle Legislatur hi-naus.

DereinfacheBundesbeschlussdefiniertdiepoli-tischen Leitlinien und Ziele der Legislaturplanung und ordnet diesen die geplanten Erlasse der Bun-desversammlung und weitere Massnahmen zu, welche zur Zielerreichung erforderlich sind. Da-bei geht es nicht nur um neue Ausgaben, son-dern auch um eine kritische Überprüfung des Bestehenden mit entsprechenden Redimensio-nierungsvorschlägen (Aufgabenüberprüfung).

In der Botschaft über die Legislaturplanung wer-den den Zielen Indikatoren zugeordnet, mit de-nen die Zielerreichung überprüft werden kann. Die Botschaft enthält auch eine Lageanalyse, die sich auf Indikatoren abstützt. Zudem gibt die Bot-schaft einen Überblick über alle Erlassentwürfe,

7.2.3 Langfristperspektiven und Entwicklungsszenarien

Im Voranschlag und dem Integrierten Aufgaben-und Finanzplan des Bundes wirken sich langfris-tige Entwicklungen z.B. betreffend Demografienicht oder nur sehr beschränkt aus. Aus diesem Grund werden die langfristigen Finanzperspekti-ven und die Entwicklungsszenarien für bestimm-teAufgabengebiete imLegislaturfinanzplange-zeigt (Art. 5 FHV).

Als Grundlage dient der Bericht «Langfristpers-pektiven der öffentlichen Finanzen der Schweiz». Dieser zeigt die Haushaltsentwicklung der drei Staatsebenen und der Sozialversicherungen (AHV, IV, EO, ALV) über einen längeren Zeitraum auf. Der Projektionszeitraum wird in Anlehnung andieDemografieszenariendesBundesamtsfürStatistik (BFS) festgelegt. Die letzte Ausgabe die-ses Berichts hat das EFD im Januar 2012 vorge-legt. Der Projektionszeitraum reichte von 2010 bis 2060. Anfang 2016 wird eine neue Ausgabe des Berichts veröffentlicht, dessen Projektions-zeitraum sich entsprechend der neuen Demo-grafieszenarien des BFS auf die Jahre zwischen

die der Bundesrat während der Legislaturperiode der Bundesverwaltung vorzulegen plant (Gesetz-gebungsprogramm).

Zusammen mit der Botschaft wird der Legisla-turfinanzplan (Finanzplan der Legislaturperiode)vorgelegt. Dieser setzt den Finanzbedarf für die Legislaturperiode fest und zeigt auf, wie dieser gedeckt werden soll. Die Ziele und Massnahmen der Legislaturplanung und der Legislaturfinanz-plan werden sachlich und zeitlich miteinander verknüpft.DerLegislaturfinanzplanwirdalsBei-lage zur Botschaft über die Legislaturplanung pu-bliziert.

Die beiden Räte beraten die Legislaturplanung in zwei aufeinander folgenden Sessionen (Abs.  1Art. 147ParlG).

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2015 und 2045 erstrecken wird. Eine Zusam-menfassung der Ergebnisse wird im Rahmen des Legislaturfinanzplans 2017–2019, welcher An-fang 2016 erscheint, vorgelegt.

Ein zentrales Ergebnis des letzten Berichts war, dass aufgrund einer alternden Bevölkerung die öffentliche Hand jährlich rund 1,8 Prozent des BIP mehr Steuern einnehmen oder weniger ausgeben müsste, um bis 2060 die öffentliche Schuldenquote auf Höhe des heutigen Wertes von rund 40 Prozent des BIP (2009) stabilisieren zu können. Weiter zeigte sich die grosse Bedeu-tung des Produktivitätsfortschritts. Je höher der Produktivitätsfortschritt ist, desto geringer ist die Anpassungslast der öffentlichen Haushalte.

Die Entwicklungsszenarien dienen dazu, Ent-wicklungstendenzen mit ihren finanziellen Fol-gen in spezifischen Aufgabengebieten desStaates über den Finanzplanhorizont hinaus auf-zuzeigen und Politik-Optionen (Steuerungs- und Korrekturmassnahmen) zu diskutieren. Sie bil-den damit ein «politiknäheres» Instrument als der Bericht «Langfristperspektiven». Die letz-ten Entwicklungsszenarien sind im Rahmen des Legislaturfinanzplans 2013–2015 für das Ge-sundheitswesen erarbeitet worden. Sie zeigen, dass aufgrund der Alterung der Bevölkerung deutliche finanzielle Zusatzlasten insbesondereimBereichder Langzeitpflegederüber65-Jäh-rigen entstehen dürften. Danach steigen die öf-fentlichenAusgaben fürdieLangzeitpflegevon0,6 Prozent des BIP im Jahr 2009 bis zum Jahr 2060 um rund 1,0 bis 1,5 Prozent des BIP. Im übrigen Gesundheitswesen wirken nicht-demo-grafischeEffektewiedermedizinisch-technischeFortschritt stärker kostentreibend als die Alterung der Bevölkerung. Die Entwicklungsszenarien zeigen zudem, dass der Gesundheitszustand der Bevölkerung ein wichtiger Faktor für die Ausgabenentwicklung im Gesundheitswesen ist.

7.2.4 Voranschlag mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan

Voranschlag und Finanzplan werden im Parlamentsgesetz (Art. 142 und 143) sowie im Finanzhaushaltgesetz (Art. 19 und 29–34) ge-regelt. Der Bundesrat legt jedes Jahr die Zie-le fest, die mit dem Voranschlag zu erreichen sind, und erlässt Weisungen für die Aufstel-lung des Voranschlags. Er informiert darüber die Finanzkommissionen der eidgenössischen Räte. Die Jahresziele sollen mindestens die Einhaltung der Schuldenbremse gewährleisten (Art. 13–18 FHG) und den finanzpolitischen Vorgaben derBundesversammlung Rechnung tragen.

Die Finanzplanung umfasst die drei dem Voranschlagsjahr folgenden Jahre. Voranschlag und Finanzplan zeigen den erwarteten Finan- zierungsbedarf, die Deckung des erwarteten Finanzierungsbedarfs, die voraussichtlichen Auf-wände und Erträge sowie – ab dem Voranschlag 2017 – die Leistungsgruppen und die dazu-gehörigen Leistungs- und Wirkungsziele der Verwaltungseinheiten. Die Einführung der Leis-tungsgruppen im Rahmen des Neuen Füh-rungsmodells für die Bundesverwaltung (NFB) ermöglicht neu eine integrierte Sicht von Finanz- und Leistungsseite auf Stufe der Verwaltungs-einheit (vgl. Ziff. 10.3). Neu werden zudem auch Voranschlag und Finanzplan zusammengelegt, so dass durchwegs der vierjährige Planungshori-zont gezeigt werden kann.

Der vom EFD vorbereitete Budgetentwurf wird vom Bundesrat verabschiedet und anschlie-ssend von der Bundesversammlung beraten und rechtsverbindlich bewilligt. Der Finanzplan wird vom Parlament mit einfachem Bundesbeschluss zur Kenntnis genommen. Bei Bedarf kann der Bundesbeschluss mit Aufträgen für den nächsten Budgetentwurf ergänzt werden.

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7.2.5 HochrechnungGemäss Parlamentsgesetz ist der Bundesrat ver-pflichtet, jeweils per 30.6. und per 30.9. eineHochrechnung über das voraussichtliche Jahreser-gebnis zu erstellen und die Finanzkommissionen davon in Kenntnis zu setzen. Die Hochrechnung wirdnurinBezugaufdiefinanzierungswirksamenPositionen vorgenommen; diese sind relevant für die Einhaltung der Schuldenbremse. Bei den Ein-nahmen werden die Schätzungen aufgrund der im Jahr bereits erfolgten Eingänge und gegebe-nenfalls neuer wirtschaftlicher Rahmenbedingun-gen aktualisiert. Bei den Ausgaben werden die ab-sehbaren Abweichungen vom Budget (Kreditreste, Nachträge) ausgewiesen.

Im Anschluss an die Orientierung der Finanz-kommissionen informiert das EFD auch die Öf-fentlichkeit über die Hochrechnung.

Die Kredite werden auf Grund sorgfältiger Schät-zung des voraussichtlichen Bedarfs festgesetzt. Enthält der Voranschlag für einen Aufwand oder eine Investitionsausgabe keinen oder keinen aus-reichenden Kredit, so ist ein Nachtragskredit zu beantragen (vgl. Ziff. 10.1.1).

7.2.6 Staatsrechnung und Konsolidierte Rechnung

Die Staatsrechnung ist im Parlamentsgesetz (Art.  142) sowie im Finanzhaushaltgesetz(Art. 4–11)geregelt.SiefolgtinAufbauundGlie-derung dem Voranschlag. Hinzu kommt die Dar-stellung der Bilanz und der damit verbundenen Offenlegungspflichten.MitderRechnungfürdasJahr2017wirdzudemdieGeldflussrechnungein-geführt (vgl. Ziff. 5.2.5).

Die Staatsrechnung besteht aus der Bundes-rechnung und aus sogenannten Sonderrech-nungen. Der Bahninfrastrukturfonds (bis 2016 FinöV-Fonds), der Infrastrukturfonds sowie die EAV werden zurzeit als Sonderrechnungen ge-führt. Diese werden den eidgenössischen Räten aufgrund spezialgesetzlicher Regelungen unter-breitet. Die Notwendigkeit einer separaten Dar-stellung ergibt sich aus Parlamentsbeschlüssen oder aus der besonderen Art der Leistungen bzw. Finanzierung (vgl. Ziff. 11).

Der Bundesrat erstellt die Staatsrechnung und unterbreitet sie der Bundesversammlung jährlich zwei Monate vor Beginn der Sommersession.

Für die Beratung der Staatsrechnung wird auch eine konsolidierte Rechnung erstellt. Diese fasst im Rahmen einer Vollkonsolidierung zusammen: die Bundesrechnung, die Sonderrechnungen, die dezentralen Verwaltungseinheiten mit eige-ner Rechnung sowie – ab 2017 – die Unterneh-men und Sozialversicherungen des Bundes (vgl. Ziff. 5.5).

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7.3 Ablauf der Budgetierung und Finanzplanung

Der Ablauf der Budgetierung lässt sich in fünf Phasen unterteilen, die nachfolgend beschrieben werden (vgl. Schema).

Phase 1: Vorbereitung Budgetprozess (ca. 15.12.–15.2.) Zu Beginn des Budget- und Finanzplanungspro-zessesfindeteinefinanzpolitischeStandortbestim-mung im Januar statt. In einem ersten Schritt wer-den die volkswirtschaftlichen Referenzwerte (insb. Annahmen über das Wirtschaftswachstum und die Teuerung) für das Budget des kommenden Jah-res und die drei darauf folgenden Finanzplanjahre festgelegt. Für das Budget richten sie sich nach der Expertengruppe Konjunkturprognosen des Bundes. Für den Finanzplan wird ein plausibles Wirtschaftsszenario erarbeitet. Auf dieser Basis werden die Einnahmen und Ausgaben des vor-jährigen Finanzplans aktualisiert sowie die gemäss Anforderungen der Schuldenbremse zulässigen Ausgabenplafonds berechnet.

Diese Zahlen bilden die Grundlage für die Festle-gungderfinanzpolitischenZiele.ZurDurchsetzungdieser Ziele verabschiedet der Bundesrat sei-ne Weisungen zur Erarbeitung des Voranschlags mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan (Voranschlag mit IAFP). Diese gehen zusammen mit den technischen Budgetweisungen der EFV und des Eidgenössischen Personalamtes (EPA) an die Departemente.

Vorbereitung Budgetierung Budget-bereinigung

ErarbeitungBotschaft

ParlamentarischeBeratung

Jan Feb Mrz Apr Mai Juni Juli Aug Sep Okt Nov Dez

Entscheide: Bundesrat ( Grundsatzentscheide) Parlament

Phase 2: Budgetierung und Eingaben (ca. 15.2.–30.4.)Die Budgetierung und Finanzplanung erfolgt nach den Vorgaben der Departemente dezen-tral bei den Verwaltungseinheiten. Sämtliche Kreditbegehren sind an den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu messen. Zusätzlich müssen die Verwaltungseinheiten Begründungen zu den einzelnen Kredit- und Ertragspositionen erstellen. Diese Begründun-gen gehen an Bundesrat und Parlament und werden in der Finanzberichterstattung zu den Verwaltungseinheiten (Teil B des Voranschlags mit IAFP) veröffentlicht. Bis Ende April erfolgen die Eingaben (Zahlen und Begründungen) der Departemente an die EFV.

Phase 3: Budgetbereinigung (ca. 1.5.–30.6.)In einer ersten Phase der Bereinigung werden die Kreditbegehren und Einnahmenschätzungen mit den Verwaltungseinheiten besprochen. Die Generalsekretariate der Departemente werden dabei für die Prioritätensetzung und die Umset-zung substantieller Kürzungen beigezogen. An-fangs Juni legt der Bundesrat die Bereinigungs-strategie fest, gestützt auf die aktualisierten volkswirtschaftlichen Eckwerte. Der Bundesrat

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verabschiedet das bereinigte Zahlenwerk von Voranschlag und Finanzplan vor den Sommer-ferien.

Phase 4: Erarbeitung und Verabschiedung der Budgetbotschaft (ca. 1.7.–31.8.)Die EFV erarbeitet aufgrund dieses Bundesrats-entscheids die Botschaft zum Voranschlag mit IAFP. Sie wird nach den Sommerferien vom Bun-desratverabschiedetundgemässArtikel 29FHGbis Ende August an das Parlament weitergeleitet (vgl. auch Ziff. 7.4).

SonderfallLegislaturfinanzplanAllevierJahre,jeweilszuBeginnderLegislaturperiode,wirdzusätzlichzumIAFPauchderLegislaturfi-nanzplan erstellt. Dieser ergibt sich aus den Arbeiten zur Legislaturplanung, die rund ein Jahr vor der Verabschiedung der Botschaft durch den Bundesrat beginnen. Der Bundesrat beschliesst Mitte Jahr über die Strategie der Legislaturplanung (Leitlinien und Ziele) und im Herbst über die Massnahmen im Rahmen der Aussprache über den ersten Botschaftsentwurf.

Sobald die konkreten Vorschläge für die Massnahmen der Legislaturplanung vorliegen, wird im ersten TeildesLegislaturfinanzplansdiefinanzielleEntwicklungderkommendenvierJahreinaggregierterForm abgebildet (Aktualisierung der Zahlen aus dem IAFP). Der zweite und dritte Teil umfasst die mittel-fristigen Finanzperspektiven sowie die Langfristperspektiven und ausgewählte Entwicklungsszenarien. ZieldiesesProzessesistes,diefinanziellenKonsequenzendergeplantenAufgabenerfüllungmitdenZielen der Haushaltspolitik in Einklang zu bringen.

DieBotschaftüberdieLegislaturplanunginkl.BerichtzumLegislaturfinanzplanundGesetzgebungs-programm wird vom Bundesrat anfangs Jahr genehmigt und anschliessend den eidg. Räten zur Be-ratung vorgelegt.

Phase 5: Parlamentarische Beratung (ca. 1.9.–20.12.)Die Vorberatungen des Voranschlags mit IAFP finden in den jeweiligen Finanzkommissionender eidg. Räte statt. Die Finanzkommissionen er-arbeiten dabei die Anträge ans Ratsplenum. Das Budget muss während den Beratungen der eidg. Räte in der Wintersession genehmigt werden. Nach Verabschiedung des Budgets erfolgt die technische Aufbereitung der Bundesbeschlüsse.

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7.4 FinanzinformationenAufgabe der Finanzinformationen ist es, die Er-trags-, Finanz- und Vermögenslage des Bundes übersichtlich, verständlich und tatsachengetreu abzubilden. Damit will der Bund den Aufsichts-organen, den Anspruchsgruppen sowie weiteren interessierten Personenkreisen ermöglichen, die finanzielleLageumfassendzuverstehenundun-abhängig zu beurteilen.

Die in deutscher, französischer und italienischer Sprache aufgelegten Finanzinformationen erlau-ben den Mitgliedern des Parlaments, den parla-mentarischen Kommissionen, der Regierung und ihrer Verwaltung, den Medien und der Öffent-lichkeit, rasch einen ersten Überblick zu gewin-nen und bei Bedarf auf weiterführende Informa-tionen zuzugreifen.

Mit Einführung des neuen Führungsmodells für die Bundesverwaltung (NFB) per 2017 wird auch die Finanzinformation des Bundes neu gestaltet. Ziel ist, die Finanzinformationen des Bundes ad-ressatengerecht anzubieten. Gesetzlich vorgege-ben sind folgende Produkte:

• Voranschlag mit integriertem Aufgaben­ und Finanzplan (IAFP): Voranschlag und Finanzplan zeigen den erwarteten Finanzierungsbedarf, die Deckung des erwarteten Finanzierungsbedarfs, die voraussichtlichen Aufwände und Erträ-ge sowie die Leistungsgruppen und die da-zugehörigen Leistungs- und Wirkungsziele der Verwaltungseinheiten. Der vom EFD vor-bereitete Budgetentwurf wird vom Bundes-rat verabschiedet und anschliessend von der Bundesversammlung beraten und rechtsver-bindlich bewilligt. Der Finanzplan wird vom Parlament mit einfachem Bundesbeschluss zur Kenntnis genommen. Bei Bedarf kann der Bundesbeschluss mit Aufträgen für den nächs-ten Budgetentwurf ergänzt werden.

• Mit dem Nachtrag I und II werden Nachtrags-kredite beantragt wenn der Voranschlag für einen Aufwand oder eine Investitionsausgabe

keinen oder keinen ausreichenden Kredit ent-hält. Der Bundesrat unterbreitet der Bundes-versammlung die Nachtragskreditbegehren in der Regel zwei Mal im Jahr (für die Sommer- und Wintersession).

• Staatsrechnung: Diese folgt in Aufbau und Gliederung dem Voranschlag. Hinzu kommt die Darstellung der Bilanz und der damit ver-bundenen Offenlegungspflichten. Mit derRechnung für das Jahr 2017 wird zudem die Geldflussrechnung eingeführt. Die separatenSonderrechnungen werden den eidgenössi-schen Räten aufgrund spezialgesetzlicher Re-gelungen unterbreitet.

• Legislaturfinanzplan: Der Bundesrat legt zu Beginn der Legislaturperiode der Bun-desversammlung eine Botschaft über die Legislaturplanung vor. Der Legislaturfinanz-plan ist Teil der Legislaturplanung und soll eine enge Verbindung zwischen Sach- und Finanzplanung gewährleisten. Darüber hinaus wird im Legislaturfinanzplan auch diemittel-fristige und langfristige Perspektive darge-stellt. So können auch Auswirkungen von Re-formen und Entwicklungen gezeigt werden, diesichfinanziellerstnachdernächstenLegis-latur auswirken.

• Hochrechnung: Der Bundesrat legt jeweils per 30.6. und per 30.9. eine Hochrechnung über das voraussichtliche Jahresergebnis vor. Die Hochrechnung wird nur in Bezug auf die finanzierungswirksamen Positionen vorge-nommen; diese sind relevant für die Einhal-tung der Schuldenbremse.

• Für die Beratung der Staatsrechnung wird auch die Konsolidierte Rechnung Bund erstellt. Die-se fasst im Rahmen einer Vollkonsolidierung zusammen: die Bundesrechnung, die Sonder-rechnungen, die dezentralen Verwal tungsein-heiten mit eigener Rechnung sowie die Unter-nehmen und Sozialversicherungen des Bundes (ab 2017).

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Die Botschaften zum Voranschlag mit IAFP und zur Staatsrechnung sind neu wie folgt aufgebaut (ab VA 2017):

• Bericht: Wesentliche Angaben zum Ergebnis sowie zur Entwicklung von Einnahmen und Aufgabengebieten

• Voranschlag / Jahresrechnung: Ausführliche ta-bellarische Ausweise (Erfolgsrechnung, Bilanz, Geldflussrechnungetc.)mitAnhang

• Kredite und Zahlungsrahmen: Informationen zurmehrjährigenSteuerungviaVerpflichtungs-krediten und Zahlungsrahmen

• Sonderrechnungen: Separat geführte Rech-nungen, welche vom Parlament abgenommen werden (z.B. Bahninfrastrukurfonds)

• Bundesbeschlüsse: Entwürfe für die Parla-mentsbeschlüsse

• Voranschlag / Rechnung der Verwaltungs ein-heiten: Vorhaben und Projekte, Leistungsgrup-pen sowie Budget- und Rechnungspositionen der Verwaltungs einheiten, unterteilt nach De-partementen

Bericht zum Voranschlag mit IAFPVoranschlag des BundesKredite und ZahlungsrahmenSonderrechnungenBundesbeschlüsseVoranschlag der Verwaltungseinheiten H

och

rech

nu

ng

en

Gesetzlich vorgegebene Botschaften und Finanzberichte

Nachtrag I und II zum Voranschlag

Bericht zur StaatsrechnungJahresrechnung des BundesKredite und ZahlungsrahmenSonderrechnungenBundesbeschlüsseRechnung der Verwaltungseinheiten

Konsolidierte Rechnung Bund

Voranschlag mit IAFP Staatsrechnung

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8.1 Grundsätze der BesteuerungNeben den allgemeinen Grundsätzen der Be-steue rung in Artikel 127 BV enthält die Bundes-verfassung eine Aufzählung der Steuern, die der Bund zu erheben befugt ist. Dazu gehören:

• die direkte Bundessteuer (Art. 128 BV)• die Mehrwertsteuer (Art. 130 BV)• die Verbrauchssteuern auf Tabak und Tabak-

waren; gebrannten Wassern; Bier; Automo-bilen und ihren Bestandteilen; Erdöl, anderen Mineralölen, Erdgas und den aus ihrer Verar-beitung gewonnenen Produkten sowie auf Treibstoffen (Art. 131 BV)

• die Stempelsteuer und die Verrechnungssteuer (Art. 132 BV)

• die Zölle (Art. 133 BV).

Der Ertrag aus diesen Steuern umfasst rund 95  Prozent der Fiskaleinnahmen des Bundes.Für die übrigen Fiskaleinnahmen wird die Kom-petenz des Bundes, entsprechende Abgaben zu erheben, entweder direkt bei den jeweiligen Politikbereichen in der Bundesverfassung (z.B. Nationalstrassenabgabe, Schwerverkehrsabgabe) oder auf Gesetzesstufe (z.B. CO2-Abgabe, Spiel-bankenabgabe) geregelt.

Was die Bundesgesetzgebung als Gegen-stand der Mehrwertsteuer, der besonderen Ver-brauchssteuern, der Stempelsteuer und der Verrechnungssteuer bezeichnet oder für steuer-frei erklärt, dürfen die Kantone und Gemeinden

nichtmitgleichartigenSteuernbelasten(Art. 134BV). Ebenso verfügt nur der Bund über die Kom-petenz, Zölle und andere Abgaben auf dem grenzüberschreitenden Warenverkehr zu erhe-ben(Art. 133BV).

Kein Ausschluss kantonaler und kommunaler Besteuerung besteht hingegen bei den direkten Steuern auf dem Einkommen der natürlichen Personen und dem Reinertrag der juristischen Personen. Vielmehr hat hier der Bund bei der Festsetzung der Tarife auf die Belastung durch die direkten Steuern der Kantone und Gemein-den Rücksicht zu nehmen. Die Verfassung sieht weiter vor, dass die Steuer von den Kantonen veranlagt und eingezogen wird, die Kantone zu-gleich aber Anspruch auf einen Teil des Steuer-ertragshaben(Art. 128BV).

Gleichzeitig ist der Bund ermächtigt, Grundsät-ze über die Harmonisierung der direkten Steuern von Bund, Kantonen und Gemeinden festzule-gen(Art. 129BV).DieHarmonisierungerstrecktsichaufSteuerpflicht,GegenstandundzeitlicheBemessung der Steuern sowie Verfahrensrecht und Steuerstrafrecht. Von der Harmonisierung ausgenommen bleiben insbesondere die Steuer-tarife, die Steuersätze und die Steuerfreibeträge.

Für die wichtigsten Einnahmenquellen – die direk-te Bundessteuer und die Mehrwertsteuer – wer-den in der Verfassung Höchstsätze festgesetzt. Eine Erhöhung dieser Sätze bedarf somit immer

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8 Einnahmen und Erträge

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der Zustimmung von Volk und Ständen. Damit werden der Möglichkeit, Ungleichgewichte im Bundeshaushalt durch Steueranhebungen zu be-seitigen, deutliche Grenzen gesetzt. Für die Kan-tone und Gemeinden ist die Einschränkung der steuerlichen Möglichkeiten des Bundes ebenfalls von Bedeutung, da der Bund bei der direkten Bundessteuer das gleiche Steuersubstrat belastet.

Darüber hinaus ist die Kompetenz des Bun-des zur Erhebung der direkten Bundessteuer (DBST) und der Mehrwertsteuer (MWST) seit je-her befristet. Die Frist wurde letztmals mit der am 1.1.2007 in Kraft gesetzten Revision der Fi-nanzordnung des Bundes bis Ende 2020 ver-längert (Art.  196 Ziff.  13 und 14 BV). In derVernehmlassungsvorlage zur neuen Finanzord-nung 2021 vom 24.6.2015 schlägt der Bundes-rat vor, die Befristung aufzuheben. Die Aufga-ben des Bundes könnten ohne Weiterführung der beiden Steuern, die zusammen beinahe zwei Drittel der Bundeseinnahmen ausmachen, nicht mehr wahrgenommen werden. Zur Begrenzung der Staatstätigkeit stellt die Bundesverfassung zudem wirksamere Mittel zur Verfügung. Dazu zählen die Schuldenbremse, die Höchstsätze für DBST und MWST, die abschliessende Aufzählung der Bundessteuern in der Bundesverfassung und der Ausgleich der kalten Progression.

8.2 Struktur der EinnahmenIm Voranschlag 2016 rechnet der Bund mit or-dentlichenEinnahmenimUmfangvon66,7 Mil-liarden. Die nachfolgende Grafik zeigt die ein-zelnen Einnahmengruppen. Dabei wird deutlich, dass der Bund im Gegensatz zu den Kantonen und Gemeinden seine Ausgaben vorwiegend durchdieErhebungvonSteuernfinanziert,wäh-rend die nichtfiskalischen Einnahmen wenigerstark ins Gewicht fallen. Mit 62,4 Milliarden be-laufensichdieFiskaleinnahmenaufrund94 Pro-zent der Gesamteinnahmen. Davon stammen rund zwei Fünftel aus direkten Steuern (Direk-te Bundessteuer, Verrechnungssteuer) und drei Fünftel aus indirekten Steuern (Mehrwertsteuer, Stempelabgabenetc.).DienichtfiskalischenEin-nahmen imUmfang von 4,3 Milliarden umfas-sen namentlich Gewinnablieferungen von Unter-nehmen mit Bundesbeteiligung (insb. Swisscom, Die Post) sowie Gebühren und Darlehensrück-zahlungen.

In der Finanzberichterstattung des Bundes wer-den neben den Einnahmen aus der Finanzie-rungsrechnung auch die Erträge aus der Er-folgsrechnung ausgewiesen. Im Gegensatz zur Aufwandseite sind die Unterschiede zwi-schen Erträgen und Einnahmen nicht sehr be-deutsam. Bei den Fiskaleinnahmen gibt es zwi-schen Erfolgs- und Finanzierungssicht keine Unterschiede. Bei den nichtfiskalischen Ein-nahmen bestehen vor allem Abweichungen bei den Investitionseinnahmen, welche in der Investitionsrechnung (und damit auch in der Finanzierungsrechnung) erscheinen, nicht jedoch in der Erfolgsrechnung. Betragsmässig fallen die Investitionseinnahmen beim Bund allerdings kaum ins Gewicht.

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Ordentliche Einnahmen in Mrd. und Anteile in %Total gemäss Voranschlag 2016: 66,7 Mrd.

Mehrwertsteuer23,2 Mrd.

Mineralölsteuer4,8 Mrd.

Verrechnungssteuer5,7 Mrd.

Nichtfiskalische Einnahmen4,3 Mrd.

Übrige Fiskaleinnahmen4,9 Mrd. Tabaksteuer 2,1 Mrd.

Stempelabgaben 2,3 Mrd.

34,8

7,2

3,53,27,3

6,5

8,5

29,0Direkte Bundessteuer19,4 Mrd.

was die Einnahmenschätzung deutlich erschwert. Die Gewinnsteuer wird massgeblich durch wenige ertragsstarke Unternehmen getragen.

Bei den natürlichen Personen gilt ein progressiver Steuertarif mit einem Durchschnittssteuersatz von höchstens 11,5  Prozent und einem maximalenGrenzsteuersatz von13,2 Prozent.Beiden juris-tischen Personen kommt ein Proportionalsatz von 8,5 ProzentaufdemReingewinnnachSteuernzurAnwendung.

EinflussvonProgressionundKonjunkturFür den Ertragsverlauf ist nicht nur die Verän-derung des primären Einkommens der privaten Haushalte insgesamt, sondern die Verteilung des Einkommenszuwachses und die Entwicklung bei den mittleren und höheren Einkommen massge-bend,weileinigewenigeProzentderSteuerpflich-tigen mit hohen Einkommen mehr als die Hälfte der Steuern der natürlichen Personen aufbringen.

Der Steuerertrag kann infolge der progressiven Aus-gestaltung des Steuertarifes der natürlichen Perso-nen wesentlich stärker als das primäre Einkom-men in der entsprechenden Bemessungsperiode

8.3 Fiskaleinnahmen und derenEinflussfaktoren

Im Folgenden werden die wichtigsten Einnah-menquellen des Bundes mit ihren Bestimmungs-grössen und den abgeleiteten Schätzverfahren dargelegt.

8.3.1 Direkte Bundessteuer

Einkommens- und GewinnsteuerDer Ertrag der direkten Bundessteuer stammt zu mehr als der Hälfte aus der Belastung der Ein-kommen der natürlichen Personen (Einkom-menssteuer); der verbleibende Anteil entstammt ausderfiskalischenBelastungdes Ertrages vonjuristischen Personen (Gewinnssteuer).

Als Bestimmungsgrösse für die Einkommenssteu-er dient das Einkommen der Haushalte. Dieses setzt sich zusammen aus Arbeitnehmereinkom-men, aus Geschäftseinkommen der Selbstständi-gen und aus Vermögenseinkommen.

Die Gewinnsteuer hängt von der Entwicklung des steuerbaren Unternehmungsgewinns ab. Für diese Steuerbasis gibt es keine zuverlässigen Prognosen,

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wachsen. Das Verhältnis zwischen der prozentua-len Veränderung des Steuerertrages und der pro-zentualen Veränderung des Einkommens in der vergleichbaren Periode, die so genannte Elasti-zität, ist allerdings nicht konstant. So nimmt der Steuerertrag aufgrund der erwähnten Progression im Steuersystem je nach Verteilung des Einkom-menszuwachses auf die verschiedenen Tarifstufen stärker oder schwächer zu. Darüber hinaus gibt es noch weitere Faktoren, welche die Erträge der direktenBundessteuerbeeinflussenundnichtdi-rekt mit der Einkommensentwicklung im Zusam-menhang stehen. Dazu gehören beispielsweise Änderungen der Steuertarife oder der Abzüge. In den letzten Jahren schwankte die Elastizität in etwa zwischen 1,1 und 2,4. Die Gewinnbesteue-rung erfolgt zwar proportional, die grosse Schwan-kungsbreite der Unternehmensgewinne führt aber auch da zu einer überproportionalen Abbildung von konjunkturellen Entwicklungen.

Die Bundesverfassung verlangt, dass bei der direkten Bundessteuer die kalte Progression d. h. die teuerungsbedingte Verlagerung hin zu höhe-ren Steuersätzen, periodisch ausgeglichen wird. Im Jahr 2009 haben National- und Ständerat entschieden, dass die kalte Progression jährlich auszugleichen ist. Massgebend ist der Stand des Landesindexes der Konsumentenpreise am 30.6. vor Beginn des Steuerjahres. Bis zur Gesetzesän-derung von 2009 hatte der Bundesrat die Anpas-sung vorzunehmen, sobald sich der Landesindex der Konsumentenpreise seit der letzten Anpas-sungum7 Prozenterhöhthat.Deshalberfolg-te bis dann der Ausgleich in der Regel erst nach mehreren Jahren.

Zeitliche Verteilung der EinnnahmenDurch das Veranlagungs- und Bezugs verfahren entstehen bei der direkten Bundessteuer Verzöge-rungen zwischen der Entstehung eines steuerbaren Einkommens oder Unternehmensgewinns und der Sichtbarkeit der darauf geschuldeten Steuer in den Bundeseinnahmen:

• Bei den natürlichen Personen wird die Steuer-schuld aus einer Steuerperiode erst im Folgejahr fällig (Hauptfälligkeitsjahr). Die Steuerrechnung beruht zu diesem Zeitpunkt allerdings mangels entsprechender Informationen noch auf einer provisorischen Veranlagung, meist aufgrund des vorgängig versteuerten Einkommens. Das Veranlagungs- und Bezugsverfahren führt zu ei-ner effektiven Verzögerung von mindestens ein bis zwei Jahren zwischen Erwirtschaftung eines Einkommensdurchden Steuerpflichtigenundder Verbuchung einer daraus entstehenden Ein-nahmedurchdenBund.DiedefinitiveVeran-lagung liegt auch bei der Fälligkeit der Steuer-schuld im darauf folgenden Jahr nicht in jedem Fall vor; Zahlungen können sich daher auch über mehrere Jahre erstrecken. Für die Schät-zung der Steuern auf dem Einkommen na-türlicher Personen werden jeweils Annahmen über die zeitliche Verteilung der geschuldeten Steuern einer Steuerperiode auf die Folgejahre erstellt. Diese Annahmen beruhen auf Erfah-rungswerten. In den letzten Jahren ist eine Ten-denz in Richtung einer Verkürzung der beschrie-benen Verzögerung bei der Veranlagung zu beobachten. Eine wichtige Ursache hierfür ist die Einführung des ratenweisen Vorausbezugs der direkten Bundessteuer durch verschiedene Kantone. Dadurch erhalten die Steuerpflichti-gen die Möglichkeit, ihre Steuerrechnung für ein bestimmtes Steuerjahr bereits im selben Ka-lenderjahr zu begleichen.

• Bei den juristischen Personen ist der Ablauf vom Prinzip her identisch, allerdings wird bei diesen mit einer unterschiedlichen zeitlichen Vertei-lung gerechnet: ein Grossteil der Veränderung der Unternehmensgewinne schlägt sich bereits im Folgejahr auf die Bundeseinnahmen nieder.

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8.3.2 VerrechnungssteuerDie Verrechnungssteuer verfolgt den Zweck, die ordnungsgemässe Deklaration der direkten Steu-ern (Gewinn-, Einkommens- und Vermögenssteu-ern) sicherzustellen. Daneben verfolgt die Steu-ererhebung gegenüber ausländischen Personen aber auch ein reines Fiskalziel im Umfang der nicht (vollständig) rückforderbaren Verrechnungssteuer. Der Ertrag der Verrechnungssteuer ergibt sich aus der Differenz zwischen dem Rückbehalt auf be-weglichem Kapitalvermögen (Eingänge) und den aufAntragderSteuerpflichtigenvorgenommenenRückerstattungen.

EingängeDie Verrechnungssteuer wird auf dem Ertrag aus beweglichem Kapitalvermögen erhoben, das von Personen mit Domizil im In- oder Ausland bei Schweizer Schuldnern in Schweizer Franken oder ausländischer Währung angelegt ist. Die Eingän-ge stammen vorwiegend aus folgenden Anlagen:

• Anleihenobligationen und Kassenobligationen• Aktien, GmbH- und Genossenschaftsanteile• Kundenguthaben bei inländischen Banken

(Sichtguthaben, Festgelder, Spar- und Deposi-teneinlagen)

• Anteile an Anlagefonds.

Besteuert werden die Erträge dieser Anlagen wie Zinsen, Dividenden, Gewinnanteile und ähnliches. Verschiedene makroökonomische Faktoren wie Konjunkturentwicklung, Finanzmarktzyklus, Zins- sätze der verschiedenen Anlagearten, Wirt-schaftspolitik und Erwartungen der Finanzmärk-tehabeneinenerheblichenEinflussaufdieHöheder Eingänge. Die Portfolioumschichtungen wer-dennamentlichbeeinflusstvonderallgemeinenWirtschaftsentwicklung und von den Erwartun-gen der Wirtschaftssubjekte.

Der Anteil der einzelnen Finanzprodukte an den Ein-gängen schwankt von Jahr zu Jahr erheblich. Mass-gebend für die Entwicklung der Steuereingänge ist

dennoch vor allem das Volumen der Dividendenaus-schüttungen.2014entfielen77 Prozentdergesam-ten Eingänge auf Dividendenausschüttungen. Die Eingänge aus Dividendenausschüttungen sind stark konjunkturabhängig. Ihre Entwicklung unterliegt ausserdem in hohem Masse der Dividendenpolitik der Gesellschaften. Einzelne Grossunternehmen nahmen in der Vergangenheit beispielsweise anstel-le der ordentlichen Dividendenausschüttung eine Nominalwertreduktion der Aktien vor, die nicht ver-rechnungssteuerpflichtigist.Seit2011könnendieGesellschaften zudem die neue Möglichkeit nut-zen, nicht steuerpflichtige Rückerstattungen of-fener Kapitaleinlagen vorzunehmen (im Rahmen der Unternehmenssteuerreform II eingeführtes Kapitaleinlageprinzip). Dagegen haben die Rück-kaufprogramme einiger Grossunternehmen zu er-heblichen Eingängen geführt. Diese werden in der Regel durch spezialisierte Finanzinstitute abgewi-ckelt und noch im selben Jahr vollständig zurück-erstattet.

Die übrigen Eingänge hängen in erster Linie vom Volumen der Anleihenobligationen und der in Anlagefonds investierten Gelder, von der Höhe der Kundenguthaben bei den Banken und dem Zinsniveau ab. Die Entwicklung der Zinssät-ze spielt dabei für die Umschichtung der Porte-feuilles eine wichtige Rolle und schlägt sich schnell auf die gesamte Verzinsung der Gutha-ben nieder, was zu erheblichen Schwankungen bei den Verrechnungssteuereingängen führen kann.

Rückerstattungen Massgebend für die Rückerstattungen sind:

• der Zeitpunkt der Antragstellung auf Rücker-stattung.

• der Steuersatz (Steuerhinterziehung).• der Ausländeranteil am beweglichen inländi-

schen Kapitalvermögen.• die Doppelbesteuerungsabkommen.

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Die Anträge auf Rückerstattung der Verrech-nungssteuer können im Allgemeinen frühestens nach Ablauf des Kalenderjahres gestellt werden, in dem die steuerbare Leistung fällig geworden ist. Das gilt insbesondere für Rückerstattungen an natürliche Personen, für welche die Kantone eine Abrechnung erstellen.

Juristische Personen, die Anspruch auf eine Rück-erstattung von mindestens 4000 Franken haben, erhalten auf Antrag hin bereits im Fälligkeitsjahr die Rückerstattung von drei Vierteln des mut-masslichen Betrags, in Form von vierteljährlichen Vorauszahlungen. Zudem können seit 2001 die innerhalb eines Schweizer Konzerns ausgeschüt-teten Dividenden gemeldet werden. In solchen Fällen wird die Verrechnungssteuer weder ab-gezogen noch anschliessend vollumfänglich zu-rückerstattet. Durch das Meldeverfahren konn-ten Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Verrechnungssteuer ausgeräumt werden. Seit Juli 2005 gilt diese Regelung auch für Dividen-den, die von einer Schweizer Filiale an eine Mut-tergesellschaft mit Domizil in einem Land der Eu-ropäischen Union ausgeschüttet werden.

Schliesslich können Personen und Unternehmen mit Domizil im Ausland bei Vorliegen eines in-ternationalen Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung, unmittelbar nach Abzug der Steuer einen Antrag auf Rückerstattung stellen. Aufgrund der Bestimmungen des jeweils gelten-den Abkommens haben sie Anspruch auf eine vollumfängliche oder teilweise Rückerstattung des Steuerabzugs.

Ertragsprognose der VerrechnungssteuerDie Verrechnungssteuer ist von einer hohen Vo-latilität geprägt. Beeinflusst wird sie nicht nurvon den zyklischen Schwankungen, sondern auch von einmaligen Faktoren gesetzlicher oder rechnerischer Natur oder aufgrund anderer,

kaum quantifizierbarer und von Natur aus un-vorhersehbarer Sonderfaktoren. Die Einnahmen schwankten somit zwischen 0,9 Milliarden im Jahr 2001 und einem Rekordbetrag von 6,5 Mil-liarden im Jahr 2008 aufgrund der verzögerten Auswirkung der günstigen Konjunktur. 2014 be-lief sich die Verrechnungssteuereinnahmen auf 5,6 Milliarden.

Die grossen jährlichen Schwankungen bei den Eingängen und die Unmöglichkeit, den Zeit-punkt der Rückerstattungsgesuche sowie deren Umfang vorauszusehen, erschweren die Schät-zung des Verrechnungssteuerertrags. Ausserdem istesgenerellnichtmöglich,denEinflusszukünf-tiger Sonderfaktoren, die meistens von Natur aus unvorhersehbarsind,zuquantifizieren.Ausdie-sen Gründen wird seit 2005 anstelle einer Punkt-schätzung ein langjähriger Durchschnittsbetrag budgetiert. Seit 2012 wird die Prognose mit ei-ner exponentiellen Glättungsmethode vorge-nommen. Diese Methode gewichtet die jüngsten Ergebnisse stärker als die weiter zurückliegen-den, so dass die Schätzung stärker auf die aktu-elle Entwicklung reagiert als bei einem arithmeti-schen Mittel oder einem gleitenden Durchschnitt.

Diese Methode wird auch den Anforderungen der Schuldenbremse gerecht (vgl. Ziff. 6), da so verhindert werden kann, dass sich die erhebli-chen Schwankungen der Verrechnungssteuer auf den Ausgabenplafond des Budgets nieder-schlagen.

Der Bundesrat schlägt im Rahmen der Mass-nahmen zur Stärkung des schweizerischen Kapitalmarkts vor, auf die Erhebung der Verrechnungssteuer auf Erträge von sogenann-ten Spezialwandelanleihen, die der Stärkung des Eigenkapitals systemrelevanter Banken dienen, zu verzichten.

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8.3.3 Stempelabgaben

Grundlagen und ReformenMan unterscheidet zwischen folgenden Stempel-abgaben:

• Emissionsabgaben auf inländischen Wertpa-pieren, namentlich Aktien (Anteil am Gesamt-ertragimJahr2014:ca.10 %).

• Die Umsatzabgabe auf in- und ausländischen Wertpapieren(ca.60 %).

• Der Prämienquittungsstempel auf bestimmten Versicherungen(ca.30 %).

In den letzten Jahren war die Stempelabgabe Ge-genstand mehrerer gesetzlicher Anpassungen, die dazu dienten, den Schweizer Finanzplatz ge-genüber der ausländischen Konkurrenz zu stär-ken.

• Die Massnahmen beinhalten insbesondere die Befreiung von der Umsatzabgabe für einen Teil der institutionellen Anleger (vor allem die aus-ländischen institutionellen Anleger und die in- und ausländischen Anlagefonds). Ferner um-fassen sie die Aufhebung der Umsatzabgabe für den Handel mit Schweizer Wertpapieren (Bluechips) an ausländischen Börsen. Im Ge-genzug gelten seit dem 1.7.2001 inländische institutionelle Anleger als Effektenhändler und sinddamitsteuerpflichtig.

• 2005 wurden mit der Erhöhung der Freigrenze bei der Emissionsabgabe steuerliche Entlastun-gen auf der Emission von Aktien und GmbH-Anteilen verabschiedet. Ausserdem ist die Emis-sion von Fremdkapital (Anleihensobligationen, Kassenobligationen, Geldmarktpapiere) seit 2012 von der Emissionsabgabe befreit. Diese

Abgabebefreiung wurde im Rahmen der neu-en Grossbankenregelung «Too-big-to-fail» zur Stärkung des schweizerischen Kapitalmarkts gutgeheissen. Es ist wichtig festzuhalten, dass auch die Abgabe auf Eigenkapital in naher Zu-kunft zwecks Stärkung der Wettbewerbsfähig-keit des Unternehmensstandortes Schweiz im Rahmen der Unternehmenssteuerreform III ab-geschafft werden soll.

Ausschlaggebende FaktorenFür die Ertragsschätzung der Stempelabgaben sind folgende Bestimmungsgrössen massge-bend:

• Emissionsabgabe – Emission von Aktien und anderen Beteili-

gungsrechten (Neugründungen, Kapitaler-höhungen, Fusionen).

• Umsatzabgabe – Volumen der entgeltlichen Übertragung von

in- und ausländischen Wertpapieren durch inländische Wertpapierhändler (d.  h. Ban-ken nach Bankengesetz, Anlageberater und gewerbliche Vermögensverwalter, Schwei-zer Holdinggesellschaften).

– Börsentendenz (Wertpapierkurse). – Dollarkurs, Eurokurs.

• Prämienquittungsstempel – Umfang der steuerpflichtigen Versiche-rungsleistungen (Haftpflicht- und Kasko-versicherung für Motorfahrzeuge).

– Volumen der rückkaufsfähigen Lebensversi-cherungen gegen Einmalprämie.

– Prämiensätze.

Die Erträge aus den Stempelabgaben beliefen sichimJahr2014aufannähernd2,1 Milliarden.Mehr als die Hälfte dieses Ertrags entfällt auf

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dieUmsatzabgabe.Über80 ProzentdesErtragsaus den Umsatzabgaben entfallen auf Börsen-geschäfte mit ausländischen Wertpapieren, der Rest entfällt auf den Handel mit inländischen Ti-teln.DerUmfangdersteuerpflichtigenGeschäf-te hängt im Wesentlichen von der Eigendynamik der Börsenmärkte, den Renditeerwartungen, den Schwankungen der Zinssätze und Wechselkur-se sowie der wirtschaftlichen Entwicklung und den politischen Ereignissen ab. Dieser schwankt somit erheblich, so dass sich der Ertrag aus den Stempelabgaben als sehr volatil erweist. Da Pro-gnosen über die Börsentendenz und das Aus-massdersteuerpflichtigenGeschäftenichtmög-lich sind, wird für die Erstellung des Voranschlags und des Finanzplans auf eine allgemeine Trend-prognose zurückgegriffen, die sich auf bestimm-te Annahmen bezüglich der Konjunktur und des finanziellenUmfeldsabstützt.

Die Emissionsabgabe hängt ebenfalls von der wirtschaftlichen und finanziellen Entwicklungund somit von den Neugründungen und Restrukturierungen von Unternehmen ab sowie genereller vom Finanzbedarf der Unternehmen. Auch die Entwicklung der Zinssätze und die Er-wartungen der Finanzmärkte spielen hinsichtlich der Begebung und der Laufzeit neuer Anleihen eine Rolle. Der Ertrag der Emissionsabgabe unter-liegt vor allem im Bereich der Beteiligungsrechte ebenfalls starken Schwankungen. Die Schätzung ist deshalb mit hoher Unsicherheit behaftet.

Der Ertrag aus dem Prämienquittungsstem-pel hingegen weist nur geringfügige jährliche Schwankungen auf. Seine Schätzung beruht des-halb auf den letzten bekannten Ergebnissen.

8.3.4 Mehrwertsteuer

GrundlagenSteuerbasis der Mehrwertsteuer ist der inlän-dische Konsum. Gegenstand der Besteuerung sind alle Leistungen, die im Inland gegen Ent-gelt erbracht werden (und für die das Gesetz keine Ausnahmen vorsieht). Exporte sind dem-nach von der Steuerpflicht ausgenommen.Abrechnungspflichtig sind grundsätzlich selb-ständige Leistungserbringer, die einen Um-satzvon jährlichmehrals100000 Frankenaussteuerbaren Leistungen erzielen.

Die Mehrwertsteuer ist eine so genannte Allpha-sensteuer mit Vorsteuerabzug. Dies bedeutet, dass zwaraufdemgesamtensteuerpflichtigenUmsatzdie Mehrwertsteuer erhoben wird (Brutto-Steuer); der Steuerpflichtige kann dann aber von dieserBrutto-Steuer die auf den bezogenen Vorleistun-gen bezahlte Steuer abziehen (Vorsteuerabzug). Abzuliefern hat der Steuerpflichtige nur denNettobetrag, also die Differenz zwischen der Steu-er auf dem Umsatz und dem Vorsteuerabzug. Er-gibt sich ein Überschuss zu Gunsten des Steuer-pflichtigen,zumBeispielweilereinengrossenTeilseiner Produktion exportiert, so wird ihm dieser Betrag gutgeschrieben.

Nicht alle Leistungen werden gleich hoch be-steuert. Für die meisten Lieferungen von Güter und für nahezu alle Dienstleistungen gilt der Normalsatzvon8,0 Prozent.WarendestäglichenBedarfs werden nur mit dem reduzierten Satz von 2,5  Prozent belastet. BeherbergungsleistungenunterliegendemSondersatzvon3,8 Prozent.

Eine Reihe von Leistungen sind von der Mehr-wertsteuer ausgenommen, so namentlich in den Bereichen Gesundheit, Soziales, Bildung, Kultur, Geld- und Kapitalverkehr, Versicherungen, Ver-mietung von Wohnungen und Verkauf von Lie-genschaften. Wer solche Leistungen erbringt, hat kein Anrecht auf Vorsteuerabzug. Es besteht aber die Möglichkeit, gewisse ausgenommene Leistungen zu versteuern (Option). In diesem Fall gilt das Anrecht auf Vorsteuerabzug.

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Die Inlandumsätze werden grundsätzlich quar-talsweise abgerechnet. Nach Ablauf eines Quar-talshatderSteuerpflichtige60TageZeit,überdasQuartal abzurechnen und die geschuldete Steuer zu zahlen. Die Besteuerung der Warenimporte er-folgt laufend, sobald die Ware die Grenze über-schreitet. Dem grössten Teil der Importeure wird hierauf eine 60-tägige Zahlungsfrist zur Beglei-chungderSteuerschuldeingeräumt.Steuerpflich-tige mit regelmässig sehr hohen Vorsteuerüber-schüssen können monatlich abrechnen, wobei dem Bund wiederum 60 Tage Zeit bleiben, diese Forderungen zu begleichen. Schliesslich haben kleineundmittleresteuerpflichtigeUnternehmendie Möglichkeit, die geschuldete Steuer mit Hil-fe von Saldosteuersätzen zu ermitteln. Diese Sal-dosteuersätze variieren in Abhängigkeit der von denSteuerpflichtigenausgeübtenTätigkeiten.Siewerden so festgelegt, dass sich mit deren Anwen-dung die Ermittlung der Vorsteuer erübrigt, der Verwaltungsaufwand kann dadurch stark redu-ziert werden. Unternehmen, die Saldosteuersät-ze benutzen, müssen nur halb- statt vierteljährlich abrechnen.

Einnahmenprognose und ZweckbindungenAusgangslage für die Einnahmenschätzungen bil-den jeweils die Einnahmen des laufenden Jahres. Diese werden entsprechend den prognostizier-ten Zuwachsraten für das nominelle Wirtschafts-wachstum auf die Folgejahre hochgerechnet. Da-mit hängt die Schätzung der Mehrwertsteuer direkt mit den Konjunkturprognosen zusammen. Eine Änderung des nominellen Bruttoinlandprodukts wirkt sich proportional auf den geschätzten Steu-erertrag aus.

Die Mehrwertsteuereinnahmen werden konse-quent nach dem Forderungsprinzip verbucht, d.h. als Einnahmen gelten die gemäss den Ab-rechnungen geschuldeten Steuern. Davon muss erfahrungsgemäss ein Teil abgeschrieben werden – es entstehen Debitorenverluste, welche als Auf-wandsposition separat verbucht werden.

Ein Teil der Mehrwertsteuer ist zweckgebunden (rund23 %derEinnahmen)zugunstenvonAHVund IV sowie für die Krankenversicherung (in-dividuelle Prämienverbilligung) und den Fonds für Eisenbahngrossprojekte (FinöV-Fonds). Die zweckgebundenen Anteile enthalten ebenfalls Debitorenverluste – proportional zu ihrem Anteil an der Mehrwertsteuer. Die Ausbezahlung der Anteile, z.B. des Mehrwertsteuerprozents an die AHV, erfolgt nach Abzug der Debitorenverluste, da diese nicht für die Finanzierung von Aufgaben zur Verfügung stehen.

8.3.5 TabaksteuerDer Tabaksteuer unterliegen die im Inland ge-werbsmässig hergestellten, verbrauchsfertigen sowie die eingeführten, verbrauchsfertigen Tabak-fabrikate und Ersatzprodukte. Für im Inland her-gestellte Tabakfabrikate ist der Hersteller steuer-pflichtig. Die Steuerschuld entsteht, sobald dieProdukte für die Abgabe an den Verbraucher fer-tig verpackt sind. Für eingeführte Tabakfabrikate istderZollschuldnersteuerpflichtig,unddieSteu-erschuld entsteht im Zeitpunkt der Überführung der Produkte in den zollrechtlich freien Verkehr.

Die Tabaksteuer wird pro Stück und in Prozent des Verkaufspreises erhoben (Mischtarif); Sie ist damit preis- und mengenabhängig. Die Kom-petenz des Bundesrats zur Erhöhung der Tabak-steuer auf Zigaretten wurde mit der letzten Er-höhung vom 1.4.2013 vollständig ausgeschöpft. Eine weitere Erhöhung würde eine Gesetzesän-derung bedingen.

Die massgeblichen Faktoren für die Zigaretten-verkäufe und somit für die Einnahmen aus der Tabaksteuer sind

• die Preisunterschiede im Vergleich zu den Nachbarländern (Tourismus, Grenzverkehr),

• die Möglichkeiten eines Wechsels zu einem tiefer (Billigzigaretten, Feinschnitttabak, Snus etc.) oder gar nicht besteuerten (E-Zigaretten) Alternativprodukt sowie,

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• die Massnahmen der öffentlichen Hand zur Verringerung des Tabakkonsums.

Seit einigen Jahren ist die Zigarettenproduktion fürdeninländischenMarktrückläufig.DerErtragerreichte im Jahr 2012 mit 2,4 Milliarden den HöchstwertundwirdimJahr2016auf2,1 Milli-arden budgetiert. Für die Schätzung der zukünf-tigen Erträge wird davon ausgegangen, dass die Zigarettenverkäufe weiterhin schrittweise um zwei Prozent pro Jahr zurückgehen werden.

Die Tabaksteuer leistet einen wichtigen Beitrag an die Finanzierung des Bundesbeitrages an die AHV/IV.

8.3.6 MineralölsteuerDie Mineralölsteuer ist eine Verbrauchssteuer und umfasst

• eine Mineralölsteuer auf Erdöl, anderen Mine-ralölen, Erdgas und den bei ihrer Verarbeitung gewonnenen Produkten sowie auf Treibstoffen;

• einen Mineralölsteuerzuschlag auf Treibstoffen;

Die massgeblichen Faktoren für die Entwicklung der Einnahmen aus der Mineralölsteuer sind die folgenden:

• Der Motorfahrzeugbestand wuchs in den vergangenen Jahren stetig. So betrug die Zunahme im vergangenen Jahrzehnt rund 1,6 ProzentproJahr,wobeidieAnzahlderPer-sonenwagen im Durchschnitt um 1,4 Prozent pro Jahr zulegte.

• Mit dem Fahrzeugbestand nahm auch die Anzahl der zurückgelegten Kilometer zu. Der Durchschnitt pro Fahrzeug war bei den Perso-nenwagen allerdings in den vergangenen Jah-renleichtrückläufig.

• Der durchschnittliche Verbrauch neuer Fahr-zeuge ist im Allgemeinen geringer als derje-nige der alten Fahrzeuge derselben Kategorie.

Über den ganzen Fahrzeugpark gesehen, sinkt der durchschnittliche Treibstoffverbrauch seit längerem. Der Verbrauch der eingelös-ten neuen Personenwagen betrug 2014 noch 6,11 l/100  km, was CO2-Emissionen von durchschnittlich 142 g/km entspricht (2005: 7,67 l/100kmoder189 g/km).

• Die Preisunterschiede zu den Nachbarlän­dern beeinflussendenBenzintourismusindenGrenzgebieten.

• Ein Konjunkturaufschwung bringt tendenziell einen Mehrverbrauch an Treibstoff. In einem Konjunkturabschwung ist das Gegenteil der Fall.

IndenkommendenJahrenwirdderEinflussdessinkenden Verbrauchs auf die Einnahmen aus der Mineralölsteuer noch zunehmen. Im Rahmen des ersten Massnahmenpakets zur Energiestrategie 2050 werden die CO2-Emissionsvorschriften für neue Personenwagen bis 2020 auf 95 g/km ge-senkt. Zudem werden die Vorschriften auf Liefer-wagen und leichte Sattelschlepper ausgeweitet (bis 2020 auf 147 g/km).

Die Einnahmen aus der Mineralölsteuer wer-den im 2016 mit 4,8 Milliarden veranschlagt, dies entspricht 7,2 Prozent der geschätz-ten Bundeseinnahmen. Davon entfallen rund 2,9  Milliarden auf die Mineralölsteuer (AnteilBrennstoffe: 20 Mio.) und 1,9 Milliarden auf den Mineralölsteuerzuschlag. Die Hälfte der Mi-neralölsteuer und der gesamte Mineralölsteuer-zuschlag sind für Aufgaben im Zusammenhang mit dem Strassenverkehr zweckgebunden. Der Rest des Reinertrags ist für allgemeine Aufwen-dungen des Bundeshaushaltes bestimmt. Davon ausgenommen sind seit 2011 die Einnahmen aus derMineralölsteuer auf Flugtreibstoff.Hier flie-ssen die Hälfte der Grundsteuer sowie der ge-samteSteuerzuschlagindieSpezialfinanzierungLuftverkehr, der Rest ist ebenfalls für allgemeine Aufwendungen des Bundeshaushaltes bestimmt.

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Sofern Parlament und Volk der Vorlage zu-stimmen, soll ab 2018 der unbefristete, auf Verfassungsstufe verankerte Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrsfonds (NAF) in Kraft gesetzt werden. In diesem Zusammenhang soll der seit 1974 unveränderte Mineralölzuschlag um 6 Rappen erhöht werden (vgl. Ziff. 11.2.3). Die Einnahmen aus der Mineralölsteuer haben 2008 ihr Maximum (5,2 Mrd.) erreicht und ge-hen seither zurück, da der durchschnittliche Treibstoffverbrauch sinkt.

8.3.7 SchwerverkehrsabgabeDer Bund erhebt seit dem 1.1.2001 für die Be-nützung der dem allgemeinen Verkehr ge-öffneten Strassen auf in- und ausländischen Motorfahrzeugen und Anhängern mit einem Gesamtgewichtvonjeüber3,5 Tonneneineleis-tungsabhängige Schwerverkehrsabgabe (LSVA). Die LSVA ersetzte die seit 1985 bestehende pau-schale Schwerverkehrsabgabe.

Die Abgabe bemisst sich nach dem höchstzuläs-sigen Gesamtgewicht des Fahrzeugs sowie den gefahrenen Kilometern. Der Tarif wird zudem aufgrund der EURO-Schadstoffklassen abgestuft. Bei einer Fahrt von 300 Kilometern beispielswei-se beträgt die Abgabe für ein 40 Tonnen-Fahr-zeug in der günstigsten Abgabekategorie rund 270 Franken.

Auf bestimmten Fahrzeugarten wird die Abgabe pauschal erhoben. Dazu gehören insbesondere die schweren Fahrzeuge für den Personentrans-port (z.B. Reisecars). Gewisse Fahrzeuge sind voll-ständig von der Abgabe befreit (z.B. Militär, Poli-zei, Feuerwehr, Ambulanzen).

Für die Ertragsschätzung sind folgende Bestim-mungsgrössen massgebend:

• Entwicklung des Schwerverkehrs• Entwicklung des Fahrzeugparks• Tarifänderungen

Der Ertrag der LSVA hat sich seit deren Einführung im Jahr 2001 mehr als verdoppelt. Zurückzuführen ist dieser deutliche Anstieg auf die Zunahme des Schwerverkehrs sowie Tariferhöhungen. Die der Abgabe unterliegende Verkehrsleistung, gemes-sen in Bruttotonnenkilometern, hat sich zwischen 2001und2014umdurchschnittlich1,6 Prozentpro Jahr erhöht. Im gleichen Zeitraum hat das rea-leBIPimSchnittum1,8 Prozentzugelegt.

Die LSVA-Tarife wurden seit der Einführung der Abgabe zweimal erhöht. Die erste, umfang-reiche Anpassung wurde im Jahr 2005 vorge-nommen, zeitgleich mit der Bewilligung der 40 Tonnen-Fahrzeuge,diezweiteimJahr2008.In beiden Jahren erfolgte zusammen mit der Tarifanpassung jeweils auch eine Neuzuordnung der EURO-Fahrzeugklassen in die drei Abgabeka-tegorien.

Anpassungen am Tarif erfolgten auch im Jahr 2012. Für Fahrzeuge, die mit Partikelfilternnachgerüstet werden sowie Fahrzeuge der Emissionsklasse EURO 6 wurde ein Rabatt von 10  Prozent eingeführt. Gleichzeitig wurde derTarif an die Teuerung angepasst. Die Berück-sichtigung der Teuerung ist nach Artikel 42 des Landverkehrsabkommens zwischen der Schweiz und der EU vorgesehen.

Eine wichtige Rolle für die Einnahmenentwicklung spielt auch die Zusammensetzung des Fahrzeug-parks. Der Erneuerungsprozess hin zu weniger umweltbelastenden und damit weniger stark besteuerten Fahrzeugen führt zu einem Rück-gang der Einnahmen. Zwischen 2008 und 2014 ist der Anteil der Fahrzeuge in der günstigsten Abgabekategorie am Total der Bruttotonnenkilo-meter von rund einem Drittel auf etwa 90 Prozent angestiegen. Angesichts dieser Entwicklung ist vor-gesehen, ab 2017 eine Neuzuordnung der EURO- Fahrzeugklassen in die drei Abgabekategorien vorzunehmen.GleichzeitigsollderEURO 6Rabattnicht mehr weitergeführt werden.

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8 Einnahmen und Erträge

82

Der Ertrag aus der LSVA ist zweckgebunden. Nach Abzug der Debitorenverluste sowie der Entschädigung der Kantone für den Vollzug der LSVA und die polizeilichen Kontrollen wird ein Drittel den Kantonen und zwei Drittel dem Bund zugewiesen.DerBundesanteilflossbis2010voll-ständig in den FinöV-Fonds. Seit 2011 wird ein Teil – wie in Artikel 85 Absatz 2 der Bundesver-fassung vorgesehen – zur Deckung der vom Stra-ssenverkehr verursachten (externen) Kosten ver-wendet und den für den Bundesbeitrag an die individuelle Prämienverbilligung bestimmten Mit-teln zugewiesen (Voranschlag 2016: 52 Mio.).

8.3.8 ZölleEingeführte Waren müssen nach geltendem Zoll-tarif verzollt werden. Vorbehalten bleiben Aus-nahmen, welche eine teilweise oder vollständige Befreiung vorsehen, die sich aus Freihandels-abkommen, besonderen Bestimmungen in Ge-setzen sowie Verordnungen des Bundesrats er-geben. Auf der Einfuhr von Automobilen sowie Treibstoffen und anderen mineralölhaltigen Pro-dukten werden keine Einfuhrzölle, sondern inter-ne Verbrauchssteuern erhoben.

Soweit nicht durch Gesetz oder besondere Vor-schriften etwas anderes verfügt wird, bestimmt sich der Zollbetrag nach Art, Menge und Beschaf-fenheit der Ware im Zeitpunkt, in dem sie unter Zollkontrolle gestellt worden ist. Der Zollbetrag trägt der Preisentwicklung der Ware nicht Rech-nung. Die relative Belastung der eingeführten Waren sinkt deshalb bei steigendem Preisniveau kontinuierlich.

Die Schätzung für Voranschlag und Finanzplan orientiert sich an den Ergebnissen der letzten Jahre sowie der Einnahmenentwicklung in den ersten Monaten des laufenden Jahres. Ebenfalls herbeigezogen werden die Erwartungen über die Wirtschaftsentwicklung. Die Erfahrung der letz-ten Jahre zeigt allerdings, dass die Zolleinnahmen nur mässig auf die konjunkturelle Entwicklung reagieren.

Weiter werden auch die Auswirkungen von Zollabbauübereinkommen und Frei handelsab-kommen berücksichtigt. Die Schweiz verfügt – neben dem EFTA-Übereinkommen und dem Frei-handels abkommen mit der EU – über ein Netz von 28 Freihandelsabkommenmit38Partnernausser-halb der Europäischen Union (Stand September 2015). Die Abkommen werden normalerweise im Rahmen der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) abgeschlossen. Dennoch hat die Schweiz die Möglichkeit, Freihandelsabkommen auch au-sserhalb der EFTA abzuschliessen, wie beispiels-weise im Fall Japans oder Chinas.

Der Ertrag aus den Einfuhrzöllen beträgt etwas mehr als eine Milliarde und ist seit Jahren re-lativ stabil. Für die kommenden Jahre wird mit leicht rückläufigen Erträgen gerechnet. DieseEntwicklung ist zum einen auf den Rückgang der Zolleinnahmen im Agrarbereich zurückzu-führen, der nur teilweise durch den Anstieg der Erträge aus Industriezöllen kompensiert wird. Da-neben ergeben sich grössere Einnahmenausfälle aus dem voraussichtlich am 1.1.2017 in Kraft tretenden Übereinkommen über den Handel mit Waren der Informationtechnologie sowie dem im Jahr 2017 erwarteten Abschluss eines Freihandelsabkommens zwischen den EFTA-Staa-ten und Indien.

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8 Einnahmen und Erträge

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8.4 Einnahmenprognosen

8.4.1 GrundlagenMit Einführung der Schuldenbremse im Jahr  2003 haben die Einnahmenschätzungenim Budgetprozess eine erhöhte Bedeutung er-halten. Die Ausgaben des Bundes richten sich seither nach den konjunkturell bereinigten Ein-nahmen des entsprechenden Jahres. Zusam-men mit den Konjunkturprognosen sind die Einnahmenschätzungen somit zentral für die ausgabenseitigen Vorgaben. Im Nachhinein fest-gestellte Fehler bei den Einnahmenschätzungen werden – soweit sie nicht auf Fehler bei der Konjunkturprognose zurückzuführen sind – auf dem Ausgleichskonto festgehalten: Werden die Einnahmen unterschätzt, führt dies zu einer Gutschrift auf dem Ausgleichskonto. Im umge-kehrten Fall wird das Ausgleichskonto belastet. Gemäss dem Konzept der Schuldenbremse soll-ten sich die Gutschriften und Belastungen des Ausgleichskontos die Waage halten. Dies be-dingt allerdings, dass sich die Prognosefehler der Einnahmen (und auch der Ausgaben) im Zeitab-lauf kompensieren. Nur so kann eine permanen-teÄufnungvonÜberschüssenoderDefizitenimAusgleichskonto verhindert werden.

Wie jede Voraussage zukünftiger Ereignisse ist die Budgetierung der Einnahmen und Ausga-ben mit Unsicherheiten behaftet. Im Interesse ei-ner kohärenten Finanzplanung gilt es, die unver-meidlichen Abweichungen zwischen Plan- und Rechnungszahlen in möglichst engen Grenzen zu halten. Dabei stellt sich das Prognoseproblem bei den Einnahmen schärfer als bei den Ausga-ben. Das liegt in der unterschiedlichen Natur der beiden Grössen. Die budgetierten Einnahmen stellen eigentliche Erwartungsgrössen dar. Ihre Bestimmungsgründe liegen meist ausserhalb des EinflussbereichesvonBundesratundVerwaltung.Sie sind damit weder bei der Budgetierung und Finanzplanung noch beim Budgetvollzug steuer-bar. Die budgetierten Ausgaben hingegen sind das Ergebnis staatlichen Handelns. Bundesrat

und Parlament legen sie als verbindliche Vorgabe fest, zum Beispiel in Form rechtlicher Erlasse oder mehrjähriger Sachplanungen.

Die Einnahmenprognosen basieren in der Regel auf zwei Elementen: Einem Modell, welches be-schreibt wovon die Einnahmenentwicklung ab-hängt, und einer Prognose der entsprechenden Parameter, insbesondere der wirtschaftlichen Entwicklung:

• Die für die Einnahmenschätzung verwende-ten Modelle sind im Laufe der Jahre wesent-lich verfeinert worden und haben sich bei ih-rer Anwendung auf Vergangenheitszahlen als recht zuverlässig erwiesen. So konnten die Abweichungen zwischen Voranschlag und Rechnung in den letzten zwanzig Jahren in den meisten Fällen auf einige hundert Millio-nen oder wenige Prozent beschränkt werden. Die grosse Ausnahme stellt die Prognose der Verrechnungssteuer dar, welche auf äusserst volatilen Zahlen beruht.

• Die Prognose der wirtschaftlichen Bestim-mungsgrössen ist das eigentliche Hauptprob-lem jeder Einnahmenschätzung. Wie die Erfah-rungen der letzten Jahre gezeigt haben, kann sich das Verhalten der gesamtwirtschaftlichen Grössen innert kurzer Zeit grundlegend än-dern. Die Qualität der Einnahmenschätzungen hängen somit zum Grossteil von der Qualität der verfügbaren Wirtschaftsprognosen ab.

Für das Budget ist eine Prognose des Wirt-schaftsverlaufes über einen Zeitraum von bis zu 1½ Jahren nötig, da die Planung ein halbes Jahr vor Beginn des Budgetjahres erfolgt. Der Bun-desrat stützt sich dabei auf die Expertengruppe Konjunkturprognose des Bundes ab. Für den Fi-nanzplan sind darüber hinaus Annahmen über einen Zeitraum von 4½ Jahren nötig. Dafür ist die Verwaltung auf interne Schätzungen angewie-sen. Diese sind wegen des langen Prognoseho-rizonts mit einer grossen Unsicherheit behaftet.

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8 Einnahmen und Erträge

84

8.4.2 Top-down-Plausibilitätsprüfung der Einnahmenschätzung

Die Einnahmenprognosen werden nach Einnahmenart separat erstellt. Der Zusammenzug der Einzelprognosen ergibt dann eine Schätzung der Gesamteinnahmen, welche gewisserma-ssen von unten nach oben vorgenommen wur-de (Bottom-up Verfahren). Die EFV plausibilisiert diese Schätzung durch Top-down Ansätze. Dazu müssen zunächst die Auswirkungen von gesetz-lichen Massnahmen wie etwa Steuererhöhungen bereinigt werden. Diese Bereinigung ermöglicht einen direkten Vergleich mit dem Verlauf von volkswirtschaftlichen Indikatoren, zum Beispiel mit dem BIP. Dabei kann überprüft werden, ob und wie konjunkturelle Schwankungen in den Einnahmenschätzungen zum Ausdruck kom-men. Die Überprüfung kann auf unterschiedliche Art und Weise vorgenommen werden. Eine aus-führliche Top-Down Schätzung kann durch die Verwendung eines makroökonomischen Modells erfolgen. Dieses unterscheidet ebenfalls einzelne Einnahmenkomponenten und setzt sie in Relation zu verschiedenen volkswirtschaftlichen Bestim-mungsgrössen. Eine einfache Plausibilisierungs-grösse stellt auch die Aufkommenselastizität der Bundeseinnahmen dar. Dabei handelt es sich um eine Zahl, welche ausdrückt, um wieviel Prozent sich die Bundeseinnahmen verändern, wenn sich das nominelle BIP um ein Prozent verändert. Eine Elastizität von zwei bedeutet zum Beispiel, dass die Einnahmen doppelt so stark wachsen wie das BIP. In einzelnen Jahren kann dieses Verhältnis stark schwanken, weil nicht alle Änderungen der Einnahmen auf die BIP-Konjunktur zurückgeführt werden können. Bei der Prognose wird eine BIP-Elastizitätvoneinsalsrealistischerachtet,signifi-kante Abweichungen davon müssten zumindest begründet werden können.

8.4.3 Qualität der EinnahmenschätzungenDie Qualität der Einnahmenschätzungen des Bundes lässt sich grundsätzlich nicht an der Budgetgenauigkeit eines einzelnen Jahres fest-machen. Wie bereits erwähnt, sind die Einnah-menschätzungen mit zahlreichen Un sicher heiten

verbunden, die sich meistens dem Einflussbe-reich von Bundesrat und Verwaltung entziehen. Diese Unsicherheiten können zu hohen Abwei-chungen zwischen den effektiv realisierten und den im Voranschlag budgetierten Einnahmen führen. Jährliche Budgetabweichungen in der Höhe von mehreren hundert Millionen sind da-her eher die Regel als die Ausnahme. Von ent-scheidender Bedeutung ist allerdings, dass sich diese Budgetabweichungen im Zeitablauf aus-gleichen. Dies setzt voraus, dass die budgetier-ten Einnahmen eine erwartungstreue Schätzung für die tatsächlich realisierten Einnahmen darstel-len. Mit anderen Worten muss sichergestellt wer-den, dass die Einnahmen des Bundes weder sys-tematisch über- noch unterschätzt werden. Um ein differenziertes und umfassendes Urteil über die Einnahmenschätzungen zu fällen, sollte de-ren Qualität daher über einen längeren Zeitraum untersucht werden.

DienachfolgendeGrafikveranschaulichtdieFeh-ler bei der Prognose der ordentlichen Einnahmen des Bundes seit Einführung der Schuldenbremse im Jahr 2003. Die Prognosefehler sind in Prozent des Voranschlagswertes ausgedrückt, um einen unverzerrten Vergleich über die Zeit zu ermögli-chen. Ein positiver Prognosefehler bedeutet, dass die Einnahmen unterschätzt worden sind bzw. dass die effektiven Einnahmen den Budgetwert übertroffen haben. Ein negativer Prognosefehler entspricht demgegenüber einer Überschätzung derEinnahmen.ImJahr2003findetsichmitei-nemnegativen Prognosefehler von 7,3  Prozentdie grösste Überschätzung der ordentlichen Ein-nahmen. Hingegen wurden die Einnahmen im Jahr 2008 mit einem positiven Prognosefehler von10,2 Prozentamstärkstenunterschätzt.

Prognosefehler im DetailUm die Qualität der Einnahmenschätzung über einen längeren Zeitraum zu veranschauli-chen, kann auf den durchschnittlichen absolu-ten Prognosefehler als einfaches Mass abgestellt werden. Seit Einführung der Schuldenbremse be-trägt dieser für die ordentlichen Einnahmen des

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8 Einnahmen und Erträge

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Bundes 4,0  Prozent. Somit werden die Einnah-men jedes Jahr durchschnittlich um 4,0  Prozentdes Voranschlagswertes über- oder unterschätzt. Hinter dieser Zahl verbergen sich allerdings gro-sse Unterschiede zwischen den verschiedenen Ein-nahmenkategorien.

Von den grossen Fiskaleinnahmen waren im sel-ben Zeitraum die Schätzungen der Mineralöl-steuereinnahmen am genausten: Hier wurden dieEinnahmendurchschnittlichnurum1,4 Pro-zent des Voranschlagswertes über- oder unter-schätzt. Dicht dahinter folgen die Schätzun-gen der Mehrwertsteuereinnahmen mit einem durchschnittlichen absoluten Prognosefehler von 1,7  Prozent. Während die Genauig-keit der Einnahmenschätzungen der direkten Bundessteuer (4,4  %) im Vergleich zu denGesamteinnahmen nur wenig schlechter ausfällt, sind bei den Stempelabgaben und insbesondere bei der Verrechnungssteuer deutliche Ausreisser zu beobachten: Die durchschnittlichen absolu-ten Prognosefehler betragen bei diesen Einnah-men8,3Prozentbeziehungsweise37,9 Prozent.Sie widerspiegeln die starke Volatilität dieser Einnahmen: Die Stempelabgaben unterliegen den Turbulenzen der Aktienmärkte und den ho-hen Fluktuationen der Emissionsvolumen. Der Verrechnungssteuerertrag weist seit vielen Jahren grosse unvorhergesehene Schwankungen auf, was eine genaue Prognose unmöglich macht. Zur Verdeutlichung: Der Ertrag dieser Steuer stieg von4,2 MilliardenimJahr2007auf6,5 Milliar-denimJahr2008(+53 %),umimfolgendenJahrauf4,4 Milliardenzurückzufallen,wasnatürlichdenPrognosefehlerwesentlichbeeinflussthat.

Prognosefehler 2003–2014: konjunkturelles MusterDie blau hinterlegten Flächen in der folgen-den Grafik markieren die Jahre, in denen sichdie Schweizer Volkswirtschaft in einer Rezes-sion befand. Als Rezession wird in diesem

ZusammenhangeinePhasedefiniert,indersichdie Schweiz in einer gesamtwirtschaftlichen Unterauslastung befand und die Wachstums-rate des realen Bruttoinlandprodukts unter ih-rem langfristigen Potenzial lag. Mit dieser Dar-stellung lässt sich ein Muster in der Entwicklung der Prognosefehler erkennen: So werden die Bundeseinnahmen während eines wirtschaftli-chen Abschwungs tendenziell überschätzt (nega-tiver Prognosefehler) und in der nachfolgenden Aufschwungsphase eher unterschätzt (positiver Prognosefehler). Über einen Konjunkturzyklus hinweg dürften sich diese Schätzfehler gegen-seitig aufwiegen. Dies war auch in den ver-gangenen zehn Jahren annähernd der Fall. So summieren sich die negativen und positiven Prognosefehler bei den ordentlichen Einnah-men auf lediglich 12,8  Milliarden. Dies ent-spricht, bezogen auf die insgesamt vereinnahm-ten ordentlichen Einnahmen des Bundes in dieser Zeitperiode(rund 700 Mrd.),einemdurchschnitt-lichenPrognosefehlervon1,9 Prozent.Mitande-ren Worten wurden die ordentlichen Einnahmen seit2003durchschnittlichum1,9 Prozentzutiefgeschätzt. Allerdings ist dieser Mittelwert statis-tischgesehennichtsignifikantvonnullverschie-den, d.h. die Einnahmen wurden weder systema-tisch über- noch unterschätzt.

Abhängigkeit von WirtschaftsprognosenIn der Grafik sind ebenfalls die Fehler bei derPrognose des nominalen Bruttoinlandproduktes abgetragen (graue Vierecke). Dieser berech-net sich als prozentuale Differenz zwischen dem zum Zeitpunkt der Budgetierung erwar-teten nominalen BIP (Niveau in Mrd.) und dem tatsächlich realisierten nominalen BIP gemäss der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung des Bundesamtes für Statistik (2014: vorläufigeSchätzung des SECO). Hier zeigt sich wie stark die Güte der Einnahmenschätzungen von den Wirtschaftsprognosen abhängt.

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8 Einnahmen und Erträge

86

-12

-8

-4

0

4

8

12

03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14

Prognosefehler der ordentlichen Einnahmen in % der Einnahmen resp. des nom. BIP gemäss Voranschlag

Prognosefehler Einnahmen Prognosefehler nom. BIP Wachstumsschwäche oder Rezession

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9 Struktur der Ausgaben und Aufwände

87

9.1 Gliederung

9.1.1 GliederungsartenDie Ausgaben und Aufwände des Bundes kön-nen nach drei unterschiedlichen Gesichtspunkten gegliedert werden:

• Institutionelle Sicht (nach Organisationsstruktur)• Funktionale Sicht (nach Aufgabengebieten) • Kontensicht (nach Kostenarten)

Im dualen Rechnungsmodell des Bundes ist die Finanzierungsrechnung auf die finanzpolitischeGesamtsteuerung ausgerichtet, während die Er-folgsrechnung der Verwaltungs- und Betriebs - führung dient. Entsprechend erfolgt die funktio-nale Gliederung in der Finanzie rungs sicht, d.h. sie teiltdieAusgaben(finanzierungswirksamerAuf-wand und Investitionen) auf die Aufgabengebiete

auf, um die ausgabenpolitischen Prioritäten zum Ausdruck zu bringen. Die institutionelle Sicht und die Kontensicht hingegen basieren auf der Erfolgsrechnung, da hier die betriebliche Füh-rung im Fokus steht. Dabei werden bei der in-stitutionellen Sicht auch die Aufwände aus der bundesinternen Leistungsverrechnung (LV) ein-gerechnet, während diese in der Kontensicht wegfallen, da sie sich über den Gesamthaushalt hinweg aufheben.

9.1.2 Institutionelle SichtDie institutionelle Sicht bildet die Aufwände und Investitionen des Bundes gegliedert nach Departementen und Verwaltungseinheiten ab. Damit gibt sie Auskunft darüber, in welchem De-partement bzw. in welcher Verwaltungseinheit welche Mittel eingestellt sind. Sie bildet die Ba-sis für die Kreditsprechung durch das Parlament.

22%30% 31% 33%

14%

16% 17% 14%15%

14%14% 14%9%

8%10% 11%

10%

9%

10% 10,2%19%

10%7% 7%

5% 5% 4% 5%8% 8% 6% 5%

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

1990 2000 2010 2016

Entwicklung der Aufgabenstruktur 1990–2016 Anteile in %

Landwirtschaft

Beziehungen zum Ausland

Landesverteidigung

Übrige Aufgabengebiete

Bildung und Forschung

Verkehr

Finanzen und Steuern

Soziale Wohlfahrt

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9 Struktur der Ausgaben und Aufwände

88

Die Kommentierung und Begründung der ein-zelnen Kredite erfolgt ebenfalls in dieser Sicht. Da sich die verschiedenen Verwaltungseinheiten hinsichtlich ihrer Aufgaben und Tätigkeiten un-terscheiden, können sie nur beschränkt vergli-chen werden.

9.1.3 Funktionale SichtDie Gliederung nach Aufgabengebieten gibt Auf-schluss darüber, wofür der Bund seine Mittel ver-wendet. Der Bundeshaushalt gliedert sich in der funktionalenSichtweiseinrund50 Aufgaben,diein13 Aufgabengebietegruppiertwerden.

Ein Blick auf die Entwicklung der Ausgaben nach Aufgabengebieten seit 1990 zeigt erhebliche Verschiebungen im Mitteleinsatz des Bundes. Der Anteil der Ausgaben für die soziale Wohl-fahrt an den Gesamtausgaben ist seit 1990 stetig gewachsen, mit weiter steigender Tendenz; 1990 betrugderAnteilnoch22 Prozent,2016dürfteer bei 33  Prozent zu liegen kommen. Ebenfallsan Gewicht gewonnen (von 9% auf 11%) hat die Bildung und Forschung, die seit Jahren sehr hohe Wachstumsraten aufweist. Demgegenüber gehen die Anteile der Landwirtschaft (von 8%

auf 5%) und vor allem der Landesverteidigung (von 19% auf 7%) deutlich zurück. Der Bereich Finanzen und Steuern wies insbesondere in den 1990er und 2000er-Jahren ein starkes Wachs-tum aus und drohte aufgrund seiner starken Gebundenheit auch, andere Aufgaben aus dem Haushalt zu verdrängen; insbesondere die tiefen Zinsen, aber auch der Schuldenabbau der ver-gangenen Jahre haben dazu beigetragen, dass der Anteil dieses Aufgabengebiets derzeit wie-der gleich hoch liegt wie 1990. Die Ausgaben für den Verkehr und für die Beziehungen zum Aus-land sowie die übrigen Aufgabengebiete wuch-sen über den betrachteten Zeitraum etwa gleich schnell wie der Gesamthaushalt. Entsprechend blieben diese Ausgabenanteile stabil.

Für die Legislaturperiode 2015–2019 ist von einem durchschnittlichen jährlichen Aus gaben wachstum vonrund3 Prozentauszugehen.DashoheWachs-tum ist hauptsächlich auf verschiedene neue – gröss-tenteilsmitMehreinnahmenfinanzierte–Aufgabenund Vorhaben zurückzuführen: die Einführung des Bahninfrastrukturfonds und des Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrs-Fonds (Verkehr), die Integration des Netzzuschlagsfonds in den Bun-

Ordentlicher Aufwand nach Kontengruppen in Mrd. und Anteile in %Total gemäss Voranschlag 2016: 66,7 Mrd.

Eigenaufwand13,3 Mrd.

Finanzaufwand1,8 Mrd.

Transferaufwand51,4 Mrd.

20,0

3,0

77,0

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9 Struktur der Ausgaben und Aufwände

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deshaushalt (Wirtschaft/übrige Aufgabengebiete), die Unternehmenssteuerreform  III (Finanzen undSteuern) mit der vorgesehenen Erhöhung des Kantonsanteils an der direkten Bundessteuer sowie die Reform der Altersvorsorge mit der vorgesehe-nen Erhöhung der Mehrwertsteuer (Soziale Wohl-fahrt). Ohne diese Vorhaben fällt das durchschnitt-liche Ausgabenwachstum rund einen Prozentpunkt tiefer aus und liegt unter dem erwarteten nomina-len Wirtschaftswachstum.

9.1.4 KontensichtDie Kontensicht gibt Auskunft darüber, wie der Bund seine Aufgaben erfüllt. Zu unterscheiden sind dabei grundsätzlich zwei Möglichkeiten: Der Bund kann seine Aufgaben selbst erfüllen (Eigenaufwand) oder die Aufgabenerfüllung teilweise oder vollständig an Dritte delegieren (Transferaufwand). Der Bund nimmt seine Auf-gaben vor allem in jenen Bereichen selber wahr, in denen zentralstaatliche Aufgaben zu erfül-len sind (bspw. Landesverteidigung, Aussen-politik, Zoll). Der Anteil des Eigenaufwands am Gesamtaufwand beträgt knapp 20 Prozent. In anderen Aufgabengebieten delegiert der Bund die Aufgabenerfüllung und stellt die dafür

nötigenMittelzurVerfügung.Fast80 Prozentdes gesamten Aufwands sind dieser Kategorie zu-zuordnen. Der Bundeshaushalt ist somit ein Transferhaushalt. Der Anteil des Finanzaufwands schliesslichbeträgtknapp3 Prozent.

EigenaufwandDer Eigenaufwand des Bundes umfasst den Personalaufwand, den Sach- und Betriebsaufwand (inkl. Betrieb und Unterhalt Nationalstrassen), den Rüstungsaufwand sowie die Abschreibun-gen auf Sachanlagen und immateriellen Anla-gen. Seit der Jahrtausendwende ist der Anteil dieser Aufwandart am Gesamthaushalt in etwa gleich geblieben (leicht unter 20%). Während der Personalaufwand, der Sach- und Betriebsaufwand sowie die Abschreibungen (hauptsächlich bedingt durch Eigentumsübertragung der Nationalstra-ssen an den Bund per 2008 sowie den höheren Informatikaufwand) in diesem Zeitraum angestie-gen sind, verzeichnet der Rüstungsaufwand einen starken Rückgang.

Gut 40  Prozent des Eigenaufwands entfallen auf den Personalaufwand. Darin enthalten sind neben den Löhnen für das Bundespersonal

Eigenaufwand in Mrd. und Anteile in %Total gemäss Voranschlag 2016: 13,3 Mrd.

Personalaufwand5,6 Mrd.

Sach- und Betriebsaufwand4,5 Mrd.

Rüstungsaufwand1,0 Mrd.

42,0

8,0

17,0

33,0

AbschreibungenVerwaltungsvermögen

2,3 Mrd.

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9 Struktur der Ausgaben und Aufwände

90

(VA 2016: rund35 000Vollzeitäquivalente)dieArbeitgeberbeiträge und -leistungen (AHV, IV, EO, 2.  Säule, etc.) sowie die Ausgaben für dieWeiterbildung des Bundespersonals.

Der Sach- und Betriebsaufwand umfasst etwa einen Drittel des Eigenaufwands des Bundes. Darin enthalten sind u.a. der Unterhalt der bun-deseigenen Liegenschaften, die Informatik, der Beratungsaufwand, der Betriebsaufwand der Ar-mee sowie der Betrieb und Unterhalt der National-strassen. Knapp ein Fünftel des Eigenaufwandes entfällt auf Abschreibungen, hauptsächlich auf Nationalstrassen und Gebäuden des Bundes. Der Rüstungsaufwandmachtschliesslichrund8 Pro-zent des Eigenaufwands aus.

TransferaufwandIm Transferaufwand sind sämtliche Beiträge des Bundes an Dritte zusammengefasst. Im Vor- anschlag2016fallen51 Milliardenresp.77 Pro-zent des ordentlichen Aufwands in diese Aufwandkategorie. Sie setzt sich aus folgenden Kontengruppen zusammen:

• Beiträge an Sozialversicherungen: Rund ein Drittel des Transferaufwands wird für die Fi- nanzierung der Sozialversicherungen (Bei-träge an AHV/IV/ALV sowie die individuelle Prämienverbilligung) verwendet.

• Beiträge an Dritte: Rund30 Prozentdes Trans-feraufwandes gehen an Kantone, private Orga-nisationen sowie Privatpersonen. Darin enthal-ten sind insbesondere auch die Bundesbeiträge an die Finanzausgleichsgefässe (Ressourcen- und Lastenausgleich, Härteausgleich) sowie die Bei-träge an internationale Organisationen.

• Anteile Dritter an Bundeserträgen: Bei diesen Transferzahlungen handelt es sich um Steuern und Abgaben oder Teile davon, die direkt an die Kantone (z.B. Anteil an der direkten Bundessteuer), die AHV (z.B. Anteil an der Mehr-wertsteuer) oder die Bevölkerung (z.B. Rückver-teilung CO2-Abgabe) weitergegeben werden. Die Höhe des Aufwands ist einnahmenabhän-gig und beläuft sich im Voranschlag 2016 auf 9,3 Milliarden(18%derTransferausgaben).

Transferaufwand in Mrd. und Anteile in % Total gemäss Voranschlag 2016: 51,4 Mrd.

Anteile Dritteran Bundeserträgen 9,3 Mrd.

Beiträge anSozialversicherungen

16,7 Mrd.

6,032,0

10,0

31,0

Wertberichtigungen5,1 Mrd.

Entschädigungenan Gemeinwesen 1,3 Mrd.

Beiträge an eigeneInstitutionen 3,1 Mrd.

Beiträge an Dritte15,9 Mrd.

2,0

18,0

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9 Struktur der Ausgaben und Aufwände

91

• Beiträge an eigene Institutionen: In dieser Kontengruppe werden die Zahlungen an ver-selbständigte Einheiten des Bundes zusam-mengefasst. Die grössten Empfänger sind der Bereich der Eidgenössischen Technischen Hochschulen (ETH) und die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB). Der Anteil am gesamten Transferaufwand beläuft sich auf 6 Prozent.

• Entschädigungen an Gemeinwesen: Über -neh men Kantone oder Gemeinden Bundes-aufgaben (z.B. im Asylbereich), so werden sie vom Bund dafür entschädigt.

• Wertberichtigungen: Die Wertberichtigungen werden auf Investitionsbeiträgen sowie Dar - lehen und Beteiligungen vorgenommen.

Die Investitionsbeiträge (v.a. an Ver kehrs infra- strukturen) werden in der Erfolgs rechnung jeweils zu 100  Prozent wertberichtigt. Aufdiese Aufwandart entfallen 10  Prozent desTransferaufwands.

FinanzaufwandDer Finanzaufwand umfasst den Zins auf wand – insbesondere für Anleihen und Geldmarkt buch-forderungen – sowie den Kapital be schaffungs-aufwand. Der Finanz aufwand ist abhängig von der Höhe der Bundesschulden und dem allgemei-nen Zinsniveau. Während der Anteil des Finanz-aufwandes am Gesamtaufwand des Bundes zu Beginn der letzten Legislaturperiode (2012) noch 4,4 Prozentbetrug,isterseitherauf2,7 Prozentzurückgegangen.

Subventionen des Bundes nach Aufgabengebieten in Mrd. und Anteile in %Total Subventionen gemäss Voranschlag 2016: 38,9 Mrd.

Beziehungen zum Ausland –Internationale Zusammenarbeit 3,0 Mrd.

Landwirtschaftund Ernährung 3,5 Mrd.

45,9

9,04,8

15,5

Bildung und Forschung6,6 Mrd.

Soziale Wohlfahrt 17,9 Mrd.

Verkehr 6,1 Mrd.

17,0

7,7

Übrige Aufgabengebiete1,9 Mrd.

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9 Struktur der Ausgaben und Aufwände

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9.2.1 SubventionsbegriffDas Bundesgesetz über Finanzhilfen und Abgel-tungen (Subventionsgesetz, SuG) regelt bereichs-übergreifend, was unter einer Subvention zu ver-stehen ist und unter welchen Voraussetzungen bzw. in welcher Form Subventionen ausgerichtet werden. Zudem stellt das Gesetz einheitliche Be-stimmungen auf über das Verfahren der Ausrich-tung und Rückforderung von Subventionen. Es richtet sich insbesondere an den Bundesrat und an die Verwaltung, die bei der Regelung der ein-zelnen Subventionen in den jeweiligen Sachge-setzen (z.B. Bundesgesetz über die Alters- und

Hinterlassenenversicherung, Bundesgesetz über die Landwirtschaft usw.) diesen allgemeinen Vor-gaben zu entsprechen haben.

Abgrenzung Subvention – TransferaufwandDie Subventionen sind mit Ausnahme von nicht wertberichtigten Darlehen Teil des Transferauf-wands (s. Ziff. 9.1.4). Zum Transferaufwand zäh-len darüber hinaus verschiedene Tatbestände, die nicht als Subventionen gemäss SuG gelten, so insbesondere der Finanzausgleich und die An-teile Dritter an Bundeseinnahmen (inkl. Rückver-teilung von Lenkungsabgaben).

Das Subventionsgesetz unterscheidet zwischen Finanzhilfen und Abgeltungen.

FinanzhilfenMit den Finanzhilfen fördert der Bund Tätigkeiten, die im öffentlichen Interesse liegen, oder trägt zu deren Erhaltung bei. Finanzhilfen werden an Drit-te ausserhalb der zentralen Bundesverwaltung ge-leistet (Private oder Kantone). Sie sind ein wich-tiges Instrument, um Initiativen und Leistungen Privater in Bereichen des öffentlichen Interesses zu fördern und aufrechtzuerhalten. Bei Finanzhilfen lautet die Frage nach ihrer Berechtigung: «Ist es gerechtfertigt, dass der Bund eine bestimmte pri-vate Tätigkeit fördert bzw. zu ihrer Erhaltung bei-trägt?»

Mit Finanzhilfen unterstützt der Bund private Eigentümer, beispielsweise bei der Restaurierung von schützenswerten Liegenschaften.

9.2 SubventionenGemäss Botschaft zum Voranschlag 2016 richtet der Bund auf der Basis von knapp 300 Tatbestän-den in Verfassung und Gesetzen Subventionen imUmfangvon38,9 Milliardenaus.DieSubven-tionen umfassen damit mehr als die Hälfte der jährlichenBundesausgaben(67 Mrd.).

Die Subventionen verteilen sich auf insgesamt 12 Aufgabengebiete, einzig das Aufgabenge-biet Finanzen und Steuern weist keine Subventi-onen auf. Gemäss Voranschlag 2016 richtet der Bund den grössten Teil der Subventionen (46%) im Aufgabengebiet der Sozialen Wohlfahrt aus. Mit 17  Prozent deutlich geringer ist der Anteil,der auf den Bereich Bildung und Forschung ent-fällt, gefolgt vom Verkehr mit 16 Prozent, der Landwirtschaft mit 9 Prozent und den Beziehun-gen zum Ausland mit 8 Prozent. Auf die übrigen Aufgabengebiete entfallen Anteile von je einem Prozent oder weniger.

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9 Struktur der Ausgaben und Aufwände

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Gemäss Subventionsgesetz kann eine Finanzhilfe insbesondere ausgerichtet werden, wenn

• der Bund ein Interesse an der damit unter-stützten Tätigkeit hat,

• die private oder kantonale Tätigkeit ohne die Bundesunterstützung nicht hinreichend aus-geübt würde,

• alternative Finanzierungen nicht ausreichen und

• sich keine zweckdienlicheren Massnahmen an-bieten.

Rund zwei Drittel der bundesrechtlichen Subven-tionstatbestände dienen als Grundlage für die Ausrichtung der Finanzhilfen. Betragsmässig ma-chen die Finanzhilfen etwas mehr als einen Drit-tel der Subventionen aus.

AbgeltungenMit den Abgeltungen leistet der Bund Dritten eine Milderung oder einen Ausgleich von Las-ten, die ihnen aus vom Bund übertragenen oder aus bundesrechtlich vorgeschriebenen Aufgaben entstehen.

Bezüger von Abgeltungen sind vielfach Organisa-tionen und Unternehmen des Bundes, die solche Aufgaben an seiner Stelle wahrnehmen. Abzu-geltende Leistungen basieren unter anderem

• direkt auf einem Gesetz oder einer Verord-nung der Bundesversammlung (Beispiel: Die Kantone erhalten eine Abgeltung für die Erhe-bung, Erneuerung und Nachführung von Da-ten für die Amtliche Vermessung);

• auf einem Vertrag (Beispiel: Transportunter-nehmungen erhalten eine Abgeltung für die geplanten, ungedeckten Kosten des vom Bund und den Kantonen bestellten Regional-verkehrs).

Lasten aus bundesrechtlich vorgeschriebenen Aufgaben können

• demjenigen entstehen, der die Aufgabe erfül-len muss (Beispiel: Der Bund entschädigt die Landwirtschaft für Massnahmen zur Verhinde-rung der Abschwemmung und Auswaschung von Böden) oder

• bei einem Dritten anfallen, der nicht zur Aufgabenerfüllung verpflichtet ist, jedochdurch die Aufgabenerfüllung beeinträchtigt wird (Beispiel: Der Bund leistet einen Beitrag an die Entschädigung von Wassernutzungs-berechtigten für erhebliche Einbussen, die aus der Erhaltung und Unterschutzstellung schüt-zenswerter Landschaften von nationaler Be-deutung resultieren).

Bei den Abgeltungen stellt sich die Frage: «Ist es gerechtfertigt, ein bestimmtes, rechtlich zwingend vorgeschriebenes Verhalten oder die Übernahme einer bestimmten öffentlichen Auf-gabe zu entschädigen?».

Gemäss Subventionsgesetz kann eine Abgeltung insbesondere ausgerichtet werden, wenn die zu erfüllende Aufgabe

• nicht im überwiegenden Eigeninteresse des Verpflichtetenliegt,

• diesem eine unzumutbare finanzielle Belas-tung auferlegt und

• die mit der Aufgabe verbundenen Vorteile die finanzielleBelastungnichtausgleichen.

9.2.2 Überprüfung der BundessubventionenDas Subventionsgesetz (Art. 5 SuG) verpflich-tet den Bundesrat, sämtliche Subventionen mindestens alle sechs Jahre periodisch zu über-prüfen und dem Parlament über die Ergeb-nisse dieser Prüfung Rechenschaft abzulegen.

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9.2.3 Sonderfall Subventionen in Form von Steuervergünstigungen

Subventionen können nicht nur ausga-ben-, sondern auch einnahmenseitig mittels Steuererleichterungen gewährt werden. Eine einnahmenseitige Subvention liegt vor, wenn der Bund in Zusammenhang mit einer bestimmten Aufgabe auf Steuern oder Abgaben verzichtet und damit einem Dritten ausserhalb der zentra-len Bundesverwaltung einen geldwerten Vorteil ohne marktübliche Gegenleistung zur Unterstüt-zung einer freiwilligen Tätigkeit einräumt. Bei-spiele dafür sind:

• Juristische Personen mit Sitz in der Schweiz und öffentlicher oder gemeinnütziger Zweck-bestimmung sind von der Entrichtung der direkten Bundessteuer ausgenommen.

• Die Spitalbehandlung und die ärztliche Heilbe-handlung in Spitälern im Bereich der Human-medizin sind von der Mehrwertsteuer befreit.

• Bei Verwendung des Treibstoffs für land- oder forstwirtschaftliche Zwecke erstattet der Bund die Mineralölsteuer zurück.

Die OECD hebt in ihren Empfehlungen zur Hand-habung der Steuervergünstigungen namentlich die geringeren administrativen Kosten dieser Subventionen hervor.

Dieser Verpflichtung entsprach der Bundesratmit den Subventionsberichten von 1997 und 1999, welche alle Bundessubventionen um-fassten. Ein weiterer Bericht erschien im Jahr 2008. Seit 2014 findet die Rechenschaftsabla-ge teils im Rahmen von Botschaften, mit wel-chen der Bundesrat dem Parlament mehrjährige Finanzbeschlüsse oder Änderungen bestehen-der Subventionsbestimmungen beantragt, teils in der Staatsrechnung statt. Demnach werden nicht mehr alle Subventionen des Bundes gleich-zeitig überprüft, es findet neu eine laufendeSubventionsüberprüfung statt. Jedes Jahr über-prüft ein Departement seine Subventionen auf die Konformität mit dem SuG. Das VBS und das EFD überprüfen ihre Subventionen im gleichen Jahr, da beide nur über sehr wenige entspre-chende Transferkredite verfügen. Daraus ergibt sich ein sechsjähriger Überprüfungszyklus.

Grundsätzlich werden dabei alle Subventionen überprüft und in der Staatsrechnung ausgewie-sen. Bei der Subventionsüberprüfung im Rahmen der Staatsrechnung liegt der Fokus auf denjeni-gen Subventionen, welche nicht bereits in an-deren Botschaften überprüft wurden. Dazu ge-hörenauchdiePflichtbeiträgeaninternationaleOrganisationen, welche einer verkürzten Prüfung unterzogen werden. In der Staatsrechnung wer-den zudem die «versteckten» Subventionen, die Steuervergünstigungen (vgl. Ziff. 9.2.3), ausge-wiesen. Sie werden ebenfalls alle sechs Jahre ei-ner vertieften Überprüfung unterzogen. Von der Überprüfung befreit sind Subventionen, deren Überprüfung nicht sinnvoll erscheint, weil sie oh-nehin auslaufen (Befristung) oder weil der Bun-desrat im Grundsatz bereits eine strukturelle Re-form der Subvention beschlossen hat.

Die laufende Subventionsüberprüfung soll eine wirksame und wirtschaftliche Ausrichtung der Subventionen gewährleisten; damit verbunde-ne Entlastungen des Bundeshaushaltes sind will-kommene Nebeneffekte im Sinne einer nach-haltigen Finanzpolitik, stehen jedoch nicht im Vordergrund.

Dennoch stellt die Subventionsüberprüfung ein wichtiges Element des bundesrätlichen Konzep-tes zur Haushaltssanierung dar. Durch einen Ver-zicht auf überholte Subventionen, eine Reduk-tion überhöhter Beiträge, eine zweckmässigere Ausgestaltung komplizierter und wenig zielge-richteter Subventionssysteme sowie eine stufen-gerechtere Aufgaben- und Lastenverteilung zwi-schen Bund und Kantonen lassen sich zumindest mittelfristig Entlastungen der öffentlichen Haus-halte und spürbare Verbesserungen der staatli-chen Aufgabenerfüllung erzielen.

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Einnahmenseitige Subventionen weisen aber auch gewichtige Nachteile auf. Insbesonde-re lassen sie sich betragsmässig höchstens auf-grund von Schätzungen ermitteln. Sie ent-ziehen sich als versteckte Subventionen einer parlamentarischen Steuerung im Rahmen des Budgetprozesses. Sie verstossen damit nicht nur gegen die gesetzlichen Grundsätze der Transpa-renz und der Vollständigkeit, sondern auch ge-gen das Bruttoprinzip und führen insofern zu ei-ner Unterschätzung der Staatsquote. Insgesamt können sich einnahmenseitige Subventionen un-bemerkt zu unerwünschten Giesskannensubven-tionen entwickeln. Steuervergünstigungen sind problematisch, wo sie den Grundsatz der Besteu-erung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähig-keit verletzen. Insbesondere bei der progressi-venEinkommenssteuerprofitierenPersonenmit höheren Einkommen stärker als Personen mit tieferen Einkommen. Eine Einflussnahme aufdie geförderte Aufgabe oder Tätigkeit ist zudem erschwert, weil Steuervergünstigungen nicht mit Auflagen und Bedingungen versehen wer-den können. Dies führt zu grösseren Mitnah-meeffekten als bei ausgabenseitigen Subven-tionen (geringere Effektivität und Effizienz).Deshalb schreibt das Subventionsgesetz vor, auf Finanzhilfen in Form von steuerlichen Vergünsti-gungen in der Regel zu verzichten.

Die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) zeigt in ihrem Bericht vom 2.2.2011 («Welche Steuer-vergünstigungen gibt es beim Bund?»), dass das Schweizer Steuersystem auf Bundesebene viele verschiedene Arten von Steuervergünstigungen kennt. Die Liste umfasst – je nach verwendeter Definition – zwischen 135–141 Steuervergüns-tigungen. Die Steuerausfälle betragen zwischen 21–25 Milliarden, je nach angewendeter Berech-nungsmethode, wobei eine grosse Anzahl Steu-ervergünstigungen(noch)nichtquantifiziertwer-den konnte.

Mit einer Reduktion der Anzahl von Steuerver-günstigungen könnte die Komplexität des Steu-ersystems reduziert werden. Ausserdem führt jede Steuervergünstigung zu einer entsprechend höheren Belastung des verbleibenden Steuersub-strats. Eine Verbreiterung der Bemessungsgrund-lage durch eine Abschaffung von Steuervergüns-tigungen würde es erlauben, die Steuersätze zu senken. Diese Strategie hätte eine Erhöhung der gesamtwirtschaftlichen Effizienz und positi-ve Wachstumswirkungen zur Folge. Aus diesem Grund wird diese Strategie von der OECD und in unzähligen Forschungsstudien als wachstumsori-entierte Steuerreform empfohlen.

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9.3 AusgabenbindungenDas Parlament verfügt über das verfassungs-mässig garantierte Recht, die Höhe der Bundesausgaben im Rahmen des Voranschlags jedes Jahr neu festzulegen (Budgethoheit). In der Ausübung dieses Rechts sieht sich das Parlament jedoch mit der Tatsache konfrontiert, dass ein beachtlicher Teil der Ausgaben aufgrund beste-hender Ausgabenbindungen kurzfristig, z.B. im RahmeneinerBudgetberatung,nichtbeeinflusstwerden kann. Je grösser der Anteil dieser Ausga-ben ist, desto kleiner sind die finanzpolitischenHandlungsspielräume des Parlaments bei der Ge-staltung des Budgets.

Ausgabenbindungen entstehen, wenn die Ver-fassung oder Gesetze Zweckbindungen für Ein-nahmen (z.B. Kantons anteile an der direkten

Bundessteuer)oderfixeBeträgebzw.Ausgaben-quoten für einzelne Subventionen vorsehen (z.B. Beiträge an Sozialversicherungen). Weitere Aus-gabenbindungen ergeben sich aus vertraglichen Verpflichtungen (z.B. Beiträge an internationa-le Organisationen). Nicht beeinflusst werdenkönnen schliesslich auch Ausgaben, deren Ent-wicklunganexogeneEinflussfaktorengekoppeltist (z.B. Debitorenverluste).

9.3.1 Ausgaben mit starker BindungEine Analyse der Ausgabenbindungen im Voranschlag 2016 zeigt, dass 56 Prozent der Bundesausgaben(rund38 Mrd.)starkgebundensind.Über90 ProzentdieserAusgabenentfallenauf die drei Aufgabengebiete Soziale Wohlfahrt, Finanzen und Steuern sowie Verkehr.

Stark gebundene Ausgaben 56,3%

Soziale Wohlfahrt 32,1%Bundesbeiträge an Sozialversicherungen 25,0%Anteile der Sozialversicherungen 5,7%an Bundeseinnahmen Migration (Sozialhilfe Asylsuchende, 1,4%vorläufig Aufgenommene und Flüchtlinge)

Finanzen und Steuern 13,9%Kantonsanteile an Bundeseinnahmen 6,5%Finanzausgaben (insb. Zinsen) 2,2%Finanzausgleich 4,8%Debitorenverluste 0,3%

Verkehr 6,0%Einlage in den Bahninfrastrukturfonds 5,5%(exkl. Anteil LSVA) Anteil der Kantone an der Mineralölsteuer 0,5%

Weitere stark gebundene Ausgaben 4,4%Behörden und Gerichte (B&G) 0,6%Pflichtbeiträge an internationale Organisationen 0,9%Rückverteilung und Verwendung 1,6%von Lenkungsabgaben Übrige stark gebundene Ausgaben 1,3%

Ausgabenbindungen im Bundeshaushalt – Anteile am GesamthaushaltBerechnungen auf Basis Voranschlag 2016

Schwach gebundene Ausgaben 43,7%

Personalausgaben (ohne B&G) 7,8%davon Personalausgaben der Armee 2,1%

Sach- und Betriebsausgaben (ohne Debitorenverluste und B&G) 5,8%davon Sach- und Betriebsaufwand der Armee 2,3%

Rüstungsausgaben 1,5%

Übrige Subventionen und Eigenbereich 28,5%davon: Bildung und Forschung 9,7%Verkehr 6,6%Landwirtschaft 4,7%Beziehungen zum Ausland 3,7%übrige Aufgabengebiete 3,9%

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Soziale WohlfahrtDie Ausgabenbindungen im Bereich der Sozia-len Wohlfahrt ergeben sich primär aus gesetzlich verankerten Bundesbeiträgen an einzelne Sozial-versicherungen bzw. an die Kantone (z.B. indivi-duelle Prämienverbilligung und Asylwesen) sowie aus Zweckbindungen von Bundeseinnahmen:

• Bundesbeiträge an die Sozialversicherungen (16,8  Mrd.): Die Höhe dieser Ausgaben ist in den gesetzlichen Grundlagen der Sozial-werke festgelegt. Sie berechnet sich gestützt auf exogene, vom Bund nicht oder nur bedingt steuerbare Grössen und kann daher nur durch Systemreformenbeeinflusstwerden.DerBundentrichtet folgende Beiträge an die Sozialversi-cherungen: Beitrag an die AHV (19,55 % der Gesamtausgaben), Beitrag an die IV (gekoppelt an die Entwicklung der Mehrwertsteuererträ-ge), Ergänzungsleistungen AHV/IV (5/8 der Kos-ten im Bereich Existenzsicherung), Individuelle Prämienverbilligung (7,5 % der Bruttokosten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung),Familienzulagen in der Landwirtschaft (2/3 der nicht gedeckten Kosten), ALV (0,159  % derversicherten Lohnsumme), Militärversicherung (nicht durch Prämieneinnahmen gedeckte Aus-gaben der Versicherung).

• Zweckbindungen von Bundeseinnahmen (3,8  Mrd.): Mehrwertsteuerprozent zuguns-ten der AHV, Spielbankenabgabe für die AHV sowie der befristete Mehrwertsteuerzuschlag für die IV. Im Rahmen der Reform der Altersvorsorge 2020 soll die Mehrwertsteuer zu Gunsten der AHV erhöht werden.

• Beiträge des Bundes an die Kosten der Kantone im Asylbereich (0,9 Mrd.): Diese richten sich vor allemnachderAnzahlAsylsuchender,vorläufigAufgenommener und anerkannter Flüchtlinge.

Finanzen und SteuernIm Bereich Finanzen und Steuern können vier Kostenblöcke unterschieden werden:

• Kantonsanteile an Bundeseinnahmen (4,4 Mrd.): Direkte Bundessteuer (17 % des Bruttoertrags, Erhöhung im Rahmen der Unter nehmenssteuerreform III vor gesehen), Ver rechnungssteuer (10 % des Rein ertrags), LSVA (1/3 des Reinertrags), Wehrpflicht-ersatzabgabe(20 %Provision).

• Finanzausgleich (3,2 Mrd.): Die Höhe der Bun- desbeiträge an die Ausgleichsge fässe (Res-sourcenausgleich, Lastenausgleich, Härte aus- gleich) wird von der Bundesversammlung jeweils für die Dauer von vier Jahren festgelegt. Die Anpassung der Beiträge erfolgt ab dem zweiten Jahr aufgrund einer festgeschriebenen Berechnungsmethode und kann damit seitens desParlamentsnichtmehrbeeinflusstwerden.

• Schuldenverwaltung (inkl. Geldbeschaffung, 1,5  Mrd.): Die Höhe dieser Ausgaben ist ab-hängig vom Finanzbedarf des Bundes sowie der Zinsentwicklung an den Finanzmärkten und ist somit nur indirekt beeinflussbar. Einesubstanzielle Reduktion des Finanzaufwandes kann nur über einen dauerhaften Abbau der Bundesschulden herbeigeführt werden.

• Debitorenverluste (0,2  Mrd.): Diese entste-hen in erster Linie bei der Mehrwertsteuer, der LSVA sowie beim Zoll; ihr Umfang ist nicht be-einflussbar.

VerkehrBis vor wenigen Jahren waren die Ausgaben für den Verkehr grösstenteils schwach gebunden. Stark gebunden waren einzig der Kantonsanteil an der Mineralölsteuer (10 % der für den Strassen verkehr bestimmten Mineralölsteuer; im VA 2016: 0,4 Mrd.) sowie weite Teile der Ein-lage in den Finöv-Fonds. Im Jahr 2016 löst der Bahninfrastrukturfonds (BIF) den Finöv-Fonds ab. Damit geht der finanzielle Handlungsspielraumim Verkehrsbereich deutlich zurück, denn die Ein-lageindenBIF(VA 2016:4,6 Mrd.)istinVerfas-sung und Gesetz abschliessend geregelt. Einzig

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beimAnteilanderLSVA(VA2016:0,9 Mrd.)be-steht ein gewisser kurzfristiger Spielraum; dem-nach können weniger als die vorgesehenen zwei Drittel des Reinertrags der LSVA in den Fonds ein-gelegt werden.

Die geplante Einführung des Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrsfonds (NAF) wird die Ausgabenbindung im Verkehrsbereich ab 2018 weiter erhöhen, soll doch die Höhe der Ein-lage in den NAF wie jene in den BIF in der Ver-fassung und im Gesetz festgeschrieben werden. Kürzungen sollen nur noch im Falle grösserer Sparprogramme möglich sein.

Weitere Ausgaben mit starker BindungStarkgebundeneAusgabenfindensichfernerinfolgenden Bereichen:

• Ausgaben für Behörden und Gerichte (0,4 Mrd.): Mit Rücksicht auf die Gewaltentren-nung kann der Bundesrat auf die Ausgaben der Legislative (inkl. Eidg. Finanzkontrolle), der Bundesgerichte und der Bundesanwaltschaft keinenEinflussnehmen.

• Pflichtbeiträge an internationale Organisatio­nen (0,6 Mrd.): Die Höhe der Mitgliedschafts-beiträge richtet sich nach den Beteiligungs-schlüsseln der Organisationen, die in der Regel auf exogene Faktoren (bspw. BIP, Bevölke-rungsgrösse) abstellen.

• Rückverteilung und Verwendung von Lenkungs-abgaben (1,1 Mrd.): Die Lenkungs abgaben auf CO2 und VOC sind für den Bundeshaushalt reine Durchlaufposten. Die Einnahmen werden an die Bevölkerung und die Wirtschaft zurückverteilt; ein Teil des Ertrags der CO2-Abgabe muss für an-dere Zwecke eingesetzt werden (insb. Gebäude-programm). Ab 2017 sollen das Netzzuschlags-entgelt und die Einlagen in den entsprechenden Fonds in den Bundeshaushalt integriert werden. Der Anteil der stark gebundenen Ausgaben wird dadurch weiter steigen.

• Übrige Ausgaben mit starker Bindung (0,9  Mrd.): Darunter fallen verschiedene Bei-träge an Dritte, die im Gesetz abschliessend festgelegt sind (z.B. Milchzulagen, indirekte Presseförderung) oder aufgrund von vertrag-lichenZusicherungennichtbeeinflussbarsind(Beitrag an die Erweiterung der EU), sowie die Unterbringungsbeiträge an verselbständigte Einheiten des Bundes, die in Immobilien des Bundes untergebracht sind.

9.3.2 Ausgaben mit schwacher BindungRund44 ProzentderBundesausgaben(29 Mrd.)sind im Voranschlag 2016 schwach gebunden. Die Höhe dieser Ausgaben ist weder in der Ver-fassung, noch in einem Gesetz abschliessend festgelegt, und sie hängt auch nicht (ausschliess-lich) von exogenen, vom Bund nicht steuerbaren Faktoren ab. Dennoch können – vornehmlich aufgrund von vertraglichen Verpflichtungen –auch hier Ausgabenbindungen entstehen, die eine substanzielle kurzfristige Kürzung oder den sofortigen Verzicht auf eine Ausgabe im Rahmen eines Budgetprozesses verhindern können.

Rund zwei Drittel der schwach gebundenen Aus-gaben werden über bedeutende mehrjährige Fi-nanzbeschlüsse gesteuert, so insbesondere der Grossteil der Ausgaben in den Aufgabengebieten Bildung und Forschung sowie Landwirtschaft, im Weiteren die internationale Zusammenarbeit (Entwicklungshilfe), die Ausgaben der Armee, die Abgeltungen für den regionalen Personen-verkehr und die Kulturausgaben (vgl. Ziff. 10.2). Bundesrat und Parlament haben alle vier Jahre die Gelegenheit, innerhalb und zwischen diesen BereichenfinanzpolitischePrioritätenzu setzen.Umgekehrt ist der Spielraum für Anpassungen oder Umpriorisierungen während der Laufzeit dieser Beschlüsse eher gering.

Daneben gehören auch der Grossteil der Aus-gaben für die Nationalstrassen (bis zum Zeit-punkt der Einführung des NAF), namentlich die Einlage in den Infrastrukturfonds, sowie

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der Eigenaufwand (Personal, Sach- und Betriebs- ausgaben), die Rüstungsausgaben und die Inves-titionen der Verwaltung zu den schwach gebun-denen Ausgaben. Im Personalbereich sind indes substanzielle kurzfristige Kürzungen aufgrund der arbeitsrechtlichenVerpflichtungendesBun-des (u.a. Kündigungsfristen, Sozialplan) kaum umsetzbar; namhafte Einsparungen in diesem Bereich müssen durch Verwaltungsreformen oder Aufgabenverzichte begleitet werden, die eine gewisse Umsetzungszeit erfordern.

Bei der Analyse der Ausgabenbindungen muss schliesslich auch dem föderalen Staatsaufbau der Schweiz Rechnung getragen werden. Die-ser führt dazu, dass Bund und Kantone in vielen Bereichen gemeinsam für die Aufgabenerfüllung verantwortlich sind: Von den schwach gebunde-nenAusgabenfliessenrund5MilliardenimRah-men dieser Verbundaufgaben an die Kantone. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang insbe-sondere die Aufgabengebiete Bildung und For-schung (Finanzierung kantonaler Universitäten und Fachhochschulen, Berufsbildung), Verkehr (Abgeltung regionaler Personenverkehr, Haupt-strassen), Umwelt und Raumordnung sowie Ge-sundheit. Da sich der Bund nur schwer einseitig aus der gemeinsamen Aufgabenerfüllung zu-rückziehen kann, ist die Flexibilität im Verbund-bereich ebenfalls relativ gering.

9.3.3 Auswirkungen von AusgabenbindungenDer Anteil der stark gebundenen Ausgaben hat in den vergangenen Jahren stetig zugenommen und beträgt mittlerweile deutlich über 50  Pro-zent. Damit hat sich der Spielraum für kurzfristige finanzpolitischePriorisierungen(Kürzungen,Auf-stockungen, Übernahme neuer Aufgaben) einge-engt. Ein Ende dieser Entwicklung ist nicht abseh-bar; der Anteil der stark gebundenen Ausgaben wird bis zum Ende der Legislatur 2015–2019 auf über 60  Prozent ansteigen, dies aufgrund ver-schiedener grösstenteils über zweckgebundene MehreinnahmenfinanzierterVorhaben(u.a.Re-form Altersvorsorge, Netzzuschlagsfonds, BIF).

FürdiefinanzpolitischeSteuerungbesondershei-kel sind Ausgabenbindungen, die durch gesetzlich definierte (Mindest-)Ausgaben zu Stande kom-men und die gleichzeitig keine Rücksicht auf die Entwicklung der Volkswirtschaft und/oder der Ein-nahmen des Bundes nehmen. Bei solchen Aus-gabenbindungen besteht unter dem Regime der Schuldenbremse die Gefahr, dass andere, weniger stark gebundene aber dennoch wichtige Ausga-ben aus dem Budget verdrängt werden. Sind zur Einhaltung der Schuldenbremse Kürzungen nötig, können die stark gebundenen Ausgabenteile in der kurzen Frist nicht mit einbezogen werden. Dies führt zwangsläufig zu überproportionalen Kür-zungen im restlichen, weniger stark gebundenen Teil des Bundeshaushalts. Davon betroffen sind in erster Linie wachstumsfördernde Bereiche wie Bil-dung und Forschung sowie Aufgabengebiete wie die Landesverteidigung oder die Landwirtschaft. Demgegenüber sind Ausgabenbindungen, die durch die Zweckbindung von Einnahmen oder durch die Koppelung eines Beitrags an die Ein-nahmen- oder Wirtschaftsentwicklung entstehen, ausder SichtderfinanzpolitischenSteuerbarkeitweniger problematisch: Hier geht ein Rückgang der Einnahmen mit einem Rückgang der Ausga-ben einher, so dass die Gefahr der Verdrängung von weniger stark gebundenen Ausgaben weit-gehend gebannt ist. Mit Blick auf die wirtschaft-liche Aufgabenerfüllung bergen indes alle Formen von gesetzlichen Ausgabenbindungen gewisse Risiken. So können gesetzlich zugesicherte Bei-trägezuIneffizienzenoderzueinerÜberproduk-tion staatlicher Leistungen führen. Gesetzliche Ausgabenbindungen sollten daher regelmässig – z.B. im Rahmen von Subventions- oder Aufga-benüberprüfungen – überprüft und bei Bedarf an-gepasst werden. Um der weiteren Verdrängung von schwach gebundenen Ausgaben vorzubeu-gen, werden auch in den kommenden Jahren finanzpolitische Priorisierungen und strukturelleReformen, namentlich im Sozialversicherungsbe-reich, nötig sein.

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10.1 KreditartenZur Steuerung und Kontrolle der Aufwände und Investitionsausgaben des Bundes stehen der Bun-desversammlung verschiedene Instrumente zur Verfügung. Dabei ist zu unterscheiden zwischen den Voranschlags- und den Nachtragskrediten, welche eine (jährliche) Rechnungsperiode be-treffen, und den Verpflichtungskrediten sowieZahlungsrahmen, mit denen die mehrjährige Steuerungsfunktion wahrgenommen wird.

10.1.1 VoranschlagskrediteDer Voranschlagskredit ermächtigt die Verwaltungseinheit für den angegebenen Zweck und innerhalb des bewilligten Betrags während des Voranschlagsjahres laufende Ausgaben zu tätigen,nichtfinanzierungswirksamenAufwandzu verbuchen oder Investitionsausgaben auszu-lösen. Voranschlagskredite umfassen auch nicht ausgabenwirksame Elemente, so insbesondere die Abschreibungen oder die für Leistungsbezüge bei anderen Verwaltungseinheiten beanspruch-ten Ressourcen.

Der Globalkredit (ab 1.1.2016: Sammelkredit) ist ein Voranschlagskredit mit allgemein umschriebe-ner Zweckbestimmung. Er gelangt insbesondere zur Anwendung, wenn die Budgetierung des Kre-ditbedarfs auf Stufe der Verwaltungseinheiten mit grossen Unsicherheiten behaftet ist, so nament-lich im Personalbereich (Lohnmassnahmen vor der Bewilligung durch das Parlament) oder bei Infor-matikprojekten. Mit der zentralen Budgetierung erhöht sich der Handlungsspielraum bei der Kreditverwendung bzw. Mittelzuteilung. Mit der Kreditabtretung weist der Bundesrat (bzw. ein De-partement) Kreditbeträge aus einem Global- bzw. Sammelkredit einzelnen Verwaltungseinheiten zu. Die Kreditverschiebung ist die dem Bundes-rat jährlich mit dem Bundesbeschluss über den Voranschlag ausdrücklich erteilte Befugnis,

einen Voranschlagskredit zulasten eines ande-ren zu erhöhen. Dies ermöglicht es dem Bun-desrat, zwischen verschiedenen bewilligten Voranschlagskrediten Umlagerungen vorzuneh-men. Verschiebungen sind insbesondere zwi-schen Krediten im verwaltungseigenen Bereich vorgesehen, in seltenen Fällen auch im Transfer-bereich.

Der Nachtragskredit ist ein in Ergänzung des Vor-anschlags nachträglich bewilligter Voranschlags-kredit. Er ist dem Parlament zu beantragen, wenn ein Aufwand oder eine Investitionsausgabe unvermeidlich ist und kein ausreichender Vor-anschlagskredit zur Verfügung steht. Keine Nachtragskredite sind erforderlich für nicht bud-getierte Anteile Dritter an bestimmten Einnah-men, Fondseinlagen aus zweckgebundenen Einnahmen sowie nicht budgetierte Abschrei-bungen, Wertberichtigungen und Rückstellun-gen. Im Nachtragskreditbegehren ist der zusätz-liche Kreditbedarf eingehend zu begründen. Es ist nachzuweisen, dass der Mittelbedarf nicht rechtzeitig vorhergesehen werden konnte, eine verzögerte Bezahlung zu erheblichen Nachtei-len führen würde und nicht bis zum nächsten Voranschlag gewartet werden kann. Im Einzel-nen sind zu unterscheiden:

• Der ordentliche Nachtrag (ohne Vorschuss) wird von den eidgenössischen Räten mit dem Nachtrag  I (Sommersession) oder demNach-trag II(Wintersession)zumVoranschlagbewil-ligt.

• Nachtragskredite mit Vorschuss, d.h. dring-liche Zahlungen werden vom Bundesrat mit Zustimmung der Finanzdelegation (Vorschuss) beschlossen. Die Anwendung dieses Instru-ments ist auf jene Fälle zu begrenzen, die kei-nen Aufschub erdulden.

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• Die Kreditüberschreitung ist ein Nachtrags-kredit mit Vorschuss, der vom Bundes rat erst nach Verabschiedung der Botschaft zum Nach-trag IIbeschlossenwird.Kreditüberschreitun-gen sind grundsätzlich unerwünscht. Sie lassen sich aber nicht immer vermeiden, so beispiels-weise bei Kursverlusten auf Währungen oder bei passiven Rechnungsabgrenzungen, die erst im Rahmen des Rechnungsabschlusses be-kannt werden. Kreditüberschreitungen resul-tierenschliesslichauchimFallederAuflösungvon Reserven aus Globalbudgets oder bei ei-nem verminderten Münzumlauf. Bei Beträgen ab5 MillionenbedarfdieKreditüberschreitungder Zustimmung der Finanzdelegation.

• Die Kreditübertragung entspricht einem or-dentlichen Nachtrag zur Fortführung bestimm-ter Werke, Arbeiten oder Tätigkeiten, wenn im Vorjahr der dafür bewilligte Voranschlagskredit nicht oder nur teilweise beansprucht worden ist. Übertragungen auf das Folgejahr können durch den Bundesrat beschlossen werden. Voraussetzung ist, dass der Grund für den Kreditrest in einer zeitlichen Verzögerung des Vorhabens im Vorjahr liegt. Der übertragene Kreditanteil darf auch im Folgejahr nur für das betreffende Vorhaben verwendet werden. Der Bundesrat erstattet in den Nachtragsbotschaf-ten oder, wenn dies nicht möglich ist, mit der Staatsrechnung über die Kreditübertragungen Bericht.

Der Bundesrat unterbreitet der Bundesver-sammlung die bevorschussten Aufwände und Investitionsausgaben in der Regel mit dem nächs-ten Nachtrag zum Voranschlag, bei Kreditüber-schreitungen mit der Staatsrechnung zur nach-träglichen Genehmigung.

10.1.2 Verpflichtungskredite und Zahlungsrahmen

VerpflichtungskreditDer Verpflichtungskredit setzt den Höchstbe-trag fest, bis zu dem der Bundesrat ermächtigt ist,füreinbestimmtesVorhabenfinanzielleVer-pflichtungeneinzugehen.EristinderRegeldanneinzuholen, wenn die Ausführung eines Vorha-bens über das laufende Voranschlagsjahr hinaus zuZahlungenführt.GemässArtikel21 Absatz 4FHGsindVerpflichtungskrediteinsbesondereer-forderlich für:

• Bauvorhaben und Liegenschaftskäufe;• längerfristige Liegenschaftsmieten mit erhebli-cherfinanziellerTragweite;

• Entwicklungs- und Beschaffungsvorhaben;• die Zusicherung von Beiträgen, die erst in spä-

teren Rechnungsjahren auszuzahlen sind;• die Übernahme von Bürgschaften und sonsti-

gen Gewährleistungen.

DieAusnahmenvonderPflichtzurEinholungei-nesVerpflichtungskredites sindabschliessend inArtikel  11 FHV geregelt. Keine Verpflichtungs-kredite sind einzuholen für:

• die längerfristige Miete von Liegenschaften,• die Beschaffung von Sachgütern ausserhalb

des Bau- und Liegenschaftsbereichs und• die Beschaffung von Dienstleistungen,

wenn die Gesamtkosten im Einzelfall weniger als 10 Millionenbetragen,sowiefürdieAnstellungvon Bundespersonal.

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Begehren für Verpflichtungskredite werden jenach ihrer Bedeutung den eidgenössischen Rä-ten entweder mit besonderer Botschaft oder mit den Beschlüssen über den Voranschlag und seine Nachträge unterbreitet. Gemäss der Verordnung der Bundesversammlung vom 18.6.2004 über die Verpflichtungskreditbegehren für Grundstü-ckeundBauten(SR 611.051)sindVerpflichtungs-kreditbegehren für Grundstücke und Bauten, mit Ausnahme derjenigen für den ETH-Bereich, mit besonderer Botschaft zu unterbreiten und im Einzelnen zu erläutern, wenn die für den Bund zu erwartenden Gesamtausgaben pro Pro-jekt 10  Millionen übersteigen. Das InstrumentVerpflichtungskreditwirdausschliesslichfürVer-pflichtungengegenüberexternenDrittenange-wendet. Verwaltungsinterne Leistungsbezüge werden nicht über Verpflichtungskredite abge-rechnet.DerVerpflichtungskreditistkeineAusga-benbewilligung; die nötigen Voranschlagskredite müssen jährlich beantragt und vom Parlament beschlossen werden.

Der Zusatzkredit ist die Ergänzung eines nicht ausreichenden Verpflichtungskredites. Zusatz- kredite sind unverzüglich und vor dem Eingehen der Verpflichtungen zu beantragen, soweit sie nicht durch die Teuerung oder Wechselkurs-schwankungen bedingt sind.

Der RahmenkreditisteinVerpflichtungskreditmitdelegierter Spezifikationsbefugnis, bei dem derBundesrat oder die Verwaltungseinheit innerhalb der von der Bundesversammlung umschriebenen allgemeinen Zweckbestimmung bis zum bewillig-tenKreditbetrageinzelneVerpflichtungstranchenausscheiden kann.

Der Gesamtkredit fasst mehrere von der Bun-desversammlung einzeln spezifizierte Verpflich-tungskredite zusammen.

Die Kreditverschiebung ist die dem Bundesrat mit einfachem Bundesbeschluss ausdrücklich einge-räumte Befugnis, innerhalb eines Gesamtkredites einen Verpflichtungskredit zulasten eines ande-ren zu erhöhen.

ZahlungsrahmenDer Zahlungsrahmen ist ein von der Bundes-versammlung für mehrere Jahre festgesetzter Höchstbetrag der Voranschlagskredite für be-stimmte Ausgaben. Er stellt keine Kreditbewilli-gung dar. Die erforderlichen Voranschlagskredite müssen jährlich im Budget beantragt und vom Parlament beschlossen werden. Zahlungsrahmen sind in der Regel für Bereiche erforderlich, bei de-nen Zusicherungen und Zahlungen in das glei-che Jahr fallen und gleichzeitig eine längerfristige Ausgabensteuerung geboten ist.

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10.2 Abstimmung der mehrjährigen Finanzbeschlüsse auf die Legislatur-(finanz)planung

InZiffer9.3wurdeaufgezeigt,dassfast60 Pro-zent der Ausgaben des Bundes stark gebunden sind. In diesem Bereich existieren kaum mehrjäh-rigeFinanzbeschlüsse(VerpflichtungskrediteundZahlungsrahmen), ist doch die Ausgabenhöhe weitestgehend durch das Gesetz oder exogene Faktoren bestimmt. Hingegen besteht bei der Bestimmung der Höhe der schwach gebundenen Ausgaben ein Ermessensspielraum. Um eine ge-wisse Planungssicherheit zu gewährleisten und zugleich die mittelfristige Ausgabenentwicklung zu steuern, werden rund zwei Drittel der schwach gebundenen Ausgaben (rund ein Vier-tel der Gesamtausgaben) über mehrjährige Finanzbeschlüsse gesteuert.

Angesichts der Bedeutung dieser Finanzbe-schlüsse ist es notwendig, sie möglichst eng auf die finanziellen Möglichkeiten und die in-haltlichen Ziele des Bundes abzustimmen. Die Finanzhaushaltverordnung schreibt deshalb in Artikel 7 vor, dass mehrjährige und periodisch wiederkehrende Finanzbeschlüsse von erhebli-cher Tragweite in der Regel kurz nach der Bot-schaft über die Legislaturplanung dem Parlament unterbreitet werden müssen. So wird auch si-chergestellt, dass die politische Prioritätensetzung nach den eidgenössischen Wahlen durch die neu gewähltenEntscheidungsträgerstattfindenkann.

Auf diese Weise koordiniert werden jene Finanzbeschlüsse, die im Mehrjahresrhythmus erneuert werden, einen Umfang von mindestens 500  Millionen aufweisen und hinsichtlich derBetrags höhe und Periodizität grundsätzlich steu-erbar sind. Dazu gehören insbesondere:

• dieVerpflichtungskrediteundZahlungsrahmenfür den Bereich Bildung, Forschung und Inno-vation (BFI-Botschaft),

• der Zahlungsrahmen für die Armee, • die Zahlungsrahmen für die Landwirtschaft,• dieVerpflichtungskreditefürdieinternationale

Zusammenarbeit, • der Verpflichtungskredit für den regionalen

Personenverkehr und• dieVerpflichtungskrediteundZahlungsrahmen

im Bereich der Kulturförderung (Kulturförder-botschaft, ab 2021)

Die Abstimmung von Legislaturplanung und mehrjährigen Finanzvorlagen erfolgt in einem parallelen Verfahren: Der Bundesrat plant die bedeutenden Finanzvorlagen im vierten Legisla-turjahr, d.h. weitgehend zeitgleich und in engem Bezug zur Legislaturplanung. Die Botschaften zu den Finanzvorlagen werden dem Parlament kurz nach jener zur Legislaturplanung – im Re-gelfall innert zweier Monate – unterbreitet. Die parlamentarische Beratung kann so mit Behand-lung im Erstrat in der Sommersession des ers-ten Legislaturjahrs starten und in der darauf fol-genden Wintersession abgeschlossen werden. Die Beitragsperiode beginnt im anschliessenden zweiten Legislaturjahr.

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10.3 Steuerung der Leistungen und Wirkungen im Budget- und Finanzplanungsprozess

Nebst der Steuerung der Ausgaben und Auf-wände verfügt das Parlament zusätzlich auch über die Möglichkeit, im Budget- und Finanz- planungsprozess bei Bedarf direkt auf die Leis-tungenundWirkungenEinflusszunehmen.Die-se Ziel- und Ergebnisorientierung wird mit dem Neuen Führungsmodell für die Bundesverwaltung (NFB) gestärkt.

Das NFB wurde von der Bundesversammlung am 26.9.2014 beschlossen. Mit dem NFB wird das bisherige duale Steuerungssystem der Bundesver-waltung – mit traditioneller Ressourcensteuerung bei 57 Verwaltungseinheiten und leistungsorien-tierterSteuerungbei20 FLAG-Einheiten(Führung mit Leistungsauftrag und Globalbudget) – durch ein einheitliches, ziel- und ergebnisorientiertes Führungsmodell abgelöst. Damit werden in der Budgetierung und Finanzplanung die Leistungen undWirkungensowiediefinanziellenRessourcennäher zusammengebracht und transparent darge-stellt. Das NFB kommt erstmals zur Anwendung im Voranschlag 2017 mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan 2018–2020 (Voranschlag mit IAFP).

Leistungsgruppen als GrundlageDas NFB benötigt als Grundlage einen Leis-tungskatalog sämtlicher Verwaltungseinheiten: Die Leistungsgruppe fasst diejenigen Leistun-gen einer Verwaltungseinheit zusammen, die nach aussen abgegeben werden und die auf-grund ihrer inhaltlichen Ausrichtung und Ziel-setzung innerhalb eines Politikbereichs oder Aufgabengebiets eine materielle Einheit bilden. Die Leistungsgruppen werden im Voranschlag mit IAFP wie folgt dargestellt:

• Der Grundauftrag stellt eine Kurzfassung der Gesetzesaufträge eines Geschäftsbereichs dar. Er gibt eine Antwort auf die Frage, wel-che Leistungen für welche Zielgruppe(n) mit

welchen gewünschten Einwirkungen und Aus-wirkungen auf Gesellschaft, Umwelt und Wirt-schaft erbracht werden.

• Der Aufwand und Ertrag sowie die Investitio­nen geben Auskunft darüber, welche Anteile des Funktionsaufwands und des Funktionser-trags der Leistungsgruppe zugeordnet werden können.

• Der Kommentar zur Aufwands- und Ertrags-entwicklung erklärt und verbindet die finan-ziellen und inhaltlichen Entwicklungen in der Leistungsgruppe.

• Die Leistungs- und Wirkungsziele, Messgrö­ssen und Soll­Werte veranschaulichen die in-haltlichen Entwicklungen einer Leistungsgrup-pe: Die Zieldimension wird in der Regel mit Hilfe von Messgrössen operationalisiert; die für die einzelnen Jahre ausgewiesenen Soll-Werte geben an, wann ein Ziel als erreicht bzw. er-füllt gilt. In der Staatsrechnung werden Abwei-chungen jeweils kurz kommentiert.

• Die Kontextinformationen beinhalten zum einen exogene Einflussfaktoren auf die Leis-tungserbringung (insbesondere «Kosten-treiber») und zum anderen Angaben zu er-brachten Leistungen und zu beobachteten Auswirkungen.

Mit rund 120 Leistungsgruppen werden die (Dienst-)Leistungen der Bundesverwaltung so zu-sammengefasst, dass sie sowohl für die politischen als auch für die betrieblichen Entscheidungsträger/-innen steuerungstauglich sind.

Flächendeckende Einführung von GlobalbudgetsDas zweite konstituierende Element des NFB be-steht darin, dass der Funktionsaufwand und der Funktionsertrag sämtlicher Verwaltungseinheiten zu zwei Globalbudgets im Eigenbereich zusam-mengefasst werden. Nicht in den Globalbudgets

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enthalten sind insbesondere der Transferaufwand und der Finanzaufwand. Verwaltungseinheiten mit hohen Investitionsausgaben und -einnah-men – wie z.B. das Bundesamt für Strassen (ASTRA) oder das Bundesamt für Bauten und Logistik (BBL) – führen für die Investitionen je ein weiteres Globalbudget. Für bedeutende Einzelmassnahmen oder grosse Projekte können Kredite ausserhalb der Globalbudgets beschlossen werden (Art. 30a FHG).

Neben den Globalbudgets sollen mit weiteren Anreizinstrumenten die betrieblichen Hand-lungsspielräume im Eigenbereich erweitert und der zielgerichtete Einsatz der finanziellen Mit-tel begünstigt werden, um das sparsame, wirt-schaftliche und wirksame Verhalten in der Bundesverwaltung weiter zu verbessern:

• Reservenbildung: Bei Projektverzögerungen sol-len zweckgebundene Reserven gebildet wer-den, die im nächsten Rechnungsjahr für die

ursprünglich geplanten Projekte eingesetzt wer-den können. Bei Wirtschaftlichkeitsverbesse-rungen und leistungsbedingten Mehrerträgen sollen allgemeine Reserven gebildet werden, die für Aufgaben im Rahmen des Grundauf-trags verwendet werden können. Allgemeine wie zweckgebundene Reserven müssen von der Verwaltung beantragt und vom Parlament beschlossen werden.

• Kreditüberschreitung bei Mehrerträgen und Auflösung von Reserven: Ver wal tungsein-heiten können die im Globalbudget bewillig-ten Funktionsaufwände und/oder Investiti-onsausgaben überschreiten, wenn sie diese Kreditüberschreitung innerhalb des Rech-nungsjahres durch leistungsbedingte Mehrer-träge und/oder Auflösung von Reserven de-cken können. Kreditüberschreitungen sind dem Parlament mit der Staatsrechnung nach-träglich zur Genehmigung vorzulegen.

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Instrumente des Parlaments zur Leistungssteuerung

Voranschlag Finanzplan

Beschluss der Globalbudgets im Eigenbereich der Verwaltungseinheit

Beschluss zur Kenntnisnahme des Integrierten Aufgaben- und Finanzplans (IAFP)

Beschluss von Planungsgrössen zu Zielen, Messgrössen und Soll-Werten sowie Aufwand, Ertrag und Investitionen je Leistungsgruppe (fakultativ)

Beschluss von Änderungsaufträgen zum Integrierten Aufgaben- und Finanzplan (IAFP) (fakultativ)

Beschluss zu Rahmenbedingungen der Kreditverwendung im Eigenbereich der Verwaltungseinheit (fakultativ)

Erweiterte Steuerungsmöglichkeiten für das ParlamentDie im Voranschlag mit IAFP enthaltenen Infor-mationen zu Leistungen und Wirkungen einer Leistungsgruppe dienen dem Parlament pri-mär der Information: Das Parlament soll ge-stützt darauf die Höhe des oder der beantrag-ten Globalbudgets besser beurteilen können. Zudem ermöglichen sie dem Parlament bei Be-darfdiegezielteEinflussnahmeaufdiekurz-undmittelfristige Entwicklung des Leistungskatalogs der Bundesverwaltung. Bei Bedarf kann das Par-lament aber gezielt auf die Leistungsgruppenzie-le sowie auf die Verwendung des Globalbudgets Einflussnehmen:

• Mit einem Beschluss von Planungsgrössen kön-nen sowohl die Inhalte (Ziele, Mess grössen, Soll-Werte) als auch die Finanzen (Aufwand, Ertrag, Investitionsausgaben und -einnahmen) jeder Leistungsgruppe verändert werden (Art. 29 Abs. 2 FHG).

• Mit einem Beschluss zu Rahmenbedingungen der Kreditverwendung kann die Verwendung der Ressourcen im Globalbudget (Personal-, Beratungs- und IKT-Sachaufwand) in jeder Verwaltungseinheit spezifisch verändert wer-den (Art. 25 Abs. 3 ParlG).

• Mit Aufträgen für eine Änderung des Finanz­plans kann der einfache Bundesbeschluss zur Kenntnisnahme des IAFP ergänzt werden. Der Bundesrat erfüllt diese Auftrage in der Re-gel mit dem nächsten Voranschlag (Art. 143 Abs. 4ParlG).

Die untenstehende Tabelle zeigt diese Instrumen-te in der Übersicht.

Die im Voranschlag mit IAFP enthaltenen Ziele, Messgrössen, Soll- und Ist-Werte der Leis-tungsgruppen dienen schliesslich auch der ver- waltungsinternen Führung und Steuerung: Sie sind – zusammen mit den Meilensteinen und Terminen der Projekte und Vorhaben – Be- standteil der jährlich abzuschliessenden Leis-tungsvereinbarung (Zielvereinbarung) zwischen Departementsvorsteher/-in und Amtsdirektor/-in und können von Departement und Verwal-tungseinheit bedarfsgerecht ergänzt werden.

Weiterführende Informationen:

• Botschaft über die Weiterentwicklung der ziel- und ergebnisorientierten Ver wal tungsführung – Neues Führungsmodell für die Bundes- verwaltung (NFB), BBl 2014 767

• E-Learning zum NFB: www.efv.admin.ch > Themen > Neues Führungsmodell NFB

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10.4 Spezialfinanzierungen und Spezialfonds

SpezialfinanzierungenundSpezialfondssindIns-trumente,mitdenenfinanzielleMittelfüreinenbestimmten Zweck reserviert werden.

Typologie der Spezialfinanzierungen und Spezialfonds

Zweckgebundene Mittel

Spezialfinanzierungengem. Art. 53 FHG;Art. 62 Abs. 1 FHV

Spezialfondsgem. Art. 52 FHG;Art. 61 und 64 FHV

Zuwendungen Dritteraus VA-Krediten

Eigenkapital

Beispiele:– SF Strassenverkehr– SF Luftverkehr

Beispiele:– VOC/HEL- Lenkungsabgabe– Spielbankenabgabe

Fremdkapital

Beispiele:– Familien- ausgleichskasse– Berset Müller Stiftung

Fremdkapital

Beispiele:– Güttinger-Fehr-Fonds– Gottfried Keller Stiftung

Eigenkapital

Beispiele:– Infrastrukturfonds– Bahninfrastrukturfonds (ab 1.1.2016)

Spezialfondsin der Bundesrechnung

Spezialfondsmit Sonderrechnung

Beispiele:– Netzzuschlagsfonds (ab 2017)– Fonds Landschaft Schweiz

Fremdkapital

Beispiele:– Fonds für Regional- entwicklung– Technologiefonds

Eigenkapital

Zuteilung zu Eigen- und FremdkapitalDie Bestände von Spezialfinanzierungen und Spezialfonds werden unter dem Fremdkapital bilanziert, wenn bezüglich Art und Zeitpunkt der Mittelverwendung kein Spielraum besteht. Andernfalls werden sie im Eigenkapital bilanziert.

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Bei der Bildung von Spezialfinanzierungenbzw. der Einrichtung von Spezialfonds ist aus finanzpolitischerSichtgrosseZurückhaltungge-boten, namentlich weil sie komplexer und daher u.U. weniger transparent als eine herkömmliche Finanzierung sind. Eindeutige Regeln, unter wel-chen Umständen besondere Finanzierungsmo-delle gewählt werden sollen, existieren allerdings nicht. Diese Frage ist situativ unter Abwägung der Vor- und Nachteile zu entscheiden.

10.4.1 SpezialfinanzierungenEine Spezialfinanzierung liegt vor, wenn Ein-nahmen ganz oder teilweise zur Erfüllung von bestimmten Aufgaben zweckgebunden wer-den, so beispielsweise im Bereich des Strassen- oder des Luftverkehrs (insb. Mineral ölsteuer, Nationalstrassenabgabe). Unter die Spezialfi-nanzierungen fallen auch Lenkungsabgaben wie beispielsweise die CO2-Abgabe. Die Zweckbin-dung einer Einnahme bzw. die Errichtung einer Spezialfinanzierungbedarfeinerspezifischenge-setzlichen Grundlage; die allgemeine Grundlage in Artikel 53 FHG reicht hierzu nicht aus.

Mögliche Gründe für solche Zweckbindungen sind die Stärkung des Verursacherprinzips oder die Tatsache, dass es leichter ist, politische Mehr-heiten für Mehreinnahmen zu finden, wenndie Erträge für einen gewissen Zweck reserviert werden. Umgekehrt haben Zweckbindungen auch erhebliche Nachteile. Sie verringern die finanzpolitische Flexibilität. Ausserdem bestehteingewissesRisiko,dassdieMittelineffizientein-gesetzt werden, weil sich das Ausgabenniveau nach den Einnahmen statt nach dem eigentli-chenBedarfrichtenkann.Spezialfinanzierungensollten daher regelmässig überprüft werden.

Die Einnahmen und Ausgaben einer Spezial-finanzierung sind in Voranschlag und Staats-rechnung ersichtlich. Die Einnahmen einer Spezialfinanzierung sind Teil der Gesamt- einnahmen des Bundes, und für die aus einer Spezialfinanzierung bezahlten Ausgaben mussjährlich ein Voranschlagskredit beantragt werden.

10.4.2 SpezialfondsSpezialfonds sind Vermögen,

• die dem Bund von Dritten mit bestimmten Auflagen zugewendetwerden, wie z.B. Erb-schaften, Vermächtnisse, Schenkungen; oder

• die auf Grund gesetzlicher Bestimmungen aus Voranschlagskrediten stammen.

Beispiele für Spezialfonds sind der Bahn in-frastrukturfonds, der Netzzuschlagsfonds (ge-plant ab 2017), der Fonds für Regionalentwicklung oder die Gottfried Keller-Stiftung. Die Schaffung eines Spezialfonds, der aus Voranschlagskrediten gespiesenwird,bedarfeinerspezifischengesetz-lichen Grundlage.

Spezialfonds können dann angezeigt sein, wenn grosse Investitionsspitzen anstehen, oder wenn, beispielsweise im Infrastrukturbereich, Mittel-konkurrenz zwischen Neubauten und Betrieb geschaffen werden soll. Gegen die Einrichtung von Spezialfonds sprechen grösstenteils die glei-chenGründewie gegen Spezialfinanzierungen.Insbesondere werden dadurch Parallelhaushalte geschaffen, welche die Steuerung der Bundes-finanzenauseinerübergeordnetenGesamtsichterschweren.

Die Aufwände, Erträge und Investitionen von Spezialfonds werden grundsätzlich nicht im Voranschlag und in der Rechnung des Bundes ausgewiesen. Bei bedeutenden Fonds, wie etwa beim Bahninfrastruktur- oder beim Infrastruk-turfonds werden Sonderrechnungen erstellt, die zusammen mit dem Voranschlag und der Rech-nung des Bundes publiziert werden. Dies ist ins-besondere dann angezeigt, wenn bezüglich der Mittelverwendung ein gewisser Spielraum be-steht. Im Voranschlag und in der Rechnung des Bundes erscheinen lediglich die Einlagen in die Spezialfonds, die vom Bund geäufnet werden.

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10.5 AusgabenbremseDie auf Verfassungsebene verankerte Ausgaben-bremse zielt darauf ab, im ordentlichen Ge- setzgebungsverfahren auf die Einhaltung der Ausgabendisziplin hinzuwirken. Sie schreibt vor, dass neue Subventionsbestimmungen und Fi-nanzbeschlüsse(VerpflichtungskrediteundZahl- ungsrahmen), die einmalige Ausgaben von 20  Millionen oder mehr bzw. wiederkehrendeAusgabenvon2 MillionenodermehrzurFolgehaben, der Zustimmung der Mehrheit der Mit-glieder beider Räte bedürfen (Art.  159 Abs.  3Bst. bBV).

Wird eine Ausgabe als neu betrachtet, so bleibt zu entscheiden, ob sie einmaligen oder wiederkeh-renden Charakter hat. Die einmalige Zahlung zu einem bestimmten Zweck verursacht – als einma-lige Ausgabe – in der Regel keine grundlegenden Probleme. Sie ist einzig an die Limite von 20 Milli-onen gebunden. Hingegen stellt sich die Frage der Zuordnung, wenn Subventionsbestimmungen oder Finanzbeschlüsse wiederholte Zahlun-gen nach sich ziehen. Wenn jährliche Zahlun-gen als zweckmässig betrachtet werden und der Finanzierungsbedarf langfristig besteht (z.B. Beiträge an die Pro Helvetia oder den Schwei-zerischen Nationalfonds für die wissenschaftli-che Forschung), gilt die Ausgabe in der Regel als wiederkehrend. Demnach untersteht der Betrag

der Ausgabenbremse, sofern er die Schwelle von zwei Millionen übersteigt. Wenn hingegen eine Reihe von Zahlungen eine untrennbare Einheit darstellt, dergestalt, dass alle Einzelzahlungen zur Verwirklichung des Projektes (Bauten) oder für den Erwerb eines Objektes (Rüstungsmaterial) unerlässlich sind, handelt es sich um eine einma-lige Ausgabe, obwohl die Zahlungen in aufein-ander folgenden Tranchen erfolgen. Im letzte-ren Fall wird die Ausgabenbremse – unabhängig vom Betrag der Teilzahlung – einzig dann ange-wendet, wenn der Gesamtbetrag 20 Millionenübersteigt. In der Praxis sind periodische Aus-gaben eher im Subventionsbereich anzutreffen, während die einmaligen Ausgaben insbesondere den Eigenbereich des Bundes betreffen. Im Zwei-felsfall ist die Subventionsbestimmung bzw. der Finanzbeschluss der Ausgabenbremse zu unter-stellen.

Die direkt sichtbaren Folgen der Ausgabenbremse sind eher gering. Seit ihrer Einführung hat sie nur in den seltensten Fällen eine konkret nachweis-bare Bremswirkung erzielt. Ihre Wirkung ist des-halb – ähnlich jener des Referendums – in erster Linie präventiv: Die erhöhten Anforderungen an die Genehmigung neuer Ausgaben führen in der Praxis dazu, dass bereits bei der Erarbeitung neu-er Gesetzesvorlagen und Finanzbeschlüsse auf ei-nen massvollen Mittel einsatz geachtet wird.

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10.6 Instrumente der BudgetbereinigungMit der Schuldenbremse verfügt die Schweiz auf Bundesebene über ein finanzpolitischesSteuerungsinstrument, das den strukturellen Aus-gleich des Bundeshaushalts gewährleistet. Unter Berücksichtigung der konjunkturellen Entwicklung gibt die Schuldenbremse vor, in welchem Rahmen sich die Ausgaben des Bundes entwickeln können (vgl.Ziff. 6).Dabeilässtsieallerdingsoffen,wiedievorhandenen Mittel verwendet und strukturelle Defizitebeseitigtwerdensollen.DieAufgabederHaushaltsteuerung bzw. der Verteilung der ver-fügbaren Mittel auf die verschiedenen Aufgaben des Bundes verbleibt somit bei Bundesrat und Par-lament. Ziel der Finanzpolitik ist es nicht nur, ein strukturell ausgeglichenes Budget zu haben, son-dern auch eines, das Wachstum und Wohlstand des Landes unterstützt (Budgetqualität). Struk-turelle Fehlentwicklungen wie etwa die Verdrän-gung der schwach gebundenen Ausgaben durch stark gebundene Ausgaben sollen dabei korrigiert undunklarefinanzpolitischePrioritätenordnungenbeseitigt werden.

Die Wahrung der Budgetqualität ist eine Daueraufgabe von Bundesrat und Parlament. Mit regelmässig erarbeiteten 8- bis 10jährigen Mittelfristperspektiven und darauf aufbauenden finanzpolitischenPrioritäten(vgl.Ziff.7.2.1)wirddem strategischen Anliegen der Budgetqualität Rechnung getragen. Sie sollen auch dazu beitra-gen, dass der Bund – im Sinne einer möglichst ste-tigen Finanzpolitik – strukturelle Lücken, die sich im Haushalt öffnen, rechtzeitig erkennen und ent-sprechende Gegenmassnahmen ergreifen kann.

Allen mittelfristigen Planungs- und Priorisierungs-instrumente zum Trotz können im Bundeshaushalt kurzfristigstrukturelleDefiziteentstehen,beispiels-weise wegen unerwarteten Einnahmenausfällen oder wenn neue Projekte oder Aufgaben innerhalb desAusgabenplafondsfinanziertwerdenmüssen.Bundesrat und Parlament stehen in diesen Fällen verschiedene Instrumente zur Verfügung, die je nach Umfang und Dringlichkeit der jeweils nötigen Entlastungen eingesetzt werden können.

KreditsperreSeit 1997 wird die Kreditsperre zur kurzfristi-gen Haushaltsteuerung in regelmässigen Ab-ständen eingesetzt; sie bildet heute ein wichti-ges und allgemein akzeptiertes Instrument der regelgebundenen Finanzpolitik. Zeigt sich bei der Bereinigung des Voranschlags, dass kurzfris-tigDefiziteinderHöhevonbiszu500Millionenausgeglichen werden müssen, so hat der Bun-desrat die Möglichkeit, die mit dem Voranschlag beantragten Kredite teilweise zu sperren. Bei die-ser Massnahme handelt es sich allerdings ledig-lich um eine bedingte Kürzung. Die gesperrten Kredite werden zwar teilweise (zu einem gewis-sen Prozentsatz) blockiert, können im Rahmen des Budgetvollzugs durch den Bundesrat aber auch wieder freigegeben werden.

Auch das Parlament kann im Rahmen des Bundesbeschlusses über den Voranschlag Kredi-tesperren(Art. 37a FHG). Der Bundesrat hat da-bei die Möglichkeit, solche Sperren im Falle einer schweren Rezession oder bei Vorliegen von ge-setzlichenodervertraglichenVerpflichtungenauf-zuheben(Art. 37b FHG). Im Falle einer Rezession bedarf es dazu jedoch der Zustimmung der Bun-desversammlung.

Die Sperrung der Kredite wird einzig im Voran-schlagsjahr vorgenommen. Es können jedoch auchVerpflichtungskredite und Zahlungsrahmeneiner Sperre unterworfen werden. Grundsätzlich werden dabei alle Kredite gesperrt, der Bundes-rat kann im Rahmen der Budgetbotschaft jedoch gezielt Ausnahmen beantragen. So wurden bis heute im Rahmen von Ausnahmeregelungen die stark gebundenen Voranschlagskredite regelmä-ssigvonderSperreausgenommen(vgl.Ziff. 9.3).Ferner beantragt der Bundesrat grundsätzlich kei-ne Kreditsperren auf den Voranschlägen der Bun-desversammlung, der eidgenössischen Gerichte sowie der Eidgenössischen Finanzkontrolle. Eine Kreditsperre für diese Verwaltungseinheiten wäre direkt durch das Parlament zu beschliessen.

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Die Höhe des Sperrsatzes kann individuell und in Abhängigkeit des gewünschten Entlastungs-ziels oder weiterer finanzpolitischer Zielsetzun-gen festgelegt werden. Im Normalfall ermög-lichen Kreditsperren Entlastungen in der Höhe von 250 bis 500 Millionen, was einer Sperre von 1  bis 2  Prozent entspricht. Ein höherer Sperr-satz wäre grundsätzlich ebenfalls denkbar, doch spätestens ab einem Satz von 3 Prozent dürf-te es unumgänglich sein, Korrekturen an der Aufgabenerfüllung und entsprechende gesetzli-che Änderungen vorzusehen.

Die Kreditsperre wirkt proportional: alle betrof-fenen Kredite werden im gleichen prozentualen Umfang gekürzt. Der grosse Vorteil ist, dass sie sehr rasch – innerhalb weniger Tage – umgesetzt werden kann.

Die Sperrung von Krediten kommt ferner auch dann zum Einsatz, wenn die Rechtsgrundlage für vor-aussehbare Aufwände oder Investitionsvorhaben zum Zeitpunkt der Verabschiedung des Voran-schlagsnoch fehlt (Art. 32Abs. 2 FHG).Zudemsieht das Finanzhaushaltgesetz für den Bundes-rat die Möglichkeit vor, bewilligte Voranschlags- und Verpflichtungskredite zu sperren, um einenFehlbetrag auf dem Ausgleichskonto gemäss Schuldenbremse abzubauen und rückwirkend Überschreitungen des Ausgabenplafonds gemäss Schuldenbremse auszugleichen (Art.  18 Abs.  2FHG). Der Bundesrat hat bis heute jedoch noch nie von diesem Instrument Gebrauch gemacht.

Budgetkürzungen und SparprogrammeBelaufensichdiestrukturellenDefiziteaufmehrals 500 bis 600  Millionen und erstrecken siesich über mehrere Jahre, genügen proportiona-le Kürzungen, wie sie mit einer Kreditsperre er-zielt werden, nicht mehr. Zum einen muss im Sinne der Wahrung der Budgetqualität ab ei-nem gewissen Sparvolumen auch der Einbezug der stark gebundenen Ausgaben geprüft wer-den – diese sind in der Regel von kurzfristigen proportionalen Kürzungen nicht betroffen. Zum

anderen können hohe proportionale Kürzungen auch zu unangemessenen Belastungen einzelner Aufgabengebiete führen; sie stehen deshalb ge-legentlich auch als «Rasenmähermethode» in der Kritik. Demnach muss bei einem höheren und länger anhaltenden Bereinigungsbedarf nach ge-zielteren Sparmassnahmen gesucht werden. Dies erfordert indes deutlich mehr Zeit als die Umset-zung proportionaler Kürzungen. Dazu hat sich in der vergangenen Jahren ein Vorgehen mit meh-reren Etappen etabliert.

In einem ersten Schritt definiert der Bundesratnach einem bestimmten Verteilschlüssel Spar-vorgaben für die Departemente und die Bundes-kanzlei. Der Verteilschlüssel wird jeweils an die aktuellen Gegebenheiten angepasst; in der Regel fliessendiestarkgebundenenAusgabenmitei-ner tieferen Gewicht in den Schlüssel ein als die schwach gebundenen.

Im zweiten Schritt erarbeiten die Departemente mögliche Sparmassnahmen. Sie können sich da-bei an vier klassischen Strategien ausrichten:

• Aufgabenverzicht / Leistungsabbau• Rationalisierung/Effizienzsteigerung• Auslagerung / Outsourcing• EntflechtungvonVerbundaufgaben

In der Regel hält der Bundesrat die Departemente auch an, wichtige Erfolgsfaktoren von Sparpro-grammen zu beachten, so insbesondere die Wahrung einer gewissen Ausgewogenheit – zwi-schen den Aufgabengebieten, aber auch zwi-schen dem Transfer- und dem Eigenbereich. Zu den Erfolgsfaktoren gehört ferner der Verzicht auf reine Lastenabwälzungen auf die Kantone oder Gemeinden.

Der dritte Schritt besteht darin, dass der Bundes-rat die von den Departementen und der Bundes-kanzlei erarbeiteten Massnahmen prüft und ein entsprechendes Massnahmenpaket materiell ver-abschiedet.

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Die Umsetzung, der vierte Schritt, hängt vom Gehalt der Massnahmen ab. Bei kleineren Mass-nahmenpaketen, die zudem keine Gesetzesände-rungen erfordern, können die Massnahmen dem Parlament im Rahmen des Voranschlags mit integ-riertem Aufgaben- und Finanzplan beantragt wer-den. Diesfalls können die Sparmassnahmen inner-halb von einigen Monaten umgesetzt werden.

Bei grösseren Massnahmenpaketen, und wenn Gesetzesänderungen notwendig sind, erstellt der Bundesrat eine Botschaft an das Parlament. Ge-gebenenfalls ist vorgängig auch eine Vernehm-lassung durchzuführen. Bei diesen Vorlagen han-delt es sich in der Regel um Mantelerlasse, in welche die angestrebten Gesetzesänderungen integriert werden. Einen Sonderfall bildet dabei das Bundesgesetz über Massnahmen zur Ver-besserung des Bundeshaushalts (SR 611.010), in welchem dem Parlament die sogenannten Spar-aufträge zur Genehmigung unterbreitet werden. In solchen Sparaufträgen werden all jene Mass-nahmen zusammengefasst, deren Umsetzung grundsätzlich auch ohne Gesetzesänderungen möglich wäre. Die Bündelung sämtlicher Mass-nahmen in einer Vorlage bietet dabei mehrere Vorteile:

• Sie erhöht die Transparenz der Massnahmen, was insbesondere für die von den geplanten Kürzungen betroffenen Leistungsempfänger wichtig ist.

• Die innere Ausgewogenheit der Vorlage wird deutlich gemacht.

• Ein mittels Gesetz beschlossenes Programm verfügt über eine höhere politische Legitimität und Verbindlichkeit.

In diesem Fall ist für die Umsetzung der Sparmass-nahmen mindestens ein Jahr notwendig. Seit der Einführung der Schuldenbremse wurden mit den Entlastungsprogrammen 2003 und 2004 (EP 03, EP04),demKonsolidierungsprogramm 2012–2013

(KOP  12/13) und dem Konsolidierungs- undAufgabenüberprüfungspaket 2014 (KAP 2014) ins-gesamt vier Entlastungsprogramme aufgelegt. Ein fünftes, das Stabilisierungsprogramm 2017–2019, befand sich zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Handbuchs in Erarbeitung.

Schwachpunkte kurzfristiger HaushaltsbereinigungenIn vielen Fällen stellen Budgetkürzungen, Spar-programme oder Kreditsperren die einzige Mög-lichkeit dar, strukturelle Ungleichgewichte des Haushalts kurzfristig auszugleichen. Solch kurz-fristig wirkende Massnahmen sind aber auch mit erheblichenNachteilenverbunden.Befindetsichder Haushalt im Ungleichgewicht, so genügt es mittel- bis langfristig nicht, Beiträge des Bun-des zu kürzen resp. deren Wachstum vorüber-gehend etwas einzudämmen. Weit wichtiger ist in solchen Fällen eine generelle Überprüfung des staatlichen Leistungsangebots, was angesichts der jeweils herrschenden Zeitknappheit jedoch oft nicht möglich ist.

Der grösste Nachteil von kurzfristig wirkenden Entlastungsmassnahmen besteht in der syste-matischen Ungleichbehandlung von gebunde-nen und ungebundenen Ausgaben. Da erste-re ausser im Rahmen von Sparprogrammen mit eigenen Botschaften zumeist von Kürzungen ausgenommen bleiben, konzentrieren sich die Konsolidierungsbemühungen oft auf die weni-ger stark gebundenen Ausgabenteile. Dies hat zur Folge, dass der an sich unerwünschten Ver-drängung der ungebundenen Ausgaben durch gebundene Ausgaben gar noch Vorschub ge-leistet wird. Es besteht die Gefahr, dass Investi-tionen in für das Wachstum und die Beschäfti-gung wichtige Aufgabengebiete (z.B. Bildung und Forschung, Verkehrsinfrastruktur) übermä-ssig stark beschnitten werden. Umso grösser ist die Bedeutung einer an langfristigen Zielen aus-gerichtete Schwerpunktsetzung, wie sie etwa in denfinanzpolitischenPrioritätendesBundesrates(s. Ziff. 7.2.1) zum Ausdruck kommt. Nötig ist

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darüber hinaus aber auch eine Koordination der wichtigsten Finanzbeschlüsse, ohne die die an-gestrebte Priorisierung einzelner Aufgaben nicht gelingen kann (s. Ziff. 10.2).

Zur Vermeidung von Sparprogrammen kann schliesslich auch eine periodische Überprüfung der Aufgaben und Leistungen des Staates bei-tragen. Mit der Implementierung des NFB und mit der Anpassung der Subventionsüberprüfung (s. Ziff. 9.2.2) werden die Voraussetzungen für das Gelingen von regelmässigen Aufgaben-überprüfungen verbessert. Zum einen sind rund 130  Leistungsgruppen gebildet worden, die

weitgehend auf dem Aufgabenportfolio aufbau-en und dieses verfeinern. Zum andern lässt sich die regelmässige Überprüfung der Aufgaben neu mit der Subventionsüberprüfung verbinden. Dies ist für einen Transferhaushalt ein Gebot, setzt aber mit Blick auf die politischen Entscheidungskapazi-täten voraus, dass – wie es der geänderte Artikel 5 des Subventionsgesetzes vorsieht – nicht mehr alle Subventionen auf einmal überprüft werden müssen, sondern departementsweise vorgegan-gen werden kann. Auch wenn Aufgaben- und Subventionsüberprüfungen nicht primär das Ziel verfolgen, den Haushalt zu entlasten, können sie Hinweise auf mögliche Massnahmen geben.

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11 Sonderrechnungen

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11.1 Bahninfrastrukturfonds

11.1.1 Rechtsgrundlage, Struktur und Kompetenzen

Artikel 87a Absatz 2 der Bundesverfassung (BV) hält fest, dass die Eisenbahninfrastruktur über ei-nenFondsfinanziertwirdunddefiniertdiedemFonds zugewiesenen Mittel. Weitere, temporä-re Finanzierungsquellen sind in Artikel 196 Zif-fer 3 Absatz 2 sowie Ziffer 14 Absatz 4 BV ge-nannt. Die Funktionsweise und die Verfahren

dieses Bahninfrastrukturfonds (BIF) sind im Bun-desgesetz über den Fonds zur Finanzierung der Eisenbahninfrastruktur (BIFG; SR 742.140) festgelegt. Die untenstehende Grafik zeigt dasGrundprinzip des Fonds.

Der BIF hat die Form eines rechtlich unselbständi-gen Fonds mit eigener Rechnung. Er besteht aus einer Erfolgsrechnung, einer Investitionsrechnung und einer Bilanz.

Allg. Bundeshaushalt (2341)

LSVA (890)

Mehrwertsteuer (317)

Mineralölsteuer (299)

Direkte Bundessteuer (206)

Kantonsbeitrag (500)

Einlagen Entnahmen

Betrieb (528)

Substanzerhalt (2392)

NEAT (766)

BAHN 2000/ZEB (552)

HGV-Anschluss (56)

Lärmschutz (60)

STEP 2025 (66)

Forschungsaufträge (2)

Zinsen (120)

Rückzahlung Bevorschussung (0)

BIF

Bahninfrastrukturfonds (Werte gemäss Voranschlag 2016 in Mio. Franken)

CEVA Annemasse (10)

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In der Erfolgsrechnung werden die Einlagen in Form von zweckgebundenen Einnahmen, die Einlagen aus dem allgemeinen Bundeshaushalt sowie die Aktivzinsen auf den Darlehen als Ertrag ausgewiesen. Der Aufwand setzt sich aus den Entnahmen für den Betrieb, den Passivzinsen auf denVerpflichtungenundausdenAbschreibun-gen von Aktiven zusammen.

In der Investitionsrechnung werden als Einnah-men die Rückzahlung und als Ausgaben die Gewährung von Darlehen (i.d.R. variabel ver-zinsliche, bedingt rückzahlbare Darlehen) so-wie die Investitionsbeiträge (A-fonds-perdu-Bei-träge) an die Erneuerung und Modernisierung («Substanzerhalt») und an den Ausbau der Eisenbahninfrastruktur ausgewiesen.

Die BilanzumfasstalleAktivenundVerpflichtun-gen des BIF.

Es gelten die folgenden Kompetenzen:

• Der Bundesrat legt die Höhe der vorgesehenen Finanzmittel fest, die dem BIF zugewiesen wer-den (Art. 3 Abs. 1 BIFG). Zudem bringt er der Bundesversammlung die Finanzplanung des Fonds zusammen mit dem Voranschlag (Art. 8 Abs. 2 BIFG) zur Kenntnis.

• Die Bundesversammlung legt gleichzeitig mit dem jährlichen Voranschlag in einem einfa-chen Bundesbeschluss die Mittel fest, welche dem BIF für den Betrieb und Substanzerhalt, den Ausbau und die Forschungsaufträge ent-nommen werden (Art. 4 Abs. 1 BIFG). Die Bun-desversammlung genehmigt schliesslich die Rechnung des BIF (Art. 8 Abs. 1 BIFG).

11.1.2. Funktionsweise des Fonds und Grundzü-gederBahninfrastrukturfinanzierung

Die Finanzierung von Betrieb und Unter halts-arbeiten («Betrieb»), Erneuerung und Moder-nisierung («Substanzerhalt») sowie des weite-ren Ausbaus der Eisenbahninfrastruktur erfolgt ausschliesslich über den BIF. Er übernimmt auch die Schulden (kumulierte Bevorschussung) des FinöV-Fonds per Ende 2015. Für die Verzinsung und vollständige Tilgung der FinöV-Schulden hat der BIF spätestens ab dem 1.1.2019 50 Prozent der zweckgebundenen Einlagen aus der LSVA sowie die Mineralölsteuermittel einzusetzen (Art. 11BIFG).ÜberdieBevorschussunghinausdarf sich der Fonds nicht verschulden. Er bildet daher eine angemessene Reserve, um Schwan-kungen bei den Einlagen auffangen zu können (Art. 7 BIFG).

Zur Finanzierung seiner Aufgaben werden dem BIF folgende Mittel dauerhaft zugewiesen (Art. 87a, Abs. 2 und 3 BV; Art. 57 Abs. 1 EBG):

• höchstens zwei Drittel des Reinertrags der leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe (LSVA);

• ein Mehrwertsteuer-Promille;

• zwei Prozent der Einnahmen aus der direkten Bundessteuer der natürlichen Personen;

• 2,3 Milliarden aus dem allgemeinen Bun-deshaushalt, die der Entwicklung des rea-len Bruttoinlandprodukts und der Teuerung (Bahnbau-Teuerungsindex) angepasst werden;

• Kantonsbeiträge in der Höhe von 500 Millionen.

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11 Sonderrechnungen

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Darüber hinaus werden dem BIF folgende Mittel befristet zugewiesen (Art. 196. Ziff. 3 Abs. 2 und Ziff. 14 Abs. 4 BV):

• ein zusätzliches Mehrwertsteuer-Promille (ab 2018 bis längstens 2030);

• neun Prozent des Reinertrages der zweckge-bundenen Mineralölsteuer (bis zur vollstän-digen Rückzahlung der Bevorschussung), maximal jedoch 310 Millionen zum Preisstand 2014.

DieEntnahmenausdemBIFhabennachArtikel 4Absatz 2 BIFG vorrangig den Bedarf für Betrieb und Substanzerhalt der Eisenbahninfrastruktur sicherzustellen. Für diese Entnahmen bewilligt die Bundesversammlung alle vier Jahre einen Zahlungsrahmen. In darauf abgestimmten vier-jährigen Leistungsvereinbarungen werden die zu erreichenden Ziele und die dafür vom Bund an die 39 Eisenbahnunternehmen gewährten Mittel verbindlich festgelegt. Zum Ausgleich der – gemäss ihrer Mittelfristplanung – nicht ge-deckten Kosten aus Betrieb und Unterhalt er-halten die Unternehmen jährlich Abgeltungen.

Weil die erforderlichen Erneuerungsinvestitio-nen i.d.R. nicht vollumfänglich aus Abschrei-bungen und den verfügbaren Liquiditätsreser-venfinanziertwerdenkönnen,werdenüberdieLeistungsvereinbarungen auch zinslose, bedingt rückzahlbare Darlehen ausgerichtet (Art. 51b EBG, SR 742.101). Ab 2016 werden die bisher von Bund und Kantonen gemeinsam finanzier-ten Kosten für Betrieb und Substanzerhalt der PrivatbahnenvollumfänglichausdemBIFfinan-ziert; im Gegenzug leisten die Kantone einen Pauschalbeitrag an den BIF.

Die Massnahmen zum Ausbau der Eisen-bahninfrastruktur werden durch die Bundesver-sammlung beschlossen (Art. 48c EBG). Im Rah-men seinerfinanziellen Steuerungbewilligt dasParlament auf die jeweiligen Ausbauschritte ab-gestimmteVerpflichtungskredite.DerBundesratlegt der Bundesversammlung alle vier Jahre ei-nenBerichtzumStanddesAusbausvor(Art. 48bEBG). Die Finanzierung der Ausbaumassnahmen erfolgt in Form von zinslosen, bedingt rückzahl-baren Darlehen für aktivierbare Investitionen und in Form von A-fonds-perdu-Beiträgen für nicht-aktivierbare Investitionen.

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11.2 Infrastrukturfonds

11.2.1 Rechtsgrundlage, Struktur und Kompetenzen

Der Infrastrukturfonds für den Agglomera tions-verkehr, das Nationalstrassennetz sowie Haupt-strassen in Berggebieten und Randregionen ist auf Artikel 86Absatz 3und173Absatz2BVabge-stützt und wurde per 1.1.2008 in Kraft gesetzt. Das Infrastrukturfondsgesetz vom 6.10.2006 (IFG, SR 725.13) regelt die Grundsätze des Fonds. Im Bundesbeschluss über den Gesamtkredit für den Infrastrukturfonds vom 4.10.2006, wurde die Ver-teilung auf die verschiedenen Aufgabengebiete festgehalten(Art. 1).InderVerordnungüberdieVerwendung der zweckgebundenen Mineralöl-steuer (MinVV, SR 725.116.21) werden schliess-lich die Verfahren präzisiert.

Der Infrastrukturfonds hat die Form eines recht-lich unselbständigen Fonds mit eigener Rechnung. Es wird eine Erfolgsrechnung und eine Bilanz ge-führt, ergänzt mit einer Liquiditätsrechnung, die den Stand der Fondsmittel aufzeigt.

Die Erfolgsrechnung umfasst:

• den Ertrag: Dieser setzt sich zusammen aus den Einlagen sowie den Aktivierungen der Nationalstrassen im Bau und der Darlehen an Schienenprojekte des Agglomerationsverkehrs.

• den Aufwand: Dieser setzt sich zusam-men aus den Entnahmen für die Finanzie-rung der Aufgaben (Netzvollendung und Engpassbeseitigungen Nationalstrassen, Mass-nahmen im Bereich der Agglomerationen, Hauptstrassen in Berg- und Randregionen) so-wie den Wertberichtigungen betreffend die aktivierten Nationalstrassenabschnitte im Bau und die Gewährung von bedingt rückzahl-baren Darlehen an Schieneninfrastrukturpro-jekte des Agglomerationsverkehrs (S-Bahnen

und Tramlinien). Bei den Entnahmen für die Nationalstrassen wird nach aktivierbaren und nichtaktivierbaren Anteilen unterschieden. Der Bund kann Ausgaben im Zusammenhang mit dem Nationalstrassenbau nur aktivieren, wenn ihm ein entsprechender Vermögens-wert zugeht. Nicht aktivierbar sind deshalb Ausgaben für Anlagen, die in den Besitz der Kantone übergehen (z.B. Schutzbauwerke gegen Naturgefahren ausserhalb des Natio-nalstrassenperimeters, Verbindungsstrassen von den Nationalstrassen zum untergeordne-ten Strassennetz usw.) oder Ausgaben ande-rer Art (z.B. Landumlegungen, Archäologie, ökologische Ausgleichsmassnahmen usw.). Ab 1.1.2017 soll der Infrastrukturfonds mit einer Investitionsrechnung ergänzt werden. Geschäftsvorfälle mit Investitionscharakter werden von diesem Zeitpunkt an nicht mehr in der Erfolgsrechnung, sondern in der Investi-tionsrechnung verbucht. Der Detaillierungs-grad der Aufwände und Investitions ausgaben bleibt im gleichen Mass erhalten wie vor der Anpassung.

Die Bilanz setzt sich wie folgt zusammen (we-sentliche Positionen):

• Umlaufvermögen: die verfügbaren Mittel be-stehen zur Hauptsache aus den Forderungen an den Bund. Der Infrastrukturfonds verfügt nicht über flüssige Mittel, da die Liquiditätfortlaufend und nur im Ausmass des tatsäch-lichen Mittelbedarfs durch den Bund bereitge-stellt wird.

• Anlagevermögen: Dieses setzt sich aus den aktivierten und wertberichtigten National-strassen im Bau sowie den aktivierten und wertberichtigten, bedingt rückzahlbaren Dar-lehen an Schieneninfrastrukturprojekte des Agglomerationsverkehrs zusammen.

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• Fremdkapital: Die Verbindlichkeiten gegen über Dritten, die passive Rechnungsabgrenzung so-wie die Garantierückbehalte, gegliedert nach kurz- und langfristigen Finanzverbindlichkeiten, werden im Fremdkaptal ausgewiesen.

• Eigenkapital: Das Eigenkapital ergibt sich als Residualgrösse aus den Aktiven nach Abzug des Fremdkapitals.

Die Bundesversammlung hat mit dem Bundes-beschluss vom4.10.2006 einenVerpflichtungs-kredit (Gesamtkredit) für den Infra strukturfonds von 20,8 Milliarden (Preisstand 2005, ohne Teuerung und Mehrwertsteuer) bewilligt. Be-reits zu Beginn freigegeben wurden die Tran-chen des Gesamtkredites für die Fertigstellung des Nationalstrassennetzes (8,5 Mrd.), dieMit-tel für die Realisierung von dringenden und bau-reifen Projekten des Agglomerationsverkehrs (2,6 Mrd.) sowie die Beiträge an Hauptstra-ssen in Berggebieten und Randregionen (800 Mio.). Mit Beschlüssen vom 21.9.2010 und vom 16.9.2014 gab das Parlament Mittel für die realisierungsreifen Vorhaben der Program-me Engpassbeseitigung auf den Nationalstrassen und der Programme Agglomerationsverkehr frei.

Während der Laufdauer des Fonds genehmigt die Bundesversammlung jährlich die Rechnung des Fonds sowie – zusammen mit dem Voranschlag – die Entnahmen aus dem Fonds für die einzelnen Aufgaben. Sie beschliesst im Rahmen des Vor-anschlags des Bundes zudem über die jährlichen EinlagenindenFonds.GemässArtikel 9IFGdarfsich der Fonds nicht verschulden.

Der Bundesrat erstellt eine Finanzplanung des Fonds, die er dem Parlament jährlich zusam-men mit dem Voranschlag oder im Rahmen des LegislaturfinanzplanszurKenntnisbringt.ImÜb-rigen verfügt der Bundesrat über die Kompetenz, den Gesamtkredit um die ausgewiesene Teue-rung und die Mehrwertsteuer zu erhöhen.

11.2.2 Funktionsweise des FondsDer Bund legt zulasten der SpezialfinanzierungStrassenverkehr Mittel in den Infrastrukturfonds ein. Dort werden diese gemäss den Vorgaben des Infrastrukturfondsgesetzes wie folgt verwendet:

• Fertigstellung des beschlossenen National-strassennetzes nach Artikel 197 Ziffer 3 BV

• Beseitigung von Engpässen im National-strassennetz

• Investitionen des Agglomerationsverkehrs • Beiträge an Hauptstrassen in Berggebieten

und Randregionen

Ab 2015 erfolgen auch Einlagen aus der Sankti-on CO2-Verminderung bei Personenwagen.

Für die Verwendung der Mittel bestehen teil-weise Einschränkungen. Dem Infrastrukturfonds wurde mit der Inkraftsetzung eine Ersteinlage in Höhe von 2,6  Milliarden gutgeschrieben.Die Ersteinlage kann gemäss Artikel  2 Ab-satz 2 des IFG nur für die Fertigstellung des Nationalstrassennetzes, die Engpassbeseitigung und die Beiträge an Hauptstrassen verwendet werden. Diese Bedingungen gelten auch für die zusätzliche Einlage von 850  Millionen, die dasParlament per 2011 zur Verbesserung der Liqui-dität des Infrastrukturfonds am 1.10.2010 be-schlossen hat.

Demgegenüber werden die Ausgaben des Agglomerationsverkehrs aus den jährlichen Ein-lagenfinanziert.

Die Einlagen in den Infrastrukturfonds sind ge-mässArtikel 2Absatz3 IFGsozudimensionie-ren,dasssowohldieüberdenFondsfinanziertenAufgaben wie auch die übrigen Aufgaben nach Artikel 86Absatz 3BVübergenügendMittelver-fügen.

Der Infrastrukturfonds ist auf 20 Jahre befristet (Art. 13 IFG). Allfällig verbleibende Mittel wer-denaufdieSpezialfinanzierungStrassenverkehrübertragen.

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50 % Mineralölsteuer (zweckgebunden)

Beiträge an Kosten für Hauptstrassen (an Kantone)

Nicht werkgebundene Beiträge (an Kantone)

Übrige werkgebundene Beiträge (an Bahn)

Forschung und Verwaltung

Rückstellungen / Reserven

Beiträge für Hauptstrassen in Berggebieten und Randregionen (an Kantone)

Beiträge für Umweltschutz / Landschaftschutz /Schutz vor Naturgefahren

Spezialfinanzierung Strassenverkehrsowie Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrs-Fonds

Nationalstrassen- undAgglomerationsverkehrs-Fonds (NAF)

Bundesrechnung Sonderrechnung

SpezialfinanzierungStrassenverkehr (SFSV)

Einnahmen

Ausgaben

100 % Mineralölsteuerzuschlag

100 % Automobilsteuer*

100 % Nationalstrassenabgabe (Autobahnvignette)

100 % Abgabe für «Elektro-Fahrzeuge»

Nationalstrassen

Beiträge an Agglomerationsverkehr

Reserven

Einnahmen / Einlagen

Ausgaben / Entnahmen

**

* Ausnahmen möglich

** Weitere vom Gesetz zugewiesene Mittel

11.2.3 Ausblick: Nationalstrassen- und Agglo-merationsverkehrs-Fonds

Sofern Parlament und Volk der Vorlage zu-stimmen, soll ab 2018 der unbefristete, auf Verfassungsstufe verankerte Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrsfonds (NAF) in Kraft gesetzt werden. Dieser löst den Infrastrukturfonds ab und dient der Finanzierung der Nationalstra-ssen sowie der Beiträge an Massnahmen zur Ver-besserung der Verkehrsinfrastruktur in Städten und Agglomerationen.

Wie beim Bahninfrastrukturfonds (BIF) fliessenbestehende und neue Einnahmen direkt in die-sen Fonds. Zu nennen sind der Mineralölsteuer-zuschlag, die Nationalstrassenabgabe sowie die

Automobilsteuer. Letztere kann bei Sparmass-nahmen im Bundeshaushalt allerdings auch ganz oder teilweise zur Minderung von Einsparungen in anderen Aufgabenbereichen verwendet wer-den.

Der NAF soll die langfristige Planungs- und Rea-lisierungssicherheit für die Nationalstrassen und für den Agglomerationsverkehr erhöhen.

Weitere Aufgaben im Zusammenhang mit dem Strassenverkehr werden über die nach wie vor bestehende Spezialfinanzierung Strassenverkehrfinanziert.AlsEinnahmestehtdieserderzweck-gebundene Anteil der Mineralölsteuer zur Verfü-gung.

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11.3 Eidgenössische Alkoholverwaltung

11.3.1 AllgemeinesDie EAV ist verantwortlich für den Vollzug der Alkoholgesetzgebung. Die gesetzlichen Grund-lagen, die für die EAV massgebend sind, fin-den sich in Artikel  105, 112, und 131 BVsowie im Alkoholgesetz (SR 680). Als Steuer-behörde kontrolliert die EAV Import, Produk-tion und Handel mit Spirituosen sowie weite-re, dem Alkoholgesetz unterstellte Alkoholika. Ein wesentliches Ziel der Alkoholgesetzgebung ist, die schädlichen Wirkungen des Alkohol-konsums einzudämmen. Dieser gesundheits-politische Grundsatz ist in Artikel  105 BV verankert.AusserdemräumtArtikel 131BVdemBund die Kompetenz ein, «gebrannte Wasser» zu besteuern.

Experten der Alkoholprävention attestieren den staatlichen Steuerungsmassnahmen im Alkohol-bereich eine besonders wirksame und nachhal-tige Funktion. Zu diesen staatlichen Instrumen-ten zählen namentlich die Steuer auf Spirituosen, die entsprechenden Kontrollen des Marktes, aber auch Handels- und Werbebestimmungen.

Um die Besteuerung zu gewährleisten, müssen die Produktions-, Import- und Handelsbetriebe überwacht werden. Im Sinne einer wirksamen und effizienten Kontrolle werden die entspre-chenden Arbeiten risikoorientiert vorgenommen. Das System basiert zum einen auf Kontrollen an Ort und Stelle, zum anderen auf den Revisionen anhand der Geschäftsbücher. Die in Kontrolle und Revision ausgebildeten Mitarbeiter und Mit-arbeiterinnen haben die Kompetenz, Strafunter-suchungen durchzuführen.

Nach Artikel  44f des Alkoholgesetzes geht der ReinertragderEAVzu90 ProzentandieAHV/IV,während die Kantone (verteilt nach ihrer Bevöl-kerungszahl)die restlichen10 Prozenterhalten.Letztere verwenden ihren Anteil zur Bekämpfung des Suchtmittelmissbrauchs. Der erwirtschaftete Reinertrag betrug in den letzten Jahren durch-schnittlichüber260 Millionen.

Das Profitcenter der EAV, Alcosuisse, verkaufthochgradigen Ethanol für industrielle Anwen-dungen. Der Rohstoff wird für die Lebensmit-telindustrie, für chemisch-technische sowie für pharmazeutische und kosmetische Zwecke ver-wendet.

11.3.2 Rechnung der EAVDas Finanz- und Rechnungswesen der EAV wird nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ge-führt (Verordnung über das Finanz- und Rech-nungswesen der EAV; SR 689.7). Budget und Rechnung der EAV setzen sich insbesondere aus der Erfolgs- und der Investitionsrechnung zusam-men.

Aus der Erfolgsrechnung sind der Aufwand (Per-sonal, Sachaufwand, Alkoholprävention), der Er-trag (Verkauf Ethanol, Fiskaleinnahmen, Vermö-genserträge, betriebsfremder Erfolg) sowie der Reinertrag ersichtlich.

Die EAV führt eine Investitionsrechnung, in der sie über die wertvermehrenden Ausgaben für bauliche Anlagen, Betriebseinrichtungen, Fahr-zeuge und Alkoholtransportbehälter Rechen-schaft ablegt. Die Investitionen werden in die-ser Rechnung zum Beschaffungspreis aufgeführt und nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen in der Erfolgsrechnung abgeschrieben.

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11 Sonderrechnungen

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Das Profitcenter Alcosuisse wird mittels Leis-tungsvereinbarung und Globalbudget gesteuert. Die Geschäftsführung erfolgt nach privatwirt-schaftlichen Prinzipien.

11.3.3 Totalrevision der AlkoholgesetzgebungDie Alkoholpolitik des Bundes steht vor Refor-men. Der Bundesrat hat im Jahr 2012 die Bot-schaft zur Totalrevision der Alkoholgesetzgebung verabschiedet. In diesem Rahmen schlägt er vor, das Steuer- und Kontrollsystem im Bereich der

Spirituosen wesentlich zu vereinfachen. Zudem sollen die Alkoholmonopole aufgehoben wer-den. Entsprechend soll sich der Bund aus dem Import, dem Handel und Verkauf von Ethanol zurückziehen. Die EAV wurde beauftragt, die Zukunft ihres Profitcenters Alcosuisse, nament-lich dessen Privatisierung anzugehen. Ohne Al-cosuisse kann die EAV sodann in die zentrale Bundesverwaltung reintegriert werden, womit auch die Sonderrechnung wegfallen dürfte.

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Die von der EFV geführte zentrale Bundes-tresorerie stellt die ständige Zahlungsbereit-schaft der zentralen Bundesverwaltung so-wie der Verwaltungseinheiten der dezentralen Bundesverwaltung, die keine eigene Rechnung führen, sicher. Aus diesem Grundauftrag ergeben sich drei Hauptaufgaben der Bundestresorerie:

• Schuldenbewirtschaftung: Deckung der Finan-zierungsbedürfnisse durch Mittelbeschaffung am Geld- und Kapitalmarkt zu möglichst tie-fen Kosten bei einem akzeptablen Risiko

• Liquiditätsmanagement: Sicherstellung eines angemessenen Bestands an Tresoreriemitteln zum Ausgleich von Liquiditätsschwankungen; sichere und zinstragende kurzfristige Anlage des Liquiditätsbestandes resp. kurzfristige De-ckung von Liquiditätslücken

• Devisenbewirtschaftung: Zentrale Beschaffung und Bewirtschaftung von Fremdwährungen zur Gewährleistung von Planungssicherheit

12.1 SchuldenbewirtschaftungZur Finanzierung des intern nicht gedeckten Mittelbedarfs kann die Tresorerie Gelder am Geld- und Kapitalmarkt aufnehmen. Die Bewirt-schaftung dieser Schulden richtet sich nach fol-genden Zielen und Grundsätzen:

• Das oberste Ziel ist die Sicherstellung der Zah-lungsbereitschaft des Bundes.

• Die Deckung der Finanzierungsbedürfnisse des Bundes erfolgt, über einen längeren Zeitraum betrachtet, zu möglichst tiefen Kosten bei ak-zeptablem Risiko (vgl. Kasten).

• Ein kosteneffizienter Zugang zumGeld- undKapitalmarkt ist laufend sicherzustellen. Da-bei stellen die Transparenz und Kontinuität der Emissionstätigkeit, die Liquidität im Sekun-därmarktunddiegenerelleKontaktpflegemitBanken und Investoren wesentliche Elemente dar.

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12 Tresorerie

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Zur Mittelbeschaffung auf dem Geld- und Kapi-talmarkt werden drei Instrumente eingesetzt:

• Öffentliche Anleihen mit fixem Zinssatz undmehrjähriger Laufzeit

• Geldmarkt-Buchforderungen (GMBF) mit Lauf-zeiten von drei, sechs und zwölf Monaten

• Kurzfristige Kredite mit fester Laufzeit (Geld-marktkredite)

Der Bund deckt seinen Fremdmittelbedarf aus-schliesslich am Schweizer Franken-Markt.

12.1.1 AnleihenDas wichtigste Instrument des Bundes zur De-ckung seines langfristigen Finanzierungsbedar-fes sind die Eidgenössischen Anleihen («Eidge-nossen»). Seit 1980 werden die Eidgenossen im Auktionsverfahren emittiert. Jeweils zu Jahres-beginn wird ein Emissionskalender mit dem ge-planten jährlichen Emissionsvolumen und den Auktionsdaten publiziert. Abgesehen von einem Unterbruch im Sommer finden die Auktionenin der Regel monatlich am zweiten Mittwoch statt. Die Auktionen werden über eine elektroni-sche Handelsplattform mittels eines Zinstenders durchgeführt. Bei der Ausgabe werden ledig-lich der Nominalzinssatz und die Laufzeit fest-gelegt, während der Emissionsbetrag und der Ausgabepreis und damit die Rendite aufgrund der eingereichten Offerten der an der Plattform angeschlossenen Teilnehmer (Banken sowie ein-zelne bedeutende institutionelle Anleger) be-stimmt werden. Jeder Teilnehmer kann beliebig viele Offerten, auch mit unterschiedlichen Prei-sen, einreichen. Die Zuteilung erfolgt nach dem Einheitspreisverfahren (holländisches Verfahren), d.h. einheitlich zum niedrigsten noch akzeptier-ten Preis. Es werden jene Teilnehmer berücksich-tigt, die diesen oder einen höheren Preis gebo-ten haben. Als Beauftragte des Bundes ist die Schweizerische Nationalbank (SNB) für die tech-nisch-administrative Abwicklung der Auktionen verantwortlich. Die Bundesanleihen werden an der Schweizer Börse SIX Swiss Exchange kotiert.

Der Bund hält ein beschränktes Volumen an (erst-malig noch nicht platzierten) Titeln im Eigenbe-stand. Diese sogenannten Eigenquoten werden bei Auktionen zurückbehalten und können bei Bedarf zwischen den ordentlichen Auktionster-minen direkt am Markt verkauft werden. Sonst nimmt die Bundestresorerie nicht aktiv am Han-del mit Bundesobligationen teil.

Bundesobligationen enthalten eine Reopening-Klausel. Dadurch kann eine Anleihe mit der Ausga-be fungibler Obligationen (identische Anleihebe-dingungen) im Betrag erhöht werden. Mit dieser Aufstockungsmöglichkeit erhöht sich die Liqui-dität und die Handelbarkeit der Bundesanleihen. ImDurchschnitt hat der Bund rund20 Anleihenausstehend, und i.d.R. wird pro Jahr eine Anlei-he zur Rückzahlung fällig. Pro Auktion werden je nach Mittelbedarf etwa 200–500  Millionenaufgenommen. Eine erstmalig begebene Anlei-he (Basisanleihe) wird über ihre Laufzeit hinweg mittels Aufstockungen sukzessive auf maximal 5–7 Milliardenerhöht.

Am Schweizer Kapitalmarkt (Markt für Anlagen mit einer Fristigkeit von mehr als einem Jahr) war der Bund in den letzten zwei Dekaden mit einem Anteil am Emissionsvolumen von durchschnitt-lich 7,1 Milliarden, was etwa einem Viertel des jährlichen Emissionsvolumens entspricht, promi-nent vertreten. Mit dem Schuldenabbau der letz-ten10 JahresankderAnteilbisauf13Prozentim 2014. Gemessen am Volumen der insgesamt ausstehenden Anleihen am Schweizer Kapital-markt beträgt der Anteil der Eidgenossen derzeit rund 25 Prozent.

Die Tresorerie ist bestrebt, die relevanten Lauf-zeiten der Schweizer-Franken-Zinskurve mit-tels Neuemissionen und anschliessenden Auf-stockungen der Basisanleihen abzudecken. Die ausstehenden Bundesobligationen bilden mit ihrer jeweiligen Restlaufzeit und der jeweiligen Rendite die Zinskurve der Staatsanleihen. Die-se Renditen gelten für die Marktteilnehmer als

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risikoloser Zinssatz. Entsprechend ist die Schwei-zer-Franken-Zinskurve für diese die zentrale Re-ferenzgrösse,waseineneffizientenPrimär-undSekundärmarkt sowohl für die Obligationen als auch für davon abgeleitete Zinsderivate er-möglicht. Um den Sekundärmarkthandel mit Bundesobligationen zu unterstützen, werden die Anleihen regelmässig aufgestockt. Ein funk-tionierender Sekundärmarkt ist nicht nur für die Marktteilnehmer vorteilhaft, sondern auch für den Bund, da Sekundärmarktrenditen wiederum die Referenzgrösse für die laufende Emissionstä-tigkeit des Bundes sind.

12.1.2 Geldmarkt-BuchforderungenDie Geldmarkt-Buchforderungen (GMBF, Treasu-ry Bills) sind verzinsliche Schuldverschreibungen, die von der EFV auf Diskontbasis emittiert wer-den. Es sind handelbare Buchforderungen, die in einem von der SIX SIS AG geführten Hauptregis-ter eingetragen sind. Die Laufzeiten der GMBF betragen drei, sechs und zwölf Monate. Insge-samt sind immer 16 GMBF ausstehend, davon elf 3-monatige, drei 6-monatige und zwei 12-mo-natige GMBF. Die Auktionen erfolgen wöchent-lich (Dienstag), analog zu den Anleihen (und auf derselben Plattform) in Form eines Zinsten-ders mit holländischem Zuteilungsverfahren. Bei den GMBF wird kein Nominalzins festgelegt, die Verzinsung erfolgt stattdessen in Form eines Dis-kontabschlags bei der Ausgabe. Das bedeutet,

dass die GMBF im Normalfall zu einem Preis kleiner 100  Prozent des Nominalwertes emit-tiert werden. Die Rückzahlung erfolgt dann zu 100  Prozent. Zurzeit werden die GMBF indes-senzueinemPreis vonüber100 Prozentemit-tiert, also mit einem Diskontzuschlag, was eine Negativverzinsung bedeutet (Stand September 2015).

Seit Anfang Juni 2010 können die GMBF (wie andere Geldmarktpapiere, insbesondere die SNB Bills) auf einer Sekundärmarktplattform gehan-delt werden. Die regelmässige Emission dieser Geldmarktpapiere ist ein wichtiger Pfeiler in der Refinanzierungspolitik des Bundes. Ein funktio-nierender und liquider GMBF-Markt erlaubt es dem Bund, jederzeit auch grössere Volumina an Fremdmitteln zu günstigen Konditionen aufzu-nehmen. Das ausstehende Volumen beträgt in der Regel etwa zehn Milliarden.

12.1.3 GeldmarktkrediteIm Rahmen des Liquiditätsmanagements kann die Bundestresorerie zur Abdeckung vorüber-gehender Bedarfsspitzen bei Geschäftsbanken Geldmarktkredite aufnehmen. Diese haben in der Regel eine Laufzeit von wenigen Tagen. Der Geldmarkt ist der Markt für die Aufnahme und Anlage von kurzfristigen Geldern. Als kurzfristig gelten im wesentlichen Gelder mit einer Laufzeit bis zu einem Jahr.

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Schuldenbewirtschaftung und RisikosteuerungDer Bund strebt bei der Bewirtschaftung seiner Geld- und Kapitalmarktschulden eine Optimierung anzwischendengegenläufigenZielsetzungen,dieGeldbeschaffungskostenmöglichsttiefzuhaltenundgleichzeitigdasZins-undRefinanzierungsrisikomöglichst zu reduzieren.Historischbetrachtetstellt eine steigende Zinskurve (kurzfristige Zinsen sind tiefer als längerfristige Zinsen) den Normal-fall dar. Die Erfahrung zeigt aber auch, dass kurzfristige Zinsen grösseren Schwankungen unterwor-fen (volatiler) sind als längerfristige Zinsen. Mit einer Verkürzung der durchschnittlichen Laufzeit des Schuldenportfolios können somit die Zinsausgaben reduziert werden, gleichzeitig erhöht sich aber das Zins-undRefinanzierungsrisiko.EineVerkürzungderdurchschnittlichenLaufzeitdesSchuldenportfo-liosbedeutet,dasseingrössererTeilderSchuldeninnertkürzererZeitrefinanziertwerdenmuss.Des-halbbestehtdasRisiko,dassfälligwerdendeFremdmittelzuspürbaranderenZinssätzenrefinanziertwerden müssen. Dies kann zu höheren Schwankungen der Zinsausgaben und im ungünstigen Fall zu einer höheren Zinsbelastung führen. Die Planung wird unsicherer und die effektiven Zinsausgaben können merklich über dem budgetierten Wert liegen.

Das grosse Volumen der Geld- und Kapitalmarktschulden, die dominante Position des Bundes im Schweizer-Anleihemarkt sowie die relativ hohen jährlichen Fälligkeiten zwingen die Eidgenossen-schaft, stetig und regelmässig sowie mit absorbierbaren Transaktionsvolumina am Geld- und Kapi-talmarkt aufzutreten. Damit kann sich die Eidgenossenschaft der Zinsentwicklung nicht entziehen. Entsprechend verfolgt der Bund einen systematischen Ansatz zur Steuerung des Zinsrisikos und diver-sifiziertdenFinanzierungsbedarfderGeld-undKapitalmarktschuldenübereinenlängerenZeitraum.DieLaufzeitensindsogewählt,dassrund15–25 ProzentderGeld-undKapitalmarktschuldeninnert12 Monaten fällig werden. Im internationalen Vergleich kann das damit verbundene Risiko als ange-messen und die verfolgte Strategie als eher konservativ bezeichnet werden.

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12.2 LiquiditätsmanagementDie Liquiditätsbewirtschaftung orientiert sich an der übergeordneten Zielsetzung der Sicher-stellung der Zahlungsbereitschaft des Bundes. Aufgrund der schwierigen Planbarkeit der Zah-lungsströme, namentlich bei den Einnahmen aus der Verrechnungssteuer und der direkten Bundessteuer, hält die Bundestresorerie liquide Mittel in einem angemessenen Ausmass. Um die Liquiditätshaltung und die damit verbunde-nen Kosten und Risiken zu limitieren, arbeitet die Bundestresorerie mit Zielbandbreiten für die Liquiditätsentwicklung, welche sowohl die saiso-nalen Schwankungen auf der Einnahmenseite als auch Rückzahlungstermine von Anleihen berück-sichtigen. Damit kann die Geldbeschaffung unter BerücksichtigungderMarktpflegeaufdieLiqui-ditätsentwicklung abgestimmt werden.

Die kurzfristig ausgerichtete Anlagetätigkeit basiert auf einem Gegenparteienlimitenkon-zept und erfolgt nach den Kriterien Sicherheit, marktkonformer Ertrag und Diversifikation. Fürdie Geldanlage stehen der Bundestresorerie fol-gende Instrumente zur Verfügung.

12.2.1 Liquide MittelDie liquiden Mittel hält die Bundestresorerie auf ihrem Postkonto sowie auf ihrem Girokonto bei der SNB. Das Postkonto wird täglich nach Ab-schluss der Buchungen mittels Transfer auf das SNB-Konto auf null gestellt. Aufgrund der sehr hohen Marktliquidität kann die Bundestresorerie seit vier Jahren nur noch limitiert Anlagen am Markt tätigen. Somit wird die benötigte Liqui-dität grösstenteils auf dem SNB-Konto belassen. Aufgrund der aktuell sehr tiefen Zinsen wird die-ses Konto zurzeit nicht mehr verzinst.

12.2.2 Kurzfristige AnlagenFestgeldanlagen mit Laufzeiten von bis zu einem Jahr kann die Bundestresorerie bei Geschäfts-banken oder anderen Schuldnern mit sehr guter Bonität tätigen. Im Vordergrund steht dabei die Sicherheit der Anlage, eine marktkonforme Ver-zinsungsowieeinegewisseDiversifikationunterden Gegenparteien, um Klumpenrisiken zu ver-meiden. Zu diesem Zweck besteht ein Limiten-konzept. Die Kreditlimiten werden pro Gegen-partei nach vordefinierten Kriterien festgelegt,namentlich Rating, Eigenkapital, Finanzkraft (bei Kantonen),Diversifikationund Instrumente.Dieausgesetzten Gegenparteienlimiten werden re-gelmässig überprüft, und die Einhaltung der Li-miten wird täglich überwacht. Aufgrund einer Vereinbarung zwischen der EFV und der SNB müssen auch Festgelder im Gesamtbetrag von mindestens einer Milliarde mit Laufzeiten von bis zu sechs Monaten bei ihr angelegt werden. Bis zu diesem Betrag kann der Bund im Gegenzug sein SNB-Konto innerhalb des Tages im Rahmen des Zahlungsverkehrs kostenlos überziehen. Können Liquiditätsengpässe nicht mit Geldmarktkrediten gedeckt werden, könnten die entsprechenden Festgeldanlagen bei der SNB im erforderlichen Mass aufgelöst werden. In der Vergangenheit kam dies nur ganz selten vor. Aufgrund hoher Li-quidität auf dem SNB-Konto wurden in den letz-ten Jahren keine Geldmarktkredite benötigt.

12.2.3 WertschriftenDie Bundestresorerie kann als Alternative zu den Festgeldern Anlagen in Form von Obligationen tätigen. Von dieser Anlagemöglichkeit macht sie zurzeit keinen Gebrauch.

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12 Tresorerie

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12.3 DevisenbewirtschaftungDie Bundestresorerie sichert den im Voranschlag budgetierten Fremdwährungsbedarf in den Wäh-rungen Euro und USD systematisch ab (soge-nannte Budgetgeschäfte); die übrigen Währun-gen werden nicht abgesichert und zu laufenden Kursen abgerechnet. Die Beschaffung mittels Terminkäufen erfolgt schrittweise parallel zum Budgetprozess mit dem Ziel, einen dem Markt-verlauf entsprechenden Durchschnittskurs zu er-zielen. Die Bundestresorerie stellt diese beschaff-ten Fremdwährungen den Verwaltungseinheiten zum fixierten Budgetkurs zur Verfügung. Pri-märe Zielsetzung dieses Vorgehens ist die Bud-gettreue und die Planbarkeit der Ausgaben in Schweizer Franken und somit ein Vermeiden von Nachtragskrediten aufgrund von ungünstigen Währungskursentwicklungen.

Die Bundestresorerie verfolgt bei der Devisen-absicherung für die beiden Hauptwährungen Euro und USD einen passiven Ansatz. Sie kauft während des Budgetprozesses zwischen Febru-ar und Juli die Devisen gleichmässig verteilt und inoperativsinnvollenundkosteneffizientenEin-zeltransaktionen auf Termin.

Letztlich ist diese Absicherung in Form einer vor-verschobenen Beschaffung mit einer laufenden Beschaffung vergleichbar: Da der Bund jedes Jahr Fremdwährungen kaufen muss und damit auto-matisch der Devisenkursentwicklung ausgesetzt ist, liegt der Unterschied beim gewählten Vor-gehen gegenüber einer laufenden Beschaffung einzig darin, dass die Verwendung der Devisen um ein Jahr verschoben ist, damit aber der Vor-teil der Planungssicherheit in Franken erzielt wer-den kann.

Müssen aufgrund eines VerpflichtungskreditesZahlungen in fremder Währung über mehre-re Jahre geleistet werden und überschreiten die Zahlungen den Gegenwert von 50  Millionen,sichert die EFV in der Regel das Währungsrisi-ko ab (sogenannte Spezialgeschäfte; alle wich-tigen Währungen). Die Absicherung ist nor-malerweise unmittelbar nach Bewilligung des VerpflichtungskreditesdurchdasParlamentvor-zunehmen. Die Spezialgeschäfte werden ge-meinsam mit der Verwaltungseinheit, der Abtei-lung Ausgabenpolitik und der Bundestresorerie besprochen.

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13 Risikomanagement und Risikosituation

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Der Bund ist vielfältigen Risiken ausgesetzt, deren Eintritt die Zielerreichung und die Aufgabenerfüllung der Bundesverwaltung ge-fährden kann. Diese Risiken sollen möglichst frühzeitig identifiziert, analysiert und bewertetwerden, damit zeitgerecht die erforderlichen Massnahmen ergriffen werden können. Der Bundesrat hat zu diesem Zweck Ende 2004 die Grundlagen für das Risikomanagement beim Bund gelegt. Seither wird das Risikomanagement stetig weiterentwickelt. Am 24.9.2010 erliess der Bundesrat neue Weisungen über die Risikopolitik des Bundes (BBl 2010 6549). Die EFV hat dar-auf aufbauend am 21.11.2011 Richtlinien für die Umsetzung des Risikomanagements in der Bundesverwaltung und ein erläuterndes Hand-buch dazu herausgegeben.

Mit dem Risikomanagement verfügt die Bun-desverwaltung über ein Instrument, das es ihr ermöglicht, ihre Aufgaben und Ziele mit Vor-aussicht anzugehen. Das Risikomanagement liefert wertvolle Risikoinformationen für die Entscheidungsprozesse und hilft, die Ressour-cen effizient einzusetzen. Als integrierter Teilder Führungsprozesse des Bundes trägt es dazu bei, das Vertrauen in die Bundesverwaltung zu erhöhen.

Eingebunden in das Risikomanagement sind alle Departemente, die Bundeskanzlei und die Verwaltungseinheiten der zentralen und der de-zentralen Bundesverwaltung (letztere nur sofern sie keine eigene Rechnung führen). Die selbst-ständigen Anstalten und Unternehmen des Bun-des haben ihr eigenes Risikomanagement, des-sen Vorhandensein im Rahmen der Steuerung durch den Bund geprüft wird.

13.1 Grundsätze des Risikomanagements Bund

Unter Risiken werden Ereignisse und Entwicklun-gen verstanden, die mit einer gewissen Wahr-scheinlichkeit eintreten und wesentliche negati-vefinanzielleundnicht-finanzielleAuswirkungenauf die Erreichung der Ziele und die Erfüllung der Aufgaben der Bundesverwaltung haben. Die Identifikation, Analyse, Bewertung, Bewäl-tigung und Überwachung der Risiken erfolgt nach einheitlichen Regeln. Die Ausgestaltung des Risikomanagements orientiert sich an den gängi-gen Normenwerken.

Die Umsetzung des Risikomanagements liegt grundsätzlich in der Verantwortung der Depar-temente und der Bundeskanzlei. Die verant-wortlichen Führungsgremien und -personen werden darin durch geschulte Risikomanager (auf Stufe Departement) und Risikocoaches (auf Stufe Verwaltungseinheit) unterstützt. Die EFV und die Generalsekretärenkonferenz (GSK) erfüllen im Risikomanagement wichti-ge Koordinationsfunktionen: Die EFV sorgt mit der Festlegung der methodischen Standards und Mindestanforderungen sowie mit einer bundesweiten Schulung für eine möglichst ho-mogene Umsetzung des Risikomanagements innerhalb der Bundesverwaltung. Ausserdem be- treibt sie eine Informatikanwendung, die für die Bewirtschaftung der Risiken und für die Risikoberichterstattung eingesetzt wird. Die GSK konsolidiert die Querschnittsrisiken und priorisiert die Risiken auf Stufe Bundesrat. Zudem prüft sie die wesentlichen Risiken aus den Departementen und der Bundeskanzlei auf Wechselwirkungen und Vollständigkeit.

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13 Risikomanagement und Risikosituation

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13.2 Steuerung der RisikenDer Bund bewältigt seine Risiken nach den Stra-tegien «vermeiden», «vermindern» und «finan-zieren». Viele Bundesaufgaben können nur unter Inkaufnahme von Risiken erfüllt werden. Trotz Ri-siken ist ein Verzicht auf die Aufgabenerfüllung (Strategie «vermeiden») in diesen Fällen in der Regel nicht zulässig. Die Bundesverwaltung kann nur versuchen, die Risiken möglichst gering zu halten (Strategie «vermindern»), wobei auch Kos-ten-/Nutzenüberlegungen berücksichtigt werden müssen.

GrundsätzlichträgtderBundinfinanziellerHin-sicht das Risiko für Schäden an seinen Vermö-genswerten und für die haftpflichtrechtlichenFolgen seiner Tätigkeit selbst (Art. 50 Abs.  2FHV). Nur in besonderen Fällen stimmt die EFV dem Abschluss eines Versicherungsvertrages zu.

Die Massnahmen zur Bewältigung von Risi-ken können organisatorischer (z.B. Vier-Au-gen-Prinzip), personeller (z.B. Weiterbildung), technischer (z.B. Brandschutz) oder rechtlicher (vertragliche Absicherungen, Rechtsänderungen) Natur sein. Ihre Wirksamkeit wird im Rahmen von Controllingprozessen periodisch überprüft.

Um die Risiken in den finanzrelevanten Ge-schäftsprozessen laufend zu überwachen, wur-de – gestützt auf Artikel 39 des FHG – im Jahr 2008 bundesweit ein Internes Kontrollsystem (IKS) eingeführt. Die beiden Instrumente Risi-komanagement und IKS weisen bezüglich der Risikobeurteilung und -minimierung Schnittstel-len auf, weshalb in den Verwaltungseinheiten mindestens jährlich eine Abstimmung zwischen dem Risikocoach und dem IKS-Beauftragten vor-gesehen ist.

13.3 Risikosituation des BundesDie Risiken des Bundes ergeben sich unmit-telbar oder mittelbar aus den ihm durch Ver-fassung und Gesetz übertragenen Aufgaben und Tätigkeiten. Deren Bewertung erfolgt auf-grund ihrer Eintrittswahrscheinlichkeit und ih-rer Auswirkungen. Bei den Auswirkungen werden neben den finanziellen vier weitereAuswirkungsdimensionen berücksichtigt: Be-einträchtigungen der Reputation, des Schut-zes der Bevölkerung und der Mitarbeitenden, der Umwelt und der Geschäftsprozesse in der Bundesverwaltung.

Die Risikosituation des Bundes ist zurzeit von den Beziehungen zu Europa, den Turbulenzen auf den Finanzmärkten und dem anhaltenden Steuerdialog mit anderen Staaten geprägt. Im Fokus stehen die damit verbundenen Risiken für systemrelevante Finanzinstitute und mög-liche Auswirkungen auf den Finanzhaushalt des Bundes sowie auf den Finanzausgleich zwi-schen Bund und Kantonen. Weitere Haupt-themen sind die Finanzierungslücken in der Altersvorsorge, Risiken im Zusammenhang mit dem vorzeitigen Ausstieg aus der Atomener-gie, die Cyberattacken auf IKT-Systeme des Bun-des sowie die Informationssicherheit und die Datenverfügbarkeit.

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13 Risikomanagement und Risikosituation

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13.4 Offenlegung der RisikenDie Risikoberichterstattungen an den Bundesrat sind nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Die Offenlegungvoneinzelnen,finanziellrelevantenRisiken in der Jahresrechnung des Bundes erfolgt je nach ihrem Charakter unterschiedlich. Anhand der Eintrittswahrscheinlichkeit des Risikos wird zwischen dem Ausweis als Rückstellung oder als Eventualverbindlichkeit unterschieden:

• Wenn für ein Ereignis in der Vergangenheit die finanziellenAuswirkungenverlässlichgeschätztwerden können und der Mittelabfluss in zu-künftigen Rechnungsperioden wahrscheinlich ist (>50 %), wird in der Bilanz eine Rückstel-lung gebildet.

• Eine Eventualverbindlichkeit wird im Anhang zur Jahresrechnung erfasst, wenn eine mög-liche Verpflichtung aus einem vergangenenEreignis besteht, deren Existenz durch ein zu-künftiges Ereignis bestätigt werden muss und deren Höhe nur unzuverlässig geschätzt wer-den kann. Der Eintritt des zukünftigen Ereig-nisseskannnichtbeeinflusstwerden.

Durch die verwaltungsinternen Prozesse ist sichergestellt, dass Risiken, welche die Tatbestän-de von Rückstellungen oder Eventualverbind-lichkeiten erfüllen, vollständig erfasst und in der Jahresrechnung ausgewiesen werden.

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14 Steuerung der ausgelagerten Einheiten des Bundes

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Seit Ende der 1990er Jahre hat der Bund diver-se Einheiten, die Bundesaufgaben erfüllen, aus der zentralen Bundesverwaltung ausgegliedert und rechtlich verselbständigt. Nach einer ersten Erfahrungsperiode stellten Parlament und Bun-desrat fest, dass die Kohärenz der Eignerpolitik gestärkt werden musste, damit tragfähige Aus-lagerungsentscheide getroffen und die verselb-ständigten Einheiten effizientgesteuertwerdenkönnen. Diesem Anliegen kam der Bundesrat mit dem Corporate Governance-Bericht vom 13.9.2006 (BBl 2006 8233) und dem Zusatzbe-richt vom 25.3.2009 (BBl 2009 2659) nach.

Der Corporate Governance-Bericht (CG-Bericht) beantwortet im Wesentlichen drei Fragen:

• Welche Aufgaben der zentralen Bundes ver-waltung eignen sich zur Auslagerung? (Aufga-bentypologie)

• Wie soll der Bund seine verselbständigten Ein-heiten als Eigentümer rechtlich konzipieren und steuern? (Steuerungsmodell, 37 Leitsätze)

• Wie soll sich der Bund aufstellen, damit er seine diversen Rollen und Interessen optimal wahrnehmenundInteressenkonfliktetranspa-rent entscheiden kann? (Rollenverteilung)

Nicht Gegenstand des CG-Berichts ist die Fra-ge nach der Notwendigkeit und dem Ausmass staatlicher Tätigkeit bzw. nach der Möglichkeit von Aufgabenprivatisierungen. Diese Fragestel-lung wird unter anderem im Rahmen von perio-dischen Aufgaben- und Subventionsüberprüfun-gensowiespezifischenStudienuntersucht.Auchneuere Formen der Aufgabenteilung zwischen der öffentlichen Hand und Privaten, wie bei-spielsweise die Public Private Partnership (PPP), sind nicht Thema des Berichts.

14.1 AufgabentypologieAuslagerungen wurden früher ohne systemati-sche Entscheidungshilfen beschlossen. Seit 2006 geschieht dies auf der Grundlage einer Aufga-bentypologie, die im Rahmen des CG-Berichts entwickelt wurde. Diese Systematik gliedert alle Aufgaben des Bundes in vier verschiedene Auf-gabentypen, die sich in unterschiedlichem Mass zur Auslagerung eignen:

• Ministerialaufgaben umfassen insbesondere die Politikvorbereitung sowie die Politikdurch-setzung, vor allem wenn sie mit Eingriffen in Grundrechte verbunden sind (z.B. Aufgaben der inneren und äusseren Sicherheit). Diesen Aufgaben fehlt die Auslagerungseignung, weil sie einen hohen politischen Steuerungs- und Legitimationsbedarf aufweisen. Wegen ihres ausgeprägten Koordinationsbedarfs mit ande-ren Aufgaben ist zudem die Erfüllung innerhalb derzentralenBundesverwaltungeffizienteralsausserhalb.

• Dienstleistungen mit Monopolcharakter um-fassen ein heterogenes Spektrum von Leis-tungen. Sie finden sich insbesondere in denAufgabengebieten Bildung und Kultur, aber auch in der Flugsicherung, dem Messwe-sen oder der Exportrisikoversicherung. Die Leistungen sind in der Regel marktnah und könnten oft auch von privater Seite angebo-ten werden. Zum einen spielen aber die ent-sprechenden Märkte nicht vollständig: Da die erbrachten Dienste nur teilweise über Preise und Gebühren abgegolten werden, bietet sie der Markt nicht in gesellschaftlich gewünsch-ter Menge oder Qualität an (z.B. Kultur). Zum anderen kann es aus Gründen der Koordinati-on zweckmässig sein, dass die Leistungen nur von einem einzigen Anbieter erbracht werden (z.B. Flugsicherung). Die daraus resultierenden

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Versorgungsprobleme werden deshalb mit ei-nem monopolähnlichen, öffentlichen Angebot korrigiert. Hinzu kommt, dass der Auftritt in eigenem Namen und eine eigenständige Be-triebsführung wichtige Faktoren für eine er-folgreiche Leistungserbringung sein können (Reputation, Flexibilität), was eine rechtliche Verselbständigung nahelegt. Diese Dienstleis-tungen eignen sich zur Auslagerung, wenn Koordinationsbedarf und Synergiepotenzi-al mit anderen Bundesaufgaben gering sind. Ausgelagerte Aufgaben dieses Typs bedürfen jedoch einer engen politischen Steuerung, da sie mehrheitlich mit öffentlichen Geldern er-bracht werden.

• Dienstleistungen am Markt werden überwie-gend durch Angebot und Nachfrage gesteu-ert, wobei eine Grundversorgung gesetzlich garantiert ist (z.B. Fernmelde- oder Postdienst-leistungen). Sie eignen sich zur Auslagerung, da ihr Erbringer über eine weitgehende Eigen-ständigkeit verfügen muss, um sich erfolgreich am Markt zu positionieren.

• Aufgaben der Wirtschafts­ und der Sicherheits­aufsicht sind zwar in hohem Masse hoheitli-cher Natur. Ähnlich zur Rechtsprechung müs-sensieabervonpolitischerEinflussnahmeimoperativen Bereich abgeschirmt werden (z.B. Finanzmarktaufsicht). Die Auslagerung dieser Aufgaben stärkt die Unabhängigkeit ihrer Er-füllung.

Die Aufgabentypologie ist keine Auslagerungs-strategie, die mechanistisch angewendet werden darf. Vielmehr versteht sie sich als Orientierungs-hilfe bei Auslagerungsentscheiden, indem sie an-hand sachlicher Kriterien aufzeigt, welche Auf-gaben sich zur Auslagerung eignen und welche nicht. Die Aufgabentypologie dient zudem als Anknüpfungspunkt für die rechtliche Konzeption und Steuerung der verselbständigten Einheiten; sie ermöglicht, dass der Bund gleiche oder ähn-liche Aufgaben nach gleichem Standard steuert.

14.2 Steuerung und Leitsätze Nach einer Auslagerung übt der Bund seinen Einfluss auf die Aufgabenerfüllung einerseitsals Gesetzgeber, andererseits als Eigner des Un-ternehmens aus. Dabei gilt es in erster Linie die Aufgabenerfüllung zu gewährleisten und die Leistungsfähigkeit des Unternehmens langfristig zu erhalten. Die eignerpolitische Steuerung der verselbständigtenEinheitendesBundesfindetimWesentlichen mit drei Steuerungsinstrumenten statt, welche lang-, mittel- und kurzfristig ausge-richtet sind.

Rechtliche VerankerungDie grundlegenden Steuerungselemente sind auf lange Sicht angelegt und werden auf recht­licher Stufe (z.B. im Organisationserlass einer verselbständigten Einheit) verankert. Dabei wird der Regelungsbedarf bereits mit der Wahl der Rechtsform vorgespurt. Während für die private Aktiengesellschaft die Steuerungsgrundlagen im Obligationenrecht weitgehend festgelegt sind, bestehen bei Anstalten vielfältige Möglichkeiten, die Organisation zu konstitutieren. Entsprechend hoch ist hier der Standardisierungsbedarf.

Der CG-Bericht präsentiert deshalb ein Steue-rungsmodell,dasfürjedenAufgabentypspezifi-sche Steuerungsprinzipien vorsieht. Im Sinne von Gesetzgebungsrichtlinien hat der Bundesrat die-ses Modell in 37 Leitsätzen verdichtet, die bei der rechtlichen Konzeption von verselbständigten Einheiten berücksichtigt werden müssen:

• Leitsatz 1 betrifft die Wahl der Rechtsform. Er besagt, dass verselbstän dig te Einheiten grund-sätzlich als Anstalten zu verfassen sind. Die pri-vatrechtliche Aktiengesellschaft ist vorzusehen, wenn die Unternehmung überwiegend am Markt tätig ist.

• Leitsätze 2 bis 8 äussern sich zu den Organen. Sie sollen schlank und nach professionellen Gesichtspunkten funktionieren.

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• Leitsatz 9 hält fest, dass instruierbare Bundes-vertreter nur noch ausnahmsweise in die Ver-waltungsräte entsandt werden sollen.

• Leitsätze 10 bis 12 befassen sich mit Fragen der Haftung.

• Leitsätze 13 bis 15 betreffen besondere Kom-petenzen, die verselbständigten Einheiten ein-geräumt werden können (Rechtsetzung, Betei-ligungen, gewerbliche Nebenleistungen).

• Die Leitsätze 16 und 17 verlangen, dass der Bundesrat die verselbständigten Einheiten mit strategischen Zielen steuert; er setzt sowohl aufgabenseitige als auch unternehmensbezo-gene Vorgaben.

• Leitsätze 18 bis 22b setzen sich mit der Kon-trolle und den Massnahmen bei Fehlent wick-lungen auseinander. Die Sanktionsmöglichkei-ten sowie die Grundlagen der bundesrätlichen Kontrolle werden zum einen explizit ausgewie-sen. Zum anderen wird der Gehalt der Bericht-erstattung generell auf einen aktienrechtlichen Standard gehoben.

• Leitsätze 23 bis 28 äussern sich zu den Finan-zen der verselbständigten Einheiten (Kapital-ausstattung, Finanzierung, Gewinnverwen-dungundSteuerpflicht).

• Leitsätze 29 bis 37 befassen sich mit Fragen des Personalstatuts (öffentlich- oder privat-rechtlich)undderberuflichenVorsorge.

Obschon nicht rechtsverbindlich, darf von den Leitsätzen nur gut begründet abgewichen wer-den («comply or explain»-Prinzip). Die Standar-disierung der rechtlichen Konzeption wird mit einem kommentierten Mustererlass für das Or-ganisationsrecht von Anstalten weiter gestärkt.

Strategische ZieleWichtigstes dynamisches Steuerungsinstru ment sind die strategischen Ziele, die der Bundesrat dem Verwaltungs- bzw. Institutsrat jeweils für eine Periode von vier Jahren vorgibt. Die stra-tegischen Ziele bauen auf dem Organisations-recht auf und konkretisieren dieses im Hinblick auf die aktuellen inneren und äusseren Heraus-forderungen der verselbständigten Einheit. Die strategischen Ziele sind gleichzeitig eine wichtige Referenz für die Berichterstattung und die parla-mentarische Oberaufsicht. Die Standardisierung wird mit einer Mustervorlage unterstützt.

EignergesprächeMit den sogenannten Eignergesprächen ver-fügt der Bundesrat über ein drittes Steu-erungsinstrument. Gegenstand dieser Gesprä-che, die i.d.R. zwischen Bundesvertretern und der Führungsspitze der verselbständigten Ein-heitzwei-bisviermaljährlichstattfinden,isteinmündlicher Zwischenbericht zur Zielerreichung sowie die Erörterung aktueller Fragen.

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14.3 Rollenverteilung Der Bund nimmt in der Eignerpolitik vielfältige Funktionenmit je spezifischen Interessenwahr.So handelt er nicht nur als Eigentümer, sondern er ist auch Versorgungsgewährleister, Kunde, Auf sichtsinstanz oder Marktregulator. Gemäss den Regeln einer guten Corporate Governance gilt es, diese verschiedenen Rollen institutionell sozutrennen,dassmöglicheInteressenkonfliktesichtbar gemacht und transparent gelöst werden können.

Hauptakteure in der Eignerpolitik des Bundes sind das Parlament, der Bundesrat sowie die soge-nannten Eignerstellen in der Bundesverwaltung (i.d.R. Generalsekretariate, EFV). Gegenüber den verselbständigten Einheiten tritt der Bundesrat als Eigentümer auf; gleichzeitig hat er zu ge-währleisten, dass die ausgelagerten Aufgaben gesetzeskonform und im öffentlichen Interesse erfüllt werden. Dabei wird er von den Eigner-stellen unterstützt, die diese Geschäfte vorbe-reiten und koordinieren. Die verwaltungsinterne Zuständigkeit hängt von der finanz- und wirt-schaftspolitischen Bedeutung der verselbstän-digten Einheit ab: Gemeinsam nehmen das Fach-departement und die EFV diese Verantwortung wahr bei Unternehmen, die Dienstleistungen am Markt anbieten (z.B. Swisscom, Post oder Ruag), sowie bei Anstalten, welche Dienstleistungen mit Monopolcharakter erbringen und namhafte Sub-ventionen empfangen (z.B. ETH-Bereich). Allein nimmt das Fachdepartement diese Verantwor-tung wahr gegenüber den übrigen Anstalten im Bereich Dienstleistungen mit Monopolcharakter sowie den Einheiten der Wirtschafts- und der Sicherheitsaufsicht.DieEFVwirdhierbeifinanz-wirtschaftlichen Fragen beigezogen (z.B. Kapi-talausstattung, Pensionskasse, Haftung, Rech-nungslegung); personal- und vorsorgepolitische Belange werden vom EPA beurteilt.

Über all diese Tätigkeiten des Bundesrates wacht das Parlament, dem die Aufgabe der Oberauf-sicht zukommt.

14.4 Parlamentarische Oberaufsicht Im Bundesgesetz vom 17.12.2010 über die Mitwirkung der Bundesversammlung bei der Steuerung der verselbständigten Einheiten (BBl 2010 8967)hatdasParlamentdieBestim-mungen für seine Oberaufsicht über die Eigner-politik des Bundesrates geschaffen:

• Der Bundesrat wird verpflichtet, die verselb-ständigten Einheiten über strategische Ziele zu steuern(Art. 8Abs. 5RVOG).

• Der Bundesrat wird verpflichtet, dem Parla-ment periodisch über die Erreichung der stra-tegischen Ziele Bericht zu erstatten (Art. 148 Abs. 3bis ParlG).

• Das Parlament wird ermächtigt, dem Bundes-rat Aufträge zu erteilen im Hinblick auf die Festlegung oder Änderung strategischer Ziele (Art. 28 Abs. 1 und 1bis ParlG).

Ein zentrales Element ist die Berichterstattung: Seit 2012 berichtet der Bundesrat dem Parlament in standardisierter Form über die Erreichung der strategischen Ziele der verselbständigten Ein-heiten. Dabei verwendet er zwei Berichtsmo-dule: Der Kurzbericht fasst auf knappem Raum die wichtigsten Ergebnisse zusammen; er wird jährlich über alle Einheiten erstellt und auf den Webportalen der EFV und der Eignerstellen ver-öffentlicht. Der vertiefte Bericht informiert um-fassender über die Zielerreichung und geht aus-schliesslich an die Aufsichtskommissionen; für die wirtschaftlich und politisch grossen Einheiten wird dieser Bericht jährlich erstellt, für die übri-gen Anstalten jeweils im letzten Jahr der Strate-gieperiode. Zusammen mit dem Geschäftsbericht des Verwaltungs- bzw. Institutsrates der einzel-nen Einheiten bilden diese Berichte die Grundla-ge für die Beratung der bundesrätlichen Eigner-politik in den Aufsichtskommissionen.

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Die erwähnten drei Pfeiler – strategische Zie-le als Referenz, Berichterstattung sowie Mitwir-kungsregeln – ermöglichen es dem Parlament, die Oberaufsicht in der Eignerpolitik des Bundes auszuüben und bei Bedarf auf Steuerung und KontrolleEinflusszunehmen,wobeidieGewal-tentrennung zwischen Legislative und Exekutive gewahrt bleibt.

14.5 PortfolioDas Portfolio der Unternehmen und Anstalten, die der Bund nach Artikel 8 Abs. 5 RVOG kont-rolliert, umfasst derzeit 18 Einheiten:

• Dienstleistungen mit Monopolcharakter: ETH- Bereich, Skyguide AG, Schweizerische Export- risikoversicherung SERV, Schweizerisches Na- tionalmuseum SNM, Pro Helvetia, Institut für Geistiges Eigentum IGE, Institut für Met-rologie METAS, Eidg. Hochschulinstitut für Berufsbildung EHB, Swiss Investment Fund for Emerging Markets SIFEM AG, Identitas AG.

• Dienstleistungen am Markt: Swisscom AG, Schweizerische Post AG, Schweizerische Bun-desbahnen SBB AG, RUAG Holding AG.

• Wirtschafts-/Sicherheitsaufsicht: Eidg. Finanz- marktaufsicht FINMA, Eidg. Revisionsauf- sichtsbehörde RAB, Schweizerisches Heilmittel- institut Swissmedic, Eidg. Nuklearsicherheits-inspektorat ENSI.

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Anhang

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Aufgaben und Organisation der Eidgenössischen FinanzverwaltungDasEFDleitetdieVerwaltungderBundesfinanzenund sorgt für den Überblick über den gesam-ten Finanzhaushalt des Bundes (Art.  58Abs.  1FHG). Es entwirft zuhanden des Bundesra-tes den Voranschlag, dessen Nachträge, die Staatsrechnung und den Finanzplan; es prüft die KreditbegehrenundErtragsschätzungen(Art. 58Abs. 2FHG).ZudiesemZweckstehtihmdieEid-genössischeFinanzverwaltung(Art. 59FHG)zurVerfügung.

Gestützt auf das Regierungs- und Verwal-tungsorganisationsgesetz (RVOG; SR  172.010) und die entsprechende Verordnung (RVOV) sind die Ziele und Aufgaben der EFV in der Organisationsverordnung für das EFD (OV-EFD, SR 172.215.1) festgehalten.

Art. 8 Ziele und Funktionen1 Die Eidgenössische Finanzverwaltung (EFV) ver-folgt die folgenden Ziele:

a. Sie stellt den Überblick über den Finanz-haushalt des Bundes sicher.

b. Sie entwirft die Rechnung sowie unter Be-rücksichtigung der Anforderungen der Wirt-schaftspolitik den Voranschlag und den Finanzplan zuhanden des Bundesrates.

c. Sie tritt für eine wirksame Kredit- und Aus-gabensteuerung und eine sparsame und wirt-schaftliche Mittelverwendung ein und nimmt bei der Budgetierung, der Finanzplanung sowie bei der Vorbereitung von Bundesrats-geschäften der Departemente und der Bun-deskanzlei mit finanziellen AuswirkungenentsprechendEinfluss.

d. Sie wirkt hin auf eine ergebnisorientier-te Verwaltungsführung und ein systemati-sches Controlling sowohl in der gesamten Bundesverwaltung als auch gegenüber exter-nen Trägern von Verwaltungsaufgaben.

e. Sie sorgt mit einem zeitgemässen Tresorerie- und Liquiditätsmanagement für die ständige Zahlungsbereitschaft des Bundes und sichert diesem eine bevorzugte Stellung am Geld- und Kapitalmarkt.

2 Zur Verfolgung ihrer Ziele nimmt die EFV insbe-sondere die folgenden Funktionen wahr:

a. Sie entwirft Sanierungs- und Sparmassnah-men, wenn sich dies zur zeitgerechten Errei-chung der Haushaltziele als notwendig er-weist.

b. SiestelltfinanzpolitischeGrundlagenundOp-tionen bereit, insbesondere für die Führung der Wirtschafts- und Währungspolitik.

c. Sie vertritt nach Anhörung des SIF und des SECO die Schweiz in internationalen Orga- nisationen und Fachgremien, die sich mit Fragen der Finanz- und Geldpolitik, der Fi-nanzstatistik, der Tresorerieführung, des Re-chnungswesens und der Public Corporate Governance befassen.

d. Sie erarbeitet die Rechtserlasse im Bereich des:

1. Finanzhaushaltrechts;

2. Währungs- und Nationalbankrechts, so-weit nicht die Finanzmarktstabilität betrof-fen ist.

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Anhang

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e. Sie vertritt den Bund bei der Eintreibung be-strittener und der Abwehr unbegründeter vermögensrechtlicher Ansprüche.

f. Sie koordiniert das Risiko- und Versicherungs-management des Bundes.

g. Sie pflegt die Beziehungen des Bundes zurSNB, soweit nicht das SIF zuständig ist.

Art. 9 Besondere Bestimmungen1 Die EFV hat die folgenden besonderen Aufga-ben:

a. Sie besorgt die Geldbeschaffung und -anlage des Bundes.

b. Sie erarbeitet und vollzieht die Erlasse über den bundesstaatlichen Finanzausgleich.

c. Sie erstellt die Finanzstatistik der öffentlichen Verwaltungen.

d. Sie führt das «Dienstleistungszentrum Finan-zen» des EFD.

2 Sie organisiert die Haushalt- und Rechnungs-führung sowie die Zahlungsabwicklung in der Bundesverwaltung. Sie erlässt die dazu erforder-lichen Weisungen.

3 Der EFV unterstellt sind folgende Einheiten:

a. die Zentrale Ausgleichsstelle;

b. die Eidgenössische Ausgleichskasse mit der Familienausgleichskasse;

c. die Schweizerische Ausgleichskasse;

d. die IV-Stelle für Versicherte im Ausland;

e. die Eidgenössische Münzstätte (Swissmint).

4 Die Einheiten nach Absatz 3 werden mittels Leistungsauftrag und Globalbudget (FLAG) ge-führt.1

1 Der Absatz gilt noch bis 31.12.2016

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Anhang

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Page 142: Grundlagen Haushaltsführung S. 123 (PDF, 1 MB, 29.04.2016)