Grundschülern Friedhöfen - Alemannia Judaica

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Sonderheft Nr. 1 SACHoR - Beiträge zur Jüdischen Geschichte und zur Gedenkstättenarbeit in Rheinland-pfalz Fur eine erfolgreiche Zusammenarbe t in der Klasse oder einer Gruppe gibt es einjge einiache Regein: IO Erlrdae sacil che Kftrk .{ultrag: lvarkiert jn Eurer Crup1:e die flilf liir Euch uichtigster Regeln Zeit: 10 Minuten T Der Stärkere iilft Aem Scf rvrchlro Anlage 3. Dieses Manko resultiert allerdings hauptsächlich aus der Unerfahrenheit der Schülerinnen und Schüler mit die- ser At des Arbeitens. Durch gezieltes und kontinuierliches Methodentraining im Vorfeld eines Projektes ist es sichei möglich, hier Abhitfe zu schaffen. Die notenfreie,,Kuschelecke,,, die Anmerkungen: 1) Entsprechende Gedenkstätten fin- den sich fast über- all in der Nähe. Nachschauen kann man in: Puvogel, lJ./Stankowski, M. u.a.: Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus, Bundeszen- trale für politische Bildung, 2. Aufl., Bonn 1995. 2) Laut Fachkonferenzbeschtuß orien_ ilerten sich die Berufsfachschuten für Wirtschaft an der BBS lll in Worms am Sozialkundelehrptan für die Berufs_ schulen vom 29.03.1g91. Seit Novem_ ber 1995 existiert ein neuer Lehrplan fü r die Berufsfachsch u I en. H ie r fäl lt das Thema unter den Komplex ,,Menschen- rechtsve rl etz u n g e n',. 3) Die idealtypische Vorgehensweise bei der Projektmethode ist nachzule- sen in: Frey, K.: Die projektmethode, s. Aufl., Weinheim/Baset und Gudjons, H.: Handlungsorientiert tehren und ler- n e n : Sch ü I e rakt ivi e ru n g-Sel bsttäti g keit- Projektarbeit, S. Auft., Bad Heitbrunn/ obb. 1992. 4) Weitere lnformationen sind beim Förderverein Osthofen e.V. erhätttich. 5) Vgl.: Klippert, H.: Handlungsorien- tierter Politikunterricht, in: Bundeszen_ trale für politische Bitdung (Hrsg.): Methoden der politischen Bildung, Bonn 1 991. 6) Vgl. Antage t. 7) Die ldee istaus:v. Fransecky, Maria: Fe nste r fü r M authause n - Vo rbereitu ng eines Projektes mit Berufsschülern, ii: E h man n/Kai se r/Lutz . .. ( H rsg. ) : p raxi s der Gedenkstättenpädagogik. Ertah- rungen und Perspektiven, Optaden 1 995. 8) Vgl. Anlage 2. 9) Vgl. Anlage 3. ich den Schülerin- nen und Schülern bot, hat sicher dazu beigetragen, mein zentralesAn- liegen, die Sensi- bilisierung für die Greueltaten des Nazi-Regimes, zu verwirklichen. lch bin überzeugt da- von, daß dies durch reines,,Fak- tenpauken" weni- ger gut gelungen wäre!? heim; in dieser Reihe sind die Mitgtieder der ehema- I igen Ei ge ntü me rfami I i e Werne r bestattet. Foto : H ans- Ebe rhard Be rkeman n. Mit Grundschülern auf iüdischen Friedhöfen Ein Projekt der Grundschulen Bad sobernheim und Langenlonsheim von Hans-Eberhard Berkemann rll D enr häufig begegnet man dem unre- flektierten Urteil, Grundschüler könne oder dür{e man noch nicht mit der schwierigen Problematik der jüdischen Geschichte in Deutschland konfrontie- ren. Schüler dieser Altersstufe würden die Zusammenhänge nicht verstehen, hätten keinen Zeitbegriff und überhaupt sei das darzustellende Leid zu schwer für sie zu verarbeiten, so sagt man. All dies wird aber von den Grundschülern auch gar nicht verlangt; wenn sie Teil- aspekte aufnehmen und je nach lnte- resse und Betroffenheit veftiefen und bei späteren Gelegenheiten ihrWissen um diese Dinge erweitern kön- nen, so ist schon viel erreicht. Meine Erfahrungen belegen auch, daß einmal geweckte Nachdenklichkeit und Trauer über das Schicksal der deut- schen Juden immer wieder zu neuerlichem Nachfragen und der Beschäftigung mit dem Leid dieser Menschen in Deutschland, mitten unter den ,,christlichen" Mitbürgern, f ührt. Es kann einfach nicht zu früh sein, den Kindern das Gefühl für Unrecht zu schärfen. Die ältesten Steine des Friedhofes uo,iAä SoO"*

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Sonderheft Nr. 1 SACHoR - Beiträge zur Jüdischen Geschichte und zur Gedenkstättenarbeit in Rheinland-pfalz

Fur eine erfolgreiche Zusammenarbe t in der Klasse oder einer Gruppe gibt es einjgeeiniache Regein:

IO Erlrdae sacil che Kftrk

.{ultrag: lvarkiert jn Eurer Crup1:e die flilf liir Euch uichtigster Regeln

Zeit: 10 Minuten

T Der Stärkere iilft Aem Scf rvrchlro

Anlage 3.

Dieses Manko resultiert allerdingshauptsächlich aus der Unerfahrenheitder Schülerinnen und Schüler mit die-ser At des Arbeitens. Durch gezieltesund kontinuierliches Methodentrainingim Vorfeld eines Projektes ist es sicheimöglich, hier Abhitfe zu schaffen.

Die notenfreie,,Kuschelecke,,, die

Anmerkungen:1) EntsprechendeGedenkstätten fin-den sich fast über-all in der Nähe.Nachschauen

kann man in: Puvogel, lJ./Stankowski,M. u.a.: Gedenkstätten für die Opferdes Nationalsozialismus, Bundeszen-trale für politische Bildung, 2. Aufl.,Bonn 1995.2) Laut Fachkonferenzbeschtuß orien_ilerten sich die Berufsfachschuten fürWirtschaft an der BBS lll in Worms am

Sozialkundelehrptan für die Berufs_schulen vom 29.03.1g91. Seit Novem_ber 1995 existiert ein neuer Lehrplanfü r die Berufsfachsch u I en. H ie r fäl lt dasThema unter den Komplex ,,Menschen-rechtsve rl etz u n g e n',.3) Die idealtypische Vorgehensweisebei der Projektmethode ist nachzule-sen in: Frey, K.: Die projektmethode, s.Aufl., Weinheim/Baset und Gudjons,H.: Handlungsorientiert tehren und ler-n e n : Sch ü I e rakt ivi e ru n g-Sel bsttäti g keit-Projektarbeit, S. Auft., Bad Heitbrunn/obb. 1992.4) Weitere lnformationen sind beimFörderverein Osthofen e.V. erhätttich.5) Vgl.: Klippert, H.: Handlungsorien-tierter Politikunterricht, in: Bundeszen_trale für politische Bitdung (Hrsg.):Methoden der politischen Bildung, Bonn1 991.6) Vgl. Antage t.7) Die ldee istaus:v. Fransecky, Maria:Fe nste r fü r M authause n - Vo rbereitu ngeines Projektes mit Berufsschülern, ii:E h man n/Kai se r/Lutz . .. ( H rsg. ) : p raxi sder Gedenkstättenpädagogik. Ertah-rungen und Perspektiven, Optaden1 995.8) Vgl. Anlage 2.9) Vgl. Anlage 3.

ich den Schülerin-nen und Schülernbot, hat sicherdazu beigetragen,mein zentralesAn-liegen, die Sensi-bilisierung für dieGreueltaten desNazi-Regimes, zuverwirklichen. lchbin überzeugt da-von, daß diesdurch reines,,Fak-tenpauken" weni-ger gut gelungenwäre!?

heim; in dieser Reihe sind die Mitgtieder der ehema-I igen Ei ge ntü me rfami I i e Werne r bestattet.Foto : H ans- Ebe rhard Be rkeman n.

Mit Grundschülern aufiüdischen FriedhöfenEin Projekt der Grundschulen Bad sobernheim undLangenlonsheimvon Hans-Eberhard BerkemannrllD enr häufig begegnet man dem unre-flektierten Urteil, Grundschüler könneoder dür{e man noch nicht mit derschwierigen Problematik der jüdischenGeschichte in Deutschland konfrontie-ren. Schüler dieser Altersstufe würdendie Zusammenhänge nicht verstehen,hätten keinen Zeitbegriff und überhauptsei das darzustellende Leid zu schwerfür sie zu verarbeiten, so sagt man. Alldies wird aber von den Grundschülernauch gar nicht verlangt; wenn sie Teil-aspekte aufnehmen und je nach lnte-resse und Betroffenheit veftiefen undbei späteren Gelegenheiten ihrWissen

um diese Dinge erweitern kön-nen, so ist schon viel erreicht.Meine Erfahrungen belegenauch, daß einmal geweckteNachdenklichkeit und Trauerüber das Schicksal der deut-schen Juden immer wieder zuneuerlichem Nachfragen undder Beschäftigung mit demLeid dieser Menschen inDeutschland, mitten unter den,,christlichen" Mitbürgern, f ührt.Es kann einfach nicht zu frühsein, den Kindern das Gefühlfür Unrecht zu schärfen.

Die ältesten Steine des Friedhofes uo,iAä SoO"*

46 SACHOR - Beiträge zur Jüdischen Geschichte und zur Gedenkstättenarbeit in Rheinland-Pfalz Sonderheft Nr. 1

lm Schuljahr 1989/90 habe ich denjüdischen Friedhof von Bad Sobern-heim mit den Schülern/Schülerinneneines 1. Schuljahres besucht, dessenKlassenlehrer ich damals war. Am 23.Februar 1990 wanderte ich mit ihnendurch das Umsiedlungsgebiet Leinen-born zum kleinen Kiefernwäldchen aufder Höhe des Domberges. Hier sahendie Schüler schließlich, daß ein Wald-stück daneben eingezäunt war, wasallein schon ihre Neugier weckte. Beinäherem Hinsehen bemerkten sie auchdie Steine, die sie noch nicht als Grab-steine identifizieren konnten, warendiese für sie doch mit Kreuzen verbun-den. Beim Näherkommen, - zu dieserJahreszeit war der Wald ja unbelaubt,wurde ihnen schnell die Größe desPlatzes deutlich. Bald war das hintereTor entdeckt und Enttäuschung mach-te sich breit, denn dies war mit Ketteund Vorhängeschloß versehen.

Nachdem ich den Friedhof geöffnethatte, füllte sich der sonst so stille Ortsofort mit Kinderstimmen, die sich ge-genseitig auf kleine Entdeckungen auf-merksam machten. Am Gedenkstein inder Friedhofsmitte erklärte ich ihnendann, daß dies der FriedhoJ der ehe-maligen jüdischen Bürger von BadSobernheim war. Sofort kam die Fra-ge, warum es auch in Bad SobernheimJuden gab, denn diese kannten sie nuraus dem Kindergottesdienst und demReligionsunterricht, und da waren dieJuden weit weg von uns angesiedelt.Große Betroffenheit machte sich breit,als sie in knappen Sätzen einen Abrißzur Geschichte der Juden in Deutsch-land und in unserer Heimat hörten.

Danach bewegte es sie, daß derFriedhof hier im Wald versteckt war,weit weg vom städtischen Friedhof aufLöhborn. Auch dies ließ sich klären,wobei die Kindermit Erschaudern wahr-nahmen, daß der Friedhof auf demvormaligen Galgenstandort des kur-pfälzischen Oberamtes Böckelheim an-gelegt worden war, einem Ort, mit demkein,,rechter Christenmensch" etwaszu schaffen haben wollte. Einen ande-ren Platz hatten die Juden von BadSobernheim nicht bekommen können.Als die Schüler/Schülerinnen dannnochmals ausschwärmten, stellten siebald fest, daß auf den Steinen ihnenvöllig fremde Schriftzeichen zu findenwaren, Nach einigen Bemerkungen zurhebräischen Schrift vermißten sie denB[umenschmuckauf den Gräbern. Vonda war es nur eine kleiner Schritt zuden Steinchen auf den Grabmalen.Bevor wir nach ca. 30 Minuten den

Friedhof wieder verließen, erzählte ichden Kindern noch etwas zu den Trau-ergewohnheiten und den Begräbnissit-ten der ehemallgen jüdischen Bürger.ln diesem Zusammenhang erfuhren sieauch, daß die Grabsteine erst am sog.Jahftag gesetzt wurden und daß aufdem Domberg mindestens drei alteLeute begraben waren, denen man

Das Mahnmal in der Friedhofsmitte wur-de 1950 errichtet. lm oberen Teil ist die inder Synagoge zefirümmerte Gedenkta-fel an die Gefallenen der Jüdischen Ge-meinde im l. Weltkrieg eingelassen.Foto: Werner Mielke.

keinen Stein mehr setzen konnte. DieSchüler/Schülerinnen wollten die Plät-ze sehen und wunderten sich, daß die-se durch nichts gekennzeichnet wa-ren. Einige erzählten spontan von Tier-gräbern in ihren Gäften, Vögel undGoldhamster hatten sie dort begraben,die wenigstens durch von Steinen um-grenzte Beete kenntlich gemacht wa-ren. Hierwaren also Menschen schlech-ter als Tiere behandelt. Es bereiteteden Kindern auch Kopfzerbrechen, daßsie ja unter Umständen, ohne es zuwissen, auf diesen Grabplätzen her-umgelaufen waren, während sie sichsonst bemühten, die mit Kies bestreu-ten Wege einzuhalten.

Der Besuch des Friedhofes mit denSchülern/Schülerinnen des 1 .Schuljah-res erfuhr keine nachträgliche Aufbe-reitung im Unterricht. Er sollte für sichstehen und im Gedächtnis der Kindernachwirken, Zu späterer Gelegenheit,so z.B. im 4. Schuljahr im Rahmen desReligionsunterrichts bei der Behand-Iung anderer Religionen, wollte ich da-rauf zurückgreifen. Eine unverhoffteRückmeldung der Schüler/Schülerin-

nen zu unserem Friedhofsbesuch er-hielt ich jedoch schon kurze Zeit spä-ter. ln der Nachtvom 28. Februarzum1. März 1990 fegte der Wirbelsturm,,Wiebke" über Europa und richtete auchim Naheraum erhebliche Verwüstun-gen an. Aufgeregt erzählten mir dieKinder wenige Tage später, daß derSturmauf dem jüdischen Friedhof zahl-reiche Bäume entwurzelt habe und daßdabei auch Grabsteine durch umstür-zende Bäume zerstört worden seien.Ein Kind konnte dem Bericht sogareinen Zeitungsausschnitt mit Bild bei-steuern. Eine zweite Rückmeldung kambei einem Elternabend, immerhin nochvier Monate später. Einige Eltern be-richteten, daß ihre Kinder ihnen anläß-lich eines Spazierganges den Friedhofgezeigt hätten, noch ganz begeistertvon ihrer Entdeckung. So war es beiden Schülern/Schülerinnen des 1.

Schuljahres vordergründig das Frem-de, das Außergewöhnliche und dasVerborgene, was sie beim Besuch desjüdischen Friedhofs bewegte. Dieseersten Eindrücke müssen später nochergänzt und vertieft und mit fachlichenlnformationen angereichert werden.

Einen weiteren Besuch auf demjüdischen Friedhof von Bad Sobern-heim f ührte ich 1 996 mit einem 3. Schul-jahr der Grundschule Langenlonsheimdurch, wobei schon allein die äußerenUmstände mit dazu beitrugen, dies zueinem einprägsamen Erlebnis werdenzu lassen. Der Südwestfunk wollte mitseiner Fernsehreihe ,,Hier sind wirl"den Landkreis Bad Kreuiznach vorstel-len. Ein Schwerpunktthema war die imJahr zuv or erschienene u mf angreicheDokumentation aller 38 jüdischen Fried-höfe des Kreisgebietes. Das ist bishereinmalig in der Bundesrepublik, daherdas lnteresse. Neben dem lnitiator,Herrn Landrata.D. Hans Schumm, unddem stellvertretenden Vorsitzenden derJ üdischen Kultusgemeinde Bad Kreuz-nach/Birkenfeld, Herrn Nicolaus Blät-termann, der innerhalb der Gemeindef ü r die Pf lege der Friedhöfe verantwort-lich zeichnet, sollten auch Kinder an-läßlich eines Friedhofsbesuchs zu Wortkommen.

Zur Vorbereitung, und um die Un-terschiede zwischen christlichen undjüdischen Friedhöfen deutlich werdenzu lassen, besuchte ich mit der Klasseam Vortage den kommunalen Friedhofvon Langenlonsheim, nur einen Stein-wurf weit vom Schulgelände gelegen.Die Kinder hatten den Auftrag erhalten,auf gemeinsame Gestaltungselemen-te der einzelnen Grabstätten zu ach-

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ten, Es wurde eifrig gesammelt undnotiert: Die Kreuze, die abgebroche-nen Säulen, Dürers Betende Hände inBronze oder eingemeißelt, emaillierteFotos, aufgeschlagene Bücher, großeUrnen aus Kunststein und auch schlich-te Platten. Ein Schüler führte uns zumGrab seines Vaters, zwei Schülerinnenzeigten uns die Ruhestätten ihrerGroß-eltern. Beim Rundgang durch den neu-esten Teil wurde auch schnell deutlich,daß zuerst das Wegenetz angelegtworden war und dann anschließenddie einzelnen Grabstellen danach aus-gerichtet wurden, meist Kopfende ge-gen Kopfende. Platzeinsparung waroberstes Gebot, nur ja keine unnötigbreiten Gänge.

Am 17. Dezember 1996 ging esdann mit dem vom Südwestfunk be-zahlten Bus die 25 Kilometer nach BadSobernheim und auf engen Wirlschafts-wegen bis in die unmittelbare Nähe desjüdischen Friedhofes, von wo aus maneinen herrlichen Rundblickauf die Stadthat und von wo aus ich den Kindernauch das Synagogengebäude zeigenkonnte. Auf dem Friedhof selbst beka-men die Kinder zunächst Zeit für einekleine Entdeckungsrunde. Danach ver-sammelten wir uns am zentral gelege-nen Mahnmal, um die Unterschiede zuchristlichen Friedhöfen bzw. die Be-sonderheiten eines jüdischen Friedhofsherauszuarbeiten, alles vor laufenderKamera, die von den Schülern/Schüle-rinnen auch schnell vergessen wurde,so eiftig waren sie bei der Sache.

Was Grabgestaltung und Grabpfle-ge betraf, so waren diese augenfälli-gen Unterschiede schnell herausge-funden. Die Vielzahl von gleichen undähnlichen Steinen machte die Kinderbald stutzig, das Prinzip der Gleichheitaller im Tode leuchtete ihnen jedochein. Besonders stolz war eine Gruppevon drei Kindern, die als erste erfolg-reich nach Händen gesucht hatte. lmGegensatz zu Dürers Betenden Hän-den waren es hier die segnenden Hän-de der Cohen-Familien, die ihren Ur-sprung auf Priesterfamilien zurückver-folgen können. Das bedurJte eineraus-führlicheren Erklärung.

Nachdem die einzelnen Teile desFriedhofs benannt und deren Umrisseabgeschritten waren, bemerkten dieSchüleriSchülerinnen bei den Steinendes aufgelassenen Friedhofs von Mon-zingen, die 1938 hier bewußt in Süd-richtung aufgestellt worden waren, daßalle übrigen Steine des Friedhofes ineine Richtung zeigten. Ein Sonnenstrahlerleichterte das Finden von Osten, die

Jerusalem-Er-klärung folgte,die den Kindernaus dem Reli-gionsunterrichtin Bezugauf Kir-chenbau schonvertraut war.Danach sahensie die gleichenAbstände zwi-schen denGrabstellenbzw. Steinenund nahmenauch wahr, daßhier großzügigmit den Wegenverfahren wor-den war. Die auffälligen Spuren frühe-rerZerstörungen an den Steinen muß-ten ihnen noch erklärt werden. Aus-führlich wollten sie auch über das Feh-len der Kreuze informiert werden, dasKreuz als Galgen aus jüdischer Sichtwurde ihnen erst im Zusammenhangmit der Kreuzigung Jesu verständlich.Die Lage des Friedhofes auf dem vor-maligen Galgenstandort ließ sie auf-horchen.

Mitsichtlichem Stolz berichteten die

ln der Zwischenzeit haben die Kin-der des 3. Schuljahres auch den jüdi-schen Friedhof ihrer eigenen Gemein-de entdeckt. Gelegentlich einer Wald-begehung zur Vorbereitung sog. Wald-jugendspiele suchten wir im Langen-lonsheiner Wald, ca. sechs Kilometervom Ortskern entfernt, die jüdischenFriedhöfe von Langenlonsheim undGuldental auf, für den WindesheimerFriedhof, der ebenfalls im gleichenWalddistrikt Iiegt, reichte die knapp kat-

Schüler/Schüle-rinnen nach ih-rer Heimkehrden Schulkame-raden von demAusflug und denFernsehaufnah-men, derenAus-strahlung am11.Januar1997erfolgte. ln vie-len Familienwurde die Sen-dung aufge-zeichnet undwanderte zu an-deren Filmauf-nahmen zurKindheit derSchüler.

Am 2. Februar 1997 wurde die Zerstörung von 35 Grabsteinendurch vier Jugendliche entdeckt. Foto: Sonja lJnger.

Schon bald holte man sie wiederhervor, als nämlich am 4. FebruarlggTdie Bilder von der Schändung des jüdi-schen Friedhofs von Bad Sobernheimdurch Presse und Fernsehen gingen.Sichtlich erregt und entsetzt brachtendie Kinder die bebilderten Zeitungsbe-richte mit in die Schule. Die Zerstörungvon 35 Steinen durch vier Jugendlichebrachte die Schüler regelrecht in Wutund sie warten jetzt auf die Verurtei-lung, die in den nächsten Tagen statt-finden soll.

kulierle Zeit leider nicht mehr. Dieses3. Schuljahr besuchten Kinderaus Lan-genlonsheim und dem Nachbarort Lau-benheim und es war bei dieser Wande-rung vom 4. Juli 1997 für die Lauben-heimer Schüler doch erfreulich zu hö-ren, daß auch ehemalige jüdische Ein-wohner von Laubenheim dorl bestattetsind, denn sie neideten es ihren Lan-genlonsheimer Mitschülern immer, daßdiese sogar auf eine Langenlonshei-mer Synagoge verweisen können,wenn es auch nur eine ehemalige undeine abgerissene noch dazu ist.

Die nach Süden ausgerichtete Reihe der Monzinger Steine.Foto: Werner Mielke.