Grundstücksmietvertrag in Thailand

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RECHT IN THAILAND - PRAXISRATGEBER JANUAR 2012

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Für den eiligen Leser:

Der Beitrag beschäftigt sich mit dem langfristigen Mietver-trag über Grundstücke und Gebäude in Thailand.

In den Bereichen Grundver-tragslaufzeit, Verlängerungs-zeitraum und Hauseigentum werden jeweils die Brenn-punkte der Vertragsgestal-tung an jeweils drei Bei-spielsklauseln verdeutlicht.

Dies betrifft (1) Formerforder-nisse, (2) Mieterwechsel, (3) Vermieterwechsel, (4) erste Verlängerungsoption, (5) zweite Verlängerungsoption,

(6) Rechtsänderungs-klausel, (7) Originäre Eigentum am Haus, (8) abgeleitetes Hausei-gentum und (9) Erbbau-

recht.

Es handelt sich um ein be-währtes Investitionsmodell, welches das Vertrauen der ausländischen Seite verdient

Ausländern ist in Thailand der Erwerb von Grundeigentum nur beschränkt möglich. Was man nicht kaufen kann, muss man mieten. Die Rechte eines Mieters sind dem Ei-gentum allerdings nur angenähert. Dies versucht die Vertragspraxis durch Optionsvereinbarungen und sonstige Klauseln auszugleichen. Der Beitrag zeigt in den drei Berei-chen (i) Grundvertragslaufzeit (ii) Verlängerungszeitraum und (ii i) Hauseigentum jeweils drei bei der Aus-gestaltung zu beachtende wichtige Gesichts-punkte auf.

Die Gestaltung des langfristigen Grundstücksmietvertrages

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Copyright: PUGNATORIUS Ltd., Bangkok, Thailand

PUGNATORIUS ist die deutsche Wirt-schafts- und Steuerkanzlei in Bangkok. Wir arbeiten nach deutschen Standards. Mit deutscher Zuverlässigkeit, deutscher Pünkt-lichkeit und deutscher Premiumqualität.

Managing Director von PUGNATORIUS ist Dr. Ulrich Eder, ein erfahrener Wirtschafts-anwalt mit langjährigen Erfahrungen im thailändischen Zivil- undSteuerrecht und zudem der einzige deutsche Steuerberater in Thailand.

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DIE GESTALTUNG DES LANGFRISTIGEN GRUNDSTÜCKSMIETVERTRAGES

I. Die ersten 30 Jahre

(1) Ein schriftlicher Grundstücksmietvertrag ist in Thailand nur für eine Mietdauer v o n d r e i J a h r e durchsetzbar, falls er nicht ordnungs-gemäß registriert wurde. Er kann in jedem Fall eine M i e t d a u e r v o n dre iss ig Jahren nicht überschreiten. D i e s b e d e u t e t , d a s s s ä m t l i c h e Verpflichtungen der Mietvertragspartei-en spätestens nach dreissig Jahren enden (Sections 538 und 540 Satz 1 Zivilgesetz-buch CCC).

Diese zwingende Begrenzung hat in der Pra-xis bei der Anmietung von Wohngrundstü-cken eine herausragende Bedeutung. Für

industrielle Flächen erlaubt ein Sonder-gesetz aus dem Jahre 1999 eine Mietdauer von fünf-zig Jahren.

(2) Gemäß Section 544 CCC kann der M i e t e r s e i n e Rechtsposition nicht ohne Zustimmung des Eigentümers auf Dritte übertra-gen oder weiter-

vermieten. Stirbt der Mieter während der Ver-tragslaufzeit, so endet der Mietvertrag auto-matisch. Die Mietrechte fallen nicht in den

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EINIGE RECHTE VORBEHALTENDieser Beitrag ist urheberrechtlich geschützt. Die Weitergabe dieser pdf-Datei ist nur in unveränderter Fassung erlaubt. Der Praxisratgeber ist die Überarbeitung eines im November 2008 in der Zeitschrift THAI FOKUS veröffentlichten Beitrages.

Nachlass des verstorbenen Mieters, da es nach seinem Tod keine Mieterrechte mehr gibt. Der Mieter hat also insoweit nichts zu vererben. Bei einer Mietvorauszahlung für die gesamte Laufzeit führt der frühe Tod somit regelmäßig zu einem Schaden auf Mieterseite.

Anders als häufig suggeriert, kann auch nicht vereinbart werden, dass der Mietver-trag zu Gunsten der Erben weiterbestehen soll. Auch mit einer derartigen Klausel endet der Mietvertrag von Todes wegen – und die Erbfallregelung mit ihm. Es erfolgt also in keinem Fall ein automatischer Übergang auf den oder die Erben.

In der Entscheidung 1729/2540 hat der thai-ländische Supreme Court zu einer Vertrags-klausel Stellung genommen, wonach der Vermieter verpflichtet ist, beim vorzeitigen Mietertod einen zweiten Mietvertrag zu den-selben Konditionen neu abzuschließen. Eine derartige Vereinbarung zu Gunsten Dritter sei wirksam und die Berechtigung überlebe den Mieter und den Mietvertrag. Alle für einen Neuabschluss geltenden Form- und Verfah-rensvorschriften, einschließlich der Registrie-rung, sind dann allerdings neu zu erfüllen. Der neue Vertrag gilt ab Vertragsschluss und ist somit ohne Rückwirkung. Es ist also keine Erbfolgeregelung sondern eine bloße Ein-trittsrechtsklausel zugunsten des unbeteilig-ten Erben. Die Bedeutung der Gerichtsent-scheidung liegt darin, dass die rechtlichen

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Anforderungen an diese Klausel spezifiziert wurden - sie werden in der Praxis häufig nicht eingehalten.

Allerdings handelt es sich insoweit sowieso nur um eine persönliche Verpflichtung des Vermieters und nicht um den Kernbereich und integralen Bestandteil des Mietvertra-ges. Beim Wechsel des Vermieters (durch Tod oder Verkauf oder Insolvenz) geht diese Verpflichtung nicht zuverlässig auf den Rechtsnachfolger über. Die Klausel entfaltet nur dann ihre gewünschte Wirkung, wenn die Vermieterseite unverändert bleibt. Der Mieter hat somit ein hohes Eigeninteresse daran, dass sein Vermieter solvent und soli-de bleibt.

(3) Gesetzlichen Schutz gibt es dagegen bei einem Eigentumswechsel während der Miet-laufzeit. Kauf bricht nicht Miete. Der neue Eigentümer tritt gemäß Section 569 CCC in die Rechte und Pflichten ein, soweit es um den Kernbereich der Mieterrechte geht. Hierbei stellt sich häufig auch die Frage, welche der deutsch- oder englischsprachi-gen Vertragsklauseln tatsächlich wirksam beim Land Office registriert wurden.

Ein langfristiger Mieter, der eine dem Kauf-preis entsprechende Vorauszahlung geleis-tet hat, wird aber vernünftigerweise nicht akzeptieren wollen, dass er hier schwer kal-

kulierbaren Ungewissheiten ausgesetzt wird. Sachgerechte Vertragsklauseln beinhalten, dass ein zwischenzeitlicher Verkauf ausge-schlossen ist und die Eigentumspapiere zur Absicherung hinterlegt werden. Weitere fort-laufende Vertragspflichten („Covenants“) be-treffen – je nach dem Einzelfall – Regelungen zur (Grundschuld-) Belastung, zu risikoträch-tigen und potentiell insolvenzgefährdeten Geschäftstätigkeiten der Vermietergesell-schaft und ähnliches.

II. Nach Ablauf der 30 Jahre

(4) Section 540 Satz 2 CCC sieht die Mög-lichkeit der Erneuerung der Mietdauer vor. Dies erfolgt insbesondere in Form einer Ver-

längerungsoption zu Gunsten des Mieters. Sie wird in den Miet-vertrag aufgenom-men und ist somit formaler Bestandteil der Regist r ierung beim Land Office.

Über die rechtlichen Anforderungen an Inhalt und Ausgestal-tung, insbesondere hinsichtlich eines zu-sätzlichen Mietzinses, bestehen in der Pra-xis unterschiedliche Auffassungen. Glei-ches gilt hinsichtlich

der Frage, ob es sich um eine rechtliche oder lediglich um eine moralische Verpflichtung handelt.

Von der Frage der Legalität im Einzelfall ist die Problematik der generellen Durchsetz-barkeit jedoch streng zu trennen. Es ist un-bestritten, dass auch eine rechtswirksame Verlängerungsoption vom Mieter nicht einsei-tig durchgesetzt werden kann. Es bedarf vielmehr der aktiven Mitwirkung des Vermie-ters und Eigentümers nach Ablauf der drei-ßigjährigen Grundmietzeit.

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Falls der Eigentümer dies mit guten oder schlechten Gründen ablehnt, müsste der Mieter seine Ansprüche in einem jahrelan-gen Rechtsstreit durchsetzen. Thailand kennt zwar grundsätzlich auch die Möglich-keit des einstweiliger Rechtsschutzes, der den tatsächlichen Verbleib des Mieters auf dem Grundstück ermöglichen könnte. Hier-auf wird sich zumindest ein ausländischer Mieter aber kaum verlassen wollen.

Die Verlängerungsoption ist zudem kein in-tegraler Bestandteil des Mietverhältnisses; selbst dann nicht, wenn sie formal zum Ver-tragsbestandteil gemacht wurde. Der ge-setzliche Mieterschutz bei einer Übertragung der Vermieterstellung durch Verkauf oder Erbfall erstreckt sich daher nicht auf die Ver-längerungsoption.

Diese Rechtsauffassung hat der Oberste Gerichtshof in 1998 ausdrücklich be-stätigt. Der Mieter ist somit nicht vor einem jederzeiti-gen Untergang seiner Verlänge-rungsoption ge-schützt . Ob in diesem Fall zu-m i n d e s t e i n Schadensersatz-anspruch besteht, ist im Einzelfall zu beurteilen. Glei-ches gilt für die F r a g e , o b e i n Wertausgleich für ein zwischenzeit-lich vom Mieter errichtetes Haus gezahlt werden müsste.

(5) Ein nicht seltenes Vertragselement ist eine zweite Verlängerungsoption für die Jah-re 61 bis 90. Dies ist eine mehr optische Verbesserung der Mieterposition, die zumin-dest nicht schaden kann. Zu ähnlichen Strukturen gehört der Abschluss von aufei-nander folgenden (Ketten-) Mietverträgen

mit formal unterschiedlichen Mietparteien. Derartige Vorgehensweisen beinhalten die Gefahr einer begrenzten Haltbarkeit wegen Umgehung der gesetzlichen Grenzen.

(6) Grundstücksmietverträge enthalten häufig Klauseln, die auf eine Rechtsänderung spe-kulieren. Hierdurch soll die bestmögliche An-gleichung an eine Eigentümerposition er-reicht werden. Dies umfasst das Recht des Mieters zum Eigentumserwerb oder zu einer längeren Mietdauer, falls die zukünftige thai-ländische Gesetzgebung dies zulassen wird.

III. Hauseigentum

Das Erwerbsverbot durch Ausländer gilt le-diglich für thailändische Grundstücke. Es be-trifft jedoch nicht die (Auf-)Bauten der thai-ländischen Grundstückseigentümer. Somit steht die Ausländergesetzgebung nicht ent-gegen, dass ein Ausländer das Eigentum an

seiner Villa in Thailand ohne das Grundstück erwirbt. Der Eigentumserwerb an einem A-partment in einem mehrstöckigen Apartment-haus ist dennoch nicht möglich, weder für einen Ausländer noch für einen Thailänder. Ohne formelle Registrierung als Condomini-um gehört dem Grundstückseigentümer – regelmäßig eine Besitz- und Verwaltungsge-sellschaft – automatisch das rechtliche Ei-gentum an allen einzelnen Apartments.

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(7) Originäres Eigentum am Haus und den sonstigen Aufbauten gibt es nicht. Ein „Title Deed“ für das Haus ist im thailändischen Recht nicht vorgesehen. Die häufig ge-brauchte Floskel vom thailändischen Haus-eigentum sollte man daher mit Vorsicht le-sen. Der thailändische Begriff „Ownership“ ist weicher und diffuser als der deutsche Ei-gentumsbegriff. Er muss nicht bedeuten, dass der Inhaber jeden fremden Dritten in Thailand abwehren kann.

(8) „Abgeleitetes Eigentum“ ist in Thailand möglich - wobei man durchaus die Frage stellen kann, ob der Begriff des Eigentums in diesen Fällen dann noch europäischem Verständnis entspricht. Die Ausgestaltung und langfristige Anerkennung ist zweifelhaft. Die Praxis kennt einerseits die Hausübertra-gung („house transfer“) nach der Bauerrich-tung und andererseits die Bauerrichtung auf der Grundlage einer zuvor erwirkten eigenen Baugenehmigung. Beide Varianten haben unterschiedliche steuerliche Folgen. Dies betrifft die Special Business Tax sowie die Umsatzsteuer, aber auch die Registrie-rungsgebühr.

Weitere Formen, bei denen lediglich von ei-nem Quasi-Eigentum ausgegangen werden sollte, betreffen z.B. die Eintragung in das „House Book“ bzw. die Erstellung eines „Yel-low House Books“, welches für Ausländer

ausgegeben wird – für Thailänder sind die Hausbücher in blau. Dies bestätigt jedoch letztlich lediglich die Ansässigkeit, nicht recht-liches Volleigentum. In der Praxis ver-schwimmen aber auch hier regelmäßig die Begriffe und Anschauungen. Jeder Mieter sieht sich selber gerne als Eigentümer, wenn es dafür nur irgendwelche Anhaltspunkte gibt.

Zu den problematischen Fragen gehört der Schutz des Quasi-Eigentümers in der Ver-

mieterinsolvenz und bei einem Verkauf des Grundstücksei-gentums. Die per-sönliche Verpflich-tung des Vertrags-partners, den Be-rechtigten wie einen Eigentümer zu be-handeln, muss In-solvenz und Verkauf nicht überleben bzw. nicht zwingend ü-bergehen. Hierbei kann es sich durch-aus als nachteilig auswirken, dass die Villen und Aufbauten nicht Bestandteil des

formell eingetragenen Mietvertrages gewor-den sind.

(9) In der Praxis muss im Einzelfall beurteilt werden, ob der Vertragspartner als wirtschaft-lich und rechtlich hinreichend solide und fi-nanzstark beurteilt wird, um mit einer von ihm abgeleiteten Eigentumsposition zufrieden zu sein und hierfür auf den mietvertraglichen Schutz der thailändischen Gesetze zu ver-zichten. Ein weitergehender Schutz ist an-sonsten möglich. Neben dem Condominium ermöglicht auch ein thailändisches Erbbau-recht („Superficies“) ein eigenes, eingetrage-nes Eigentumsrecht unabhängig von dem Fortbestand Dritter. Dies führt zu Mehrkosten und zusätzlichen Steuern, gibt aber das si-chere Gefühl, eine dingliche Rechtsposition innezuhaben, die im thailändischen Zivilge-setzbuch eindeutig geregelt ist. Die Flexibili-

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tät und Bereitschaft der Land Offices, bei gutem Zureden fast alle Eintragungen zu akzeptieren und eigens hierfür neuen Formulare zu entwerfen, gibt eine eher trügerische Sicherheit und muss nicht von Dauer sein.

Bei Beachtung dieser neun Punkte bleibt ein klares Re-sümee: Die langfristige Miete hat sich in der thailändi-

schen Praxis seit langem und in un-zähligen Fällen bes-tens bewährt. Es sind Vertragsstan-dards möglich, die dem Mieter die be-ruhigende Gewiss-heit geben, sich als Her r im e igenen

Haus fühlen zu können. Unlösbare Konflikte mit dem thai-ländischen Recht und absehbare Sollbruchstellen wäh-rend der Vertragslaufzeit haben sich in den letzten Jahr-zehnten nicht gezeigt. Es handelt sich um ein grundsoli-des und sturmerprobtes Investitionsmodell, welches das Vertrauen der ausländischen Seite verdient und rechtfer-tigt.

PUGNATORIUS Ltd.International Lawyers29th Floor, Central World Tower999/9 Rama I Road, PathumwanBangkok 10330, Thailand

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Wir sprechen englisch, thailändisch und spanisch. Besonders gerne aber deutsch.

Der VerfasserManaging Director Dr. Ulrich Eder berät und vertritt seit 1989 Unternehmen und Per-sonen bei der rechtlichen, steuerlichen und wirtschaftli-chen Ausgestaltung komple-xer Rechtsverhältnisse.

Dr. Ulrich Eder ist seit 1989 bzw. 1993 Rechtsanwalt und Steuerberater, mit Auszeich-nung promoviert in Münster/Westfalen, zugelassen am Oberlandesgericht Düssel-dorf und ordentliches Mit-glied der dortigen Rechtsan-waltskammer und Steuerbe-raterkammer.

„Stellen Sie an Ihren Berater im Ausland mindestens die-selben Qualitätsanforderun-gen wie an Ihren Hausanwalt im Heimatland. Wer sich mit Glücksrittern einlässt, darf sich über Überraschungen nicht wundern.“

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