Gustavo Peñalver

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Gustavo gilt in Deutschland als einer der bekanntesten zeitgenössischen spanischen Künstler und als Meister der farbenprächtigen, grotesken und unverwechselbaren Gestalten. Nach einem fast 20jähreigen Berlinaufenthalt von Mitte der 70er bis Mitte der 90er Jahre sorgt der unermüdlich Kreative nun dafür, dass zahlreiche internationale Kunstfreunde sein Atelierhaus im Nordosten Mallorcas zwischen Capdepera und Cala Ratjada

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Gustavo Peñalver Vico

Gustavo gilt in Deutschland als einer der bekanntesten zeitgenössischen spanischen Künstler und als Meister der farbenprä-chtigen, grotesken und unverwechselbaren Gestalten. Nach einem fast 20jähreigen Berlinaufenthalt von Mitte der 70er bis Mitte der 90er Jahre sorgt der unermüdlich Kreative nun dafür, dass zahlreiche internationale Kunstfreunde sein Atelierhaus im Nordosten Mallorcas zwischen Capdepera und Cala Ratjada besuchen. Seine alte Heimat Berlin hat dem Künstler be-reits 1999 ein Denkmal gesetzt: Das „Gustavo-Haus“ im Bezirk Lichtenberg ist ein mit riesigen Gustavo-Gestalten gestalte-ter, ehemaliger Plattenbau und gilt als das größte Kunstwerk Europas. Mit whoiswhomallorca.com unterhält sich der lebhafte 72-Jährige über neue Projekte, Inspirationsquellen und warum er heute wieder gerne auf Mallorca lebt und arbeitet.

Besucheransturm von Kunstliebhabern aus Deutschland

Text: María Pineda LázaroDesign: Manuel Malvar Tombo

Erzählen Sie uns von Ihren neuen Projekten. Ich hatte das Glück, den Keramikermeister Miquel Torres

Bordoy der teulera can benito in Campos kennen zu lernen, durch den sich mir eine Tür in die Welt der Keramik geöff-net hat. In den nächsten Monaten plane ich drei Wandbilder in verschiedenen Größen zwischen 10 und 15 Quadratme-ter an der Außenwand meines Ateliers, eine Mosaikbank mit Tisch und am Eingang meiner Finca plane ich eine oder zwei meiner Gestalten aus Keramik zu entwerfen. Außer-dem möchte ich kleine Keramiken, wie Teller und Skulptu-ren, als Sammlerobjekte herstellen. Es scheint so, als wenn diese bemerkenswerte Keramikwerkstatt auch daran inte-ressiert ist, Fliesen mit meinen Motiven zu entwerfen.

Und dann ist da noch eine Serie neuer Holzobjekte?Ja, nach acht bis zehn Jahren Pause experimentiere ich

nun wieder mit für Mallorca typischen Küchengeräten aus Holz, wie Brettchen, Löffeln und ähnlichem, die ich in Ges-talten verwandele. Wobei ich diese Holzgeräte nur wenig manipuliere, sondern klebe und anschließend anmale.

Aber natürlich kommt bei all dem meine Malerei nicht zu kurz. Außerdem koloriere ich neuerdings auch verschie-dene meiner Skizzen und stelle sie in Vitrinen aus. Natürlich entwerfe ich wie jedes Jahr im Herbst eine neue Siebdruc-kmappe mit drei Originalsiebdrucken und eine neue Bron-zeskulptur.

Planen Sie neue Ausstellungen?Ja, am liebsten im nächsten Jahr wieder in Berlin, aber

es gibt auch noch andere Alternativen zum Beispiel in Mainz, in Südfrankreich und eventuell in der Schweiz, aber das ist im Moment noch nicht spruchreif. Anstatt öfters kleinere Ausstellung zu machen, bevorzuge ich mittlerwei-le alle paar Jahre aufwendige und umfangreiche Ausste-llungen wie 2009 die letzte große Retrospektive in Berlin anlässlich meines 70sten Geburtstages auf Einladung des Berliner und Brandenburger Fernsehzentrums rbb. Ich hatte jetzt zwei ruhige, aber sehr kreative Jahre und im nächsten Jahr möchte ich auf alle Fälle wieder ausstellen. Immerhin blicke ich mit meinen 72 Jahren mittlerweile auf 150 Einzel- und Gruppenausstellungen im In- und Ausland zurück und zwar nicht nur in Deutschland und Spanien, sondern Europaweit und sogar in den USA.

Ein paar Worte zu Ihrer künstlerischen Entwicklung?Im Moment gehe ich vier Wege: Ich gebe meinen Ges-

talten grobe Umrandungen, feine oder gar keine Konturen. Außerdem entwerfe ich Gestalten aus den Formen mei-ner eigenen zufälligen Farbkleckse.

Was inspiriert Sie?Mich bereichert und inspiriert vor allem Musik. Beson-

ders „mein Guru“, der belgische Chansonier Jacques Brel hilft mir meine Bilder zu entwerfen, aber ich liebe auch Franzosen wie Leo Ferrer oder Edith Piaf. Und Klassik wie Mozart und Interpretationen von Maria Callas, aber auch Liedermacher wie die Spanier Manu Chao und Joan Manuel Serrat oder die Deutschen Udo Lindenberg oder den verstorbenen Kabarettisten Wolfgang Neuss. Doch auch Filmemacher wie Woody Allen oder Fellini und inte-ressante Zeitgenossen aus Kunst und Kultur ziehen mich an. Eine Inspirationsquelle sind die Falten von Menschen, besonders auf Schwarz-Weiß-Fotos, die meine Fanta-sie anregen. Auch Objekte aus der Natur wie Strandgut, skurrile Wurzeln, Alltagsdinge, in denen ich Gestalten und Gesichter sehe. Und die Natur selbst, die Mandelbäume und Palmen meiner Finca, die umliegenden Berge oder die Farben des Himmels inspirieren mich.

Und wie kommen Sie zu Ihren poetisch-literarischen Bilder-titeln?

Das ist die Absurdität und Situationskomik des Lebens an sich. Ich verfolge gerne das tagesaktuelle Zeitgesche-hen und da bekomme ich eine Menge Anregungen, denn hinter all der Komik meiner Titel steckt auch eine gewisse verschlüsselte Kritik gegen unsoziale oder politisch unge-rechte Zustände.

Sie engagieren sich auch mit Ihrer Kunst.Seit 14 Jahren engagiere ich mich für die Mukoviszi-

dose-Stiftung der ehemaligen Bundespräsidentengattin Christiane Herzog. Meine Werke erzielen bei Verstei-gerungen durch den Lyons Club stattliche Summen und zahlreiche Künstler sind meinem Beispiel gefolgt. Dafür hat man mich vor ein paar Jahren sogar ausgezeichnet. Auch andere Charity-Aktionen, besonders wenn sie zugunsten von Kindern sind, unterstützte ich häufig und tue das nach wie vor sehr gerne.

„Immerhin blicke ich mit meinen 72 Jahren mitt-lerweile auf 150 Einzel- und Gruppenausstellungen im In- und Ausland zurück und zwar nicht nur in

Deutschland und Spanien, sondern Europaweit und sogar in den USA.“

„Gemein ist allen meinen Fans, dass sie mit Humor ausgestattet sind und Farben lieben.“

Ihre internationale Karriere begann in Berlin, warum sind Sie wieder nach Mallorca zurückgekehrt?

Das wichtigste Motiv war wohl, dass ich mir hier auf Ma-llorca mein Atelierhaus bauen konnte. Außerdem liebt meine Frau Regine die Insel sehr und war über diese Entscheidung äußerst glücklich. In Berlin hatte ich ständig Besuch von den Berlinern, hier auf Mallorca habe ich Atelierbesuche aus allen Ecken Deutschlands (und anderen Ländern). Meine alte Heimat Berlin ist aber nach wie vor sehr wichtig für mich, weil ich dort wohl nach wie vor die meisten Fans habe. In Gedanken wandere ich täglich ein bisschen durch Berlin, aber jetzt bin ich glücklich hier auf Mallorca.

Unter Ihren Besuchern sind auch zahlreiche Prominente?Ja, ich habe eine große Fangemeinde in Deutschland

unter Film- und Fernsehschaffenden und unter Persönli-chkeiten aus Kultur, Politik, Wirtschaft und Medien, aber genauso auch unter Schulkindern, Rentner und „ganz normalen“ Menschen, die meine Kunst fröhlich stimmt. Gemein ist allen, dass sie mit Humor ausgestattet sind und Farben lieben.

Ihr Atelier ist ein besonderer Anziehungspunkt?Ja, es gibt Tage, wo ich vor lauter Besuch gar nicht

zum Malen komme – und schließlich ist mein Ate-lier ja keine öffentliche Galerie – und dabei liebe ich es nach wie vor, jeden Tag zu malen. Desto älter ich werde, desto mehr liebe ich die großen Leinwände. Auch wenn ich mich regelmäßig zu kleinen Lein-wänden inspiriert fühle und oft an verschiedenen Ölbildern gleichzeitig arbeite. Aber natürlich sind mir interessante Menschen und Sammler jederzeit willkommen.

Was schätzen Sie an Mallorca?Mallorca ist eine phantastische Insel mit ei-

ner wunderschönen Natur. Die Insel ist zentral erreichbar mit einer guten Kommunikation, in zwei bis drei Stunden ist man in den wichtigsten Städ-ten Deutschlands und Europas. Natürlich habe ich auch Erinnerungen an meine Kindheit, als ich im Alter von sechs Jahren von Cartagena in Múr-cia, wo ich geboren bin, nach Mallorca kam. Hier habe ich gelebt bis ich in meine Zwanziger, dann habe ich ein paar Jahre in Paris und Brüssel ver-bracht. Anschließend, nachdem ich aufgrund der

Repression durch das Francoregime, - in dieser Zeit hatte ich eine sehr politische Phase in meiner Malerei -, nur noch wenige Jahre in Spanien leben konnte, bin ich auf Einladung des Berliner Senates nach Deutschland gegangen und ge-blieben, weil ich Regine kennengelernt habe. So gut wie auf Mallorca gefällt es mir höchstens noch in Südfrankreich, mit dem kulturellen Ambiente der Côte d’Azur und all der großartigen Kunst - ich denke an Picasso, Chagall, Matisse, Renoir und andere große Künstler.

Was wünschen Sie sich für Mallorca?Dass man sich mehr um eine gepflegte und dezente Ar-

chitektur und eine intakte Natur bemüht und ein bisschen mehr in Kunst und Kultur investiert, denn dadurch würde sich auch das Niveau des Tourismus verändern: weg von aggressiven und skandalbehafteten Besuchern, hin zu einem kulturellen und bereichernden Tourismus. Es sollte nicht nur an das schnelle Geld gedacht werden, sondern nachhaltig und längerfristig geplant werden. Aber wie ich nicht zuletzt diesem sehr interessanten Portal entnehme, gibt es ja glüc-klicherweise eine Menge einflussreicher Menschen, denen das Wohl der Insel am Herzen liegt und die ihre ganze Ta-tkraft ihren Visionen widmen.

In wie weit wurde von Seiten der Balearenregierung Ihre große Anziehungskraft insbesondere auf das deutsche Publikum gewürdigt?

Ich merke, dass auch hier mein Ruf beständig wächst und ich auch auf der Insel immer mehr Sammler und Kunst-freunde habe, aber leider bekomme ich von den öffentli-chen Institutionen kaum Input. Ich hoffe, dass es mir nicht so wie Miró ergeht, der erst wenige Jahre vor seinem Tod entsprechend gewürdigt wurde. Mit dem werde ich gerne verglichen, aber seine Kunst ist ganz anders als meine. Ich habe ihn als jungen Mann gekannt und er hat mich in mei-ner künstlerischen Tätigkeit sehr bestärkt.

Glücklicherweise sind Sie ja noch sehr munter und fidel und äußerst aktiv. Was darf Ihnen an keinem Tag fehlen?

Meine Frau Regine, ein guter café con leche, mein tägli-ches pamboli, ein kleiner Spaziergang mit unseren Hunden über die Finca, jeden Tag etwas zum Lachen und Träumen, meine Siesta, neue Ideen und mein Pinsel oder Skizzenblock.Wir bedanken uns für das Gespräch.

Weitere Infos: www.artgustavo.com