Gutartiger Tumor Als Passagehindernis im Oesophagus

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24. DEZEMBER 1923 KLINISCHE WOCHENSCHRIFT. 2. JAHRGANG. Nf. 52 2347 0BER DIE WIRKUNG DER H-IONENKONZENTRATION AUF DIE GUANIDINVERGIFTUNG DES ISOLIERTEN FROSCHMUSKELS. Von ~MERICH BACH. FI3HNER hat in ausfiihrlichen Untersuchungen festgestellt, daB die nach Guanidinvergfftung regelmgBig auftretenden Zuckungen des isolierten Froschmuskels durch CaCI~-Zu- gaben unterdrfickt and vollstgndig gehemmt werden k6nnen. Nun vermehren sich die Angaben liber die Beziehungen zwi- schen Guanidinvergiftung und menschlicher Tetallie. Ande9 seits ~ird von verschiedenen Autoren behauptet, daB die Ver- minderung der ,,Aciditgt" des Blutes beim Zustandekommen des tetanischen Anfalls die ausschlaggebende Rolle spielt. FREUDENBERG und GY6RGY gelang es, die mensehliche Tetanie durch eille acidotische Umstimmnng der Stoffwechsellage therapeutisch beeinflussell. Nach GY6RGY und VOLLMER werden auch die tetanischen I™ der guanidinvergifteten t™ durch Salzs//uregaben unterdrfickt. Wir wollten nun, um diese t3eziehungen besser allfzuklfirell, die BeeinIluBbarkeit der Guanidinvergiftllng des isolierten Froschmuskels durch die 2~nderullg der Wasserstoffionen- konzentration priifell. Zu diesem Zwecke haben wir isolierte Muskeln von Rana esculenta in Iroschisotonischen Ringer- 16sllngen, die noch salzsaures Guanidin (I : 5ooo--I : IO ooo) enthielten, aufgeh/~ngt. Die I™ der Wasserstoff- ionen wurde durch verschieden grol3e SalzsXure- bzw. Bi- carbonatzugabe ge/illdert. In einer mit Guanidin verse9 Ringerl6sung iangen die Muskeln nach verschieden langer Latenzzeit zu zucken an. Die Latenzzeit bei gleichen Muskeln h/~ngt von der Gr6Be de8 Gnanidinkonzentration ab. Durch CaC12-Zugabe wird diese Latenzzeit wesentlich verl/inge9 bel groBer CaCl~-I™ treten die Gnanidinzuckllngen tiberhaupt nicht auf. In unseren Untersuchungen haben wir gefunden, daB Salzsgurezugabe ebenso eine Verl/~ngerung der Latenzzeit bewirkt wie CaC12-Zugabe. Z. B. in einer Ver- suchsreihe betrug die Latenzzeit der Zuckungen des rechten Sartorius, der in einer Rillgerl6sulllg mit i :5ooo Gnanidin und pli = 7,2 aufgeh/ingt war, I5 Minuten, des linken Sar- torius in einer RingerlSsung gleichen Gllanidingehalts, aber mit einer pI~ = 6,9, mehr als 7 ~ Minuten. Also eine Ver- mehrung der Wasserstoffionen etwa auf des Zweifache be- wirkte eine Verl/~ngerung der Latenzzeit der Zuckungen auf mehr als des Vierfache. Die ErklXrung dieser Erscheillullg ist leicht, wenn wir an die mit zllnehmende rAcidit~t wachsellde bessere Dissoziation der Kalksalze denken. Wir gingen aber weiter. Nach RONA und TAKAI-IASHI ist die t™ der freien Ca-Ionen = /~- [H] , In einer Ringerl6snng mit [HCOs] gerillgem Calciumgehalt and grol3er Vgassersloffionenkonzen- Iration ist es leicht m6glich, daB praktisch des ganze Calcium ira ionisierten Zustande vorhanden ist (wie aus der obigen G1eichung folgt), Wenn nun die Kollzentration der WasserstoIf- ionell weiter gesteigert wird, ist eine weitere Yermehrung der freien I™ nicht zu erwarten, da schon bei einer ge- ringeren Acidit/~t prakfisch eine vollstgndige, Dissoziation vorhanden ist. Wir konnten also verschiedene Ringerl6sullgen mit gleicher Calcillmionenkonzentratioll, aber verschieden groBer H-Ionenkonzentration erzellgen. Die Versuche haben ergeben, daB die Vermehrung der H-Ionen ohne eine solche der Caiciumionen das Auftreten der Guanidinzucknngen hem- men kann. Unsere Untersuchungen zeigen also, daB die Was- serstoffionen nicht nur durch die Erh6hullg des Dissoziations- grades der t™ wirken, sondern ihnen in der Hemmullg der Guanidinzuckungen des isolierten Froschmuskels noch eine andere, von der ErhShung des Dissozlationsgrades der Kalk- salze unabh5ngige Wirlcung zulcommt. ( Aus dem Pharma~ologi- scherb Institut der Franz-Joseph- 99 in Szeged.) KASUISTISCHE MITTEILUNGEN. GUTARTIGER TUMOR ALS PASSAGEHINDERNIS tM OESOPHAGUS. Von TH. FAHR. Aus dem PathoIogischenInstitut des AIIgemeinen KrankenhausesHamburg-Barmbeck. Rie im Titel gekennzeichnete I3eobachtung, fiber die in folgen- dem kurz berichtet werden soll, stellt ein ~uBerst seltenes Vor- kommnis dar. KA'y162 schreibt in seinem Lehrbuch flber die gutartigen Tumoren des Oesophagus: ,,Sie sind selten und meist ohne Bedeutung", und jeder, der fiber ein gr6Beres Material verfflgt. wird diesen Ausspruch eus eigener Er9 bes• k6nnen. DaB ein solcher Tmnor aber gelegentlich doch einmal erhebliche klinische Bedeutung erlangen kann, zeigt der vorliegende FMI, und er zeigt gleichzeitig, daB es fur den t™ doch wichtig ist, gegebeneoEalls an eine Sachlage, wie wir sie hier vor uns haben, zu denken, denn der Tumor, von dem hier die Rede ist, hat sich zu Lebzei™ der Patientin trotz eifriger diagnostiseher Bemfihungen der Kliniker der Entdeckung eus dem einfaehen Grande entzogen, daB man an die MSglichkeit seines Vorhandenseins nicht dachte. Die 3Ij~hr. Patientin, von der der fragliche Tumor stammt, klagte seit dem Sommer 1922 ~ber Halsschmerzen and Sehluck- beschwerden, sel% November I9oE2 konnte sie feste Speisen nicht mehr zu sieh nehmen, sie ha• Schmerzen ira ttalse, die in H6he des I™ lokalisiert wurden; in der Zeit von Anfang Novem- ber 1922 bis Ende Jannar 1923 bat die Patientin 3 ~ Pfnnd ab- genommen. Man dachte natfirlich znn~chst an ein Careinom des Oesophagus, aber es lieB sich nicht diagnostizieren und auch sonst wollte es trotz aller t3emfihungen nicht gelingen, zu einer ldaren Diagnose zu kommen. Die Schlundsonde ging glatt in den Magen, mit dem Oesophagoskop lieB sieh ein Tumor nicht entdeckell. Die R6ntgenuntersuchung, die mehrfach vorgenommen wurde, lieB zwar eine Erweiterung des Oesophagus riehtig erkennen, ffihrte aber schlieBlich zu der Deutung, daB eine K6mpression von anBen, vermutlich durch einen mediastinalen Tumor vorliegen mSchte, and man dachte nun daran, dag Cardiospasmen an den Schluckst6rungen schuld seien. Der Versueh, den Cardiospasmus ope- rativ zu beseitigen (Prof. SuDEct~), ffihrte aber zu keinem Erfolg; an- fgnglieh schien es nach der Ope- ration, als ob es mit dem Sehlucken bessoe ginge, sehr bald aber stellte sich der alte Zustand wieder her und nach Mnigen ~7oehen trat der Exitus ein. Ffir den Anatomen war es in diesem Falle kein Kunststfiek, die Ursache des Leidens aufzufinden. Als wir den Oesophagus auischnit- ten, stieBen wir auf ein riesiges gestieltes Fibrom (s. d. Abb.), das sich hoch oben am l~ingang der SpeiserShre mit einem dflnnen flaehen StieI inserierte, in Form einer dicken W'urst in den Oeso- phagus hineillhing und den Oeso- phagus bis einige Zentimeter ober- halb der Cardia ausffillte. Bemerkens- wert ist nun, daB die Sonde glatt an dem Tumor vorbei in den Magen ging und daB man mit dem Oeso-- phagoskop auch nicht zum Ziele kam; das war offenbar deshalb der Fall, weil man das Instrument ebenfalls noch gnt zwischen Wand und Tnmor einfflhren konnie and nun die Oberfl~che des glatten l~ngliehen Tumors fiir die eine Wand des Oesophagus hielt. Durch diese Befunde mit Sonde and Oesophago- skop lieB man sich zweifellos aueh bei Betrachtung des R/Sntgenbildes

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24. DEZEMBER 1923 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . 2. J A H R G A N G . N f . 52 2347

0BER DIE WIRKUNG DER H-IONENKONZENTRATION AUF DIE GUANIDINVERGIFTUNG DES ISOLIERTEN

FROSCHMUSKELS.

Von

~MERICH BACH.

FI3HNER h a t in aus f i ih r l i chen U n t e r s u c h u n g e n festgestel l t , daB die n a c h G u a n i d i n v e r g f f t u n g regelmgBig a u f t r e t e n d e n Z u c k u n g e n des i so l ie r ten F r o s c h m u s k e l s d u r c h CaCI~-Zu- g a b e n u n t e r d r f i c k t a n d vo l l s tgnd ig g e h e m m t w e r d e n k 6 n n e n . N u n v e r m e h r e n s ich die A n g a b e n l iber die B e z i e h u n g e n zwi- s chen G u a n i d i n v e r g i f t u n g u n d mensch l i che r Tetal l ie . A n d e � 9 se i ts ~ i r d v o n v e r s c h i e d e n e n A u t o r e n b e h a u p t e t , daB die Ver - m i n d e r u n g de r , ,Ac id i tg t " des B lu tes b e i m Z u s t a n d e k o m m e n des t e t a n i s c h e n Anfal ls die aus sch l aggebende Rol le spiel t . FREUDENBERG und GY6RGY ge lang es, die menseh l i che T e t a n i e d u r c h eille ac ido t i sche U m s t i m m n n g de r S tof fwechse l lage t h e r a p e u t i s c h beeinf lussel l . N a c h GY6RGY u n d VOLLMER w e r d e n a u c h die t e t a n i s c h e n I™ der g u a n i d i n v e r g i f t e t e n t ™ d u r c h Sa lzs / /u regaben u n t e r d r f i c k t .

W i r wol l t en nun , u m diese t3ez iehungen besser allfzuklfirell, die B e e i n I l u B b a r k e i t de r G u a n i d i n v e r g i f t l l n g des i so l ie r ten F r o s c h m u s k e l s d u r c h die 2~nderullg de r W a s s e r s t o f f i o n e n - k o n z e n t r a t i o n priifell. Zu d iesem Zwecke h a b e n wir i so l ie r te Muske ln v o n R a n a e scu l en t a in I ro sch i so ton i schen R i n g e r - 16sllngen, die noch sa lzsaures G u a n i d i n (I : 5 o o o - - I : IO ooo) e n t h i e l t e n , aufgeh/~ngt. Die I ™ der Wasse r s to f f - i o n e n w u r d e d u r c h v e r s c h i e d e n grol3e SalzsXure- bzw. Bi- c a r b o n a t z u g a b e ge/i l ldert . I n e iner m i t G u a n i d i n v e r s e � 9 R i n g e r l 6 s u n g i a n g e n die Muske ln n a c h ve r s ch i ed en l anger L a t e n z z e i t zu zucken an. Die L a t e n z z e i t bei g le ichen Muske ln h/~ngt v o n de r Gr6Be de �8 G n a n i d i n k o n z e n t r a t i o n ab. D u r c h CaC12-Zugabe wi rd diese L a t e n z z e i t wesen t l i ch v e r l / i n g e � 9 bel groBer CaCl~- I™ t r e t e n die G n a n i d i n z u c k l l n g e n

t i b e r h a u p t n i c h t auf. In u n s e r e n U n t e r s u c h u n g e n h a b e n wir ge funden , daB Sa lzsgurezugabe ebenso eine Verl /~ngerung de r L a t e n z z e i t b e w i r k t w i e CaC12-Zugabe. Z. B. in e iner Ver - suchs re ihe b e t r u g die L a t e n z z e i t de r Z u c k u n g e n des r e c h t e n Sar tor ius , de r in e iner Rillgerl6sulllg m i t i : 5 o o o G n a n i d i n u n d pl i = 7,2 au fgeh / ing t war , I5 Minu ten , des l inken Sar- to r ius in e iner R inge r lSsung g le ichen Gl lan id ingeha l t s , abe r m i t e iner pI~ = 6,9, m e h r als 7 ~ Minu ten . Also eine Ver - m e h r u n g de r W a s s e r s t o f f i o n e n e t w a auf des Zweifache be- w i r k t e e ine Verl /~ngerung de r L a t e n z z e i t der Z u c k u n g e n auf m e h r als des Vierfache . Die E rk lXrung dieser Ersche i l lu l lg i s t le icht , w e n n wir a n die m i t z l l n e h m e n d e r A c i d i t ~ t wachse l lde bessere Dissoz ia t ion der Ka lksa lze d en k en . W i r g ingen a b e r wei ter . N a c h RONA u n d TAKAI-IASHI i s t die t ™

der f re ien Ca - Ionen = /~- [H] , I n e iner R i n g e r l 6 s n n g m i t [HCOs]

gerillgem Calciumgehalt and grol3er Vgassersloffionenkonzen- Iration ist es leicht m6glich, daB praktisch des ganze Calcium ira ionisierten Zustande vorhanden ist (wie aus der obigen G1eichung folgt), Wenn nun die Kollzentration der WasserstoIf- ionel l we i t e r ges te ige r t wird, i s t e ine wei te re Y e r m e h r u n g de r f re ien I™ n i c h t zu e rwar t en , d a schon bei e iner ge- r i n g e r e n Acidit/~t p r a k f i s c h eine vo l l s tgndige , Dissoz ia t ion v o r h a n d e n ist . W i r k o n n t e n also v e r s ch i ed en e Ringer l6su l lgen m i t g le icher Ca lc i l lmionenkonzen t ra t io l l , abe r v e r s c h i e d e n groBer H - I o n e n k o n z e n t r a t i o n erzel lgen. Die Ver suche h a b e n ergeben, daB die V e r m e h r u n g der H - I o n e n ohne eine solche der Ca ic iumionen das A u f t r e t e n der G u a n i d i n z u c k n n g e n h e m - m e n k a n n . Unse re U n t e r s u c h u n g e n zeigen also, daB die W a s - se r s to f f ionen n i c h t n u r d u r c h die E r h 6 h u l l g des Dissoz ia t ions- grades de r t™ wirken, s o n d e r n i h n e n in de r H e m m u l l g der G u a n i d i n z u c k u n g e n des i so l ie r ten F r o s c h m u s k e l s noch eine andere, von der ErhShung des Dissozlationsgrades der Kalk- salze unabh5ngige Wirlcung zulcommt. ( Aus dem Pharma~ologi- scherb Institut der Franz-Joseph-�99 in Szeged.)

K A S U I S T I S C H E M I T T E I L U N G E N .

GUTARTIGER TUMOR ALS PASSAGEHINDERNIS tM OESOPHAGUS.

Von

TH. FAHR. Aus dem PathoIogischen Institut des AIIgemeinen Krankenhauses Hamburg-Barmbeck.

Rie im Titel gekennzeichnete I3eobachtung, fiber die in folgen- dem kurz ber ichtet werden soll, stellt ein ~uBerst seltenes Vor- kommnis dar. KA'y162 schreibt in seinem Lehrbuch flber die gutar t igen Tumoren des Oesophagus: ,,Sie sind selten und meist ohne Bedeutung", und jeder, der fiber ein gr6Beres Material verfflgt. wird diesen Ausspruch eus eigener Er �9 bes• k6nnen. DaB ein solcher Tmnor aber gelegentlich doch einmal erhebliche klinische Bedeutung erlangen kann, zeigt der vorliegende FMI, und er zeigt gleichzeitig, daB es fur den t™ doch wichtig ist, gegebeneoEalls an eine Sachlage, wie wir sie hier vor uns haben, zu denken, denn der Tumor, von dem hier die Rede ist, h a t sich zu Lebzei™ der Pa t i en t in trotz eifriger diagnostiseher Bemfihungen der Kliniker der Entdeckung eus dem einfaehen Grande entzogen, daB man an die MSglichkeit seines Vorhandenseins nicht dachte.

Die 3I j~hr . Pat ient in, von der der fragliche Tumor s tammt, klagte seit dem Sommer 1922 ~ber Halsschmerzen and Sehluck- beschwerden, sel% November I9oE2 konnte sie feste Speisen nicht mehr zu sieh nehmen, sie ha• Schmerzen ira ttalse, die in H6he des I™ lokalisiert wurden; in der Zeit von Anfang Novem- ber 1922 bis Ende Janna r 1923 ba t die Pa t ien t in 3 ~ Pfnnd ab- genommen. Man dachte natfirlich znn~chst an ein Careinom des Oesophagus, aber es lieB sich nicht diagnostizieren und auch sonst wollte es t ro tz aller t3emfihungen nicht gelingen, zu einer ldaren Diagnose zu kommen. Die Schlundsonde ging g la t t in den Magen, mit dem Oesophagoskop lieB sieh ein Tumor nicht entdeckell. Die R6ntgenuntersuchung, die mehrfach vorgenommen wurde, lieB zwar eine Erweiterung des Oesophagus riehtig erkennen, ffihrte aber schlieBlich zu der Deutung, daB eine K6mpression von anBen, vermutl ich durch einen mediastinalen Tumor vorliegen mSchte, and man dachte nun daran, dag Cardiospasmen an den

Schluckst6rungen schuld seien. Der Versueh, den Cardiospasmus ope- ra t iv zu beseitigen (Prof. SuDEct~), ffihrte aber zu keinem Erfolg; an- fgnglieh schien es nach der Ope- ration, als ob es mi t dem Sehlucken bessœ ginge, sehr bald aber stellte sich der alte Zustand wieder her und nach Mnigen ~7oehen t r a t der Exi tus ein.

Ffir den Anatomen war es in diesem Falle kein Kunststfiek, die Ursache des Leidens aufzufinden. Als wir den Oesophagus auischnit- ten, stieBen wir auf ein riesiges gestieltes Fibrom (s. d. Abb.), das sich hoch oben am l~ingang der SpeiserShre mit einem dflnnen flaehen StieI inserierte, in Form einer dicken W'urst in den Oeso- phagus hineillhing und den Oeso- phagus bis einige Zent imeter ober- h a l b der Cardia ausffillte. Bemerkens- wert ist nun, daB die Sonde glat t an dem Tumor vorbei in den Magen ging und daB man mi t dem Oeso-- phagoskop auch nicht zum Ziele kam; das war offenbar deshalb der Fall, weil man das Ins t rumen t ebenfalls noch gnt zwischen Wand und Tnmor einfflhren konnie an d nun die Oberfl~che des g la t ten l~ngliehen Tumors fiir die eine Wand des Oesophagus hielt. Durch diese Befunde mi t Sonde an d Oesophago- skop lieB man sich zweifellos aueh bei Bet rachtung des R/Sntgenbildes

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beeinflussen, und da zudem die Annahme eines grol3en intra6sopha- gealen Tumors gar nicht ira Bereich der M6glichkeit zu liegen schien, so wagte man die Diagnose eines intraSsophagealen Tnmors nieht zu stellen. H~tte man ernstlieh mi t der lVI6glichkeit gerechnet, daB im Oesophagus ein Tumor vorliegen k6nnte, wie ihn die Sektion dann zutage f6rderte, so h~tte man eine solche Deutung des R6ntgen- bildes sicher r ie l nachdrticklicher erwogen, und wenn die Diagnose in t r a v i tam h~tte gestellt werden k6nnen, dann w~re es ein leichtes

gewesen, mit einem Scherenschlag ara Stiel des Tumors die Pa t ien t in von ihren Beschwerden zu befreien. Der Befund ist, wie oben schon gesagt, sieher extrem selten, und es ist unwahrscheinlich, daB er. wenn nicht die Duplizit~t der FMle tr iumphiert , wieder so bald jemandem zut Beobachtung kommen wird. Wenn es aber doch der Fall sein sollte, so wird man auf Grund der im vorliegenden Falle gemaehten Erfahrung dem Pat ien ten auf chirurgischem Wege Hilfe bringen k6nnen.

P R A K T I S C H E UBER DEN MALIGNEN OBERLIPPENFURUNKEL ~).

Von

Dr . E . ROEI)ELIUS, Privatdozent an der Chir. Universitfitsklinik Hamburg (Eppendorfer Krankenhaus).

Der F u r u n k e l i s t eine a l l t~gl iche E r s che i nung . Man pf leg t i hn fiir gew6hnl i ch n i c h t als e twas besonders Gef/ihr- l iches aufzufassen , obwoh l j eder A r z t na t i i r l i ch weifl, daB j ede r be l ieb ig lokal i s ier te F u r u n k e l e i n m a l den Tod zu t Folge h a b e n k a n n . H a t er n i c h t se lbs t de ra r f ige FXlle er lebt , w i r d er s ich vielleich• i i b e r h a n p t n i c h t m i t dieser T a t s a c h e bš seh~iftigen. E r gi l t als e twas Ha rmloses bei La i en a n d A r z t , und unz~hl ige F u r u n k e l he i l en g l a t t ab. V on diesen, wenn ich so sagen darf , f ib l ichen F u r u n k e l n u n d ih r en B e h a n d l u n g s - m e t h o d e n soll heu re nicht die Rede sein, doch m 6 c h t e ich mi r die B e m e r k u n g ges t a t t en , daB m a n von n u r e iner b e s t i m m t e n 13ehand lungsme thode erfahrungsgem~iB n i c h t guf sp rechen k a n n . Die von e inem H a a r b a l g in die Tiefe de r Cutis u n d S n b c u t i s e i n d r i n g e n d e n B a k t e r i e n ge langen le nach der K6rper- regibn au] sehr verschiedenen Boden, was Bindegewebsmasse , Fe t t , Menge der Haarb~iige, S p a n n u n g s v e r h ~ l t n i s s e , I n a n - S p r u c h n a h m e der Gewebe angeh t , u n d so t r e f fen wir ' j e n a c h d e m h~uf ig r e c h t ve r sch i edena r t i ge a n a t o m i s c h e u n d k l in ische ]3ilder. F u r u n k e l de r Ex t remi t~ t ten , a m t3auch, im Nacken , end l i ch ira Ges ich t k 6 n n e n t r o t z u r spr i ing l i ch v611ig gleicher E r k r a n k u n g d u r c h a u s v e r s e h i e d e n a r t i g ver laufen . Es is t j e d e m b e k a n n t , dag speziel l die Gesiehts]urunkel beri~chtigt sind, als i ibe ls te r u nd gef~ihrl icbster V e r t r e t e r der jen ige der Ober l ippe , d e m d a h e r das B e i w or t ,,maligne" zue r t e i l t ist. Wie n n n tats~ichlich die Verh~l tn i s se h ie r liegen, inwiewei~c dieser Na ine b e r e c h t i g t i s t , wieviel dieser F u r u n k e l t6d l i ch endigen, da r i i be r g i b t es b i s lang n u r wenige Mi t t e i l ungen auf b re i t e r Basis. VSllige Unsicherheit, la Ratlosigkeit herrseht in der ['rage der Behandlung. M a n b a t b e i n a h e das Gefiihl, als w e n n eine E i n i g u n g h ie r k a u m m6gl ich ist. Le ide r i s t unsere T h e r a p i e h~iufig eine A r t Hazardsp ie l , es f r ag t s ich nur , auf welche Wœ es ki i rzer n n d s icherer zu ge s t a l t en ist. Auf d e m Mittelrheinischen Chirurgen-Kongrefl 1921 h a t RITTEn vorgeschlagen , d u r c h U m f r a g e n die Ergebn i s se der e inze lnen K r a n k e n h ; i u s e r u n d I™ zusammenzus t e l l en , eine grofle Sammely zu v e r a n s t a l t e n , u m so end l ich zn e iner E i n i g u n g zu gelangen. Zu d e m Zweck roui3 m a n sich zue r s t f ibe �9 die Begri]]sbestimmung einigen. M a n k o m m t dieser F rage fe rner n u r n / iher d u r c h grol3e Zah lenre ihen , u n d so erschien es ver lockend, ein groBes Mate r i a t n a c h dieser R i c h t u n g h in d u r c h z u a r b e i t e n . Die m e i s t en F~tlle ents tamme~a der P h l e g m o n e n a b t e i l u n g ]Eppendorfs (ProIessor SIcK), die m i r f r eund l i chs t das Mate r i a l zu r Ver f i igung stel l te . Wei te re Ftille k o n n t e n aus de r K i i m m e l l s c h e n A b t e i l u n g g e s a m m e l t werden. Vie l le ieht da r f ich die pers6n l iche B e m e r k u n g ein- seha l te n, daB ich zahlre iche, n a m e n t l i c h a u c h t6d l i ch ver lau- fene F~lle selbst b e o b a c h t e t und b e h a n d e l t habe . Dies i s t e rw/ ihnenswer t , weil der persSnl iche E i n d r n c k ffir eine gleich- mXBige B e u r t e i l u n g wer tvo l l ist. So s t e h t m i t ein grol3es M a t e r i a l zur Verf i lgung.

Zun/~chst ~ragen wir uns, wieviel ~YIenschen i~berhaupt ara Einzel[urunkel s t e r ben ?

Gesamtzahl 2312 F~lle, ~ 76 ~ 3,2%. Nehmen wir die Gesichts- fnrunkel aus, so sind untœ ~784 F~illen 3o gestorben, d. h. an ihrem Furunkel resp. Sepsis zugrunde gegangen, das macht ~,67%.

z} Vortrag, gehalten ira ~rztiichen Verein zu Hamburg 19. Juni 1923.

ERGEBNISSE. Demgegeniiber f~Ilt die Mortali t~t der Gesichtsfurunkel mit 4 6 Todes- f/tllen unter 528 gleich 8,7Z�9 schwer ins Gewicht.

Gesichte/urunkel. 17 Stirn . . . . . . . gest. o = o 18 Augengegend . . . . . I = 5,5% 35 I™ . . . . . . . . . 2 = 5,7% 13 Schl~fe . . . . . . . . i = 7,6% 93 Wange . . . . . . . . 8 = 8,5 % 33 Unterl ippe . . . . . . . 3 = 9 , I%

218 Oberlippe . . . . . . . 24 = I i % 57 Nase . . . . . . . . . 7 = 12,2%

Aus der Tabel le geh t k la r hervor , dag , le weiter wir uns der Gesiehtsmitte niihern, um so geJiihrlicher der Furu~~]cel ist, M a n k 6 n n t e m i t F u g und R e c h t a u c h v o n , , m a l i g n e n " Furunkeln der Gesichtsmitte spreehen. Es is t n i c h t a l le in die Ober l ippe , de r N a s e n f u r u n k e l s che in t n o c h h 6 h e r in de r Mor t a l i t~ t , ich sage schein t , d e n n die O b e r l i p p e n f u r u n k e l mfissen wir n o c h e iner g e n a u e r e n I™ u n t e r z i e h e n u n d werden sehen , dag sie, was die Mortal i t~i t an l ang t , wieder a n e rs te Stel le rf icken. E ine Reihe de r N a s e n f n r a n k e l s ind ausgesp rochene �9 die m a n a u c h zu d e n e n de r Ober l ippe r e c h n e n k6nn te . B e v o r wir die F r a g e b e a n t w o r t e n , ob wir es b e i m Obe r l i ppen fu runke l m i t e iner b e s o n d e r e n F o r m zu t u n h a b e n , m S c h t e ich z u n ~ c h s t e inen typischen malignen _~all schi ldern .

Die Anamnese ist gew6hnlich so, daB die Pa t ien ten angeben, sie ha t t en vor einigen Tagen einen kleinen Pickel o. dgl. bemerkt, dabei sei sehr rasch un te r Schmerzhaffigkeit eine starke Schwellung aufgetreten. Nur zu oit wird angegeben, man habe versucht, diesen Pickel auszndrfieken, mit einer Nadel aufzustechen, oder aber es sei daran gelcratzt worden; dann sei es schlimmer geworden. Der Befund ist dann gewShnliclI ein einigermaBen typiseher; sehwer kranker Eindrtlck, hohes Fieber nnd die entspreehenden Begleit- erscheinungen, zuweilen Benommenheit , gelegentlich Schiittelfr6ste. Es fMtt dann sofo�9 die enorme Gesiehtsschwellung auf, Lippe kolossal verdickt, riisselartig vorstehend, rot unit gl~nzend. Der urspriingliche Pickel ist bisweilen kaum noch zu erkennen oder mi t einer t™ bedeckt, auch Eiterbt~schen k5nnen auftreten. Manehmal hab› wir jedoch bei Friihf~llen au] der iiu/3eren Haut gar nicht den Eindruck e™ Furunkels. Ein maehtiges Odem ha t zu starker Schwellung der entsprechenden Gesichtsh~lfte oder so- g a r d e r anderen Seite gefflhrt. Besonders erstreckt sich diese Schwellung nach der Angengegend zu, das v511ig zugeschwollen sein kann. In schweren F~illen ist das ganze Gesicht geschwollen, einschlieBlich der Augen, und dicke blaurote Strange liegen auI der Stirn. Wenn man nun vorsich~ig palpiert, dann fflhlt sich die ganze Lippe b re t tha r t an und ist intensiv schmerzhaft. Auch die subjektiven Sehmerzen sind sehr stark. Haben wir fo~gesclarittene FMIe vor uns, dann sehen wir bereits Einsehmelzungen, Perfo- rations- oder IncisionsSffnungen, aus denen etwas Ei ter kommt. Die Hau t kann blaurot livide aussehen, an beginnende Gangr~n erinnern, in einem FMle war sie blauschwarz. So ist das Bild ver- sehieden, je nach dem Stadium, in dem sich der ProzeB befindet. Vv�9 is t schon hier die Feststeltnng, daB in de�9 ersten Tagen gew6hnlich keine Eiterbildung vorhanden ist, auch in der Tiefe findet man nicht die sonst bel Fnrunkeln flbliche zentrale Erweichung, den Pfropf usw. In einer Reihe von FMien nimmr dann, welche Therapie auch immer eingeschlagen werden mag, die Schwellung weiterhin zu, das Fieber bleibt hoeh, das Sensorium t r i ib t sich und unter schwersten Erscheinungen erfolgt nach einigen Tagen der Tod an Py~mie. In anderen FXllen ist der Verlau] protrahierter, kann sieh Tage und Woehen hinziehen, es bildet sieh eine regul~re Sepsis heraus. Ein andermal scheint eine harmlose Pustel bereits in Heilung begriifen, bis pl5tzlich eine starke Anschwellung die 6rtliche Verschlimmerung und hohes Fieber den Beginn der All- gemeininfektion anklJndigt. So sehen wir auch hier ein wechsetndes