Guten Tag, Herr oder Frau Wassermilbe! Voller Leben ... · betrachtet eignet sich wesentlich besser...

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1 Magazin für die Grundschule • Juni 2012• Copyright © 2012 Cornelsen Verlag, Berlin W asser ist ja voller Leben. Und die vielen Tiere haben alle ihren Lebensraum hier. Eines fand ich ziemlich cool. Es ist knallrot und heißt Wassermilbe.“ Wenn Originalbegegnungen am Gewässer in solch eine Aussage mün- den, ist viel erreicht. Der Erkenntnissgewinn sollte nicht sein, dass die Kinder zehn Wassertiere benennen können. Wichtiger sind die Zusammenhänge einer sich wandelnden Gesellschaft, Wech- selwirkungen zwischen Menschen und Umwelt. Durch Original- begegnungen lässt sich der Bezug zu anderen Unterrichtsein- heiten des Sachunterrichts herstellen. Gestalten Sie diese so, dass die Kinder Zusammenhänge entdecken können. Wenn Sie später z. B. die Themen Abwasser, Wasserverschmutzung und das Klär- werk behandeln, werden sich die Kinder ganz bestimmt noch an „ihr Tier“, an „Herrn oder Frau Wassermilbe“ erinnern. Die Bestimmung der Wassertiere ist mit dem beiliegenden Be- stimmungsschlüssel sehr einfach. Durch die Beschreibung und Beobachtung der Tiere werden die Kinder Unterschiedlichkeiten wahrnehmen. Lassen Sie sie die folgenden Fragen beantworten: „Wie bewegen sich die Tiere fort?“ oder „Wie viele Beine hat mein Tier?“ Das Auswendiglernen von Begriffen und Namen der Tiere soll nicht als Selbstzweck stehen bleiben. Dinge beim Na- men zu nennen, kann aber eine detaillierte Wahrnehmung von Einzelheiten fördern. „Herr oder Frau Wassermilbe“ mit der Lupe betrachtet eignet sich wesentlich besser zum Aufbau eines Be- zugs als ein namenloses winziges Krabbeltierchen. Die Kinder sollten gemeinsam aufmerksam beobachten und Überlegungen anstellen: „Wo könnte ich Tiere finden? Auf dem Stein oder unter dem Stein? An Wasserpflanzen oder im fließenden Wasser?“ Unterschiede feststellen, Grundbaupläne von Tieren erkennen: ein guter Anlass, forschendes Lernen zu erproben. Gewässererkundungen können bereits mit Kindern im Vor- schulalter durchgeführt werden. Je nach Interesse, Kenntnis- stand und Fähigkeiten können Sie detaillierte Überlegungen, In- formationen, Experimente oder Tierbestimmungen hinzufügen. Guten Tag, Herr oder Frau Wassermilbe! Voller Leben – Erkundungen an Gewässern Tiere aus dem Wasser fischen und deren Namen auswendig lernen – ist das nicht völlig unzeitgemäß? Wenn es das einzige Ziel bleibt, ja! Wenn aber die Erkundungen am Gewässer gut gestaltet sind, führen sie zu wertvollen Originalbegegnungen. Im Sachunterricht geht es neben der Bestimmung von Tieren vor allem darum, Gewässer als Lebensraum für Tiere und Pflanzen kennenzulernen und wertzuschätzen. Tipp: Das vielfältige Angebot von außerschulischen Bildungs- einrichtungen kann den Einstieg erleichtern. Umweltbildungs- zentren oder Naturschutzinformationshäuser bieten zumeist angeleitete Gewässererkundungen an. Interessante Informatio- nen zum Thema finden Sie auch hier: www.fische-frachter.de, www.aqua-agenten.de Forschendes Lernen erproben JUNI 2012 Nach einer Originalbegegnung erinnern sich die Kinder sehr lange an „ihr Tier“. © iStockphoto.com/rackermann

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Magazin für die Grundschule

• Juni 2012• Copyright © 2012 Cornelsen Verlag, Berlin

Wasser ist ja voller Leben. Und die vielen Tiere haben alle ihren Lebensraum hier. Eines fand ich ziemlich cool. Es ist knallrot und heißt Wassermilbe.“ Wenn

Originalbegegnungen am Gewässer in solch eine Aussage mün-den, ist viel erreicht. Der Erkenntnissgewinn sollte nicht sein, dass die Kinder zehn Wassertiere benennen können. Wichtiger sind die Zusammenhänge einer sich wandelnden Gesellschaft, Wech-selwirkungen zwischen Menschen und Umwelt. Durch Original-begegnungen lässt sich der Bezug zu anderen Unterrichtsein-heiten des Sachunterrichts herstellen. Gestalten Sie diese so, dass die Kinder Zusammenhänge entdecken können. Wenn Sie später z. B. die Themen Abwasser, Wasserverschmutzung und das Klär-werk behandeln, werden sich die Kinder ganz bestimmt noch an „ihr Tier“, an „Herrn oder Frau Wassermilbe“ erinnern.

Die Bestimmung der Wassertiere ist mit dem beiliegenden Be-stimmungsschlüssel sehr einfach. Durch die Beschreibung und Beobachtung der Tiere werden die Kinder Unterschiedlichkeiten wahrnehmen. Lassen Sie sie die folgenden Fragen beantworten: „Wie bewegen sich die Tiere fort?“ oder „Wie viele Beine hat mein Tier?“ Das Auswendiglernen von Begriffen und Namen der Tiere soll nicht als Selbstzweck stehen bleiben. Dinge beim Na-men zu nennen, kann aber eine detaillierte Wahrnehmung von Einzelheiten fördern. „Herr oder Frau Wassermilbe“ mit der Lupe betrachtet eignet sich wesentlich besser zum Aufbau eines Be-zugs als ein namenloses winziges Krabbeltierchen. Die Kinder sollten gemeinsam aufmerksam beobachten und Überlegungen anstellen: „Wo könnte ich Tiere finden? Auf dem Stein oder unter dem Stein? An Wasserpflanzen oder im fließenden Wasser?“ Unterschiede feststellen, Grundbaupläne von Tieren erkennen: ein guter Anlass, forschendes Lernen zu erproben.

Gewässererkundungen können bereits mit Kindern im Vor-schulalter durchgeführt werden. Je nach Interesse, Kenntnis-stand und Fähigkeiten können Sie detaillierte Überlegungen, In-formationen, Experimente oder Tierbestimmungen hinzufügen.

Guten Tag, Herr oder Frau Wassermilbe! Voller Leben – Erkundungen an GewässernTiere aus dem Wasser fischen und deren Namen auswendig lernen – ist das nicht völlig unzeitgemäß? Wenn es das einzige Ziel bleibt, ja! Wenn aber die Erkundungen am Gewässer gut gestaltet sind, führen sie zu wertvollen Originalbegegnungen. Im Sachunterricht geht es neben der Bestimmung von Tieren vor allem darum, Gewässer als Lebensraum für Tiere und Pflanzen kennenzulernen und wertzuschätzen.

Tipp: Das vielfältige Angebot von außerschulischen Bildungs-einrichtungen kann den Einstieg erleichtern. Umweltbildungs-zentren oder Naturschutzinformationshäuser bieten zumeist angeleitete Gewässererkundungen an. Interessante Informatio-nen zum Thema finden Sie auch hier: www.fische-frachter.de, www.aqua-agenten.de

Forschendes Lernen erproben

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Nach einer Originalbegegnung erinnern sich die Kinder sehr lange an „ihr Tier“. © iStockphoto.com/rackermann

2 • Juni 2012• Copyright © 2012 Cornelsen Verlag, Berlin

Zunächst sollen die Kinder die Umgebung des Gewässers be-obachten und beschreiben. Sind alle Gewässer gleich? Gewäs-ser, die umgebenen Tiere und Pflanzen und damit auch deren Lebensbedingungen unterscheiden sich. Die Beobachtungsga-be wird gefördert durch die gezielte Wahrnehmung, Beschrei-bung und Unterscheidung verschiedener Umgebungen als Le-bensraum für unterschiedliche Tiere und Pflanzen. Ist es ein Fluss oder ein Kanal? Fließt das Gewässer? Welche Form hat es (einge-fasster Kanal, sich schlängelnder Fluss, Tümpel)? Wachsen Pflan-zen am Ufer? Ist ein Gewässer in der Stadt oder in ländlicher Umgebung? Diese Methode schärft die Wahrnehmung unter-schiedlicher Lebensräume.

Es können verschiedene Experimente zu Geruch, Farbe und Tem-peratur des Wassers durchgeführt werden.

Materialien: Zwei Blätter weißes Papier, zwei durchsichtige Behältnisse/Gläser, eine Trinkwasserprobe aus dem Wasser-hahn, Thermometer (Badethermometer), Stöcke, Klebeband.

Spannende Beobachtungen sind mit wenig Vorbereitung möglich. Auf zwei weiße Papierblätter wird eine Wasserprobe aus dem Gewässer neben eine Probe aus dem heimischen Was-serhahn in durchsichtigen Gefäßen aufgestellt. Dann kommt der Vergleich für kleine Forscherinnen und Forscher: Fallen Unter-schiede zwischen den Wasserproben auf? Welche Farbe haben die Proben? Gibt es Trübungen („Da schwimmt ja Dreck drin!“) oder Tiere? Dann die Geruchsprobe: Wie riecht das Wasser? Zur Übersicht: Ein Geruch nach Torf, Erde oder sogar eine fischige Note sind durchaus keine negativen Anzeichen, sondern deuten auf Moorgewässer, Kiesel- oder Blaualgen hin. Riecht es aller-dings nach faulen Eiern, deutet dies auf Schwefelwasserstoff hin. Für die Temperaturmessung können Thermometer an einem Stock befestigt werden, der dann ins Wasser gehalten wird.

Materialien: Die meisten finden sich in der Schulsammlung oder im Haushalt. Wie Sie zusammen mit den Kindern sehr einfach Kescher basteln können, zeigt die Bastelanleitung (Kopiervor-lage) im Anhang.

Pro Kleingruppe (3–5 Kinder): einen Kescher, Eimer, flache große Plastikschalen, Lupendosen, Pinsel, durchsichtiger großer

Plastikbehälter („Aquarium“), evtl. Klapptisch, Bestimmungs-blätter oder evtl. Bestimmungsbücher, evtl. Protokollzettel/Klemmbretter.

Erklären Sie die Materialien und zeigen Sie ihre Benutzung. Besprechen Sie, wo die gesuchten Tiere sich aufhalten (eher im Schutz von Wasserpflanzen und Steinen, nahe an Grund oder Wasseroberfläche). Statten sie jede Gruppe mit Kescher, Lupen-dosen, Pinsel und einer mit Wasser gefüllten Plastikschale aus. Mit dem Kescher gefangene Tiere werden sofort in das Wasser der Plastikschale entlassen. Tiere vorsichtig mit dem Pinsel in mit Wasser gefüllte Lupendosen befördern, um sie besser betrach-ten zu können. Lassen Sie die Tiere mittels der Bestimmhilfe be-stimmen. Bei Bedarf können Strichlisten angefertigt werden, welche Tiere wie oft gefunden worden sind.

Machen Sie den Kindern deutlich, dass im entnommenen Was-ser Tiere leben, auch so kleine, die nicht mit bloßem Auge gese-hen werden können. Wird Wasser in das Gewässer zurückge-schüttet, soll dies vorsichtig erfolgen und nicht etwa aus größerer Höhe. Wird Wasser entnommen, soll es sofort in ein größeres Wassergefäß umgefüllt werden. Die kleinen Wassertiere brau-chen meist Wasser, um atmen zu können, an der Luft ersticken sie wie ein Fisch auf dem Trockenen. Ein Mensch im Gewässer würde ja umgekehrt auch nicht atmen können und ertrinken.

Beim Keschern und Experimentieren mit und am Wasser kann es schon mal vorkommen, dass ein Kind ins Wasser fällt. Vermeiden Sie Stress, indem sie ein flaches Gewässer aussuchen, in dem die Kinder zur Not am Rand stehen können. Auch das Vorhanden-sein von Wechselkleidung kann sich mitunter sehr entspannend auswirken. Suchen Sie zusammen mit den Kindern eine Stelle, an der das Hineinfallen weniger leicht passiert, und üben Sie entsprechende Körperhaltungen.

Tipp: Karen Elvers, langjährige Leiterin des Naturschutzinfor-mationszentrums Boberger Niederung in Hamburg, empfiehlt, die tiefer gehende Beschäftigung mit wenigen oder sogar nur einem Tier der möglichst kompletten Bestimmung der Fauna vorzuziehen: „Ich habe Tierkarten, nach denen sich die Kinder von Anfang an in Gruppen zusammenfinden. Die einen sind dann zum Beispiel für den ganzen Vormittag ‚Familie Wassermil-be’. Sie haben den Auftrag, dieses Tier zu finden und vor allem zu beobachten: Wo lebt es? Wie bewegt es sich fort? Am Ende können die Kinder als Expertinnen und Experten in Sachen Was-sermilben den anderen Gruppen ihre Ergebnisse präsentieren und ‚ihr Tier’ vorstellen. Das funktioniert meist sehr gut. Ich gebe den Gruppen jeweils nur einen Kescher – auf keinen Fall einen Klassensatz! Sonst gibt’s am Ende nur Kescher auf Köpfen und ein Haufen tote Tiere“.

Teich, Fluss oder Kanal?

Sieht das Wasser so aus wie aus unserem Wasserhahn?

Umgang mit Tieren

Sicherheitshinweise

Wassertiere beobachten

Eine kleine Forscherin mit dem Kescher. © iStockphoto.com/Janis Dreosti

3 Maren Lange

Diplom-Umweltwissenschaftlerin an der Universität Lüneburg. Mitarbeit am Projekt „Aqua-Agenten – Bildung für eine nachhaltige Entwicklung“.

3 • Juni 2012• Copyright © 2012 Cornelsen Verlag, Berlin

Jetztdas Morgen gestaltenNACHHALTIGKEITSSTRATEGIE BADEN-WÜRTTEMBERG

Lehrerhandreichung „Von Fischen und Frachtern“ – Materialien: Lebensraum Neckar 2.7-1

Bestimmungsschlüssel für wirbellose Kleintiere in Fließgewässern

Tiere ohne Beine

mit Gehäuse

Körper mit 2 Saugnäpfen

Körper abgeflacht

Körper lang gestreckt/rund

Körper walzenförmig

Körper mit Fußstummeln, zuckende Bewegungen

siehe Seite 2

Schnecken

Muscheln

Egel

Strudelwürmer

Schlammröhrenwürmer

Schnakenlarve

Rattenschwanzlarve

Zuckmückenlarve

9 mm

100 mm

150 mm

20 mm

60 mm

Größe bis:

30 mm

80 mm

30 mm

2.7KV 1

4 • Juni 2012• Copyright © 2012 Cornelsen Verlag, Berlin

Jetztdas Morgen gestaltenNACHHALTIGKEITSSTRATEGIE BADEN-WÜRTTEMBERG

Lehrerhandreichung „Von Fischen und Frachtern“ – Materialien: Lebensraum Neckar 2.7-2

Tiere mit 6 Beinen

Körper oval, glänzend

1 Körperanhang

2 Körperanhänge

3 Körperanhänge

mit Köcher

ohne Köcher

siehe Seite 3

Hakenkäfer

Wasserskorpion

Schlammfliegenlarven

Steinfliegenlarven

Eintagsfliegenlarven

Kleinlibellenlarven

Köcherfliegenlarven

Köcherfliegenlarven

25 mm

35 mm

5 mm

Größe bis:

22 mm

40 mm

40 mm

40 mm

25 mm

5 • Juni 2012• Copyright © 2012 Cornelsen Verlag, Berlin

Jetztdas Morgen gestaltenNACHHALTIGKEITSSTRATEGIE BADEN-WÜRTTEMBERG

Lehrerhandreichung „Von Fischen und Frachtern“ – Materialien: Lebensraum Neckar 2.7-3

Flusskrebs

Tiere mit mehr als 6 Beinen

mit 8 Beinen

mit mehr als 8 Beinen

Körper flach

Körper nur seitlich abgeflacht

mit kräftigen Scheren

Wassermilbe

Wasserassel

Flohkrebs

12 mm

20 mm

Größe bis:

150 mm

4 mm

6 • Juni 2012• Copyright © 2012 Cornelsen Verlag, Berlin

Jetztdas Morgen gestaltenNACHHALTIGKEITSSTRATEGIE BADEN-WÜRTTEMBERG

Lehrerhandreichung „Von Fischen und Frachtern“ – Materialien: Lebensraum Neckar 2.9-1

Wir bauen uns einen Kescher

Ihr braucht:

Einen Draht-Kleiderbügel, einen Holz-stab, den Fuß einer Feinstrumpfhose, stabilen Draht, festes Garn, eine Nadel.

So geht‘s:

Als erstes müsst ihr den Kleiderbügel wie auf dem Bild zu einer runden Schlinge verbiegen. Dann näht ihr mit Nadel und Faden den Strumpf-hosenfuß ringsherum fest an die Drahtschlinge an. Zum Schluss befestigt ihr das Ganze mit dem Draht am Holzstab und fertig ist der selbstgebastelte Kescher.

Im Neckar leben unzählige kleine Tiere, die man nur entdecken kann, wenn man ganz genau hinsieht. Am flachen Ufer könnt ihr kleine Wassertiere fangen und beobachten und so zu Flussdetektiven werden.

Außer dem Kescher braucht ihr noch eine Plastikschale zum Aufbewahren der Tiere und eine Becherlupe.

Holzstab

Draht

Draht-Kleiderbügel

Feinstrumpfhose

Garn

Bitte achtet darauf, dass immer genügend Wasser in der Schale ist und setzt die Tiere nach dem Anschauen wieder vorsichtig ins Wasser zurück!

2.9KV 2