Halbleiterdetektoren - A1-Collaboration€¦ · Kristall, auf den Bor in Form von Streifen...

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Seite 1 Motivation Hochauflösende Detektoren sind in der Teilchenphysik sehr wichtig, da Teilchen, die beispielsweise bei Teilchenkollisio- nen entstehen, sehr genau vermessen werden müssen. Man möchte hier mithilfe vieler verschiedener Detektoren die entstandenen Teilchen identifizieren und u.a. ihre Energie und ihren Ort bestimmen. Halbleiterdetektoren, die, je nach Bauart, sowohl zur Energie- als auch zur Ortsmessung einge- setzt werden können, haben eine sehr hohe Auflösung und werden hier deswegen gerne verwendet. Das bekannteste Beispiel ist der ATLAS-Detektor am LHC (CERN), wo neben vielen weiteren Detektoren auch ortsmes- sende Halbleiterdetektoren zum Einsatz kommen. Eine weitere Anwendung der Halbleiterdetektoren sind CCDs (Charged-Coupled-Devices), die z.B. in Digitalkameras zur Bildgebung verwendet werden. Allgemeine Funktionsweise der Halbleiterde- tektoren Ein Halbleiterdetektor besteht prinzipiell aus einem Halblei- ter-Einkristall mit einer Sperrschicht, die auf unterschiedli- che Arten erzeugt werden kann. Der Kristall befindet sich zwischen zwei Elektroden, an wel- che eine Spannung in Sperrrichtung angelegt wird. So wird die Sperrschicht gezielt vergrößert. Ein ionisierendes Teil- chen, das in den Detektor einfliegt, erzeugt in der Sperr- schicht Elektron-Loch-Paare, die dann abgesaugt und ge- sammelt werden. Diese geben Auskunft über Energie bzw. Ort des Teilchens. Da die Sperrschicht einen sehr hohen elektrischen Widerstand hat und somit dort eine hohe Feld- stärke entsteht, gelingt es, die Ladungsträger abzusaugen bevor sie rekombinieren können. Alle Halbleiterdetektoren werden als Diode in Sperrrichtung betrieben. Die Sperrschicht kann allerdings entweder über einen pn-Übergang, einen Schottky-Kontakt oder eine p-i-n- Struktur erzeugt werden. 1) Dioden mit pn-Übergang Eine Möglichkeit, die Sperrschicht zu erzeugen, ist der pn- Übergang. Die Sperrschicht hat im thermischen Gleichge- wicht die Breite d e U N N d A D = + æ è ç ç ç ç ö ø ÷ ÷ ÷ ÷ 2 1 1 0 εε wobei U d die Diffusionsspannung und N A , N D die Akzeptor- bzw. Donatordichte. An den pn-Übergang wird eine Spannung in Sperrrichtung angelegt, welche die Sperrschicht vergrößert und dort er- zeugte Elektron-Loch-Paare absaugt. Beispiele für Detektoren mit pn-Übergang sind der High-Pu- rity-Germanium-Detektor und die Silizium-Streifen- und Pi- xeldetektoren. 2) Dioden mit Oberflächensperrschicht Die Sperrschicht kann auch über einen Metall-Halbleiter- Kontakt hergestellt werden (Schottky-Kontakt). Auf diese Weise funktioniert der Oberflächensperrschichtzähler, der zur Energiemessung verwendet wird. Er besteht aus einem n-dotierten Si-Kristall, auf den eine wenige µm dicke Gold- schicht aufgedampft wurde. Zwischen dem Si und der Gold- schicht bildet sich eine Sperrschicht aus. Legt man eine Spannung in Sperrrichtung an, so können dort erzeugte La- dungsträger wiederum abgesaugt werden. Der Vorteil der Oberflächensperrschichtzähler ist, dass die Sperrschicht sehr nahe an der Oberfläche liegt und einfliegende Teilchen da- her nur wenig Energie in der Goldschicht verlieren und so- mit fast ihre gesamte Energie in die Sperrschicht deponie- ren. Er wird deswegen bevorzugt zur Messung von kurz- reichweitiger Strahlung (z.B. α-Strahlung) verwendet. 3) Dioden mit p-i-n-Struktur Bei der Herstellstellung von Halbleiterdetektoren ist das Ziel, eine möglichst breite Sperrschicht zu erzeugen, denn je breiter diese ist, um so größer ist das Volumen das tatsäch- lich als Detektor genutzt werden kann. Der Grund hierfür ist, dass nur Elektron-Loch-Paare, die innerhalb der Sperrschicht erzeugt werden auch nachgewiesen werden können. Alle anderen gehen durch Rekombination verloren. Da man die Sperrschicht durch die äußere Sperrspannung nicht beliebig verbreitern kann, stellt man breite Sperrschichten durch die Erzeugung einer eigenleitenden i-Schicht (intrinsic conduc- tivity) zwischen p- und n-Zone im Kristall her. Auf diese Wei- se erreicht man Dicken bis zu 5 mm. Ein Beispiel sind der Ge(Li) und der Si(Li)- Detektor. Man er- zeugt die i-Schicht durch Eindiffundie- ren von Lithium (Do- nator) in Ge bzw. Si und Anlegen einer Spannung in Sperr- richtung. Seminar zum F-Praktikum WS 08/09 Halbleiterdetektoren Seminarvortrag von Stefanie Wanka 11.11.2008

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Motivation Hochauflösende Detektoren sind in der Teilchenphysik sehr wichtig, da Teilchen, die beispielsweise bei Teilchenkollisio-nen entstehen, sehr genau vermessen werden müssen. Man möchte hier mithilfe vieler verschiedener Detektoren die entstandenen Teilchen identifizieren und u.a. ihre Energie und ihren Ort bestimmen. Halbleiterdetektoren, die, je nach Bauart, sowohl zur Energie- als auch zur Ortsmessung einge-setzt werden können, haben eine sehr hohe Auflösung und werden hier deswegen gerne verwendet. Das bekannteste Beispiel ist der ATLAS-Detektor am LHC (CERN), wo neben vielen weiteren Detektoren auch ortsmes-sende Halbleiterdetektoren zum Einsatz kommen. Eine weitere Anwendung der Halbleiterdetektoren sind CCDs (Charged-Coupled-Devices), die z.B. in Digitalkameras zur Bildgebung verwendet werden.

Allgemeine Funktionsweise der Halbleiterde-tektorenEin Halbleiterdetektor besteht prinzipiell aus einem Halblei-ter-Einkristall mit einer Sperrschicht, die auf unterschiedli-che Arten erzeugt werden kann.Der Kristall befindet sich zwischen zwei Elektroden, an wel-che eine Spannung in Sperrrichtung angelegt wird. So wird die Sperrschicht gezielt vergrößert. Ein ionisierendes Teil-chen, das in den Detektor einfliegt, erzeugt in der Sperr-schicht Elektron-Loch-Paare, die dann abgesaugt und ge-sammelt werden. Diese geben Auskunft über Energie bzw. Ort des Teilchens. Da die Sperrschicht einen sehr hohen elektrischen Widerstand hat und somit dort eine hohe Feld-stärke entsteht, gelingt es, die Ladungsträger abzusaugen bevor sie rekombinieren können.Alle Halbleiterdetektoren werden als Diode in Sperrrichtung betrieben. Die Sperrschicht kann allerdings entweder über einen pn-Übergang, einen Schottky-Kontakt oder eine p-i-n-Struktur erzeugt werden.

1) Dioden mit pn-ÜbergangEine Möglichkeit, die Sperrschicht zu erzeugen, ist der pn-Übergang. Die Sperrschicht hat im thermischen Gleichge-wicht die Breite

de

UN Nd

A D

= +æ

èçççç

ö

ø÷÷÷÷

2 1 10εε

wobei Ud die Diffusionsspannung und NA, ND die Akzeptor- bzw. Donatordichte. An den pn-Übergang wird eine Spannung in Sperrrichtung angelegt, welche die Sperrschicht vergrößert und dort er-zeugte Elektron-Loch-Paare absaugt.Beispiele für Detektoren mit pn-Übergang sind der High-Pu-rity-Germanium-Detektor und die Silizium-Streifen- und Pi-xeldetektoren.

2) Dioden mit OberflächensperrschichtDie Sperrschicht kann auch über einen Metall-Halbleiter-Kontakt hergestellt werden (Schottky-Kontakt). Auf diese Weise funktioniert der Oberflächensperrschichtzähler, der zur Energiemessung verwendet wird. Er besteht aus einem n-dotierten Si-Kristall, auf den eine wenige µm dicke Gold-schicht aufgedampft wurde. Zwischen dem Si und der Gold-schicht bildet sich eine Sperrschicht aus. Legt man eine Spannung in Sperrrichtung an, so können dort erzeugte La-dungsträger wiederum abgesaugt werden. Der Vorteil der Oberflächensperrschichtzähler ist, dass die Sperrschicht sehr nahe an der Oberfläche liegt und einfliegende Teilchen da-her nur wenig Energie in der Goldschicht verlieren und so-mit fast ihre gesamte Energie in die Sperrschicht deponie-ren. Er wird deswegen bevorzugt zur Messung von kurz-reichweitiger Strahlung (z.B. α-Strahlung) verwendet.

3) Dioden mit p-i-n-StrukturBei der Herstellstellung von Halbleiterdetektoren ist das Ziel, eine möglichst breite Sperrschicht zu erzeugen, denn je breiter diese ist, um so größer ist das Volumen das tatsäch-lich als Detektor genutzt werden kann. Der Grund hierfür ist, dass nur Elektron-Loch-Paare, die innerhalb der Sperrschicht erzeugt werden auch nachgewiesen werden können. Alle anderen gehen durch Rekombination verloren. Da man die Sperrschicht durch die äußere Sperrspannung nicht beliebig verbreitern kann, stellt man breite Sperrschichten durch die Erzeugung einer eigenleitenden i-Schicht (intrinsic conduc-tivity) zwischen p- und n-Zone im Kristall her. Auf diese Wei-se erreicht man Dicken bis zu 5 mm. Ein Beispiel sind der Ge(Li) und der Si(Li)-Detektor. Man er-zeugt die i-Schicht durch Eindiffundie-ren von Lithium (Do-nator) in Ge bzw. Si und Anlegen einer Spannung in Sperr-richtung.

Seminar zum F-Praktikum WS 08/09

HalbleiterdetektorenSeminarvortrag von Stefanie Wanka

11.11.2008

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Vor- und Nachteile der HalbleiterdetektorenDie Vorteile der Halbleiterdetektoren gegenüber andern De-tektoren sind:

Hohe Energieauflösung•Hohe Zeitauflösung (Sammelzeit: 10-100ns)•Bei Halbleiterdetektoren, die zur Energiemessung ein-•gesetzt werden, ist die hohe Dichte ein Vorteil, da das Teilchen hier möglichst komplett absorbiert werden soll

Es gibt allerdings auch einige Nachteile:Kühlung (meistens), da ansonsten ein thermisches Rau-•schen auftrittHohe Kosten•Bei Halbleiterdetektoren, die zur Ortsmessung einge-•setzt werden, ist die hohe Dichte ein Nachteil, da das Teilchen hier möglichst wenig Energie verlieren soll.

Energiemessung mit HalbleiterdetektorenMit Halbleiterdetektoren können Teilchen mit Energien bis in den MeV-Bereich vermessen werden. Ihre Energie kann bestimmt werden, insofern sie komplett absorbiert werden, da die Zahl der erzeugten Ladungsträger proportional zur Energie ist, die in der Sperrschicht hinterlassen wird.Die hohe Energieauflösung begründet sich darin, dass die Energie um ein Elektron-Loch-Paar zu erzeugen sehr klein ist (Si: 3,6eV, Ge: 2,8eV) und somit mehr Ladungsträger erzeugt werden können als z.B. im Gasdetektor (Ionisierungsenergie 20-40eV). Für die relative Energieauflösung gilt (Poisson-Sta-tistik):

σ σ( ) ( )EE N

EE

FWE

i

0 0 0

1= ® =

wobei N die Zahl der Elektron-Loch-Paare, E0 die Energie des Teilchens und Wi die Ionisierungsenergie. Der Fano-Faktor F (F=0,06-0,09 für Halbleiterdetektoren) ist ein Korrekturfaktor, der das Verhältnis von beobachteter Energieauflösung zur theoretischen Energieauflösung nach der Poisson-Statistik angibt. Er musste eingeführt werden, da die Prozesse bei der Ionisation nicht statistisch unabhängig sind, wie in der Pois-son-Statistik angenommen.

Ortsmessung mit Halbleiterdetektoren1) einseitige Streifendetektoren

Die Ortsinformation erhält man bei Halbleiterdetektoren, indem die Elektroden segmentiert wer-den. Eine Möglichkeit ist der ein-seitige Streifendetektor, mit dem man eine eindimensionale Ortsin-

formation erhält.Der Si-Streifendetektor besteht aus einem n-dotierten Si-Kristall, auf den Bor in Form von Streifen implantiert wird (pn-Übergang).

Die von einem durchfliegenden Teilchen erzeugte Ladung wird über eine Sperrspannung abgesaugt, verteilt sich auf mehrere Streifen und kann über einen Kontakt abgegriffen werden. Es wird dabei, um Elektronik zu sparen, nur jeder dritte Streifen ausgelesen und der Ort des Teilchens durch Bildung des Ladungsschwerpunkts bestimmt. Die Ortsauflö-sung liegt in der Größenordnung von wenigen µm.

2) doppelseitige StreifendetektorenNeben dem einseitigen gibt es auch den doppelseitigen Strei-fendetektor, bei dem obere und untere Elektrode in nicht paralle-le Streifen unterteilt sind. Somit erhält man eine zweidimensio-

nale Ortsinformation. Fliegen jedoch mehrere Teilchen in den Detektor ein, so fin-det mit gewisser Wahrscheinlichkeit eine Fehlzuordnung der Teilchenkoordinaten statt, da auf Grund der Streifen Ambi-guitäten auftreten können und die Auftreffpunkte nicht ein-deutig sind. Deswegen verwendet man bei hohen Teilchen-raten gerne die Pixelde-tektoren. Hier sind Ver-wechselungen ausge-schlossen auf Grund der Pixel, allerdings ist die Elektronik wesentlich aufwändiger. Zwischen den Streifen- und Pixel-detektoren muss daher in der Teilchenphysik meist ein Kompromiss gefunden werden.Der erste große Einsatz der Streifendetektoren war beim ALEPH-Experi-ment (1989-2000) am LEP (CERN). Hier wurden insgesamt 96 doppelseitige Si-Streifendetektoren auf einem Vertexdetek-tor eingesetzt (siehe Graphik).

3) Pixeldetektoren und CCDsDie Pixeldetektoren sind prinzipi-ell genauso aufgebaut wie die Streifendetektoren, nur dass an-stelle der Streifen Pixel implan-tiert werden. Mit ihnen erreicht man eine echte zweidimensiona-

le Ortsinformation.Eine mögliche Realisierung des Pixeldetektors ist die CCD, die aus einem Si-Kristall besteht, auf den Pixel implantiert wurden. Man erhält somit eine Matrix aus Dioden. Das Be-sondere an der CCD ist der sequentielle Auslesevorgang. Es ist also nicht jeder Pixel direkt mit der Elektronik verbunden, sondern die Pixel werden nacheinander ausgelesen. Das spart zwar Elektronik, verlangsamt aber auch die Auslese in gewissem Maße. Der Nachteil der CCDs besteht in der für viele Anwendungen nicht ausreichenden Fläche (1-4 cm2).

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Detektorsysteme: Der ATLAS-DetektorDetektoren in der Teilchenphysik bestehen meist aus meh-reren Detektorsystemen, wobei jedes unterschiedliche Teil-chen bzw. Teilcheneigenschaften misst. Diese sind zwiebel-schalenförmig um das Strahlrohr angeordnet. Innen ge-schieht die Orts- und außen die Energiemessung.Der ATLAS-Detektor (Höhe: 20m, Länge: 35m) ist einer von 4 Detektoren am LHC und hat folgende Komponenten:

Innerer Detektor: • liegt direkt am Strahlrohr und be-steht aus einem Si-Pixeldetektor, einem Si-Streifende-tektor (beides Ortsmessung) und einem Übergangs-strahlungsdetektor (Teilchenidentifikation)Kalorimetersystem:• liegt um den inneren Detektor herum und besteht aus elektromagnetischen und Ha-dron-Kalorimetern (Energiemessung)Myon-Detektoren:• Da die Myonen die anderen Detek-toren durchfliegen, müssen sie separat ganz außen mit den Myon-Detektoren vermessen werden.Magnetsystem:• besteht aus einem inneren supraleiten-den Solenoid um den inneren Detektor herum (ca. 2T), einem Barrel-Toroiden und den Endkappen-Toroiden (gehören beide zum Myon-Detektor)

Im inneren Detektor befinden sich also die Halbleiterdetek-toren, die im Verhältnis zum Gesamtdetektor nur ein sehr kleines Volumen einnehmen. Direkt am Strahlrohr liegt der Pixeldetektor (Länge: 80,1cm, Radius: 13,7cm), dann folgen die einseitigen Streifendetektoren (Vorwärts SCT und Zen-traler SCT, Streifenabstand 80µm). Diese Detektoren sind sehr hochauflösend. Außen liegt der Übergangsstrahlungs-detektor (TRT). In der folgenden Graphik ist der innere Detektor abgebildet:

QuellenangabenKonrad Kleinknecht / Detektoren für Teilchenstrahlung / •Teubner / 4. Auflage / 2005Messmethoden der Kern- und Teilchenphysik / Josef •Pochodzalla / Vorlesung WS 05/06 / Uni MainzHerrmann Hinsch / Elektronik / Springer / 1996•Wolfgang Demtröder / Experimentalphysik 3 / Springer •/ 3. Auflage / 2005Markus Keil / Pixeldetektoren aus Silizium und CVD-•Diamant zum Teilchennachweis in ATLAS bei LHC / Dok-torarbeit / 2001Oliver Fitzau / Von der Diode zur CCD / Seminar Elemen-•tarteilchenphysik WS 04/05 / RWTH AachenATLAS Inner Detector / Technical Design Report / Volu-•me 2 / CERN / 1997http://users.physik.fu-berlin.de•www.tu-dresden.de•www.cern.de •www.gsi.de•