Halle Münsterland in Münster – 80-jähriges Bestehen des ... · PDF...

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Halle Münsterland in Münster – 80-jähriges Bestehen des größten Veranstaltungszentrums der Region 182 Geographische Kommission für Westfalen Die Halle Münsterland (seit 2009 offi- ziell „Messe und Congress Centrum Halle Münsterland GmbH“) kann auf eine wechselvolle und insgesamt erfolg- reiche Vergangenheit zurückblicken. Als dieses Veranstaltungszentrum am 17. und 18. April 1926 feierlich eröffnet wurde, war es bereits das größte und vielseitigste der Region Münsterland. 80 Jahre später hat sich daran nichts geändert. Zehntausende von Veranstal- tungen fanden in den vergangenen Jahr- zehnten auf dem traditionsreichen Gelände am Albersloher Weg in Müns- ter statt: Internationale Messen, wissen- schaftliche Fachkongresse und große Sport-Events gehörten ebenso dazu wie unzählige Konzerte – von Louis Arm- strong mit seiner Jazzband über die Rol- ling Stones bis zu den Wiener Philhar- monikern. Heute präsentiert sich die Halle Münsterland als moderner Dienst- leister für Veranstaltungen aller Art und unterschiedlichster Größe. Am Eröffnungstag vor achtzig Jahren weihten die westfälischen Reit- und Fahrvereine – unter Anwesenheit zahlreicher Ehrengäste – den imposan- ten Neubau mit einem großen Schautur- nier ein. Zugegen war auch der damali- ge Oberbürgermeister der Stadt Müns- ter, Dr. Georg Sperlich, der – zusam- men mit den landwirtschaftlichen Zuchtvereinigungen des Münsterlandes – die treibende Kraft hinter den Neu- bauplänen gewesen war. Schon Jahre zuvor war klar, dass die aufstrebende Stadt Münster eine große Halle benö- tigte: Für Viehmärkte und Tierauktio- nen, aber auch für Versammlungen, Ausstellungen, Messen und Sportver- anstaltungen. Die Stadt Münster inves- tierte 753 000 Reichsmark in die Gebäude, die ab 1925 auf dem Gelände einer ehemaligen städtischen Gasanstalt entstanden. Architekt Felix Sittel hatte einen modernen, 180 Meter langen und 45 Meter breiten Zweckbau entworfen. Über der fast 3 500 m 2 großen zentralen Halle, in der bis zu 6 000 Personen Platz fanden, wölbte sich in 16 Metern Höhe ein geschwungenes Holzdach. Darunter fanden in den ersten Jahren vor allem landwirtschaftliche Veran- staltungen statt. Von sich reden machte die Halle Münsterland aber mit ihrem wachsenden Ruf als Stätte für Kultur und Sport. Klassische Chor- und Or- chesterkonzerte standen genauso auf dem Programm wie Zirkusgalas, Turnfeste und Karnevalsfeiern. Highlights der frühen Jahre waren die Rad- rennen, die regelmäßig Tausende von Zu- schauern in die Halle lockten. In den 1930er Jah- ren vereinnahmten die Nationalsozialisten die Halle Münsterland zu- nehmend für Massen- kundgebungen und Parteiversammlungen. Nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges diente sie als Verpflegungslager, Verladestation und Pferdelazarett. Von 1941 bis 1943 trafen das Gelände mehrere schwere Bomben- angriffe. Als der Krieg vorbei war, stan- den am Albersloher Weg nur noch ein paar Mauern. Doch obwohl ganz Mün- ster in Schutt und Asche lag, begann die Stadt schon bald mit dem Wiederaufbau der Halle: Die Landwirtschaft brauchte einen Ort für ihre Märkte, um die Bevölkerung mit Nahrungsmitteln zu versorgen. 1948 begannen die Bauarbeiten für die neue Halle Münsterland, die noch heute – als „Große Halle“ – den Kern des Messegeländes bildet. Das wertvolle Holz für ihr charakteristisches, halbrun- des Tonnendach kam aus Bayern – „schwarz“ getauscht gegen 120 Pferde, die die Münsteraner in den Süden liefer- ten. Die erste und zunächst größte wie- der aufgebaute Veranstaltungshalle Deutschlands wurde bis 1952 komplet- tiert: Es entstanden Büros und ein Foyer, eine neue Viehmarkthalle, ein Restau- rant und der „Weiße Saal“ als Tagungs- raum für 500 Personen. Die Leitung der neuen Halle Münsterland übernahm von 1949 bis 1964 Franz Odenbreit. Die Wirtschaftswunderzeit brachte auch für die Halle Münsterland goldene Jahre. Absoluter Besuchermagnet war das jährliche Sechstagerennen, bei dem ab 1950 die besten Radfahrer des Lan- des im Kreis rasten (Abb. 1). Bereits im Jahr zuvor war wieder das Reit- und Springturnier gestartet, das bis heute als „Rolinck-Cup“ die Pferdefreunde Abb. 1: Sechstagerennen in den 1950er Jahren (Foto: Messe und Congress Centrum Halle Münsterland GmbH) Abb. 2: Halle Münsterland, Luftbild 2004 (Foto: Messe und Congress Centrum Halle Münsterland GmbH) Gebiet und Identität Naturraum Bevölkerung Siedlung Wirtschaft und Verkehr Bildung und Kultur Gesellschaft und Politik

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Halle Münsterland in Münster – 80-jähriges Bestehen desgrößten Veranstaltungszentrums der Region

182 Geographische Kommission für Westfalen

Die Halle Münsterland (seit 2009 offi-ziell „Messe und Congress CentrumHalle Münsterland GmbH“) kann aufeine wechselvolle und insgesamt erfolg-reiche Vergangenheit zurückblicken.Als dieses Veranstaltungszentrum am17. und 18. April 1926 feierlich eröffnetwurde, war es bereits das größte undvielseitigste der Region Münsterland.80 Jahre später hat sich daran nichtsgeändert. Zehntausende von Veranstal-tungen fanden in den vergangenen Jahr-zehnten auf dem traditionsreichenGelände am Albersloher Weg in Müns -ter statt: Internationale Messen, wissen-schaftliche Fachkongresse und großeSport-Events gehörten ebenso dazu wieunzählige Konzerte – von Louis Arm-strong mit seiner Jazzband über die Rol-ling Stones bis zu den Wiener Philhar-monikern. Heute präsentiert sich dieHalle Münsterland als moderner Dienst-leister für Veranstaltungen aller Art undunterschiedlichster Größe.

Am Eröffnungstag vor achtzigJahren weihten die westfälischen Reit-und Fahrvereine – unter Anwesenheitzahlreicher Ehrengäste – den imposan-ten Neubau mit einem großen Schautur-nier ein. Zugegen war auch der damali-ge Oberbürgermeister der Stadt Müns -ter, Dr. Georg Sperlich, der – zusam-men mit den landwirtschaftlichenZuchtvereinigungen des Münsterlandes

– die treibende Kraft hinter den Neu-bauplänen gewesen war. Schon Jahrezuvor war klar, dass die aufstrebendeStadt Münster eine große Halle benö-tigte: Für Viehmärkte und Tierauktio-nen, aber auch für Versammlungen,Ausstellungen, Messen und Sportver-anstaltungen. Die Stadt Münster inves -tierte 753 000 Reichsmark in dieGebäude, die ab 1925 auf dem Geländeeiner ehemaligen städtischen Gasanstaltentstanden. Architekt Felix Sittel hatteeinen modernen, 180 Meter langen und45 Meter breiten Zweckbau entworfen.Über der fast 3 500 m2 großen zentralenHalle, in der bis zu 6 000 PersonenPlatz fanden, wölbte sich in 16 MeternHöhe ein geschwungenes Holzdach.Darunter fanden in den ersten Jahrenvor allem landwirtschaftliche Veran-staltungen statt. Von sich reden machtedie Halle Münsterland aber mit ihremwachsenden Ruf als Stätte für Kulturund Sport. Klassische Chor- und Or -ches terkonzerte standen genauso auf

dem Programm wieZirkusgalas, Turnfesteund Karnevalsfeiern.Highlights der frühenJahre waren die Rad-rennen, die regelmäßigTausende von Zu -schauern in die Hallelockten.

In den 1930er Jah-ren vereinnahmten dieNationalsozialisten dieHalle Münsterland zu -nehmend für Massen-kundgebungen und

Parteiversammlungen. Nach Ausbruchdes Zweiten Weltkrieges diente sie alsVerpflegungslager, Verladestation undPferdelazarett. Von 1941 bis 1943 trafendas Gelände mehrere schwere Bomben-angriffe. Als der Krieg vorbei war, stan-den am Albersloher Weg nur noch einpaar Mauern. Doch obwohl ganz Mün-ster in Schutt und Asche lag, begann dieStadt schon bald mit dem Wiederaufbauder Halle: Die Landwirtschaft brauchteeinen Ort für ihre Märkte, um dieBevölkerung mit Nahrungsmitteln zuversorgen.

1948 begannen die Bauarbeiten fürdie neue Halle Münsterland, die nochheute – als „Große Halle“ – den Kerndes Messegeländes bildet. Das wertvolleHolz für ihr charakteristisches, halbrun-des Tonnendach kam aus Bayern –„schwarz“ getauscht gegen 120 Pferde,die die Münsteraner in den Süden liefer-ten. Die erste und zunächst größte wie-der aufgebaute VeranstaltungshalleDeutschlands wurde bis 1952 komplet-tiert: Es entstanden Büros und ein Foyer,eine neue Viehmarkthalle, ein Restau-rant und der „Weiße Saal“ als Tagungs-raum für 500 Personen. Die Leitung derneuen Halle Münsterland übernahm von1949 bis 1964 Franz Odenbreit.

Die Wirtschaftswunderzeit brachteauch für die Halle Münsterland goldeneJahre. Absoluter Besuchermagnet wardas jährliche Sechstagerennen, bei demab 1950 die besten Radfahrer des Lan-des im Kreis rasten (Abb. 1). Bereits imJahr zuvor war wieder das Reit- undSpringturnier gestartet, das bis heute als„Rolinck-Cup“ die Pferdefreunde

Abb. 1: Sechstagerennen in den 1950er Jahren(Foto: Messe und Congress Centrum Halle MünsterlandGmbH)

Abb. 2: Halle Münsterland, Luftbild 2004(Foto: Messe und Congress Centrum Halle Münsterland GmbH)

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begeistert. Die Berliner, Wiener undNew Yorker Philharmoniker brachtenklassische Hochkultur nach Westfalen;Herbert von Karajan und Leonard Bern-stein attestierten der Halle internationa-les Konzertniveau. Daneben setzte derneue Geschäftsführer Hans-JoachimHangstein (1964-1991) aber auch ver-stärkt auf Ausstellungen und Tagungen:Landwirtschaftsschauen und Automärk-te, Parteitage und Fachkongresse jederArt zogen Aussteller und Besucher nachMünster. Die „Münsterlandschau“,größte Verbrauchermesse der Region,und die Gartenmesse „Frühling – Blu-men – Freizeit“ wurden zu festen Veran-staltungen.

Die Rock- und Pop-Revolution er -lebte die Halle Münsterland an vorders -ter Front. 1965 trieben die damals nochjungen Rolling Stones bei ihrem erstenDeutschland-Konzert die Fans zu gesit-teter Hysterie. Zu den Höhepunktenzählten auch die Auftritte von Jimi Hen-drix (1969), Deep Purple (1970) undPink Floyd (1971). Die deutsche Erst-aufführung des Hippie-Musicals „JesusChrist Superstar“ brachte die Halle 1972landesweit in die Schlagzeilen. Santana,Ike & Tina Turner, Jethro Tull, FrankZappa, Rod Stewart oder DepecheMode: Wer in der Rockmusik einenNamen hatte, kam nach Münster. Ikonenwie Ray Charles, Bob Dylan, Joan Baezoder Johnny Cash spielten am Alberslo-her Weg. Dazu gesellten sich nationaleStars wie Udo Jürgens, Peter Maffay,Udo Lindenberg, Reinhard Mey oderHerbert Grönemeyer, die regelmäßighier gastierten und der Halle zum Teilbis heute die Treue halten.

Zum 50. Geburtstag spendierte dieStadt Münster ihrem Aushängeschild

ein neues Gesicht. 1976eröffnete die runderneuer-te Halle Münsterlandihren Congress-Saal, indem seither Tagungen undKonzerte mit bis zu 1 000Besuchern stattfinden kön-nen. Doch schon bald reich-ten die Raumkapazitätennicht mehr aus – besondersfür Messen und Kongresse,die als Geschäftsfeld immerwichtiger wurden. In der

Amtszeit von Geschäftsführer Dr. Hans-Jürgen Gaida (1993-2002) verändertesich das Erscheinungsbild der HalleMüns terland so stark wie nie zuvor.1994 stellte die Stadt insgesamt 82 Mil-lionen DM für Renovierungen, An-,Um- und Neubauten zur Verfügung(vgl. neue Eingangsfront Abb. 3). Bis2002 entstanden das neue Südfoyer so -wie drei Messehallen mit insgesamtknapp 16 000 m2 Fläche, deren größte,

die Messehalle Mitte, bis zu 11 000 Per-sonen fasst.

„Heute, in ihrem 80. Jahr, präsentiertsich die Halle Münsterland fit für dieZukunft“, resümiert die jetzige Ge -schäftsführerin Dr. Ursula Paschke. Fürdie rund 280 Veranstaltungen unter-schiedlichster Art, die hier jedes Jahrstattfinden, bietet die Halle beste Voraus-setzungen. Ob festliche Atmosphäreoder modernste Tech nik gewünscht wer-den: Die Räume des neu gestaltetenCongress-Centrums werden diesbezüg-lich unterschiedlichsten Ansprüchen

gerecht. Einzeln oder kombiniert sind siegeeignet für Kongresse, Tagungen,Seminare, Workshops, Empfänge undbegleitende Fachausstellungen – mit 10,aber auch mit bis zu 4 000 Teilnehmern.

In den drei Messehallen findenregelmäßig namhafte internationaleAusstellungen statt – so z. B. die „Ted-dybär total“, die weltweit größte Teddy-bären-Messe, die in jedem FrühjahrTausende von Fans nach Münster lockt.Die Veranstalter der „InternationalenAusstellung für Fahrwegtechnik“ (iaf)waren vom direkten Gleisanschluss derHalle so angetan, dass sie ihre Messeauch 2006 wieder in Münster abhielten.Hinzu kommen die etablierten und neu-en Fachmessen der Halle Müns terland,etwa die IT-Messe „business online“und die „Diabetes“ (Abb. 4). Das umge-staltete Gelände mit seinen 20 000 m2

Ausstellungsfläche bietet zudem nochgenug Platz für inzwischen gut einge-führte Publikumsmessen – wie die

„Antiquitäten-Ta -ge“, die „x-tra sport“oder die „bauen &wohnen“.

Und nicht zu -letzt ist die HalleMüns terland immernoch ein bedeuten-der Ort für Konzer-te, Shows und Fes -te. So kommen etwajedes Jahr im No -vember aus dem gan-zen Bundesgebiet ca.40 000 Partyfreundenach Müns ter, um anvier Tagen „Europasgröß te Kegelparty“

zu feiern. Um den Jahreswechsel ver-zaubern die Eislaufkünstler von „Holi-day on Ice“ seit Jahrzehnten ihr Publi-kum. Internationale Größen wie Cold-play oder David Copperfield, Rock- undPophelden wie BAP oder Rosenstolz,Stars der leichten Muse wie André Rieuoder Eros Ramazzotti, Co medians wieHelge Schneider oder Atze Schröderund viele, viele mehr: Sie alle schätzendie Halle Müns terland als ein herausra-gendes Veranstaltungszentrum.

JÖRG GIERSE

Abb. 3: Halle Münsterland 2004 (Foto: Messeund Congress Centrum Halle Münsterland GmbH)

Abb. 4: Große Halle, Fachmesse „Diabetes“ 2006(Foto: Messe und Congress Centrum Halle Münsterland GmbH)

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