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Zusammenfassung Die Entwicklung von digitalen Geländemodellen aus Laser- scannerdaten und 3D-Stadtmodellen wird z. Zt. von vielen Städten und Institutionen erwogen und teilweise schon in die Praxis umgesetzt. Die Konzeption von Hamburg und erste Erfahrung in der Vermarktung werden anhand einiger Bei- spiele aufgezeigt. Summary The generation of Digital Terrain Models based on laser scanner data and 3D-City-Models is being considered and partly put into action by many communities and institutions. The conception of Hamburg and the first experience are de- monstrated by some examples. 1 Einleitung Mit der Entwicklung und Einführung neuer Techniken in der Datenerfassung und Datenverwaltung haben sich auch die Aufgabenfelder der Vermessungsverwaltungen in Ländern und Kommunen verändert und/oder weiter- entwickelt. Seit einigen Jahren können Höheninforma- tionen direkt über flugzeuggestützte Laserscanning-Ver- fahren gewonnen werden. Virtuelle Stadtmodelle werden bundes- und europaweit in verschiedenen Ausprägungen und Ansätzen aufgebaut (Ulm 2003). Der Landesbetrieb Geoinformation und Vermessung (LGV) der Freien und Hansestadt Hamburg, ehemals Amt für Geoinformation und Vermessung, hat sich seit 1999 intensiv mit der dritten Dimension beschäftigt, hat eigene Entwicklungen vorangetrieben bzw. sich den Möglichkei- ten neuer Messverfahren aufgeschlossen gezeigt und die- se eingesetzt. Die Entwicklung neuer 3D-Produkte ist gleichermaßen technische wie wirtschaftliche Herausforderung. Der Markt insbesondere für virtuelle Stadtmodelle existiert als solcher noch nicht. Es gibt zahlreiche Überlegungen über den Kreis der Anwender und eine Vielzahl von tech- nischen Anwendungsmöglichkeiten, doch ähnlich wie im Bereich von digitalen 2D-Daten Anfang der neunziger Jahre stellt sich der Erfolg nicht zwingend sofort ein. Im Bereich der digitalen Geländemodelle sind Anwen- dungen seit vielen Jahren gegeben. Das Laserscanner- verfahren, welches sich insbesondere in der deutschen Landesvermessung zur Erzeugung großflächiger DGM als Standardverfahren durchgesetzt hat, hat aufgrund der enorm hohen Punktdichte neue Möglichkeiten in der Weiterverarbeitung geschaffen. Im Folgenden wird beschrieben, wie der LGV das Digi- tale Geländemodell (DGM) und die Digitale Stadtgrund- karte 3D (DSGK-3D) aufgebaut und eingeführt hat. Dabei werden Vorgaben und Ziele erläutert. Anhand einiger Beispiele wird gezeigt, welche Projekte bereits mit den Produkten bearbeitet wurden. 2 Die Digitale Stadtgrundkarte 3D (DSGK-3D) Die DSGK-3D wird seit dem Jahr 2000 in Hamburg auf- gebaut. Erste Überlegungen und Ansätze wurden in Form einer Machbarkeitsstudie zusammen mit der Fraunhofer- gesellschaft – Institut für Graphische Datenverarbeitung (IGD) – erarbeitet, behördenintern vorgestellt und abge- stimmt (IDG 2000). Entsprechend der Aufgabe des LGV, Geobasisdaten im Sinne der Daseinsvorsorge für die Stadt Hamburg vor- zuhalten, wurde auch die DSGK-3D als Geobasisdaten- bestand definiert. Aufgrund der unterschiedlichen An- forderungen an 3D-Stadtmodelle hinsichtlich Flächen- deckung, Detaillierung und Genauigkeit werden zwei Stufen im Sinne von Level of Details aufgebaut (Cieslik 2002). 2.1 DSGK-3D Stufe 1 Der flächendeckende Aufbau (750 km 2 ) erfolgt durch eine direkte Ableitung aus den Informationen der Digita- len Stadtgrundkarte (DSGK; m = 1 : 1.000), indem für je- des der ca. 320.000 Gebäude die Grundrissgeometrie und die Angaben über Anzahl der Vollgeschosse und Art der Nutzung in einen sog. »Gebäudeblock« umgesetzt wer- den. Die Umsetzung erfolgt im System ArchiCad der Fa. Graphisoft. Jedes Gebäude der Stufe 1 ist über die kommunale Adresse (Straße, Hausnummer, Gebäudenummer) eindeu- tig als Objekt ansprechbar. Weitere Informationen zum Gebäude können dem Sachsatz beigefügt werden. Zur Vollständigkeit und besseren Übersicht wurden neben den Gebäudeblöcken Texturen für Straßen-, Ge- wässer- und Grünflächen aus der Flurstücksnutzung des Hamburger Automatisierten Liegenschaftsbuches (HALB) abgeleitet und markante und bekannte Gebäude aus der DSGK-3D Stufe 2 in das Modell der Stufe 1 aufge- nommen. 2.2 DSGK-3D Stufe 2 Um ein möglichst realistisches Gebäudemodell zu er- stellen, werden über Luftbildvermessung die Dachland- Fachbeiträge Bernhard Cieslik, Hamburg in der dritten Dimension zfv 4/2003 128. Jg. 254 Hamburg in der dritten Dimension Bernhard Cieslik

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ZusammenfassungDie Entwicklung von digitalen Geländemodellen aus Laser-scannerdaten und 3D-Stadtmodellen wird z. Zt. von vielenStädten und Institutionen erwogen und teilweise schon in diePraxis umgesetzt. Die Konzeption von Hamburg und ersteErfahrung in der Vermarktung werden anhand einiger Bei-spiele aufgezeigt.

SSuummmmaarryyThe generation of Digital Terrain Models based on laserscanner data and 3D-City-Models is being considered andpartly put into action by many communities and institutions.The conception of Hamburg and the first experience are de-monstrated by some examples.

1 Einleitung

Mit der Entwicklung und Einführung neuer Techniken inder Datenerfassung und Datenverwaltung haben sichauch die Aufgabenfelder der Vermessungsverwaltungenin Ländern und Kommunen verändert und/oder weiter-entwickelt. Seit einigen Jahren können Höheninforma-tionen direkt über flugzeuggestützte Laserscanning-Ver-fahren gewonnen werden. Virtuelle Stadtmodelle werdenbundes- und europaweit in verschiedenen Ausprägungenund Ansätzen aufgebaut (Ulm 2003).

Der Landesbetrieb Geoinformation und Vermessung(LGV) der Freien und Hansestadt Hamburg, ehemals Amtfür Geoinformation und Vermessung, hat sich seit 1999intensiv mit der dritten Dimension beschäftigt, hat eigeneEntwicklungen vorangetrieben bzw. sich den Möglichkei-ten neuer Messverfahren aufgeschlossen gezeigt und die-se eingesetzt.

Die Entwicklung neuer 3D-Produkte ist gleichermaßentechnische wie wirtschaftliche Herausforderung. DerMarkt insbesondere für virtuelle Stadtmodelle existiertals solcher noch nicht. Es gibt zahlreiche Überlegungenüber den Kreis der Anwender und eine Vielzahl von tech-nischen Anwendungsmöglichkeiten, doch ähnlich wie imBereich von digitalen 2D-Daten Anfang der neunzigerJahre stellt sich der Erfolg nicht zwingend sofort ein.

Im Bereich der digitalen Geländemodelle sind Anwen-dungen seit vielen Jahren gegeben. Das Laserscanner-verfahren, welches sich insbesondere in der deutschenLandesvermessung zur Erzeugung großflächiger DGM alsStandardverfahren durchgesetzt hat, hat aufgrund derenorm hohen Punktdichte neue Möglichkeiten in derWeiterverarbeitung geschaffen.

Im Folgenden wird beschrieben, wie der LGV das Digi-tale Geländemodell (DGM) und die Digitale Stadtgrund-

karte 3D (DSGK-3D) aufgebaut und eingeführt hat. Dabeiwerden Vorgaben und Ziele erläutert. Anhand einigerBeispiele wird gezeigt, welche Projekte bereits mit denProdukten bearbeitet wurden.

2 Die Digitale Stadtgrundkarte 3D (DSGK-3D)

Die DSGK-3D wird seit dem Jahr 2000 in Hamburg auf-gebaut. Erste Überlegungen und Ansätze wurden in Formeiner Machbarkeitsstudie zusammen mit der Fraunhofer-gesellschaft – Institut für Graphische Datenverarbeitung(IGD) – erarbeitet, behördenintern vorgestellt und abge-stimmt (IDG 2000).

Entsprechend der Aufgabe des LGV, Geobasisdaten imSinne der Daseinsvorsorge für die Stadt Hamburg vor-zuhalten, wurde auch die DSGK-3D als Geobasisdaten-bestand definiert. Aufgrund der unterschiedlichen An-forderungen an 3D-Stadtmodelle hinsichtlich Flächen-deckung, Detaillierung und Genauigkeit werden zweiStufen im Sinne von Level of Details aufgebaut (Cieslik2002).

2.1 DSGK-3D Stufe 1

Der flächendeckende Aufbau (750 km2) erfolgt durcheine direkte Ableitung aus den Informationen der Digita-len Stadtgrundkarte (DSGK; m = 1 : 1.000), indem für je-des der ca. 320.000 Gebäude die Grundrissgeometrie unddie Angaben über Anzahl der Vollgeschosse und Art derNutzung in einen sog. »Gebäudeblock« umgesetzt wer-den. Die Umsetzung erfolgt im System ArchiCad der Fa.Graphisoft.

Jedes Gebäude der Stufe 1 ist über die kommunaleAdresse (Straße, Hausnummer, Gebäudenummer) eindeu-tig als Objekt ansprechbar. Weitere Informationen zumGebäude können dem Sachsatz beigefügt werden.

Zur Vollständigkeit und besseren Übersicht wurdenneben den Gebäudeblöcken Texturen für Straßen-, Ge-wässer- und Grünflächen aus der Flurstücksnutzung desHamburger Automatisierten Liegenschaftsbuches (HALB)abgeleitet und markante und bekannte Gebäude ausder DSGK-3D Stufe 2 in das Modell der Stufe 1 aufge-nommen.

2.2 DSGK-3D Stufe 2

Um ein möglichst realistisches Gebäudemodell zu er-stellen, werden über Luftbildvermessung die Dachland-

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schaften inkl. Dachaufbauten erfasst. Die Außenwändeder Gebäude werden durch Projektion der Traufen auf einDigitales Geländemodell gebildet. Weitere Gebäudeobjek-te, wie Fassadenausgestaltung, Fenster und Türen sindnicht Bestandteil der Stufe 2. Gleichwohl ist es technischeinfach zu realisieren, das Modell um diese Inhalte zu er-weitern bzw. zu modifizieren.

Der Bezug zum DGM ermöglicht es, die Höhenverhält-nisse einzelner Gebäude untereinander in ihrer Nachbar-schaft herzustellen. Somit ist die Voraussetzung für An-wendungen z. B. aus den Bereichen Stadtplanung und Er-stellung von lärmtechnischen Untersuchungen gegeben.

Der Aufbau der Stufe 2 erfolgte für große Bereiche derInnenstadt. Insgesamt 120.000 Gebäude auf einer Flächevon 200 km2 liegen als Wandmodell der Stufe 2 vor.Abb. 1 zeigt die Stufe 2, welche im Hintergrund um Ge-bäude der Stufe 1 ergänzt wurde.

2.3 Fortführung

Eine Auswertung aus der DSGK hat ergeben, dass imLaufe eines Jahres ca. 12.000 Fortführungsfälle an Ge-bäuden stattfanden, bei denen sich die Grundfläche ver-ändert hat. Dabei handelt es sich bei ca. 3.000 Fällen umGebäudeabrisse.

Die Stufe 1 wird fortgeführt, indem der Gebäude-bestand der DSGK komplett ausgeleitet und mit ArchiCadneu erstellt wird. In der Stufe 1 enthaltene Sondergebäu-de bleiben als solche erhalten und müssen nicht noch-mals bearbeitet werden. Das Fortführungsverfahren ist sokonzipiert, dass dies eines sehr geringen zeitlichen Auf-wandes bedarf.

Das wesentliche Element der Stufe 2 ist die Geometrieder Dachlandschaften. Diese Fortführung kann z. Zt. nurüber eine Luftbildauswertung erfolgen. Die hohe Zahl anFortführungsfällen – immerhin sind dies für das Gebietder Stufe 2 noch ca. 6.000 – macht ein gezieltes und vonder Gebäudeart und -bedeutung abhängiges Verfahren

notwendig. Über das im LGV neu eingerichtete Topo-graphische Informationsmanagement (TIM) werden dieGebäude- und Gebäudekomplexe ermittelt, die entwederdurch ihre Gestalt und Markanz oder ihre Bedeutung fürdie Stadt, aktuell in das Modell der Stufe 2 aufgenommenwerden müssen (LGV 2003).

Nur für bestimmte räumlich begrenzte Projekte isteine vollständige Fortführung der Stufe 2 möglich undsinnvoll.

3 Das Digitale Geländemodell (DGM)

Die Konzeption und der Aufbau des Digitalen Gelände-modells erfolgten parallel zu den Entwicklungen des3D-Stadtmodells. Es sollte für die Stadt Hamburg einflächendeckender und homogener Höhendatenbestandaufgebaut werden.

Seit Mitte des Jahres 2001 liegen Höhendaten ausLaserscannervermessungen vor. Zwei Firmen wurden be-auftragt, die Daten zu erfassen und anschließend zu klas-sifizieren, um die Boden- und Hochpunkten (Gebäude,Vegetation, …) voneinander zu trennen.

Für den nördlichen Teil mit einer Fläche von ca.350 km2 wurden die originären Messungspunkte alsunregelmäßig verteilter Punkthaufen (Punktabstand ca.1–1½ m) geliefert. Für den südlichen Teil mit einer Flächevon ca. 400 km2 wurde ein bereits gerechnetes Modellmit 1 m-Rasterweite erstellt. In der Regel liegen pro km2

ca. 1.000.000 Punkte vor.Der Landesbetrieb Geoinformation und Vermessung

hat es sich zum Ziel gemacht, sich nicht nur auf die rei-ne Abgabe von Höhendaten zu beschränken. Unter In-tegration weitere Geobasis- und Fachdaten (Vektor- undRasterdaten) sollen Dienstleistungen für groß- und klein-räumige Anwendungen aus den Bereichen Wasserwirt-schaft, Tiefbau, Umwelt und Stadtplanung sowie Ener-gieversorgung angeboten werden. Auf diese Weise kanndas Potenzial der hochauflösenden Laserscannerdatenbesser genutzt werden.

Vor diesem Hintergrund wurde bei der Auswahl derDGM-Software großer Wert auf die Verarbeitungsmög-lichkeit großer Punktmengen in Form eines TIN (Triangu-lated Irregular Network; Dreiecksmasche) gelegt. Ein TINstellt in dieser hohen Punktdichte die bestmöglicheRepräsentation einer städtischen Geländeoberfläche dar.Der originäre Messpunkt bleibt in Lage und Höhe erhal-ten und wird nicht auf eine durch die Rasterweite vorge-gebene Lagekoordinate verschoben.

Ein TIN bietet die Möglichkeit, mit geeigneten Algo-rithmen große Datenmengen in Abhängigkeit der Ge-länderauhigkeit auszudünnen bzw. zu reduzieren und derAufgabenstellung entsprechend bereitzustellen. Es kön-nen 2D-Vektordaten (Bestand oder Planung) als Punkt,Linie oder Fläche in die Dreiecksvermaschung eingerech-net und so um die dritte Dimension erweitert werden.

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Abb. 1: DSGK-3D Stufe 2, Hamburg Rathaus und Binnen-alster

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3.1 Systemlösungen DGM des LandesbetriebesGeoinformation und Vermessung

Kernstück der DGM-Software bilden die speziell für dieKontrolle, Klassifizierung und Weiterverarbeitung vonLaserscannerdaten entwickelten Softwaremodule Terra-scan, Terramodeller und Terraphoto der finnischen Fa.Terrasolid. Als Aufsatzprodukt auf das CAD-SystemMicroStation der Fa. Bentley sind dessen CAD-Funktio-nalitäten und insbesondere der Datenaustausch in 2Dund 3D zu anderen System gegeben. Das Programm ist inder Lage, mehrere Millionen Punkte zu verarbeiten, sodass es so gut wie keine Beschränkungen hinsichtlich derDatenmenge gibt.

Durch die Anbindung an die digitalen photogrammet-rischen Auswertestationen der Fa. LH-Systems könnendie Höhendaten direkt gelesen und im Stereomodell be-trachtet, korrigiert und auch erweitert werden. DieseKombination ermöglicht die gezielte Fortführung und Er-weiterung des bestehenden Modells.

3.1.1 Überprüfung der Klassifizierung und Anlegen derDatenbasis

Obwohl die Trennung von Boden- und Hochpunkten be-reits von den Firmen vorgenommen wurde, gilt es, diesezu überprüfen und ggf. zu korrigieren. Die Aufbereitungvon Höhen in Form von (perspektivischen) farbigenReliefbildern gibt einen wichtigen Eindruck der Höhen-verhältnisse und lässt Fehler und Unstimmigkeiten sofort

erkennen. Werden Höhendarstellungen mit digitalen Or-thophotos oder Vektordaten kombiniert, lassen sich vieleAuffälligkeiten nachvollziehen. Gerade die Besonderhei-ten des Hamburger Hafens, wie die langen Kaimauernund große Hafenschuppen, sind schwer automatischrichtig in Boden- und Hochpunkte zu trennen. Insbeson-dere hier gilt es, eine durchgreifende Kontrolle mit weite-ren Daten durchzuführen.

Unmittelbar nach der Kontrolle erfolgt eine rechneri-sche Ausdünnung der Höhenpunkte. Die enorm hohePunktdichte von durchschnittlich 1.000.000 Punkte prokm2 ist rechentechnisch sehr schwer zu bearbeiten undwird in dieser Dichte auch nicht benötigt. Ebene Flächenkönnen durch wenige Punkte ausreichend und ohne Ver-lust der Genauigkeit beschrieben werden.

Mit diesem Verfahren wird die Anzahl der Boden-punkte von 900 Mio. auf ca. 180 Mio. Punkte (Model KeyPoints, MKP) reduziert. Diese MKP bilden die Datenbasisfür sämtliche groß- und kleinräumige Anwendungen.

Die stichprobenartige Überprüfung hinsichtlich der Ge-nauigkeit in Lage und Höhe bestätigte für eindeutige Punk-te, z.B. auf Straßenflächen, die allgemeine Angabe von±15cm Höhengenauigkeit. In Bereichen von Böschungen,wo insbesondere der Stand der Vegetation zum Zeitpunktder Befliegung das Ergebnis der Klassifizierung und somitindirekt auch die Genauigkeit der Höhenpunkte beein-flusst, sind diese Genauigkeitsbereiche nicht zu halten.

Abb. 2 zeigt deutlich, wie hochauflösend ca. 3 Mio.Höhenpunkte das gesamte Gebiet der Stadt Hamburggeomorphologisch repräsentieren können. Gut zu erken-

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Abb. 2: HöhenverhältnisseHamburg; ca. 3 Mio. Punkte

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nen ist das alte Elbstromtal. Die feine Verästelung derHöhenschichten zeigt, dass das Ergebnis der Ausdün-nung selbst für großflächige Anwendungen eine sehrgute Grundlage bieten kann.

3.2 Anwendungsmöglichkeiten des DGM

Neben der reinen Bereitstellung von Höheninformationin Form von TIN, GRID (dt. Gitter, Raster) oder als Punkt-wolke können aus diesen hochauflösenden Daten ver-schiedene Produkte unter Verschneidung mit 2D-Be-stands- oder auch Planungsdaten erstellt werden.

Sowohl der Tief- wie auch der Wasserbau benötigenfür ihre Projekte Längs- und Querprofile. Diese werdenoft durch zeitaufwändige und teure Vermessungsarbeitenerstellt. Für einige Aufgabenstellungen ist es vollkommenausreichend, diese Profile aus den Höhendaten direkt ab-zuleiten. Entsprechend können 2D-Bestandsdaten oderauch Planungsentwürfe, wie z. B. Böschungen oder mög-liche Trassenverläufe, in die dritte Dimension überführtwerden (siehe Abb. 3 und 4).

3.3 Das DGM für die DSGK-3D

Während die DSGK-3D Stufe 1 als Standardprodukt ohneBezug zu NN quasi auf einer Platte steht und dieses inHamburg vollkommen ausreichend ist (Ausnahme sieheAbb. 5), muss die Stufe 2 aufgrund der photogrammetri-schen Auswertung zwingend den Bezug zur absolutenHöhe haben.

Für einfache Anwendungen wird ein 25 m-Raster erstelltund dieses mit der Oberflächentextur (Gewässer-, Ver-kehrs- und Grünflächen) und den Gebäuden der Stufe 2verschnitten (siehe Abb. 6).

Für Anwendungen im Bereich der Stadtplanung, wo eshauptsächlich auf die Visualisierung und Präsentationvon Bestand und Planung ankommt, muss ein DGM er-zeugt werden, das die saubere Verschneidung von Ge-bäuden und weiteren Kunstbauwerken ermöglicht undwelches auf die wesentlichen, das Gelände beschreiben-den Bruchkanten zurückgeführt wird.

Die Ableitung von Bruchkanten aus den Laserscanner-daten ist bereits Gegenstand der Forschung und teilweiseauch schon in die Produktion überführt. Das Ergebnisder Kantenbestimmung wird u. a. auch durch die Qualitätder Laserscannerdaten bestimmt (Wild 2003, Terrasolid2003).

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Abb. 3: Längs- und Querprofile

Abb. 4: Einrechnen von 2D-Kanten

Abb. 5: Hamburg Blankenese; Stufe 1 auf DGM

Abb. 6: Hamburg Innenstadt; DSGK-3D Stufe 2 auf DGM

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Für die Bearbeitung des Projektes »Hafentor« für dasAmt für Stadtentwicklung in Hamburg wurden sowohlBruchkanten als auch die Verbindungskanten zu Kunst-bauwerken, wie Brücken und Treppen, über die Photo-grammetrie gemessen. Das DGM wurde mit weiteren Hö-henpunkten modelliert, und Gebäude wie auch Brücken,Hochtrassen und weitere Elemente wurden in das Modellintegriert (siehe Abb. 7).

Im Ergebnis liegt ein sehr anschauliches Modell desBereiches an den Hamburger Landungsbrücken vor, wel-ches im nächsten Schritt um die Entwürfe einer vorge-sehenen Hochhausbebauung erweitert und aus Sicht desStadtplaners beurteilt werden wird.

4 Präsentation von 3D-Daten

Im Bereich der virtuellen 3D-Modelle gibt es zahlreicheProdukte, die Präsentationen in Form von Einzel- oderbewegten Bildern erstellen können. Viele dieser Soft-wareprodukte stammen aus der Welt der Film- undSpieleanimation.

Die Verarbeitung großer Datenmengen und die gleich-zeitige Visualisierung von digitalem Geländemodell mitKunstbauwerken, wie Gebäuden, Brücken usw. sind neueAufgabenstellungen und somit keine Standardanwen-dungen.

Bereits bestehende Softwarelösungen für die Verarbei-tung großer Bereiche wurden speziell für diese Aufga-benstellung entwickelt. Sie stellen Einzellösungen dar,die sehr kostenintensiv sind und können aufgrund derbesonderen Datenaufbereitung nur eingeschränkt für dastäglich wechselnde Geschäft, wie die kurzfristige Projekt-arbeit, genutzt werden.

LGV setzt als Standardlösung zur Präsentation kleine-rer Projekte in Form von Einzeln- oder bewegten Bilderndas Produkt Artlantis von Graphisoft ein. Die Möglich-keiten, große Bereiche inkl. DGM darzustellen, sind be-grenzt. Interaktion ist nicht möglich.

Für größere Projekte, insbesondere im Bereich derStadtplanung, wird die Visualisierungssoftware Walk-

inside der belgischen Fa. VRcontext genutzt. Walkinsidebietet die Möglichkeit, sich intuitiv durch das virtuelleModell zu bewegen (inkl. Kollisionserkennung). Es kön-nen über eine Layerstrukur diverse Inhalte interaktiv be-trachtet und miteinander verglichen werden. Durch diedirekte Verbindung zu Microstation ist es möglich, dasDGM, Gebäude und weitere Kunstbauwerke inkl. Textu-ren gemeinsam darzustellen. CAD-Datenfiles bis zu einerGröße von 600 MB können präsentiert werden.

5 Projekte/Vermarktung

Bis heute hat sich noch kein Markt für Daten und An-wendungen im Bereich 3D-Stadtmodelle gebildet. Es istschwierig für die Produzenten, Produkte, Dienstleistun-gen und Preise zu definieren, wenn der potentielle Kundeerst über das Produkt als solches informiert werden muss.Häufig gestellte Fragen sind: Wer braucht das? Was kos-tet das?

Aus diesem Grund ist LGV aktiv auf verschiedeneDienststellen zugegangen, um mit diesen Kunden ge-meinsame Projekte zu bearbeiten. Beide Seiten habenwertvolle Erfahrungen mit dieser Vorgehensweise gesam-melt.

In Zusammenarbeit mit der Stadtplanungsabteilungdes Bezirkes Wandsbek wurden für ein Bebauungsplan-verfahren zur Neubebauung eines Marktplatzes virtuelleModelle von Bestand und Planung erzeugt und diese imRahmen der öffentlichen Plandiskussion vorgestellt(Welzel 2002).

Anlässlich einer geplanten Hochhausbebauung aufdem Gelände der Bavaria-Brauerei in Hamburg St. Pauliwurde die DSGK-3D Stufe 2 erstellt, die Planungsentwür-fe in ihrer Kubatur in den Bestand integriert und für dieobersten Entscheidungsträger so aufbereitet. So konntensie anhand verschiedener Ansichten die Planung im Rah-men des Gesamtgebietes beurteilen. Abb. 8 und 9 zeigendas Gelände mit und ohne Planung.

In ähnlicher Aufgabenstellung – nur weitaus umfang-reicher – wird das Projekt »Hamburg Stadttor Süd-Ost«bearbeitet. Der Bereich der Elbbrücken wird durch um-fangreiche Hochhausbebauung sowie Neu- und Umge-staltung der Grün- und Verkehrssituation erweitert wer-den. Für den LGV galt es, die komplexen Strukturen ausHafenbecken, Böschungen und Brücken zu erstellen, auf-zubereiten und zu einem Gesamtmodell aufzubereiten(siehe Abb. 10).

Im nächsten Schritt werden verschiedene Planungs-entwürfe in das Modell integriert und so aufbereitet, dasses auch für den Nicht-CAD-Nutzer möglich ist, eine Be-gutachtung mit diesem Modell nach seinen Anforderun-gen durchzuführen.

Im Bereich DGM wurden diverse kleinere Projekte fürAnwender aus den Fachbereichen Wasserwirtschaft,Lärmuntersuchung und Tiefbauplanung bearbeitet. Jeder

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Abb. 7: Modell Hafentor an den Hamburger Landungs-brücken

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Bearbeitung ging eine Information über Laserscanningim Allgemeinen und die Möglichkeiten von Software undDaten im Besonderen voraus.

In wenigen Fällen beschränkte sich die Bearbeitungauf eine reine Abgabe der Daten als Punktwolke, TINoder GRID. Die Erstellung von Profilen, das Ableiten vonHöhenlinien und Höhenschichten sowie die Verbindungzu Bestands- und Planungsdaten waren die Dienstleis-tungen des LGV.

Im Rahmen der Hochwasserkatastrophe im August2002 konnten sehr schnell Höhendaten bereitgestellt undAussagen im gefährdeten Bereich für den Katastrophen-schutz getroffen werden.

Im ersten Quartal des Jahres 2003 haben beide Be-reiche, DGM und DSGK-3D, die Erfahrungen der erstenProjekte genutzt und ein Produkt- und Preisverzeichnisaufgestellt.

Der Ansatz des LGV, sich nicht nur auf die reineDatenabgabe zu beschränken, hat sich bestätigt. DasProdukt- und Preisverzeichnis ist so aufgebaut, dass ne-ben den konfektionierten Standardprodukten (DGM25/DGM50, DSGK-3D Stufe 1, Stufe 2), der Faktor Dienst-leistung (Information + Beratung + techn. Unterstützung)für 3D-Aufgabenstellungen angeboten wird. Im Zusam-menhang mit weiteren Produkten des LGV wird ein digi-tales Datenpaket erstellt (siehe Abb. 11).

Für das DGM gilt, dass viele Anwendungen aufgrund derhohen Datenmenge des DGM und der bei LGV geführtenGeobasisdaten auch nur durch LGV bearbeitet werdenkönnen. Für die DSGK-3D spielt neben der Aufbereitungdes virtuellen Modells dessen Präsentation z. Zt. noch diegrößte Rolle.

Aufgabe der kommenden Wochen und Monate ist es,gezielt in der Hamburger Verwaltung und Wirtschaft aufdie Produkte und Dienstleistung des LGV aufmerksam zumachen. Es sind verschiedene Informationsveranstaltun-gen auch in Zusammenarbeit mit privaten Unternehmengeplant. Die Zusammenarbeit in Form von PublicPrivate-Partnership bietet sich insbesondere in der Veredlungbzw. Erweiterung des virtuellen Stadtmodells bzgl. derFassadenausgestaltung an.

Die Präsentation beider Modelle über das MediumInternet wird den Bekanntheitsgrad wesentlich erhöhenund somit weitere Perspektiven bieten.

6 Ausblick und Entwicklungen

Der Landesbetrieb Geoinformation und Vermessung hatbereits die Weichen für die Weiterentwicklung der 3D-

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Abb. 11: Vermarktungsziel LGV

Abb. 10: Hamburg Stadttor Süd-Ost, Freihafenbrücke

Abb. 9: Bavaria-Gelände mit Planung

Abb. 8: Bavaria-Gelände ohne Planung

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Modelle gestellt. Er ist im Begriff, eine 3D-Infrastrukturinklusive Visualisierung der 3D-Daten über das Internetaufzubauen.

Der bisher unter Archicad filebasiert vorgehaltene Be-stand der DSGK-3D wird in eine 3D-Oracle-Datenbankinkl. DGM portiert. Neben produktiven Vorteilen in derDatenadministration werden erweiterte Möglichkeiten inder Projektbearbeitung erwartet. Die Fa. Graphisoft ist imBegriff, diese u. a. auch nach den Vorgaben des LGV ein-zurichten. Erste Anwendungen sind noch im zweitenQuartal 2003 vorgesehen.

Die GIS tec-GmbH, ein Spin-off-Unternehmen desFraunhofer IGD, entwickelt im Auftrag von LGV und inAbstimmung auf die Datenbanklösung von Graphisofteine datenbankgestützte Visualisierungskomponente. DieVisualisierung wird für Intranet- und Internetanwendun-gen eingerichtet werden.

Durch die technischen Entwicklungen im BereichLaserscanning werden neue Produktionsschritte und Ver-fahrenslösungen im Bereich der 3D-Stadtmodelle ein-geführt. Sowohl die Lasertechnik, die immer höhere Auf-lösungen bieten wird, als auch die Softwareentwicklungzur Generierung von Bruchkanten oder gar Dachgeo-metrien aus den Höhendaten versprechen neue und wirt-schaftliche Verfahren bei Aufbau und Fortführung von3D-Stadtmodellen und digitalen Geländemodellen. ErsteAnsätze sind bereits durch die Software von Terrasolidverwirklicht.

Die erfolgreiche Präsentation von 3D-Daten im Inter-net wird dem Verbreitungsgrad des Produktes 3D einenSchub geben. Werden parallel dazu den Nutzern die tech-

nischen Möglichkeiten zu selbständiger Bearbeitung derDaten bereitgestellt, werden viele der potentiellen An-wendungen die praktische Durchführung erfahren. DieAkzeptanz der Daten wird steigen und die Nutzung von3D-Stadtmodellen wie auch Daten des DGM wird ent-sprechend der Nutzung von 2D-Daten aus dem täglichenGeschäft nicht mehr wegzudenken sein.

LiteraturCieslik, B.: DSGK-3D in Hamburg – Erfahrungen mit der Einführung

eines 3D-Stadtmodells in Verwaltung und Wirtschaft. SymposiumPraktische Kartographie 2002.

Fraunhofer IGD: Beratung und Methoden für die DSGK-3D, Darmstadt,unveröffentlicht, 2000.

LGV: Konzept zur Einführung eines Topographischen Informations-management, unveröffentlicht, 2003.

Terrasolid: Produktinformationen 2003Ulm, Kilian: Improved 3D City Modeling with Cybercity-Modeler

(CC-Modeler™) using Aerial-, Satellite Imagery and Laserscannerdata. ISPRS-Workshop on Visualization and Animation of Reality-based 3D Models, Tarasp-Vulpera, Engadin, Schweiz, Februar 2003.

Welzel, R.-W.: Das 3D-Stadtmodell von Hamburg. GEO-Connexion,2002.

Wild, E.: 3D-Stadtmodelle aus Laserscannerdaten. GISnet 2003, Offen-bach.

Anschrift des AutorsDipl.-Ing. Bernhard CieslikFreie und Hansestadt HamburgLandesbetrieb Geoinformation und VermessungSachsenkamp 420003 [email protected]