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1 Epiktet HANDBÜCHLEIN DER MORAL HANDBÜCHLEIN DER MORAL HANDBÜCHLEIN DER MORAL von Epiktet um 100 n. Chr. WIE KÖNNEN WIR TROTZ ALLER PROBLEME DAUERHAFT GLÜCKLICH WERDEN? Eigentlich wollen wir alle doch nur glücklich sein. Wenigstens zufrieden mit uns und unserem Leben. Zumindest die meiste Zeit über. Aber irgendwie kommt ständig irgendetwas dazwischen. Der Partner fürs Leben lässt auf sich warten, unser Berufswunsch lässt sich nicht verwirklichen, unsere Gesundheit lässt zu wünschen übrig – alles sehr lästig und eher hinderlich für unser Glück. Normalerweise nehmen wir uns dann vor, noch härter an unseren Zielen zu arbeiten. Vielleicht setzen wir auch auf den Zufall oder sagen uns, die Zeit heile alle Wunden. Aber bald merken wir, dass wir mit unseren Wünschen und Träumen immer wieder gegen eine Wand rennen. Und selbst wenn sich mal ein Traum erfüllt, so sorgen wir uns ständig, er könnte uns wieder genommen werden. Das menschliche Leben scheint nicht für das Glück gemacht zu sein! Doch der antike Philosoph Epiktet weiß einen Ausweg ... Unterscheiden lernen! Was ist notwendig, was veränderbar? Was liebst du? Und warum? Es Geht um deine Einstellung denn sie bestimmt dein Glück Übe Gelassenheit! DIE WEISHEITEN Weise entscheiden liegt in deiner Macht Lieber arm und frei als reich und besorgt Was ist es wirklich? Er- kenne den wahren Wert der Dinge Es ist doch nur eine Meinung von der du dich beleidigen lässt Freiheit und Unabhängigkeit Bevor du etwas tust, Bedenke die Fol- gen! Philosoph/iN sein oder abhängig UNTERSCHEIDEN LERNEN! Angenehmes wollen wir haben, Unangenehmes wollen wir vermei- den. Wenn das nicht klappt, sind wir unglücklich. So einfach ist das. Wir müssen also dafür sorgen dass wir das bekommen, was uns an- genehm ist, und dass wir dem aus dem Weg gehen, was wir ableh- nen. Allerdings kann das nur dann dauerhaft funktionieren, wenn wir stets nur das wollen, was wir voll und ganz beeinflussen können: alles andere kann uns wieder genommen werden und wird uns in diesem Fall unglücklich machen. Es kommt also darauf an, unterscheiden zu lernen, was wir in unse- rem Leben beeinflussen können – und was nicht: in unserer Macht nicht in unserer Macht was wir denken unser Körper: Aussehen, Zustand, Grundbedürfnisse ... was wir tun unser äußerlicher Besitz: Haus, Auto, Geld ... was wir und wünschen und was nicht was die Menschen über uns denken: Ruf, Ansehen, Ehre ... = FREI & UNGEHEMMT = WECHSELND & UNSICHER Manches steht in unserer Macht, manches nicht. Was nun in unserer Hand liegt, ist seiner Natur nach frei, es kann von niemandem behin- dert oder gehemmt werden, was aber nicht in unserer Hand liegt, ist schwankend, gefährdet und fremder Gewalt unterwor- fen.

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Epiktet HANDBÜCHLEIN DER MORAL HANDBÜCHLEIN DER MORAL

HANDBÜCHLEIN DER MORAL von Epiktet um 100 n. Chr.

WIE KÖNNEN WIR TROTZ ALLER PROBLEME

DAUERHAFT GLÜCKLICH WERDEN?

Eigentlich wollen wir alle doch nur glücklich sein. Wenigstens zufrieden mit uns und unserem Leben. Zumindest die meiste Zeit über. Aber irgendwie kommt ständig irgendetwas dazwischen. Der Partner fürs Leben lässt auf sich warten, unser Berufswunsch lässt sich nicht verwirklichen, unsere Gesundheit lässt zu wünschen übrig – alles sehr lästig und eher hinderlich für unser Glück. Normalerweise nehmen wir uns dann vor, noch härter an unseren Zielen zu arbeiten. Vielleicht setzen wir auch auf den Zufall oder sagen uns, die Zeit heile alle Wunden. Aber bald merken wir, dass wir mit unseren Wünschen und Träumen immer wieder gegen eine Wand rennen. Und selbst wenn sich mal ein Traum erfüllt, so sorgen wir uns ständig, er könnte uns wieder genommen werden. Das menschliche Leben scheint nicht für das Glück gemacht zu sein! Doch der antike Philosoph Epiktet weiß einen Ausweg ...

Unterscheiden lernen! Was ist notwendig, was veränderbar?

Was liebst du? Und warum?

Es Geht um deine Einstellung denn sie bestimmt dein Glück

Übe Gelassenheit!

DIE  WEISHEITEN  Weise entscheiden liegt in deiner Macht

Lieber arm und frei als reich und besorgt

Was ist es wirklich? Er-kenne den wahren Wert der Dinge

Es ist doch nur eine Meinung von der du dich beleidigen lässt

Freiheit und Unabhängigkeit

Bevor du etwas tust, Bedenke die Fol-gen!

Philosoph/iN sein oder abhängig

UNTERSCHEIDEN LERNEN!

Angenehmes wollen wir haben, Unangenehmes wollen wir vermei-den. Wenn das nicht klappt, sind wir unglücklich. So einfach ist das.

Wir müssen also dafür sorgen dass wir das bekommen, was uns an-genehm ist, und dass wir dem aus dem Weg gehen, was wir ableh-nen. Allerdings kann das nur dann dauerhaft funktionieren, wenn wir stets nur das wollen, was wir voll und ganz beeinflussen können: alles andere kann uns wieder genommen werden und wird uns in diesem Fall unglücklich machen.

Es kommt also darauf an, unterscheiden zu lernen, was wir in unse-rem Leben beeinflussen können – und was nicht:

in unserer Macht nicht in unserer Macht was wir denken unser Körper: Aussehen, Zustand,

Grundbedürfnisse ... was wir tun unser äußerlicher Besitz: Haus, Auto,

Geld ... was wir und wünschen und was nicht

was die Menschen über uns denken: Ruf, Ansehen, Ehre ...

= FREI & UNGEHEMMT = WECHSELND & UNSICHER

Manches steht in unserer Macht, manches nicht. Was nun in unserer Hand liegt, ist seiner Natur nach frei, es kann von niemandem behin-dert oder gehemmt werden, was aber nicht in unserer Hand liegt, ist schwankend, gefährdet und fremder Gewalt unterwor-fen.

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Wenn wir dies unterschieden haben, müssen wir es nun auf unsere Wünsche beziehen – wir müssen prüfen, ob das, was wir mögen, mit dem übereinstimmt, was in unserer Macht steht.

WAS LIEBST DU?

Doch meistens gehen wir relativ unbewusst durchs Leben, ohne uns wirklich im Klaren über unsere Vorlieben und Abneigungen und de-ren Gründe zu sein.

Uns darüber bewusst sein, was wir l ieben und was wir has-sen, ist aber der Beginn davon unser Leben selber in die Hand zu nehmen. Wir müssen die Macht über unser Glück wieder erlangen – indem wir in uns sehen und uns kennen lernen.

Erst dann können wir feststellen, ob wir tatsächlich das mögen, was wir voll und ganz beeinflussen können – ob wir also nicht Gefahr laufen, unser Herz an Dinge zu hängen, die vergänglich sind.

ES GEHT UM DEINE EINSTELLUNG

Wir gehen immer davon aus, dass es die Dinge sind, die Unglück oder Glück bereiten. Seltsamerweise aber bedeuten ein- und diesel-ben Dinge zwei verschiedenen Menschen jeweils etwas anderes. Der eine findet den Sommer gut, der andere mag ihn nicht. Es ist nicht der Sommer selbst, sondern die Vorstellung, die man von ihm hat, die unser Gefühl verursacht.

Bei diesem Beispiel mag das leicht nachvollziehbar sein, aber was ist mit Dingen wie Armut oder Krankheit – das will doch keiner!

Krankheit, sagt Epiktet, ist ein Unheil für den Körper, nicht aber für den freien Willen, wenn er es nicht selbst so wünscht. Wenn wir uns ein Bein brechen, dann ist nur unser Bein gebrochen, nicht aber unsere Seele. Wir müssen uns nicht schlecht fühlen deswegen - nie-mand zwingt uns. Selbst der Tod ist für manche kein erschreckendes Ereignis, Wenn sie nämlich sich damit abgefunden haben zu sterben oder der Meinung sind nun genug gelebt zu haben.

Das sind natürlich extreme Beispiele, und hier werden sich die Mei-nungen über die Dinge bei den Menschen eher ähneln. Aber trotz-dem: es bleiben eben nur Meinungen! Und diese liegen nicht in den Dingen selbst, sondern in uns. In Form von Einstellungen.

Nicht die Dinge selbst beunruhi-gen die Menschen, sondern die Vorstellung von den Dingen.

ÜBE GELASSENHEIT

Daher sind es nicht die Dinge selbst, sondern unsere Einstellung zu den Dingen, die uns Glück oder Unglück bereiten. Und diese Vorstel-lungen sind wiederum etwas, was wir in der Hand haben, wie auch immer die Umstände sein mögen. Das ist nun wirklich einmal etwas, was worauf wir stolz sein können: Wie wir mit unseren Umständen umgehen.

Wir müssen immer wieder trainieren, uns nicht innerlich gegen das aufzulehnen, was nicht in unserer Macht steht.

Die Umstände selber können wir zwar beeinflussen, aber letztlich können wir doch nicht voll und ganz bestimmen, was geschieht. Un-wägbarkeiten gibt es immer. Aber die Art und Weise, wie wir auf das reagieren, was uns in unserem Leben begegnet, die können wir bestimmen. Und die macht unseren Cha-rakter aus und entscheidet darüber, ob wir glücklich sind oder nicht. Denn der glückliche Charakter ist der, der unterschei-den kann zwischen dem Notwendigen und dem Veränderbaren und daher bei allem gelassen und ruhig bleibt.

Im Leben ist es immer so, als wären wir zu Gast bei einem Abendessen. Solange noch nichts aufgetischt ist, warten wir gedul-dig. Und wenn kein Essen mehr da ist, beschweren wir uns nicht

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WEISE ENTSCHEIDEN

Dies können wir entweder weise oder unweise tun. Die Wahl liegt ganz bei uns.

So können wir zum Beispiel wählen, wie wir mit Verlust umgehen. Wenn wir das, was wir verloren haben, als etwas betrachten, was wir zurückgegeben haben, dann wird uns ihr Verlust nicht so stark schmerzen. Wir sind ohne Besitz auf die Welt gekommen, wir haben etwas geschenkt bekommen, und es wurde uns dann wieder ge-nommen ... na und? Zwar fühlen die wenigsten ihrem Leben gegen-über so leidenschaftslos, und doch kann man eine solche Einstellung erlernen.

Wir können wählen, weise zu sein und weise zu handeln.

Auch der Umgang mit dem, was wir besitzen, kann weise und philo-sophisch sein. Wir dürfen uns nur nicht zu viel aus unserem Besitz machen. Denn was wir besitzen, besitzt irgendwann uns - über die Sorge, die wir uns um unsere Besitztümer machen müssen: es darf nicht kaputt gehen, es darf nicht gestohlen werden, es muss gut versichert sein, es muss seinen Wert behalten, andere müssen es sehen können, wir brauchen einen geeigneten Raum dafür usw.

Begnüge dich mit dem, was ge-schieht, und dein Leben glücklich sein.

LIEBER ARM UND FREI ALS REICH UND BESORGT

Da zieht Epiktet den inneren Frieden der Besitzlosigkeit dem Sorge bereitenden Reichtum vor.

Denn die Sorge, ist das was unser Herz unruhig macht. Wenn wir uns nicht sorgen, bleibt unser Seele ruhig. Aber wir sorgen uns um eine Menge Dinge: unsere Gesundheit, unser Alter, unsere Familie, unse-ren Ruf, unseren Beruf, unser Einkommen und so weiter.

Wir müssen uns also von den Vorstellungen befreien, die wir über die Dinge und Ereignisse in unserem Leben haben. Wir müssen trai-nieren, unsere Empfindungen und Gedanken von den tat-sächlichen Situationen abzukoppeln.

Besser du hungerst und bist frei von Furcht und Sorgen, als du schlemmst du bist gequält von beiden.

WAS IST ES WIRKLICH?

Dies können wir dadurch erreichen, dass wir immer wieder darüber nachdenken, was eine Sache wirklich ist: Ein Beinbruch ist ein Bein-bruch. Ein gestohlenes Fahrrad ist ein gestohlenes Fahrrad. Ein verstorbener Mensch ist ein verstorbener Mensch.

Dies mag seltsam herzlos klingen, als hätte man keinerlei Anteil an dem, was seinem eigenen Körper oder seiner eigenen Familie zu-stößt. Normalerweise fühlen wir uns diesen Dingen so sehr verhaftet, dass wir denken, wir seien eins mit ihnen. Epiktets Rat aber macht uns darauf aufmerksam, dass dies in Wirklichkeit gar nicht der Fall ist: wir sind nicht unser Körper, wir sind auch nicht unser Ansehen, wir sind nicht die von uns geliebten Menschen. Wir sind nur unsere Gedanken, und die können wir bestimmen. Unsere Liebe zu einem Menschen anderen stirbt nicht, nur weil er fort ist.

Solange wir diese Unterscheidung beachten, steht es auch in unserer Macht, die Kontrolle über unsere Vorstellungen zurückzugewinnen - uns unabhängig von den Schlägen des Schicksals zu machen.

Bei allem, was dich erfreut, was dir nützt und deine Liebe besitzt, sage dir stets, was es eigentlich ist. Wenn du willst, daß deine Kinder, deine Frau und deine Freunde ewig leben sollen, so bist du ein Narr. Du willst damit, daß Din-ge, die nicht in deiner Gewalt sind, in deiner Gewalt sein sollen, und was nicht dein ist, soll dir gehö-ren.

ES IST DOCH NUR EINE MEINUNG

Wenn wir zum Beispiel von jemandem beleidigt werden: Nicht die Beleidigung selbst ist es, die uns stört, sondern die Bedeutung, die wir der Beleidigung zumessen. Dies liegt aber allein in unserer Macht. Wenn wir zulassen, dass uns jemand ärgert, so sind wir selbst schuld, wenn wir dadurch unglücklich sind. Wenn uns jemand belei-digt oder vermeintlich unhöflich und unaufmerksam uns gegenüber ist, dann wissen wir doch eigentlich stets, wie töricht es ist, sich dar-

Überließe jemand deinen Körper dem erstbesten auf der Straße, wärest du erzürnt. Du aber über-läßt dem erstbesten dein Gemüt und gerätst in Bewegung über seine Schmähungen – und dessen schämst du dich nicht?

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über aufzuregen. Die Macht, die die Meinung eines anderen über uns hat, müssen wir ihr erst einmal verleihen. Und wenn wir das nicht wollen ... was hindert uns? Es ist schließlich nur eine Meinung, keine objektive Wahrheit.

BEDENKE, DASS DU STERBLICH BIST!

Epiktet empfiehlt zur seelischen Stärkung eine wirkungsvolle Übung: Wir sollten uns täglich den Tod vor Augen halten. Wenn wir über den Tod nachdenken, über die ganz klare und einfache Tatsache, dass wir sterblich sind und bald nicht mehr sein werden, können wir all die oberflächlichen Wünsche und Begierden loslassen. Normalerweise vermeiden wir jeden Gedanken an so unangenehme Dinge – trotzdem sind sie doch mehr oder weniger unvermeidlich. Der Tod wird kommen, und so zu leben, als wäre man unsterblich, ist alles andere als weise. Sich frühzeit ig mit seiner eigenen Ver-gänglichkeit auseinanderzusetzen, sie als notwendig anzu-nehmen und zu bejahen, macht demütig und innerl ich un-abhängig.

Tod und Verbannung und alles, was schrecklich erscheint, soll dir täglich vor Augen schweben, am meisten aber der Tod; so wirst du nie wieder an etwas Gemeines denken noch etwas allzu heftig begehren.

FREI UND UNABHÄNGIG!

Erneut mag ein Mensch, der so denkt, seltsam erscheinen. An nichts nimmt er richtig Anteil, alles wägt er vernunftgemäß ab und statt sich zu streiten, hält er sich lieber seine eigene Endlichkeit vor Augen. Ein solcher Mensch wirkt ungewöhnlich, aber Glück und Seelenruhe sind eben nicht im Gewöhnlichen zu finden. Man soll nach Epiktet darauf gefasst sein, verlacht und verspottet zu werden. Aber wenn man einmal erkannt habe, was richtig ist, solle man es einfach tun, ohne der Meinung der anderen viel beizumes-sen. Als jemand, der ein philosophisches Leben führt, muss man sich von den Urteilen und Vorurteilen der Gesellschaft frei ma-chen. Erst in dieser Freiheit und Unabhängigkeit, so ungewöhnlich sie auch wirken mag, liegt das wahre Glück.

BEDENKE DIE FOLGEN!

Natürlich wird man sich Ziele setzen und Dinge erreichen wollen – man muss nur abwägen, ob die Voraussetzungen und die Folgen in einem günstigen Verhältnis zum Erreichen des angestrebten Zustan-des wären. Wir sollten uns fragen, ob das Ziel wirklich so erstrebens-wert ist, wenn man den Weg dahin und die Konsequenzen mit ein-rechnet. Ist Reichtum wirklich so wichtig, wenn man bedenkt, wie viel man dafür arbeiten oder stehlen muss? Wenn man bedenkt, welche Eingeständnisse an seinen Lebensstil und seine moralische Integrität man zuvor machen muss? Und wie das Leben hinterher tatsächlich aussieht, wenn man reich ist? Vielleicht ist man trotz (oder wegen) all dem Reichtum noch immer nicht von der Sorge um die Zukunft be-freit!

Bedenke bei allem erst die Bedin-gungen und Folgen, dann erst unternimm!

PHILOSOPH SEIN Entweder streben wir nach äußerem Erfolg, oder wir finden inneres Glück. Beides zugleich wird nicht funktionieren. Ein Mittelding gibt es für Epiktet nicht. Doch das Streben nach äußeren Werten macht uns abhängig. Nur, wenn wir uns selbst treu bleiben, wenn wir auf uns selbst sehen, wenn wir immer wieder in uns gehen und darüber nachdenken, was uns wirkl ich wissen ist, können wir dauerhaf-tes Glück und eine ruhige Seele erlangen.

Sei ein einheitlicher Mensch, ein guter oder schlechter. Bilde entwe-der deine Seele aus oder die Fä-higkeiten für das praktische Leben. Du musst dir selbst leben oder der Welt, ein Philosoph sein oder ein Mann äußerer Erfolge.

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þ DIE  ÜBUNGEN   Wie die Philosophie Ihr Leben verändern kann Um weise und glücklich zu werden, müssen wir regelmässig üben. Einige Vorschläge, wie man die Ideen Epiktets in seinem eigenen Leben umsetzen kann ...

  o Schreiben Sie eine Liste.

Welche Dinge in meinem Leben kann ich wirklich voll und ganz bestimmen? Und was ist eigentlich wechselhaft und unsi-cher?

o Schreiben Sie eine Tabelle. Was will ich wirklich in meinem Le-

ben? Warum will ich das eigentlich?

Kann ich das voll und ganz be-stimmen?

o Epiktet sagt, dass wir in uns Fähigkeiten haben, um jeder Situation angemessen zu begegnen. Selbstbeherrschung, Aus-dauer, Gleichmut ... jeder findet solche Fähigkeiten in sich. Überlegen Sie, auf welche Situation Sie gerne anders re-agiert hätten. Welche Fähigkeit haben Sie, mit der Sie beim nächsten Mal anders handeln könnten?

o Wenn wir uns ärgern, zeigt uns das, wie sehr wir falschen Vorstellungen anhängen. Wenn beim nächsten Mal etwas passiert, worüber Sie sich eigentlich ärgern würden, sagen Sie sich: „Das geschieht, damit ich meine Vorstellungen korrigie-ren kann. Vielen Dank!“

o Für Fortgeschrittene: Denken Sie abends, in einer ruhigen Minute, an den Tod. Wenn Sie morgen nicht mehr aufwa-chen würden, was wäre Ihnen dann genau in diesem Moment noch wichtig? Was würden Sie tun? Wären Sie zufrieden mit Ihrem bisherigen Leben? Wären Ihre bisherigen Sorgen von Bedeutung? (allabendlich wiederholen ...)

 

DAS  BUCH    

DER  AUTOR    

Epiktet selber hat kein eigenes Buch verfasst, sondern seine Gedanken in Gesprächen mit-geteilt, die daraufhin aufgeschrieben wurden. Aus diesen Lehrgesprächen wurden die be-kanntesten im sogenannten Encheiridion zu-sammengestellt: dem Handbüchlein.

Epiktet: Handbüchlein der Moral. Über-setzt von Kurt Steinmann. Reclam, Stuttgart 2008

 ÄHNLICHE  BÜCHER  

 

Epiktets Lehren gehören der antiken Strö-mung des Stoizismus an. Deren bekannteste Vertreter sind die römischen Philosophen Seneca: Vom glücklichen Leben Marc Aurel: Selbstbetrachtungen Stoische Gedanken finden sich auch bei dem Psychologen Albert Ellis: Training der Gefühle  

Über Epiktet als Mensch ist wenig bekannt – das bekannteste Detail seiner Biografie jedoch, die Tatsache, dass er Sklave im alten Rom war, zeigt uns, dass man auch in schwierigen Lebenssituationen Philosoph bleiben kann – solange man unterscheidet, was in seiner Macht steht und was nicht. Epiktet wurde freigelassen und später aus Rom ins heutige Griechenland vertrieben, wo er eine Philosophenschule gründete und seine Gedanken an Wissbegierige weitergab – ein Erfolgsunternehmen, das er bis zu seinem Tod 125 oder 138 n. Chr. durchführte. Er lebte ärmlich und unverheiratet, noch dazu hatte er eine Be-hinderung, die ihm das Gehen erschwerte. Perfekte Vorausset-zungen, um sich in Gleichmut zu üben ...

       

Wie die Philosophie Ihr Leben verändern kann ... Bei philosophisch leben finden Sie die besten Ideen aus über 2500 Jahren Geistesgeschichte – verständlich darge-stellt und zusammengefasst. Von den antiken Denkern, asiatischen Weisheitslehrern und berühmten Philosophen der Neuzeit bis zur Positiven Psychologie und den Beststel-lern der Lebenskunst von heute. Ob als 5-seitiges PDF, als Video, als Podcast oder eBook – mit philosophisch leben haben Sie die Weisheit der Welt stets in Ihrer Nähe. philosophisch leben wird  geschrieben  von  

Gunnar  Kaiser  ©  2013