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Dr. Daniel Heller, VR-Präsident, KSB AG 17.12.2014 Handlungsbedarf aus Sicht des VR-Präsidenten eines Staatsunternehmens

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Dr. Daniel Heller, VR-Präsident, KSB AG 17.12.2014

Handlungsbedarf aus Sicht des VR-Präsidenten eines Staatsunternehmens

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Handlungsbedarf aus Sicht des VR-Präsidenten, Dr. Daniel Heller

Agenda

1. Markt oder Staat – ein Jahrhundertdiskurs

2. Markt und Staat im Gesundheitswesen

3. Verselbständigung der Kantonsspitäler im Aargau nach 2003

4. Spitalführung: Entwicklung der Governance in den KS Aargau

5. Erkenntnisse und Handlungsbedarf

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1. Markt oder Staat – politische Grundfragen

Kapitalismus (Markt löst alle Probleme; Primat der Wirtschaft)

Soziale Marktwirtschaft (Staat und Zivilgesellschaft lösen Probleme gemeinsam)

Sozialistische Wirtschaft (Staat löst alle Probleme; Primat der Politik)

Freie Marktwirtschaft - voller Wettbewerb

Soziale Marktwirtschaft - geregelter Wettbewerb

Staatswirtschaft - kein Wettbewerb

Völlige Flexibilität Arbeitsbedingungen

Vertraglicher Arbeitnehmerschutz

Staatlich geregelter Arbeitsmarkt

Shareholder-Value Stakeholder-Value Maximale Befriedigung der Lohnabhängigen

Minimalstaat • Minimale Aufgaben • Wenig Regelungen • Wenig Soziale Sicherheit • Kleine Bürokratie • Wenige Abgaben und

Umverteilung

Staat mit begrenzter Verantwortung • Kernaufgaben • Massvolle Regulierung • Soziale Sicherheit • Schlanker Staat • Massvolle Steuern

Maximalstaat (Hochleistungsstaat) • Umfassende Aufgaben • Dichte Regulierungen • Wohlfahrtsstaat • Grosse Bürokratie • Hohe Abgaben und maximale

Umverteilung

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1. Siegeszug der Staatsgläubigkeit – Phasen I

1914 - 1918 Gelenkte Kriegswirtschaft (regulierender Interventionismus, zentralverwaltungswirtschaftliche [= planwirtschaftliche] Steuerung)

1929 - 1939 Weltwirtschaftskrise

1936 Keynes «Die allgemeine Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes»

• Fehlende private Investitionen durch solche der öffentlichen Hand ersetzen

• (vom Staat) gelenkter Kapitalismus, «Der Staat ist weise, der Markt ist dumm»

1939 - 1945 Gelenkte Kriegswirtschaft («Totaler Krieg»)

1945 - 1980 «Gelenkter, an Wohlfahrt orientierter Kapitalismus»

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1. Siegeszug der Staatsgläubigkeit - Milestones

1929 Börsenkrach, Weltwirtschaftskrise

1933 «New Deal»: F.D. Roosevelt (USA)

Gelenkte (verstaatlichte) Wirtschaft: Mussolini/Hitler/Stalin

1945 «Wohlfahrtsstaat»: Clement Attlee Premierminister (GB)

1946 «Nationale Planung»: Jean Monuet (F)

1947 Marshallplan - Europahilfe

1948 «Soziale Marktwirtschaft»: Ludwig Erhard (D)

1949 «Volksrepublik China»: Mao

1951 «Erster 5-Jahresplan»: Indien

1964 ff. «Krieg gegen die Armut»: L.B. Johnson (USA)

2001/07 Dotcom Blase, Immobilien- und Finanzkrise

2008 ff. Konjunkturprogramme, Bankenregulierung (G 20)

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1. Siegeszug des Marktes – Vordenker I

1960 F. von Hayek «Die Verfassung der Freiheit»

1962 Milton Friedman «Kapitalismus und Freiheit»

1963 Ludwig Erhard - soziale Marktwirtschaft (BRD)

1979 Margareth Thatcher Premierministerin (GB) (1983 Wiederwahl)

1980 Solidarnosc; Ronald Reagen US-Präsident (1984 Wiederwahl)

1984 Privatisierung British Telecom Reformen Neuseeland (New Public Management)

1987 EU-Binnenmarkt: Akt ratifiziert

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1. Siegeszug des Marktes – Ereignisse I

1989 Fall der Mauer

1990 Vereinigung DDR/BRD

1991 Maastricht (Euro) unterzeichnet

1992 NAFTA (USA, CA, Mexiko)

1994 Republikaner: Contract with America (USA)

1999 Neoliberalismus; Deregulierung Finanzmärkte

2007 Finanzkrise

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1. Soziale Marktwirtschaft oder Wohlfahrtsstaat?

Die Soziale Marktwirtschaft als historischer Kompromiss!

• Tendiert leider zum Wohlfahrtsstaat: starkes Wachstum von Aufgaben und Ausgaben (Staatssektor) parallel zum Wohlstand

• Ausgabenwachstum nicht mehr durch Steuererträge gedeckt (Schuldenwirtschaft?)

• Folgen: Wann kippt das Gleichgewicht?

• Wachstum: Aufgaben und Ausgaben • Anspruchsmentalität: Klientelismus und Interessenpolitik • Überregulierung: Gesetzgebung als Handlungsanleitung • Staatsquote: steigt stark an • Fiskalquote: Steuern steigen ins Unermessliche

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1. CH - Staatswachstum seit 2001: +70’000 FTE

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1. Markt oder Staat: Aufgabenüberprüfungskonzept

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2. Markt und Staat im Gesundheitswesen

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Privat Gemischt Staat

Ambulante Versorgung (Zahnärzte, amb. med. Grundversorgung) Krankenversicherer

Akutversorgung, Rehabilitation, Kliniken und Heime Prämien

Gesetze und Vorgaben (Leistungen, Tarife, Preise, OKP) Kantonale Steuern

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2. Markt und Staat im Gesundheitswesen

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Finanzierungsquelle (in Mio. CHF) 2011 2012 Entwicklung

Staat (33%) 20'856.2 22'041.6 5.7%

Unternehmungen (6%) 4'367.4 4'332.7 -0.8%

Private Haushalte (61%) 39'342.2 41'607.8 5.8%

Total 64'565.8 67'982.2 5.3%

Quelle: BFS, 2014, Kosten und Finanzierung des Gesundheitswesens

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2. Staatlicher Fussabdruck im Gesundheitswesen – Spitalversorgung; 30 grösste Spitäler der CH

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2. Staatlicher Fussabdruck im Gesundheitswesen - Spitalversorgung • Spitäler: 283 Betriebe an 478 Standorten; Akutversorgung: 40% der

Akutspitäler sind in privater Hand; 60% in Hand der Kantone und Gemeinden; in privaten Akutspitälern arbeiten rund 13’000 Festangestellte

• Staat (Bund & Kantone) mit dominanter Rolle:

• Bund steuert Gesundheitsversorgung über Krankenversicherungsgesetz und interveniert darüber hinaus in vielen Fragen

• Kantone mit Mehrfachrollen:

• betreiben die Mehrheit der Spitäler selbst, • sind für die Aufsicht über die Spitäler zuständig, • nehmen die Spitalplanung vor, • finanzieren Spitäler, • bewilligen Tarife und setzen diese fest, • sind Medikamentenzulassungsstelle, • sie gewähren Kredite und Darlehen für Spitalbauten usw.

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2. Markt oder Staat: Mehr Wettbewerb oder Planung? Staat/Planung Markt/Wettbewerb Vorteile: • Basisversorgung für alle (Chancengleichheit) • Synergien mittels Vorgaben zwecks Erreichen

von kritischen Grössen • Kosteneindämmung? • Demokratische „Kontrolle“

Vorteile: • Marktdruck erzwingt effiziente

Unternehmensführung • Marktsysteme sind innovativer • Marktsysteme schaffen Wahlmöglichkeiten • Qualität als Resultat

Nachteile: • Wirtschaftliche Ineffizienz • Politische Investitionsentscheide • Politische Führung • Politische Machtstrukturen

Nachteile: • Risikoselektion • Marktkosten (Marketing, Werbung,

Vertragskosten, höhere Investitionskosten)

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3. Verselbständigung der Kantonsspitäler im Aargau nach 2003

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Weniger bürokratische Kontrollen Ursachen

für die Aus-gliederung

Höhere Geschwindigkeit der Projektdurchführung und Leistungserbringung

Klarere Zielvorgaben

Erhöhung der Innovationskraft

Synergiepotenziale aufgrund von Spezialisierungsmöglichkeit ausgegliederter Bereiche

Steigerung der Effizienz

Motive für die Ausgliederung liegen aus Sicht der öffentlichen Hand in effizienteren und flexibleren Strukturen

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3. Aargau 2003: Hauptzielsetzungen des neuen Spitalgesetzes • Neue Zuständigkeiten mit besserer

Trennung zwischen: • Politisch / Strategische Führung

• Operativer Umsetzung in den Spitälern

• Neue Organisation der Spitäler um die Autonomie der Spitäler zu stärken

• Neuregelung der Finanzierung mit leistungsorientierter Finanzierung

• Förderung des Wettbewerbs

• Verstärkte Nutzung von Synergien

• Umsetzung der Vorgaben des neuen KVG

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3. Aargau 2003: Wieso privatrechtliche AGs?

Einfachheit: Für privatrechtliche gemeinnützige Aktiengesellschaft spricht die einfache Realisierung. Das Obligationenrecht OR gibt klare und einfache Strukturen und Statuten vor.

Raschheit: Die AG erfüllt die Anforderungen an schnelle Realisierung. Sie gewährleistet eine hohe Innovations- und Entwicklungsfähigkeit besser, als andere Rechtsformen, speziell als eine selbständige Staatsanstalt; bspw. Allianzfähigkeit (unterliegt bei der selbständigen Staatsanstalt und der öffentlich-rechtlichen AG nach wie vor der politischen Steuerung, was diese unnötig verkompliziert und nicht mehr sachgerecht ist).

Klarheit: Rechte und Pflichten der Organe in AG nach OR eindeutig geregelt. Die Transparenz in Führung höher.

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3. Aargau 2003: Wieso privatrechtliche AGs?

Betriebliche Orientierung: Eine Rückdämmung von nicht fachkompetenten Einflüssen ist aus der Unternehmensführung vordringlich, wenn es darum geht, wirklich Effizienzsteigerungen zu realisieren. Bei der Ausgestaltung des entsprechenden Spezialgesetzes für eine öffentlich-rechtliche Anstalt ist die Versuchung der politischen Behörden gross, sich unter dem Vorwand sozialer Anliegen u.a.m. Kompetenzen zurückzubehalten und sich einzumischen.

Verbundstauglichkeit: Für eine AG sind Fusionen, gegenseitige Beteiligungen etc. Standardvorgänge. Sie erfüllt damit die Verbundstauglichkeit mit anderen Institutionen im Gesundheitswesen (Regionalspitäler, Rehakliniken etc.) am besten.

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3. Aargau 2003: Wieso privatrechtliche AGs?

Haftbarkeit: AG ist eigene Rechtspersönlichkeit mit allen haftungsrechtlichen Konsequenzen; die öffentlich-rechtliche AG und die selbständige Staatsanstalt bewirken, dass der Staat Aargau für Vorgänge an Spitälern subsidiär haftbar bleibt, was nicht sinnvoll ist.

Interessenwahrung: Aktionär kann seine Interessen in der Generalversammlung wahrnehmen, die Statuten bestimmen sowie den Verwaltungsrat wählen. Zusammen mit seinen zusätzlichen Steuerungsmöglichkeiten über die Leistungsaufträge und die Leistungsvereinbarung hat der Staat umfassende Möglichkeiten zur Steuerung des Leistungsangebotes im Sinne der Sicherstellung der medizinischen und pflegerischen Versorgung.

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3. Verselbstständigte Spitäler: Interessenkonflikte und offene Fragen • Wahrnehmung der Vertretung des Eigentümers (Exekutive, Legislative, Verwaltung)?

• Wahl der Verwaltungsräte (Exekutive, Legislative)?

• Bereitstellung der Infrastruktur - Finanzierung Spitalbauten (Spitalfinanzierung)?

• Form der Einflussnahme/Steuerung des Spitals durch Eigentümer?

• Definition Unternehmensstrategie? • Nutzung Synergien zwischen Häusern? • Kooperationen (Zuständigkeiten)? • Gründung von Tochterunternehmungen (Zuständigkeiten?)

• Details der operativen Führung (Public Corporate Governance)

• Rollenklärung / Vermischung der Rollen • Transparenz • Entschädigungsfragen (VR, GL, C Aez)

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3. Spi G AG 2004: Zuständigkeiten

• Grosser Rat (§ 5):

• Ist zuständig für die gesundheitspolitische Gesamtplanung

• Legt die Standorte der Spitäler fest

• Regierungsrat (§ 6, 7, 8):

• Erlässt die Spitalkonzeption

• Ist für die Planung der bedarfsgerechten und qualitativ guten Spitalversorgung zuständig

• Erlässt die nach Leistungsaufträgen in Kategorien gegliederte Spitalliste

• Erlässt die Leistungsaufträge und die Rahmenverträge

• Sorgt für die Nutzung von Synergien

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3. Spi G AG: Organisation «gemeinnützige AG»

• Rechtsform (§ 9):

• Es werden drei gemeinnützige Aktiengesellschaften gebildet

• Der Kanton behält das Eigentum an den Immobilien und räumt den Spitalaktiengesellschaften das Nutzungsrecht ein

• NB 2012: Im Hinblick auf die neue Spitalfinanzierung 2012 wurde den 3 AGs Land und Immobilien übertragen!

• Gründung (§ 10):

• Der Regierungsrat beschliesst die ersten Statuten, welche durch den Grossen Rat genehmigt werden

• Der Regierungsrat wählt den Verwaltungsrat

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3. Spi G AG: Rechte des Kantons / Eigentumsverhältnisse

• Aktienhandel (§ 11):

• Der Kanton hält mind. 70% des Aktienkapitals und der Aktienstimmen der einzelnen Spitalaktiengesellschaften

• Übertragung von Aktien bedarf der Genehmigung des Grossen Rates Spitäler bleiben im Besitz des Kantons

• Statuten und Geschäftsberichte (§ 11):

• Statutenänderungen die ein qualifiziertes Mehr (OR 704) benötigen, bedürfen einer Instruktion durch den Grossen Rat

• Die Geschäftsberichte werden dem Grossen Rat zur Kenntnisnahme vorgelegt

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3. Zusammensetzung des Verwaltungsrates

• Kriterien Wahl des Verwaltungsrates (§ 11):

• Fachliche und persönliche Kompetenz • Unabhängigkeit von Leistungseinkäufern mit Ausnahme der Einsitznahme eines Kantonsvertreters • Unabhängigkeit einer Mehrheit der Mitglieder von den beiden anderen Spitalaktiengesellschaften des

Kantons • Verwaltungspräsidium, -vizepräsidium und das Amt des Delegierten des Verwaltungsrates der drei

Spital-AGs dürfen nicht durch dieselbe Person und nicht durch den Kantonsvertreter besetzt werden. • 2004 bis 2008: Kantonsvertreter Regierungsrat, dann Generalsekretär; 2009 tritt aus

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3. Rechtsbeziehungen

• Zu privaten Dritten (§ 12):

• Die Rechtsbeziehungen zwischen den einzelnen Spital-AGs und privaten Dritten richten sich nach dem Privatrecht. Vorbehalten bleiben hoheitliche Tätigkeiten

• Arbeitsverhältnisse (§ 12):

• Die Überführung der Arbeitsverhältnisse regelt der Regierungsrat mittels Vertrag mit den Spital-AGs

• Die Arbeitsverhältnisse werden nach den gleichen Regelungen wie bisher während 2 Jahren weitergeführt.

• Für das Personal wird ein Gesamtarbeitsvertrag erarbeitet • Die kant. Unfallversicherungskasse kann das Personal der Spital-

AGs in die Versicherung aufnehmen

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3. Spi G AG: Investitionen

• Bauten (§ 14):

• Der Kanton trägt für die Spital-AGs die vollen Kosten für die im Rahmen der Spitalkonzeption notwendigen Neu-, Um- und Erweiterungsbauten

• Bauprojekte bedürfen der Genehmigung durch den Kanton • NB: Im Hinblick auf die neue Spitalfinanzierung 2012

wurde § 14 aufgehoben!

• Übrige Investitionen (§ 15):

• Übrige Investitionen wie Mobilien/Medizintechnik werden den Spitälern im Rahmen der Leistungsfinanzierung abgegolten

• SpiV (2004 bis 2011): Strukturbildende Investitionen bedürfen der Genehmigung durch den Regierungsrat!

• Die SpiV wurde auf 2012 aufgehoben

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3. Spi G AG: Leistungen • Abgeltung Leistungen (§ 16):

• Die Abgeltung von Leistungen erfolgt auf der Grundlage eines Leistungsvertrages • Es werden Instrumente zur Begrenzung der Mengenausweitung eingesetzt • Die Spitäler führen eine Kostenrechnung und Leistungsstatistik • Der Grosse Rat bewilligt die notwendigen finanziellen Mittel

• Rahmen- und Leistungsverträge (§ 17):

Rahmenvertrag (mehrjährig): • Die vom Spital zu erbringenden Leistungen

• Die Qualität und Termine der zu erbringenden Leistungen

• Die Aufnahme und Behandlungspflicht für alle Patienten

• Das Controlling

• Die Zahlungsmodalitäten und die Vertragsdauer

• Regelungen Gewinnverwendung/Tragung von Verlusten

Leistungsvertrag (jährlich) • Regelt im Wesentlichen Menge und Preis der Leistungen

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4. Spitalführung: Rollen der staatlichen und der unternehmerischen Ebene

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Überwacht Wahrnehmung der Oberaufsicht

1

Untersteht der Informations-pflicht bei bedeutenden öff. Unternehmen

2

Wählt strat. Führung Leitet Eignerstrategie her Hat Auskunftsrecht Kontrolliert Beteiligungen1)

3

Abstimmung der Eigner-/Unternehmensstrategie, strategische Führung

4

4 Grosser Rat

Staatliche Institutionen

Öffentliche Unternehmen

Unternehmen x

Strategie-umsetzung

Regierungsrat

Verwaltung

DGS DFR

Strat. Führung (VR)

Operat. Führung

Führt Geschäfte

Resultate/Jahresbericht

1 2 3

5

Audit/Berichterstattung 5

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4. Spitalführung: Grosser Interessenkonflikt Kantone Der Bund steuert die Gesundheitsversorgung: über das Krankenversicherungsgesetz

und interveniert in vielen Fragen, die über die eigentliche soziale Assekuranz hinausgehen.

Die Kantone greifen aufgrund ihrer Mehrfachrollen an diversen Orten ins Gesundheitswesen ein:

• betreiben die Mehrheit der Spitäler selbst, direkt oder indirekt (Verselbständigung) • sind für die Aufsicht über die Spitäler zuständig, • nehmen die Spitalplanung vor, • finanzieren Spitäler, • bewilligen Tarife und setzen diese fest, • Gewähren Prämienverbilligungen, • führen die Ausbildung der Ärztinnen und Ärzte durch, • planen die Hochspezialisierte Medizin (HSM), • gewähren Kredite und Darlehen für Spitalbauten

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Angesichts dieser Vielzahl an verschiedenen Hüten, welche die Kantone tragen, entstehen zahlreiche Interessenskonflikte.

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4. Spitalführung: 2 Quellen von Konfliktpotenzialen

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32

Konfliktpotenzial Organe

Rat

Verwaltungs-führung

Beteiligungs-unternehmens-

leitungen

GREMIEN

Häufig sind in den Steuerungsgremien der Beteiligungsunternehmen Mitglieder der Politik (Exekutive, Legislative, Verwaltung) vertreten; diese sollten die Interessen des Staates einbringen und mit jenen der Unternehmen vereinen (Scharnierfunktion) → Problematik: häufig fehlt den Ratsmitgliedern das fachliche Know how

1

2 Die Verwaltungsführung und die Leitung von Beteiligungsunternehmen können divergierende Ziele verfolgen

• Erfüllung öffentlicher Aufgaben • Beispiele

• Komfort für die Bevölkerung erhöhen

• Zugänglichkeit aller Bevölkerungsschichten ermöglichen

Ziele der Politik und Verwaltung

• Verfolgung von ökonomischen Zielen

• Unabhängigkeit von der Politik • Beispiele

• Umsätze erhöhen • Kosten senken • Gewinne erhöhen • Liquidität verbessern

Ziele Beteiligungsunternehmen

2 1

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4. Spitalführung Regierungsrat: Generalversammlung

Unübertragbare und unentziehbare Aufgaben und Kompetenzen (OR 698) – Regierungsrat übt alle Aktionärsrechte aus: • Festsetzung Statuten (Firma, Sitz, Zweck, Aktienkapital Vinkulierung, Stimmrechtsbeschränkung etc.) • Wahl Verwaltungsrat und Revisionsstelle • Genehmigung Jahresbericht und Jahresrechnung • Genehmigung Konzernrechnung • Verwendung Bilanzgewinn (Dividende) • Entlastung Verwaltungsrat • Kapitalerhöhungen und -herabsetzungen (OR 650 ff) • Sonderprüfung (OR 697a) • Auflösung der Gesellschaft (mit oder ohne Fusion (OR 736 Ziff. 2; FusG 18 I)

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4. Spitalführung Regierungsrat: Abgrenzungsprobleme

Abgrenzung Rechte Eigentümer – Oberaufsicht – Aufsicht – Führung?

• Kompetenzen Regierungsrat

• Ausübung der Aktionärsrechte • Einsitznahme in Spitalaktiengesellschaften (bis 2008) • Rückzug Regierungsrat aus Verwaltungsräten • Spitalkonzeption und Spitalliste (Leistungsangebot, Leistungsaufträge an einzelne Spitäler) • Steuerungsaufgaben des Gesundheitsdepartements • Erlass von Richtlinien zur Public Corporate Governance (seit 2013 vorhanden) • Erlass Eigentümerstrategie für die drei Kantonsspitäler

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4. Spitalführung Regierungsrat: Eigentümerstrategie

Eigentümerstrategie Kantonspital Aarau AG, Kantonsspital Baden AG, Psychiatrische Dienste AG:

• Aktionär stellt Aktionärskapital zur Verfügung und gibt nur allgemeinen Zweck in den Statuten der AG vor

• Tatsächliche Macht liegt nicht beim Aktionär (Principal), sondern bei der strategischen Führung (Verwaltungsrat) als Agent

• Eigentümerstrategie def. Eckwerte der U-Strategie als Vorgabe für VR

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Eignerstrategie & strategische Eckwerte

4. Regierungsrat definiert Eigentümerstrategie

Unternehmensstrategie Spital

Eignerstrategie für Unternehmen Strategische Grundlagen

U-Kultur Werte, Motive,

Überzeugungen

Führungs- grundsätze Verhaltens- standards

Kernkompetenzen

Strategische Ausrichtung

Geschäftsmodell

Strategische Initiativen

Strategische Ausgangslage

Mission, Strategische Ziele

Situationsdiagnose, Umfeldanalyse

Massnahmenpakete

Geschäftsmodell

Departemente DFR und DGS (Verwaltung)

durch Kanton definiert = wird vom Spital in Abstimmung mit Eigner erarbeitet

4 5 1

Leistungsauftrag Telecom Li AG

• Was sind die Interessen des Unter-nehmens und des Kantons?

• Welchen Zweck und welche Ziele soll das Unternehmen in Zukunft verfolgen?

• Welche strategischen Eckpunkte müssen festgelegt werden?

• Welche Kriterien sind zu erfüllen, um möglichst viele Freiheitsgrade (z.B. für Kooperationen/Beteiligungen) offen zu halten?

Strategische Kernfragen aus Sicht des Eigners

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4. Spitalführung: Eigentümerstrategie KSB

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4. Spitalführung: Eigentümerstrategie KSB

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Handlungsbedarf aus Sicht des VR-Präsidenten, Dr. Daniel Heller

4. Spitalführung: Ermessenfragen der Governance Man will das Spiel der AG spielen, Detail-Regulierung (Eignerstrategie und Governance Richtlinien) widerspricht aber oft der ursprünglichen Intention:

• Das oberste Führungs- und Aufsichtsorgan ist der Verwaltungsrat oder ein Organ mit vergleichbaren Aufgaben

• Dem Verwaltungsrat sind aber nach OR Aufgaben, Kompetenzen und

Verantwortlichkeiten zwingend zugewiesen, die von den politischen Akteuren häufig nicht oder nicht genügend beachtet werden

• Bei öffentlich-rechtlichen Spitälern ist das grundsätzlich zulässig - bei privat-rechtlichen Aktiengesellschaften ist dies rechtswidrig

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Handlungsbedarf aus Sicht des VR-Präsidenten, Dr. Daniel Heller

4. Spitalführung Verwaltungsrat: Unübertragbare und unentziehbare Aufgaben (OR 716a) Eignerstrategie darf unentziehbare Aufgaben des VR nach OR 716a nicht tangieren – sie muss dem VR genügend Handlungsfreiraum belassen:

• OR 717 gilt uneingeschränkt: Verpflichtung auf das Gesellschaftsinteresse, nicht auf das blosse Aktionärsinteresse: «Interessen der Gesellschaft in guten Treuen wahren»; «dauerndes Gedeihen des Unternehmens»

• OR 716a gilt uneingeschränkt: 4 S - Aufgaben sind unübertragbar und unentziehbar in der Kompetenz des Verwaltungsrats:

• S - trategies (Oberleitung: Ziele, Mittel, Gleichgewicht Zielen/Mitteln) • S - ystems (Organisation, Systeme) • S - taff (Oberste Führungsebene) • S - upervision (Oberaufsicht)

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4. Spitalführung: Ermessensfragen der Governance

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4. Public Governance: Hintergrund VegüV

Im März 2013 wird die Minder-Initiative «gegen die Abzockerei» angenommen; betrifft ausschliesslich die kotierten Gesellschaften:

• Bundesrat erlässt Verordnung gegen übermässige Vergütungen in börsenkotierten Aktiengesellschaften (VegüV, 1. Januar 2014)

• Generalversammlung stimmt jährlich über die Vergütungen ab: Mitglieder des Verwaltungsrats, des Beirats und der Geschäftsleitung

• Abstimmungen haben bindende Wirkungen; blosse Konsultativabstimmungen sind unzulässig. Die Gesellschaft regelt in den Statuten die Einzelheiten der Abstimmungen.

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5. Kantonsspitäler im Aargau (2004 bis 2012): Spiegel der Diskussion Markt oder Staat • Autonomie: AGs bis 2011 ohne Eigentum an Land und Immobilien;

Spi Verordnung regelte bis 2011, dass «strukturbildende Investitionen» durch das Departement zu genehmigen seien

• Governance:

• Regierungsrat (Gesundheitsdirektor) in allen drei VR; dann GS als Kantonsvertreter im VR der KS; ein VR Einsitz in allen drei AG‘s

• Eigentümerstrategie ab 2008; seit Sept. 2013 Richtlinien zur Public Corporate Governance; Anlehnung an VeGüV mit Vergütungsregulierung; Transparenzvorschriften

• Unnötiger Eingriff in Kompetenzen; Rückführung der Verantwortung für Vergütungen auf Stufe Politik (bspw. Chefarztentlöhnung); will man das?

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5. Handlungsbedarf: Interessenkonflikte bereinigen und Rollen klären

Keine Exekutivmitglieder in VR - Regierungsrat muss regieren, nicht Firmen führen.

RR als VR kann nicht zwei Hüte tragen:

• in der Bankratssitzung darüber nachdenken, ob er nun lieber die Eigenmittel der Bank stärkt (was ihm als Bankrat ein Anliegen sein müsste) oder

• ob er lieber die Ausschüttungen an den Kanton erhöht (was ihm als Finanzminister ein Anliegen sein müsste).

• als RR möchte er Leistungen konzentrieren und einem Spital einen Leistungsauftrag nicht mehr geben.

• als Spital VR muss er gem. OR 717 die gegenteiligen Interessen vertreten

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5. Handlungsbedarf: Interessenkonflikte bereinigen und Rollen klären Es gehören keine Vertreter von Legislativen in VR von Staatsbetrieben:

• Gefahr der Übersteuerung: Parlamentarier kann via Budget/Finanzen, GPK oder Fachkommission Einfluss auf Entscheide des Eigners nehmen.

• Abhängigkeiten: Wie unabhängig ist ein Parlamentarier gegenüber dem RR, wenn der ihn jährlich in einen VR wählen muss?

NB: Parlament übt Oberaufsicht über Regierung aus.

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5. Handlungsbedarf: Interessenkonflikte bereinigen und Rollen klären

Eigner führt via aktuelle Eigentümerstrategie:

• Ziele und Eckwerte vorgeben: Staatsnahe und staatseigenen Firmen sind per Eigentümerstrategie zu führen; diese dürfen den VR aber nicht übermässig einengen (OR).

• Aktualität: diese müssen aktuell sein resp. periodisch überprüft werden; diese Eigentümerstrategien harren teilweise seit Jahren einer Überarbeitung (diejenige des AEW als Beispiel im Kt. AG stammt aus dem Jahr 2008).

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5. Handlungsbedarf: Auch den grossen Interessenkonflikt bereinigen und Rollen klären

Die Mehrfachrolle der Kantone ist weiter zu entflechten:

• Rollenklärung und Entflechtung: Gleichzeitig Betreiber von Leistungserbringern und Tarifsetzer sowie Regulator behindern Wettbewerb; Folge: Ineffizienz zu Lasten Prämien- und Steuerzahler; es braucht Restriktion der Kantone auf Definition Leistungsaufträge, deren Ausschreibung und die Überprüfung ihrer Einhaltung

• Qualitätswettbewerb mit gleich langen Spiessen: Keine Verdrängung privater Anbieter aus dem Markt (bspw. Spitäler, die Arztpraxen betreiben um Zuweiser zu generieren); verdeckte Subventionen beseitigen; Monopole abschaffen

• Monistische Finanzierung: Versorgungsfinanzierung aus einer Hand

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5. Handlungsbedarf: In vielen Kantonen grösser, als Im Aargau (Polynomics, Widmer/Telser, Olten 2012)

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5. Handlungsbedarf: In vielen Kantonen grösser, als Im Aargau (Polynomics, Widmer/Telser, Olten 2012)

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5. Erkenntnisse und Handlungsbedarf

• Die (gemeinnützige) AG nach OR eignet sich gut zur Führung von Spitälern

• Trotzdem: Interessenskonflikte lassen sich nie ganz lösen

• Rollenvermischung muss weiter aufgelöst werden

• Spiel der AG richtig spielen heisst:

• Wahl sach- und fachkundiger unabhängiger Verwaltungsräte • Keine Kantonsvertreter (Exekutive, Legislative, Verwaltung) in VR • Führung durch Eignerstrategie (Achtung: OR!) • Keine Übersteuerung durch inadäquate PCG-Richtlinien (bspw.

Aktienrechtsbestimmungen für börsenkotierte Firmen)

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