Handout zum vortrag Berufsunfähig – Wiedereinstieg durch ... · Ist jemand vorübergehend...

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HANDOUT ZUM VORTRAG BERUFSUNFÄHIG – WIEDEREINSTIEG DURCH REHA ODER ARMUT DURCH KRANKHEIT VON MAG. JÜRGEN E. HOLZINGER, OBMANN DES VEREINS CHRONISCHKRANK ÖSTERREICH WWW.CHRONISCHKRANK.AT MAG. JÜRGEN E. HOLZINGER Verein ChronischKrank® Österreich Zentrale OÖ: +43 (0) 7223 / 82 6 67 Kirchenplatz 3, 4470 Enns [email protected] www.chronischkrank.at ZVR 865474223 20. JANUAR 2016

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HANDOUT ZUM VORTRAG BERUFSUNFÄHIG – WIEDEREINSTIEG DURCH REHA ODER

ARMUT DURCH KRANKHEIT

VON MAG. JÜRGEN E. HOLZINGER, OBMANN DES VEREINS CHRONISCHKRANK

ÖSTERREICH WWW.CHRONISCHKRANK.AT

MAG. JÜRGEN E. HOLZINGER

Verein ChronischKrank® Österreich Zentrale OÖ: +43 (0) 7223 / 82 6 67 Kirchenplatz 3, 4470 Enns [email protected] www.chronischkrank.at ZVR 865474223

20. JANUAR 2016

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INHALT

Inhalt ........................................................................................................................... 1

1. Ziel .................................................................................................................... 2

1.1. Folgende Maßnahmen werden gesetzt ......................................................... 2

2. Die Neuerung im Detail ..................................................................................... 3

2.1. Inkrafttreten und Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt .............................. 3

3. Das Verfahren im Überblick .............................................................................. 5

3.1. Entscheidungsmöglichkeiten des PV-Trägers ............................................... 5

3.1.1. Dauernde Invalidität ................................................................................ 5

3.1.2. Rehabilitationsgeld und medizinische Maßnahmen der Rehabilitation ... 6

3.1.2.1. Fallbeispiele – psychisch & physisch ................................................... 7

3.2. Umschulungsgeld und berufliche Maßnahmen der Rehabilitation ................. 7

3.2.1. Völlige Ablehnung ................................................................................... 9

3.2.2. Übergangsgeld ........................................................................................ 9

3.2.3. Versicherung ........................................................................................... 9

3.2.4. Rechtsmittel ............................................................................................ 9

3.2.5. Neuerlicher Antrag .................................................................................. 9

3.2.6. Sperrfrist ............................................................................................... 10

4. Erfahrungen – 1 Jahr Invaliditätspension NEU am Beispiel des Bundeslandes OÖ ........................................................................................................................ 10

4.1. Zahlen & Fakten .......................................................................................... 10

4.2. Erwerbspotential in OÖ bis zum Jahr 2030 ................................................. 12

4.3. Erfahrungen aus einem Jahr Rehabilitationsgeld und Arbeitsunfähigkeit – Management vor Eintritt des Rehabilitationsgeldes ............................................... 12

4.4. Arbeitsunfähigkeitsmanagement – AU ........................................................ 13

5. Kommentar zum Ist-Zustand ........................................................................... 13

5.1. Organisatorische Begleitmaßnahmen ......................................................... 14

5.2. Finanzielle Auswirkungen 2014-2018 .......................................................... 14

5.3. Psyche-, SchmerzpatientInnen betroffen ..................................................... 17

5.4. Medizinische Maßnahmen der Rehabilitation .............................................. 17

5.5. Einheitliche Begutachtungsstelle ................................................................. 18

5.6. Weitere Forderungen ................................................................................... 19

5.6.1. Faire Verfahren vor dem Arbeits- und Sozialgerichten ......................... 19

6. Gesetzlicher Lückenschluss bei Pensionsvorschuss ab 2016 ........................ 21

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1. ZIEL

Weniger Invaliditätspensionen

Die geringeren Pensionskosten und ein mehr an Steuern und

Sozialversicherungseinnahmen sollen dem Staat 700 Mio. Euro an

Budgeteinsparungen bringen. Menschen sollen später in Pension gehen.

Problem – noch schwieriger für chronisch Kranke Pension zu erhalten.

1.1. Folgende Maßnahmen werden gesetzt

Die befristete Invaliditätspension wird vollständig abgeschafft und zwar für

alle, die am 1.1.2014 jünger als 50 Jahre alt sind. Die befristete

Invaliditätspension läuft also in den nächsten Jahren aus.

Ist jemand vorübergehend invalid, d.h. so schwer krank, dass er

vorübergehend keine Tätigkeit ausüben kann, erhält er eine Kranken-

behandlung und Rehabilitationsgeld (verlängertes Krankengeld) von

der Gebietskrankenkasse und/oder medizinische Rehabilitation von der

Pensionsversicherung. Die Betroffenen werden nicht wie bisher in I-Pension

geschickt, sondern nach einer medizinischen Behandlung und Gesundung

wieder in den Arbeitsprozess integriert.

Wer nur den erlernten Beruf krankheitsbedingt nicht mehr ausüben kann (BU),

bekommt in Zukunft eine Umschulung in einen vergleichbaren Beruf sowie

Umschulungsgeld (und keine Pension mehr).

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2. DIE NEUERUNG IM DETAIL

Ab 01.01.2014 wurde mit dem Sozialrechtsänderungsgesetz 2012 das Recht bei

Invalidität (für ArbeiterInnen) und bei Berufsunfähigkeit (für Angestellte) in der

gesetzlichen Pensionsversicherung für die Gruppe der „unter 50-Jährigen“ geändert.

2.1. Inkrafttreten und Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt

Die neuen Regelungen sind mit 01.01.2014 für alle ab dem 01.01.1964 geborene

Versicherte in Kraft getreten.

Bezieht eine ab dem 01.01.1964 geborene Person eine befristete Invaliditäts-

/Berufsunfähigkeitspension, die vor dem 31.12.2013 zuerkannt wurde, so bleibt diese

von der neuen Regelung bis zum Auslaufen der Befristung unberührt. Erst bei einem

Antrag auf Weitergewährung würde das neue Recht Anwendung finden.

Das bedeutet, dass für alle Versicherten, welche vor dem 1. Jänner 1964 geboren

sind das alte Recht, also die Rechtslage bis 31.12.2013, weiterhin anwendbar ist.

Das Sozialrechtsänderungsgesetz 2012 wurde am 10. Jänner 2013 im

Bundesgesetzblatt I Nr. 3/2013 veröffentlicht und findet sich auf den Seiten des

Rechtsinformationssystems des Bundes (RIS).

Die befristete Invaliditätspension wird vollständig abgeschafft.

Im Zeitraum 2014 bis 2018 werden rund 15.000 Personen an einer beruflichen

Umschulung teilnehmen und Umschulungsgeld beziehen. Rund 23.000

Menschen werden in diesem Zeitraum Rehabilitationsgeld beziehen.

Wer krank ist bzw. medizinische Reha braucht, erhält ab 2014 das

sogenannte Rehabilitationsgeld in Höhe des Krankengeldes. Dabei handelt es

sich um eine Art verlängerten Krankengeldanspruch (Höhe ist wie das erhöhte

Krankengeld: 60 Prozent vom Letztbezug; durchschnittlich 1.167 Euro pro

Monat)

Bis zu 40% Einbußen zum Einkommen.

Wer den erlernten Beruf krankheitsbedingt nicht mehr ausüben kann, geht

nicht mehr wie bisher in Pension, sondern erhält eine Umschulung vom AMS

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(Berufsschutz= Qualifikationsschutz). Die Umschulung findet in einem Bereich

der „gesundheitlich Sinn macht“ statt.

Beschäftigungschancen nach langer Reha und Umschulungen sind noch

ungewiss.

Der Betroffene soll durch seinen Berufsschutz („Aufweichung des

Berufsschutzes“) einen Qualifikationsschutz haben. Kranke Menschen sind

Gutachtern ausgeliefert, sie entscheiden was qualitativ gleichwertig ist

(„Willkür zu befürchten“).

Zumutbarkeit: Die Umschulung auf einen bestimmten Beruf muss den

physischen und psychischen Eignungen und Neigungen, dem Gesundheits-

zustand und dem bisherigen Ausbildungsniveau der Person entsprechen

(„dehnbare Definition“).

Nur bei dauerhafter Invalidität oder wenn eine berufliche Umschulung nicht

zweckmäßig und zumutbar ist, wird weiterhin I-Pension gewährt.

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3. DAS VERFAHREN IM ÜBERBLICK

Der Antrag auf eine Invaliditätspension bzw. Berufsunfähigkeitspension wird

beim zuständigen Pensionsversicherungsträger gestellt. Dieser entscheidet

in der Folge über den Antrag bescheidmäßig.

Im Zuge des Sozialrechtsänderungsgesetzes 2012 wurde jeweils ein

„Kompetenzzentrum Begutachtung“ als einheitliche Begutachtungsstelle für

unselbständig Beschäftigte bei der Pensionsversicherungsanstalt bzw. für

Selbständige bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft

und ebenso bei der Sozialversicherungsanstalt der Bauern eingerichtet.

Bei diesen Stellen wird ein Gutachten von medizinischen und berufskundigen

Begutachtern gemeinsam erstellt. Im Bedarfsfall werden für arbeitsmarkt-

bezogene Gutachten auch ArbeitsmarktexpertInnen beigezogen.

Die erkrankten Personen haben das Recht zur Begutachtung eine Person ihres

Vertrauens mitzunehmen. In diesen Kompetenzzentren werden unter anderem

auch Aufträge des AMS bearbeitet; dies zur Klärung der Frage, ob eine

arbeitslose Person invalid bzw. berufsunfähig ist. Das AMS bzw. der

Pensionsversicherungsträger sind an die Feststellungen des Kompetenz-

zentrums gebunden.

3.1. Entscheidungsmöglichkeiten des PV-Trägers

Der Pensionsversicherungsträger kann mit Bescheid in verschiedenen

Richtungen entscheiden, diese werden folgend dargestellt.

3.1.1. Dauernde Invalidität

Es kann festgestellt werden, dass eine dauernde Invalidität (Berufsunfähigkeit)

vorliegt und Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation nicht zweckmäßig bzw.

nicht zumutbar sind. In diesem Fall besteht ein Anspruch auf dauernde

Invaliditäts-/ Berufsunfähigkeitspension.

Zum Beispiel bei unheilbaren Krebserkrankungen.

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3.1.2. Rehabilitationsgeld und medizinische Maßnahmen der

Rehabilitation

Es kann aber auch festgestellt werden, dass eine Invalidität (Berufsunfähigkeit)

voraussichtlich für mindestens 6 Monate besteht und Maßnahmen der

beruflichen Rehabilitation nicht zweckmäßig bzw. zumutbar sind, sodass

Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation gemäß § 253 und § 276 f.

ASVG gewährt werden und ein Anspruch auf Rehabilitationsgeld gemäß §

143a ASVG besteht.

Die Betroffenen erhalten in diesem Falle nach dem Krankengeld von der

Krankenkasse eine Krankenbehandlung und Rehabilitationsgeld in der Höhe

des Krankengeldes und/oder medizinische Rehabilitation von der Pensions-

versicherung. Ab dem 43. Tag gebührt das Rehabilitationsgeld im Ausmaß

des erhöhten Krankengeldes sohin 60% der Bemessungsgrundlage und zwar

für die Dauer der vorübergehenden Invalidität. Sollte der betroffenen Person ein

Anspruch auf Erwerbseinkommen über die Geringfügigkeitsgrenze (2015:

EUR 405,98) gebühren, so gebührt hier nur ein Teilrehabilitationsgeld. Beim

Zusammentreffen mit Krankengeld ruht das Krankengeld in der Höhe des

Rehabilitationsgeldes.

Die betroffene Person hat an den medizinischen Maßnahmen mitzuwirken,

welche ihr zumutbar sind. Werden diese verweigert, so wird das

Rehabilitationsgeld für die Zeit der Verweigerung entzogen.

Während des Bezuges von Rehabilitationsgeld erhalten die betroffenen

Personen Unterstützung durch Case Manager der Krankenversicherungs-

träger. Diese ManagerInnen begleiten den/die Erkrankte/n während der

gesamten Zeit des Rehabilitationsgeld-Bezuges und nehmen sich Zeit für

ausführliche Gespräche, für die Unterstützung bei der Versorgung von

Patienten und bei Vermittlung zu anderen Institutionen. Im Case-Management

wird gemeinsam mit dem/r Versicherten von einem/r MitarbeiterIn der Gebiets-

krankenkasse ein individueller Versorgungsplan erstellt.

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3.1.2.1. Fallbeispiele – psychisch & physisch

Psychisch:

Männlich, 43 Jahre alt, Abteilungsleiter bei Baufirma seit 15 Jahren, 34

ArbeiterInnen zu koordinieren, Regelarbeitsstunden wöchentlich: 45 Std., vor 2

Jahren erste Symptome von Überlastung, Symptome: Unruhe, Appetitlosigkeit,

Durchschlafprobleme, hoher Blutdruck, Konzentrationsschwierigkeiten und

Müdigkeit, vor einem halben Jahr erste nächtliche Panikattacke, vor 3 Monaten

regelmäßige Panikattacken zu jeder Tageszeit, seit einem Monat Rehageld der

PVA mit Rehaplan von der GKK mit Mitwirkungspflicht auf ein Jahr befristet

dann erfolgt neuerliche Begutachtung der PVA ob Arbeitsunfähigkeit weiterhin

gegeben ist;

Physisch:

Weiblich, 47 Jahre alt, Bürokraft bei BH seit 5 Jahren, Regelarbeitsstunden

wöchentlich: 30 Std., vor 1,5 Jahren erste Beschwerden mit

Wasseransammlungen in den Beinen, Symptome: Schmerzen in Beinen,

Müdigkeit, Appetitlosigkeit, Übelkeit und hoher Blutdruck, vor einem Jahr

Blutbefundkontrolle bei Arzt, Ergebnis: akutes Nierenversagen, seit 5 Monaten

dialysepflichtig – 3 Mal wöchentlich 5 Stunden Blutwäsche im Spital, seit 5

Monaten Rehageld der BVA mit Rehaplan und Mitwirkungspflicht aber keinem

Datum zur Wiederbegutachtung, theoretisch befristete Zuerkennung von

Rehageld auch unbefristet unter 50 möglich;

3.2. Umschulungsgeld und berufliche Maßnahmen der

Rehabilitation

Es besteht auch die Möglichkeit festzustellen, dass eine Invalidität

(Berufsunfähigkeit) voraussichtlich für mindestens 6 Monate vorliegt, eine

Maßnahme der medizinischen Rehabilitation nicht notwendig oder zweckmäßig

ist, sodass die Maßnahmen für berufliche Rehabilitation für ein bestimmtes

Berufsfeld gemäß § 39b AIVG gewährt werden. Der Pensions-

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versicherungsträger hat in seinem Bescheid auch das betroffene „Berufsfeld“

anzugeben, auf das das AMS rehabilitieren kann. In das Berufsfeld können bis

zu 3 Rehabilitationsstufen aufgenommen werden.

Für Personen, welche am 01.01.2014 das 50. Lebensjahr noch NICHT

vollendet haben, wird der Pensionsanspruch auf berufliche

Rehabilitation gestrichen, da sie diese Leistung künftig vom AMS erhalten. Für

Personen, welche am 01.01.2014 das 50. Lebensjahr allerdings vollendet

haben, bleibt die berufliche Rehabilitation weiter aufrecht. Diese Maßnahmen

sind solche, durch welche mit hoher Wahrscheinlichkeit auf Dauer die Invalidität

bzw. Berufsunfähigkeit beseitigt oder vermieden werden kann und die geeignet

sind, mit hoher Wahrscheinlichkeit auf Dauer eine Wiedereingliederung in den

Arbeitsmarkt sicherzustellen.

Berufliche Maßnahmen der Rehabilitation sind betroffenen Personen dann

zumutbar, wenn sie unter Berücksichtigung ihrer psychischen und physischen

Eignung, ihrer bisherigen Tätigkeit sowie der Dauer und des Umfanges ihrer

bisherigen Ausbildung (Qualifikationsniveau, Fachkompetenz) sowie ihres

Alters, ihres Gesundheitszustandes und der Dauer des Pensionsbezuges

festgesetzt und durchgeführt werden. Überschreiten solche Maßnahmen das

Qualifikationsniveau, so dürfen sie nur mit Zustimmung der betroffenen Person

durchgeführt werden. Zur Klärung der Frage der Zumutbarkeit von beruflichen

Maßnahmen der Rehabilitation wird obligatorisch ein berufskundliches

Gutachten eingeholt.

Das Umschulungsgeld gewährleistet eine Existenzsicherung für Personen mit

Qualifikationsschutz, welche zur Teilnahme an beruflichen Maßnahmen der

Rehabilitation bereit sind. Es gebührt in der Phase der Auswahl und Planung

dieser Maßnahme in der Höhe des Arbeitslosengeldes und ab der Teilnahme

an der ersten Maßnahme um 22% erhöhten Grundbetrages des Arbeits-

losengeldes zuzüglich allfälliger Familienzuschläge. Es gebührt mindestens ein

tägliches Umschulungsgeld von EUR 33,90 (2015).

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3.2.1. Völlige Ablehnung

Es kann auch bescheidmäßig festgestellt werden, dass eine vorübergehende

Invalidität (Berufsunfähigkeit) nicht vorliegt. In diesem Fall besteht auch kein

Leistungsanspruch.

3.2.2. Übergangsgeld

Während einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme oder einer beruflichen

Ausbildung wird das Übergangsgeld nur mehr dann geleistet, wenn kein

Rehabilitations- oder Umschulungsgeld gebührt.

3.2.3. Versicherung

BezieherInnen von Rehabilitationsgeld sind in der Kranken- und

Pensionsversicherung versichert, sodass sie im Gegensatz zu BezieherInnen

einer befristeten Invaliditätspension Pensionsversicherungszeiten erwerben.

3.2.4. Rechtsmittel

Gegen jeden Bescheid eines Sozialversicherungsträgerist grundsätzlich ein

Rechtsmittel möglich. Gegen einen Bescheid des Pensionsversicherungs-

trägers, mit dem über einen Antrag auf Invaliditätspension bzw.

Berufsunfähigkeitspension entschieden wurde, kann binnen 3 Monaten eine

Klage beim zuständigen Arbeits- und Sozialgericht eingebracht werden.

3.2.5. Neuerlicher Antrag

Für den Fall eines neuerlichen Antrages auf Feststellung der Invalidität bzw.

Berufsunfähigkeit vor Ablauf der 18-Monate-Frist wird der neuerliche Antrag

zurückgewiesen, wenn KEINE Invalidität bzw. Berufsunfähigkeit vorliegt und

keine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes eingetreten ist.

Diese Frist wird dann gehemmt, wenn das AMS festgestellt hat, dass die

Realisierbarkeit beruflicher Maßnahmen nicht (mehr) gegeben ist.

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3.2.6. Sperrfrist

Weiters wurde die Sperrfrist bei Zurückziehung einer Klage auf Zuerkennung

einer Pension vor dem Arbeits- und Sozialgericht von 9 auf 12 Monate

verlängert.

4. ERFAHRUNGEN – 1 JAHR

INVALIDITÄTSPENSION NEU AM BEISPIEL

DES BUNDESLANDES OÖ

4.1. Zahlen & Fakten

Im Jahr 2014 wurden bei der Gruppe der unter 50-jährigen 75,1 % der Anträge

auf IV/BU abgelehnt, 16,9 % wurde eine unbefristete Pension zuerkannt

und 8 % einer sonstigen Erledigung zugeführt.

Beim überwiegenden Ablehnungsanteil (65,3 %) konnte keine Invalidität/

Berufsunfähigkeit nachgewiesen werden, 26,4 % wurden medizinische

Rehabmaßnahmen gewährt.

In OÖ wurden 2014 insgesamt 2.321 Personen die Berufsunfähigkeit

zuerkannt und 460 Personen Rehabgeld zugesprochen. Die Zahl

der Zuerkennung der IV / BU Pensionen in Oberösterreich ist jährlich

zurückgegangen. Bundesweit ist die Ablehnungsquote bei den

Erstanträgen von 55,5 % im Jahr 2013 auf 62,1 % im Jahr 2014 gestiegen.

Bei den Weitergewährungsanträgen sogar von 13,2 % auf 46,4 %.

Bei der Entwicklung des Zugangsalters der Eigenpensionen von Jänner bis

Dezember 2014 im Vergleich zum Jahr 2013 zeigt sich ein Anstieg um 1,2

Jahre.

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Bei den Weitergewährungsanträgen wurden in Oberösterreich insgesamt 52,7

% abgelehnt, bei den ab 1.1.1964 geborenen hingegen 83 % der Anträge.

Davon wurden 85,7 % eine medizinische Reha, 0,5 % eine berufliche Reha

gewährt und 13,3 % keine IV/ BU – Pension zugesprochen.

In OÖ gab es im März 2015 2.262 Anspruchsberechtigte auf Rehabgeld,

bundesweit sind es zu diesem Zeitpunkt 13.905 RehabgeldbezieherInnen,

wobei dieser Wert bis Ende 2015 auf ca. 19.000 Bezieher ansteigen wird. Der

Anteil der psychischen Erkrankungen mit 75,7 % in OÖ und 71,5 % bundesweit

überwiegt gegenüber anderen Diagnosen bzw. Erkrankungen deutlich.

Bei den Nachuntersuchungen im Kompetenzzentrum OÖ wurden bei

60,8 % der Personen keine IV/BU mehr gewährt, bei 30,9 % wurde

zwischenzeitlich eine unbefristete Pension gewährt, 5,2 % haben eine

berufliche Reha erhalten und 3,1 % wurde das Rehabgeld wegen Nicht-

mitwirkung entzogen.

Bei den Bewilligungen im Bereich der beruflichen Rehabilitation ergeben

sich nach der Statistik der PVA OÖ folgende Zahlen:

Mit Stand 01.01.2015 nahmen insgesamt 1.175 Personen an einer freiwilligen

beruflichen Reha teil, um 220 Personen mehr als am 01.01.2014. Auch die

Anzahl der beruflichen Reha Anträge ist gegenüber dem Jahr 2013 (2.155

Anträge) auf 2.549 Anträge im Jahr 2014 gestiegen. Im Gegensatz dazu sind

die BU/IV – Anträge von 2013 auf 2014 deutlich zurückgegangen. ( BU –

Pension Anträge von 2.183 auf 1.673 und bei den IV – Pension Anträgen von

5.882 auf 4.760).

Die Reintegrationsquote liegt bei ca. 69,7 %.

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4.2. Erwerbspotential in OÖ bis zum Jahr 20301

Erwerbspotential im Jahr 2030 in Oberösterreich ergibt ein Minus von 22.750

bei den 16-24 jährigen Personen, bei den 25-49 Jährigen ein Minus von 34.000

dem gegenübersteht ein Plus von 42.500 bei den über 50 jährigen Personen,

wobei dieses Plus fast ausschließlich Frauen zwischen 60 und 65 Jahren

erfasst.

Diese Zahlen ergeben ein Gesamtsaldo von minus 14.250 Personen,

wobei ohne Angleichung des Pensionsantrittsalters ein Minus von 58.250

ergäbe.

4.3. Erfahrungen aus einem Jahr Rehabilitationsgeld und

Arbeitsunfähigkeit – Management vor Eintritt des

Rehabilitationsgeldes2

Das Ziel der IV/BU – Pension ist für Menschen ab 01.01.1964 geboren, die

unter Berücksichtigung ihrer gesundheitlichen Entwicklung eine Chance auf

Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt haben, IV und BU – Pensionen durch

neue Leistungen zu ersetzen um diese wieder in den Arbeitsmarkt

einzugliedern, länger zu arbeiten in guter Gesundheit.

Des weiteren, das Wissen und die Erfahrung Älterer im Arbeitsprozess

stärker zu nutzen, Altersarmut durch längere Beitragszeiten zu vermeiden

und dadurch höhere Pensionen zu erlangen.

Vom 01.01.2014 bis zum 13.01.2015 sind 1.967 Rehabgeld Fälle angefallen.

Davon betreffen 1.503 Fälle psychische Erkrankungen, 115 Krankheiten des

Skeletts, 88 Krebserkrankungen, 82 Krankheiten des Nervensystems, 25

Cerebrovaskuläre Krankheiten, 18 Krankheiten der Harnorgane und 220 Rest

Krankheiten.

1 Daten AMS-OÖ 2015

2 Daten OÖGKK 2015

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4.4. Arbeitsunfähigkeitsmanagement – AU

Ziel der AU ist eine vorzeitige Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess

schon während der Arbeitsunfähigkeit.

AU ist eine ganzheitliche, individuelle und persönliche Betreuung im

Krankenstand, in der Absicht möglichst früh auf die Versicherten einzugehen

und in einem persönlichen Orientierungsgespräch eine gemeinsame

Koordinierung der erforderlichen Behandlungsschritte zu erreichen.

In Kooperation mit dem AMS und der PVA sollen die Möglichkeiten einer

freiwilligen beruflichen Rehabilitation sowie sonstiger Wiedereingliederungs-

maßnahmen abgeklärt werden.

5. KOMMENTAR ZUM IST-ZUSTAND3

Zurzeit wird das Krankengeld für maximal 52 Wochen ausbezahlt. Ist

jemand voraussichtlich länger als ein halbes Jahr arbeitsunfähig, wird

eine befristete I-Pension beantragt.

Menschen, die dem Arbeitsmarkt jahrelang nicht zur Verfügung stehen

und unter gesundheitlichen Problemen leiden, haben oft große

Schwierigkeiten, sich wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren.

Hohe Reha Kosten zu befürchten und wegen diverser angeführter

Gründe erst wieder I-Pension.

Ungelernte ArbeitnehmerInnen haben keinen Berufsschutz, sie sind auf

den ganzen Arbeitsmarkt verweisbar.

Massive Probleme werden befürchtet: Druck des AMS wirkt sich auf

geschwächte psychische und körperliche Verfassung zusätzlich aus.

3 Verein ChronischKrank 2015

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Das durchschnittliche Pensionsantrittsalter beträgt bei den Männern 59,2

und bei den Frauen 57,3 Jahre.

Das durchschnittliche I-Pensionsantrittsalter beträgt bei den Männern

53,7 und bei den Frauen 50,1 Jahre.

Rechnet man die I-Pension heraus, gehen Männer jetzt schon mit

62,7 Jahren und Frauen mit 59,4 Jahren in Pension.

2011 lag die durchschnittliche monatliche Höhe der Invaliditätspension

bei nur 957 Euro! Frauen befinden sich Mehrheit in I-

Pensionen. Armutsgefahr ist groß.

5.1. Organisatorische Begleitmaßnahmen

Es ist ein „Kompetenzzentrum Begutachtung“ als einheitliche

Begutachtungsstelle für unselbständig Beschäftigte bei der PVA

eingerichtet. Für selbständig Beschäftigte (Bauern, Gewerbliche) ist

ebenso eine eigene Begutachtungsstelle eingerichtet.

In diesen Begutachtungsstellen werden medizinische und – mit Hilfe des

AMS nun auch – berufskundliche Gutachten erstellt. Dieses

berufskundliche Gutachten gibt Auskunft darüber, welche Umschulung

sinnvoll ist.

Hier bestehen jetzt schon massive Probleme mit „Willkür“ und nicht

nachvollziehbaren Gutachten4.

5.2. Finanzielle Auswirkungen 2014-2018

In der Pensionsversicherung sollen sich in diesem Zeitraum

Einsparungen von kumuliert 1 Milliarde Euro ergeben, weil mehr

Menschen „erwerbsaktiv“ sind und später in Pension gehen. Die von der

PVA zu tragenden Kosten für die beruflichen Umschulungen sollen rund

4 (NEWS-29.8.13 http://www.news.at/a/news-kaempft-fuer-sie-busfahrer-krank Obmann Mag.

Jürgen E. Holzinger im Interview)

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300 Mio. Euro betragen, sodass die PVA glaubt bis 2018 in Summe 700

Mio. Euro einzusparen– die Wiedereingliederung wird aus unserer

Sicht Probleme machen.

Für das AMS wird im Zeitraum 2014 bis 2018 insgesamt ein

Mehraufwand von rund 280 Mio. Euro erwartet. Die Mehrausgaben

ergeben sich vor allem durch das Umschulungsgeld minus der erhofften

Mehreinahmen durch die Arbeitslosenversicherungsbeiträge.

Für gesundheitlich beeinträchtigte Arbeitslose, die bereits Notstandshilfe

erhalten, werden die Freibeträge bei der Partnereinkommensanrechnung

(derzeit 515 Euro) um 50 Prozent auf 772,50 Euro erhöht. Dadurch

erhalten diese Menschen eine höhere Notstandshilfe. 800 Menschen

erhalten dadurch rund 165 Euro netto mehr im Monat. Betrifft nur

Haushaltseinkommen aber nicht Alleinstehende – sozialer Wandel –

Single Haushalte sind hier nicht berücksichtigt worden.

Zwangsrehabilitation und strukturelle Gewalt durch Sanktionen gefährden

die Gesundheit der invalide gemachten Menschen!

Die Zwangsrehabilitation ist grundsätzlich menschenrechtswidrig und verstößt

unter anderem gegen Artikel 26 der UN Behindertenkonvention, demzufolge

jede Rehabilitation freiwillig sein soll.

Menschenrechtsverletzungen durch Zwangsrehab bald an der

Tagesordnung?

(Wien, 6.5.2013) „Strafen statt helfen“ scheint weiterhin die Lösung von

Sozialminister Rudolf Hundstorfer für die von der Wirtschaft künstlich

geschaffenen sozialen und gesundheitlichen Probleme zu sein. In einer vom

Sozialministerium ausgeschickten Novelle zur Invaliditätspension durch das

„Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2014 (SRÄG 2014)“ sollen nun für das

„Case Management“ bei der leichter Zwangsrehabilitation Existenz

gefährdende Sanktionen ermöglicht und ausgeweitet werden. Besonders

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fragwürdig sind psychiatrische Zwangsbehandlungen mit

Psychopharmaka.

Freie Hand für „Case Manager“?

Eine breite Palette an Strafandrohungen.

Invalide Menschen haben oft mit vielfältigen Problemstellungen zu

kämpfen und sind daher nicht in der Lage, sofort auf jede von oben herab

verordnete Anforderung wunschgemäß zu reagieren. Da reicht es schon,

wenn ein Befund oder ein anderes Schriftstück nicht schnell genug dem/der

„Case Manager/in“ vorgelegt wird. Selbst dann, wenn sich schließlich aufgrund

der eingeholten Befunde und Vorbehandlungen herausstellt, dass ein invalider

Mensch doch nicht rehabilitationsfähig ist, kann der/die „Case Manager/in“

zuvor ungeniert die Lebensgrundlage durch eine Sanktion gefährden bzw.

zerstören. Hier wird ein massives Druckmittel geschaffen. Die Begriffe

„Vereitelung oder Verzögerung“ sind dazu äußerst unbestimmt und bieten den

Betroffenen in keiner Weise Rechtssicherheit. Wie zahlreiche Studien aus dem

Arbeits-marktbereich zeigen, wirkt sich die strukturelle Gewalt durch die

beständige Androhung von Existenz gefährdenden Bezugssperren oder

Bezugskürzungen ausgesprochen negativ auf die Gesundheit der betroffenen

Menschen aus und erzeugen ein Klima der Angst, das eine erfolgreiche

„Reintegration in die Gesellschaft“ nur behindert. Waren bisher der Entzug des

Rehabilitationsgeldes nur bei Verweigerung der „Mitwirkung“ an „zumutbaren

medizinischen Maßnahmen der Rehabilitation“ vorgesehen, sollen diese nun

bereits sofort lange vor der Rehabilitation einsetzenden „Case

Management“ möglich sein. In § 143a soll als Strafe für „unwillige“ Invalide

folgende Sanktionsbestimmung eingefügt werden:

„Vereitelt oder verzögert die zu rehabilitierende Person die im Rahmen des

Case Managements vorgesehenen Abläufe oder Maßnahmen, indem sie ihren

Mitwirkungsverpflichtungen nicht nachkommt, so kann der Kranken-

versicherungsträger verfügen, dass das Rehabilitationsgeld auf Dauer oder für

eine bestimmte Zeit zur Gänze oder teilweise ruht, wenn die versicherte Person

vorher auf die Folgen ihres Verhaltens schriftlich hingewiesen worden ist.“

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5.3. Psyche-, SchmerzpatientInnen betroffen

Die vorgeschlagene Regelung von Sanktionen bei Verweigerung einer

Rehabilitation ist als menschenrechtswidrig abzulehnen, da in jedem Fall die

Existenz der betroffenen Menschen zu sichern ist. Daher darf durch eine

Sanktion niemals das Existenzminimum eines Menschen gefährdet werden.

Zudem wirken sich permanente Sanktionsdrohungen ausgesprochen negativ

auf die Motivation der betroffenen Menschen aus.

5.4. Medizinische Maßnahmen der Rehabilitation

Der Erfolg einer Rehabilitation hängt sehr stark davon ab, dass die Wünsche

und Bedürfnisse der Betroffenen weitestgehend berücksichtigt werden und die

Betroffenen aktiv einbezogen werden, also die Rehabilitation nicht von oben

herab planwirtschaftlich betrieben wird.

Es ist daher unbedingt notwendig, für jene Menschen, die nur

teilarbeitsfähig sind und keine Invaliditätspension erhalten zumindest eine

Teilinvaliditätspension bzw. Lohnergänzungen bekommen, sodass

Einkommen aus einem Teilzeitarbeitsverhältnis auf ein Einkommen eine

Vollzeitarbeitsverhältnis aufgestockt werden (Mindestsicherung).

Weiter ist nicht einsichtig, warum Menschen, deren Rehabilitation noch nicht

abgeschlossen ist, die also noch nicht das volle Menschenrecht auf Gesundheit

ausschöpfen können, sich gegenüber dem AMS eine „Arbeitswilligkeit“

beweisen müssen. Durch diesen Stress, vom AMS jederzeit durch

eine Bezugssperre wegen vorgeworfener „Arbeitsunwilligkeit“ die

Existenz zu verlieren, behindert nur unnötig eine Rehabilitation und führt

daher nur zu unnötigen Folgekosten.

Untersuchungen in Deutschland haben ergeben, dass die permanente

Sanktionsdrohung völlig kontraproduktiv. Die renommierte Hans-Böckler-

Stiftung stellt dies in der wissenschaftlichen Studie zur Wirkung von

Sanktionen fest.

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5.5. Einheitliche Begutachtungsstelle

Grundsätzlich ist eine einheitliche Begutachtungsstelle zu begrüßen. So

sehr Verbesserungen bei der Ausbildung von GutachterInnen wünschenswert

sind, so ist es doch problematisch, wenn diese ausschließlich von einer vom

Versicherungsträger organisierten Akademie ausgebildet werden.

In der Praxis: Es ist sicher zu stellen, dass GutachterInnen von einer wirklich

unabhängigen Stelle ausgesucht und ausgebildet werden und dass Betroffene

zumindest die Möglichkeit haben, selbst eine ZusatzgutachterIn auszuwählen,

wenn Sie mit dem Gutachten nicht einverstanden sind, oder die fachliche

Qualität anzuzweifeln ist.

Ebenso ist endlich eine gesetzliche Regelung der Gerichtsgutachten mit

klaren Vorgaben für die Erstellung von Gutachten zu machen. Es gehört

dringend eine unabhängige, dem Stand der Wissenschaft entsprechende Aus-

und kontinuierliche Weiterbildung der GerichtsgutachterInnen garantiert.

Bei der Ausarbeitung und Überprüfung der Einhaltung der Richtlinien zur

Rehabilitation ist weiters die Einbeziehung von Betroffenenselbst-

organisationen Anwesenheit und/oder Anhörung einer Vertrauensperson zu

gewährleisten, auch die Europäische Union STREBT mit der Agenda 2020

die Einbeziehung von Betroffenenselbstorganisationen an.

Fachexpertisen der behandelnden oder betreuenden pensionswerbenden

Person sollen verpflichtend einzuholen und zu berücksichtigen sein.

Schlechterstellung von BezieherInnen einer befristeten Invaliditäts-

/Berufsunfähigkeitspension, wenn sie im Haushalt ihrer Eltern leben

(müssen) ist derzeit gegeben.

Verlust der Pensionssonderzahlungen – wenn vorher kein I-Pensions-

bezug – EUR 9.768 im Jahr – monatlich EUR 814. Diese gesetzliche

Regelung wird nun endlich ab 2016 repariert.

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5.6. Weitere Forderungen

Als Beitrag zur Armutsbekämpfung nach EU Agenda 2020: Schluss mit

der Diskriminierung von BezieherInnen der Ausgleichszulage: Keine

Abzüge (rund 50%) bei Zuverdiensten unter der Geringfügigkeitsgrenze.

Dies verbessert die Chancen auf Rehabilitation und fördert auch den

Wiedereinstieg ins Berufsleben.

Bei AusgleichszulagebezieherInnen: IV & BU Pension

unverschuldet daher Zuverdienstgrenze bis Geringfügigkeitsgrenze

schaffen. Das heißt, einige Stunden in der Woche dazuverdienen

ohne Abzug der Ausgleichzulage. Teilnahme am sozialen Leben

sichern und raus aus der Armut.

RECHT auf selbst gewählte berufliche Rehabilitation für

PensionsbezieherInnen.

Flexiblere Übergänge beim Wiedereinstieg ins Berufsleben.

Verlängerung der Möglichkeit im Falle des gescheiterten Wiedereinstiegs

in den Pensionsbezug zurück zu kehren auf zwei Jahre.

Bei Wiedereinstieg ins Berufsleben volle Anrechnung der Zeiten in der

Berufsunfähigkeits-/Invaliditäts-/Erwerbsunfähigkeitspension

als Pensionsersatzzeiten.

Abschaffung des „Wohnhaftparagraphen“ § 89 Abs. 1 Z3 ASVG.

Nach dieser Bestimmung bedürfen ASVG-PensionistInnen – im

Gegensatz zu Beamten – für einen länger als zwei Monate dauernden

Auslandsaufenthalt der Zustimmung der PVA, die völlig nach freiem

Ermessen getroffen wird.

5.6.1. Faire Verfahren vor dem Arbeits- und Sozialgerichten

Beweislastumkehr: Die PensionswerberInnen stehen wie ein

Konsument einem mächtigen Apparat gegenüber. Die

Pensionsversicherung hatte ja bereits die Möglichkeit, ihn in ihrem

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Verfahren zu untersuchen. Es ist daher ihre Angelegenheit, zu beweisen,

dass der vom Pensionswerber vorgebrachte Leidenszustand nicht

besteht.

Anerkennung der Parteiaussage: Derzeit wird die Aussage der

PensionswerberInnen entweder nicht aufgenommen oder anderen

Beweismitteln untergeordnet. Tatsächlich sind die authentischen

Angaben der Pensionswerberinnen das wichtigste und authentischste

Beweismittel. Ihre Aussage muss voll anerkannt werden, vor allem dann,

wenn GutachterInnen keine klaren Aussagen treffen. (In diesen Fällen

wird derzeit die Angabe der PensionswerberInnen als nicht bewiesen

missachtet).

Objektive Auswahl der GutachterInnen: Sachverständige werden

derzeit von RichterInnen frei ausgewählt. Zur Ablehnung neigende

RichterInnen scharen dann kongeniale Sachverständige um sich. Wir

fordern Zuteilung von Sachverständigen nach einem Zufalls- oder

Rotationsprinzip.

Recht auf zweites Gutachten: Derzeit kann ein/e RichterIn die

Angaben seiner GutachterInnen ohne Rücksicht auf gegenteilige

Befunde und Gutachten, die die PensionswerberInnen vorlegen, zur

„Gerichtswahrheit“ erheben. Wir fordern in diesen Fällen das Recht auf

eine weitere Begutachtung durch eine/n nicht von VerhandlungsrichterIn,

sondern nach Zufalls- oder Rotationsprinzip bestimmten unabhängigen

Sachverständigen.

Alle unsere medialen Berichte und Informationen zur Thematik können Sie

auf unserer Website nachsehen, lesen und hören5.

5 http://chronischkrank.at/category/ip-bu-neu-fuer-alle-die-reform-der-invaliditaetspension/

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6. GESETZLICHER LÜCKENSCHLUSS BEI

PENSIONSVORSCHUSS AB 2016

Nach zahlreichen Interventionen erfolgt 2016 der durch die letzte

Pensionsreform verursachte Missstand im Bereich des Pensionsvorschusses:

Schließen einer Lücke, die durch Änderungen im Bereich des Pensions-

vorschusses (2. StabilitätsG 2012, BGBl. I Nr. 35/2012) entstanden ist:

Personen, bei denen das Dienstverhältnis noch aufrecht ist, deren Kranken-

geldanspruch jedoch bereits ausgesteuert ist, haben Personen, die eine

Pension beantragt haben, denen diese durch den PV-Träger jedoch nicht

gewährt wurde und die diese Entscheidung dann beim Arbeits- und

Sozialgericht bekämpfen, während der Zeit des laufenden Verfahrens kein

Einkommen. Diese Lücke soll durch die gegenständliche Schaffung einer

Satzungsermächtigung, mit der diesen Personen bis zum rechtskräftigen

Abschluss des Verfahrens weiterhin ein Krankengeld gewährt werden kann,

beseitigt werden. So sieht die neue Regelung aus:

Ausgangszustand Zeitpunkt der

WFA

Zielzustand Evaluierungszeitpunkt

Personen, die eine Pension beantragt

haben, denen diese durch den PV-

Träger jedoch nicht gewährt wurde

und die diese Entscheidung dann

beim Arbeits- und Sozialgericht

bekämpfen, haben während der Zeit

des laufenden Verfahrens kein

Einkommen und auch keine

Absicherung, da das Krankengeld

bereits ausgesteuert ist.

Für Personen, die eine Pension

beantragt haben, denen diese durch

den PV-Träger jedoch nicht gewährt

wurde und die diese Entscheidung

dann beim Arbeits- und

Sozialgericht bekämpfen, die

während der Zeit des laufenden

Verfahrens kein Einkommen haben,

kann mittels Satzungs-

ermächtigung weiterhin

Krankengeld gewährt werden.

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Gerne stehe ich Ihnen bei Fragen und Anliegen zur Verfügung.

Mit herzlichen Grüßen

Mag. Jürgen E. Holzinger

Obmann, Bereichsleiter Öffentlichkeitsarbeit,

Gesamtleiter der Ressorts

[email protected]

+ 43 676 / 74 51 151

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