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Hans Christian Andersen Poet mit Feder und Schere

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Hans Christian Andersen

Poet mit Feder und Schere

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Hans Christian Andersen

Poet mit Feder und Schere

Herausgegeben von

Anne Buschhoff und Detlef Stein

Mit einem Gastbeitrag von

Ejnar Stig Askgård und Klaus Müller-Wille

Wienand

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013 Dank

016 Hans Christian Andersen und die Künste

Die Suche nach dem eigenen Weg

Anne Buschhoff und Detlef Stein

028 Der Märchendichter

Zur Entstehung eines Klischees

Anne Buschhoff und Detlef Stein

040 Hans Christian Andersen

Poet mit Feder und Schere

Anne Buschhoff und Detlef Stein

064 Schere, Wort, Papier

Schneiden und Schreiben bei Hans Christian Andersen

Ejnar Stig Askgård und Klaus Müller-Wille

084 Die Zeichnungen

Anne Buschhoff und Detlef Stein

120 Die Scherenschnitte

Anne Buschhoff und Detlef Stein

174 Die Bilderbücher

Anne Buschhoff und Detlef Stein

198 Hans Christian Andersens Märchen und Scherenschnitte

im Spiegel von Moderne und Gegenwart

Anne Buschhoff und Detlef Stein

224 Anhang

Anmerkungen, zitierte Literatur, Abbildungsnachweis, Impressum

Inhalt

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Unser besonders herzlicher Dank gilt allen Institutionen

und Sammlern, ohne deren großzügige

Leihgaben diese Ausstellung nicht möglich gewesen wäre:

Focke Museum, Bremen

Frauke von der Haar, Jan Werquet

Kupferstich-Kabinett, Staatliche Kunstsammlungen Dresden

Marion Ackermann, Stephanie Buck

Freies Deutsches Hochstift/Frankfurter Goethe-Museum

Anne Bohnenkamp-Renken

The Danish Museum of National History, Frederiksborg Castle

Mette Skougaard

Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett

Christoph Martin Vogtherr, Andreas Stolzenburg, David Klemm

Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg

Sabine Schulze, Jürgen Döring

Louisiana Museum of Modern Art, Humlebæk

Erik Tøjner, Tine Colstrup

Arken Museum of Modern Art, Ishøj

Christian Gether

Statens Museum for Kunst, National Gallery of Denmark, Kopenhagen

Mikkel Bogh, Dorte Aagesen

The Royal Danish Library, Kopenhagen

Sven Larsen, Anders Toftgaard, Hanne Karin Sørensen

Agentur Primrose Film, München

Christel Strobel

Samuel und Lyndley Schwab, New York

Odense City Museums

Torben Grøngaard Jeppesen, Ejnar Stig Askgård, Grylle Anna Beck Carstensen

Kröller-Müller Museum, Otterlo

Lisette Pelsers

Museum Jorn, Silkeborg

Jacob Thage, Lukas Haberkorn

sowie allen privaten Leihgebern, die es vorziehen,

namentlich nicht genannt zu werden.

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Hans Christian Andersen

und die Künste

Die Suche nach dem eigenen Weg Anne Buschhoff und Detlef Stein

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17 Hans Christian Andersen und die Künste

Als Hans Christian Andersen im Winter 1842/43 von Kopenhagen nach Paris

reiste, erreichte er am 26. Februar Bremen (Abb. 1). Offenbar war dem dänischen

Dichter die Hansestadt besonders sympathisch, denn in seinem Tagebuch

notierte er: »Bremen tauchte als Oase auf, das machten die freundlichen Gesich-

ter, die ich dort traf, sie lächelten mir zu wie große Blumen«.2 Andersen reiste lei-

denschaftlich gern und nahm überall, wo er sich befand, das Kulturleben wahr,

so auch in Bremen. Hier besuchte er die Dritte Gemälde-Ausstellung des Kunst-

vereins in Bremen,3 die damals in den Sälen des Unionsgebäudes (Abb. 2) vorbe-

reitet wurde.4 Die Kunsthalle war noch nicht erbaut.

In den Ausstellungsräumen lernte Andersen Johanna Elisabeth Hartlaub

(1785–1874), geborene Buch, kennen, die Gattin des reichen Großkaufmanns und

Senators Karl Friedrich Ludwig Hartlaub (1792–1874). Die kunstsinnige Frau, die

selbst einen literarischen Salon unterhielt, berichtete ihrer Tochter Lina von der

Begegnung. Diese hatte zu jenem Zeitpunkt bereits Hofrat Wilhelm von Eisen-

decher (1803–1880) geheiratet, mit dem sie in der benachbarten Residenzstadt

Oldenburg lebte.5

Enttäuscht darüber, Andersen nicht persönlich kennengelernt zu haben,

schrieb die junge Lina von Eisendecher (1820–1875; Abb. 3) dem Dichter beherzt

nach Paris,6 wo er in diesen Tagen mit Schriftstellergrößen wie Honoré de Bal-

zac (1799–1850) und Heinrich Heine (1797–1856) zusammentraf.7 In ihrem Brief

offenbarte sie sich als glühende Verehrerin von Andersens Literatur und lud ihn

ein, auf seinem Rückweg über Bremen auch Oldenburg aufzusuchen. Ander-

sen wurde neugierig und nahm die Einladung der unbekannten Leserin an.8 In

Oldenburg erlebte er dann bei den Eisendechers einen überwältigenden Emp-

fang, von dem er Jonas Collin (1776–1861), seinem väterlichen Gönner, eupho-

risch nach Kopenhagen berichtete: »Sie können sich unmöglich eine Vorstellung

von der ›Vergötterung‹ machen, ja, so muss ich es nennen, die mir in diesem

Kreise zuteil wurde […], man behandelte mich – ja ich glaube, Göthe hätte nicht

anders behandelt werden können«. Vier Jahre später hielt er die Begegnung

auch in seiner Autobiographie Märchen meines Lebens ohne Dichtung fest: »Ich

fand mich […] durch meine Schriften gleichsam in einem Haus adoptiert, wo ich

» Das Genie ist ein Ei, das zur

Befruchtung des Glücks der Wärme

bedarf, sonst wird es ein Windei.«

Hans Christian Andersen, Nur ein Spielmann, 1837 1

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seitdem gern hinfliege und wo ich weiß, daß es nicht nur der Dichter, sondern

auch der Mensch ist, den sie lieb gewonnen haben.« 9

Den Besuchen von 1843 folgten zwischen 1844 und 1847 weitere Aufent-

halte in Bremen und Oldenburg, bei denen Andersen verschiedene Persönlich-

keiten aus Politik und Kultur traf.10 Insbesondere zu Lina von Eisendecher und

ihrer Familie aber erwuchs eine innige Freundschaft, die sich in einer umfang-

reichen Korrespondenz niederschlug und erst Anfang der 1860er Jahre endete,

als sich die politischen Spannungen zwischen Deutschland und Dänemark dra-

matisch verschärften. Der Deutsch-Dänische Krieg von 1864 warf seine Schat-

ten voraus, und Andersen fühlte sich trotz der engen Beziehungen, die er nach

Deutschland pflegte, angehalten, ein offizielles Bekenntnis zu seinem Vaterland

abzulegen.11

Die Bremer und Oldenburger Aufenthalte hinterließen auch literarische

Spuren. 1847 verfasste Andersen das Märchen Der kleine Tuk, dessen Titelheld

den Spitznamen von Lina von Eisendechers kleinem Sohn Carl (geb. 1841) trägt.12

Auch führte Andersen Bremen zwei Mal in seinen Märchen an, in denen ansons-

ten kaum Städtenamen fallen. So erwähnt er in Die Galoschen des Glücks (1838)

das »Bremer Bier« 13 und erzählt in Die Nachtmütze des Hagestolzes (1858) von

einem Kopenhagener Junggesellen, der als sogenannter Pfeffergeselle 14 in den

Diensten eines Bremer Kaufmanns gestanden hat und kurz vor seinem Tod noch

einmal sein Leben Revue passieren lässt.15

Als Hans Christian Andersen 1843 im Alter von 37 Jahren zum ersten Mal

nach Bremen kam, konnte er bereits auf eine beachtliche Karriere zurückbli-

cken.16 In diesem Jahr setzte die Veröffentlichung seiner Neuen Märchen (bis

1848) ein, denen drei erste Märchen-Hefte (1835, 1837) vorangegangen waren,

die noch den Zusatz für Kinder erzählt getragen hatten. Auch waren bis 1843

Abb. 1

Peter Heinrich August Wolff

Die Bremer Obernstraße mit Blick

in Richtung Dom, 1843

Daguerreotypie, 8 x 10,3 cm

Focke Museum, Bremen

Abb. 2

Unbekannter Lithograph nach einer Zeichnung

von Anton von Lowtzow

Das Haus der »Union von 1801«, 1851/52

Lithographie, 25 x 25 cm

Focke Museum, Bremen

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19 Hans Christian Andersen und die Künste

schon drei seiner insgesamt sechs Romane erschienen: Der Improvisator (1835),

O. T. (1836) und Nur ein Spielmann (1837), Lina von Eisendechers Lieblingslektü-

re.17 Überhaupt hatte Andersen das deutsche Publikum vergleichsweise schnell

für sich gewinnen können, nachdem er sich in Kopenhagen nicht als Dramati-

ker hatte durchsetzen können.18 Bekannt gemacht hatten Andersen neben den

Romanen seine Lyrik (Gedichte, 1830; Phantasien und Skizzen, 1831) und das Bil-

derbuch ohne Bilder (vgl. S. 41 f.).

Unter seinen poetischen Leistungen aber bestimmten vor allem die Mär-

chen seinen Ruf als Dichter (vgl. S. 29 f.). Sie sind von Wehmut durchzogen und

enden meist nicht glücklich oder allenfalls in glücklichen, überhöhten Traum-

welten. Vielfach sind sie in der Gegenwart der Zeit und ihren sozialen Lebens-

umständen verankert. Und sie sind inhaltlich eng mit Andersens Biographie

verknüpft. In dem Bewusstsein, dass seine »Lebensskizze der beste Kommen-

tar zu allen [s]einen Arbeiten« 19 sein werde, verfasste Andersen drei Autobio-

graphien.20 In der zweiten, dem Märchen meines Lebens ohne Dichtung (1847),

schrieb er über seine Anfänge: »[…] man hat erst gewaltig viel Widerwärtiges

durchzumachen, und dann wird man berühmt«.21 Dabei hatte er nicht nur seine

schwere Kindheit, sondern auch seine ersten Jahre in Kopenhagen im Blick.

Andersens Versuche in den darstellenden Künsten

1805 in Odense auf Fünen geboren, wuchs Hans Christian Andersen in

ärmsten Verhältnissen auf. Seine Mutter, Anne Marie Andersdatter (um 1773–1833),

verdingte sich als Wäscherin und war Analphabetin sowie Alkoholikerin. Der

Vater, Hans Andersen (1782–1816), arbeitete als Schuhmacher und galt im Ort

als melancholischer Träumer. Er verstarb, als sein Sohn elf Jahre alt war; zuvor

hatte er sich als Soldat anwerben lassen, war aber schon bald körperlich und

Abb. 3

Lina von Eisendecher, 1856

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