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Harald Gapski/Thomas Tekster (Hrsg.)

Informationskompetenz im Kindes- und Jugendalter. Beiträge aus Forschung und Praxis

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Schriftenreihe Medienkompetenz des Landes Nordrhein-WestfalenBand 14

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Harald Gapski/Thomas Tekster (Hrsg.)

Düsseldorf – München www.kopaed.de

Informationskompetenz im Kindes- und Jugendalter.

Beiträge aus Forschung und Praxis

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN 978-3-86736-214-6

In der Schriftenreihe Medienkompetenz des Landes Nordrhein-Westfalen vertreten die Autorinnen und Autoren ihre eigene Meinung, ohne dass diese notwendigerweise die Meinung des Landes Nordrhein-Westfalen widerspiegelt.

Die Veröffentlichung entstand mit freundlicher Unterstützung der Staatskanzlei des Landes Nordrhein-Westfalen.

Verlag: kopaed verlagsgmbhUmschlaggestaltung: Georg JorczykSatz und Layout: buchgestaltung.de

© Grimme-Institut – Gesellschaft für Medien, Bildung und Kultur mbH, Marl 2012

Alle Rechte, auch die des Nachdrucks von Auszügen, der fotomechanischen Wiedergabe und der Übersetzung vorbehalten. Jegliche Vervielfältigung ist dem Grimme-Institut anzuzeigen und mit ihm abzustimmen.

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Inhalt

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

Harald Gapski, Thomas Tekster: Einleitung – Informationskompetentes Handeln von Kindern und Jugendlichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

Thomas Rathgeb: Informationsverhalten von Jugendlichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

Christine Feil, Christoph Gieger, Alexander Grobbin: Internetrecherchen auf Kindersuchmaschinen – Logfileanalysen und Beobachtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

Yvonne Kammerer, Maja Bohnacker: Unterstützung der Informationssuche von Grundschulkindern im Internet: Empfehlungen zur Gestaltung von Kinder-Suchmaschinen . . . . . . . . . . . . . . . . . 51

Matthias Ballod: Googeln im Unterricht zur Vermittlung von Informationskompetenz . . . . . . . . . 67

Marco Fileccia: Informationskompetenz in der Schule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87

Margret Datz: Informationskompetenz in der Grundschule – Illusion oder Notwendigkeit? . . 103

Michael Balceris: Impulse zur Messung von Informationskompetenz bei Schülern . . . . . . . . . . . . 117

Heike vom Orde: Informationskompetenz und deutsche Bibliotheken. Anmerkungen aus international vergleichender Perspektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131

Harald Gapski, Thomas Tekster: Zwölf Thesen zur Informationskompetenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143

Autorinnen und Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145

Kontakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149

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Vorwort

Kinder und Jugendliche leben heute in einer Welt der medientechnischen Voll-versorgung. Fast alle haben Zugang zu einem Handy und einem Computer mit Internetzugang bzw. besitzen diese Geräte selbst. Die Frage des Zugangs zu den Medien verschiebt sich zu der Frage ihrer Nutzung: Wie und wozu nutzen Kinder und Jugendliche diese Medien? Wie gehen sie vor, um Informationen zu finden? Und wie gehen sie mit den Informationen um, die sie gefunden haben? Informations-kompetentes Handeln muss erlernt und eingeübt werden. Informationskompetenz ist – wie auch Medienkompetenz – eine wichtige Schlüsselkompetenz. Sie begleitet uns ein Leben lang.

Mit dem Ziel, Medien- und Informationskompetenz im Schulalltag zu verankern und die Vernetzung zwischen Schule und außerschulischen Angeboten zu stärken, initiierte die nordrhein-westfälische Landesregierung im Jahr 2010 die Initiative „Medienpass NRW“ (zu den Partnern vgl. www.medienpass.nrw.de). Im Rahmen dieser Initiative bietet ein Kompetenzrahmen Erziehenden und Lehrkräften eine Orientie-rung, über welche Fähigkeiten Kinder und Jugendliche etwa im Bereich „Informieren und Recherchieren“ verfügen sollten. Der Kompetenzrahmen bezieht sich auf den Grundschulbereich, auf die 5./6. Klasse sowie auf Jugendliche der Sekundarstufe I (7. bis 10. Klasse). Ein so genannter Lehrplankompass zeigt auf, wo und wie die Anforderungen des Kompetenzrahmens in den Schulunterricht integriert werden können, und gibt praktische Hinweise und Anregungen für Lehrerinnen und Lehrer. Der eigentliche „Medienpass“ schließlich dokumentiert das Kompetenzniveau der Schülerinnen und Schüler und motiviert zur weiteren Beschäftigung mit Medien.

Zu den Angeboten, die von der Ministerin für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien des Landes Nordrhein-Westfalen im Bereich Informationskompetenz gefördert werden, zählt auch die Broschürenreihe IM BLICKPUNKT. Diese Reihe thematisiert in kompakter Form die Chancen und Herausforderungen des digitalen Lebens für Bürgerinnen und Bürger. Zu den bisher erschienenen Ausgaben zählen etwa „Informationsqualität im Internet“ oder „Informationelle Selbstbestimmung“ (vgl. www.grimme-institut.de/imblickpunkt).

mekonet, das Medienkompetenz-Netzwerk NRW, eine Initiative des Landes Nordrhein-Westfalen und der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen, richtet sich an Multiplikator(inn)en in der Medienbildung. In dem „Grundbaukasten Medienkompe-tenz“ finden sich zum Thema „Informationskompetenz“ ca. 200 Einträge. Aktuelle

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Vorwort

Dossiers, wie beispielsweise „Plagiatsprävention in Schule und Unterricht“ oder der Gastbeitrag „Suchmaschinen – Woher sie kommen – wohin sie gehen (können)“ vermitteln Hintergrundwissen und erörtern Aspekte informationskompetenten Handelns (vgl. www.mekonet.de).

In der Schriftenreihe Medienkompetenz des Landes Nordrhein-Westfalen wurde das Thema Informationskompetenz bereits in Band 12 mit dem Titel „Informations-kompetenz und inklusive Mediengesellschaft“ aufgegriffen. Dieser Band stellt die schriftliche Dokumentation der Fachtagung „All inclusive? Informationskompetenz und inklusive Mediengesellschaft“ dar, die das Grimme-Institut in Kooperation mit der Medienberatung NRW am 30. November 2011 im LVR-Zentrum für Medien und Bildung in Düsseldorf organisiert hat.

Mit dem nun vorliegenden neuen Band wird das Thema Informationskompetenz speziell mit Blick auf die Zielgruppe der Kinder und Jugendlichen vertiefend behandelt. Ich freue mich sehr, dass die Autorinnen und Autoren der Einladung des Grimme-Instituts gefolgt sind und mit ihren Beiträgen diesen Band ermöglicht haben. Sie tragen damit zur Fortführung eines aktuellen, auch gesellschaftspoli-tischen Diskurses bei. Für ihre Mitwirkung und ihr Engagement möchte ich mich an dieser Stelle herzlich bedanken und wünsche den Leserinnen und Lesern eine erkenntnisreiche Lektüre!

Frauke JacobsenStaatskanzlei NRW

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Harald Gapski, Thomas Tekster

Einleitung – Informationskompetentes Handeln von Kindern und Jugendlichen

„The kids are alright“ – mit diesem Argument versucht danah boyd, Medien-wissenschaftlerin und Senior Researcher bei Microsoft Research, jene Eltern zu beruhigen, die aus Sorge und Angst, ihren Kindern könnte im Internet etwas Schlimmes zustoßen, die Online-Zeit ihrer Kinder zu reglementieren und zu über-wachen versuchen. Diese Ängste seien aber übertrieben, weil die Begegnung mit zweifelhaften Online-Inhalten oft weniger dramatische Folgen habe, als gemeinhin angenommen werde. Viele Ängste seien kulturell tief verwurzelt, beispielsweise die Angst der Eltern vor neuen Technologien, die sie nicht verstehen und die ihren Kindern neue virtuelle Entfaltungsräume ins Unbekannte ermöglichen, die kaum kontrolliert werden können. Diese Ängste beruhen also mehr auf den Vorstellungen der Eltern und spiegeln weniger die tatsächlichen Erfahrungen der Kinder wider. Das „Abtauchen“ und die „Flucht“ der Jugendlichen in virtuelle Welten bleibt aber eine oft gebräuchliche Metapher.

Nach boyd verdiene der Nachwuchs mehr Vertrauen, denn dieser sei bei weitem nicht so naiv und hilflos im Umgang mit Informationen aus dem Internet wie in den Fantasien der Eltern. Den Heranwachsenden fehle jedoch ein tieferes Verständnis für die hinter den Technologien liegenden Dynamiken und Strukturen und damit die Grundlagen, um ihr Informationsverhalten reflektieren zu können. Deshalb sei es notwendig, den Kindern Kenntnisse und Fähigkeiten zu vermitteln, auf deren Basis sie selbst entscheiden, wie sie mit Informationen umgehen und welchen Informationen sie vertrauen schenken wollen und welchen nicht. Und genau hier setze die Förderung der Medien- und Informationskompetenz von Kindern und Jugendlichen an (boyd 2012).

Die Beobachtungen von boyd lassen sich in zweierlei Hinsicht verallgemeinern: Mit der Förderung der Informationskompetenz von Heranwachsenden sollte früh-zeitig begonnen werden. Je früher Kinder erste Schritte im Internet unternehmen1, desto früher beginnt auch die Vorbildfunktion der Eltern, Erzieher und Lehrkräfte und damit die Notwendigkeit, auch sie für dieses Thema zu sensibilisieren und zu qualifizieren.

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Harald Gapski, Thomas Tekster: Einleitung – Informationskompetentes Handeln von Kindern und ...

Kinder und Jugendliche wollen informationskompetent sein

Kinder sind immer früher und mit zunehmendem Alter immer länger online. Sie gehen zu einem großen Teil alleine in ihren Kinderzimmern ins Netz, suchen häufig nach schulrelevanten Informationen und sie bevorzugen mit zunehmendem Alter (etwa ab 11 Jahren) Erwachsenenangebote wie Google oder Facebook. Deshalb ist es wichtig, dass sie von Anfang an unter Anleitung von Lehrern und Bibliothekaren den Umgang mit Online-Informationen erlernen2 und frühzeitig eine (selbst)kritische Frage- und Suchkultur einüben. Der Einwand, dass Kinder dafür noch zu jung sind, verfängt nicht, weil sie bereits online sind. Es stellt sich nur noch die Frage, wie sie es lernen – nicht mehr, dass sie es (irgendwie und zufällig) lernen.

Die möglichst frühzeitige Schulung von Fähigkeiten im Umgang mit (elektronischen) Informationen und Informationsangeboten wird nicht nur von Medienpädagogen, Bibliothekaren und Informationswissenschaftlern gefordert, sondern in ihrer Bedeu-tung auch von den Heranwachsenden selbst erkannt.

In einer Studie des JFF – Institut für Medienpädagogik wurden Hauptschülerinnen und Hauptschüler um eine Einschätzung gebeten, was sie selbst unter einem kom-petenten Umgang mit Informationsquellen aus dem Internet verstehen und welche Fähigkeiten sie für wichtig halten. Wichtig für die Jugendlichen sind demnach die Kenntnis guter Webseiten, das Wissen, dass Informationen im Netz auch falsch sein können, die Fähigkeit, die Glaubwürdigkeit von Internetangeboten einschätzen zu können sowie die Möglichkeit, in Communitys, Foren oder über Instant Messenger andere um Rat fragen zu können (Wagner 2008, S. 195). Jugendliche, die andere bei der Suche und Bewertung von Informationen im Internet unterstützen können, erfahren Respekt und eine große Wertschätzung innerhalb ihrer Peergroup.

Auch Oberstufenschüler sind sich der Bedeutung von Informationskompetenz insbe-sondere im Hinblick auf das spätere Berufsleben durchaus bewusst. In ihrem Aufsatz „Schule im Zeitalter der Medienvielfalt“ (Gschwind; Vogt 2012) wünschen sich die Schülerinnen Katrin Gschwind und Nadine Vogt (Jahrgangsstufe 12) „etwas über Informationsbeschaffung zu lernen.“ Sie fordern „Medienschulungen“ für Schüler, eine fächerübergreifende Förderung ihrer Medien- und Informationskompetenz und – „den Unterricht nicht nur auf Medien zu stützen, sondern auch den Umgang mit diesen genauer zu thematisieren.“

Ein Kurzbericht des Hochschul-Informations-Systems aus dem Jahr 2005 (HIS 2005, S. 1) zeigt, dass zu viele Studierende sich rückblickend eine bessere schulische För-derung ihrer Recherche- sowie ihrer PC- und Internetkenntnisse gewünscht hätten. Die Studierenden sehen die Schule in der Pflicht, Basiskenntnisse im Umgang mit

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Empfehlungen, Forderungen und Forschungen

dem PC zu vermitteln, Fähigkeiten im Umgang mit dem Internet zu fördern sowie die systematische Recherche, Strukturierung und Nutzung von Informationen zu lehren. Die Förderung der Medien- und Informationskompetenz wird von den Jugendlichen und jungen Erwachsenen also durchaus eingefordert.

Haben sich die Heranwachsenden erst einmal eine kritische Grundhaltung erarbeitet und verinnerlicht, ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie diese auf andere Medien anwenden, hoch. Eine Studie der britischen Medienaufsichtsbehörde Ofcom zeigt beispielsweise, dass 12- bis 15-Jährige, die sich der Arbeitsweise von Suchmaschinen bewusst sind, auch Sendungen im Fernsehen viel kritischer gegenüberstehen, als ihre Altersgenossen ohne entsprechende Suchmaschinenkenntnisse (Ofcom, S. 48 f.).

Empfehlungen, Forderungen und Forschungen

In Politik und Gesellschaft herrscht mittlerweile weitgehend Konsens darüber, dass die Förderung von Informationskompetenz im Kindes- und Jugendalter eine Grund-voraussetzung für den Lern- und Berufserfolg sowie die informationelle Selbstbe-stimmung informierter Bürger ist.

Bibliotheken und Bibliotheksverbände nehmen mit ihrer Forderung nach einer früh-zeitigen Förderung von Informationskompetenz seit Jahren eine wichtige Vorreiter-rolle ein. In ihren jüngsten Empfehlungen zur Medien- und Informationskompetenz bezeichnet die International Federation of Library Associations and Institutions (IFLA) den Erwerb dieser Kompetenzen als ein „grundlegendes Menschenrecht“ und eine wichtige Grundlage für soziale Inklusion und lebenslanges Lernen (IFLA 2012).

In einem Positionspapier für die Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesell-schaft“ des Deutschen Bundestages setzt sich der Dachverband der Bibliotheks- und Informationsverbände, Bibliothek & Information Deutschland (BID), für eine spielerische Vermittlung von Informationskompetenz in Kindergarten, Vorschule und der ersten Schulphase ein (BID 2011). Auch die Initiative „Keine Bildung ohne Medien“3 setzt sich für die Förderung der frühkindlichen und schulischen Medienbildung ein. Bereits auf dem Medienpädagogischen Kongress 2011 in Berlin bezeichnete die Arbeitsgruppe „Medien- und Informationskompetenz“ die Vermittlung von Informationskompetenz im Kindergarten und spätestens in der Grundschule als ein vorrangiges Ziel.

In seinen „Empfehlungen zur Weiterentwicklung der wissenschaftlichen Informati-onsinfrastrukturen in Deutschland bis 2020“ (Wissenschaftsrat 2012, S. 11 und 41) vom Juni 2012 spricht sich der Wissenschaftsrat dafür aus, dass Medien- und Informationskompetenz als „umfassende Kulturtechnik bereits im schulischen Fach-unterricht erworben“ werden sollte. Den Ländern empfiehlt der Wissenschaftsrat,

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die Schulen mit personellen Ressourcen auszustatten, um insbesondere auch die Medien- und Informationskompetenz der Schülerinnen und Schüler zu stärken. Aus Sicht der Fachinformation hat die Deutsche Gesellschaft für Informationswissenschaft und Informationspraxis e. V. (DGI) bereits 2008 in einer Denkschrift (Weisel; Botte 2008) ihr Engagement zur Integration von Informationskompetenz in den schulischen Bildungssektor vorgestellt und die Notwendigkeit einer frühzeitigen Förderung von Informationskompetenz im Schulkontext betont. Denn werde ein angemessenes Informationsverhalten nicht in den prägenden Jahren der Kindheit und frühen Jugend verinnerlicht und zur Gewohnheit, so eine Studie der British Library, sei es dafür an den Hochschulen schlicht zu spät (CIBER 2008, S. 23 und 32). Insbesondere habe sich das Nachholen dieser Kompetenzen an den Hochschulen als weitgehend ineffektiv erwiesen (Vgl. CIBER 2008, S. 24).

Welche Bedeutung der Informationskompetenz von Schülern zugeschrieben wird, zeigen die jüngsten Anstrengungen der internationalen Bildungs- und Schulver-gleichsforschung, die darauf abzielen, diese Kompetenzen in einem standardisierten Verfahren zu erfassen und zu messen. Die „International Computer and Information Literacy Study (ICILS 2013)“, an der auch Deutschland teilnimmt, erfasst die com-puter- und informationsbezogenen Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern der Jahrgangsstufe 8 in rund 20 Bildungssystemen. Erfasst wird u. a. die Fähigkeit der Schüler, Informationen hinsichtlich ihrer Qualität und Nützlichkeit zu bewerten und sie mit Hilfe von Technologien zu verarbeiten und weiter zu verbreiten. Darüber hinaus soll die Studie Erkenntnisse liefern, welchen Beitrag weiterführende Schulen in Deutschland zur Förderung computer- und informationsbezogener Kompetenzen leisten. Die Erhebung findet in 2013 statt. Mit ersten Ergebnissen wird Ende 2014 gerechnet. Auf internationaler Ebene koordiniert die IEA (International Association for the Evaluation of Educational Achievement) die Erhebungen.4 In Deutschland übernimmt das Institut für Schulentwicklungsforschung (IFS) an der TU Dortmund die nationale Koordination.

Initiativen und Kooperationen

Die frühzeitige Förderung der Informationskompetenz wird von einigen Bundes-ländern bereits in entsprechenden Initiativen durchgeführt. Seit 2009 gibt es in Bayern das Projekt „Medienführerschein Bayern“5, eine Initiative der Bayerischen Staatskanzlei und des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus, das sich an die Jahrgangsstufen 3 sowie 6 und 7 richtet. Die Schüler lernen u. a., wie sie Nachrichtenwege erkennen und bewerten können, wie man Informationen im Internet findet und bewertet oder wie sich Produktinformationen von Werbung unterscheiden. Die Initiative soll nach und nach weitere Zielgruppen ansprechen.

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Orte der Förderung von Informationskompetenz

In Nordrhein-Westfalen haben alle Grundschulen seit dem Schuljahr 2012/2013 die Möglichkeit, sich an der Initiative „Medienpass NRW“6 zu beteiligen. Der „Medienpass NRW“ wurde 2010 von der NRW-Landesregierung initiiert mit dem Ziel, zunächst Grundschüler fit im Umgang mit Medien und Informationen zu machen. Die Kom-petenzerwartungen sind in einem Kompetenzrahmen festgelegt, der sich an den Richtlinien und Lehrplänen für die Grundschule in NRW orientiert. Den einzelnen Kompetenzen (u. a. „Informieren & Recherchieren“) sind Unterrichtsmaterialien, Linktipps und schulpraktische Hinweise zugeordnet. Auch diese Initiative wird sich künftig weiteren Zielgruppen öffnen. Sowohl der „Medienführerschein Bayern“ als auch der „Medienpass NRW“ tragen zur Verstetigung der Förderung von Informations-kompetenz im Unterricht bei und es bleibt zu hoffen, dass die hier erworbenen Kompetenzen im normalen Schulunterricht weiter gestärkt werden.

Weitere wichtige Initiativen sind insbesondere im Bereich der Kooperation von Schule und Bibliothek zu finden. In Niedersachsen fördert das Netzwerk „Schu:Bi – Schule und Bibliothek“ seit Jahren erfolgreich die Lese- und Informationskompetenz von Schülerinnen und Schülern in Oldenburg und der Region.7 In Nordrhein-Westfalen fördert das Projekt „Bildungspartner NRW. Bibliothek und Schule“8 die Zusammen-arbeit von Schulen und öffentlichen Bibliotheken und wird dabei unterstützt u. a. von der Landesarbeitsgemeinschaft der Schulbibliotheken und der Expertengruppe „Bibliothek und Schule“ des Deutschen Bibliotheksverbandes (dbv). Eine Grundlage der Zusammenarbeit ist der „Referenzrahmen Informationskompetenz“ (Klingen-berg 2012), der von der Kommission „Bibliothek und Schule“ des dbv entwickelt wurde, um die Verständigung zwischen Bibliothekaren und Lehrern in Bezug auf die Teilkompetenzen zu erleichtern.

Orte der Förderung von Informationskompetenz

Entscheidend für den Erfolg der Bemühungen zur Förderung der Informationskom-petenz insbesondere von jüngeren Kindern ist das Zusammenspiel von Bildungsein-richtungen und Familien. Die Experten-Kommission des BMBF zur Medienbildung hat hierzu bereits 2010 festgestellt, dass die Familie als Ort der Medienbildung eine zentrale Rolle spielen müsse und die Bildungspolitik hier Einfluss nehmen könne (BMBF 2010, S. 13).

Dennoch werden Eltern als potentielle Förderer der Informationskompetenz ihrer Kinder kaum wahrgenommen. Die Mediennutzung in den Familien erhält zwar zunehmende Aufmerksamkeit, aber der Fokus liegt in der Regel auf den Sorgen und Nöten der Eltern hinsichtlich der Mediennutzung der Kleinen. Viele Eltern ver-binden mit dem Internet immer noch diffuse Ängste und negative Stereotype (KIM-

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Studie 2010, S. 59) und verbringen nur wenig gemeinsame Zeit mit ihren Kindern im Internet (FIM-Studie 2011, S. 81 f.). Dieses Misstrauen übertragen sie auf ihre Kinder. Dabei können informierte und in Medienerziehungsfragen selbstbewusste Eltern ihre Kinder beim Erwerb von Lesekompetenz unterstützen oder beim Suchen, Finden und Bewerten von Informationen kritisch begleiten und ihnen eine Vielzahl von Optionen mit auf den Weg geben. Notwendig sind deshalb eine stärkere Sensi-bilisierung der Eltern und auf sie zugeschnittene Bildungsangebote, die sowohl ihre Bereitschaft als auch ihre Fähigkeit steigern, ihre Kinder fit zu machen im Umgang mit (Online-)Informationen. Denn bisher spielen Eltern nur eine untergeordnete Rolle als Informations- und Beratungsquelle für ihre Kinder.

Auch die Peergroup spielt eine wichtige Rolle bei der Förderung von Informations-kompetenz. Wissen, die Weitergabe von Informationen rund um Internet und PC sowie die Fähigkeit, etwas erklären zu können, besitzen in der Peergroup eine hohe Wertschätzung (Wagner 2008, S. 186 ff.). Jugendliche gelten als „cool“, wenn sie in der Lage sind, Informationen zu finden und diese weiterzugeben. Projekte, die auf dieser Wertschätzung aufbauen, sind beispielsweise die „Bibliotheksscouts“ der Stadtbibliothek Oberhausen (Merz 2012, S. 344) oder das Projekt „Medienscouts NRW“9, das Jugendliche qualifiziert, damit sie ihren Mitschülern als Ansprechpartner bei Medien- und Informationsproblemen zur Seite stehen.

Weitere wichtige Partner im außerschulischen Bereich sind die Einrichtungen der Kinder- und Jugendarbeit sowie die Jugendinformationsdienste und –zentren in Deutschland. Grundlage ihrer Arbeit ist die „Europäische Charta der Jugendinfor-mation“, in der die Europäische Agentur für Jugendinformation und Jugendberatung (ERYICA) u. a. die Förderung der Informationskompetenz von Jugendlichen als Aufgabenschwerpunkt festgeschrieben hat.10 Während die Jugendinformations-dienste in Deutschland in dieser Hinsicht noch in den Anfängen stecken, setzen die österreichischen Jugendinformationsdienste die Prinzipien der Charta bereits um, beispielsweise durch individuelle Informationsgespräche mit den Jugendlichen oder Informationskompetenz-Workshops für Jugendgruppen und Schulklassen in einzelnen Bundesländern.11

Zu diesem Band

Der vorliegende Band der Schriftenreihe Medienkompetenz des Landes Nordrhein-Westfalen bündelt unterschiedliche forschende, empirische und didaktische Zugänge zum Thema Informationskompetenz mit Blick auf die Zielgruppe der Kinder und Jugendlichen. Nach einer empirischen Einordnung der allgemeinen Mediennutzung von Kinder und Jugendlicher folgen konkrete Analysen zur Internet- und insbesondere

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Zu diesem Band

Suchmaschinen-Nutzung dieser Zielgruppe. Die weiteren Beiträge setzen sich mit den schulischen – und zum Abschluss auch bibliothekarischen – Aspekten der Förderung von Informationskompetenz auseinander, die im Folgenden kurz vorgestellt werden:

Thomas Rathgeb relativiert in seinem Beitrag das Stereotyp der „Google-Generation“ und zeigt anhand der Daten der JIM-Studien-Reihe, dass Kinder und Jugendliche über ein breites Informationsrepertoire verfügen und je nach Thema und Interessenlage unterschiedliche Informationswege einschlagen. Obwohl das Internet im Alltag der Jugendlichen eine große Rolle spielt, ist es je nach Informationsbedürfnis nicht immer die erste Wahl. Jugendliche schätzen nach wie vor die klassischen Medien (Fernsehen, Zeitung, Radio) aufgrund ihrer professionellen Aufbereitung von Infor-mationen und bleiben ihnen generell über die Jahre hinweg treu.

Christine Feil, Christoph Gieger und Alexander Grobbin präsentieren und diskutieren in ihrem Beitrag erste Ergebnisse des Projekts „Informationsverhalten von Kindern im Internet. Eine empirische Studie zur Nutzung von (Kinder-)Suchmaschinen“. Aus-gehend von zwei Online-Befragungen, den Suchmaschinenprotokollen von „Blinde Kuh“, „fragFINN“ und „Helles Köpfchen“ sowie teilnehmenden Beobachtungen von Internetrecherchen gehen sie der Frage nach, wie und was Kinder auf diesen Spezial-suchmaschinen suchen. Die Untersuchung zeigt auch, mit welchen Problemen die Kinder während ihrer Recherchen zu kämpfen haben und dass Kindersuchmaschinen sich nicht intuitiv erschließen. Der Umgang mit ihnen muss gelernt werden.

Yvonne Kammerer und Maja Bohnacker wenden sich in ihrem Beitrag über elek-tronische Suchhilfen und Unterstützungssysteme für Kinder einem bisher wenig erforschten Gebiet zu und können zeigen, dass Kinder erfolgreicher im offenen Internet recherchieren, wenn sie durch elektronische Suchhilfen und einfache Navigation unterstützt werden. Bei der Beschreibung von Lösungsansätzen, wie Kinder Schritt für Schritt bei ihrer Informationssuche begleitet werden können, greifen die Autorinnen auf die Ergebnisse einer eigenen Studie zurück. Tech-nologische Unterstützungssysteme sind aber nur dann sinnvoll, wenn sie die Bildungsarbeit ergänzen, wenn sie von den Kindern akzeptiert werden und vor allem, wenn sie die unterschiedlich weit fortgeschrittene kognitive Entwicklung von Kindern berücksichtigen.

Matthias Ballod setzt sich mit der Frage auseinander, wie durch den Einsatz von Google im Unterricht die Informationskompetenz der Schülerinnen und Schüler gesteigert werden kann. Indem die Lernenden dafür sensibilisiert werden, dass bloßes „Googeln“ nicht sehr weit führt, lernen sie, durch den Auf- und Ausbau von Methoden- und Sprachkompetenz ihre Recherchefähigkeiten zu verbessern. Zu