Heft 49 - nachhaltige Schülerfirmen Endfassung

44
Heft BNE praktisch Pädagogisches Zentrum Rheinland-Pfalz EINFACH BESSER UNTERRICHTET Heft 49 Nachhaltige Schülerfirmen

Transcript of Heft 49 - nachhaltige Schülerfirmen Endfassung

Page 1: Heft 49 - nachhaltige Schülerfirmen Endfassung

HeftB

NE

pra

kti

sch

Pädagogisches ZentrumRheinland-Pfalz

EINFACH BESSER UNTERRICHTET

Heft 49Nachhaltige Schülerfirmen

Page 2: Heft 49 - nachhaltige Schülerfirmen Endfassung

2

Editorial

die Aufgabe einer Bildung für nach-haltige Entwicklung ist es, Um-weltbildung, ökonomische Bildung und soziale Aspekte vernetzt und global zu betrachten und in einem neuen Konzept zusammenzuführen, entsprechend der drei Säulen der Nachhaltigkeit: Ökologie, Ökonomie und Soziales.Die Schülerinnen und Schüler sollen dabei lernen, in ökologischer und sozialer Verantwortung erfolgreich zu wirtschaften.

Dies kann gelingen, wenn die folgen-den Ansätze berücksichtigt werden:

• Die Schülerinnen und Schüler werden an der Auswahl und Ge-staltung von Unterrichtsthemen beteiligt, wobei ihre Eigeninitiati-ve gefördert wird.

• Sie lernen, gemeinsam mit anderen Lösungen im Sinne der nachhalti-gen Entwicklung zu finden.

• Es wird fachübergreifend und Fächer verbindend in den verschie-densten Disziplinen gearbeitet.

• Projektarbeit ist von besonderer Bedeutung.

• Die Schülerinnen und Schüler ler-nen selbst gesteuert und arbeiten in Teams.

So gesehen drängt es sich geradezu auf, die Methode „Schülerfirma“ anzuwen-den, was auch eine stetig wachsende Zahl dieser Unternehmen belegt. Nach der umwelterziehung praktisch nr. 45

Liebe Leserinnen und Leser,

erscheint daher auch diese zweite PZ-Veröffentlichung zum Thema – nicht zuletzt auch, um weiteren Lehrkräften Mut zu machen und sie zu inspirieren, diese Methode zu erproben.

Die aktuelle pädagogische Diskussion beschäftigt sich mit der Vermittlung von Kompetenzen, denn Wissen veraltet und somit wird der Erwerb von Kompetenzen immer wichtiger. In diesem Zusammenhang wurde als Ziel der Bildung für nachhaltige Ent-wicklung die Vermittlung von Gestal-tungskompetenz formuliert. Hierunter versteht man, dass zukunftsrelevante Probleme gelöst werden können und man über spezifische Handlungsfä-higkeiten verfügt. Um den Begriff Gestaltungskompetenz besser zu verdeutlichen, wird eine Gliederung in 10 so genannte Teilkompetenzen vorgenommen (siehe rechte Spalte).

Die 10 Teilkompetenzen der Gestaltungskompetenz

Weltoffen und neue Perspek-tiven integrierend Wissen aufbauen

Vorausschauend denken und handeln

Interdisziplinär Erkenntnis-se gewinnen und handeln

Gemeinsam mit anderen pla-nen und handeln können

An Entscheidungsprozessen partizipieren können

Andere motivieren können, aktiv zu werden

Die eigenen Leitbilder und die anderer reflektieren kön-nen

Selbstständig planen und handeln können

Empathie und Solidarität für Benachteiligte, Arme, Schwache und Unterdrückte zeigen können

Sich motivieren können, aktiv zu werden.

Natürlich können in einem Un-terrichtsprojekt nicht immer alle Teilkompetenzen angebahnt werden, aber wie die nachfolgenden Beispiele zeigen, erwerben die Mitarbeiter/in-nen von Schülerfirmen doch in aller Regel eine Vielzahl von ihnen.Machen Sie für sich selbst die Probe, und überprüfen Sie die Praxisbei-spiele auf die Vermittlung der o. g. Teilkompetenzen!

Dr. Rainer Tempel

Bad Kreuznach im September 2007

Page 3: Heft 49 - nachhaltige Schülerfirmen Endfassung

3

Inhalt

Beiträge in diesem HeftGrundsätzliches Nachhaltige Schülerfi rmen Rolf Desecke

Praxisbeispiele Eine-Welt-Schülerfirma Regionale Schule Rülzheim Norbert Schäfer / Rainer Tempel

Unsere Chefin Christina ging in die 9v Grund- und Regionale Schule Wallhalben Peter Schmidt

Der „Umweltladen“ im Bildungszentrum Worms Bernhard Susewind

„Medienwerkstatt“ - Wege entstehen beim Gehen Erich-Kästner-Regionalschule Ransbach-Baumbach Annelie Sinzig

Das K-Team - mehr als Brötchen Otto-Hahn-Gymnasium Landau/Pfalz Hans Allmendinger / Anna Wehrheim / Cornelius Rau

JUFI - die Juniorenfirma der BBS Ludwig-Ehrhard-Schule in Neuwied Dirk Wölbert / Sascha Heß / Ulrich Deilmann

De Pälzer fer die Palz - Schüler machen Regiogeld Claudia Moede

Die ProRegio SGmbH - die Speyerer Geldmacher Sonja Stegmeyer

Produktionsklassen-Projekt Berufsbildende Schule Germersheim / Wörth Erhard Steller

Literatur

Impressum

Seite 4

Seite 6

Seite 9

Seite 17

Seite 23

Seite 27

Seite 33

Seite 37

Seite 38

Seite 41

Seite 43

Seite 44

Page 4: Heft 49 - nachhaltige Schülerfirmen Endfassung

4

In Ihrer Schule wollen Sie Schülerin-nen und Schülern vernetztes Denken vermitteln? Themenfelder sollen da-bei Wirtschaft, Umwelt und Soziales sein? Das Lernarrangement soll auch genutzt werden, um den jungen Leu-ten praxisorientiert wirtschaftliche Grundkenntnisse zu vermitteln? Sie sollen dabei ihre Persönlichkeit und ihre Sozialkompetenz entwickeln? Das Ganze soll möglichst auch in Kooperation mit externen Partnern erfolgen? Spaß soll alles auch noch machen und motivieren?

Wenn die Ausbildungschancen der Schülerinnen und Schüler Ihrer Schule verbessert werden sollen, weil sie es in der Praxis am realen Markt gelernt haben, zukunftsorientiert, wirtschaftlich erfolgreich, in sozialer und ökologischer Verantwortung zu handeln – dann ist die Gründung von

Grundsätzliches

nachhaltigen Schülerfirmen für sie ein wichtiges Thema in der Schule.

Schülerfirmen bieten auf dem realen Markt Produkte und/oder Dienstleis-tungen an. Reisebüros organisieren z. B. Klassenfahrten und Ausflüge, Bis-tros versorgen die Schule mit einem gesunden Frühstück, Fahrradwerk-stätten sorgen für sichere Mobilität, Kunstagenturen bieten lokalen Be-trieben Leasing von Bildern aus dem Unterricht an. Der Ideenvielfalt sind keine Grenzen gesetzt. Um erfolg-reich zu sein, ist eine angemessene Organisation der betrieblichen Abläu-fe notwendig. Das Ziel der Firma ist aber nicht in erster Linie, Gewinn zu machen, sondern sie soll es Schülerin-nen und Schülern ermöglichen, erste wirtschaftliche Erfahrungen zu sam-meln und in einem wirklichkeitsnahen Umfeld wirtschaftliches Handeln

Rolf Dasecke

Nachhaltige Schülerfirmen

Page 5: Heft 49 - nachhaltige Schülerfirmen Endfassung

5

und Denken zu lernen. Nachhaltige Schülerfirmen sind an allen Schul-formen der Sekundarstufen I und II erfolgreich erprobt.

Nachhaltige Schülerfirmen wollen nicht nur wirtschaftlich erfolgreich sein. Sie wollen dabei auch ökolo-gische und soziale Ziele verfolgen. Produkt, Produktion und Betrieb sollen so gestaltet sein, dass die Natur möglichst wenig belastet wird, die Schülerinnen und Schüler persön-lich in ihren sozialen Kompetenzen gestärkt werden, das Miteinander üben können und dabei auch ge-sellschaftliche Probleme wie z. B. das gemeinsame Wirtschaften in der Einen Welt erfahren. Vernetztes Denken im Nachhaltigkeitsdreieck Wirtschaft, Umwelt und Soziales soll erlernt werden.

Nachhaltige Schülerfirmen sind zu-erst eine pädagogische Veranstaltung. Oberstes Ziel ist das Sammeln von Er-fahrungen durch praktisches Handeln und das Erwerben von Kenntnissen. Deshalb sollten solche Firmen auch fest und dauerhaft im Schulkonzept und im Stundenplan der Schule ver-ankert sein. Selbstständiges Handeln der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Firma stärkt die Persönlichkeit, sorgt für Motivation und ändert das Verhältnis zwischen Lehrkräften, Schülerinnen und Schülern. Um Kompetenz in die Schule zu holen und um den Schülerinnen und Schü-lern neue Erfahrungshorizonte zu erschließen, sollten die Schülerfirmen so viel Kontakt wie möglich mit mög-lichst branchengleichen Unternehmen vor Ort pflegen. Als günstig hat sich ein festes Partnerschaftsverhältnis mit einer Firma erwiesen.

Um wirtschaftlich erfolgreich sein zu können, müssen nachhaltige Schüler-firmen in der Gründungsphase eine

Erfolg versprechende Produktidee und Unternehmensleitlinie entwi-ckeln, Marktchancen erkunden, die rechtlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen abklären, einen Finanzplan erstellen und das Ganze am besten in einem Businessplan zusammenfassen.

Danach muss der Firma dauerhaft eine Organisationsstruktur gegeben werden, der Personalbedarf ist zu ermitteln und zu decken, die Abläufe im Betrieb von der Beschaffung bis zum Absatz sind zu strukturieren, die Buchführung muss organisiert werden usw. All das, was in einem realen Betrieb anfällt, muss auch in einer Schülerfirma im Kleinen erledigt werden und bietet so vielfäl-tige Möglichkeiten, wirtschaftliches Grundwissen zu vermitteln.

Im Sinne der Nachhaltigkeit öko-logisch zu wirtschaften, heißt für Schülerfirmen, sich bei allen Ent-scheidungen zu überlegen, wie man Materialien und Energie einsparen kann, wie man verstärkt auf nach-wachsende Rohstoffe und erneuerbare Energien setzt, wie beim Produkt und der Produktion Schadstoffe eingespart werden können und wie Abfälle zu vermeiden oder ansonsten ordnungs-gemäß zu beseitigen sind. Auch sollten die Produktionsbedingungen berücksichtigt werden, z. B.: Wurden die Vorprodukte durch Kinderarbeit produziert? Achten die Firmen auf Umwelt- und Arbeitsschutz? Wer ist Nutznießer des Wertschöpfungs-prozesses (im Sinne des Eine-Welt-Gedankens)? Um dies abzusichern, bemühen sich Schülerfirmen im Rahmen eines Nachhaltigkeitsaudits um einen permanenten Verbesse-rungsprozess.

Sozial verantwortlich zu wirtschaften, heißt für nachhaltige Schülerfirmen,

dauerhaft die Perspektiven der Ei-nen Welt, der Gleichstellung der Geschlechter und der in der Firma vertretenen Nationalitäten im Auge zu behalten sowie andere gesell-schaftliche Probleme zu bearbeiten. Diese Schülerfirmen bieten den Schülerinnen und Schülern praktische Möglichkeiten, ihre persönlichen Kompetenzen wie z. B. Team- und Entscheidungsfähigkeit zu entwi-ckeln. Sie lernen, vernünftig mitein-ander zu reden, Konflikte zu lösen und sich an Werten (Nachhaltigkeitsidee) zu orientieren. Nicht zuletzt lernen sie, selbstständig zu handeln.

Die Leistungen der Schülerinnen und Schüler in der Schülerfirma werden beim Verlassen der Schule in einem Arbeitszeugnis in der Sprache der Wirtschaft dokumentiert und können Bewerbungen beigelegt werden. So verbessern auch Förder- und Haupt-schüler ihre Einstellungschancen.

Weitere Informationen:

Rolf DaseckeFachkoordinator für Nachhaltige Schülerfirmen im Programm Transfer-21 des Landes Niedersachsen

Tel.: 0 42 22 / 40 02 56E-Mail: [email protected]

Page 6: Heft 49 - nachhaltige Schülerfirmen Endfassung

6

Praxisbeispiel 1

Vorbemerkung

An der Regionalen Schule Rülzheim in Rheinland-Pfalz besteht seit dem Schuljahr 2005/06 eine Arbeitsge-meinschaft zum Themenkomplex „Eine Welt“. Sie trifft sich jeden Mittwochnachmittag und steht unter der Leitung eines Landschaftsarchi-tekten, welcher auch über konkrete Erfahrungen über Länder des Südens aus seiner Tätigkeit als Entwicklungs-helfer verfügt sowie einer Pastoralre-ferentin.

Anfangsphase

Im Schuljahr 2005/06 hatten sich die Schülerinnen und Schüler der AG dem Begriff „Nachhaltigkeit“ über das Thema „Wohnen“ genähert und eine Lehmhütte errichtet. Der gemeinsame Bau einer solchen Hütte - wie es sie in vielen Ländern der Welt gibt - gebaut mit örtlich vorhandenem Material, war ein lebendiges Projekt und authentisches Beispiel für den abstrakten und für viele schwer ver-ständlichen Begriff.

Natürlich sollte die Hütte auch eine Funktion haben, und die AG-Mit-glieder machten verschiedene Nut-zungsvorschläge. Als praktikabel erwies sich die Idee, die Hütte vom benachbarten Kindergarten als Spiel-häuschen nutzen zu lassen. Aus verschiedenen Gründen nicht durch-führbar war der Vorschlag, darin einen Laden unterzubringen, doch führte diese Idee zum hier dargestellten Projekt „Fairer Handel durch eine Eine-Welt-Schülerfirma“.

Einstieg

Die beteiligten Schülerinnen und Schüler waren zwischen 12 und 14 Jahren alt. Sie hatten vor dem AG-Besuch keine Vorerfahrungen in Bezug auf das Thema „Fairer Handel“, zumal es am Schulort auch keinen Weltladen gibt. Insofern war

Norbert Schäfer / Rainer Tempel

Eine-Welt-SchülerfirmaEin Projekt im Rahmen des Ganztagsangebotes der Regionalen Schule Rülzheim

Projektbegleitung

Norbert Schäferfreier Landschaftsarchitekt

Büro STADT+NATUR in Klingenmünster

Andrea HinterbergerPastoralreferentin

der kath. Kirche in Rülzheim

Die Firma präsentiert sich auf der Ganztagsschulmesse am 5. Juni 2007 in Bad Kreuznach

Page 7: Heft 49 - nachhaltige Schülerfirmen Endfassung

7

es zunächst erforderlich, ihnen die globalen Zusammenhänge und Ab-hängigkeiten – soweit in einfachen Worten möglich – zu erläutern, um deutlich zu machen, wo der faire Handel im Gegensatz zum gängigen Welthandel ansetzt. Nachdem ein ge-wisses Grundverständnis vorhanden war, wurde ein Fragebogen entwi-ckelt. Damit sollte herausgefunden werden, wie weit bei den Bürgern von Rülzheim Informationen zum Thema Fairer Handel vorhanden sind. Die Interviews, die die Kinder anschlie-ßend auf der Straße mit Passanten und Geschäftsleuten machten, waren einerseits ernüchternd (weil sehr wenig Kenntnis vorhanden war) auf der anderen Seite auch ermutigend, da sich einige Personen vorstellen konnten, fair gehandelte Produkte von den Schülerinnen und Schülern der Regionalen Schule zu erwerben.

Durchführung

• Besuch des Weltladens Landau

Auf der Suche nach weiteren Infor-mationen wandte sich die AG nun an den nächstgelegenen Weltladen in Landau. Die Inhaberin lud die Schülerinnen und Schüler für einen Nachmittag in ihren Laden ein und erläuterte anhand von konkreten Produkten, wie man mit dem Ver-kauf/Kauf von fair gehandelten Wa-

ren dazu beitragen kann, dass z. B. Kleinbauern in Lateinamerika einen höheren fairen Preis für ihre Produkte erhalten, somit menschengerechter leben und ihre Kinder in die Schule schicken können. Neben der Informa-tion freuten sich die Kinder über die verteilte Schokolade, und besonders faszinierend fanden sie die kleinen Blechautos aus Afrika, gebastelt aus leeren Konservendosen und Draht.

• Entwicklung eines Informations-flyers

Auf der Grundlage der Ergebnisse aus den Befragungen und dem Besuch des Welt-Ladens wurde ein Flyer zur zukünftigen Schülerfirma entwickelt. Dieser stellte die Akteure und die Ziele der Firma vor und wies auf die Verkaufsangebote hin.

Bei der Produktpalette gab es und gibt es bis heute immer wieder Verände-rungen, da manches nicht so nachge-fragt wird wie erhofft, aber weil auch

neue Ideen aufgegriffen werden.Als Kundschaft wurden zwei Ziel-gruppen ins Auge gefasst – einmal die Schule selbst und dann das Umfeld um die Schule.

• Verkauf in der Schule

Der Verkauf in der Schule findet während der Pausen statt. Ziel ist vorrangig die Verköstigung von Schülerinnen und Schülern. Bereits seit mehreren Jahren werden seitens der Schülerschaft in den Pausen belegte Brötchen verkauft. Das Sor-timent der Eine-Welt-Schülerfirma sollte nun diesen Pausenverkauf sinnvoll ergänzen. Insofern sind die wesentlichen Produkte im Angebot Orangensaftgetränke, Müsliriegel, Gummibärchen, etc.

• Verkauf im Umfeld der Schule/ außerhalb der Pausenzeiten

Aufgrund der Befragungen und der Erkenntnis, dass der Umsatz in den

Die Lehmhütte

Die späteren Nutzer aus dem Kindergarten schauen interessiert bei den letzten Arbeiten an der Lehmhütte zu.

Page 8: Heft 49 - nachhaltige Schülerfirmen Endfassung

8

Pausen nicht ausreichen würde, um einen attraktiven Gewinn zu erwirtschaften, überlegte man in der Firma, wie das außerschulische Umfeld erreichen werden könnte. Ein überraschendes Angebot von Seiten der Gemeinde, einen Stand auf dem Weihnachtsmarkt in Rülzheim aufzu-bauen, brachte dann den Aufbau der Firma schneller voran als geplant. Eilig wurde ein Sortiment (auch mit ein paar Weihnachtsartikeln) zusammengestellt, das dann auf dem Marktplatz unter Weihnachtsklängen feilgeboten werden konnte.

• Aufbau der Verkaufstheke und Dekoration der Glasvitrinen

Nach diesem ersten (z. T. recht kaltem) Erfolgserlebnis ging man nun mit Elan an den Aufbau und die Gestaltung des Verkaufsstands – einer Theke. Diese steht heute in der Eingangshalle der Schule. In ihr befinden sich die Waren, die zum Verkauf nach Bedarf auf die Theke gestellt werden.

Parallel dazu wurden bereits vorhan-dene Glasvitrinen mit den Verkaufs-artikeln dekoriert. Hierbei wurde auch der Bedarf von Erwachsenen berücksichtigt. Vorbeigehende Lehrer und Eltern entdecken hier z. B. auch Kaffee, Tee oder Kunsthandwerk. Natürlich wurde die Werbung für die Sache nicht vergessen. Neben den Flyern gestaltete man noch verschie-dene Plakate, die die Kinder in die Klassenräume hängten.

• Verkauf von Recycling-Büroware

Fair gehandelte Produkte bilden das Kerngeschäft. Bald stellte man aber fest, dass seitens der Schülerschaft auch Interesse an einfachen Büroarti-keln, wie z. B. Schreibblöcken, Stiften und Spitzern besteht. Im Sinne der

Nachhaltigkeit wurde beschlossen, diese Artikel in das Sortiment auf-zunehmen. Da die genannten Artikel viel mit dem Themenkomplex Papier zu tun haben, lud die Firmenleitung am 21.03.07 Frau Dr. Birgitta Gold-schmidt von der Papierinitiative Rheinland-Pfalz ein. Sie berichtete sowohl in der AG als auch am El-ternabend über die Zielsetzung der Papierinitiative, einem Dekadepro-jekt. Frau Dr. Goldschmidt machte auf lebendige Art und Weise deutlich, wie wir durch bewussten Einkauf (z. B. von Recyclingpapier) einen persönlichen Beitrag zum Erhalt von Umwelt und Natur leisten können. Als Ergebnis der Veranstaltung ver-pflichtete sich spontan eine Klasse der Schule im Rahmen der Initiative 2000 plus, sich zukünftig für die stärkere Verwendung von Recyclingpapier einzusetzen.

Aus Sicht des verantwortlichen außer-schulischen Koperationspartners:

Zwischenbilanz Grenzen und Probleme der Eine-Welt-Schülerfirma

Noch sind wir keine Schülerfirma im eigentlichen Sinne. Wir haben einen

Warenbestand, den wir innerhalb und außerhalb der Schule mit einem kleinen Gewinn verkaufen. Der Um-satz im laufenden Schuljahr beläuft sich bis heute auf ca. 2 000,- €. Mir stellt sich hierbei die Frage, wie weit Schülerinnen und Schüler im Alter von 12 - 14 Jahren bei entsprechender Einführung und Betreuung eine sol-che Firma eigenverantwortlich führen können. Unsere Erfahrungen in Rülz-heim zeigen, dass die Kinder mit viel Freude kaufen und verkaufen, Plakate und Vitrinen gestalten oder mit großer Begeisterung auf Veranstaltungen wie z. B. den Weihnachtsmarkt gehen. Die vielen weniger spektakulären (nicht lustbetonten) Aktivitäten, wie Buch-führung, Schreibarbeiten, etc. sind im Rahmen einer Nachmittags-AG – wo die Kinder schon einen langen Schultag hinter sich gebracht haben - schwer „an den Mann zu bringen“.

Blick in die Zukunft

Im nächsten Schuljahr werden unsere Aktivitäten dahin gehen, dass wir die erforderlichen Strukturen im Sinne ei-ner nachhaltigen Schülerfirma schaf-fen. Darüber hinaus sind wir z. Zt. dabei, eine Homepage zu entwickeln, über die dann auch Waren bestellt bzw. gekauft werden können.

Partnerschaft mit einer Schule in Ländern des Südens

Was geschieht mit dem Gewinn, den die Schülerfirma erwirtschaftet? Nach Rückzahlung des Erstkredits für den Warenbestand an die mit uns kooperierende Bank sollen die Erlöse zum großen Teil in den Aufbau einer Partnerschaft mit einer Schule in einem Land des Südens fließen. Wir erhoffen uns langfristig, Waren von dieser Schu-le zu erhalten, die wir dann in unserer Schülerfirma verkaufen können.

Die Verkaufstheke in der Eingangshalle

Page 9: Heft 49 - nachhaltige Schülerfirmen Endfassung

9

Idee

Das Projekt „Wir gründen eine Fir-ma“ entstand in der Nachbereitung des Betriebspraktikums im Rahmen des Arbeitslehreunterrichts der ach-ten Klasse. Viele Schülerinnen und Schüler hatten nur wenig Hoffnung auf Lehrstellen. Diese waren im Landkreis Südwestpfalz und in den Städten Pirmasens und Zweibrücken sehr dünn gesät. Schlechte Verkehrs-verbindungen in die anderen Erwerbs-zentren Homburg und Kaiserslautern taten ihr Übriges.

Ziele

Unsere Schülerinnen und Schüler und deren Eltern stellten eine intensive Vorbereitung des Übergangs Schule Berufsleben (Bewerbung; Vorstel-lungsgespräch) in den Vordergrund. Persönliche Kontakte zu Betrieben sollten angebahnt werden.

Weiterhin strebten wir an, was Dase-cke (2001) neben den betriebswirt-schaftlichen Grundlagen unternehme-rische Schlüsselqualifikationen nennt: Flexibilität, Phantasie und Kreativität,

Peter Schmidt

Unsere Chefin Christina ging in die 9vRückblick auf die „Sickinger Schülerreisen“ an der Grund- und Regionalen Schule Wallhalben

Praxisbeispiel 2

Geschäftsideen in der Planungsphase

Weitere Informationen:Peter Schmidt

Regionaler Fachberater BNE [email protected]

Page 10: Heft 49 - nachhaltige Schülerfirmen Endfassung

10

Entscheidungsfreudigkeit, Erfolgsori-entierung und Risikobereitschaft.Zudem sollten die Produkte präsen-tiert und verkauft werden. Dazu muss-ten Präsentationstechniken erarbeitet und geübt werden.

Schulische Organisation

Vorbehalte prägten die ersten Ge-spräche mit der Schulleitung. Die Frage nach der Geschäftsidee war völlig offen, ebenso konnte zuerst mit nur wenigen interessierten Schü-lern argumentiert werden, die den Lehrereinsatz rechtfertigen würden. Überforderung und Enttäuschungen galt es zu vermeiden. Eigene prakti-sche Erfahrung fehlte. Die Ziele wurden intensiv diskutiert. Lernen musste im Mittelpunkt stehen. Der dicht gedrängte Stundenplan ließ nur einer freiwilligen Nachmittags-veranstaltung Raum.

Nachdem das Vorhaben der Gesamt-konferenz vorgestellt war, konnte die Arbeitszeit mit einer Stunde aus der Anrechnungspauschale und einer klassenübergreifenden AG-Stunde genehmigt werden. Die vereinbarte flexible Gestaltung im Sinne eines Arbeitszeitkontos erwies sich als sehr vorteilhaft. Jetzt galt es eine genügen-de Anzahl Schüler und Schülerinnen zu gewinnen.

Die Belegschaft und ihre Eltern

Nachdem diese organisatorische Hürde überwunden war, wurden die Schülerinnen und Schüler informiert, die im Unterricht Geschäftsideen entwickelten. Sie sprachen Mitschüler an, denen sie entsprechendes Enga-gement zutrauten und von denen sie annahmen, dass sie sich auf etwas Neues einlassen würden.

„Wir gründen einen Betrieb“ - ein sehr abstrakter Arbeitstitel war eine echte Herausforderung, die jedoch zügig in ganz konkrete individuelle Vorstellungen mündete. Die obligatorischen Elternabende zum Thema Berufswahl hatten bereits im Vorjahr stattgefunden, die Eltern waren sensibilisiert. Jetzt waren die Schülerinnen und Schüler gefordert, ihre Eltern von dem Projekt zu über-zeugen.

Nachmittags freiwillig in der Schule bleiben, war im ländlichen Raum nicht das eigentliche Problem. Das nach Hause Kommen musste gelöst werden. Linienbusse standen nicht zur Verfügung. Glücklicher Weise fanden sich Eltern, die Fahrgemein-schaften bildeten.Schließlich erklärten fünf Mädchen und sieben Jungs - acht Neuntklässer und vier Achtklässer - ihre verbindli-che Mitarbeit für ein „Probehalbjahr.“ Ein Anfang war gemacht und der Einstieg stand bevor.

Besuch eines jungen Betriebes

Wenige Jahre zuvor war am Schul-standort die Zimmerei mit Sägewerk „Utzinger und Pfeiffer“ gegründet worden. Auf das Projekt angespro-chen, signalisierten beide Jungunter-nehmer sofort ihre Unterstützung.

Herr Pfeiffer stellte die verschiedenen Abteilungen seines Betriebes vor:

Wareneinkauf, Werkstatt, Buchhal-tung (Kalkulation, Rechnungs- und Mahnwesen, ...), Auftragsannahme, Planungsbüro, Baustellen. Die ver-schiedensten Facetten der Zimmerei wurden deutlich erkennbar.

Die Schülerinnen und Schüler hatten viele Fragen bezüglich Firmengrün-

dung. Hier einige wichtige Antworten des Meisters:

„Am Anfang informierten wir uns bei Kollegen und Selbständigen auch in ganz anderen Branchen, z. B. Bäcker, KfZ-Mechaniker..., denn alle können ihr Handwerk, brauchen aber auch Kaufleute, Steuerfachleute, Geneh-migungen, … und viel Geld.

• Der Steuerberater muss zur Seite stehen, obwohl mein Kollege Kaufmann ist. Beide erstellten einen Plan in Bezug auf die Trag-fähigkeit des Betriebes.

• Die Investition für die Firmengrün-dung raubt einem anfangs schon den Schlaf, eine halbe Million reichte nicht!

• Würden alle pünktlich bezahlen, ginge es meinen Mitarbeitern und mir viel besser und ich bräuchte nicht mehr um die Existenz ban-gen. Ich hoffe in 2 bis 3 Jahren werden wir das geschafft haben, denn unsere Arbeit ist gut.

• Im Sommer leisten wir viele Über-stunden, da könnte ich noch einige Leute beschäftigen, im Winter habe ich aber wenig Arbeit. Mir ist es wichtig wenige, dafür dau-erhafte Arbeitsplätze zu schaffen. Das ist für die Mitarbeiter verläss-licher.“

Authentischer ist Selbständigkeit kaum zu vermitteln. Den Schüle-rinnen und Schülern (und mir) war sehr bewusst geworden, dass Hilfe von Sachkundigen und vertrauens-volle Zusammenarbeit mit Banken notwendig sein würden. Und ein Quäntchen Risikobereitschaft würde wohl eher das Salz in der Suppe des Selbständigen sein. Eine pfiffige Idee war nun gefragt.

Page 11: Heft 49 - nachhaltige Schülerfirmen Endfassung

11

Die Geschäftsidee

In einem Brainstorming wurde ge-sammelt:

Eine Internetrecherche verdeutlichte, dass alle genannten Ideen verwirk-licht werden können, bzw. an anderen Schulen in ähnlicher Form bestehen.Die Vorschläge wurden präzisiert. Umfangreiche, engagierte Präsenta-tionen führten zu einem langen Fin-dungsprozess. Nach Abwägung vieler Für und Wider, der Einschätzung der eigenen Fähigkeiten und Interessen, fiel die Entscheidung in einer Abstim-mung für das Schülerreisebüro.

An der Ökologischen Schule Wallhal-ben war es Tradition, dass innovative Vorhaben im Kontext des Leitbildes der NökoSch-Schulen stehen. (An-merkung der Redaktion: Die Schule ist eingebunden in das rheinland-pfäl-zische „Netzwerk ökologisch orien-tierter Schulen“, kurz NökoSch.). Es sollte also ein Reisebüro für ökologi-sche Schülerreisen werden.

Tätigkeits- und Geschäftsplanung

Es galt jetzt folgende Fragen zu be-antworten:

außerbetrieblich:

• Welche aktuellen Unterstützungs-systeme gibt es für Existenzgrün-der?

• Wer muss was genehmigen? • Welche Rolle spielt das Finanz-

amt? • Wird eine Bank (Kontoführung, ...)

unser Unternehmen unterstützen?• Welche Konkurrenten gibt es?

innerbetrieblich: • Wer trifft Entscheidungen? • Wie ist ein Reisebüro organi-

siert?• Welche Spezialisierung, welches

Profil wird angestrebt?• Wer bearbeitet die Aufträge?• Wer zahlt, wenn es schief geht? • Wie viel Geld brauchen wir für

Material und Geräte? • Wann kann mit der eigentlichen

Arbeit begonnen werden?

Eine Exkursion zur Industrie- und Handelskammer der Pfalz in Pirma-sens (IHK) sollte zusätzlich für eine Recherche in Reisebüros der Stadt genutzt werden. Drei Teams erledig-ten folgende Aufträge:

• Erstellen des Zeitplanes (in Plakat-form)

• Erarbeiten von Leitfragen für die Gespräche in den Reisebüros

• Planen der Reise zur IHK nach Pirmasens (Termine, Kosten, Ge-nehmigung).

Arbeitsergebnisse: a) Aufbauend auf den Erfahrungen

aus dem vorjährigen Schülerprak-tikum wurde ein erster Geschäfts-plan erstellt.

b) Wir hatten uns den ersten Auftrag selbst erteilt: Terminieren des Besuchs bei der IHK und Fahrt-planung für 13 Personen“.

Fremde Gesprächspartner, die man um etwas bitten muss, waren für alle Schülerinnen und Schüler eine völlig ungewohnte Situation. Obgleich viele zu den Vieltele-fonierern gehörten, bedurfte es einiger Motivation, bis der Termin mit der IHK vereinbart war.

Das sonst übliche Privattaxi stand diesmal nicht zur Verfügung. Ein Mietbus nach Pirmasens sollte 200,- € kosten. Die RSW (Regio-nalbus Saar Westpfalz), Anbieter des öffentlichen Personennahver-kehrs, blieb als letzte Chance. Wir

Aufgaben

Page 12: Heft 49 - nachhaltige Schülerfirmen Endfassung

12

fuhren also Linienbus, für 26,- € hin und zurück.

c) Leitfragen für den Besuch der Reisebüros mussten erarbeitet werden.

Es wurde vereinbart, dass wir uns zuerst vorstellen, unser Anliegen mitteilen und um ein Gespräch bit-ten, in welchem wir die folgenden Fragen stellen wollten:

• Kann man Klassenfahrten buchen?

• Arbeiten Sie in Teams? • Welche Abteilungen gibt es im

Reisebüro? • Gibt es Spezialisten für be-

stimmte Tätigkeiten? • Welche Aufgaben hat der

Chef? • Wie ist ihre Arbeit jahreszeit-

lich verteilt?

Ergebnis

Es stellte sich heraus, dass die Bera-tungstätigkeit der wichtigste Aspekt ist. Die Reiseverkehrskaufleute ent-wickeln ein Gespür für die Wünsche der Kunden und haben den Überblick über die Reiseziele. Die Mitarbeite-rinnen (bei unseren Befragungen alle weiblich) bearbeiteten am Computer ihre Aufträge alleine. Es gibt in der Reisebranche ein starkes Hoch im Sommer und ein kleineres im Winter. Entsprechend ist in den Agenturen im Frühjahr und Herbst Hochsaison. Der Chef (bei unseren Befragungen waren es nur Männer) arbeitet häufig mit. Er bearbeitet die Buchhaltung, stellt Personal ein und führt Erfolgs-statistiken.

Besuch der IHK

Die Beraterin für Existenzgründer Frau Weiland informierte in einem dreistündigen Seminar über die be-triebswirtschaftlichen Grundlagen, die Aufgaben der Steuerberatung und der Behörden. Eine Wirtschaft-lichkeitsanalyse wurde dringend empfohlen. Ein abschließend erhal-tener Leitfaden für Existenzgründer diente der individuellen Vertiefung. Ein Glücksfall, denn dadurch konnte viel Zeit eingespart werden und wir hatten eine umfassende Handreichung zum Nachschlagen!

Marktanalyse

Keines der besuchten Reisebüros hatte je eine Klassenfahrt organisiert. Da war also keine Konkurrenz zu erwarten.

Page 13: Heft 49 - nachhaltige Schülerfirmen Endfassung

13

Pauschalangebote für Klassenfahrten liegen mittels Katalogen in sehr großer Zahl vor. Diese zielen jedoch besonders auf Abschlussfahrten oder Reiseziele in größeren Entfernungen. Ökologische Aspekte spielen keine erkennbare Rolle. Standard ist der Mietbus.

Unser Angebot

Unser Angebot konnte jetzt konkreter gefasst werden:

• Planung von Reisen, jeweils mit mindestens zwei Alternativange-boten, davon eines mit ökologi-schen Vorteilen,

• Vermittlung von Unterkünften und Programmen,

• Vorbereitung der Buchung, • finanzielle Abwicklung,

in den Kategorien• Wandertage in der näheren Umge-

bung (zu Fuß), • eintägige Ausflüge, • mehrtägige Klassenwandertage

mit Übernachtung.

Unser Leitbild

Eine Umfrage bei Lehrkräften er-gab: • 95 % der Ausflüge über 5 km

Entfernung finden mit Mietbussen statt,

• 5 % mit dem Fahrrad,• Wandertage zu Fuß führen über-

wiegend zu wenigen bewährten Zielen.

Aufgrund dieser Ergebnisse legten wir fest was wir wollen.

• ein Gewinn bringendes Unterneh-men,

• weitgehend demokratische Ent-scheidungen,

• erreichen, dass - 40% Wandertage zu Fuß oder

mit den Fahrrad stattfinden, - 25 % der verbleibenden

Klassenausflüge im ÖPNV durchgeführt werden,

- Ausflüge zum nächst gelege-nen geeigneten Ziel führen.

Umwelttechnische Argumente sol-len in die Präsentationen eingebaut werden und so die Entscheidung der Klassen und ihrer Lehrkräfte beein-flussen.

Betriebliche Organisation

Die Erfahrungen aus dem Praktikum, der Besuch der Fa. Utzinger und Pfeiffer, die Reisbürobesuche und die IHK-Infos legten eine Organisation in Teams nahe. Diese sollten

• Aufträge annehmen und die Ziele und Inhalte abklären,

• zwei Reisevorschläge erarbeiten,• das gesamte Vorhaben abwickeln. • Werbematerial (Faltblatt, Plakate

und Homepage) entwerfen.

Der Betriebsversammlung gehörten alle Mitarbeiter und der Lehrer be-ratend an. Dort sollte demokratisch entschieden werden. Die gerade An-zahl der Teilnehmer und manchmal Zeitnot erforderten einen Chef mit besonderen Aufgaben.

Wer sollte welchen Job überneh-men?

Besetzen der Stellen

In der Arbeitswelt geschieht das so:

a) Stellen ausschreiben Die Aufgaben der Mitarbeiter wa-

ren allen Beteiligten klar. An die Abteilung Werbung mussten be-sondere Anforderungen (Design, IT) gestellt werden.

Die Chefin / der Chef sollte den

Betrieb nach außen (gegenüber Schulleitung, Ämtern, Bank(en) ...) vertreten und für die Buch-haltung zuständig sein. Innerbe-trieblich waren die Vorgänge zu überwachen und bei Stimmen-gleichheit zu entscheiden.

b) Bewerben Man konnte sich also auf drei

Stellen bewerben: Reiseverkehrs-kauffrau/ - mann, Betriebsleiter / -in und Werbefachkraft.

Nach Ablauf der Bewerbungsfrist wurden die Bewerbungen von allen gesichtet. Die Schülerinnen und Schüler sahen ihre eigenen Bewerbungen plötzlich mit ganz anderen Augen: Wie ist der erste Eindruck? Was kann sie/er? Was sagen die Schulnoten? ...

c) Vorstellen In der wirklichen Welt wird man

eingeladen, kommt und ... Diese Vorbereitung war Aufgabe

des Lehrers. Mit Herrn Wagner (Modehaus Wagner, Herschberg) und Herrn Pfeiffer (Zimmerei) ge-lang es zwei Selbstständige für ei-nen Nachmittag zu gewinnen. Die Vorstellungsgespräche fanden im Schullandheim „Altes Forsthaus“ in Herschberg statt. Drei Schüler erhielten die Chance, selbst am Rollenspiel mit zu wirken. Die anderen beobachteten.

Nervosität ist normal, Höflichkeit wird erwartet, Schulnoten werden ganz unterschiedlich gesehen. Der Chef vertritt den Betrieb nach außen, er muss frei reden, sich durchsetzen können.

d) Einstellen Die Betriebsversammlung besetzte

noch am gleichen Tag die Stellen. Unsere Chefin Christina ging in die 9v!

Page 14: Heft 49 - nachhaltige Schülerfirmen Endfassung

14

Rechtsform

Grundsätzlich kann zu Übungszwe-cken in der Schule jede Rechtsform gewählt werden. Unserem Leitbild entsprechend empfahlen sich die Aktiengesellschaft, die Gesellschaft mit beschränkter Haftung und die Ge-nossenschaft, da dort demokratische Strukturen in Form von Teilhaberver-sammlungen gesetzlich vorgegeben sind.

Die Argumente gegen frei verkäuf-liche Aktien und der relativ hoch erscheinende Aufwand zur Gründung einer Genossenschaft lies die GmbH übrig bleiben.

Aus dem Internet wurde ein GmbH – Mustervertrag heruntergeladen und an die Anforderungen der Sickinger Schülerreisen GmbH angepasst. Die ganze Belegschaft unterzeichnete den Vertrag und verpflichtete sich 10,- € Einlagekapital, (abzüglich der Reise-kosten nach Pirmasens) einzuzahlen. Die ersten ROTEN Zahlen standen schon da!

Bedarfsplanung

Drei Computer mit Internetzugang, ein Drucker, ein Papierpaket, ein Raum, Mittel für Geschäftsreisen (IHK, Vortouren, ...) ein Telefon mit Faxgerät, ...Christina und Lars (Stellvertreter) stellten Ziele und Kalkulation des Be-triebes im Umfang von 8 000;- € zu-erst der Betriebsversammlung, später dem Schulleiter Herrn Schröer vor.

Nach kritischer Prüfung kam er den Schülern sehr entgegen. Überzeugt stellte er den Computerraum und die Schuleinrichtungen einschließlich des Sekretariats zur Verfügung. Entste-hende Kosten sollten aus den späteren Gewinnen erstattet werden.

Bankverbindung

Die beiden ortsansässigen Geldin-stitute wurden von Schülerinnen besucht, die dort das Anliegen vor-trugen. Die VR-Bank Südwestpfalz lies sich teilweise auf die Wünsche ein. Wir eröffneten unser Geschäfts-konto, das nicht überzogen werden durfte. Die Firmenmitglieder durften Überweisungen tätigen und Auszüge abholen. „Sickinger Schülerreisen“ wurde als Inhabername geführt. Dennoch musste letztlich eine un-eingeschränkt geschäftsfähige Person Bankpartner bleiben, im vorliegenden Fall in Person des Lehrers.

Werbung

Betriebe müssen heute in irgend einer Form werben. Ein Reisebüro für Schulreisen? Ziel auswählen, Geld einsammeln, verwalten und Rechnungen begleichen ist eigentlich Lehrertätigkeit!

Wie erreicht man die potentielle Kund-schaft, die Lehrerinnen und Lehrer? Ein Werbezettel im Schulpostfach, ein Plakat im Lehrerzimmer und viel Mund-zu-Mund-Prpaganda!

Drei Schüler erstellten die Werbeträ-ger und kümmerten sich dann um die Homepage, wenn keine Aufträge zu bearbeiten waren.

Die Arbeitsphase

Die Aufgaben der Bearbeiterteams wurden vereinbart. Eine Vertrags-vorlage mit vielen hilfreichen Tipps wurde bei „Reisewind“ einer Schüler-firma der BBS Northeim I herunter-geladen und für unsere Schülerfirma umgearbeitet.

Ende November – der erste richtige Auftrag!

Eine Kollegin wollte mit ihrer 4. Klasse eine Abschlussfahrt mit Um-weltbildungsprogramm in die Wap-penschmiede in Fischbach bei Dahn buchen.

Die Internetpräsenz erleichterte die Arbeit. Frau Venske, die Leiterin, nahm die sehr jungen Stimmen am Telefon ernst. Auch die Mitarbeite-rinnen der Touristinformation Dahn waren sehr kooperativ und stellten auf dem Postweg reichhaltiges Prospekt-material zur Verfügung. So konnte in kurzer Zeit ein Programmvorschlag erarbeitet werden.

Die Strecke von Wallhalben nach Fischbach bei Dahn stellte jedoch eine echte Herausforderung dar.

Zwei Alternativen wurden erarbei-tet:

(1) Wallhalben - Dahn mit Umstieg in Pirmasens im ÖPNV, Dahn - Fischbach im Mietbus. Rückfahrt mit Umstieg in Pirmasens kom-plett im ÖPNV.

(2) Wallhalben – Fischbach bei Dahn und zurück im Mietbus.

Mit einer kleinen hellgrauen (Alterna-tive 1) und einer großen dunkelgrauen (Alternative 2) CO2- Wolke wurde auf die Luftbelastung durch die Reise hingewiesen.

Der Reisepreis von Variante 1 war zudem um ca. 200,- € günstiger.

Vor der Betriebsversammlung prä-sentierte das Team die Ausarbeitun-gen und ließ diese kritisieren. Dann wurde vor der Klasse, der Lehrerin und der Elternvertreterin präsentiert. Die Klasse erhielt eine ausführliche Mappe mit Kalkulation, Programm incl. Alternativen und den beiden Reisemöglichkeiten.

Page 15: Heft 49 - nachhaltige Schülerfirmen Endfassung

15

Der Auftrag Variante (1) wurde erteilt.

Einige wenige Eltern taten ihre Ver-wunderung über das ungewohnte Konto kund. Die Klassenleiterin konnte sie beruhigen. Jetzt muss-ten Zahlungseingänge kontrolliert, Zahlungserinnerungen freundlich formuliert und Buchungen vorbereitet werden. Das Geschäft schloss erfolg-reich, mit 8,- € Gewinn ab.

Dieser Auftrag war die beste Wer-bung. Weitere Ausflüge wurden angefragt und gebucht:

• Eine Reise zum Biobauern musste mit einem Mietbus durchgeführt werden.

• Besuche mittelalterlicher Burgen wurden erarbeitet: Steinenschloss (Thaleischweiler-Fröschen) mit Linienbus und Spaziergang oder Nanstein (Landstuhl) mit dem Fahrrad und anschließend Grillfest stachen sogar Trifels und Burg Eltz aus.

• 3 Tage Speyer konnte mit Lini-enbus nach Landstuhl und Bahn angeboten werden.

• Fahrten zum BIZ nach Pirmasens erfolgten in Linienverkehr.

• Die meiste Arbeit wurde in die Abschlussfahrt der Klasse 10 nach Berlin investiert.

Herr Füssler (Freier Mitarbeiter des „Pfälzer Merkur“) besuchte unsere Schülerzeitungsredaktion. Dort wurde er auf unsere Schülerfirma „Sickinger Schülerreisen“ aufmerksam. Er war sehr neugierig.

Sein Besuch beeindruckte. Er berich-tete ausführlich in seiner Tageszeitung „Selbständigkeit als Ausweg?“ Dies hatte gleich zwei sehr positive Folgen. Zwei Kolleginnen von benachbarten Grundschulen riefen am gleichen

Tag an, um für ihre Abschlussfahrten im nächsten Schuljahr Aufträge zu erteilen.

Von der Reisebürobelegschaft aber noch positiver aufgenommen, wur-de die Vermittlung von mehreren Vorstellungsgesprächen über die Redaktion der Zeitung und Herrn Füssler. Daraus resultierte immerhin ein Ausbildungsverhältnis.

Geschäftsübergabe

Im Wesentlichen wurde wie bei der Erstgründung verfahren. Die Stellen wurden von den Altvorderen be-schrieben und in der Schülerzeitung beworben. Die Vorstellungsgesprä-che fanden mit Herrn Wagner und der Chefin Christina in Herschberg statt. Die Übergabe erfolgte in der zweiten Unterrichtswoche des neuen Schuljahres. Es standen so viele Bewerber an, dass man die Gruppe teilte. Das Reisebüro erschien im neuen Kleid als „Schü-lertours AG“ und der Schulleiter genehmigte eine weitere AG.

Der Lehrer?

Um mich in die ganze Problematik einzuarbeiten, musste ich Fachwissen von Experten, Geschäftsleuten und Elternbefragungen, aus Handreichun-gen und dem Internet beziehen, wobei Letztes auch oft fehlerhafte Informa-tionen bot. Ich musste den Rahmen organisieren: Räume, Computer; Ar-beitsmaterial ... Interessenausgleich herzustellen war in der Startphase sehr wichtig.

Den Schülerinnen und Schülern fiel es schwer, Gespräche zielgerichtet zu führen. Abschweifungen und Detail-diskussionen prägten das Geschehen. Moderation und Beratung waren zen-trale Aufgaben des Lehrers.

Der Zeitaufwand überstieg den der „normalen Unterrichtsvorbereitung“ während der gesamten Dauer. Die notwendige flexible Gestaltung bot die Möglichkeit des Ausgleichs in angemessenem Maß.

„Du sollst deinen Schülern we-nigstens einen Schritt voraus sein“ konnte nicht mehr geleistet werden. An einigen Stellen hatten schließlich die Jugendlichen mehr Detailwissen. Das Experiment „Mit den Schülern lernen“ war ein sehr positives, emp-fehlenswertes Erlebnis.

Das Lehrer-Schüler-Verhältnis wurde sehr positiv beeinflusst, so dass Rück-wirkungen auf den „Regelunterricht“ deutlich bemerkt werden konnten, be-sonders im Blick auf nachmittägliches Arbeiten zu Lernzwecken.

Nach 3 Jahren

Drei Schüler aus der ersten Gruppe fanden sich kürzlich zu einem kleinen Rückblick zusammen: Gerade die Kenntnis der Vorstel-

Page 16: Heft 49 - nachhaltige Schülerfirmen Endfassung

16

lungsgespräche waren und sind bei der Lehr- bzw. Praktikumsstellen-suche für sie von großem Vorteil. Institutionen, Ämter ... lernten sie als Partner kennen, da gibt es keine Berührungsängste.

St. lernte Industrieelektroniker: „Selbständigkeit ist mit meinem Be-ruf kaum möglich. Zudem ist sie sehr riskant. Ich habe einen Bekannten, der lieh sich knapp 30000,- € für Maschi-nen. Im Winter hätte er richtig viel Arbeit gehabt, aber er brauchte auch mal eine Auszeit. Jetzt hat er 25000,- € Schulden und einige Maschinen, die keiner haben will. Man braucht ein großes Maß Eigenmotivation, ich weiß nicht ob ich das dauerhaft leisten kann.“

Ca: „Ich habe gerade mein Abi be-standen. Selbständigkeit ist nach wie vor eine Option, schließlich war ich mal Chefi n. Jetzt muss ich sehen wie es weiter geht. Einen Ausbildungsver-trag zur Mediendesignerin könnte ich haben. Aber ich möchte mich zuerst noch in weiteren Praktika orientieren, vielleicht studieren, oder – einen frei schaffenden Beruf ergreifen.“

C.: „Für mich kommt langfristig nur Selbständigkeit in Frage. Ich brauche meine Freiheit, genau das zu tun, das mich interessiert und mir Spaß macht.

Ich lerne im letzten Ausbildungsjahr Zerspanungsmechaniker. Mein Aus-bildungsleiter ist der Meinung, dass man während der Ausbildung nicht im Nebenerwerb einen Betrieb aufbauen kann. Die Verträge sind fertig, im Sommer läuft mein Ausbildungsver-trag ab, dann geht’s los! Mein Freund hat einen Forstbetrieb gegründet, an dem ich schon jetzt teilhabe.“

Schlussbemerkung

Zur Zeit empfi ehlt es sich die Haftung einem Förderverein zu übertragen. Die neue Möglichkeit der gemein-nützigen gGmbH könnten weitere Chancen eröffnen. Die Trägerschaft der Schülerfi rma durch Schulträger sollte an klare Verträge gebunden sein.

Henze und Geier (2005) empfehlen ausführlich Moderationsmethoden zur Betriebsgründung, diese wurden teilweise angewandt und können durchaus empfohlen werden. Im nächsten Schuljahr wird eine neue Schülerfi rma geplant. Mal sehen was es diesmal wird!

Literatur:

(1) Daseke, Rolf: Von den Erträgen leben; in: 21 Das Leben gestalten lernen, Heft 4; Berlin 2001

(2) Pädagogisches Zentrum des Landes Rheinland-Pfl az (Hrsg): umwelterziehung praktisch Nr. 45; Allerlei GmbH. Schülerfi rmen; Bad Kreuznach 2002

(3) Henze, Christa (Hrsg.): Nachhal-tigkeit unternehmen – zukunfts-fähiges Lernen in Schülerfi rmen; Dokumentation der Fachtagung www.Na.Sch21.de - Schülerfir-men im Kontext einer Bildung für Nachhaltigkeit; Osnabrück 2003

(4) Henze, U., Geyer, R.: Nachhaltige Schülerfi rmen – Bildung für eine nachhaltige Entwicklung; Heraus-gegeben von Verbraucherzentrale Bundesverband in Kooperation mit Unesco-Projekt-Schulen und BLK-Programm Transfer – 21 Niedersachsen, Papenburg 2005

(5) Tempel, Rainer; Schülerfi rmen – ökonomische Bildung mit Ernst-charakter; http://pz.bildung-rp.de/pn/pb1_03/schuelerfi rmen.htm

Die FachberaterInnen für Bil-dung für nachhaltige Entwicklung ([email protected] und [email protected]) werden weiter an der Frage einer günstigen Rechtsform für nach-haltige Schülerfi rmen besonders an allgemein bildenden Schulen arbeiten und stehen zu weiteren Informationen gerne zur Verfügung.

Grundlegende Hinweise www.nasch21.de www.dkjs.de www.schule-wirtschaft.de www.iw-junior.de

Materialsammlung www.transfer-21.de/index. php?p=117

Homepages nachhaltiger Schülerfirmen www.axxi.de www.tee-link.de www.schuelerunternehmen.de

Wichtige Mailadressen zum Thema „Schülerfirmen“

Page 17: Heft 49 - nachhaltige Schülerfirmen Endfassung

17

Der „Umweltladen“ im Bildungszen-trum Worms (BIZ) besteht seit nun-mehr etwa 16 Jahren. Er ging hervor aus einzelnen Verkaufsaktionen von Umweltschutzpapier-Heften der da-maligen SV des Gauß-Gymnasiums und der Initiative eines Lehrers dieser Schule. Als Verkaufsraum dient ein früherer Keller-Lagerraum, der im Rahmen einer Projektwoche 1998 zu einem attraktiven Laden umgebaut wurde.

Zunächst war der „Umweltladen“ eine Filiale des „Weltladens Worms e.V.“, über den die gesamte Buch-führung, Abrechnung, Versteue-rung der Umsätze etc. abgewickelt wurden. Um unseren mitarbeiten-den Schülern die Möglichkeit zu bieten, sich Kompetenzen in diesen Bereichen zu erwerben, beschlossen die im Umweltladen aktiven Lehr-kräfte, Schülerinnen und Schüler, neue Strukturen zu schaffen. Seit

Bernhard Susewind

Der „Umweltladen“ im Bildungszentrum Worms

Praxisbeispiel 4 Praxisbeispiel 3

Page 18: Heft 49 - nachhaltige Schülerfirmen Endfassung

18

Beginn des Jahres 2004 wird der La-den im Rahmen einer „Schülerfirma“ betrieben. Mit unentgeltlicher Unter-stützung eines Unternehmensberaters wurde der rechtliche Rahmen der Schülerfirma gemeinsam entwickelt. Es wurde ein gemeinnütziger Träger-verein ins Leben gerufen, unter des-sen Dach die Schülerfirma wie eine „echte“ Firma arbeitet. Der Name des Vereins ist Programm: „Verein zur Förderung von Wirtschaftskompetenz und Nachhaltigkeit e.V.“. Er ist schul-übergreifend und bindet zur Zeit drei Schulen ein: Das Gauß-Gymnasium, das Rudi-Stephan-Gymnasium und die Berufsbildende Schule Wirtschaft, die sich alle auf dem Gelände des BIZ in unmittelbarer Nachbarschaft befin-den. Die BBS Wirtschaft hat dabei insbesondere das Rechnungswesen und die Buchführung übernommen – ebenfalls eine gute Möglichkeit, Schülerinnen und Schüler am realen Objekt ein Lernfeld zu bieten. Die tägliche Kassenabrechnung, die Notwendigkeit einer Steuererklärung sowie die jährliche Inventur führen den Schülern immer wieder die Ernst-haftigkeit des Projekts vor Augen.

Es existieren verschiedene Abteilun-gen (Einkauf, Verkauf, Personalwe-sen, Marketing), deren jeweilige Lei-tung von Schülerinnen und Schülern übernommen wird - mit Begleitung einer Lehrerin beziehungsweise eines Lehrers. Die einzelnen Abteilungen werden in diesem Artikel weiter unten von den jeweiligen Teams vorgestellt.

Über den Verkauf von Schulmaterial und fair gehandelten Pausensnacks hinaus bietet der Umweltladen in-zwischen viele zusätzliche, umwelt-freundliche und gleichzeitig attraktive Serviceangebote, wie z. B. einen Tinten-Auffülldienst (Auffüllen von Tintenfässern aus großen Vorratsbe-

hältern), Sammeldienst von leeren To-ner- und Tintenstrahl-Patronen gegen Vergütung eines Heftes, kostenlose Ausgabe von Pausenbrot-Boxen am Schuljahresanfang für neue Schüler, Sammelbehälter für Altbatterien sowie die Belieferung beider Schu-len mit fair gehandeltem Kaffee. Der Umweltladen ist mittlerweile aus dem schulischen Alltagsleben der beteiligten Schulen kaum noch wegzudenken. Er ist stets stark fre-quentiert: Gegen den allgemeinen Trend kann am Bildungszentrum beobachtet werden, dass nach wie vor ein großer Teil der Schülerinnen und Schüler Hefte und Schulmaterial aus Recyclingpapier kauft. Die ca. 30 in der Firma beschäftigten Schülerinnen und Schüler sind motiviert und iden-tifizieren sich mit der Sache.

Der Umweltladen ist gleichzeitig eine Art Kristallisationspunkt für weitere konkrete Lernanlässe, die sich aus den von ihm ausgehenden Aktivitäten ergeben. Dazu einige Bei-spiele: Erstellen und Vorführen einer

PowerPoint-Präsentation, Einüben und Halten von freien Vorträgen für Elternabende und –führungen, Erstel-len eines Computer-Programms zur Lager-Verwaltung und Abrechnung, Erstellen von Internet-Seiten für die Schul-Homepage, Durchführung von „Bananen-Projekten“ (Verkauf fair gehandelter Bananen) in Zusammen-arbeit mit Erdkunde-Fachlehrern.

Insgesamt kann gesagt werden, dass der Laden den Umweltgedanken ohne erhobenen Zeigefinger im Schulall-tag lebendig werden lässt und viele Schüler auf selbstverständliche und zwanglos-motivierende Weise mit den Themen Umwelt, Nachhaltigkeit, globale Gerechtigkeit (fairer Handel!) und soziales Miteinander konfrontiert. Er verwirklicht daher beispielhaft die drei Säulen der Nachhaltigkeit, indem er ökonomische, ökologische und soziale Aspekte in sich vereint.

Im Folgenden stellen Schülerinnen und Schüler ihre Abteilungen vor.

In den Pausen ist Betrieb im Laden

Page 19: Heft 49 - nachhaltige Schülerfirmen Endfassung

19

Tobias Küfner, MSS 11Melanie Raimer, MSS 12

Die Einkaufsabteilung

Die Einkaufsabteilung ist für die Bestellungen neuer Waren zuständig. Auch andere Pflichten werden vom Einkauf übernommen.

Unsere Hauptaufgabe besteht aber da-rin, fehlende Waren zu bestellen und unser Sortiment mit neuen Artikeln zu variieren. Dabei achten wir natürlich darauf, Umweltprodukte oder fair ge-handelte Waren zu bestellen. Unsere Ideen stimmen wir meistens mit der Verkaufsabteilung ab, da diese einen genaueren Überblick hat, welche Pro-dukte gekauft werden und wie viele davon noch im Lager vorhanden sind. Außerdem werden die Bestellungen, bevor sie telefonisch aufgegeben wer-den, mit den Lehrern abgesprochen, um Fehler zu vermeiden.

Kommt eine Lieferung mit bestell-ter Ware, müssen wir diese mit dem Lieferschein vergleichen, um Mängel direkt zu erkennen. Das ist notwendig, damit der Schülerfirma durch fehlerhafte Lieferungen kein finanzieller Schaden entsteht. Der Einkauf kümmert sich auch um die Ordnung im Lager.

Des weiteren hat die Einkaufsabtei-lung die Kalkulation der Preise über-nommen. Hierbei wird in eine über ein Tabellenkalkulationsprogramm erstellte Warenbestandsliste der ge-naue Einkaufspreis (ohne Mehrwert-

steuer) eingetragen. Zur Kalkulation werden dann die Mehrwertsteuer (7% bei Lebensmitteln und 19% bei sons-tigen Artikeln) und der erwünschte Aufschlag auf den Einkaufspreis addiert. Der dadurch errechnete und auf glatte Beträge gerundete Ver-kaufspreis wird in die entsprechende Spalte der Tabelle eingetragen. Diese Listen müssen ständig aktualisiert werden, da sich Preise und Sortiment manchmal ändern. Dadurch, dass wir keine Personal- und auch keine Mietkosten haben, können wir mit einem geringen Preisaufschlag arbei-ten und sind trotz teurerer Ökoartikel weitestgehend konkurrenzfähig. Die aktualisierte Liste wird dann der Verkaufsabteilung vorgelegt, um die neuen Preise abzustimmen.

Um zu sehen, ob unsere Preise ange-messen sind, machen wir Preisver-gleiche mit anderen Geschäften in der Umgebung, das so genannte „Preis-scouting“. In diese Recherche bezie-hen wir auch nicht-umweltfreundli-che Artikel mit ein, da es in Worms kaum Anbieter von Recycling-Papier gibt. Der Umweltladen ist der einzige lokale Anbieter, der ein komplettes Sortiment von Recycling-Papieren und ökologischem Schulbedarf an-bietet. Aufgrund der auf diese Weise gesammelten Informationen können wir die Preise dann gegebenenfalls noch einmal nachträglich anpassen.

Ein weiterer Grund, der zur Änderung der Preiskalkulation führen kann ist, dass ein bestimmtes Produkt nicht verkauft wird. Diese Ladenhüter versuchen wir anhand der Waren-bestandslisten zu identifizieren. Sie werden dann in mit den Abteilungen Verkauf und Marketing abgesproche-nen Aktionen zu günstigeren Preisen verkauft.

Schulen beziehungsweise Alterstufen schwierig ist, gemeinsame Termine zu finden, ist ein wichtiges Kommu-nikationsmedium der Austausch über E-Mail. Auf diesem Wege werden auch Treffen der Mitarbeiter im Laden organisiert. Bei diesen Ladentreffs werden allerdings nur kurze abtei-lungstechnische Fragen geklärt. Es wird aber auch besprochen, ob wir für die Schule noch etwas einkaufen wollen, wie zum Beispiel Kaffee für die Lehrer oder Kanzleibögen für Schularbeiten. Ein weiteres Beispiel dafür, dass wir auch größere Mengen verkaufen, ist, dass eine Nachbarschu-le bei uns angefragt hat, ob wir auch umweltfreundliches Kopierpapier an-bieten. Es war dann die Aufgabe des Einkaufs ein entsprechendes Angebot auszuarbeiten.

All diese Aufgaben sind neben den Schulpflichten gut zu bewältigen. Die Arbeit macht Spaß und führt oft zu erfreulichen Begegnungen mit Schülern und Lehrern.

Die Kasse stimmt

Page 20: Heft 49 - nachhaltige Schülerfirmen Endfassung

20

Die Verkaufsabteilung

Wir sind für den Verkauf der Ware zu-ständig, die vom Einkauf bestellt und vom Marketing beworben wird. Dafür haben wir einen eigenen, etwa 30m² großen Verkaufsraum im Erdgeschoss des Schulgebäudes mit einem gleich großen Lager direkt darunter.

Die Abteilung besteht zurzeit aus etwa 20 Schülerinnen und Schüler der beiden Gymnasien aus den Klassestu-fen 7 bis 12, dem Verkaufsleiter und seinem Stellvertreter. Sie übernehmen ihren Verkaufsdienst nach einem ge-meinsam erstellten Plan entweder in den beiden 15-minütigen Pausen oder kurz vor der ersten Stunde. Lehrer der beiden Gymnasien führen dabei Aufsicht. Hinzu kommen noch „Aus-zubildende“ aus der Klassenstufe 6, die langsam an die Abläufe im Laden herangeführt und mit den Produkten, den Preisen und der Kasse vertraut gemacht werden. Nach Beendigung des 6. Schuljahres können sie einen Arbeitsvertrag erhalten und werden dann als vollwertige Mitarbeiter übernommen.

Die Mitarbeiter werden geschult, damit sie die Registrierkasse korrekt und gewissenhaft bedienen. Sie fül-len neben dem Verkaufsdienst auch Regale auf und leeren die Mülleimer. Im Normalfall arbeiten immer zwei Schüler einmal pro Woche in einer

großen Pause gemeinsam. Dadurch werden Selbstständigkeit und Verant-wortungsbewusstsein gefördert. Der Abteilungsleiter oder sein Stellvertreter schulen die Auszubildenden und neu einzustellende Verkäuferinnen und Verkäufer. Darüber hinaus stehen sie jederzeit für Fragen der Mitarbeiter zur Verfügung und vertreten ihre Abteilung und deren Interessen bei Abteilungslei-tertreffen. Am Ende eines Schuljahres geben sie Beurteilungen der Mitarbeiter an die Personalabteilung weiter, die diese dann für die Arbeitszeugnisse verwendet.

Jeder Mitarbeiter ist gleichberechtigt, kann neue Ideen einbringen und Kri-tik üben. Zudem finden Abteilungs-treffen statt, um sich auf kommende Ereignisse und Aktionen vorzube-reiten oder angefallene Probleme zu besprechen. In der Verkaufsabteilung wird besonders die Kommunikation zwischen beiden Schulen gefördert. In der Verkaufsabteilung kommen die Nachhaltigkeitsziele der Schülerfirma

besonders zum Tragen: Neben den sozialen Kompetenzen wird in dieser Abteilung die meiste wirtschaftliche Erfahrung gesammelt. Man lernt die Geschäftsabläufe kennen. Was Ein-kauf und Marketing vorbereitet haben, bringen wir zu Ende. Wir verkaufen die Produkte an die Schüler und Schü-lerinnen und haben so den direkten Kontakt mit den Kunden. Der öko-logische Nachhaltigkeitsaspekt wird durch unser Warenangebot deutlich: umweltfreundliche Recycling-Hefte, College-Blöcke und Schreibwaren-bedarf sowie Geschenk- und Brief-papier. Bezüglich der Qualität der umweltfreundlichen Produkte haben wir bisher noch keine Beschwerden entgegennehmen müssen. Weiterhin bieten wir Süßwaren an: Schokola-de, Schoko-Riegel, Gummibärchen, Schoko-Crispies, Fruchtriegel, Nüsse und Bananenchips. Alle diese Wa-ren sind fair gehandelt, so dass die Produzenten für ihre Arbeit einen gerechten Lohn erhalten. Neuerdings gehört zum Sortiment auch Honig,

Oliver Bayer Jahrgangsstufe 10 Raphael Hess, Jahrgangsstufe 8

Von Schreibwaren bis Müsliriegel ist alles im Angebot

Page 21: Heft 49 - nachhaltige Schülerfirmen Endfassung

21

der von der Imkerei-AG des Gauß-Gymnasiums produziert wird – auch dies ein Beispiel für die Vernetzung verschiedener Schulaktivitäten unter dem Dach dieses Projekts.

Tobias Ries

Die Marketingabteilung

Die Marketing-abteilung unseres Umweltladens hat das Ziel, den Umweltladen be-kannt zu machen bzw. zu halten. Dazu dienen Ver-anstaltungen, bei denen die Schü-

lerfirma sich vorstellt und z. T. auch Verkaufsaktionen durchführt.

Am Ende eines jeden Schuljahres ha-ben wir zwei feste Termine: die ersten Elternabende der beiden Gymnasien für die neuen Fünftklässler, bei denen wir den Umweltladen vorstellen und auch die Eltern auf unsere Aktivi-täten hinweisen. Hierzu haben wir uns eine PowerPoint-Präsentation erarbeitet. Bei diesen Auftritten kön-nen Kompetenzen erlangt werden wie zum Beispiel das Sprechen vor einem größeren Publikum und das Überzeugen der Zuhörer. In diesem Zusammenhang präsentieren wir auch unser Angebot: Mit Starterpa-keten, bestehend aus karierten und linierten Heften, einem Musikheft sowie einem College-Block, zeigen wir, dass man bei uns praktisch den gesamten Bedarf an Schreibwaren decken kann. Von diesen Verkaufsan-geboten wird rege Gebrauch gemacht. Der Umsatz konnte unter anderem dadurch im Lauf der Jahre kontinu-ierlich gesteigert werden. Bei anderen Schulveranstaltungen wie z. B. dem

Weihnachtsbasar und den Schulfüh-rungen ist der Laden stets präsent und immer wieder Anlaufstation.

Die Marketingabteilung ist für die Vorstellung und Vertretung der Schü-lerfirma nach außen zuständig. Wir nehmen beispielsweise teil am „Tag der lokalen Agenda“, der jährlich vom Umweltamt der Stadt Worms in der Innenstadt organisiert wird und den Nachhaltigkeitsgedanken konkreti-sieren soll.Bei der gezielten Einführung von neuen Produkten und der Erweite-rung von Öffnungszeiten sind wir mitverantwortlich und starten hierfür Werbekampagnen in den Schulen. Hier helfen die etwas jüngeren Mit-arbeiter beim Gestalten von Plakaten gerne mit.

Weiterhin fällt der Internetauftritt der Schülerfirma in den Bereich der Marketingabteilung. An ihm arbeiten momentan noch einige ältere Schüler. Die Homepage (www.umweltladen.biz-worms.de) soll neben einem Überblick über das Sortiment (Inter-netwerbung) eine einfachere Kon-taktaufnahme mit der Schülerfirma durch Unterseiten für jede Abteilung ermöglichen. In einem geschützten Bereich soll eine Kommunikations-plattform für die Mitarbeiter geschaf-fen werden. Um alle Aufgaben zu verwirklichen, verständigen wir uns zumeist über das Internet. Jedoch treffen wir uns etwa dreimal pro Halbjahr in unserem Büro, um die größeren Aktionen zu planen sowie uns besser austauschen zu können.

Die Marketingabteilung ist eine Abteilung, die noch wachsen kann. Wir setzen auf Teamarbeit, da die Aufgaben sehr vielfältig sind und eine Arbeitsteilung auch aus Zeit- und Umfangsgründen erfordern.

Marcel Nöller, MSS 11

Die Personalabteilung

D a s i c h d i e Schü le r f i rma grundsätzlich an einer „ech-ten“ Firma ori-entieren sollte, wurde eine Per-sonalabteilung

gegründet. Hier geht es insbesondere um die Anwerbung neuer Mitarbeiter und um die „Personalverwaltung“. Treten in einzelnen Abteilungen Per-sonalengpässe auf, werden Stellen ausgeschrieben. Erfolgreicher ist jedoch die direkte Ansprache von Mitschülern durch Klassenkameraden und / oder Lehrer.

Die Interessenten bewerben sich dann, wir führen Einstellungsgesprä-che, in denen wir die neuen ehren-amtlichen Helfer kennen lernen und sie gleich mit uns vertraut machen und stellen einfache Arbeitsverträge aus. Am Ende einer Mitarbeit erwar-ten wir schließlich die schriftliche Kündigung innerhalb einer kurzen Kündigungsfrist.

Zu Beginn unserer Tätigkeit wurden wir von der Ausbildungsleiterin einer Wormser Bank zu den Aufgaben von Personalabteilungen geschult und in diese für uns neue Tätigkeit eingeführt.

Um diese Aufgaben zu bewältigen, haben wir uns für folgende Vorge-hensweise entschieden: Jeder von uns fünf Schülerinnen und Schülern betreut eine Abteilung, das heißt, man kommt zu den jeweiligen Treffen, informiert sich über die Themen und Ergebnisse und gibt sie an die Perso-nalabteilungsleitung weiter. So lernt jeder seine zu betreuende Abteilung

Page 22: Heft 49 - nachhaltige Schülerfirmen Endfassung

22

kennen und schließt neue Kontakte. Nach einem solchen Treffen muss dann auch die Rückmeldung statt-finden, das heißt, die „Persos“, so nennen wir uns kurz und knapp, müs-sen darüber informiert werden, was besprochen und beschlossen wurde und wo Probleme gelöst werden müs-sen. Insgesamt klappt das mal mehr, mal weniger gut, aber doch relativ organisiert und verantwortungsbe-wusst. Aber es gibt noch Weiteres im Aufgabenbereich dieser eher im Hintergrund arbeitenden Abteilung.

Trifft eine Bewerbung im Laden ein, wird von einem Personalabteilungs-mitarbeiter ein Bewerbungsgespräch geführt, das bisher immer erfolgreich war – jeder Bewerber kann sich in der Schülerfirma engagieren. Wir überge-ben anschließend die neuen Mitarbei-ter in den Verantwortungsbereich der jeweiligen Abteilungsleiter, die sich um deren Einweisung kümmern. Zur besseren Übersicht wird eine Liste aller Mitarbeiter und eine kleine Per-sonalakte erstellt, in der festgehalten wird, was ein Mitarbeiter Besonderes leistet, z. B. die Mithilfe im Verkauf bei außergewöhnlichen Aktionen oder Veranstaltungen. Hier immer auf dem Laufenden zu bleiben, erfordert schon etwas Einsatz.

Irgendwann geht jedes Schuljahr einmal zu Ende. Da schon alle Halb-jahreszeugnisse der Mitarbeiter mit der Bemerkung „ NN engagierte sich in der Schülerfirma „Umweltladen BIZ“ versehen sind und uns das aber zu unbefriedigend für den in der Schülerfirma geleistete Einsatz schien, händigen wir individuelle Arbeitszeugnisse aus. Das entspricht auch den Wünschen der Mitarbeiter, denn dieser Zeugniszusatz hilft sehr bei späteren echten Bewerbungen; und so erhält jeder Mitarbeiter eine angemessene Rückmeldung für sei-

ne Mühen. Was soll man in dieses Zeugnis schreiben? Wir lesen die „Personalakte“ und erkundigen uns zusätzlich bei den Abteilungsleitern nach den Beurteilungen für deren Mitarbeiter. Das Ergebnis ist ein individuelles Zeugnis mit teilweise ausführlichen Beschreibungen. Von den betreuenden Lehrern werden die Zeugnisse dann ausgedruckt. So wird jedes Jahr ein schön gestaltetes Arbeitszeugnis an das Schulzeugnis angehängt.

Wie kommuniziert man mit über 30 verschiedenen Mitarbeitern aus zwei Schulen und den Jahrgangsstufen 6 bis 13, die auch zusätzlich noch verschiedene Kommunikationswege nutzen? So geben die einen ihre Te-lefonnummer nicht an, die nächsten besitzen keinen internettauglichen PC oder kein Internet, wieder andere haben keine E-Mail-Adresse. Aber irgendwie müssen wir Informationen in Umlauf bringen, und dazu eignen sich besonders E-Mails. Die Infor-mationsweitergabe funktioniert aus den angegebenen Gründen zwar bis heute immer noch nicht perfekt, ist aber im Endeffekt doch befriedigend. Inzwischen haben wir einen zentralen Informationsknotenpunkt bei einem Mitarbeiter, der nahezu alle wichtigen E-Mails schreibt und Ansprechpartner für alle ist. Für diese Aufgabe wurde ich erkoren und später auch noch mit der Abteilungsleitung betraut.

Neben diesen Pflichttätigkeiten haben wir auch angenehme Aufgaben: Ein großer Teil unseres im Laden erwirt-schafteten Gewinns kommt wieder unseren Mitarbeitern zugute, jedoch nicht in Form von „Gehalt“. Als kleine Belohnung für das tatkräftige Unterstützen unseres Ladens lassen wir mal einen Abend mit einer kleinen Grillparty in der Schule ausklingen oder wir gehen zum Flammkuchen-

essen in die Stadt. Auch waren wir schon einmal gemeinsam Eis essen. Unser bisher größter Ausflug seit Neugründung als Firma war die Fahrt nach Münster, wo wir die Firma Venceremos, einen Hersteller von Umweltheften und –blöcken sowie Kladden aller Art, besichtigten. Im Herbst 2007 ist eine Fahrt nach Berlin mit einem Besuch des Bundestages geplant. Diese Aktionen führen dazu, dass unsere Truppe fest zusammen-wächst, sich alle einem erfolgreichen Projekt zugehörig fühlen und weiter-hin motiviert bleiben.

Trotz gelegentlichem Stress in unserer Abteilung macht es insgesamt sehr viel Spaß, und wir lernen einiges über Personalführung und Verwaltung. Nicht immer ist alles einfach, aber mit etwas Engagement durchaus leistbar. Der Weg zum Profi ist noch weit, mit kleineren Problemen müssen wir uns immer wieder beschäftigen, aber bisher hat alles am Ende doch funktioniert.

Alles in allem bringt uns diese Auf-gabe im Leben weiter und ich kann jedem nur empfehlen, an solch einem Projekt mitzuarbeiten. Es lohnt sich!

Page 23: Heft 49 - nachhaltige Schülerfirmen Endfassung

23

Im Rahmen des Multiplikatoren-programms Transfer 21 lernte ich das Konzept für nachhaltige Schü-lerfirmen kennen. Es übte auf mich eine gewisse Faszination aus: Schü-lerfirmenarbeit ist für Lehrerinnen und Lehrer spannend, motivierend und interessant. Ich sehe auch darin die Möglichkeit so wichtige von der Gesellschaft und der Wirtschaft geforderte Tugenden wie Zuverläs-sigkeit, Selbständigkeit, Lern- und Leistungsbereitschaft, Belastbarkeit und Präsentationsfähigkeit auf pra-xisnahe Art und Weise zu fordern und zu fördern. Schülerinnen und Schüler können bei der Arbeit in der Schü-lerfirma wichtige Grundkenntnisse über wirtschaftliche Zusammenhän-ge erwerben. Sie lernen zuverlässig und gewissenhaft zu arbeiten und

müssen sich bei Außenkontakten mündlich und schriftlich klar äu-ßern. Gleichzeitig übernehmen sie Eigenverantwortung für bestimmte Aufgaben, und erkennen, dass sich Ideen im Team besser verwirklichen lassen. Sie erwerben die Fähigkeit, sich immer wieder auf neue Situati-onen einzustellen und darauf kreativ zu reagieren.

Wie aber lässt sich ein so komplexes Gebilde wie eine Schülerfirma in den Unterrichtsalltag einer Schule integrieren und auch langfristig eta-blieren? Aus meiner Arbeit im Modul „Schülerfirmen“ im Multiplikatoren-programm Transfer 21 war mir klar, dass Schülerfirmenarbeit zunächst Mehrarbeit und eine Veränderung der Lehrerrolle bedeutete: von der traditi-

Annelie Sinzig

„Medienwerkstatt“ - Wege entstehen beim Gehen

Ein Erfahrungsbericht aus der Gründungsphase der

Schülerfirma an der Erich- Kästner Regionalschule

in Ransbach-Baumbach

Weitere Informationen:Annelie Sinzig

Regionale Fachberaterin [email protected]

Praxisbeispiel 5

Achtung Aufnahme!

Praxisbeispiel 4

Page 24: Heft 49 - nachhaltige Schülerfirmen Endfassung

24

onellen Lehrerrolle hin zum Berater, Mentor, Betreuer und Beobachter.

Bei dem Unternehmen „Schüler-firma“ ist es wichtig, dass die Rah-menbedingungen stimmen: Einmal muss die Schulleitung hinter der Fir-menarbeit stehen, denn nur sie kann den unterrichtlichen und rechtlichen Rahmen dafür schaffen. Gleichzeitig muss eine Mehrheit des Kollegiums die Firmenarbeit unterstützen. Beide Hürden waren in meinem Fall schnell genommen. Die Schülerfirmenarbeit fand zunächst innerhalb des wö-chentlichen, zweistündigen „Offenen Unterrichts“ statt. Dies ist eine Beson-derheit der Erich-Kästner-Schule, bei denen Lehrkräfte den Schülerinnen und Schülern fach- und klassen-übergreifende Angebote machen. Die Schüler wählen je nach Neigung und Fähigkeiten und ohne Bindung an ihre Klasse einen eigenen Schwer-punkt aus. In den einzelnen Gruppen können Schülerinnen und Schüler der Klassen 7 bis 10 zusammenarbeiten. Die Gruppengröße liegt etwa bei 20 Schülerinnen und Schülern.

Nach der Klärung der Rahmenbedin-gungen fehlte nun nur noch eine zün-dende Geschäftsidee. An dieser Stelle können die Schüler schon konkret in die Planung mit eingebunden werden z. B. mit einem Ideenwettbewerb. In meinem Fall entschied ich mich aber für den Weg, die Geschäftsidee vorzugeben: Schon seit ein paar Jahren organisiere und betreue ich mit wechselnden Schülergruppen bei schulischen Veranstaltungen wie Einschulung und Abschluss oder The-ateraufführungen die Veranstaltungs-technik. Alle Veranstaltungen wurden immer gefilmt und oft freuten sich Zu-schauer und Akteure, wenn sie diese Filme noch einmal sehen oder sie mit nach Hause nehmen konnten. Schü-lerfirmen mit ähnlicher Geschäftsidee

gibt es bereits in Deutschland. Beson-ders die Aktivitäten der Schülerfirma „Axxi“ vom Willms Gymnasium in Delmenhorst haben mich begeistert. Ich bot also im Offenen Unterricht ein Projekt „Veranstaltungstechnik mit dem Ziel der Gründung einer Schülerfirma“ an. Es meldeten sich 20 Jungs - interessanterweise waren alle aus der 8. Klassenstufe.

Von der Idee eine Schülerfirma zu gründen ging eine eigenartige Faszi-nation aus.Ich stellte das Konzept „Schülerfir-ma“ vor, betonte dabei aber, dass nicht

ich die Initiative für die Gründung ergreifen werde, sondern, dass es die Entscheidung der Gruppe ist. Erfreu-licherweise hörte ich danach nicht mehr den Satz: „Sie wollen mit uns eine Schülerfirma gründen“, sondern immer: „Wir wollen eine Schülerfir-ma gründen“.

Bei den ersten Treffen standen die Fra-gen im Mittelpunkt „Wo stehen wir?“, „Wo wollen wir hin?“, „Was brauchen

wir, um dahin zu kommen?“. Unsere Ausgangslage sah nicht gerade rosig aus. Vorrangig hatten wir drei große Probleme zu bewältigen:

1. Wir hatten zwar einen extra Raum von der Schulleitung für unsere mögliche Schülerfirma bekom-men, dieser war aber sehr renovie-rungsbedürftig.

2. Unter den 20 Jungs gab es gerade mal drei, die schon mit mir zusam-men eine Veranstaltung gemanagt hatten. Meine vorher angelernten „Spezialisten Veranstaltungs-

technik“ hatten mit Ende der 10. Klasse die Schule verlassen. Eine ordentliche Ausbildung der Grup-pe war sicherlich von Nöten.

3. Da die Ausstattung der Schule mit entsprechender Veranstaltungs-technik - wie an vielen Schulen - nicht gerade dem neusten Stand entspricht, war sicherlich ein nicht gerade kleiner finanzieller Aufwand nötig.

Keine Angst vor Technik

Page 25: Heft 49 - nachhaltige Schülerfirmen Endfassung

25

Zunächst war es für die Schüler wichtig, einen eigenen Raum für ihre Schülerfirma zu haben. Schnell hatte sich eine Gruppe von 6 Schülern ge-funden, die sich die Aufgabe stellte, den Firmenraum zu renovieren. Bei der Farbgestaltung entschied man sich für ein Terrakotta als Raumfarbe. Um eventuell Filme an eine Wand projizieren zu können, sollte eine Wand weiß bleiben. Farbe und Ma-lerutensilien wurden von der Schule gestellt. Die Verhandlungen mit dem Hausmeister und die Ausführungen der Arbeiten organisierten die Schüler weitgehend selbstständig.

Bei der Lösung des zweiten Problems half der Zufall: Beim Besuch des Landesmedienzentrums (LMZ) in Koblenz fand ich den Flyer zu dem Projekt „Videoarbeit in der Schule“. Nach Kontaktaufnahme mit Frau Lentz, die das Projekt CU TV & Net an Ganztagschulen leitet und mit ihrem Team betreut, konzipierten wir einen Intensivkurs für Schülerinnen und Schüler mit dem Titel „Filmi-sche Dokumentation von schulischen Veranstaltungen“. Wir veranschlagten dafür zweieinhalb Tage: einen Frei-tagnachmittag und je einen ganzen Freitag und Samstag á 8 Stunden.

Unter Anleitung von Frau Lentz und zwei Pädagogikstudenten der Universität Koblenz-Landau übten die Schüler, ein Interview vor der Kamera zu führen. Kameraeinstellung und Perspektiven waren ein weiterer Schwerpunkt, ebenso wie die Analyse von Berichten und Interviews. Man lernte den Videoschnitt am Compu-ter und wie man Videos und DVDs erstellt. Da der Kurs am Wochenende stattfand und mit Kosten verbunden war, nahmen nicht alle Schüler der Gruppe daran teil. Die freigewor-denen Plätze waren aber schnell wieder mit interessierten Mädchen

auch aus der 8. Klasse besetzt. Ziel des Kurses war die Erstellung einer Dokumentation bzw. Reportage einschließlich Postproduktion und DVD-Erstellung. Filmarbeit ist Team-arbeit. Dazu gehört es zunächst, eine arbeitsfähige Gruppe zu schaffen. Den Schülern wurde die Angst vor der Technik genommen und ein Ein-blick in die Videoarbeit vermittelt. Jeder Teilnehmer erhielt am Ende eine Teilnahmebescheinigung für die Bewerbungsmappe und natürlich eine Kopie der erstellten Dokumen-tation, den Backstage-Szenen und einer Powerpoint-Präsentation, die aus den Fotos von den Dreharbeiten erstellt wurde.

Mittlerweile sind die Kursteilnehmer als Spezialisten gefragt. Einige arbei-teten bei der Produktion von weiteren Schülerfirmen erfolgreich mit. Ein besonderes Highlight war auch die Teilnahme von einigen Schülerinnen an einem Filmprojekt bei der Jugend-zukunftskonferenz auf dem Umwelt-Campus Birkenfeld. Dank dem Projekt „Medienkompe-tenz macht Schule“ hat sich auch hier eine Lösung für die Verbesse-rung der Ausstattung gefunden: Seit dem 28.6.07 ist die Erich- Kästner Regionalschule „Modellschule Me-dienkompetenz“. Durch die damit verbundene finanzielle Zuwendung unterstützt die Schule die Arbeit der Schülerfirma mit dem Kauf einer ge-eigneten Kamera und die Ausstattung mit entsprechender Software.

Der 02.07.2007 gilt nun endgültig als Gründungsdatum der Schülerfir-ma „Medienkompetenz“. Im Zuge der Ernennung zur „Modellschule Medienkompetenz“ konnte sie ihr Angebot erweitern, und es wurde folgende Satzung beschlossen:

Die Schülerfirma bietet Schülern, Eltern, Lehrern Beratung und Hilfen im Umgang mit neuen Medien.

Wir bieten folgende Fertigkeiten und Fähigkeiten an:

• Erstellen von Powerpoint Präsen-tationen

• Fotografieren und Bildbearbeitung mit dem Computer

• Filmen, Regie und Filmbearbei-tung am Computer

• Beamer-Präsentationen • Ausstattung und Überwachung

von Veranstaltungen mit Ton- und Bildtechnik

• Organisation von Veranstaltun-gen

• Beratung beim Umgang mit Com-puterprogrammen

• Hilfe bei der Wartung unter Anlei-tung

• Einführungen für Gruppen in Word und Powerpoint

Die Schülerfirma „Medienwerkstatt“ besteht aus 5 Abteilungen:

• Verwaltung• Bilder und Werbung• Veranstaltungstechnik• Filmen• Computer

Jede Abteilung hat einen Sprecher und einen Stellvertreter. Beide nehmen an den regelmäßigen Vorstandsitzungen teil und informieren ihre Abteilungs-mitglieder über die Ergebnisse.

In einer ersten Vorstandssitzung am gleichen Tag beschäftigte man sich mit dem Problem Finanzierungsmög-lichkeiten für die Firmenausstattung. Es wurde festgelegt was man tun will, wer dafür verantwortlich ist, wie die ersten Schritte aussehen und bis wann ein Zwischenbericht abgegeben werden muss.

Page 26: Heft 49 - nachhaltige Schülerfirmen Endfassung

26

Trotz scheinbar unüberwindlicher Hindernisse hat die Gruppe „Medi-enwerkstatt“ es mit viel Energie und persönlichem Einsatz innerhalb des letzten Schuljahres geschafft, eine Schülerfirma zu gründen. Es ist offen-sichtlich, dass noch nicht alle Hürden überwunden sind, bis die Schülerfir-ma erfolgreich ist und Gewinne er-zielt. Wichtige Dinge sind noch offen

und müssen geklärt werden, wie etwa der Firmenstatus, die Finanzplanung oder die Frage der Versicherung im Schadensfall und die Etablierung der Firma unter dem Dach der Schule. Nicht nur bei der gemeinsamen Arbeit in der Schülerfirma sondern auch in anderen Unterrichtsfächern veränder-te sich das Verhältnis der Mitglieder der Schülerfirma zur Schule. Neben

einem vertrauteren Umgang, zeigten einige Schüler auch eine deutliche Motivation und Steigerung in den schulischen Leistungen.

Mit dem, was in der Gründungsphase der Schülerfirma erreicht wurde, bin ich sehr zufrieden. Gleichzeitig bin ich aber auch gespannt darauf, wie es mit der Schülerfirma weitergeht.

Ablaufplan

Page 27: Heft 49 - nachhaltige Schülerfirmen Endfassung

27

(Anmerkung der Redaktion: In „um-welterziehung praktisch, Heft 45, Allerlei m.b.H., Schülerfirmen, war die Schülerfirma K-Team auf Seite 23/24 kurz vorgestellt worden. Heft 45 ist einzusehen und herunter zu laden unter www.nachhaltigkeit.bil-dung-rp.de/service/unterrichtsmate-rial/schuelerfirmen.htm. Mittlerweile kann die Firma auf Erfahrungen aus 5 Geschäftsjahren zurückblicken. Sie wurde weiterentwickelt und bildet einen festen Bestandteil des sozio-ökonomischen Bildungskonzepts der Schule)

Wie alles begann!

Ende Mai 2001 trafen sich die Schü-lervertreter zusammen mit dem „Schülersprecherteam 2000/2001“ und Vertretern der Lehrerschaft in Neustadt an der Weinstraße zu ihrem

alljährigen Treffen. Ziel dieser Tref-fen ist die Bewältigung schulischer Alltagsprobleme und die Entwicklung neuer Ideen, um Schule attraktiver zu gestalten und um aktive Mitwirkung von Schülern an schulischen Pro-zessen zu fördern. Es bildeten sich verschiedene Arbeitsgruppen. Eine dieser Gruppen unter Leitung von Herrn Allmendinger, Fachlehrer für Sozialkunde, beschäftigte sich mit dem Thema „Wie gründe ich eine Firma?“

Nach einem ausgiebigen Brainstor-ming wurden die unterschiedlichen Vorschläge zusammengefasst. Kern-gerüst einer Firma bildete demnach: Finanzabteilung, Marketing- und Personalabteilung.

Es entstand der spontane Wunsch aller Mitwirkenden, die erarbeiteten Ideen auch in die Praxis umzuset-

Hans Allmendinger, Anna Wehrheim, Cornelius Rau

Das K-Team – mehr als Brötchen

Eine Schülerfirma am Otto-Hahn-Gymnasium

in Landau/Pfalz stellt sich vor

Praxisbeispiel 6 Praxisbeispiel 5

Page 28: Heft 49 - nachhaltige Schülerfirmen Endfassung

28

zen. Unser seit ein paar Monaten leer stehender Kiosk bot dazu eine optimale Gelegenheit. Jetzt war nur noch „grünes Licht“ der Schullei-tung notwendig. Unser damaliger Schulleiter, Herr Dr. Konrad, war von unserem Vorhaben begeistert und sicherte uns seine volle Unterstützung zu. „Bauchschmerzen“ bereitete uns das anfängliche finanzielle Risiko, welches sich durch den Einkauf der Waren und bei eventuellem Nicht-verkauf der Artikel einstellen würde. Dr. Konrad, der die Einbindung der Schüler in die Prozesse der Wirtschaft sehr befürwortete und sich von un-serem Unternehmergeist anstecken ließ, übernahm von schulischer Seite das volle finanzielle und rechtliche Risiko. Dennoch benötigten wir ein gewisses Startkapital. Die Idee einer Aktiengesellschaft wurde geboren.

Was wir woll(t)en!

In der letzten Schulwoche packten wir unser „Projekt Kiosk“ als Schülerthe-ma in Schülerhand an. Wichtigste Zielsetzung war es, ein Schülerun-ternehmen zu gründen, das auf Dau-erhaftigkeit angelegt war. Entgegen den Projekten, die nur eine kurze Laufzeit von meist einem Jahr hatten, wollten wir versuchen, eine Struktur aufzubauen, die über viele Jahre hin die Existenz des Betriebes gewähr-leistet, auch wenn in der Zwischenzeit Mitarbeiter wegen des erfolgreichen Abschlusses ihrer Schulkarriere das Unternehmen verlassen mussten.

Aus den Projektteilnehmern waren 19 Gründungsmitglieder geworden, die sich die Aufgaben der folgenden Tage aufteilten. An erster Stelle stand die Instandsetzung und Ausstattung unseres neuen Wirkungsfeldes, sowie die Einrichtung eines Vorbereitungs-raumes für angebotenen Waren.

In diesem Zusammenhang zeigte sich das Schulamt der Stadt Landau sehr kooperativ und finanzierte uns z. B. das Legen von Leitungen in unserem Vorbereitungsraum. Durch die freundliche Unterstützung von weiteren regionalen Sponsoren (Fa. Ufer, Fa. Hornbach) waren wir in der Lage, unseren Küchenraum zu möblieren und unseren Kiosk funk-tionstüchtig einzurichten. Außerdem strichen wir gemeinsam unseren Kiosk und tapezierten zusammen mit unserem projektleitenden Lehrer, Herrn Allmendinger, den zukünftigen Küchenraum.

Jetzt fehlte uns nur noch ein passen-der Name, ein Logo, ein Aktienent-wurf und eine Satzung. Der Name „K-Team“ fand sofort Gefallen und wurde von Cornelius Rau, damals Kl. 9b, optisch umgesetzt. Eine Gruppe erarbeitete in dieser Projektwoche unsere Aktie und eine für eine Schule zugeschnittene Satzung.

Eine weitere Voraussetzung für den Kioskbetrieb war, die strengen Auf-

lagen in der Lebensmittelbranche zu erfüllen. Dazu besuchten alle K-Team-Mitglieder eine Unterweisung bezüglich der hygienischen Behand-lung von Nahrungsmitteln im Ge-sundheitsamt der Stadt Landau.

Was bisher geschah

Das erste Jahr

Nach den Som-merferien 2001 eröffneten wir unseren Kiosk mit einem großen Event. Die Unter-stützung auch von Seiten der örtlichen politischen Prominenz wie z. B. Oberbürgermeister Wolff und Landrä-tin Riedmaier hat die mitarbeitenden Schüler und Schülerinnen besonders erfreut. Schüler/innen und Lehrkräfte des OHG konnten bis zu fünf unserer Aktien für 2 € pro Stück erwerben.

Das Team 2006/2007

Page 29: Heft 49 - nachhaltige Schülerfirmen Endfassung

29

Die Resonanz war überwältigend. Unser täglicher Arbeitsablauf sah zu Beginn unserer betrieblichen Existenz wie folgt aus:Durch ein rotierendes Arbeitsplan-system wurden die Schüler/innen eingeteilt.

Ihre täglichen Aufgaben bestanden ina) der Vorbereitung der frisch gelie-

ferten Ware ab 7.00 Uhr,b) dem Verkauf unseres reichhaltigen

Angebots durch ein erstes Schüler-team in der ersten Pause und durch eine zweite und dritte Schicht in der zweiten Pause,

c) der gründlichen Reinigung von Kiosk und Küchenraum nach der 6. Stunde.

Die Bestellungen der Waren und Getränke wurden flexibel nach dem Kaufverhalten der Schüler/innen und Lehrer/innen ausgerichtet. Dafür gab es vor den Sommerferien eine Um-frage in der gesamten Schülerschaft. Da wir gleichzeitig auch ökologische Schule sind, galt es, einen Kompro-miss zwischen Ökonomie und Öko-logie zu finden. Getränke sollte es

nur in Pfandflaschen geben, Brötchen sollten in allen Varianten angeboten werden, d. h. neben den besonders beliebten weißen Brötchen wurde von vorneherein auch Schrotiges und Körniges angeboten.

Nach den ersten Monaten unseres Un-ternehmertums fand ein Seminarwo-chenende für die K-Team-Mitglieder statt. In diesen Tagen wurden für die Abteilungen Marketing, Finanzwesen und Personalführung je ein Mitglied bestimmt, welches im Namen der anderen K-Team-Mitglieder die be-treffenden Aufgaben federführend übernehmen sollte.

Mittlerweile konnten wir auf Grund unseres Erfolges gute Gewinne ver-

zeichnen, so dass es möglich war, für jedes arbeitende Mitglied ab dem 1. Januar 2002 eine Entlohnung von monatlich 40 € zu zahlen. An dieser Stelle ist zu erwähnen, dass alle unsere Mitglieder von Klas-senstufe 8 bis 13 gleichberechtigt in die Entscheidungsprozesse einbezo-gen sind. Durch die Mitgliedschaft jüngerer Schüler wird auch das Be-

stehen des Kiosk-Teams nach dem Ausscheiden der Oberstufenschüler und –schülerinnen nach Klasse 13 garantiert. Es ist wichtig und reizvoll, die nächste K-Team-Generation auf ihre Aufgaben vorzubereiten.

Ein halbes Jahr nach Gründung der Firma fand die erste Aktionärsver-sammlung statt, die bei den Anteil-seignern großes Interesse fand. Der erste Aufsichtsrat tagte im Anschluss und wählte, wie in unserer Satzung verankert, zum ersten Mal einen Vorstand.

Schon nach den ersten Wochen Erfah-rung im Umgang mit wirtschaftlichen Prozessen konnten wir mit Stolz be-haupten: Unser Projekt hat sich schon jetzt gelohnt.

Das zweite Jahr

Das zweite Jahr des K-Teams traten wir mit gemischten Gefühlen an. Können wir unsere Motivation be-halten? Finden wir neue Leute, die mitarbeiten wollen? Wie klappt die erste Gewinn – und Verlustrechnung beim Finanzamt? Fragen über Fragen, die uns zu Beginn des neuen Schul-jahres beschäftigten.

Und es ist wirklich was dran, dass das zweite Geschäftsjahr schwieriger ist, als es das erste war. Wir standen vor neuen Problemen und waren nicht mehr ganz so erfolgreich wie im ersten Jahr.

Das größte Problem, das wir bewälti-gen mussten, war wie erwartet das der Motivation. Morgens wieder um 6.00 Uhr raus, um Brötchen schmieren zu können, Getränke bestellen, Geld wegbringen, verkaufen, ... jeden Tag dieselbe Leier. Immer wieder Treffen, um die Schwierigkeiten zu bereden und Lösungen zu finden!

Seminararbeit

Page 30: Heft 49 - nachhaltige Schülerfirmen Endfassung

30

Und dann noch das hartnäckige Finanzamt! Wie eine Gewinn – und Verlustrechnung erstellen? Papiere ordnen, Zahlenkolonnen erstellen, rechnen, rechnen, rechnen!

Wir müssen zugeben, dass es uns manchmal fast zuviel wurde. Aber wir dachten uns, dass so schnell aufgeben einfach nicht gilt.

Durchhaltevermögen war gefragt und das Team hatte letztendlich auch die Lust weiterzumachen und nicht die Flinte ins Korn zu werfen. Dies war der entscheidende Schritt und wir diese Talsohle durchschreiten.

Am Ende des Schuljahres kamen neue Mitglieder ins Team, die frischen Wind brachten und unsere ausschei-denden 13er ersetzten.

Die Umsatzzahlen gestalteten sich auch wieder etwas freundlicher, und eine Aktionärsversammlung fand noch vor Weihnachten statt. Nach dem ersten hochfliegenden Jahr war

eine realistischere Sicht der Dingeeingetreten, letztendlich auch ein wichtiger Entwicklungsschritt für das Bestehen des K-Teams.

Mit Veränderungen im Getränkever-kauf (Umstellung auf Betreuung von Automaten) und nochmals neuen Mitarbeiter/innen wurde eine gute Basis geschaffen, das kommende,

dritte Geschäftsjahr erfolgreich ab-zuschließen und ein Fundament für eine wirklich dauerhafte Existenz des Schülerunternehmens K-Team zu legen.

Das dritte Jahr

Niemand hatte uns das zugetraut! Drei Jahre hielt unsere Schülerfirma K-Team AG jetzt schon durch.

Unser Augenmerk richteten wir in diesem Jahr ganz besonders auf die Verstetigung unserer Firma. Wir wollten Strukturen entwickeln, die es möglich machen, jedes Jahr

problemlos neue Mitglieder für die Ausscheidenden anzuwerben und zu integrieren. Zudem wollten wir verstärkt mit schulinternem Catering aktiv werden und Schulfeste oder Feiern von Lehrern mit unseren Kre-ationen beglücken.

Das vierte Jahr

Es gab erstmals Dividende!Das wirtschaftlich schwierige dritte Jahr wurde durch kontinuierliche Arbeit wieder ausgeglichen, so dass wir uns sogar an den Kosten der Renovierung des Kiosks beteiligen konnten.

Das Satzungsziel des ökonomischen Lernens wurde noch stärker in den Blickpunkt genommen. Firmenstruk-turen sollten sich weiter entwickeln und das Verständnis für ökonomische Zusammenhänge in einem wenn auch kleinen Betrieb stärker verdeutlicht werden.

Dazu planten wir im neuen Schul-jahr erstmals einen Handelstag mit der Möglichkeit des Aktienkaufs und –verkaufs und waren selbst sehr gespannt, wie dies ablaufen würde. Zudem wollten wir damit auch die Möglichkeit für neue Schüler/innen schaffen, das K-Team und seine Ar-beit besser kennen zu lernen.Die Bewertung des Unternehmens durch einen Wirtschaftsfachmann sollte die zweite wichtige Aktion in diesem Zusammenhang darstellen.

Das fünfte Jahr

Die letzten Gründungsmitglieder verliesen in diesem Jahr die Firma. Gemeinsam konnten wir noch die Aktionärsversammlung vorbereiten und durchführen, und zum ersten Mal führten wir dabei auch einen Aktienhandel durch, der zum Teil

Essen richten

Page 31: Heft 49 - nachhaltige Schülerfirmen Endfassung

31

zwar etwas chaotisch ablief, aber für alle Beteiligten eine interessante Erfahrung darstellte.Die Arbeitsatmosphäre entwickelte sich sehr gut, wozu nicht zuletzt beitrug, dass wir die Arbeitsorgani-sation veränderten. Teams sind jetzt für einzelne Tage verantwortlich und teilen die Arbeit selbständig ein. Seither haben wir so gut wie keine Ausfälle bei den „Schmierarbeiten“ am Morgen mehr.

Konsequent das Tagesgeschäft durch-führen, um damit eine stabile wirt-schaftliche Entwicklung der Firma zu sichern war das Hauptziel in die-sem Schuljahr. Bei Betrachtung der Umsatzentwicklung wird deutlich, dass dies die richtige Entscheidung für dieses Geschäftsjahr war. Wir

sind aber auch weiterhin bei der Abi-Verabschiedung dabei, unterstützen Schulfeste und richten auch in Zu-kunft auf Wunsch runde Geburtstage oder andere Jubiläen aus.

Es ist für uns ganz klar, dass wir in unseren Projekten wertvolle Erfah-rungen für unser späteres Bestehen in der Berufswelt sammeln. Ein weiterer positiver Effekt ergibt sich aus der Zusammenarbeit im Team, in dem ne-benbei soziale Kompetenzen geschult werden. Trotz der üblichen kleinen Reibungsverluste im alltäglichen Ge-schäft meinen wir, dass das K-Team als Erfolgsmodell gesehen werden kann. In welchem Bereich ist es in der Schule denn sonst noch möglich, sich über eine so lange Dauer über sechs Klassenstufen hinweg immerzu

in einem Projekt zu engagieren (von der Schülerzeitung vielleicht einmal abgesehen)?

In diesem Sinne hoffen wir auf die weitere konstruktive Unterstützung durch die Schulgemeinschaft des OHG auch wenn manchmal nicht alles so klappt, wie es sich jede/r vorstellt. Aber dafür lernen wir das Ganze ja – die betreuenden Lehrer im übrigen auch!!!

Was wird noch kommen!?:

Fazit … Wenn man ein Fazit unserer bishe-rigen unternehmerischen Tätigkeit ziehen möchte, dann muss es heißen: Lernen durch Tun!

Verankerung der sozioökonomischen Bildung am Otto-Hahn-Gymnasium Landau

Page 32: Heft 49 - nachhaltige Schülerfirmen Endfassung

32

Vieles, was wir ausprobiert haben, von der Struktur der Firma bis zur Einteilung der Arbeitsorganisation hat sich erst im gemeinsamen Han-deln entwickelt. Irrwege wurden eingeschlagen und wieder verlassen. Wichtig erscheint mir als betreuen-dem Lehrer, dass man nicht alleine vor sich hin wurschtelt. Deshalb wer-de ich nach dem Ausscheiden meiner Partner im neuen Schuljahr intensiv auf Nachfolgesuche gehen.

Die Akzeptanz im Kollegium und v. a. in der Schulleitung ist unabdingbar. Das Kollegium ist mit guter Bröt-chenqualität und gutem Catering recht leicht zu gewinnen. Die Schulleitung ist nötig, wenn nach außen hin Kon-flikte auftreten.

Informationen über die rechtlichen Bedingungen gibt es im Internet genü-gend und werden hier nicht gesondert aufgeführt.

... und AusblickNachdem sich die Schülerfirma über die Jahre sehr gut etabliert hat, soll in der folgenden Zeit ein stärkeres Au-genmerk auf betriebswirtschaftliche Inhalte gelegt werden. Der Mehrwert für die Schülerinnen und Schüler soll gesteigert werden. Neben den qualita-tiven Zeugnissen heißt das auch eine Erweiterung des fachlichen Wissens bezüglich der Führung eines Unter-nehmens. Hier gibt es schon Ideen zur Einbindung von Spezialisten von außen.

Sozioökonomische BildungDie Schülerfirma K-Team ist als ergänzendes, klassenübergreifendes Projekt eingebettet in den großen Bereich Berufswahlvorbereitung innerhalb der sozioökonomischen Bildung am Otto-Hahn-Gymnasium. Neben der Schülerfirma umfasst diese vier große Bereiche, die inhaltlich miteinander verknüpft sind. Der

wichtigste, weil alle Schülerinnen und Schüler betreffende Bereich, umfasst den Unterricht in den Klassenstufen 6 bis 13. Hier werden den jeweiligen Altersstufen angemessen Themen aus der Wirtschaft bzw. dem Bereich Berufswahlvorbereitung verbind-lich unterrichtet. Ergänzung findet dieser Teil in Trainingseinheiten in den Klassenstufen 9 bis 12, die spezifisch auf die Bewerbung hin ausgerichtet sind. Den praktischen Teil bilden das verbindliche Sozial-praktikum in der Klassenstufe 9, das verbindliche Berufspraktikum in der Klassenstufe 11 sowie die freiwilligen Veranstaltungen des Teamtrainings „Meisterwerker“ und des Schnup-perstudiums in den Klassenstufen 12 und 13. Ergänzende Projekte stellen die Teilnahme bei „Jugend denkt Zukunft“ und Inside View (Unternehmenstag) in der Klassen-stufe 10 sowie die Teilnahme an der Präsentation des Betriebspraktikums in der 11. Jahrgangsstufe dar. Neben dem K-Team findet als jahrgangsstu-fenübergreifende Veranstaltung die Berufsbörse für die gesamte MSS statt, die in wechselndem Rhythmus alle zwei Jahre mit Unterstützung der Eltern bzw. des Rotary-Club Landau durchgeführt wird.

Für weitere Informationen steht Herr Hans Allmendinger zur Verfügung.

Kontakt über das Otto-Hahn-Gymnasium [email protected]

Pausenverkauf

Page 33: Heft 49 - nachhaltige Schülerfirmen Endfassung

33

Die dargestellte Schülerfirma ist durch ihr langes Bestehen und ihren nachhaltigen Erfolg beispielhaft für ein von Schülern getragenes Un-ternehmen, das sich zunehmend an Nachhaltigkeitsaspekten orientiert. Dabei leistet die Schülerfirma in jeder Hinsicht Großartiges. Sie bewegt die Schülerinnen und Schüler, sie leistet große Investitionen aus ihren Gewin-nen, z. B. beim Anbau einer neuen Aula, die gleichzeitig als Speisesaal für die benachbarte Kinzing-Schule dient. Sie bemüht sich, das Gesund-heits- und Ernährungsbewusstsein zu erweitern. Sie lädt interessierte Lehrerinnen und Lehrer im Rahmen von IFB-Fortbildungen ein, sich selbst ein Bild zu machen und die

guten Erfahrungen in ihrem Bereich umzusetzen.

Die Ludwig-Erhard-Schule Neuwied (LES Neuwied) ist eine Berufsbil-dende Schule mit vielfältigen kauf-männischen Bildungsgängen. Die Versorgung der täglich anwesenden ca. 1.100 Schülerinnen und Schüler mit Speisen und Getränken wurde viele Jahre vom Hausmeister ei-genverantwortlich organisiert. Die Schulleitung hatte die im Frühjahr 1992 anstehende Verabschiedung des Hausmeisters zum Anlass genom-men, den für Schulen unschätzbaren Wert eines realen kaufmännischen Betätigungsfeldes einer Vielzahl von freiwillig engagierten Jugendlichen

Dirk Wölbert, Sascha Heß, Ulrich Deilmann

JUFI – die Juniorenfirma der BBS Ludwig-Ehrhard-Schule in Neuwied

Kontakt:Ludwig-Erhard-Schule

Neuwied Beverwijker Ring 3

56564 Neuwied Tel. +49 - 2631 - 96 45 0

Fax +49 - 2631 - 96 45 50www.jufi-neuwied.de

Praxisbeispiel 6

Page 34: Heft 49 - nachhaltige Schülerfirmen Endfassung

34

zugänglich zu machen. Nach inten-siven Überlegungen, unter welchen rechtlichen Rahmenbedingungen unsere Schülerinnen und Schüler wirtschaftliche Verantwortung über-nehmen können, entschied sich die Schulleitung für die Gründung eines eingetragenen Vereins.

Hauptziele

des am 17. März 1992 ins Vereins-register des Amtsgerichtes Neuwied eingetragenen Vereins „Juniorenfirma der Ludwig-Erhard-Schule Neuwied e. V.“ sind:

• Vermittlung von kaufmännischen Qualifikationen unter realen Be-dingungen

• Förderung der Teamfähigkeit

• Bereitstellung eines ernährungs-bewussten Warenangebotes im Schulkiosk

• Abfallvermeidung und Umwelt-schutz

• Erwirtschaftung eines Überschus-ses zwecks Einrichtung einer Cafeteria

Organisatorischer Aufbau der Firma

Die Leitung der Juniorenfirma obliegt dem aus vier Personen bestehendem Vereinsvorstand, der ausschließlich mit Schülerinnen und Schülern der Ludwig-Erhard-Schule besetzt ist. Die gesamte kaufmännische Sachbe-arbeitung wird ebenfalls von Schüle-rinnen und Schülern in den folgenden Abteilungen eigenverantwortlich durchgeführt:

• Allgemeine Verwaltung und EDV • Personalwesen • Rechnungswesen • Einkauf • Verkauf• Marketing

Die mitarbeitenden Schülerinnen und Schüler erhalten für ihre Tätig-keit kein Entgelt. Die anfallenden Arbeiten werden in den Pausen, den Freistunden und während der zweistündigen Arbeitsgemeinschaft „angewandte Betriebswirtschafts-lehre“ erledigt. Die Arbeitsgemein-schaft findet außerhalb des regulären Unterrichts statt. Die Jugendlichen investieren freiwillig wöchentlich zwei Stunden ihrer teilweise knappen Freizeit in praktisches kaufmänni-sches Lernen.

Den Warenverkauf (Öffnungszeit der Cafeteria: 8:00 bis 13:15 Uhr) übernehmen fest angestellte Mit-arbeiterinnen. Zurzeit sind sechs Mitarbeiterinnen im Verkauf be-schäftigt. Die Beschäftigung erfolgt auf Lohnsteuerkarte bzw. auf 400,00 €-Basis. Außerdem gehört eine Rei-nigungskraft zum Mitarbeiterstamm der Juniorenfirma.

Die fachliche Betreuung der enga-gierten Schülerinnen und Schüler erfolgt durch den pädagogischen Beirat, der ausschließlich mit zwei bis drei Lehrkräften der Ludwig-Erhard-Schule besetzt ist. Der pä-dagogische Beirat ist insoweit für die schülergerechte Vernetzung von kaufmännischer Theorie und Praxis zuständig.

Aufgabenbereiche der Schülerinnen und Schüler

Die Zuweisung von Aufgabenberei-chen erfolgt zunächst nach Interesse der Schülerinnen und Schüler. Darü-

ber hinaus wird darauf geachtet, dass die Jugendlichen nach einer gewissen Zeit die Abteilungen wechseln und ih-nen möglichst vielfältige Erfahrungen zu ermöglichen.

Im Bereich Allgemeine Verwaltung und EDV erledigen die Jugendli-chen alle abteilungsübergreifenden Arbeiten. Hierzu zählen z. B.: • Projektbetreuung • Betreuung des PC-Netzwerkes und

der Homepage• Verwaltung der Büromaterialien

Im Personalwesen erfassen die Schülerinnen und Schüler die vom Verkaufspersonal geleisteten Arbeitszeiten. Am Monatsende wer-den die auf den Stundennachweisen basierenden Verdienstabrechnun-gen erstellt. Die Schülerinnen und Schüler haben zu diesem Zweck Excel-Formulare entwickelt, die den unterschiedlichen Abrechnungs-modalitäten der auf 400,00 €-Basis (Mini-Job), 401,00 € bis 800,00 €- Basis (Midi-Job) bzw. auf Lohn-steuerkarte beschäftigten Mitarbei-terinnen gerecht werden. Die an das Finanzamt abzuführenden Abgaben werden mit Hilfe eines professionel-len Berechnungsprogramms ermittelt. Die Auszahlung der Löhne wird selbständig veranlasst und über-wacht. Die Lohnsteueranmeldungen und die sozialversicherungsrechtli-chen Meldungen werden fristgerecht eingereicht und die entsprechenden Zahlungen geleistet. Die Schülerin-nen und Schüler führen alle gesetzlich sowie organisatorisch erforderlichen Unterlagen in Eigenregie. Alle bisher durchgeführten Lohnsteuer- und Sozi-alversicherungsprüfungen führten zu keinerlei Beanstandungen.

In der Abteilung Rechnungswesen werden alle Geschäftsvorfälle beleg-

Page 35: Heft 49 - nachhaltige Schülerfirmen Endfassung

35

mäßig geprüft, vorkontiert und mit Hilfe eines professionellen Finanz-buchhaltungsprogramms erfasst. Es werden beispielsweise die Eingangs- und Ausgangsrechnungen auf den entsprechenden Kreditoren- und Debitorenkonten gebucht, die offenen Posten geprüft und eventuelle Unstim-migkeiten mit den Sachbearbeitern der Einkaufs- und Verkaufsabteilung geklärt. Außerdem wird ein von der Finanzbuchhaltung getrenntes Excel-Kassenbuch geführt. Am Jahresende wird die anstehende Inventur geplant und am letzten Schultag vor den Weihnachtsferien durchgeführt. Die auf diese Weise gewonnenen Daten bilden unter anderem die Grundlage für den Geschäftsbericht des abgelau-fenen Wirtschaftsjahres.

Die Schülerinnen und Schüler der Einkaufsabteilung sind für die Warendisposition zuständig. Sie prüfen die Lagerbestände und klären mit den Verkaufsmitarbeiterrinnen den aktuellen Bedarf. Die benö-tigten Mengen werden auf selbst erstellten Formularen erfasst und an die Lieferanten gefaxt bzw. per E-Mail übermittelt. Die bestellte Ware wird vom Verkaufspersonal in Empfang genommen und fachgerecht eingelagert. Das Ergebnis der Waren-prüfung wird auf dem Lieferschein vermerkt. Eventuelle Beanstandun-gen melden die zuständigen Schü-lerinnen und Schüler unverzüglich dem Lieferanten. Die Eingangs-rechnungen werden mit den Lie-ferscheinen verglichen und auf ihre Übereinstimmung und rechneri-sche Richtigkeit geprüft. Gelegentlich vorkommende Abrechnungsfehler werden mit dem Lieferanten geklärt. Anschließend wird die Zahlung ver-anlasst und überwacht. Die geprüfte Rechnung wird der Buchhaltung übergeben.

Die Schülerinnen und Schüler der Verkaufsabteilung sind u. a. für die Koordination der hausinternen Bewirtungen (z. B. bei Konferenzen, Veranstaltungen, Prüfungen) zustän-dig. Die ausgelieferten Speisen und Getränke werden auf selbst entwi-ckelten Bewirtungsnachweisen vom Verkaufspersonal vermerkt und an die zuständigen Schülerinnen und Schüler zum Zwecke der Rechnungserstellung weitergeleitet. Die geprüfte Rechnung wird der Buchhaltung übergeben. Ein weiteres Aufgabengebiet ist die Aktualisierung der Preislisten und die Planung von Verkaufsaktionen.

In der Marketingabteilung be-schäftigten sich die Schüler mit der Entwicklung und Planung von Wer-bekampagnen.

Ihre erste Handlung war das Erstellen einer Werbekampagne für das Produkt „Coca Cola Zero“. Als Folge dessen wurde dieses Produkt dauerhaft in unser Sortiment aufgenommen. Dies hatte eine Gewinnsteigerung zur Fol-ge, da das Produkt von den Schülern positiv aufgenommen wurde.

Es folgte eine weitere Aktion, in der den Schülern eine Menükombination (Kartoffeltasche/Getränk) angeboten wurde, um auf das Produkt „Kartof-feltaschen“ aufmerksam zu machen. Diese verkauften sich zeitweise nicht mehr so gut. Diese Idee wurde von den meisten Schülern als gut befunden.

Gegen Ende des ersten Halbjahres entwickelte die Marketingabteilung ein Schreiben, welches dem Zeugnis der HB- und GY-Schüler beigelegt wurde, um für die Nachhilfebörse zu werben. Zusätzlich bearbeiteten die Mitglie-der der Marketingabteilung diverse kleinere Aufgaben (z. B. aktuelle

Aushänge zu verschiedenen Anläs-sen) und begannen Ende des Jahres 2006 mit der Vorbereitung einer Werbeanzeige in der Schülerzeitung für den fairgehandelten Schokoriegel „Fairetta“.

Besondere Projekte und Aktivitäten

Die Juniorenfirma unterhält eine schulinterne Nachhilfebörse. Nach-hilfe suchende bzw. anbietende Schülerinnen und Schüler können ihren Bedarf bzw. ihre Angebote der Juniorenfirma melden und um eine zügige Vermittlung bitten. In der Ver-gangenheit wurden zudem Nachhilf-eanfragen von Ausbildungsbetrieben erfolgreich bearbeitet.

Die Juniorenfirma veranstaltet in Zusammenarbeit mit dem Sportkurs des Wirtschaftsgymnasiums das jährlich stattfindende Fußballtur-nier „Jufi-Cup“. Die drei besten Mannschaften erhalten Verzehr-gutscheine für die Schulcafeteria. Die Siegermannschaft erhält einen Wanderpokal.

Während der Weltausstellung „Expo“ organisierte die Juniorenfirma sehr günstige Busreisen nach Hannover. Die gesamte Planung und Durchfüh-rung erfolgte in Eigenregie. Aktuell werden Angebote von verschiedenen Busunternehmen eingeholt, um eine Börse für Schulfahrten aller Klassen der Ludwig-Erhard-Schule einzu-richten.

Die Juniorenfirma hatte für diverse Klassen Schulbücher über Internet-anbieter zu sehr guten Konditionen bezogen. Auch hier erfolgte die gesamte Planung und Durchführung in Eigenregie. Leider war die Nach-frage bisher nicht sehr groß. Die neu

Page 36: Heft 49 - nachhaltige Schülerfirmen Endfassung

36

gegründete Marketingabteilung ar-beitet an einer Strategie zur Belebung Schulbuchbörse.

Die Juniorenfirma betreibt außerdem seit einigen Jahren eine eigene So-laranlage. Der ökologisch erzeugte Strom wird ins öffentliche Netz ge-speist. Das selbst erbrachte Investiti-onsvolumen beträgt ca. 20.000,00 €. Seit Neuestem beschäftigt sich die Juniorenfirma auch mit dem Thema „Faire Produkte“. In Zusammen-arbeit mit einigen Schülern aus dem Gymnasium werden Alternativ-produkte gesucht, die unter fairen Bedingungen für Natur und Mensch hergestellt und verarbeitet wurden. Dazu zählt auch, dass Obst und Gemüse von Bauern aus der Region beschafft wird.

Erwähnenswert ist ebenso die Ver-sorgung der Schüler aus der benach-barten Kinzing-Schule, die Ganz-tagsschule ist, mit einem täglichen

Mittagessen. Das Essen wird über die Juniorenfirma bei einer ortsansäs-sigen Großküche bestellt und in einem von der LES zur Verfügung gestellten Raum ausgegeben.

Didaktische Bedeutung der Juniorenfirma

Das Projekt „Juniorenfirma“ exis-tiert im Jahre 2006 bereits seit 14 Jahren. Im Laufe dieser Zeit konnten die Schülerinnen und Schüler, das gesamte Kollegium sowie die Schul-leitung in vielfältiger Weise von der Arbeit der Juniorenfirma profitieren. Eine abschließende Auflistung aller didaktischen Vorteile ist unmöglich. Aus diesem Grunde beschränken wir uns nachfolgend auf die wesentlichen Bildungsaspekte dieses Projektes.

• Die Juniorenfirma fördert in her-vorragender Weise die kauf-männische Fachkompetenz der

mitarbeitenden Schülerinnen und Schüler. Die Jugendlichen kön-nen den im regulären Unterricht erfahrenen Lehrstoff in einem real existierenden Unternehmen in die Praxis umsetzen.

• Die Juniorenfirma fördert das unternehmerische Denken und Handeln der mitarbeitenden Schü-lerinnen und Schüler. Die Jugend-lichen müssen täglich unternehme-rische Entscheidungen treffen und gegebenenfalls Interessenkonflikte mit Kunden, Lieferanten und Mitarbeitern zum Wohle ihres Unternehmens bewältigen.

• Die Juniorenfirma fördert die kauf-männische Methodenkompetenz der mitarbeitenden Schülerinnen und Schüler. Die Jugendlichen müssen täglich bereits erlernte Problemlösungsstrategien anwen-den oder neue Strategien - beim Auftreten bisher unbekannter Auf-gabenstellungen - entwickeln.

• Die Juniorenfirma fördert die Sozialkompetenz der mitarbei-tenden Schülerinnen und Schüler. Jedes Teammitglied erfüllt eine unverzichtbare Aufgabe im or-ganisatorischen Gesamtgebilde „Juniorenfirma“. Die Jugendlichen erkennen bei ihrer täglichen Ar-beit, dass lediglich die auf das ge-meinschaftliche Ziel fokussierten Bemühungen den gewünschten Erfolg bringen.

• Die Juniorenfirma fördert die Bildung für nachhaltige Ent-wicklung (BNE). Durch ihre umfangreichen Aktivitäten in den Bereichen Soziales, Ökologie und Ökonomie ist sie ein Impulsgeber für die Entwicklung eines Nach-haltigkeitsprofils der LES.

Page 37: Heft 49 - nachhaltige Schülerfirmen Endfassung

37

Das Thema „Geld“ liefert genug Stoff, um schülernah aktuelle Bezüge herzustellen. Daran anknüpfend ist ein themenorientiertes Unterrichts-konzept zum Thema „Alternatives Wirtschaften“ entstanden, das die Gründung einer nachhaltigen Schü-lerfirma zur Einführung der Regional-währung „De Pälzer“ vorsieht.

Regional erarbeitetes Geld fließt in nationale und globale Wirtschafts-kreisläufe ab. Um einer negativen Entwicklung, die pfälzische Infra-struktur betreffend, entgegenzusteu-ern, wurde die Initiative „De Pälzer fer die Palz – ein Schulprojekt“ mit dem Untertitel „Schüler machen Regiogeld“ ins Leben gerufen. Mit dieser Initiative der Bürgerstiftung

Pfalz, deren Schirmherr Minister-präsident Kurt Beck ist, soll erreicht werden, dass alternative Gutscheine, „Pälzer“ genannt, den Kauf regionaler Produkte ermöglichen und fördern. Wirtschaftskreisläufe in der Pfalz werden so gestärkt.

Mittlerweile wurde die Idee von mehreren Schulen aufgegriffen und seit dem 1. Juli 2007 ist der „Päl-zer“ in Speyer unter der Regie einer Schülerfirma des Friedrich-Mag-nus-Schwerd-Gymnasiums im Um-lauf (siehe folgenden Artikel). Ein ausführliches Unterrichtskonzept zum Thema Regiogeld findet sich in der Ruprik „Schülerfirmen“ der Internetseite www.nachhaltigkeit.bildung-rp.de.

Claudia Moede

De Pälzer fer die Palz – Schüler machen Regiogeld

Unterrichtskonzept zum Thema „Alternatives Wirtschaften“

Praxisbeispiel 7

Page 38: Heft 49 - nachhaltige Schülerfirmen Endfassung

38

Der Leistungskurs Sozialkunde des Jahrgangs 11 des Friedrich-Magnus- Schwerd-Gymnasiums in Speyer hat dieses Jahr ein neues Projekt in Angriff genommen: den „Pälzer“ Der Leistungskurs besteht aus sechzehn Schüler/innen, die am 01.01.2007 die „ProRegio SGmbH“ gegründet haben. Die Schülerfirma kümmert sich um die Vernetzung und Durchführung des Pälzers, einem regionalen Gutscheinsystem, mit dem seit dem ersten Juli 2007 (Umweltfest der Stadt Speyer) in teilnehmenden Geschäften in Speyer gezahlt werden kann.

Der Pälzer – Vorstellung einer Regionalwährung für die Pfalz

Einleitung

Seit Juli 2007 haben Bürger aus der Pfalz eine echte Alternative zum Euro. Pälzer heißt der Taler heißen und bildet als Regionalwährung eine Art Gegenpol zum Heuschrecken- Kapitalismus der Globalisierung. Eingeführt wird das Geld von der ProRegio SGmbH, gemeinsam mit dem gemeinnützigen Verein „Pälzer Regio“. Das S vor der GmbH kenn-zeichnet hierbei eine Schülerfirma. Hinter dem System stehen nämlich

Kontakt Stichwort „Pälzer“ProRegio SGmbH

Vincentiusstraße 567346 Speyer

e-mail: [email protected]

oder per Fax 0631-4149276

Praxisbeispiel 8

Sonja Stegmeyer

Die ProRegio SGmbH - die Speyerer Geldmacher

Page 39: Heft 49 - nachhaltige Schülerfirmen Endfassung

39

nicht die zentrale Notenbank, son-dern die Schüler und Schülerinnen des Sozialkunde Leistungskurses der 11. Klasse des Friedrich-Magnus-Schwerd-Gymnasiums Speyer.

Die Vorteile einer Regionalwährung

• Durch eine Umlaufsicherungs-gebühr werden die Unternehmer und Bürger angehalten, den Pälzer schnellst möglich weiterzuge-ben. Dadurch zirkuliert das Geld schneller, der Umsatz regionaler Unternehmen steigt.

• Da es für Discounterketten un-möglich ist mit der Regionalwäh-rung zu handeln, wird der Bürger stärker auf Güter aus der Region zurückgreifen. Somit wird der Einzelhandel gestärkt.

• Wohltätige Vereine werden dauer-haft unterstützt.

• Produktionsbedingungen in Bezug auf Umweltverträglichkeit und sozialer Standards können kon-trolliert werden.

• Ein geringeres Transportaufkom-men entlastet die Umwelt.

Bei dieser Regionalisierung wird ein hohes Merkmal auf Soziales gelegt. Allein, das gemeinsame Geld stärkt das Gemeinschaftsgefühl einer gan-zen Region. Die sozialen Beziehun-gen der miteinander wirtschaftenden Menschen werden gestärkt. Auf der Basis persönlicher Beziehungen wird es schließlich leichter, soziale und gemeinwohlorientierte Aspekte in das Wirtschaftsverhalten zu integrieren.

Zudem werden durch eine Umlauf-sicherungsgebühr gemeinnützige Vereine unterstützt, welche – neben der Familie - oftmals einen riesigen, sozialen Treffpunkt darstellen.

Wie funktioniert das?

Die Kaufkraft des Pälzers sinkt zum Quartalsende jeweils um zwei Prozent des Anfangswertes. Wer die Gutschei-ne dann noch im Geldbeutel hortet, muss sie in einer der Ausgabestellen «aufwerten», bevor er sie wieder ausgeben kann - kleine Klebemarken auf der Rückseite dienen als Nach-weis (Umlaufsicherungsgebühr). Und wer die Pälzer wieder in Euro eintauschen will, bekommt nur noch 95 Prozent des aktuellen Wertes in Euro zurück.

Der Wertverlust zum Quartalsende kommt dabei vollständig wohltätigen Vereinen zu Gute. Von den 5 Prozent Abgabe beim Rücktausch behält die Schülerfirma 2 Prozent ein, um ihre

laufenden Kosten zu decken. Die anderen 3 Prozent werden direkt an einen vom umtauschenden Kunden gewählten, gemeinnützigen Verein weitergeleitet.

Die Umlaufsicherungsgebühr von 2 Prozent bringt dabei mehrere Vor-teile mit sich. Zum einen werden wohltätige Vereine unterstützt und zum anderen entsteht dadurch ein Umlauf-Impuls. Das heißt, der Kunde bringt das Geld möglichst schnell wieder in Umlauf. Das führt dazu, dass regionale Wirtschaftkreisläufe beschleunigt werden und der Umsatz respektive der Gewinn von regionalen Unternehmen steigt. Erhebungen von anderen Regionalgeldern weisen eine Erhöhung der Umlaufgeschwindig-keit um den Faktor 3 auf.

Die Belegschaft, hinten von links: Patrick Schöfer, Friedemann Fischer, Christoph Kuhn, Christopher Bücklein, Fabian Müsel; in der Mitte von links: Thomas Daum, Moritz Böhringer, Kristin Leck, Vanessa Hofmann, Patrick Hohmann,Thomas Scheffner; kniend von links: Nicklas Dorsch, Jasmin Farouq, Sophia Güdemann, Jennifer Ibsch, Andreas Musial Es fehlt: Sonja Stegmeyer

Page 40: Heft 49 - nachhaltige Schülerfirmen Endfassung

40

Wer steht dahinter?

Das Geld wird von der ProRegio SGmbH in Speyer in Kooperation mit der Bürgerstiftung Pfalz und dem gemeinnützigen Verein „Pälzer Regio“ eingeführt. Die ProRegio SGmbH besteht aus den 16 Schülern des Sozialkunde Leistungskurses der 11. Klasse des Friedrich-Magnus-Schwerd-Gymnasiums. In anderen Teilen der Pfalz übernehmen die Be-treuung andere Schülerfirmen.

Die Aufgaben der 16 Schüler in der „kleinen Firma“ sind dabei wie in einer richtigen Firma breit gefächert und reichen von Finanzen über Mar-keting, Betreuung der Unternehmen und Kunden bis hin zur Presseabtei-lung. Dabei gehen die Schüler äußerst

engagiert zur Sache und opfern auch Zeit an Nachmittagen und außerhalb des Schulunterrichtes.

Die Brüder des Pälzers

Der Gedanke des Regionalgeldes wurde in der Vergangenheit schon oft angedacht. Im Chiemgau entwi-ckelten Schüler 2003 den „Chiem-gauer“ (www.chiemgau-regional.de) als eines der ersten Regionalgelder Deutschlands. Es folgten seit dem viele weitere: der „Sterntaler“, der „Urstromtaler“, die „Kirschblüte“ usw. Andere Regionalgelder in vie-len Teilen Deutschlands sind in der Planung.

Da das Projekt einer regionalen Wäh-rung nichts Neues ist, liegen uns aus

bereits laufenden Projekten wertvolle positive Erkenntnisse vor. So konnte z. B. der „Chiemgauer“ nach seiner erfolgreichen Einführung im Jahr 2003 zur Steigerung des regionalen Bruttosozialproduktes beitragen und eine Spendensumme von gut 43.000 Euro für wohltätige Vereine erwirt-schaften. Auch die anderen regionalen Währungen wurden von der Bevölke-rung positiv angenommen und führten zu einer Steigerung des Umsatzes bei Einzelhandel und Handwerk.

Der Pälzer im Internet

Unter www.paelzer-regio.de haben wir eine Internetseite über unser Projekt eingerichtet.

Page 41: Heft 49 - nachhaltige Schülerfirmen Endfassung

41

Im Sommer des Jahres 2005 wurde an der Außenstelle Wörth der BBS Ger-mersheim im Rahmen des EQUAL-Programms der Europäischen Union eine neue Form der praxisnahen Berufsorientierung initiiert.

Ziel des EQUAL-Programms ist Chancengleichheit am Arbeitsmarkt. Die Zielgruppe des Programms sind daher Personen mit besonderem För-derbedarf. Daher wurde das Modell-projekt ins Berufsvorbereitungsjahr implementiert.

Den Schülern sollte im BVJ eine neue schulische Erfolgschance geboten werden durch einen starken Pra-

Erhard Steller

Produktionsklassen-Projekt

xisschwerpunkt unter betrieblichen Bedingungen und die Einbindung des theoretischen Schulunterrichts in den betrieblichen Zusammenhang.

Als Einsatzfeld wurde aufgrund der örtlichen Gegebenheiten die nur mit Mädchen besetzte BVJ-Klasse Haus-wirtschaft gewählt, in der die Zube-reitung von Speisen seit jeher einen Schwerpunkt bildet. Dies führte zur Einrichtung des Wörther BBS BIST-ROS, das mit Hilfe von engagierten Lehrern, zwei Projektmitarbeitern und natürlich den Schülerinnen eine erfolgreiche Etablierung vor Ort ver-zeichnen konnte.

Berufsbildende Schule Germersheim

Außenstelle Wörth Hanns-Martin-Schleyer-Straße 10

76744 WörthTel.: 07271-9232-0

E-Mail: info@bbs-woerth

Praxisbeispiel 9

Page 42: Heft 49 - nachhaltige Schülerfirmen Endfassung

42

Vorbild Dänemark

Die Produktionsklasse ist eine Aus-koppelung aus der Idee der Pro-duktionsschule. Diese wurde in Deutschland von den Pädagogen Paul Oestreich und Georg Kerschensteiner geprägt, die beide, wenn auch aus ver-schiedenen Blickwinkeln, die Absicht verfolgten, schwer erziehbaren bzw. schwer beschulbaren Jugendlichen die Chance zur einer erfolgreichen Entwicklung durch Arbeit zu bieten. Durch den nicht ganz unbegründeten Vorwurf (damals) „Menschen for-men“ zu wollen, geriet der Produkti-onsschulansatz in Deutschland lange Zeit in Vergessenheit.

Als Wiege der modernen Produkti-onsschule gilt Dänemark, wo Anfang der 1980er Jahre die ersten Einrich-tungen gegründet wurden, um die Sozialisation von Jugendlichen zu fördern, bei denen diese innerhalb der Schule nicht gelungen ist.

Der Ansatz und gesellschaftliche Nut-zen besteht darin, dass die Einbindung in einen realen Arbeitsprozess eine neue Kategorie von Herausforde-rung und Erfolgschancen bringt, und somit eine neue Perspektive in die Lernkrise, die sich bei der Zielgrup-pe verfestigt hat, und die aus einem Teufelskreis aus Misserfolg, Unver-mögen, unkoordiniertem Handeln und daher wieder Misserfolg besteht.

Um diesem Muster entgegen zu wirken, wurde an der BBS in Wörth modellhaft das BVJ Hauswirtschaft auf die Schulform Produktionsschu-le (bzw. -klasse) umgestellt. Nach überraschend aufwendigen Umbau-arbeiten im Küchenbereich bis zum Frühjahr 2006 konnte die BVJ-Klasse 2006/07 schließlich, unterstützt von einem Projektkoordinator und einer zusätzlichen Anleiterin für die Fach-

praxis, von Anfang an als Produkti-onsklasse arbeiten.

Der Wörther Modellversuch bestand darin, dass die Schulform Produkti-onsschule in den Schulbetrieb einer staatlichen berufsbildenden Schule (BBS) integriert wurde und somit die BBS mit einem erweiterten Lehr-gangsspektrum auch als Produkti-onsschule fungiert. Die betriebliche Arbeit ist in den Schulunterricht integriert (dies gilt für die Fachpra-xis), bzw. der Schulunterricht ist, soweit es die Themen ermöglichen, mit betrieblicher Arbeit bestückt (dies gilt für die theoretischen Fächer). Die Mitwirkung ist unmittelbar mit der Schulpflicht verbunden und kann nach Ablauf einer anfänglichen Probezeit weder durch Schüler noch durch die Schule ohne zwingenden Grund abgebrochen werden. In be-trieblicher Arbeit erworbenes Wissen wird benotet, ist prüfungsrelevant und trägt entscheidend zum Erreichen des Hauptschulabschlusses bei.

Durch das Engagement der unmit-telbar am Projekt beteiligten Lehrer, sowie die personelle Unterstützung und eine konsequente Sozial- und Personalarbeit konnte schnell eine positive, dynamische Stimmung in der Klasse etabliert werden, die nach einigen Wochen Vorlaufzeit das BBS BISTRO eröffnete und fortan jeden Dienstag ein vollständig selbst zubereitetes, preisgünstiges Mittags-menü öffentlich anbot. Diese Arbeit wurde montags vor- und mittwochs hauswirtschaftlich nachbereitet, und im berufsbezogenen Unterricht und Sozialkunde mit Kassenabrechnung, Bankgeschäften, Teamentwicklung und Warenkunde vervollständigt.

Als pädagogisch besonders wertvoll erwies sich die zahlende Kundschaft, die dank der guten Qualität des Essens

sowie der konsequenten Öffentlich-keitsarbeit durch die Projektkoordi-nation stets in ausreichender Anzahl erschienen ist. Durch die Kundschaft empfanden die Schülerinnen die Ar-beitsanforderungen, die wesentlich höher waren als sonst im BVJ, nicht (wie sonst so häufig) als „Schikane“, sondern als motivierende Herausfor-derung.

Die beteiligten Lehrer, die allesamt auf langjährige Berufserfahrung im BVJ zurückblicken können, stellten zudem auch eine höhere Leistungsbe-reitschaft in den allgemeinbildenden Fächern fest.

Insgesamt war das Modellprojekt ein voller Erfolg: ein gelungener Arbeitsalltag ermöglichte den Schüle-rinnen neue, positive Orientierung. Es entstand eine neue Handlungskompe-tenz mit mehr Sicherheit bezüglich ei-gener Stärken, und somit mehr Bereit-schaft und Entschlossenheit, eigene Schwächen zu erkennen und an ihnen zu arbeiten. Es entsteht insgesamt eine höhere Leistungsbereitschaft, und das Handeln wird koordinierter und erfolgsorientierter.

Aber auch vor dem direkten Erfolg fand einiges statt. Im Produktionszu-sammenhang treten Schüler anders auf als im Schulunterricht. Dies ist zum einen durch den Kundenkon-takt begründet, zum anderen durch die Arbeitsaktivität selbst. So lehrt uns die Neuropsychologie, dass die Aktivierung von Feinmotorik und Hand-Augen-Koordination Auf-merksamkeit und Auffassungsgabe stimuliert (einer der Grundpfeiler der Erlebnispädagogik). Für die Schüler bedeutet dies, dass nicht nur neues Wissen erarbeitet, sondern allgemein eine neue Offenheit für das „Lernen an sich“ erschlossen wird. Das Arbei-ten im Produktionszusammenhang

Page 43: Heft 49 - nachhaltige Schülerfirmen Endfassung

43

hat somit auch eine intellektuelle Qualität. Es ist für jede Schülerin und jeden Schüler in jeder Hinsicht eine neue Pädagogik.

Zum Wörther Produktionsklassenpro-jekt ist eine Handreichung abgefasst

worden, die die dort gemachten Er-fahrungen anschaulich zusammenfasst und anderen BBS, die ähnliches vor-haben nützliche Hinweise bietet. Au-ßerdem gibt es eine DVD mit einem 15-minütigen Dokumentarfilm über den Verlauf einer Arbeitswoche.

Beides kann bezogen werden über die Berufsbildende Schule Germersheim (Kontaktdaten siehe Seite 41).

Literatur

PZ-Information 16/2004

Schwerpunkt SchülerfirmaDrei Bausteine für die Aktivitätsbereiche „Arbeit und Beruf“ sowie „Haushalt“

Neue Ansätze der Werkstufenarbeit in der Schule mit dem Förderschwerpunkt ganzheitliche Entwicklung

Schwerpunkt SchülerfirmaDrei Bausteine für die Aktivitäts-bereiche „Arbeit und Beruf“ sowie „Haushalt“

Baustein 1 zeigt auf, dass das Ler-narrangement „Schülerfirma“ ein sinnvolles Angebot zur Weiterent-wicklung der Werkstufenarbeit sein kann. Man erfährt, dass sich die Schülerinnen und Schüler bei der Gründung ihres Unternehmens und bei der Arbeit sowohl praktischen als auch reflexiven Anforderungen stel-len müssen, die für die Bewältigung ihrer Berufs- und Lebenswegplanung von Bedeutung sind.

Baustein 2 stellt das Projekt einer dienstleistungsorientierten Schülerfir-ma vor. Hier wird der Ansatz verfolgt, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowohl auf ein Beschäftigungsver-hältnis in der Werkstatt für behinderte Menschen, als auch auf den allgemei-nen Arbeitsmarkt vorzubereiten. Das Autorenteam zeigt dabei den Weg von der Gründung der Firma bis zur Ein-führung eines „dualen Systems“ – der Donnerstag als Arbeitstag – auf.

Baustein 3 will mit der Arbeit in einer eher produktorientierten Schülerfir-ma neben notwendigen fachlichen Kompetenzen vor allem auch soziale und personale Kompetenzen aufbau-en. Eine Vielzahl außerschulischer Kontakte soll der Öffentlichkeit und kleineren Unternehmern zeigen, dass auch so genannte geistig behin-derte Menschen etwas leisten und durchaus Anforderungen, wie sie der allgemeine Arbeitsmarkt fordert - bei entsprechender Unterstützung – gerecht werden können.

Zu beziehen über das Pädagogische Zentrum (s. Impressum) gegen 3,- € Schutzgebühr zzgl. Versandkosten

Page 44: Heft 49 - nachhaltige Schülerfirmen Endfassung

44

Impressum

Herausgeber: Pädagogisches Zentrum Rheinland-Pfalz, Europaplatz 7-9, 55543 Bad Kreuznach; Redaktion: Dr. Rainer Tempel (verantwortlich), Gabriele Schmidt; Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an dieser Ausgabe: Hans Allmendinger, Oliver Bayer, Ulrich Deilmann, Rafael Hess, Sascha Heß, Tobias Küfner, Claudia Moede, Marcel Nöller, Melanie Raimer, Tobias Ries, Norbert Schäfer, Peter Schmidt, Annelie Sinzig, Sonja Stegmeyer, Erhard Stel-ler, Dr. Rainer Tempel, Dirk Wölbert; Fotos: Allmendinger, (S. 28, Füßler (S. 15), Schäfer (S. 4, 6, 7, 8, Titelbild), Schmidt (S. 9, 11), Sinzig (S. 23, 24), Stegmeyer (S. 38, 39), Steller (S. 41), Tempel (S. 17, 18, 19 unten, 20 unten); DTP-Layout: Gabriele Schmidt; Druck: WARDA-Druck Münchweiler/Rodalb; Erscheinungsweise: unregelmäßig; Auflagenhöhe: 4500 Exemplare: Bezugsbedingungen: Lieferung von Einzelheften gegen eine Schutzgebühr von 1,50 Euro zzgl. Versandkosten; ISSN 1865-147X; Anschrift der Redaktion: Pädagogisches Zentrum, Redaktion „BNE praktisch“, Europaplatz 7-9, 55543 Bad Kreuznach, Tel.: 0671/84088-0, Fax: 0671/84088-10, E-Mail: [email protected].

Deutsche Kinder- und Jugendstiftung (Hrsg.)

Firmensitz: 9bIn 10 Schritten zum Schülerunternehmen

Fakten, Anregungen und Tipps für Schülerinnen und Schüler. Berlin 2005

Diese Publikation ist zu bestellen und herunter zuladen unter www.dkjs.de

Verlag Westermann Schroedel(Hrsg.)

Praxis GeographieBildung für eine nachhaltige Entwicklung

Heft 9, September 2007

Geographieunterricht bietet ideale Voraussetzungen, um das Zusam-menspiel von ökologischen, ökono-mischen und sozialen Aspekten sowie der daraus resultierenden räumlichen Auswirkungen zu verdeutlichen. In den verschiedenen Beiträgen dieses Heftes wird die Thematik „nachhal-tige Entwicklung“ aus vielfältigen Betrachtungswinkeln aufgegriffen. Grundlegende Aussagen zu BNE fin-den sich in einem Artikel von Gerhard de Haan „Bildung für nachhaltige Entwicklung als Handlungsfeld“. Auf die Potenziale für den Geographi-eunterricht, die in einer nachhaltigen Schülerfirma stecken können, gehen Günter Bernert und Christa Henze in ihrem Beitrag „Nachhaltige Schü-lerfirmen. Ein Lernarrangement für zukunftsfähiges Lernen“ ein.

Herausgeber und Verlag: Bildungs-haus Schulbuchverlage Westermann Schroedel Diesterweg Schöningh Winklers GmbH, Braunschweigwww.westermann.de