Heizmann Honorio Autun 155-157

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 155 H ono ri us vo n A ut un Christus hat den Tod freiwillig auf sich genommen und ist auf ers tande n, ut esset eius resurrectio causa commu nis r esurr ec tionis  omniurn“ 35. II. Der eschatologische Spiritualismus des Honorius  von Autun Das dritte Buch des  E L u c i d a r i u m 1 von Honorius von A u t un (um 115 0) 2 bietet den e rs te n systemat isc hen T r a k t a t de r Es cha tol og ie in der F rühsch ola stik3. Honor ius wa r w eder e i n or ig i neller noch ein besonders scharfsinniger Denker, er war vielmehr  ei n unermüdlich er enz ykl opä dis cher Sammler un d Po pu la ri sa tor \  der die subtilen wissenschaftlichen Erörterungen für den interes sierten Nichtfachmann darzustellen sich bemühte5. Dementsprechend sind auch seine Ausführungen zur Eschatologie keine bahnbrechenden Leistungen und für uns nur durch die das  Gebiet materialiter umschreibende Fragestellung interessant, wo be i sich zeigt , daß er üb er den Stand der Ansel msch ule i m wesent lichen nicht hinausgeht. 1. Im Anschluß an die Fragen nach Purgatorium, Hölle, Himmel  und letztem Gericht kommt Honorius auf die Auferstehung und 8 5 E b d . 1 PL 172, 1109 1176 (Buch 3 col. 1157—1176); kritisch e diert von Y . L ef è v r e ,  L * Elu cid a riu m et les L uc id ai res , P a ri s 1954, 35 9— 477 (Buc h 3, 4 4 3 —477); di e Ent st eh ung szeit fäll t vor 112 5 , v g l . J. de G h e l l i n ck,  L ’Esso r di la littérature latine au X ll e si ècle ,  P a r is 1946, t. I, 116. 2 R. Ba u erreiß,  Z ur H er k u n ft des Honorius Aug usto dimensu,  in: Studien un d M itteilu ng en zu r Geschichte des B ene diktinero rden s 53 ( 19 3 5 ) 28—36; F. B lie metz rie de r,  L oeuvre d’Anselme de Laon et la litl ê rature théo logique contemporaine,  I Honor ius d A utun, in: R T hA M 5 ( 1933) 275291; D ThC 7 ( 1 9 2 2 ) 138158; J. E n d r es,  Das St. Jak obu spo rtal  n  Reg ensb urg  un d Honorius Augusto dimensis,  Kempt en 1903; ders.,  H ono ri u s Augu sto- dimensis,  Kemp t en und M ü nchen 19 0 6; M. G r a b man n ,  Die G e s c h i c h t e der  scholastischen Methode, II, 130 f. ; A. M. L a n d g raf,  Inlro dmc ion , 102; E. Rooth, Kleine Beiträge zur Kenntnis des sog. Honorius Augusbdunensis, in: S tud ia ne ophil ologi ca 12 (1939/40) 120—135; P. R o u sse t ,  A p r o p o s d e l Eluc i- darium d’Honorius, in: ZS K G 52 ( 1958 ) 223—23 0; E. M. Sa n fo r d ,  Hon oriu s, 

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Heizmann persona en Honorio AutumTEologo medieval

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  • 155H o n o r iu s von A u tu n

    Christus hat den Tod freiwillig auf sich genommen und ist auferstanden, ut esset eius resurrectio causa communis resurrectionis omniurn 35.

    II. Der eschatologische Spiritualismus des Honorius von A u t u n

    Das dritte Buch des E L u c i d a r i u m 1 von Honorius von A u t u n (um 1150)2 bietet den ersten systematischen Traktat der Eschatologie in der Frhscholastik3. Honorius war weder ein origineller noch ein besonders scharfsinniger Denker, er war vielmehr ein unermdlicher enzyklopdischer Sammler und Popularisator \ der die subtilen wissenschaftlichen Errterungen fr den interessierten Nichtfachmann darzustellen sich bemhte5.

    Dementsprechend sind auch seine Ausfhrungen zur Eschatologie keine bahnbrechenden Leistungen und fr uns nur durch die das Gebiet materialiter umschreibende Fragestellung interessant, wobei sich zeigt, da er ber den Stand der Anselmschule im wesentlichen nicht hinausgeht.

    1. Im Anschlu an die Fragen nach Purgatorium, Hlle, Himmel und letztem Gericht kommt Honorius auf die Auferstehung und

    85 E bd .1 P L 172, 1109 1176 (B uch 3 col. 1157 1176); kritisch e d ie r t von Y. L e f v r e , L* Elucida rium et les Lucidaires, P a r is 1954, 359 477 (Buch 3, 443477); d ie E n ts te h u n g sz e it f llt v o r 1125, vgl. J . d e G h e l l i n c k , LEssor di la littrature latine au X lle sicle, P a r i s 1946, t. I, 116.2 R . B a u e r r e i , Zur Herkunft des Honorius Augusto dimensu, in: S tu d ien u n d M itte ilu n g e n zu r G eschichte des B en ed ik tin ero rd en s 53 (1935) 28 36; F . B l i e m e t z r i e d e r , Loeuvre dAnselme de Laon et la litlrature thologique contemporaine, I H o n o riu s d A utun, in: R T h A M 5 (1933) 275 291; D T h C 7 (1922) 138 158; J . E n d r e s , Das St. Jakobusportal n Regensburg und Honorius Augusto dimensis, K em pten 1903; d e r s . , Honorius Augusto- dimensis, K em p ten u n d M nchen 1906; M. G r a b m a n n , Die Geschichte der scholastischen Methode, I I , 130 f . ; A. M. L a n d g r a f , Inlrodmcion, 102; E . R o o t h , Kleine Beitrge zur Kenntnis des sog. Honorius Augusbdunensis, in : S tu d ia n eo p h ilo lo g ica 12 (1939/40) 120 135; P. R o u s s e t , A propos de lEluci- darium dHonorius, in : Z S K G 52 (1958) 223 230; E. M. S a n f o r d , Honorius, Presbyter and Scholasticus, in: Speculum 23 (1948) 397 425.3 V g l. N. W i c k i , Die Lehre von der himmlischen Seligkeit, 8.4 E n d r e s , Honorius Augustodunensis, 17; 19.5 Hexaemeron c. 1, P L 172, 253 B: Q ui m ulti m u lta de p rim is sex diebus d is s e ru n t, et d iv e rsa se n tie n te s , o b scu rio ra sim plicibus re d d id e ru n t. VfL auch Inevitabile sive de praedestinatione et libero arbitrio inter magistrum et discipulum dialogus, P L 172, 1197 C.

  • Ansitze zu einer Systematisierung des Eschatologietraktates156

    deren Vorzeichen zu sprechen8 9. W ie es einen zweifachen Tod gibt, der Seele und des Leibes, so auch eine zweifache Auferstehung, aus der Snde und dem Grab7.

    Voraussetzung fr die Auferstehung des Leibes ist der T o d 8. An diese Feststellung reihen sich die immer wiederkehrenden Fragen nach der Auferstehung des Embryos, nach Alter und Gre des Auferstehungsleibes und dessen materialer Identitt und die damit verbundene Problematik; daftauch von den ungues und capilli nichts verloren geht, wird an dem Bild vom Tpfer und dem Gef, aus dessen Materie ein neues gebildet wird, veranschaulicht8.

    Die Gerechten werden in unversehrter Schnheit auf er stehen10 * * * *; Selige und Verdammte werden einen unsterblichen und unvergnglichen Leib besitzen.

    In den Ausfhrungen ber die sieben doies oder beatitudines des Leibes11 und der Seele1* zeigt sich seine Abhngigkeit von Anselm von Canterbury 1*.

    2. Wichtiger aber als diese Einzelfragenist die von S c o t u s E r i u g e n a herkommende, stark spiritualistische Tendenz in der Eschatologie des Honoriusund zwar in zweifacher Hinsicht. Auf der einen Seite wird die Seele und ihre Vollendung in dem Mae berbewertet, da in Konsequenz soldien Denkens die Sinnhaftig- keit der Auferstehung des Leibes in Frage gestellt wird. Rein doktrinres Festhalten an der Orthodoxie scheint Honorius daran zu hindern, zu einer negativen Antwort zu kommen.

    Damit ist aber andererseits sein Spiritualismus noch nicht berwunden, sondern setzt noch einmal neu an, indem er alles Krperliche sich schlielich in das Geistige verwandeln, die Materie zu Geist sich sublimierenlt.

    Bei der Behandlung des Problems des descensus und ascensus Christi15 kommt Honorius zu einem rein geistigen Verstndnis von Himmel und Hlle10. Die Seele als einfaches Geistwesen ist

    8 E d . L e f v re , a. a. 0 .4 M .7 A . a . O . 455. 10 A . a. O. 457.8 A . a. O . 455. 11 A . a. O. 465 ff.9 A . a. O . 456. 18 A . a. O. 465.18 V g l. Proslogion c. 25-26, P L 158,240 A 242 G.14 V g l. E n d r e s , a, a. 0.121123.15 D ie s e r T e x t is t von Endr e s, a, a. O. 150 154, ediert.18 E b d . 150: Si enim regnum coelorum est spirituale, in quo a n im ae iu sto rumla e ta n tu r , necesse est, ut oppositum cius, quod est infernus, sp iritu a lis essec re d a tu r , in q uo animae reproborum cruciantur.

  • Anstze zu einer Systematisierung des Esdiatologielraklates156

    deren Vorzeichen zu sprechen. W ie es einen zweifachen Tod gibt, der Seele und des Leibes, so auch eine zweifache Auferstehung, aus der Snde und dem Grab6 7.

    Voraussetzung fr die Auferstehung des Leibes ist der T o d 8. An diese Feststellung reihen sich die immer wiederkehrenden Fragen nach der Auferstehung des Embryos, nach Alter und Gre des Auferstehungsleibes und dessen materialer Identitt und die damit verbundene Problematik; da auch von den ungues und capilli nichts verloren geht, wird an dem Bild vom Tpfer und dem Gef, aus dessen Materie ein neues gebildet wird, veranschaulicht9.

    Die Gerechten werden in unversehrter Schnheit auferstehen10 *; Selige und Verdammte werden einen unsterblichen und unvergnglichen Leib besitzen.

    In den Ausfhrungen ber die sieben dotes oder beatitudines des Leibes11 und der Seele12 * zeigt sich seine Abhngigkeit von Anselm von Canterbury 1*.

    2. Wichtiger aber als diese Einzelfragen ist die von S c o t u s E r i u g e n a herkommende, stark spiritualistische Tendenz in der Esdiatologie des Honorius14 *, und zwar in zweifacher Hinsicht. Auf der einen Seite wird die Seele und ihre Vollendung in dem Mae berbewertet, da in Konsequenz solchen Denkens die Sinnhaftig- keit der Auferstehung des Leibes in Frage gestellt wird. Rein doktrinres Festhalten an der Orthodoxie scheint Honorius daran zu hindern, zu einer negativen Antwort zu kommen.

    Damit ist aber andererseits sein Spiritualismus noch nicht berwunden, sondern setzt noch einmal neu an, indem er alles Krperliche sich schlielich in das Geistige verwandeln, die Materie zu Geist sich sublimieren lt.

    Bei der Behandlung des Problems des descensus und ascensus Christi15 kommt Honorius zu einem rein geistigen Verstndnis von Himmel und H lle16. Die Seele als einfaches Geistwesen ist

    6 E d. L efv re , a. a. 0 . 453 ff.7 A . a. 0 .4 5 5 . 10 A . a. 0 .4 5 7 .8 A . a. O . 455. 11 A . a. 0 . 463 ff. A .a . 0 . 456. 11 A . a. 0 . 465.18 V gl. Prosloiion c. 2526, P L 158, 240 A 242 C.74 V gl. E n d r e s , a. a. 0 . 121 123.15 D ie s e r T ex . ist von E n d r e s , a. a. 0 . 150 154, ediert.18 E b d . 150: Si enim regnum coelorum es t sp iritu a le , in quo a n im a e iu sto rumla e ta n tu r , necesse est, u t oppositum cius, quod est infernus, sp ir itu a lis essec re d a tu r , in quo anim ae reproborum c ru c ia n tu r .

  • 157Honorius von A u tu n

    unsterblich17 und geht nach dem Tod des Menschen in den Himmel oder die Hlle ein, um dort in rein geistiger Weise Lohn oder Strafe zu empfangen. Hier erhebt unser Autor selbst die Frage nach dem Sinn der Auferstehung angesichts dieser Tatsache.

    D isc . E t q u id opus est corpus ab an im abus re c ip i, quibus sine corpore p o te s t ip s a sum m a b ea titu d o praeben? M ag. Q uidam n a tu ra lis appetitu in es t a n i m a b u s a d m in is tra n d i corpus, quo a p p e titu r e ta rd a n tu r quodam m odo n e to ta in te n tio n e in id sum m um coelum p e rg a n t; q u a n d iu non subest o r p u s , cu ius a d m in is tra t io n e appetitu s ille conquiescat: ideo necesse est, u t :o rp o ra sua re c ip ia n t , qu ae speciali g lo ria p rom erita angelis ia m ad aeq u e n tu r , st in su m m i co e li v isione, v e r ita tis liberrim a in tu itio n e sem per iu c u n d e n tu r 18.

    In diesem Wesenszug der Seele, den Krper zu regieren, berhaupt in ihrem Krper zu sein, der unserem Wunsch zu leben vergleichbar is t19, sieht unser Scholastiker den inneren Grund fr die Auferstehung des Leibes. Damit ist aber dieser Spiritualismus nur scheinbar berwunden, in Wirklichkeit wird er konsequent durchgefhrt. Nach der Auferstehung werden die Krper aller Menschen, der Guten wie der Verdammten, rein geistig sein und es wird nichts Materielles mehr geben. Gott wird alles in allem sein, wie das Licht in der Luft, wie das Eisen im Feuer20.

    In diesen Gedankengngen ist Honorius ganz vor. S c o t u s E r i u g e n a s Werk De clivisione naturae abhngig21.

    Whrend er jedoch dessen spiritualistische Grundkonzeption bernahm, hat er seinen offen vorgetragenen Pantheismus, so sehr dieser in solchen Formulierungen noch nachklingt, ausdrcklich abgelehnt22.

    So weit wir sehen, steht Honorius mit diesen Gedanken in der beginnenden Scholastik allein und ist innerhalb der wissenschaftlichen W elt ohne eigentliche Schler und Nachfolger geblieben23.

    17 De cognitione verae vitae, PL 40, 1023: . . . s im p lex n a tu ra et im m o rta lis e ssen tia . V gl. auch 1009.18 Scala coeli maior, cap. 22, PL 172, 1238 D.19 Elucidarium I I cap. 14, Ed. Lefvre, 422: . . . e t ipsae (anim ae) n a tu r a l i te r d e s id e ra n t co rp u s in tra re , ut nos n a tu ra lite r cup im u s v ivere.20 E n d r e s , a. a. 0. 152 f .: Post u ltim am nam que re su rre c tio n em o n n iu m h o m in u m sive b o n o ru m seu m alorum corpora eru n t sp ir i tu a l ia e t n ih il postea c o rp o ra le e r i t , cum deus o m n ia in omnibus erit u t lux in ae re , u t fe rru m in igne.21 V g l. D T h C 7 (1922) 156.22 E n d r e s , a. a. O. 123,28 Z u seinem E in flu au f die poetische L ite ra tu r u n d K unst seiner Z e i t vgl. E n d r e s , a. a. O. 127 137.