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HERFORDER ORGELSOMMER 2017: 16.7. bis 10.9.17 „500 Jahre Reformation“ Grußwort der Schirmherrin Bezirksregierung Detmold Die Regierungspräsidentin Detmold, im April 2017 Sehr geehrte Konzertgäste aus nah und fern, liebe Freunde der Orgelmusik, ebenso wie Sie freue ich mich auf den Herforder Orgelsommer 2017. Münsterkantor Stefan Kagl ist es wieder gelungen, ein vielseitiges und anspruchsvolles Festivalprogramm mit heimischen Künstlern und Gästen aus dem In- und Ausland zu gestalten. Gemeinsam stellen sie das Reformationsjubiläum und das Wirken Luthers in den Mittelpunkt ihrer Aufführungen. Selbst ein begabter Lautenspieler und geübter Sänger, der in Erfurt neben Theologie auch Musik studiert hatte, wusste der Reformator um die Kraft der Noten und Liedtexte. Martin Luther komponierte und dichtete eingängige Strophen, die wir bis heute in den Gesangbüchern finden. Was wäre ein Gottesdienst ohne Musik? Bei den Konzerten des Orgelsommers, die uns von Juli bis September in die Kirchen der Hansestadt führen, wollen wir uns ganz im Sinne Luthers auf die Musik der Königin der Instrumente einlassen. In seiner nach heutigem Verständnis oftmals derben Sprache forderte er „Hindere die Spielleute nicht. Und wenn man lauscht, so schwatz nicht dazwischen und spare dir deine Weisheit für andere Zeiten“. Als Schirmherrin gilt mein besonderer Dank und Gruß allen Freunden und Förderern des Herforder Orgelsommers. Ohne Sie, ohne Ihre Begeisterung und tatkräftige wie finanzielle Unterstützung wäre eine solche ambitionierte Veranstaltungsreihe nicht möglich. Ihre Marianne Thomann-Stahl Grußwort des künstlerischen Leiters

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HERFORDER ORGELSOMMER 2017: 16.7. bis 10.9.17

„500 Jahre Reformation“

Grußwort der Schirmherrin

Bezirksregierung Detmold

Die Regierungspräsidentin

Detmold, im April 2017

Sehr geehrte Konzertgäste aus nah und fern,

liebe Freunde der Orgelmusik,

ebenso wie Sie freue ich mich auf den

Herforder Orgelsommer 2017.

Münsterkantor Stefan Kagl ist es wieder

gelungen, ein vielseitiges und

anspruchsvolles Festivalprogramm mit

heimischen Künstlern und Gästen aus dem

In- und Ausland zu gestalten. Gemeinsam

stellen sie das Reformationsjubiläum und

das Wirken Luthers in den Mittelpunkt

ihrer Aufführungen.

Selbst ein begabter Lautenspieler und

geübter Sänger, der in Erfurt neben

Theologie auch Musik studiert hatte, wusste der Reformator um die Kraft der Noten und

Liedtexte. Martin Luther komponierte und dichtete eingängige Strophen, die wir bis heute in

den Gesangbüchern finden. Was wäre ein Gottesdienst ohne Musik?

Bei den Konzerten des Orgelsommers, die uns von Juli bis September in die Kirchen der

Hansestadt führen, wollen wir uns ganz im Sinne Luthers auf die Musik der Königin der

Instrumente einlassen. In seiner nach heutigem Verständnis oftmals derben Sprache forderte

er „Hindere die Spielleute nicht. Und wenn man lauscht, so schwatz nicht dazwischen und

spare dir deine Weisheit für andere Zeiten“.

Als Schirmherrin gilt mein besonderer Dank und Gruß allen Freunden und Förderern des

Herforder Orgelsommers. Ohne Sie, ohne Ihre Begeisterung und tatkräftige wie finanzielle

Unterstützung wäre eine solche ambitionierte Veranstaltungsreihe nicht möglich.

Ihre

Marianne Thomann-Stahl

Grußwort des künstlerischen Leiters

Liebe Konzertbesucherinnen und –besucher,

500 Jahre Reformation ist das beherrschende Thema in

der evangelischen Kirche und so auch im diesjährigen

Orgelsommer. Im Zuge der Erneuerung des

Gottesdienstes durch Martin Luther in Gestalt der

Einführung deutscher Kirchenlieder und der Aufwertung

der figuralen Kirchenmusik (mehrstimmig komponierte

Kunstmusik für Chor oder Orgelmusik) entwickelten sich

ganz eigenständige Formen des Orgelchorals, des

Choralvorspiels, der Choralbearbeitung, der

Choralfantasie und der Choralvariationen. Darin

unterschied sich Luther übrigens auch stark von den

anderen Reformatoren, die die Kirchenmusik eher

unterdrückten. Der Gegenreformation und dem Zeitalter

des Absolutismus entsprang die künstlerisch so prächtige

Epoche des Barock, die sich die protestantischen Lande

dann regelrecht einverleibten und mit ihren Chorälen eine

Blüte der Kirchenmusik in Formenreichtum,

Kunstfertigkeit und wahrhaft komponierte Theologie,

Verkündigung und Frömmigkeit hervorbrachten. Die Krone dessen ist in der Orgelkunst und

den Kantaten und Oratorien Johann Sebastian Bachs uns allen wohlbekannt. Das

Eröffnungskonzert zeigt die Vielfalt von Choralvorspielen über Luthers Lieder aus 5

Jahrhunderten, ein kirchenmusikalischer Festgottesdienst will musikalisch-theologische

Einblicke in ein freies Orgelwerk Bachs geben, der Dresdner Kreuzorganist, einer der

renommiertesten Stätten der Pflege lutherischer Kirchenmusik Deutschlands, spielt

Sächsisches auf und Matthias Dreißig von der Predigerkirche Erfurt Mitteldeutsches. Danach

wird sich unser Ohr in das lutherische Skandinavien, nach Norwegen und Finnland wenden,

um der Kunst der Domorganisten der lutherischen Erzkathedralen zu lauschen, bevor der

frisch restaurierte Stummfilm „Luther “ von Hans Kyser aus dem Jahre 1927, mit Stephan von

Bothmer an der Orgel, zu sehen und hören sein wird. Den Konzerten „Luther in Tönen“ mit

Martin Bambauer von der Konstantinsbasilika Trier und „Ein feste Burg“ mit Thomas Herzer

von der Schlosskirche Wittenberg, von wo Martin Luthers Reformation ihren Anfang

genommen hatte, folgt ein Nachtkonzert mit Nikolas Fehr und Ioana Maria Precup aus

Ålesund ( NOR) mit Orgelkunst aus Norwegen und Siebenbürgen, während Michael Harris

von der Kathedrale Edinburgh den Chorälen Hymn-Tunes entgegenstellt. Einem

Kinderkonzert mit einer Orgelgeschichte über Martin Luthers Kindheit folgt schließlich eine

kleine Sensation: Die Rekonstruktion eines Abends mit Herforder Stiftsmusik um 1700, also

Klänge, die von vor 300 Jahren, zur Blütezeit der Herforder Abtei, als die Patroklus-Möller-

Orgel im Münster auf einem Lettner thronte, wo jetzt das große Kreuz hängt! Ganz besonders

herzlich möchte ich der HVV GmbH, der Firma EVONIK und der Stiftung der Sparkasse

Herford für ihre großzügigen Beiträge danken, mit dem sie den musikalischen Teil des

Orgelsommers maßgeblich unterstützt haben. Mein Dank gilt genauso der Stadt Herford, dem

Verkehrsverein und der Pro Herford für die professionelle Werbung, die gute

Zusammenarbeit und das schöne Programmheft, den Stadtführern mit ihren

abwechslungsreichen Spaziergängen vor den Konzerten, sowie allen Beteiligten und Helfern

im Orgelsommer für ihren großartigen Einsatz. Alle Konzerte sind wie gewohnt bei freiem

Eintritt für jedermann zugänglich, wir sind jedoch sehr - und immer mehr (auch aufgrund der

veränderten Sponsorenlage) - auf Ihre Spende am Ausgang angewiesen. Sie dient

ausschließlich dazu, die Kosten der auswärtigen Künstler zu decken und die künstlerische

Qualität dieser Reihe weiter zu erhalten. Bitte spenden Sie am Ausgang großzügig und

bedenken Sie dabei, was eine Eintrittskarte zu einem vergleichbaren Festival in Deutschland

normalerweise kosten würde!

Herzlichst, Ihr Stefan Kagl

Sonntag, 16. Juli 2017, 18.00 Uhr

Herforder Münster

Herforder Münster

ORGELKONZERT Stefan Kagl

,,Hits der Orgelmusik zum Rathausfest”

Jeremiah Clarke: Trumpet Voluntary

(1670-1707)

Modest Mussorgski: aus „Bilder einer Ausstellung“

(1839-1881) Das alte Schloß - Baba-Yaga - Das große Tor von Kiev

(Orgelbearbeitung: Stefan Kagl)

Léon Boëllmann: Suite Gothique op. 25

(1862-1897) Prière á Notre-Dame – Toccata

John Ireland: Cavatina

(1879 – 1962)

Robert Prizeman: „Songs of Praise“ Toccata for Organ

(*1952)

Isaac Albéniz: Asturias (aus : Suite Espagnole)

(1860 – 1909) (Arr : Willi Nagel/Stefan Kagl)

Christopher Pardini Toccata über „Amazing Grace”

(* 1973)

Louis James Alfred Lefébure-Wély: Marsch in C-Dur

(1817-1869)

Andreas Willscher: Mein Beethoven - Concert Rag

(*1955)

Charles-Marie Widor: Toccata aus der V. Symphonie op. 42/1

(1844-1937)

Paul Bryan: Trumpet Air

(* 1950)

Eduardo Torres: Impresión teresiana

(1872-1935)

David German: Festive Trumpet Tune

(*1954)

Stefan Kagl wurde 1963 in München geboren und nahm

Privatunterricht bei Klemens Schnorr und Peter

Schammberger. Er studierte an der Münchner Staatl.

Hochschule für Musik (bei Klemens Schnorr) und an der

Schola Cantorum in Paris (bei Jean Langlais und Marie-

Louise Langlais) sowie am Conservatoire Supérieur de

Paris (CNR). Er bekam den „Prix de Virtuosité“ an der

Schola Cantorum und legte das A-Examen für

Kirchenmusik und die künstlerische Staatsprüfung im

Hauptfach Orgel an der Münchner Musikhochschule ab

und am Conservatoire Supérieur de Paris den „Premier

Prix“ und den „Prix d´Excellence“. Seine Paris- und

London-Debüts 1988 in der Kathedrale Notre-Dame de

Paris und in der St. Paul´s Cathedral London mit Werken

von Reubke und Langlais eröffneten seine erfolgreiche

Konzertlaufbahn, die ihn zu allen wichtigen

Kathedralen, Kirchen und Konzertsälen Europas und Russlands führte (u.a. Gewandhaus

Leipzig oder Mariinsky Konzertsaal beim Festival „Stars of the White Nights 2011“). Er ist 1.

Preisträger des internationalen César- Franck-Wettbewerbs St. Bavo/Haarlem (Holland). Von

1991-96 war er Stadt- und Bezirkskantor in Bad Kissingen und von 1997- 2002 Kantor der

beiden Hauptkirchen im thüringischen Rudolstadt. Seit Juli 2002 ist Stefan Kagl Kantor und

Organist am Münster zu Herford und künstlerischer Leiter des „Herforder Orgelsommers“.

Als Chorleiter hat er alle wichtigen Oratorien und chorsymphonischen Werke einstudiert und

dirigiert. Seit 2005 ist er Dozent für künstlerisches Orgelspiel und Improvisation an der

Hochschule für Kirchenmusik Herford. Rundfunk- und CD-Einspielungen (u.a. 2007 zwei

Aufnahmen mit Tournemire und Langlais bei Motette-Ursina, 2008 das Orgelwerk von John

Ireland bei cpo und 2010 die CD „10 Jahre Herforder Orgelsommer“ bei Motette und die neue

CD „Russian Dreams“ mit Orgeltranskriptionen von Borodin und Mussorgsky an der

Luzerner Hofkirchenorgel) sowie Veröffentlichungen in Fachzeitschriften runden sein

Tätigkeitsfeld ab.

Wieso hat das heutige Programm überhaupt nichts mit dem Thema Reformation zu tun?

Eigentlich sollte das Programm mit den Luther-Liedern vom 23. Juli heute stattfinden, doch

nach gemeinsamen Überlegungen mit der Pro Herford und Bürgermeister Kähler, haben wir

uns entschlossen, ein populäres Programm zu unserem Rathausfest anzubieten. Nachdem ich

im letzten Jahr in einer freundlichen Zuschrift von Zuhörern gebeten worden bin, doch einmal

bekannte, alte Schlager der Orgelmusik zu spielen, bin ich auf die Idee gekommen, das

heutige Programm zusammenzustellen. Es soll eine unterhaltende Sammlung von

spektakulärer Musik sein, die man auf der Orgel spielen kann. Solche Stücke baue ich

eigentlich immer in meine Programme ein, ganz einfach, um die Hörer auch niveauvoll zu

unterhalten. Weniger möchte ich heute aber die üblichen Ave Marias oder Largos von Händel

spielen, die man bei Beerdigungen und ähnlichen Veranstaltungen immer wieder zu hören

bekommt, aber stattdessen: Neben den virtuosen Toccaten, meist französischer Provenienz,

hören sie festliche Trumpet-Tunes, die auf unserer Hochdruck-Tuba herrlich klingen, daneben

auch wieder zarte, romantische Träumereien, Transkriptionen unvergesslicher Musik, die

eigentlich nicht für die Orgel geschrieben wurde, und mitreißende, jazzige, neue

Kompositionen. Viele dieser Werke sind auf den CDs aufgenommen, die Sie am Ausgang

erwerben können. Ganz besonders kann ich Ihnen Aufnahmen mit den Werken Irelands und

Mussorgskis ans Herz legen. Ich würde mich freuen, wenn viele Menschen ihre Liebe zur

Orgel in diesem Konzert mit den Hits der Orgelmusik entdecken, viel Freude dabei.

Sonntag, 23. Juli 2017, 18.00 Uhr

Herforder Münster

ORGELKONZERT Stefan Kagl

„Lutherlieder“

Dietrich Buxtehude: Choralvorspiel „Ein feste Burg ist unser Gott“ BuxWV 184

(1637-1707)

Max Reger: Choralvorspiel ,,Nun komm der Heiden Heiland” op. 67 / 29

(1873-1916)

Johann Sebastian Bach: Choralbearbeitung „Ein feste Burg ist unser Gott“ BWV 720

(1685-1750)

Zsolt Gárdonyi: Choralimprovisation ,,Vom Himmel hoch, da komm ich her”

(*1946)

Dietrich Buxtehude: Choralvorspiel ,,Nun bitten wir den Heiligen Geist”

(1637-1707) BuxWV 209

Max Reger: Choralvorspiel „Ein feste Burg ist unser Gott“ op. 67 / 6

(1873-1916)

Johann Sebastian Bach: „Wir glauben all an einen Gott, Schöpfer“

(1685-1750) in organo pleno BWV 680

Max Reger: Choralvorspiel ,,Vater unser im Himmelreich” op. 67 / 39

(1873-1916)

Johann Sebastian Bach: ,,Christ, unser Herr zum Jordan kam“ BWV 684

(1685-1750)

Jean Langlais: „De profundis“ ( Aus tiefer Not )

(1907-1991)

Jean Langlais: „Ein feste Burg ist unser Gott“ (Livre Œcuménique 1968)

(1907-1991)

Johann Sebastian Bach: Choralvorspiel ,,Nun freut euch, lieben Christen g’mein“

(1685-1750) BWV 737

Johannes Matthias Michel: Fantasie „Ein feste Burg ist unser Gott“

(*1962)

Lebenslauf Stefan Kagl siehe Konzert am 16.7.2017

Heute erklingt ein reines Choralvorspiel-Programm, das genuin zum Thema des

Orgelsommers gehört. Wie schon Frau Regierungspräsidentin Thomann-Stahl in ihrem

Geleitwort so schön bemerkt hat: ,,Was wäre ein Gottesdienst ohne Musik!“ In diesem Sinne

steht das Programm des Eröffnungskonzerts ganz im Zeichen der Lieder Martin Luthers

und der Kompositionen, die über diese Melodien und ihren damit implizierten Texten in den

darauf folgenden Jahrhunderten geschrieben worden sind. Ist doch das von der Gemeinde

gesungene Lied im Gottesdienst das große Novum, das wir der Reformation Martin Luthers

verdanken. Mithilfe dieser Lieder brach sich die Reformation auch erst Bahn, wurde sie doch

Kennzeichen und Bestandteil des evangelischen Gottesdienstes. Luther selbst hat 37 Lieder

verfasst, von denen ein Teil noch heute in den Gesangbüchern lebendig ist. Dabei hat er ganz

bewusst nach Vorlagen gearbeitet: er hat Psalmen in deutsche Lieder umgeformt, hat

altkirchliche und mittelalterliche Hymnen ins Deutsche übertragen, so genannte „Leisen“

(Lieder, die mit Kyrieleis enden) umgearbeitet und mit weiteren Strophen versehen,

liturgische Stücke und Katechismusartikel in Lieder gefasst oder ganz einfach neu und frei

gedichtet. Luthers außergewöhnliche Musikalität befähigte ihn auch Melodien zu schaffen,

die teilweise auf einer Umarbeitung älterer, meist gregorianischer Vorlagen beruhten oder neu

komponierte wurden. Eigentlich war in der reformatorischen Kirche das Singen der

Kirchenlieder zuerst ganz ohne Orgelbegleitung üblich, umso mehr wurde ein ausgedehntes

Präludieren auf dem Instrument gefordert. Ob wir jetzt die so genannten melismatischen

Choralvorspiele des Lübecker Marienorganisten Dietrich Buxtehude als Beispiel nehmen, in

denen die Melodie solistisch und kunstvoll verziert mit ruhigen Begleitstimmen versehen

erklingt, oder ob wir die ausgefeilten, großartigen Choral-Gemälde eines Johann Sebastian

Bach betrachten, erkennen wir, dass diese aus dem reformatorischen Liedgut entstandenen

Preziosen weit mehr sind, als gefällige Intonationen, sondern eine genuin aus der

evangelischen Gottesdienstpraxis erwachsene, hohe Kunstform. Bachs Choralbearbeitung

über „Ein feste Burg ist unser Gott“ steht als Jugendwerk noch ganz in der Tradition von

Buxtehude und den anderen norddeutschen Orgelmeistern. Die beiden anderen Werke Bachs

gehen jedoch noch weiter: In ihnen werden in hoch artifizieller Kontrapunktik Liedinhalt und

musikalische Motivik der Melodie kunstvoll verarbeitet. Selbst wer glaubt, das intellektuelle

Geflecht der Polyphonie nicht verstehen zu können, dem teilt sich ganz von selbst

beispielsweise das Fließen des Jordanwassers oder die Freude der durch Rechtfertigung

erlösten Christen tonmalerisch mit. Max Reger, dem im letzten Orgelsommer ausgiebig

gedacht worden ist, arbeitet ähnlich mit den Mitteln der Mehrstimmigkeit, die er aber in die

Tonsprache der Spätromantik übersetzt. Kontrapunktische Verarbeitung der Choralmotive

begleiten die Melodie des jeweiligen Liedes, wogegen die Komponisten des 20. und 21.

Jahrhunderts sich in bewegten Klangflächen, Patterns und Strukturen aus dem Jazz

verwirklichen. Ich wünsche den Zuhörern viel Freude beim Heraushören und vielleicht

innerlichem Mitsingen der Melodien der Luther-Lieder.

Sonntag, 30. Juli 2017, 10.00 Uhr

Herforder Münster

MUSIKALISCHER FESTGOTTESDIENST

mit Orgelmusik von Bach

Theologisch-musikalische Auslegung: Pfr. Johannes Beer;

Stefan Kagl, Orgel

Johann Sebastian Bach: Praeludium und Fuge C-Dur BWV 547

(1685-1750)

Sonntag, 30. Juli 2017, 18.00 Uhr

Jakobikirche

ORGELKONZERT Holger Gehring

Kreuzorganist Dresden

„Sächsisches Concerto“

Johann Adolf Hasse: Concerto Nr. IV D-Dur

(1699-1783) Allegro – Adagio – Allegro

Johann Ludwig Krebs: Fantasia à gusto italiano in F

(1713-1780)

Fantasia sopra „Freu dich sehr, o meine Seele“

Trio Es-Dur

Adagio - Non molto Allegro

Fantasia et Fuga F-Dur

Johann Sebastian Bach: Sonata Nr. VI G-Dur BWV 530

(1685-1750) Vivace – Lento – Allegro

Johann Gottlob Schneider: Thema mit Variationen A-Dur

(1789-1864)

Holger Gehring wurde in Bielefeld

geboren und erhielt dort u.a. bei

Herbert Wulf seine erste musikalische

Ausbildung. Er studierte

Kirchenmusik, künstlerisches

Orgelspiel und Solistenklasse Orgel an

den Musikhochschulen in Lübeck,

Frankfurt a. M. und Stuttgart (u. a. bei

Martin Haselböck, Jon Laukvik,

Daniel Roth und Ludger Lohmann)

sowie an der Schola Cantorum

Basiliensis bei Jesper Christensen. Er

ist Preisträger mehrerer nationaler und

internationaler Wettbewerbe für Orgelliteraturspiel und Orgelimprovisation. Nach

kirchenmusikalischen Tätigkeiten in Ludwigsburg und Bad Hersfeld wurde er 2004 zum

Kreuzorganisten an die Kreuzkirche Dresden berufen. Darüber hinaus ist er als

Lehrbeauftragter für Orgelliteraturspiel und Orgelimprovisation sowie für Generalbass und

Aufführungspraxis Alte Musik an den Musikhochschulen Leipzig und Dresden tätig. Eine

rege solistische Konzerttätigkeit als Organist und Cembalist führt ihn durch das In- und

Ausland.

Die Kreuzkirche mit ihrer 800jährigen Geschichte ist von jeher das kirchenmusikalische

Zentrum der Stadt Dresden, das auch heute noch jährlich über 100.000 Besucher in einem der

größten protestantischen Kirchenbauten anzieht. Die Kirchenmusikpflege kann auf eine

jahrhundertelange Tradition zurückblicken, seien es die bis auf das Jahr 1371

zurückgehenden, musikalischen Vespern oder die bereits seit dem frühen 19. Jahrhundert

nachweisbaren Orgelkonzerte der seit 1491 namentlich bekannten Kreuzorganisten.

In diesem Konzert erklingt Musik des Barock und der Frühromantik aus Sachsen. Den

Rahmen bilden Werke aus Dresden: Zum Auftakt erklingt ein bereits ursprünglich für

Tasteninstrument komponiertes Concerto im Stil der italienischen Orchesterkonzerte des

Dresdner Hofkapellmeisters Johann Adolf Hasse. Unter Hasse gelangte zur Zeit der

Regentschaft August des Starken die Hofmusik vor allem im Bereich der Oper, ebenfalls im

italienischen Stil, zu besonderer Blüte. Abschließend sind die Variationen über ein eigenes

Thema des Dresdner evangelischen Hoforganisten Johann Gottlob Schneider zu hören, die

dieser allerdings noch während seiner Tätigkeit als Organist an der legendären Görlitzer

„Sonnenorgel“ komponierte und selbst mit teilweise außergewöhnlichen, für dieses

Instrument gedachten Registrierungen versehen hat. Die damalige Beliebtheit Schneiders

spiegelt sich in seiner Bezeichnung als „sächsischer Orgelkönig“ wider. Mendelssohn

empfahl besonders begabten Studenten des von ihm gegründeten Leipziger Konservatoriums

häufig Unterricht bei Schneider. Die Werke des Bachschülers Johann Ludwig Krebs, dem

langjährigen Organisten der Altenburger Schlosskirche, stehen einerseits ganz in der

Tradition seines großen Lehrmeisters, sind andererseits aber bereits im Geist des

empfindsamen Stils der nachkommenden Generation komponiert. Ebenfalls im galanten Stil

geschrieben sind die Triosonaten Johann Sebastian Bachs, die dieser eventuell zur

Perfektionierung des Spiels seines ältesten Sohnes Wilhelm Friedemann komponiert hat.

Sonntag, 6. August 2017, 18.00 Uhr

Neuapostolische Kirche

ORGELKONZERT Matthias Dreißig

Predigerkirche Erfurt

„Mitteldeutsche Orgelkunst“

Felix Mendelssohn Bartholdy: Präludium und Fuge c-Moll op. 37, 1

(1809-1847)

Johann Sebastian Bach: Choralbearbeitung ,,Aus tiefer Not schrei ich zu dir”

(1685-1750) BWV 686

Johann Pachelbel: Ciacona in f

(1653-1706)

Johann Sebastian Bach: Präludium und Fuge c-Moll BWV 546

(1685-1750)

Johann Christian Kittel: Fantasie in a

(1732-1809)

Johann Pachelbel: Choralbearbeitung ,,Vater unser im Himmel”

(1653-1706)

August Gottfried Ritter: Sonate d-Moll op. 11

(1811-1885) Allegro – Andante – Allegro – Andante – Presto

Matthias Dreißig studierte von 1979 – 1984

Kirchenmusik an der Hochschule für Musik „Franz

Liszt“ Weimar bei Prof. Rainer Böhme. Im Rahmen

der Absolventenförderung erhielt er von 1984 -1988

ein Zusatzstudium im Fach Orgel bei KMD Prof.

Johannes Schäfer. 1984 nahm der am Internationalen

Orgelwettbewerb „Prager Frühling“ teil und belegte

den 4. Platz. Seit 1984 unterrichtet er als Dozent für

künstlerisches Orgelspiel an der Evang. Hochschule für

Kirchenmusik in Halle/Saale. Von 1985 -1994 war er

als Kantor und Organist in Bad

Frankenhausen/Kyffhäuser tätig. 1994 erfolgte seine

Berufung zum Organisten der Predigerkirche zu Erfurt.

Seit 1995 nimmt er zudem einen Lehrauftrag für Orgel

an der Musikhochschule Weimar wahr. Im Jahr 2000

erfolgte seine Ernennung zum „Kirchenmusikdirektor“

und 2005 seine Berufung zum Honorarprofessor an der

Hochschule für Musik „Franz Liszt“ Weimar. Eine rege Konzerttätigkeit im In-und Ausland

(Tschechien, Schweiz, Italien, Rumänien, Frankreich, Polen, Russland, Finnland, Dänemark,

Litauen, Japan) und Aufnahmen für CD, Rundfunk und TV runden seine musikalischen

Aktivitäten ab.

Predigerkirche und –kloster zu Erfurt zwischen 1230 und 1270 errichtet. Sie waren die

Wirkungsstätte des bedeutendsten deutschen Mystikers, Meister Eckhart, welcher von 1303 –

1311 als Prior des Erfurter Klosters amtierte. 1521 hielt Magister Georg Forchheim den ersten

evangelischen Gottesdienst in der Predigerkirche und seit 1559 wurden die gewählten

Ratsherren in ihr inthronisiert. Seitdem ist die Predigerkirche die protestantische Hauptkirche

der Landeshauptstadt Erfurt.

Das vorliegende Programm ist geprägt durch die mitteldeutsche Kirchenmusiktradition und

hat zu Erfurt und der Predigerkirche eine besondere Beziehung. Mit Präludium und Fuge c-

Moll, op. 37, 1 von Felix Mendelssohn Bartholdy wird das Konzert eröffnet. Mendelssohn –

in Hamburg geboren und Berlin aufgewachsen – dirigierte 1835 als Kapellmeister das erste

Konzert im Leipziger Gewandhaus und initiierte die Gründung des ersten Konservatoriums in

Deutschland, der heutigen Hochschule für Musik und Theater, die auch seinen Namen trägt.

Seine Orgelwerke entstanden unter dem Eindruck seines Spiels der Silbermannorgel in Rötha

bei Leipzig. Mit August Gottfried Ritter, einem Zeitgenossen Mendelssohns und ebenfalls

profilierten Vertreter der deutschen Romantik wird das Programm beschlossen. Ritter wurde

1811 in Erfurt geboren und erhielt seine ersten musikalischen Unterweisungen beim

damaligen Organisten der Predigerkirche, Michael Gotthard Fischer. Von 1840 -1844 wirkte

Ritter als Organist am Merseburger Dom, wo er zusammen mit Franz Liszt den Neubau der

großen Ladegastorgel betreute. 1844 wurde er dann zum Magdeburger Domorganisten

berufen, wo er 1885 verstarb. Bereits zu Lebzeiten war Ritter ein überaus gefragter

Orgelpädagoge, Orgelsachverständiger und Konzertorganist. Johann Pachelbel gehört zu den

bedeutendsten Orgelkomponisten in der Generation vor Johann Sebastian Bach. 1653 in

Nürnberg geboren, wirkte er von 1678 -1690 als Organist an der Erfurter Predigerkirche. Die

meisten seiner Orgel-und Vokalkompositionen sind hier entstanden. Nach kurzen

Aufenthalten in Stuttgart und Gotha folgte er 1695 einem Ruf seiner Geburtsstadt und wurde

Organist der Sebalduskirche. 1706 verstarb er in Nürnberg. Zwischen den Familien Pachelbel

und Bach gab es vielfältige Beziehungen, so war Johann Pachelbel der Orgellehrer Johann

Christoph Bachs, dem ältesten Bruder von Johann Sebastian Bach. Pachelbels zweiter

Nachfolger im Amt des Erfurter Predigerorganisten wurde 1762 Johann Christian Kittel.

1732 in Erfurt geboren, ging er 1748 nach Leipzig, um einer der letzten Schüler Johann

Sebastian Bachs zu werden. Als Organist der Predigerkirche erlangte Kittel hohes Ansehen,

Bewunderer seines Orgelspiels waren damalige Geistesgrößen wie Johann Wolfgang von

Goethe, Johann Gottfried Herder oder Christoph Martin Wieland. In seinen Kompositionen

zeigen sich Anregungen von Joseph Haydn und Wolfgang Amadeus Mozart, die er persönlich

sehr verehrte. Johann Sebastian Bach hatte zwar keine beruflichen Beziehungen zu Erfurt,

aber die weitverzweigte Familie Bach hat hier regelmäßig ihre Familientreffen abgehalten.

Zudem stammen Bachs Eltern aus Erfurt und ein Großonkel von ihm, Johann Bach, war

ebenfalls als Organist an der Predigerkirche tätig. Mit Präludium und Fuge c-Moll BWV 546

erklingt in der Mitte des Programms ein Werk, welches zu den letzten freien

Orgelkompositionen gehört, die J. S. Bach als Thomaskantor in Leipzig schrieb.

Freitag, 11.August 2017, 21.00 Uhr

St. Marien Stift Berg

NACHTKONZERT I Orgel & Literatur

Magne Harry Draagen

Domorganist Olavsdom Trondheim (N)

„Musik aus dem Nidarosdom“

Arild Sandvold: aus 30 Pre- und Postludien, op. 6:

(1895 - 1984) „Til Olavsdagen“/,,Für den Olavstag"

Lesung

Trond H. F. Kverno: Intrada über „Rex Olavus"

(* 1945)

Magne H. Draagen: Intermezzo über „Confluebant ad baptisma"

(*1974) (Gregorianische Antiphon der Olavs-Musik)

Ludvig Nielsen: Fantasie über zwei gregorianische Choräle

(1906 - 2001) aus der Olavs-Musik, op. 4

Lesung

Trond H. F. Kverno: Triptychon II

(* 1945) Drei Bilder aus dem mittelalterlichen Gedicht „Draumkvedet“

I Rex perpetuus Norvegiae - II Sancta Dei Genitrix –

III Signifer sanctus Michael

Lesung

Arild Sandvold: aus 30 Pre- und Postludien, op. 6: „Lux illuxit laetabunda“

(1895 - 1984) (Liturgische Sequenz für den Olavstag)

Kjell Mørk Karlsen: aus „Sinfonia Grande“ (Orgelsymfoni Nr.5), op. 171

(* 1947) II Predicasti Dei care

Gottfred Pedersen: „Heilig Olav“

(1911 - 1941)

Lesung

Kjell Mörk Karlsen: aus „Sinfonia Grande":

(* 1947) V Toccata Grande II

Lesungen: Dr. Olaf Reinmuth

Magne H. Draagen, geboren 1974, studierte nach dem Abitur Kirchenmusik an der

Musikhochschule in Oslo, wo er 2002 mit dem Solisten-Diplom in Orgelspiel abschloss.

2003 - 2012 wirkte er als Domkantor/Domorganist an den

Domkirchen in Oslo und Stavanger. Seit 2012 hat er das

Amt des Domkantors und Haupt-Organisten am

Nidarosdom in Trondheim - Nationalheiligtum und

Hauptkirche Norwegens - inne. Dort leitet er die

vielfältige Kirchenmusik, mit u.a. drei Domkantoren und

fünf Chören. Als Organist am Nidarosdom ist ihm sowohl

die berühmte Barockorgel des Silbermann-Schülers

Joachim Wagner von 1741 anvertraut, als auch die 2014

neu renovierte Steinmeyer-Orgel, eine der größten

Kirchenorgeln Nordeuropas. Neben mehreren CD-

Produktionen und Konzerten im In- und Ausland ist er auch

als Komponist und Pädagoge tätig, u.a. als Dozent für

Chorleitung und Orgelspiel an der Universität in Trondheim

(NTNU). Weiterhin vertritt er die Stadt Trondheim als

Artistic Director in der Vereinigung European Cities of

Historical Organs (ECHO).

Der Nidarosdom oder Olavsdom in Trondheim (alter Name der Stadt: Nidaros) gehört zu

den bedeutendsten Kirchen in Norwegen und ist ein Nationalheiligtum der Norweger. Er war

die Kathedrale der norwegischen Erzdiözese, die 1152 gegründet wurde. Weil hier der

Schrein von Olav dem Heiligen hinter dem Hochaltar stand, trug der Dom auch den Beinamen

„Herz Norwegens“. Nach der Einführung der Reformation 1537 wurde er zur Kathedrale der

evangelisch-lutherischen Bischöfe von Trondheim. Im Mittelalter und von 1818 bis 1906 war

der Nidarosdom die Krönungsstätte der norwegischen Könige. Hier wurden sieben Könige

gekrönt und zehn begraben. Der Nidarosdom ist auch seit der Reformation weiterhin

Bischofskirche des Bistums Trondheim. Seit 2011 ist er außerdem Sitz des neugeschaffenen

Amtes der Vorsitzenden der norwegischen Bischofskonferenz.

Das heutige Programm birgt ganz besondere Musik, die vom norwegischen Nationalheiligen

Olav und den mit ihm verbundenen religiösen Festen und Liturgien inspiriert wurde und auch

im Nidarosdom immer wieder erklingt. Wir hören dazu, gelesen von Dr. Olaf Reinmuth

Auszüge aus der Heimskringla Sage aus Snorris Königsbuch Texte, die sich auf König Olav

beziehen. Arild Sandvold studierte u.a. am Leipziger Konservatorium Klavier, Orgel und

Komposition. Er war in erster Linie Kirchenmusiker am Osloer Dom und Lehrer am dortigen

Konservatorium. Trond H. F. Kverno studierte in Oslo, wo er auch später an der Staatlichen

Musikakademie Professor für Kirchenmusik wurde. Er versteht seine Musik als vordringlich

„liturgisch“. Auch Ludvig Nielsen wurde an den Konservatorien von Oslo und Leipzig zum

Kirchenmusiker ausgebildet.1935 wurde er Kantor und Organist am Nidarosdom und leitete

außerdem den Kathedralchor, den er 1946 gegründet hatte, und den Knabenchor des Doms.

Neben Orgelwerken komponierte Nielsen auch Instrumentalkonzerte, Kantaten, Motetten und

Chormusik. Kjell Mørk Karlsens frühe Werke entspringen ebenfalls der liturgischen

Tradition, später entwickelte er seinen Stil hin zu zeitgenössischen Kompositionstechniken.

Nach seinen Studien bei dem finnischen Komponisten Joonas Kokkonen 1983-84, begann

Karlsen symphonische Werke und große Oratorien zu schreiben.

Sonntag, 13. August 2017, 18.00 Uhr

Herforder Münster

ORGELKONZERT Markku Hietaharju

Domorganist Turku (FIN)

„Reformation 500&Finnland 100 Jahre“

Johann Sebastian Bach: Fantasie g-Moll BWV 542/1

(1685-1750)

Fantasia super „Jesu, meine Freude“ BWV 713

Choralvorspiel „Herr Jesu Christ, dich zu uns wend“ BWV 655

Fantasia super „Christ lag in Todesbanden“

(choralis alto, manualiter) BWV 695

Fuge g-Moll BWV 542/2

Aulis Sallinen: Variazioni per Organo op. 104

(*1935)

Adagio op. 102/1

Jean Sibelius: Finlandia

(1865-1957)

Markku Hietaharju, geboren 1961 in Finnland,

studierte in Helsinki und als DAAD-Stipendiat in

Lübeck in der Klasse von Prof. Martin Haselböck. Nach

Abschluss seines Konzertexamens mit Auszeichnung

kehrte er in seine Heimat zurück, wo er, nach zwanzig

Jahren als Organist in Helsinki, seit 2006 Domorganist

an der Nationalen Kathedrale von Finnland in Turku ist.

Markku Hietaharju ist Preisträger in internationalen

Wettbewerben. Seit 1986 ist er Dozent an der Sibelius-

Akademie in Helsinki. Er ist in Skandinavien, in

Mitteleuropa, im Baltikum und in Russland als

Konzertorganist sehr gefragt. Zu seinen zahlreichen

Aufnahmen gehört eine CD mit den Sonaten von

August Gottfried Ritter, eingespielt an der berühmten

Walcker-Orgel des Rigaer Doms. Im Sommer 2013 hat

er an sechs Tagen die sechs monumentalen Vierne-

Symphonien beim Turku Festival aufgeführt.

In katholischer Zeit war Turku die wichtigste Stadt und

Zentrum des religiösen Lebens Ostschwedens. Seine Kathedrale hat eine immense Bedeutung

als älteste Kirche Finnlands. Mit der Reformation wurde sie noch wichtiger, die erste Messe

in finnischer Sprache wurde 1537 gelesen. 1554 wurde Mikael Agricola erster

protestantischer Bischof von Turku. Er war Student von Erasmus, Bugenhagen, Melanchton

und Martin Luther. Eine Statue von ihm steht heute vor der Kathedrale, die die Nationalkirche

Finnlands und Sitz des Bischofs von Turku und des Erzbischofs von Finnland ist.

Johann Sebastian Bachs Fantasie und Fuge g-Moll, BWV 542 hat einen direkten Bezug zu

Hamburg. Die Fuge verdankt ihre Entstehung Bachs intensiven Bemühungen um seine

Bewerbung um die Stelle als Organist der dortigen Hauptkirche St. Jacobi, die er dann,

bekanntermaßen wegen der schlechten Konditionen nicht annahm. Das Thema der Fuge

könnte eine Hommage an den Kollegen der Hamburger Hauptkirche St. Katharinen, Johann

Adam Reincken sein, der aus dem niederländischen Deventer stammte: Das niederländische

Volkslied „Ik ben gegroet“ war wohl Vorbild für das prägnante Fugenthema. Die Fuge selbst

ist eines der bekanntesten Werke Bachs und auch eines seiner virtuosesten, lebt sie doch von

einer mitreißenden, permanenten Sechzehntelbewegung, die gleichermaßen auf Manuale und

Pedal verteilt ist. Die vorangestellte, harmonisch unerhört kühne und hochexpressive Fantasie,

ganz im sog. stylus phantasticus gehalten, dürfte Bach erst später hinzu komponiert haben. In

ihr wechseln freie, rezitativisch gehaltene Abschnitte mit ruhigeren, imitatorisch gestalteten

Passagen wirkungsvoll ab. Auslis Sallinen ist einer der erfolgreichsten Komponisten der

heutigen Zeit. Der Erfolg seiner Opern zwischen 1970 und 90 war herausragend. Seine Opern

und symphonischen Werke und seine Kammermusik werden weltweit aufgeführt. Die erste

Orgelmusik schrieb er schon in den frühen siebziger Jahren und seine Chaconne ist

mittlerweile schon ein „Klassiker“ in der finnischen Orgelmusik. Nach 40 Jahren Pause in der

Orgelmusikproduktion hat Sallinen das Orgelrepertoire mit drei weiteren, größeren Werken

(Drei Adagios, Preludes and Fugues und Variazioni per Organo) bereichert. Die Stücke

Sallinens im heutigen Programm sind typisch für die Eigenschaften seiner Musik: Sie sind

ganz eigen im Charakter und immer seiner eigenen Tonsprache verpflichtet. Man könnte

sagen, dass er im postromantischen Idiom musikalisch völlig unkompliziert kommuniziert.

Das Adagio ist ein wunderbares Beispiel für seine Fähigkeit, einfachste Musik zu schreiben,

die den Hörer in einen unwiderstehlichen Bann zieht. Jean Sibelius ist der wohl wichtigste

finnische Komponist und Finlandia sein beliebtestes Werk. Es entstand 1899 bis 1900 in einer

der schwierigsten Epochen in Finnlands Geschichte und wurde ein essentieller Teil des

aufkeimenden Nationalgefühls, als Russland versuchte, Finnlands Autonomie zu schwächen

und wurde sozusagen zur heimlichen Nationalhymne.

Freitag, 18.August 2017, 21.00 Uhr

Herforder Münster

NACHTKONZERT II KINOORGEL

„Luther “ von Hans Kyser 1927 (112 min.)

Stephan v. Bothmer (Berlin), Orgel

Das Biopic „Luther“ erzählt Luthers Leben aus der Perspektive von 1927: Studienzeit,

dunkle Momente, das Gewittererlebnis, sein Leben als Mönch, seine Zweifel, seine

exzessiven Bibelstudien, seine Entdeckung, dass Gott barmherzig ist und kein zürnender

Richter, die Konfrontation mit dem Ablasshandel, dann, als Doktor der Theologie, das

Anschlagen der 95 Thesen an die Schlosskirche zu Wittenberg, der Reichstag zu Worms, auf

dem Luther nicht widerruft, Bannbulle des Papstes und Reichsacht, die Bibelübersetzung auf

der Wartburg und schließlich die Bilderstürmer mit Luthers Heimkehr nach Wittenberg.

Die ersten Aufführungen des Films führten zu tumultartigen Auseinandersetzungen zwischen

Katholiken und Protestanten, zu Protesten der katholischen Kirche und schließlich zu

mehreren Prüfungen durch die Zensurbehörde. Hans Kyser war ein erfolgreicher

Drehbuchautor der Weimarer Republik. Er arbeitete mit den Besten jener Zeit zusammen. So

schrieb er auch das Drehbuch zu F. W. Murnaus „Faust“. „Luther“ ist seine einzige

Regiearbeit. Mit großem Staraufgebot inszeniert er seinen Luther-Film mit Helldunkel-

Techniken, die er sich bei barocken Malern, insbesondere bei Rembrandt, abgeschaut hatte.

Gerade weil Stummfilme anfangs nur Hell und Dunkel sind tritt bei „Luther“ Material,

Ästhetik und Filminhalt in eine wechselseitige Beziehung. Luther-Filmkenner halten ihn für

die beste Lutherverfilmung bisher. Stephan Graf v. Bothmer hat eine neue, packende

Filmmusik zu „Luther“ komponiert. Seine Musik ist ebenso virtuos wie modern. Sie

durchdringt die religiösen Schichten des Films, entlarvt aber auch seine deutschtümelnden

und idealisierenden Tendenzen. Insbesondere versucht seine Musik, Luther als Mensch mit

Ängsten, Unzulänglichkeiten, revolutionären Einsichten und mutigen Entscheidungen

darzustellen. Durch v. Bothmers Musik wirkt die restaurierte Fassung des Filmes

überraschend und fast verstörend aktuell. Dabei geht die Musik weit über eine „Begleitung“

des Filmes hinaus, sondern stellt eine tiefgreifende Interpretation dar. Für seine Live-

Filmmusik hat Stephan v. Bothmer in den letzten 19 Jahren einzigartige kompositorische

Techniken entwickelt, die dem Film eine Wirklichkeit zu geben scheinen und welche die

Zuschauer sich als Teil des Films empfinden lassen. Durch seine extreme filmmusikalische

Präzision schafft er sich die Freiräume, die er für seine komplexe Interpretation des Films

braucht. „Er vertont nicht, was er sieht, sondern fasst in Töne, was der Film aussagen will.“

(Handelsblatt). [Hans Kyser, D 1927]

Stephan Graf v.

Bothmer Der

klassisch

ausgebildete Pianist

(UdK) studierte u.a.

bei den Professoren

Koenen und Sava in

Berlin und Hamburg.

Sein Examen im

Fach Klavier legte er

an der Hochschule

der Künste Berlin mit

der Bestnote 1,0 ab –

unter besonderer

Erwähnung der

herausragenden

interpretatorischen

Leistung. Daneben studierte er an der Jazz- und Rockschule Freiburg und spielte in

zahlreichen Bands. Intensive Studien außereuropäischer Musik, experimenteller und Neuer

Musik folgten. Filmmusik-Komposition lernte er bei Prof. N.J. Schneider, Niki Reiser und

dem Morricone-Schüler Fabrizio Sabarino. Stephan v. Bothmer gibt selbst Meisterkurse und

Workshops in verschiedenen Ländern. Auf dem Schleswig-Holstein-Musik-Festival spielte

Stephan v. Bothmer ebenso wie in der Laeiszhalle Hamburg und in Berlin im Admiralspalast,

im Wintergarten Varieté und im Berliner Dom. Beim Rock-Pop-Festival „Berlin-Festival“ im

Flughafen Tempelhof trat er nach Björk und den Pet Shop Boys auf. Er spielte auf dem

Justus-Frantz-Festival auf Gran Canaria, in der National Concert Hall Budapest und der

Philharmonie Kasachstan. Vier Mal wurde er auf die Philippinen eingeladen, spielte in

Uruguay, Brasilien, Kolumbien ebenso wie in Russland und im Kosovo. Stephan Graf v.

Bothmer war der erste Komponist, der eine Neukomposition zur restaurierten Fassung von

„Metropolis“ vorstellte, im zweimal ausverkauften Zoopalast Berlin und in der Laeiszhalle

Hamburg. Er spielte im Nilpferd-Haus des Berliner Zoos und im Gefängnis Herford vor

Gefangenen. Mit Bischof Markus Dröge gestaltete er den ersten Stummfilm-Gottesdienst

überhaupt. Die Spiele der Fußball-WM und EM interpretierte Stephan Graf v. Bothmer vor

jeweils 2.500 Fans live an der Kirchenorgel – und schuf damit eine vollkommen neuartige

Verbindung von Sport, Kunst und nervenzerrendem Drama. Stephan Graf v. Bothmer trat im

NDR-Fernsehen auf, seine Orchester-Kompositionen liefen auf ARTE, ZDF, 3Sat und der

Deutschen Welle. Spiegel-Online brachte schon zwei Interviews mit ihm. Stummfilme sind

wieder populär. Dass sein Konzept aufgeht, liegt aber an der Musik. Sie ist packend,

mitreißend, modern und verschmilzt mit dem Film zu einer perfekten expressiven Einheit.

Filmmusik live. Dabei schöpft er musikalisch aus der Moderne (Pink Floyd, Tekkno, Deep

Purple, 20er-Jahre-Jazz...) ebenso wie aus der Tradition (Beethoven, Wagner, Chopin, Bartok,

Cage...) und entwickelt für jedes Konzert eine neue, unwiederholbare Live-Filmmusik. Sie

zieht den Zuschauer förmlich in den Film hinein und lässt mal die Dramaturgie, mal die

Handlung, mal die Photographie und mal die psychologische Ebene hervortreten. „Gute

Filmmusik besteht aus einer ständigen Variation der filmmusikalischen Rolle, dem

permanenten Ringen um das Wesen des Filmes und der eigenen Position dazu“, sagt der Graf

und spielt keine herkömmliche Stummfilmmusik, sondern moderne Filmmusik live. In den

letzten 17 Jahren hat er eine einzigartige filmmusikalische Methode voller Intensität

entwickelt und über 600 Filme neu vertont.

Sonntag, 20. August 2017, 18.00 Uhr

St. Paulus

ORGELKONZERT Martin Bambauer

Konstantinsbasilika / Trier (D)

„Luther in Tönen“

Dieterich Buxtehude: Toccata F-Dur BuxWV 156

(1637 – 1707)

Choralvorspiel „Ein feste Burg ist unser Gott“

BuxWV 184

Johann Sebastian Bach: Dorische Toccata und Fuge BWV 538

(1685 – 1750)

Choralvorspiel „Liebster Jesu, wir sind hier“ BWV 731

Charles-Marie Widor: Marche du veilleur de nuit

(1844 – 1937) (aus „Bachs Memento”)

Classique d´aujourd´hui

(aus ,,Trois nouvelles pièces” op. 87)

Louis Vierne: Méditation

(1870 – 1937) (aus „Trois improvisations“)

Sigfrid Karg-Elert: Choralbearbeitung „Ein feste Burg ist unser Gott”

(1877 – 1933) op. 65 Nr.47

Martin Bambauer: Improvisation über den Namen LUTHER

(* 1970)

Bedřich Antonín Wiedermann: Impetuoso

(1883 – 1951)

Martin Bambauer ist seit 1999

Kantor und Organist an der

Konstantin-Basilika Trier. Der in

Düsseldorf (A-Examen) und Frankfurt

a.M. (Konzertexamen für Orgel bei

Prof. Daniel Roth) ausgebildete

Kirchenmusiker ist als

Konzertorganist, Dirigent,

Klavierbegleiter und Orgelpädagoge

in vielen europäischen Ländern und

den USA tätig. Mehrfach war er

Preisträger internationaler

Wettbewerbe, so erhielt er z.B. 1995

den 1. Preis beim Orgelimprovisationswettbewerb Schwäbisch Gmünd. An der

Musikhochschule Köln war Martin Bambauer von 2001 bis 2008 Dozent für Liturgisches

Orgelspiel und Improvisation. In Trier arbeitet er mit dem von ihm im Jahr 2000 gegründeten

Caspar-Olevian-Chor und dem Trierer Bachchor (regelmäßige oratorische Aufführungen aller

Epochen). Außerdem ist er Kreiskantor des Ev. Kirchenkreises Trier. Im Januar 2017 wurde

er von der Rheinischen Landeskirche zum Kirchenmusikdirektor ernannt. Zahlreiche CD-

Einspielungen bei den Labels IFO, Aeolus und Motette, u.a. an der Cavaillé-Coll-Orgel von

St. Sulpice, Paris. Mit dem Neubau der symphonischen Hauptorgel für die Konstantin-

Basilika (2014 / 87 / IV + P) durch die Firma Hermann Eule Orgelbau (Bautzen) initiierte er

ein Orgelbauprojekt, das internationale Beachtung fand.

Die Konstantin-Basilika, ursprünglich als Repräsentationsaula für römische Kaiser im 4.

Jahrhundert erbaut, wurde in der Mitte des 19. Jahrhunderts auf Geheiß des preußischen

Königs Friedrich Wilhelm IV. als „Ev. Kirche zum Erlöser“ - eine Art protestantisches

Pendant zum Kölner Dom - wiederaufgebaut und der Ev. Kirchengemeinde Trier „zur ewigen

Nutzung“ übergeben. Seit 1986 ist die Basilika Teil des UNESCO-Weltkulturerbes,

spätestens seit dem Bau der neuen Hauptorgel (Eule / 87 / IV + P) im Jahr 2014 ist sie einer

der orgelmusikalischen „Leuchttürme“ der Ev. Kirche im Rheinland. In Bezug auf die

Reformation erinnert u.a. der direkt an die Basilika angrenzende Caspar-Olevian-Saal an den

1536 in Trier geborenen Theologen Caspar Olevian, einen der bedeutendsten Vertreter der

sog. "Zweiten Reformation" in Deutschland.

Das heutige Programm geht stilistisch den Weg von Musik des norddeutschen Orgelbarocks

am Beispiel einer mehrteiligen Toccata und einer Choralbearbeitung Dieterich Buxtehudes

über die formale Weiterentwicklung derselben Gattungen durch Johann Sebastian Bach

sowie Vertretern der französischen und deutschen Orgelromantik bis zu einer Toccata des 20.

Jahrhunderts. Inhaltlich sind zum einen Lieder (bzw. der Name) Martin Luthers ein

verbindendes Element, zum anderen die zeitlich und orgellandschaftlich differenzierten

Ausprägungen der Gattungen „Toccata“ und „Choralbearbeitung“. Insbesondere sei auf selten

zu hörende Werke von Charles-Marie Widor (2 Sätze aus den späten Zyklen „Bachs

Memento“ / 1925 und „Trois nouvelles pièces“ / 1934 – seiner letzten Komposition

überhaupt!) und dem tschechischen Komponisten und Organisten Bedřich Antonín

Wiedermann hingewiesen. Zu Wiedermanns Schülern gehören so namhafte tschechische

Komponisten wie Bedřich Janáček und Jiří Ropek. Die Improvisation über den Namen

LUTHER bedient sich eines populären musikalischen Kryptogramms, welches – unter

zahlreichen anderen – im 19. Jahrhundert in Frankreich verbreitet war, um Buchstaben zu

„verklanglichen“, die nicht Bestandteil des Notenalphabets sind. Der Name LUTHER wird

durch die entsprechende Zuordnung von Buchstaben und Tönen zur wohlklingenden Tonfolge

e´-g´-f´-a´-e´´-d´´.

Sonntag, 27. August 2017, 18.00 Uhr

St. Johannes Baptist

ORGELKONZERT Thomas Herzer

Schlosskirche Wittenberg (D)

„Ein feste Burg“

Jan Zwart: Fantasie über ,,Ein feste Burg“

(1877-1937) Einleitung und 3 Variationen

Johann Sebastian Bach: Triosonate in C-Dur BWV 529

(1685-1750) Allegro – Largo – Allegro

Michael Praetorius: Choralfantasie über ,,Ein feste Burg“

(1571-1621)

Vincent Ryan: Re-formation Suite:

(*1971) I. Jauchzen - Nun freut euch

II. Raumzeit - Jesaja, dem Propheten das geschah

III. Tanzen - Vom Himmel hoch

Felix Mendelssohn Bartholdy: Sonate in A-Dur

(1809-1847) über den Choral ,,Aus tiefer Not“

Con moto maestoso - Andante tranquillo

Carl Stein: Präludium und Fuge über ,,Ein feste Burg“

(1824-1902)

Thomas Herzer wurde in St. Ingbert im

Saarland geboren und bekam seine erste

kirchenmusikalische D- und C-Ausbildung

in der Pfälzischen Landeskirche. Er

studierte Kirchenmusik in Halle (Saale)

mit abschließendem A-Diplom und schloß

ein Auslandsstudium im Fach

„Künstlerisches Orgelspiel“ an der

University of Nebraska-Lincoln, USA an.

Er ist seit September 2003 Kantor und

Dozent am Evangelischen Predigerseminar

und an der Schlosskirche in Wittenberg

und absolvierte als längerfristige

Weiterbildung 2013 bis 2014 ein „Kotaktstudium“ an der Kirchenmusikhochschule in

Herford.

Die Schlosskirche in Wittenberg gilt als der Ursprungsort der Reformation, da Martin

Luther vor genau 500 Jahren dort seine 95 Thesen an die Tür genagelt und damit die

Reformation in Gang gebracht hat. In der Schlosskirche sind auch die Gräber von Martin

Luther und Philipp Melanchthon. Zur Zeit der Reformation war die Schlosskirche, wie der

Name schon sagt, die Kirche der Residenz des Kurfürsten Friedrich des Weisen, und

Universitätskirche der von ihm gegründeten Universität. Seit 1817 ist sie Kirche des

damaligen „Königlich Preußischen Predigerseminars“, das bis heute Bestand hat. Das

Wittenberger Predigerseminar ist heute in Trägerschaft der „Union Evangelischer Kirchen“.

In ihm werden Vikarinnen und Vikare aus 4 ostdeutschen Landeskirchen ausgebildet. Die

Schlosskirche dient bis heute auch als „Übungskirche“ für das Seminar.

Martin Luther war und ist bis heute einer der bedeutendsten Lieddichter und Komponisten der

Evangelischen Kirche. Seine markanten Melodien sind in viele Orgelwerke eingeflossen, so

auch in den meisten Stücken des heutigen Programms. Das Programm beginnt mit einer

Fantasie über Luthers wohl berühmtestes Lied „Ein feste Burg“ des niederländischen

Organisten und Komponisten Jan Zwart, der dieses Stück vor genau 100 Jahren, also zum

400. Reformationsjubiläum komponiert hat. Viel älter ist die Fantasie von Michael

Praetorius, der nur 25 Jahre nach Luthers Tod geboren ist, und der mit seiner musikalischen

Interpretation des Liedes am nächsten bei der Reformation liegt. Es handelt sich um ein sehr

virtuoses, belebtes Orgelstück. Felix Mendelssohn Bartholdy interpretiert Luthers Psalm-

und Bußlied über Psalm 130 auf sehr eindrückliche Weise. Die tiefe Not, um die es hier geht,

ist das eigene Versagen. Dennoch beginnt er die Orgelsonate majestätisch. Nach einer kurzen

Einleitung kommt eine längere Passage, in der man das flehende Rufen um Gnade aus der

tiefen Not heraus fast hören kann. Immer schneller und lauter soll der Organist an dieser

Stelle werden. Zum Schluss des I. Satzes mündet es wieder in ein majestätisches Finale. Ganz

leise und andächtig endet die Orgelsonate mit einem Andante tranquillo. Ein ungewöhnlicher

aber wohltuender Abschluss eines großen Orgelwerkes. Zwei der heute aufgeführten Werke

sind für die beiden Orgeln geschrieben worden, die heute in der Wittenberger Schlosskirche

stehen. Carl Stein war Organist in der Schlosskirche und hat die wunderbar klingende

historische Ladegast-Orgel auf der Empore aus dem Jahr 1863 mit konzipiert. So kann man

davon ausgehen, dass sein Präludium und Fuge über „Ein feste Burg“ ganz spezifisch für

dieses Instrument geschrieben wurde. Seit Juli 2016 hat die Schlosskirche auch eine zweite

Orgel: Eine Chororgel hinter dem nördlichen Chorgestühl, gebaut von der Firma Schuke

(Potsdam). Zur Einweihung dieser Orgel hat der mit dem heutigen Interpreten befreundete

amerikanische Organist und Komponist Vincent Ryan eigens ein Stück komponiert und an

der Chororgel am 4. Oktober 2016 uraufgeführt. Ähnlich, wie schon Bach und andere

Komponisten es schon getan haben, benutzt er ein musikalisches Alphabet. Er ordnet also

jedem Ton einen Buchstaben zu und kann so, für den Hörer völlig unauffällig, bestimmte

Worte „komponieren“. Wie viele amerikanische Besucher tief beeindruckt von Wittenberg als

Ursprungsort der Reformation, sieht Vincent Ryan den an der Schlosskirche vorbei

fließenden Fluss Elbe als ein Symbol für die fließende Zeit. Gleich die ersten 4 Töne in

seinem Satz „Jauchzen“ stellen das Wort ELBE dar. Der tänzerische 5/8-Takt in diesem Satz

unterstreicht die Aufforderung Luthers in seinem Lied: „Nun freut euch, lieben Christen

g'mein, und lasst uns fröhlich springen!“. Das bei uns nicht mehr bekannte, aber in Amerika

immer noch gesungene Lied „Jesaja, dem Propheten“ wird auch als „deutsches Sanctus“

bezeichnet. Es beschreibt die Vision des Propheten Jesaja, wie er Gott auf einem hohen Thron

in hellem Glanz sieht, umgeben von zwei Seraphinen, die singen „Heilig ist Gott, der Herr

Zebaoth“. Dieser mit „Raumzeit“ überschriebene Satz wirkt zeitlos, fast wie eine Filmmusik,

die die Vision Jesajas untermalt. Der dritte III. Satz „Tanzen“ ist im Stil des „Jazz Waltz“

geschrieben und stellt so eine Referenz an die Heimat des Komponisten dar. Gleich das erste

Motiv in der rechten Hand bildet das Wort LUTHER, bevor dann Luthers berühmtes

Weihnachts- und Kinderlied „Vom Himmel hoch“ erklingt. Als „freien“ Kontrapunkt in

diesem Programm könnte man die Triosonate in C-Dur von Johann Sebastian Bach

bezeichnen. Ein kammermusikalisches Werk für 2 Soloinstrumente und einem Bass, das auf

eindrucksvolle Weise zeigt, wie viele Möglichkeiten im Instrument der Orgel stecken.

Freitag, 1. September 2017, 21.00 Uhr

Herforder Münster

NACHTKONZERT III

Nikolas Fehr und Ioana Maria Precup

Ålesund ( N);

„Norwegen und Siebenbürgen“

Trygve Madsen: Prelude et Fugue, op. 61

(* 1940)

Egil Hovland: Koralpartita Nr. 1, op. 7 („Macht hoch die Tür“)

(1924-2013) I. Langsomt koraltempo - II. Allegro moderato

III. Moderato con moto - IV. Andante semplice

V. AdagioVI. Allegro maestoso

Nils Henrik Asheim: Koralfantasi over ,,Christ lag in Todesbanden”

(geb. 1960)

Eilert M. Hægeland: Toccata og fuge med koralen ,,Du vere lova Jesus Krist”

(1951-2004) („Gelobet seist du, Jesu Christ“)

Egil Hovland: Toccata: „Nu la oss takke Gud“ („Nun danket alle Gott“)

(1924-2013)

Franz Xaver Dressler: „Nun preiset alle“

(1898-1981)

„Ringe recht”

Hans Peter Türk: „Brich uns, Herr, das Brot“

(* 1940)

„Es wandeln sich die Reiche”

Ioana Maria Precup und Nikolas Fehr sind ein

Ehepaar und leben und arbeiten Ålesund, Norway. Ioana

ist Organistin der katholischen Pfarrkirche, während

Nikolas Organist an der lutherischen Hauptkirche ist.

Ioanna stammt aus Alba Iulia (Karlsburg) in Rumänien

und studierte Orgel und Musikwissenschaft in Cluj-

Napoca (Klausenburg) in Rumänien, sowie

Kirchenmusik und Orgel in Trossingen, Deutschland

und Orgel in Pitea, Schweden u.a. bei Maria Abrudan,

Christoph Bossert, Stefan Johannes Bleicher und Hans-

Ola Ericsson. Nikolas wurde in Edmonton, Kanada

geboren und wuchs dort und in Portland, Oregon, USA

auf. Er studierte Akkorden und Bandoneon in Detroit,

sowie Orgel in Montreal und in Pitea, Schweden u.a. bei

Jonathan Oldengarm, William Porter und Hans-Ola

Ericsson. Neben ihren Tätigkeiten als Organisten leiten

beide Chöre, unterrichten Klavier und konzertieren in

den verschiedensten Formationen.

Norwegen war etwa 1000 A.D. bis zur Einführung der Reformation 1536 katholisch. Die

evangelisch-lutherische Kirche war bis 2012 eine Staatskirche und die Pfarrerschaft war bis

zum 1.1. 2017 staatlich verbeamtet. Ålesund ist, wie viele norwegische Küstenstädte, eine

relativ junge Gründung. In den landwirtschaftlich geprägten Dorfstrukturen wurden

mittelalterliche Kirchen an wichtigen Treffpunkten erbaut, so besitzt auch die Gemeinde von

Ålesund eine winzige mittelalterliche Kirche auf der Insel Giske. Die Ålesunder Kirche wurde

erst anstelle einer Vorgängerkirche nach dem verheerenden Stadtbrand 1904 in der Bauform

und Ausstattung des Jugendstils errichtet und der Bau wurde maßgeblich von Kaiser Wilhelm

II. unterstützt, der oft in der Gegend Urlaub gemacht hatte. Sie ist der größte Kirchenbau der

Region, ist für ihre Fresken, Mosaiken, Glasfenster und ihrer hervorragenden Akustik

berühmt und besitzt die zweitgrößte Orgel Norwegens (inklusive eines Fernwerks und eines

40 stimmigen Glockenspiels im Turm der Kirche). Sie ist, neben der Diözesankathedrale in

Molde, geistliches Zentrum des Luthertums in der ganzen Region.

Trygve Madsen ist allen prominenten norwegischen Musikern und Komponisten als ein

hervorragender Lehrer für Harmonielehre und Komposition bekannt. Sein Prelude et Fugue

ist ein perfektes Beispiel für seinen Kompositionsstil, der in traditionelle Formen moderne

harmonische Wendungen und neue Seiten des klassischen Kontrapunktes aufscheinen lässt.

Nikolas Fehr vollendete 2016 eine Debut-Aufnahme des gesamten Orgelwerks inklusive

Kammermusik mit Orgel von Trygve Madsen. Madsens wichtigster Kompositionslehrer war

Egil Hovland, dessen Musik wir zweimal im heutigen Programm hören. Hovlands Partita

über „Macht hoch die Tür” ist wie eine klassische Erprobung der Variationsmöglichkeiten,

die man über eine solche Choralmelodie des 17. Jahrhunderts nur machen kann. Später im

Programm präsentiert seine Toccata über „Nu la oss takke Gud” die Melodie alternierend in

der Oberstimme und im Bass, die mit belebten Figurationen umspielt werden. Nils Henrik

Asheim wuchs in Oslo auf, ist aber schon seit Längerem in Stavanger tätig, wo er für die neue

Konzerthallenorgel im dortigen Konserthus verantwortlich ist. Er ist einer der prominentesten

Komponisten Norwegens und er schreibt in einem Avantgarde Stil, der sich grundlegend von

dem von Madsen und Hovland unterscheidet, seine experimentellen Orgelimprovisationen

sind weithin bekannt. Eilert Magnus Hægeland stammt aus dem südnorwegischen

Kristiansand, arbeitete jedoch die meiste Zeit innerhalb des Polarkreises im Norden, wo er in

Tromsø eine beachtliche kirchenmusikalische Fortbildungsstätte begründete und Domorganist

in Bodø war. Wie Madsen und Hovland ist sein Kompositionsstil neoklassisch. Im

rumänischen Teil dieses Programms präsentieren wir zwei Komponisten aus dem deutsch-

siebenbürgischen Kulturbereich. Die Geschichte der „Kirche der Siebenbürger Sachsen“

reicht mehr als 850 Jahre zurück. Bereits im zwölften Jahrhundert ließen sich Siedler aus der

Rhein- und Moselgegend in Siebenbürgen nieder. Gerufen zur Verteidigung der Grenzen und

zur Erschließung des Landes, gründeten sie Dörfer und bauten Städte. Die Gotteshäuser

waren zugleich Zufluchtsort und wurden deshalb immer mehr zu jenen Kirchenburgen

ausgebaut, die heute ein charakteristisches Merkmal der siebenbürgischen Landschaft sind.

Zwischen 1542 und 1550 fand die lutherische Reformation in Siebenbürgen statt, die von den

Sachsen geschlossen angenommen wurde. 1550 wurde die lutherische Kirche offiziell

anerkannt. Die Bezeichnung „Evangelisch A.B.“ steht für „Evangelisch Augsburgischen

Bekenntnisses“. Die Verkündigungssprache ist seit der Reformation Deutsch (bzw. Mundart).

(Quelle: http://www.evang.ro/geschichte/): Franz Xaver Dressler studierte in Leipzig bei

Karl Straube, der eine wichtige Figur in der Aufführungsgeschichte der Werke Bachs war und

große kulturelle Bedeutung für die deutsche Gemeinde in Rumänien hatte. Straube selbst

empfahl Dressler für die Organistenstelle in Hermannstadt, wo er höchst eindrucksvolle Chor-

und Orgelkonzerte durchführte und sich zudem als Komponist profilierte. Hans Peter Türk

wuchs in Sibiu auf und wurde in Kronstadt vom dortigen Organisten Victor Bickerich zu

seiner Musikerlaufbahn inspiriert. Seine Studien bei Sigismund Toduţă in Cluj-Napoca

(Klausenburg), wo er später auch lehrte und nach dem Zerfall des kommunistischen Regimes

auch Professor wurde, waren für ihn richtungsweisend. Während der kommunistischen

Herrschaft konnte er keine offiziellen Ämter übernehmen, da er kein Parteimitglied war. In

seiner Musik hören wir immer wieder, wie bei Bartok, Elemente der transsilvanischen

Volksmusik heraus und eine große Zahl seiner Werke basieren auf lutherischen Chorälen.

Sonntag, 3. September 2017, 18.00 Uhr

St. Marien Stift Berg

ORGELKONZERT Michael Harris

Kathedrale Edinburgh (GB)

„Choräle und Hymn Tunes“

Matthias Weckmann: Choralbearbeitung: „Komm, heiliger Geist, Herre Gott“

(1616-1674)

Johann Sebastian Bach: Choralvorspiel: „Meine Seele erhebt den Herrn“

(1685-1750) BWV 648

Johann Nicolaus Hanff: Choralvorspiele: „Erbarm dich mein, O Herre Gott“

(1665 – 1711/12) „Ein feste Burg ist unser Gott“

Felix Mendelssohn Bartholdy: Sonata VI op. 65

(1809-1847) Choral und Variationen:

Andante sostenuto – Allegro molto

Fuga - Finale: Andante

Kenneth Leighton: Fantasia on St Columba

(1929-1988) Fantasia on Helmsley

Johann Sebastian Bach: Praeludium und Fuge C-Dur BWV 547

(1685-1750)

Michael Harris ist seit 1996 Organist und Master of the

Music an der St. Giles’ Kathedrale in Edinburgh und

lehrt als Dozent an der Ian Tomlin Academy of Music

der Edinburgh Napier Universität. Zuvor war er als

Assistant Organist an der Kathedrale zu Canterbury und

an der Pfarrkirche in Leeds tätig. Sein musikalisches

Aufgabengebiet umfasst neben der regulären Chorarbeit

außerdem Rundfunk-, Fernseh- und CD-Aufnahmen

sowie Konzerte im In- und Ausland. Rund um die

berühmte Rieger-Orgel (1992 erbaut) in der St. Giles’

Kathedrale organisiert Michael Harris seit 1996 diverse

Konzertreihen, die das musikalische Leben der Stadt

Edinburgh prägen und bereichern. Seine

Soloeinspielungen umfassen unter anderem The Organ

at St Giles sowie eine CD Aufnahme mit Orgelmusik

des britischen Komponisten William Wolstenholme. Mit dem Kathedralchor hat er eine Reihe

von CD-Einspielungen unternommen.

Die St Giles’ Cathedral, auch High Kirk of Edinburgh, ist die Hauptkirche der Church of

Scotland und eine der bedeutendsten Sehenswürdigkeiten von Edinburgh. Die Church of

Scotland ist die Nationalkirche in Schottland. Sie ist nicht, wie die Church of England, die

etablierte Staatskirche, hat aber eine besondere Stellung innerhalb Schottlands, sie ist

presbyterianisch (reformiert) und nicht anglikanisch. Die Church of Scotland entstand durch

John Knox, der die Reformation aus Genf von Johannes Calvin mit in seine Heimat brachte.

Die Reformation breitete sich dann von Edinburgh und St Andrews über ganz Schottland aus.

Matthias Weckmann war einer derjenigen norddeutschen Komponisten, die den Musikstil

der Sweelinck-Schule mit dem Buxtehudes verbinden konnten. Er stammte nicht, wie viele

seiner Zeitgenossen aus dem Norden, sondern aus Thüringen, war zuerst Schüler von

Heinrich Schütz in Dresden und später von Jacob Praetorius in Hamburg. Seine

Choralbearbeitung über das Pfingstlied „Komm, heiliger Geist, Herre Gott“ besteht aus drei

Strophen, in deren Verlauf sich das Geflecht der Begleitstimmen sukzessive steigert. Nicolaus

Hanff (geboren in Wechmar 1665 und verstorben in Schleswig 1711/12) stammt aus dem

selben thüringischen Dorf, wie Bachs Vorfahren und man nimmt an, dass er schon mit 7

Jahren zur Ausbildung nach Hamburg kam. Er hatte verschiedene Stellen in Lübeck und

Hamburg inne, als ihm der Posten des Domorganisten in Schleswig versprochen wurde. Diese

Stelle wurde aber leider unglücklicherweise erst wenige Monate vor seinem eigenen Tod frei.

Seine Choralvorspiele existieren in Kopien von Johann Gottfried Walther und wurden von

diesem stark verändert. Felix Mendelssohn Bartholdy war auch für England, wie in

Deutschland, ein wichtiger Botschafter für die Musik Bachs. Bei seinen regelmäßigen

Besuchen propagierte er dessen Werke, fand jedoch bei seinen ersten Besuchen um 1829

kaum Orgeln vor, die überhaupt ein Pedal hatten, d.h. Bachs Musik war unspielbar. In seinen

sechs Sonaten zollt Mendelssohn seinen Tribut an die lutherische Choraltradition, dies aber

ganz besonders mit dem letzten Werk dieser Reihe, das auf Luthers Lied „Vater unser im

Himmelreich” basiert. Während die lutherischen Choräle selbst nur schrittweise ihren Weg

nach Großbritannien fanden, benutzten doch etliche Komponisten des 19. und 20.

Jahrhunderts das Konzept des Choralvorspieles, um Stücke über englische

Kirchenliedmelodien zu komponieren. Kenneth Leighton verbrachte seit 1970 einen Gutteil

seiner Karriere als Musikprofessor an der Universität in Edinburgh. Er genoss dabei die enge

Zusammenarbeit mit Herrick Bunney, dem damaligen Organisten von St Giles’ Cathedral.

1975 führte Herrik Bunney Leighton`s ,,Six Fantasies on Hymn Tunes” op. 72 dort das erste

Mal auf. Bachs Präludium und Fuge in C-Dur BWV 547 ist eines der heitersten seiner ganz

großen Orgelwerke. Wie bei vielen der späten Leipziger Arbeiten benutzte er die Ritornell-

Form des italienischen Concertos um die Textur des Präludiums zusammenzuhalten. Die Fuge

ist von höchster kontrapunktischer Dichte, in der die Linien des Themas in verschiedensten

Umformungen verwoben sind. Das Pedal taucht erst gegen Ende auf, um eine augmentierte

Version des Fugenthemas zu bringen.

Dienstag, 5. September 2017, 10.00 Uhr

Petrikirche

ORGELKONZERT für Kinder

Christiane Michel-Ostertun: „Maaartin“

Vom kleinen Martin zum großen Luther;

Ekaterina Panina, Orgel – Stefan Kagl, Sprecher

Auch Luther war einmal Kind und musste seinen Eltern und Lehrern gehorchen. Wie ist aus

diesem Jungen ein Mann geworden, der die ganze Kirchengeschichte verändert hat? Zu

Beginn des Familien-Orgelkonzertes hört man lateinische Texte zu Orgelklängen. Der

Erzähler fragt sich: Warum muss denn in der Kirche immer alles auf Lateinisch sein? Man

hätte doch viel mehr davon, wenn man das verstünde, was in der Bibel steht und was die

Priester sagen. Im Mittelalter war vieles anders, als wir es heute kennen. Z.B. war es

selbstverständlich, dass Kinder Schläge bekamen, wenn sie nicht folgten. Der kleine Martin

im Hause Luthers bekam vielleicht sogar mehr Schläge als andere Jungs, weil er so

eigenwillig war. Er stellte Fragen, wo er doch einfach gehorchen sollte. Aber es gab so vieles,

das er nicht verstand und gut fand. Als Student erlebte er ein schlimmes Gewitter. In

Todesangst rief er: „Wenn ich das hier überlebe, großer Gott, dann werde ich Mönch.“ Martin

ging tatsächlich ins Kloster. Er versuchte, ein vorbildlicher Mönch zu werden. Er pilgerte

nach Rom, doch war entsetzt: Dort ging es um Macht und Geld statt um den rechten Glauben.

Darf das so bleiben? Wieder zu Hause beobachtete er die Menschen auf dem Markt. Sie

redeten freudig und tauschten sich aus. In der Kirche waren sie stumm und ängstlich, weil sie

nichts verstanden. Sie mussten alles glauben, was die Priester ihnen erzählten, denn die

Kirchensprache war Latein. So fing Martin an, deutsche Kirchenlieder zu dichten. Später

übersetzte er die Bibel ins Deutsche. Er wollte, dass alle Menschen verstehen, dass Gott keine

Geldgeschenke will, keine Pilgerreisen und kein schlechtes Gewissen. „Gott will dich frei.“

Das singt der Erzähler mit allen Kindern und Unterstützung der Orgel. Und zusammen singen

sie das bekannteste Kirchenlied Luthers, auch wenn es gar nicht in die Jahreszeit passt.

Diese ganze Geschichte wird nicht nur erzählt, sondern man hört sie gleichzeitig auf der

Orgel. Laut und heftig klingt das Gewitter, andächtig das Singen im Kloster, festlich die

Choräle und selbst die Prügelschläge kann die Organistin darstellen.

Das Konzert ist geeignet für Zuhörer ab 5 Jahren und dauert etwa 40 Minuten.

Ekaterina Panina wurde 1989 in Sankt-Petersburg

geboren. Mit 6 Jahren erhielt sie ihren ersten

Klavierunterricht. Sie hat die Pädagogische Herzen-

Universität in St. Petersburg im Bereich

Musikpädagogik absolviert und studierte im

Orgelinstitut bei Frau Dr. Olga Minkina. Im Jahr 2011

nahm sie ein Kirchenmusikstudium an der Hochschule

für Kirchenmusik in Herford auf. Neben Ihrem Studium

ist sie als Organistin und Chorleiterin in der Ev.-Luth.

Emmauskirchengemeinde Herford tätig.

Sonntag, 10. September 2017, 18.00 Uhr

Herforder Münster

ABSCHLUSSKONZERT

Johann Rosenmüller Ensemble

Künstlerische Leitung: Arno Paduch

Kammerchor am Münster

Gesamtleitung und Orgel: Stefan Kagl

„Herforder Stifts-Musik um 1700“

Johann Rosenmüller Ensemble:

Sopran - Ina Siedlczek

Bass - Ralf Grobe

Zink - Arno Paduch

Violine - Volker Mühlberg

Violone - Barbara Hofmann

Fagott - Kristina Filthaut

Chitarrone - Petra Burmann

Orgel (Continuo) - Jürgen Banholzer

Wolfgang Carl Briegel: ,,Wohl dem, dem die Übertretung vergeben ist“

(1626-1712) (aus: Buß-Psalmen..., Giessen, 1691)

Johann Sebastian Bach: Praeludium und Fuge in e-Moll BWV 533

(1685-1750)

Johann Jakob Pagendarm: ,,Befiehl dem Herren deine Wege“

(1647-1706) (aus: Ms. der Bodleian Library zu Oxford)

Dietrich Buxtehude: Choralvorspiel ,,Nun komm der Heiden Heiland” BuxWV 211

(1637-1707)

Johann Rudolf Ahle: ,,Magnificat anima mea”

(1628-1665) (aus: Neu-gepflanzter Thüringischer Lustgarten,

Mühlhausen, 1657)

Dietrich Buxtehude: Choralvorspiel ,,Gelobet seist du, Jesu Christ” BuxWV 189

(1637-1707)

Johann Arnold Fockerod: ,,Nun walt' es Gott von neuen“

(um 1660-1720) (aus: Ms. des 17 Jh. des Thüringischen Landesmusikarchivs)

Samuel Capricornus: ,,Jesu du Blum“

(1628-1665) (aus: Erster Teil Geistlicher Harmonien, Stuttgart, 1659)

Franz Tunder: ,,Komm heiliger Geist, Herre Gott” (Choralfantasie)

(1614-1667)

Johann Rosenmüller: ,,In te Domine speravi“

(1617-1684) (aus: Ms. des 17. Jh. der Staatsbibliothek zu Berlin)

Dietrich Buxtehude: Choralvorspiel ,,Erhalt uns Herr bei deinem Wort” BuxWV 185

(1637-1707)

Johann Rosenmüller: ,,Danksaget dem Vater"

(1617-1684) (aus: Kernsprüche..., Leipzig, 1648)

Herforder Stiftsmusik um 1700: Zahlreiche Quellen belegen, dass im Reichstift Herford

und in der Stadt Herford spätestens seit der Reformationszeit ein reiches Musikleben

herrschte. Leider sprechen die archivalischen Quellen nur von den Kantoren, dem Chor der

Lateinschule und den Organisten. Welche Musik im 16. und 17. Jahrhundert in Herford

aufgeführt wurde ist leider nicht bekannt, da in Herford selbst keine Noten aus der Zeit vor

1800 erhalten sind und im Moment auch keine Musikinventare oder Notenankaufrechnungen

bekannt sind. Dass an der Herforder Lateinschule ein intensiver Musikunterricht betrieben

wurde kann man zum Beispiel an Johann Jacob Pagendarm sehen, der am 6. Dezember

1647 in Herford geboren wurde und seine Schulausbildung unter dem aus Thüringen

stammenden Kantor Laurentius Burckardi erhielt, der von 1658 bis 1682 in Herford wirkte.

Nach seiner Schulzeit wurde Pagendarm 1670 Kantor in Osnabrück und am 1. August 1679

Kantor am Katharineum zu Lübeck, wo er eng mit Dietrich Buxtehude zusammenarbeitete.

Wahrscheinlich lernte er auch den jungen Johann Sebastian Bach kennen, als dieser

1704/1705 in Lübeck weilte. Von Pagendarms umfangreichem kompositorischem Schaffen

hat sich leider nur das kurze Duett „Befiehl dem Herren deine Wege“ erhalten, da seine in

Lübeck aufbewahrten Werke zusammen mit denen Buxtehudes von einem seiner

Amtsnachfolger vernichtet wurden, da diese Musik als alt und unbrauchbar angesehen wurde.

Die wichtigste Quelle zur Musikpflege in Herford sind der erste und der dritte Band des

„Gründlichen musikalischen Unterrichts“ des Herforder Kantors Johann Arnold Fockerod

(auch Vockerodt, Fokkerodt, Fokkerod), die 1698 und 1718 in Mühlhausen erschienen sind.

Der zweite Band ist leider verloren. Fockerod wurde um 1660 als Sohn des Kantors Johann

Fockerod in Mühlhausen geboren und erhielt seinen Musikunterricht bei dem dortigen

Organisten Johann Rudolf Ahle, zusammen mit dessen Sohn Johann Georg Ahle, der seinem

Vater im Amt nachfolgte und somit Vorgänger Johann Sebastian Bachs in Mühlhausen

wurde. Seit 1682 wirkte Fockerod als Kantor in Herford und veröffentlichte neben den oben

erwähnten theoretischen Schriften auch eine Sammlung mit Kantaten für vier Singstimmen,

zwei Geigen und Basso continuo unter dem Titel „Neu-gepflanzter Westfälischer Lustgarten“,

in dem er auf die berühmte Sammlung „Neu-gepflanzter Thüringischer Lustgarten“ seines

Lehrers Johann Rudolf Ahle anspielte. Von seinen Kompositionen hat sich nur eine gedruckte

Hochzeitskomposition erhalten, die aufgrund der vollkommen anderen Besetzung leider heute

nicht aufgeführt werden kann, sowie der Satz über den Choral „Nun walt' es Gott von neuen“,

der im heutigen Konzert erklingt. Aus den Angaben Fockerods in den Bänden des

„Gründlichen musikalischen Unterrichts“ lassen sich zahlreiche Angaben zu Kompositionen

finden, die Fockerod kannte und auch in Herford aufführte. Neben Werken seines Lehrers

Johann Rudolf Ahle nennt Fockerod unter anderem Werke von Wolfgang Carl Briegel,

Samuel Capricornus und Johann Rosenmüller, den er besonders für seine hervorragende

Textvertonung lobt. Besondere Erwähnung findet das geistliche Konzert „Jesu du Blum“ von

Samuel Capricornus, das wegen seiner ungewöhnlichen Modulationen bis hin zu As-Dur

und Des-Dur eigentlich den tonalen Rahmen der Zeit sprengt. Choralvorspiele Dietrich

Buxtehudes und seines Schwiegervaters Franz Tunder, sowie ein Werk aus der Mühlhäuser

Zeit Johann Sebastian Bachs, also Musik, die in direktem Zusammenhang mit den

Vokalwerken des Programms stehen, werden auf der Orgel musiziert.

Das Johann Rosenmüller Ensemble wurde 1995 von Arno Paduch in Leipzig gegründet.

Seit dem hat das Ensemble zahlreiche Konzerte in ganz Deutschland, etwa beim Rheingau

Musikfestival, der Ansbacher Bachwoche, den Händelfestspielen in Halle/Saale, dem

Dalheimer Sommer, dem Lausitzer Musiksommer, dem MDR Musiksommer, dem Rheinisch-

Westfälischen Musikfest, dem Hohenloher Kultursommer, den Leipziger Bachtagen, den

Mitteldeutschen Heinrich-Schütz-Tagen in Bad Köstritz und Weißenfels, den Arolser

Barockfestspielen, den Aschaffenburger-Bachtagen sowie in Tschechien, Polen, Österreich

und in der Schweiz gegeben. Die CD-Aufnahmen des Johann Rosenmüller Ensembles haben

in zahlreichen deutschen und internationalen Fachzeitschriften hervorragende Kritiken

erhalten. Im Mittelpunkt der Ensemblearbeit steht die Wiederaufführung unbekannter Musik

des 17. und 18. Jahrhunderts, wobei größter Wert auf authentische Interpretation

durch gründliches Quellenstudium und das Spielen auf Kopien von Originalinstrumenten

gelegt wird. Namensgeber ist Johann Rosenmüller, bedeutendster deutscher Komponist der

Generation zwischen Heinrich Schütz und Johann Sebastian Bach, von seinen Zeitgenossen

gerühmt als „alpha et omega musicorum“.

Arno Paduch studierte Musikwissenschaft in Frankfurt am Main sowie Zink und Historische

Aufführungspraxis an der Schola Cantorum Basiliensis. Er arbeitet regelmäßig mit den

wichtigsten Ensembles für Alte Musik in Deutschland zusammen, konzertiert in Deutschland

und dem europäischen Ausland, wirkt bei Rundfunk- und Fernsehaufnahmen mit und hat

mittlerweile an über 80 CD-Produktionen teilgenommen. 1992 wurde er zum Dozenten für

Zink und Ensemblemusik an die Abteilung für Alte Musik der Musikhochschule in Leipzig

berufen. Dort gründete er 1995 das Johann Rosenmüller Ensemble, das mittlerweile den

Mittelpunkt seiner künstlerischen Arbeit bildet. Neben seiner musikalischen Tätigkeit hat

er mehrere Aufsätze zur Musik des 16. und 17. Jahrhunderts veröffentlicht und war als einer

der beiden Intendanten maßgeblich an der Realisierung des 43. Internationalen Heinrich-

Schütz-Festes 2011 beteiligt. Im Frühjahr 2015 wurde ihm die Intendanz des Festivals

Dalheimer Sommer im ehemaligen Kloster Dalheim in Lichtenau/Westfalen übertragen und

im Oktober 2015 wurde er in den Beirat der Internationalen Heinrich-Schütz-Gesellschaft

gewählt.

Lebenslauf Stefan Kagl siehe Konzert am 16.7.2017 Seite….

Der Herforder Münsterchor sucht neue Mitglieder:

Wenn Sie Freude dabei haben, großartige Chormusik mitzugestalten, Zeit für regelmäßiges Proben haben und

beim Eintrittsalter nicht älter als 60 Jahre sind, kommen Sie doch einmal bei unseren Proben (nach den

Schulferien ab dem 5.9.2016, Zeiten s.u.) vorbei, Sie sind herzlich willkommen!

Die Geschichte des Herforder Münsterchors geht bis auf das Jahr 1869 zurück. Seit 1980 ist er zu einem

wichtigen Chor in der Musiklandschaft Ostwestfalens geworden. Der Münsterchor singt in den Konzerten und

Gottesdiensten des Münsters. Zur Zeit hat er etwa 70 Mitglieder. Im Repertoire des Münsterchores sind zum

Beispiel: Johann Sebastian Bach: Matthäuspassion, Johannespassion, Weihnachtsoratorium, zahlreiche Kantaten

und Motetten; Giuseppe Verdi: Requiem; Johannes Brahms: Deutsches Requiem; Edward Elgar: King Olaf, The

Kingdom; Felix Mendelssohn Bartholdy: Paulus, Lobgesang; Georg Friedrich Händel, Messias, Dettinger Te

Deum; Giacomo Puccini, Messa di Gloria; Wolfgang Amadeus Mozart: Requiem, Vesperae; Louis Vierne:

Messe solennelle; Jean Langlais: Messe solennelle u.v.a.m.. Der Leiter des Chores ist Münsterkantor Stefan

Kagl. Weiter Informationen unter: http://www.kirchenmusik-im-herforder-muenster.de/herforder-munsterchor/

Probenzeiten

Herforder Münsterchor: Gemeindehaus am Münster

Dienstag, 19.45 Uhr

Kinderchor am Münster: Gemeindehaus am Münster

Mittwoch, 16.00 Uhr 5-8 Jahre

Mittwoch, 17.00 Uhr ab 9 Jahre

Mittwoch, 18.00 Uhr Jugendchor

Die nächsten Veranstaltungen mit dem Herforder Münsterchor:

Dienstag, 31. Oktober 2017, 18.00 Uhr

Herforder Münster

KANTATENGOTTESDIENST zum

500 jährigen Reformationsjubiläum

J. S. Bach: Kantate BWV 79 „Gott, der Herr ist Sonn und Schild“

Herforder Münsterchor; Julia Borchert, Sopran

Eike Tiedemann, Alt; Dieter Goffing, Bass

Philharmonisches Bachorchester, Leitung: Stefan Kagl

Predigt: Superintendent Michael Krause

Samstag, 11. November 2017, 17.00 Uhr

Herforder Münster

8. HERFORDER CHORFESTTAGE

CHORKONZERT zum 500 jährigen Reformationsjubiläum

Mendelssohn: Reformationssinfonie;

Nicolai: Kirchliche Fest-Ouvertüre über “Ein feste Burg” op. 31;

Bruckner: Te Deum

Solisten; Herforder Münsterchor – Kantorei Bad Kissingen

Thüringen Philharmonie Gotha; Leitung: Stefan Kagl

(Vorverkauf ab 9.10.2017)

24.-26.1.2017 Konzertreise nach Bad Kissingen

Sonntag, 17. Dezember 2017, 19.00 Uhr

Herforder Münster

J.S. Bach: WEIHNACHTSORATORIUM

Julia Borchert, Sopran; Eike Tiedemann, Alt

Mario Tardivo, Tenor, Dieter Goffing, Bass

Kinder- und Jugendchor am Herforder Münster

Herforder Münsterchor; Philharmonisches Bachorchester

Leitung: Stefan Kagl (Vorverkauf ab 13.11.2017)

Montag, 25. Dezember 2017, 10.00 Uhr (1. Weihnachtsfeiertag)

Herforder Münster

KANTATENGOTTESDIENST

J.S. Bach: 1. Kantate aus dem Weihnachtsoratorium

Dienstag, 26. Dezember 2017, 10.00 Uhr (2. Weihnachtsfeiertag)

Herforder Münster

KANTATENGOTTESDIENST

J.S. Bach: 2. Kantate aus dem Weihnachtsoratorium