Herkunftsbestimmung von Bergkristall...Materialanalyse: Herkunftsbestimmung von Bergkristallen...

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Materialanalyse: Herkunftsbestimmung von Bergkristallen Bergkristall ist ein Kluftmineral aus Quarz (SiO2), das eine relativ hohe Härte (Mohshärte 7) aufweist und in unterschiedlichen Varietäten vorliegt. Im alpinen Bereich kann Bergkristall als Rohmaterial zur Herstellung von Werkzeugen und Waffen, insbesondere in Gebieten ohne zahlreiche Silexvorkommen, eine Alternative zu Silex darstellen. Bergkristall entsteht in Spalten und Klüften im Gestein unter hohen Druck- und Temperaturbedingungen aus einer wässrigen Lösung, dem sogenannten Fluid. Aus der Zusammensetzung des Fluids ergeben sich Farbe und Form der Quarzkristalle. Die Herkunft der Quarzkristalle kann über die Untersuchung von sogennanten fluid inclusions oder Fluideinschlüssen ermittelt werden. Dabei handelt es sich um kleine, von Auge sichtbare homogene Flüssigkeits- oder Gaseinschlüsse, die sich während oder nach dem Quarzwachstum in Einschlusshohlräumen im Kristallinnern eingelagert haben. Da die eingelagerten Stoffe nach ihrer Versiegelung grösstenteils unverändert im Quarzkristall erhalten blieben, handelt es sich also um Überreste oder Zeugen der ursprünglichen Lösung, aus der der Quartzkristall einst auskristallisierte. Mittels moderner Analysemethoden kann nun die Zusammensetzung dieser ursprünglichen Lösung bestimmt werden, womit eine Art Fingerabdruck gewonnen wird. Die Zusammensetzung des Fluids – das beispielsweise mehr oder weniger NaCl oder CO2 enthalten kann – variiert nämlich je nach Herkunftsort. Zum Thema Fluide Einschlüsse: http://www.mineralatlas.eu/lexikon/index.php/Einschl%FCsse?redirectfrom=Fluide+Einschl%FCsse In der archäologischen Praxis erlaubt eine Zuordnung von Kristallartefakten zu verschiedenen Fluidzonen mitunter Rückschlüsse auf die Rohmaterialbeschaffung, etwa von mesolithischen Jäger- und Sammlergruppen, wie es beispielsweise bei alpinen Ausgrabungen im Misox (Mesocco Tec Nev) gelungen ist, wo mineralogisch-petrographische Analysen des Bergkristallrohstoffes durchgeführt wurden.

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Page 1: Herkunftsbestimmung von Bergkristall...Materialanalyse: Herkunftsbestimmung von Bergkristallen Bergkristall ist ein Kluftmineral aus Quarz (SiO2), das eine relativ hohe Härte (Mohshärte

Materialanalyse: Herkunftsbestimmung von Bergkristallen Bergkristall ist ein Kluftmineral aus Quarz (SiO2), das eine relativ hohe Härte (Mohshärte 7) aufweist und in unterschiedlichen Varietäten vorliegt. Im alpinen Bereich kann Bergkristall als Rohmaterial zur Herstellung von Werkzeugen und Waffen, insbesondere in Gebieten ohne zahlreiche Silexvorkommen, eine Alternative zu Silex darstellen. Bergkristall entsteht in Spalten und Klüften im Gestein unter hohen Druck- und Temperaturbedingungen aus einer wässrigen Lösung, dem sogenannten Fluid. Aus der Zusammensetzung des Fluids ergeben sich Farbe und Form der Quarzkristalle. Die Herkunft der Quarzkristalle kann über die Untersuchung von sogennanten fluid inclusions oder Fluideinschlüssen ermittelt werden. Dabei handelt es sich um kleine, von Auge sichtbare homogene Flüssigkeits- oder Gaseinschlüsse, die sich während oder nach dem Quarzwachstum in Einschlusshohlräumen im Kristallinnern eingelagert haben. Da die eingelagerten Stoffe nach ihrer Versiegelung grösstenteils unverändert im Quarzkristall erhalten blieben, handelt es sich also um Überreste oder Zeugen der ursprünglichen Lösung, aus der der Quartzkristall einst auskristallisierte. Mittels moderner Analysemethoden kann nun die Zusammensetzung dieser ursprünglichen Lösung bestimmt werden, womit eine Art Fingerabdruck gewonnen wird. Die Zusammensetzung des Fluids – das beispielsweise mehr oder weniger NaCl oder CO2 enthalten kann – variiert nämlich je nach Herkunftsort. Zum Thema Fluide Einschlüsse: http://www.mineralatlas.eu/lexikon/index.php/Einschl%FCsse?redirectfrom=Fluide+Einschl%FCsse

In der archäologischen Praxis erlaubt eine Zuordnung von Kristallartefakten zu verschiedenen Fluidzonen mitunter Rückschlüsse auf die Rohmaterialbeschaffung, etwa von mesolithischen Jäger- und Sammlergruppen, wie es beispielsweise bei alpinen Ausgrabungen im Misox (Mesocco Tec Nev) gelungen ist, wo mineralogisch-petrographische Analysen des Bergkristallrohstoffes durchgeführt wurden.

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Bibliographie J. Mullis, Bergkristall. Schweizer Strahler 9 (1991) S. 127 – 161. Ph. Della Casa, Mesolcina praehistoria. Mensch und Naturraum in einem Bündner Südalpnetal vom Mesolithikum bis in die römische Zeit. Univ. forsch. Prähist. Arch. 67 (Bonn 2000). T. Hess, Steinreich. Lithische Rohstoffe im Alpenraum. In: T. Reitmaier (Hrsg.), Letzte Jäger, erste Hirten. Hochalpine Archäologie in der Silvretta. Begleitheft zur Ausstellung (Zürich 2010) S. 97 – 114.