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Sonderdruck Gepeinigt, begehrt vergessen Symbolik und Sozialbezug des Körpers im späten Mittelalter und in der frühen Neuzeit Herausgegeben von Klaus Schreiner und Norbert Schnitzler Wilhelm FinkVerlag München

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Sonderdruck Gepeinigt, begehrt

vergessen Symbolik und Sozialbezug des Körpers

im späten Mittelalter und in der frühen Neuzeit

Herausgegeben von Klaus Schreiner und Norbert Schnitzler

Wilhelm Fink Verlag München

KLAUS ARNOLD

Der Wandel der Mutter-Kind-Darstellung am Beispiel der Kölner bildenden Kunst

des späteren Mittelalters

Soziale Bezüge manifestieren sich auch durch das Medium des menschlichen Körpers. Im Folgenden soll es um die Frage gehen, inwieweit Darstellungen des Körpers geeignet und in der Lage sind, solche Bezüge zu verdeutlichen. Thema ist die Beziehung zwischen Müttern und Kindern in ihren körperlichen Aus- drucksformen; der sermo corporum untersucht anhand eines thematisch, geogra- phisch und zeitlich begrenzten Teilbereichs:

Gegenstand unserer Betrachtung sind etwa ein Dutzend Holzbildwerke, die zwischen etwa 1220 und 1390 in Köln und in seiner unmittelbaren Umgebung, in Westfalen und am Niederrhein, entstanden sind und denen das Motiv von Mutter und Kind gemeinsam ist. Das untersuchte Material ist von kunsthistori- scher Seite weitgehend im Katalog der Holzskulpturen des Mittelalters im Kölner Schnütgen-Museum durch Ulrike Bergmann erschlossen; auf die dort gegebenen Abbildungen, Beschreibungen und Datierungen können sich die nachfolgenden sozialgeschichtlichen Untersuchungen stützen. »

Köln ist im Spätmittelalter die größte Stadt Deutschlands und ein bedeutendes wirtschaftliches, kirchliches und künstlerisches Zentrum. Als Kunstlandschaften kommen der Stadt am Niederrhein und ihrem Umland auf den Gebieten der Malerei und der bildenden Kunst in dieser Zeit lediglich Böhmen, die Toskana und Umbrien sowie natürlich Frankreich gleich.

Die Reihe der im Folgenden betrachteten Skulpturen reicht chronologisch vom Ausgang der Romanik (Muttergottes mit dem Bergkristall, um 1220/30) bis an die Durchsetzung des internationalen, des sogenannten »schönen« Stils und die Parlerzeit heran (Muttergottes »mit der Sonne«, um 1390).

Über die kunsthistorischen Ergebnisse hinaus soll die Kölner Skulptur des ausgehenden Mittelalters vornehmlich unter sozialgeschichtlichen Fragestellungen betrachtet werden: - Die erste Frage ist die nach einem Wandel in der Darstellung des Mutter-

Kind-Verhältnisses anhand des Kölner Materials: Gibt es Entwicklungen im Körperbezug, in der Darstellung auch der psychischen Beziehung zwischen Müttern und Kindern - wobei als gegeben vorausgesetzt wird, daß es sich in jedem Fall natürlich um ein besonderes, ein göttliches Kind und um die Gottesmutter handelt -?

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Eine weitere durchgängige Fragestellung ist die nach dem sozialgeschichtli- chen Kontext: Was müßte neben den rein theologischen Implikationen hin- sichtlich Kleidung und äußerem Erscheinungsbild der dargestellten Personen mitgedacht werden; im Hinblick etwa auf die Haartracht und die Kleidung der Mutter, auf die Frage des Alters, die Tatsache der Nacktheit oder die Ernährung des Säuglings? 3. Welche Aussagen sind möglich über Provenienz und Funktion der einzel- nen Skulpturen, über ihre Auftraggeber, ihre mutmaßliche Aufstellung und die hieraus resultierende Wirkung? 4. Existieren darüberhinaus zeitgenössische Zeugnisse zur Frömmigkeitsge- schichte, die bei der Deutung der Befunde hilfreich sein können? schließlich 5.: Lassen sich an den gewählten Beispielen die Realität der Dar- stellung - etwa im Hinblick auf eine verbesserte Naturerkenntnis - und eine symbolische Bedeutung in Bezug setzen? Schon hier muß vor allzu ausufern- den Hoffnungen gewarnt werden.

Beginnen wir mit der um 1220/30 zu datierenden Muttergottes »mit dem Berg- kristall« (Abb. 1)2): Die Madonna und das auf ihrem linken Oberschenkel dem Betrachter zugewandte Kind thronen auf einem breit ausladenden Ringpfosten- stuhl. Während das Gesicht Marias ein Lächeln erkennen läßt, blickt der Knabe, die Rechte im Segensgestus erhoben, eher streng. Die Geste lenkt den Blick auf einen großen, ovalen Bergkristall, der in einem schildförmigen Bortenbesatz am Hals der Mutter deren reich vergoldetes Gewand ziert; Schmuck und Gewandung wiederholen sich beim Knaben, der die Beine in leichter Schrägstellung in die Schoßmitte der Mutter gesetzt hat. Die linke Hand des göttlichen Kindes ruht auf einem Apfel - richtiger wäre wohl: auf einer Kugel - in der Linken der Got- tesgebärerin. Einen zweiten runden Gegenstand - auch hier. einen Apfel oder eine Kugel - hält diese leicht vorgestreckt in ihrer Rechten.

Die Gruppe ist gekennzeichnet durch ihre Frontalstellung zum Betrachter und ihre Statuarik. Der Knabe weist kaum kindliche, dagegen umso deutlicher herr- scherliche Züge auf: im Segensgestus und mit der auf der Sphaira ruhenden Hand ist er Christus, Pantokrator, Weltenherrscher. Dieses Erscheinungsbild in der

ottonischen und romanischen Kunst hat entscheidend zu dem - im Gefolge der Arier-Rezeption offenbar unausrottbaren - Mißverständnis beigetragen, das Mittel- alter habe Kinder ganz allgemein nur als kleine Erwachsene zur Kenntnis genom- men 3) Als ein wohlbekanntes Paradigma für diesen Bildtypus mag die Goldene Madonna von Essen (um 980) angeführt werden; weitere, unserem ersten Beispiel zeitlich und räumlich näherstehende wären die Siegburger Madonna (Köln, um 1160) und mehr noch die »Hovener« Muttergottes mit Kind von ca. 1160-1180

aus der ehemaligen Kapelle eines seit 1157 den Benediktinerinnen von St. Mauriti-

us in Köln zugehörenden Gutshofes in Marsdorf bei Köln, heute im Kloster Marienborn in Zülpich-Hoven (Kr. Euskirchen). ') Dieser Konzeption zufolge ist Maria der Thron der Weisheit und trägt den segnenden Logos auf ihrem Schoß.

Der Wandel der Mutter-Kind-Darstellung

Der Bildtypus der Sedes sapientiae kommt aus By- zanz (Nikopoia) und fand im 11. und 12. Jahrhundert als Kultbild im nordeuropäi- schen Raum weite Verbrei- tung. ) Der Figurenblock der Muttergottes »mit dem Bergkristall« ist in einem Stück aus Eichenholz ge- arbeitet und mit Ausnahme ihrer hochgotischen Fassung und der ergänzten rechten Hand der Madonna insge- samt gut erhalten; die Fas- sung aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts ver- stärkt den Eindruck eines freundlich lächelnden Ge- sichtsausdrucks der Mutter. Etwa gleichzeitig ist um 1230 die häufig - jedoch ohne hinreichende Begrün- dung - als »Aachener« Madonna bezeichnete Statue

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---------- ----- -- ----- Abb. 1: Muttergottes mit dem Bergkristall, Köln, um 1220/30

(Abb. 2) entstanden) Sie entstammt einer Kölner Bildhauerwerkstatt, welche vom klassischen Figurenstil des Nikolaus von Verdun Zeugnis gibt und Skulptu- ren mit einer zuweilen herben, jedoch ausdrucksvollen Physiognomie hervor- brachte.

Hinsichtlich ihrer Ikonographie und der Gesamtkomposition stehen sich die Muttergottes mit dem Bergkristall und die sog. Aachener Madonna noch recht nahe. Im direkten Vergleich freilich sind Unterschiede nicht zu übersehen: die strenge Frontalsicht wird aufgegeben, die Gewandbildung bei Mutter und Kind ist beim wohl geringfügig jüngeren »Aachener« Beispiel deutlich entschiedener. Der Eindruck von Starrheit ist durch die leichte Neigung des Kopfes bei Mutter und Kind genommen; weder die Mutter noch der segnende Knabe blicken mehr den Beschauer an. Nichts macht die entspannte Haltung deutlicher als die ruhig mit dem Apfel auf dem rechten Knie der Mutter ruhende Hand; ein zweiter in ihrer Linken wird von Mutter und Kind gehalten.

Der ursprüngliche Eindruck der Statue muß einem Betrachter als äußerst prunk voll erschienen sein: mit Ausnahme des Inkarnats war die ganze Statue mit einer metallfarbigen Fassung überzogen, die Gewänder vergoldet, der Thron versilbert. Der beabsichtigte Eindruck war somit der eines Werkes der Goldschmiedekunst.

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Abb. 2: Thronende Muttergottes, Köln, um 1230

Dem heutigen Betrachter mag die Beobachtung am Original, wonach die Haar-

tracht Marias keineswegs die

ursprüngliche darstellt, son- dern durch nachträgliches Abarbeiten eines vom Man- tel gebildeten Schleiers entstand, der über das Haupt der Gottesmutter drapiert war, eher befremd- lich erscheinen. Gleichwohl bietet dieser Tatbestand eine erste Gelegenheit zu sozial- geschichtlichen Anmerkun- gen zu Haartracht und Klei- dung der Madonnen in der bildenden Kunst des späte- ren Mittelalters. Eine Mut- ter ist, wenn sie die häusli- che Sphäre verläßt, in der

spätmittelalterlichen Gesell- Schaft an ihrem Schleier als eine verheiratete Frau zu

erkennen. Fehlt (wie an unserem Beispiel) dieses in der gesellschaftlichen Wirk- lichkeit konventionelle Merkmal, so wird Maria durch ihr offenes Haar entweder als in einer intimen, häuslichen Umgebung gedacht oder aber in ihrem jungfräuli chen Status zur Darstellung gebracht?

Die Gewandung der Muttergottes ist, wie nahezu stets in der mittelalterlichen Kunst, auch hier äußerst aufwendig: Die Stoffe sind in antikischer Manier vielfach gefältelt und drapiert: Unter dem gürtellosen Kleid mit breiter Halsborte wird über den Füßen ein weites, in reichen Falten fallendes Untergewand sichtbar. Darüber trägt die Jungfrau einen offenen, gleichfalls sorgfältig über den Knien und dem Thronsitz drapierten Mantel. Für diese reiche Gewandbildung mit ihren schwer fallenden Stoffen in ausgesuchter Farbgebung und ausgezeichneter Qualität ließen sich für das spätere Mittelalter zahllose Beispiele anführen) Mit großer Wahrscheinlichkeit hat niemand in unserer Gegenwart einen derart kostbaren Stoff, wie ihn die Mehrzahl der mittelalterlichen Madonnen zur Schau stellen, je auch nur gesehen oder berührt. Auch dies ein Hinweis darauf, daß wir in Maria nicht nur die jungfräuliche Mutter, sondern zugleich die Himmelskönigin zu sehen haben.

Nähert sich der Betrachter den beiden Bildwerken von der (rechten) Seite, so wird insbesondere bei der Bergkristall-Madonna deutlich, daß das Kind hier wirk-

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lich wie auf einem Thron im Schoß seiner Mutter sitzt. Dazu fällt das Nebenein- ander der beiden Kugeln ins Auge, die Mutter und Kind, wie auch bei der Aa- chener Madonna, dem Betrachter entgegenhalten. Ernst Guldan hat sie zum einen als Herrschaftszeichen des Christusknaben, dann aber auch als Äpfel und Maria folglich als eine neue Eva gedeutet? )

Der Blick von der jeweils linken Seite der beiden Bildwerke läßt deutlich wer- den, daß das Kind der Madonna »mit dem Bergkristall« nicht lediglich das statua- tische Sitzen der Mutter in verkleinerter Form wiederholt, sondern durch deren Arme und Hände gleichsam in einen geborgenen Raum einbeschrieben wird. Dieses Einbeziehen wird bei der »Aachener« Madonna gesteigert durch die »Zu- Neigung« des mütterlichen Hauptes hinab zu ihrem Sohn. Daß dieser nicht ein- fach nach oben, sondern ihren Blick suchend zur Mutter aufblickt, erweist die linke Seitenansicht der Skulptur. Ein direkter Blickkontakt kommt, auch wenn sich der kindliche Körper ganz der Mutter zuwendet, freilich nicht zustande.

Zwei weitere, hier nicht abgebildete Beispiele") der thronenden Muttergottes mit ihrem Kind sind um die Mitte des 13. Jahrhunderts in Westfalen beziehungs- weise am Mittelrhein entstanden und zeigen bereits deutlich agilere Kinder, wäh- rend ihre Mütter freundlich, doch eher reserviert geradeaus blicken: Eines dieser Kinder blickt zur Mutter empor und sucht mit der Hand ihr Kinn zu erreichen, während sie seinen kleinen rechten Fuß in ihrer Hand festhält. Das Kindgemäße der Bewegung ist gut beobachtet und zur Darstellung gebracht: Der Knabe wird hier ebensowenig als der göttliche Logos gesehen wie bei einem etwa gleichzeitigen Bildwerk, das das Jesuskind voll Begehren die Rechte nach einer Blume in der Hand der Mutter ausstrecken läßt. Hier ist der Hinweis vonnöten, daß für eine kunsthistorische Betrachtungsweise auch die Tradition solcher Motive in der Malerei der Zeit und insbesondere der Einfluß, den die byzantinische Kunst mit dem Typus der stillenden (Galaktrnphusa) und der zärtlichen Madonna (Glykophi- lusa) ausübte, nicht außer Betracht bleiben dürfen. ")

Von Interaktion zwischen Mutter und Kind zeugt ungeachtet des weniger guten Erhaltungszustandes auch das um 1260-70 entstandene Standbild der Madonna aus Ollesheim bei Nörvenich/Kreis Düren (Abb. 3). 12) Verloren sind der rechte Arm des Jesusknaben, der möglicherweise auch hier das mütterliche Kinn berühr- te, sowie der der Mutter bis auf den Apfel in ihrer Rechten. Die innige Beziehung der beiden Figuren ist im Motiv des Apfels, den die Madonna ihrem Söhnchen entgegenstreckt, gut zur Darstellung gelangt, auch wenn sie den Knaben nicht wirklich anblickt. Dieses Mutter und Kind verbindende Motiv ist sicherlich von der französischen Kunst der Zeit beeinflußt, wie ein Blick auf eine zeitgleiche Elfenbeinmuttergottes aus der Sainte Chapelle erweist, selbst wenn die graziöse Anmut der französischen Hofkunst nicht erreicht wird. ')

Auch das Standardmotiv kölnischer Sitzmadonnen aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts, das auf den Knien seiner Mutter stehende Kind, ist ein Zitat der zeitgenössischen französischen Skulptur; es findet sich bei der Kölner »Madon- na auf breitem Thronsitz« (um 1270, Abb. 4) wieder. Die Bezeichnung und die

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heutige Erscheinungsform des ausladenden, fialenbe- krönten Thronsitzes gehen freilich zurück auf die etwa ein Menschenalter später, um das Jahr 1317 erfolgte Umarbeitung der Figuren-

gruppe. Solch exakte Datie-

rungen sind erst durch den- drochronologische Unter-

suchungen der letzten Jahre möglich geworden. Die

ursprüngliche Gestaltung

zeigte die vollplastische Figur einer zierlichen Mut- tergottes mit einem relativ kleinen Knaben auf kaum hervortretenden Thronsitz

mit halbrunder Fußplatte. Maria ist deutlich nach links

und dem Kind zugewendet, das beidfüßig auf ihrem linken Oberschenkel steht;

;_ dieser ist aufgrund der Tat- Abb. 3: »Ollesheimer. Muttergottes, Köln, um 1260/70 sache, daß der linke Fuß der

Gottesmutter auf der kleinen Gestalt eines Drachen steht, deutlich höhergestellt und nähert auf diese Weise die beiden Gesichter einander an. In ihrer Rechten weist die Mutter dem Knaben - wie auch dem Betrachter - einen Apfel, während die Linke das Kind stützend umfängt. Betrachtet man die Gruppe von vorn, so erscheint die Gottesmutter als Folge der ungleichen Sitzposition geringfügig aus der Mitte nach links und das Kind stärker in den Mittelpunkt gerückt; aus seinem Stehen wird gleichsam ein Auf-die-Mutter-Zugehen.

In der Schrägansicht wird das innige Einvernehmen zwischen der Mutter und ihrem Kind zum einen durch ihren umfangenden und stützenden Arm, zum anderen durch den haltsuchenden Griff des Kindes zum Schleier seiner Mutter verdeutlicht. Die Seitenansicht (von links) läßt weitgehend vergessen, daß auch hier die Gottesmutter das Kind genau genommen nicht »in den Blick nimmt«, sondern an ihm vorbei sieht.

Die Darstellung einer innigen Mutter-Kind-Beziehung charakterisiert die Kölner Bildwerke auch der nachfolgenden Jahrzehnte vom ausgehenden 13. bis in die dreißiger Jahre des 14. Jahrhunderts. `) Im Hinblick auf spätere Überlegungen ist hier auf die hemdartige Bekleidung der Jesusknaben hinzuweisen. Die Kinder der Zeit vor etwa 1330, als in Köln eine massenhafte Produktion dieses Typus

Der Wandel der Mutter-Kind-Darstellung

einsetzte, strahlen sehr viel kindlichen Charme aus und sind noch frei von der eher steifen Gestik der späteren Beispiele. Wenn wir uns als nächstem Bildwerk der

thronenden Muttergottes

aus Köln von etwa 1340 (Abb. 5) zuwenden, so fällt

zuerst das Fehlen des Kindes ins Auge. ") Hier ist vor- dringlich zu fragen, wie dies der Fall sein kann; da einer- seits der Arm der Gottes-

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ý: 14 Wm S,, r :

mutter erkennbar »leer« erscheint und andererseits - zumindest auf den ersten Blick - auch keine Spur

einer ursprünglichen Exi-

stenz des Kindes auf dem Schoß seiner Mutter auszu- machen scheint. An dieser Existenz freilich gibt es keinen Zweifel: die Pondera-

Abb. 4: Madonna auf breitem Thronsitz, Köln, um 1270

tion des mütterlichen Körpers, ihre nunmehr »leere« stützende Hand und der für das Kind reservierte Platz machen sie zur Gewißheit.

Die kleinformatige Madonna (Höhe: 56,5 / Breite: 27 / Tiefe: '20 cm) selbst ist nahezu intakt in ihrer mittelalterlichen Fassung erhalten: Weiß für Kleid und Mantel mit über beiden verstreuten rautenförmigen goldenen Lilien; eine Fassung, welche ganz offenbar eine Elfenbeinstatue imitieren sollte. Auch die ausgesuchte Qualität des verwendeten Holzes spricht für einen finanzkräftigen Auftraggeber oder »Stifter« dieser Figur. Anders als bei den bisherigen Beispielen sind wir in diesem Fall in die Lage versetzt, gesicherte Aussagen über die Person des Stifters und über eine mögliche Funktion des Kunstwerks zu machen: Stifter war, wie ihr auf der oktogonalen Sockelzone angebrachtes Bildnis bezeugt, eine Frau und Nonne, eine Angehörige wohl des St. Klarissenordens. Seit seiner Gründung zu Beginn des 14. Jahrhunderts stand das Kölner Franziskanerinnenkloster St. Klara in der besonderen Gunst der wohlhabenden Kölner Familien, deren Töchter vielfach Mitglieder des Konvents waren. Als solche sind sie wiederholt - auch im Bild - als Stifterinnen bedeutender Werke der Kölner Buch- und Tafelmalerei bezeugt. 16)

Unsere Auftraggeberin hat sich zu Füßen der Gottesmutter im Zentrum der Sockelzone im Orantengestus darstellen lassen; Marias rechte Fußspitze scheint,

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Abb. 5: Thronende Muttergottes, Köln, um 1340

genau besehen, geradezu auf

sie hinzuweisen. Wir kön-

nen als gesichert annehmen, daß dieses ebenso zierliche wie repräsentative Kunst-

werk für die persönliche Andacht der Stifterin in

ihrer Klosterzelle in Auftrag

gegeben wurde. In diesem Zusammenhang ist noch- mals auf das offene Haar der

Madonna hinzuweisen. Der

Wert der Skulptur als priva- tes Andachtsbild wurde durch das auf der Rückseite angebrachte Sepulcrum und die dort aufbewahrten Reli-

quien sicherlich noch weiter erhöht. Offenkundig sind die Sitzmadonna und das (fehlende) Kind hier nicht, wie sonst üblich, aus einem Block gearbeitet. Das Bild-

werk ; er .,; Plmehr von An- fang an so konzipiert, daß Mutter und --- Kind für sich gesehen und -dies im Wort- sinn - »behandelt« werden konnten. Den Beweis hierfür liefern eine vollständige Fassung auch an den Stellen, die bei Anwesenheit des Kindes unsichtbar blieben, sowie ein auf der Thronbank angebrachtes Zapfloch, das zur Befestigung eines stehenden Christusknaben bestimmt war.

Bei der Beantwortung der Frage, was wohl mit dem Kind geschehen sein mag, sind wir jedoch nicht auf bloße Vermutungen angewiesen. Denn das Jesuskind spielte in der Frömmigkeit des 14. Jahrhunderts und insbesondere in der Visions- literatur eine gmße Rolle: nicht allein mystisch bewegten Nonnen, auch Mönchen erschien es zuweilen sehr real. So wird in der Lebensbeschreibung der ehrwürdi- gen Mönche des Klosters Waldsassen um 1320 berichtet:

Ein Mönch diente lange Zeit gar fromm der seligen Jungfrau Maria... Er schlief einmal unter heiligen Betrachtungen ein. Da kam es ihm vor, als stünde er im Chor. Er hatte sein Antlitz zum Altar gewendet und sah eben, daß die selige Jungfrau Maria im Spiel ihr Knäblein in die Höhe warf und es in ihren Armen auffing... Derselbe Mönch hatte eine andere Erscheinung. Er kniete während des Kanons der Messe vor dem Altar an der Stelle, wo man die heilige Kommunion empfängt, Die selige Jungfrau Maria saß mit ihrem Kind auf dem Altar. Dieses eilte schnell zum Mönche hin. Da folgte die Mutter dem Knäblein, als fürchtete sie, es könne fallen. Sie ergriff das nackte Kind unter den Achseln und reichte es dem Mönch so oft zum Kusse dar, wie dieser das »Ave Maria« betete... "

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Aus dem Dominikanerinnenkloster Weiler bei Eßlingen berichtet eine Viten- sammlung aus der Mitte des 14. Jahrhunderts:

Eine selige Schwester hatten wir, die hieß Schwester Wila... Einmal ging sie nachts im Schlafsaale irre, weil die Lichter ausgelöscht waren. Da kam unser Herr Jesus Christus als ein allerwonnigstes Kind, und über seinem Haupte war der allerschönste Stern, der ihr bis zu ihrem Bette leuchtete. Dann ging das Kindlein unter ihrem Mantel in ihre Arme, saß auf ihrem Schoß, und sie hatten große Freude miteinander. ")

Zu einer verstärkten Beachtung und Betrachtung der Lebensgeschichte Marias und der Kindheitsgeschichte Jesu trug die franziskanische Frömmigkeit in beson- derem Maße bei. Gestützt auf die Heilige Schrift, auf Apokryphen und Legenden haben sich die um 1300 entstandenen Medctatrones de vita Christi (Betrachtungen über das Leben Christi) eines franziskanischen Anonymus zum Ziel gesetzt, das Leben des Erlösers einem Leser oder einer Leserin so zu vergegenwärtigen, als seien er oder sie mit eigenen Augen und Ohren dabeigewesen r9l Die detailreichen Texte der Meditationen werden in einigen der zahlreichen Handschriften mit den entsprechenden Illustrationen versehen, die in gleicher Weise zum Leser sprechen sollten wie die Texte. 2° So finden sich im Zusammenhang der Geburtsszene etwa die folgenden, sonst nirgends überlieferten Einzelheiten-

-. Seine Mutter konnte sich nicht zurückhalten; sie beugte sich nieder und hob das Kind auf, umarmte es zärtlich, legte es, vorn Heiligen Geist angeleitet, in ihren Schoß und wusch es mit ihrer Milch ab. Danach wickelte sie es in den Schleier von ihrem Haupt

- in diesem Zusammenhang ist an die Anmerkungen zum offenen Haar der Jung- frau zu erinnern -

legte es in die Krippe- Dann kniete die Mutter nieder, um (den Gottessohn) anzubeten... So verharrte die Herrin der Welt, den Blick unverwandt auf die Krippe gerichtet und versunken in die Betrachtung ihres innig geliebten Kindes ... 21)

Waren der Leser - und mehr noch die Leserin - bislang lediglich Zuschauer, so werden sie in der Folge zur handelnden Teilnahme am Heilsgeschehen nach- drücklich aufgefordert:

Auch du, die du so lange gezögert hast, knie nieder und bete zu deinem Herrgott und auch zu seiner Mutter Küsse die wunderbaren Füßchen des Jesusknaben in seiner Krippe und bitte seine Mutter darum, ihn selbst für eine Weile halten zu dürfen. Nimm ihn auf und halte ihn in deinen Armen. Betrachte sein Gesicht mit Hingabe, küsse ihn ehr- fÜrchtig und freue dich an seinem Anblick... In seiner Güte wird er deine Berührung geduldig ertragen, wenn du es von Hetzen wünscht... Danach gib ihn seiner Mutter zurück und sieh ihr aufmerksam zu, wie sie sich behutsam und eifrig um ihn sorgt, ihn stillt und ihm alle nötigen Dienste erweist; und halte dich bereit, ihr dabei möglichst zur Hand zu gehen. An all diesen Vorgingen sollst du deine Freude haben und stetig daran denken..? )

Der unbekannte Verfasser dieser häufig dem heiligen Bonaventura zugeschriebe- nen -Betrachtungen« hat sein Werk einer Klarissin zugeeignet. Gleichwohl wird man in solchen Textpassagen nicht die unmittelbare Vorlage von Kunstwerken sehen oder suchen dürfen; aussagekräftig sind sie darin, daß aus ihnen der gleiche

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franziskanische Geist und ein ähnlich geartetes mystisches Empfinden spricht wie aus einer Reihe von gleichzeitigen Werken der Kunst.

Zu Weihnachten des Jahres 1223 hatte der heilige Franz von Assisi erstmals eine Krippe im Wald von Greccio aufstellen lassen; in der Folge förderte sein Orden die Krippenfeier in besonderem Maße. Das Motiv wurde in der Malerei

wie in den Mysterienspielen des 14. Jahrhunderts aufgenommen und verstärkte sich unter dem Einfluß der Mystik zur anbetenden Betrachtung des Jesuskindes und der Gottesmutter. ') Fromme Frauen des Spätmittelalters begnügten sich nicht mit der Lektüre mystischer Texte, sondern wünschten sich so sehr in der Nachfolge der Mutter Gottes zu sehen, daß sie die Sorge um das Jesuskind in

einer durchaus realistischen Weise ausüben wollten. Wir hören davon, daß in Nonnenklöstern vor allem in der Weihnachtszeit hölzerne Christkinder in Krip- pen oder in Wiegen gelegt und als eine Art sakrales Spielzeug angesehen wur- den 2'> Solche Jesusknaben, zumeist dargestellt als etwa einjähriges nacktes Knäb- lein, sind bis in den Beginn des 16. Jahrhunderts in der Druckgraphik und in der Plastik überliefert und auch vielfach erhalten geblieben 2) Wohlbekannt ist das Christkind von Santa Maria d' Aracoeli in Rom, das in seiner ursprünglichen Form wohl mit der Feier des Weihnachtswunders von Greccio in Verbindung zu bringen ist 26)

Das fromme Spiel mit dem heiligen Kind, die andächtige Versenkung in das Heilsgeschehen, verlangte geradezu nach Komplettierung. in Gestalt einer Wiege, in die das Kind gelegt, gewiegt und ihm Schlummerlieder gesungen werden konn- ten. Folglich wurde der Dominikanerin und Mystikerin Margarethe Ebner am Tag nach Weihnachten des Jahres 1344 nicht nur ein hölzernes Christkind aus Wien in das Kloster Medingen bei Donauwörth geschickt, sondern auch ein Bettehen oder eine Wiege? )

Auch aus Köln ist eine solche Christkindwiege erhalten (Abb. 6)2r) Sie ist

gleichfalls um 1340/50 entstanden; spätere Zutat sind lediglich die Ständer, in die diese sehr kleine Wiege mit den Maßen: 22 cm Höhe, 20 cm Breite und 13 cm Tiefe heute eingehängt ist. Ihre Winzigkeit stellt klar, daß die Kölner Wiege zwar in der Form, nicht jedoch in ihrer Größe einer Kinderwiege der Zeit ent- spricht, wie sie vielfach bildlich überliefert sind oder sich in recht schmucklosen Originalen aus dem Spätmittelalter erhalten haben? )

Während die Schmalseiten des Wiegenkastens vergoldet und mit Darstellungen aus der Heilsgeschichte, der Anbetung der Könige und der Kreuzigung, ge- schmückt sind, zeigen sich die Längsseiten vielfach durchbrochen und weisen, einbeschrieben in Blendmaßwerk, insgesamt neun Frauenköpfe auf. Sie werden sämtlich mit einer zeitüblichen Kopfbedeckung, dem sog. »Kruseler«, einem Kopf- tuch mit gekräuseltem Rand, zur Darstellung gebracht. Mit großer Wahrschein- lichkeit entstammt dieses kleine Andachtsmöbel einem der Kölner Frauenklöster und hatte möglicherweise ähnliche Funktion wie im Bericht der Margarethe Ebner ain minneklichez bilde, daz was ain Ihesus in ainer wiegen. Vergleichsweise unscheinbar - was nicht zuletzt ihrem weniger guten Erhaltungszustand anzula-

Der Wandel der Mutter-Kind-Darstellung

sten ist - ist eine um 1350-60 entstandene Madon- na (Abb. 7)30), die uns zur Reihe der spätmittelalterli- chen Kölner Mutter-Kind Darstellungen zurückführt. Ohne auf die Verletzungen näher einzugehen, die die Zeit der Figur zugefügt hat, soll uns das Motiv beschäfti- gen: Die Gottesmutter wird gezeigt, wie sie das Kind an ihrer Brust stillt. ') Eine Szene von derartiger Intimi- tät mag auf den ersten Blick, zumindest nördlich der Alpen, eher ungewöhnlich erscheinen 32) So ist der Hin- weis bedeutsam, daß eben dieses Bild der Maria lactans durch Jahrhunderte in litur- gischer Benutzung gestanden und hohe Verehrung gefun- den hat, wie für dieses

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Beispiel durch die Reliquien- Abb. 6: Christkindwkege, Köln, um 1340/50 Öffnung sowie eine Vielzahl von Befestigungsspuren für Schmuck und Bekleidung bezeugt wird. Möglicherweise haben wir hier die Kopie eines vor allem im Eifel- gebiet verehrten Gnadenbildes vor uns, das das Motiv der stillenden mit dem der jungfräulichen Madonna, für die die Lilienvase als Zeichen der unbefleckten Empfängnis steht, verbindet. Ihrer Funktion nach ist die Kölner Maria lactans demnach eine Mischung aus Kult- und Andachtsbild.

Das Thema erscheint auch in der Kölner Malerei des ausgehenden 14. und des beginnenden 15. Jahrhunderts mehrfach. Dies muß angesichts der Tatsache er- staunen, daß der communis opinio der Sozialhistoriker der Familie im Mittelalter zufolge bei Müttern die Tendenz vorherrschte, ihr Kind nicht selbst zu stillen, sondern Ammen anzuvertrauen. Könnte man also diese Art von Darstellung als Aufforderung und Mahnung an die Mütter verstehen, ihre Säuglinge wiederum selbst zu nähren? Eine solche Interpretation erscheint denkbar, auch wenn sich die in romanischen Ländern gewonnenen Ergebnisse nicht ohne weiteres auf die Verhältnisse rechts des Rheins anwenden lassen, da entsprechende Quellen- zeugnisse hier weitgehend fehlen. Allenfalls kann eine solche Annahme - von medizinischen Gründen einmal abgesehen - für die höheren Schichten der Gesell- schaft, den Adel und die städtischen Oberschichten, zutreffen. Und auch hier

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wird immer wieder auf das Selbststillen der Mütter als Faktum hingewiesen 33) Wenn, wie am Kölner Bei- spiel oder bei einer ungefähr gleichzeitigen Skulptur aus Mariazell in der Steier- mark, 3') die den Heiland

stillende Muttergottes vor- bildhaft dargestellt wird, korrespondiert dies mit Aussagen der spätmittel- alterlichen Predigtliteratur. So fragte Albertus Magnus in seiner Homilie über Lukas 11,27: »Warum hast du also den Knaben selbst gestillt, o Herrin der Welt? Jeder Königin dieser Welt genügt es, den vom König

empfangenen Sohn auszutra- gen und zu gebären; un- mittelbar nach der Geburt wird er der Mutter genom-

Abb. 7: Maria lactans, Köln, um 1350/60 men und der Amme überge- ben, weil es als zu mühsam und als unschicklich gilt, daß eine Königin ihren Sohn selbst stillt... Warum solltest du dich so erniedrigen, den Sohn, den du geboren hast, zu stillen? « Und er läßt Maria antworten: »Du sollst nicht denken, daß ich meinen Sohn jemals jemandem anderen übergeben werde... Er wird an meiner Brust liegen, ich werde ihm in die Augen schauen, ich werde ihn in die Arme nehmen, ich werde ihn mit jungfräulichen Lippen küssen... «")

Die Pflege und das Stillen des Säuglings wird auch in den Meditationes de vita Christi, deren Adressatenkreis ja von eigener Mutterschaft ausgeschlossen war, eindrücklich und ausführlich beschrieben:

Mit welchem Glücksempfinden, mit welcher Sorgfalt und mütterlicher Klugheit umarmte, küßte und herzte sie ihn und erfreute sie sich an ihrem Sohn! Wie oft und mild betrachte- te sie sein Antlitz und alle Teile seines allerheiligsten Körpers. Wie sorgfältig und tüchtig achtete sie beim Wickeln auf die richtige Lage seiner zarten Glieder... Wie bereitwillig nährte sie ihn, wobei sie eine große und unbekannte Süßigkeit beim Stillen dieses Kindes fühlte, wie es so von keiner anderen Frau empfunden werden kann.. '")

Einen Säugling, der nach den Anweisungen und Überzeugungen zeitgenössischer Theorien, wie wir sie in den Meditationen lesen können, in ein kokonartiges Win- delpaket verschnürt ist, finden wir in der Kunst eher selten") Gründe hierfür

Der Wandel der Mutter-Kind-Darstellung

mögen im Festhalten an einem seit den Sedes sapien- tiae-Darstellungen festgeleg- ten Bildtypus liegen, aber auch daran, daß so das Insbildsetzen einer engeren Mutter-Kind-Beziehung na- hezu unmöglich wäre. Den Schluß unserer Betrachtung bildet eine kleine, nur 33 cm hohe Mutter-Kind-Grup- pe, die Muttergottes »in der Sonne« vom Ende des 14. Jahrhunderts (Abb. 8) m Sie zeigt eine jugendliche Got- tesmutter mit offenem Lockenhaar in der Art der Madonna dell' Umiltä, die in ihren Armen das pausbäcki- ge und bei allen individuel- len Zügen eigentümlich ver- unklart wirkende Kind wiegt. Beide sind einander zugewandt, die Rechte des Knaben ist mit erhobenem Abb. 8: Muttergottes . in der Sonne, Köln, um 1390

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Zeigefinger der Mutter entgegengestreckt. Die intime kleinformatige Darstellung können wir uns gut als zur privaten Andacht und Versenkung in das vertraute Beisammensein von Mutter und Kind bestimmt denken. Ins Auge fällt die weitge- hende Nacktheit des Knaben; nur die untere Körperhälfte ist locker in ein Tuch gehüllt. Diese Tatsache ruft ins Gedächtnis zurück, daß das Jesuskind selbst beim Gestilltwerden nicht als Neugeborenes, sondern in den meisten Fällen als ein etwa einjähriges Kind erscheint. Hier nun sehen wir - und nicht zum ersten Mal, wenn wir die Reihe der Kölner Bildwerke des Spätmittelalters zurückdenken - ein Kleinkind von etwa zwei Jahren vor uns. Unter dem gebauschten Rock der Madonna wird der goldene Strahlenkranz der Sonne sichtbar; Zeichen der himmlischen Verklärung. Diese Bildvorstellung hat ihre Wurzeln in der Vision der »Ara Coeli« in der Legenda arrrea des Jacobus de Voragine. Dort wird unter Berufung auf Papst Innozenz III. von einer Weisagung der Sibylle auf Veranlas- sung des Kaisers Augustus berichtet, wonach ihr ein goldener Kreis oder Strah- lenkranz um die Sonne erschien >und mitten in dem Kreis die allerschönste Jung- frau, die stand über einem Altar und hielt ein Kind auf ihrem Schoß«; der Ort dieser Weissagung hieß danach Sancta Maria Ara Coe1i 39) Zusammen mit Apok. 12,12; »Und es erschien ein großes Zeichen am Himmel: eine Frau mit der Sonne

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bekleidet« wurde die Prophezeiung mit Maria gleichgesetzt und als Typus zur Geburt Christ im 15. Jahrhundert etwa in den Tres riches his des Duc de Berry und den Illustrationen des Speculum humane salvationis aufgenommen.

Die Kölner Skulptur des späteren Mittelalters, so können wir zusammenfassen, hat sich als geeignet erwiesen, den Wandel und eine Entwicklung der Mutter- Kind-Darstellungen nachzuzeichnen. Kennzeichnende Merkmale waren ein zuneh- mender Realismus, eine verstärkte Herausarbeitung der kindlichen Individualität und die verstärkte »Zu-Wendung« zwischen Mutter und Kind.

Diese Skizze sollte nicht als ein Versuch mißverstanden werden, aus dem Er- scheinungsbild spätmittelalterlicher religiöser Kunstwerke Schlüsse auf eine wie immer geartete gesellschaftliche Realität zu ziehen; vermutet werden können allenfalls Parallelen und Verbindungen zwischen beiden. In erster Linie waren - ungeachtet des in diesem Zeitraum sich abzeichnenden Wandels vom Kult- zum Andachtsbild") - diese Bildwerke der Gottesmutter mit ihrem göttlichen Kind von religiösem Charakter, nichts macht dies deutlicher als die auf der Rück- seite all dieser Skulpturen angebrachten und zur Aufnahme von Reliquien be- stimmten sepulcra. Dank ihrer Nähe insbesondere zur französischen Plastik nimmt die Bildhauerkunst des Kölner Raumes eine Vorreiterrolle für die deutsche Kunst des späteren Mittelalters ein. Die Entwicklung wurde für den uns inter- essierenden Fragenkreis insbesondere durch das kleinformatige Andachtsbild vorangetrieben; in diesem Zusammenhang kommt den Frauenorden der Mendi- kanten und ihrer Literatur eine herausragende Bedeutung zu.

An mehreren Beispielen wurde aber auch deutlich, daß die Darstellung von Müttern und Kindern in der bildenden Kunst im sozialgeschichtlichen Kontext keineswegs in jedem Fall als realistisch einzuschätzen ist; erinnert sei etwa an Kleidung und Haartracht, die Tatsache der Nacktheit des Kindes, die Frage des Stillens und die Diskrepanz zwischen anzunehmendem und dem realem Alter des dargestellten Kindes. ")

Schließlich erscheint dringend geboten, die hier für die rheinische Kunst des Spätmittelalters vorgestellten Beobachtungen im Vergleich mit anderen Kunstland- schaften - wie Frankreich, Böhmen oder Mittelitalien - weiter abzusichern.

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Anmerkungen

1. Schnütgen-Museum. Die Holzskulpturen des Mittelalters (1000-1400), bearbeitet von Ulrike Bergmann, Köln 1989.

2. Bergmann, Holzskulpturen (wie Anm. 1), Nr. 14, S. 153ff. Ornamenta Ecclesiae (zit. Anm. 4), F 5, S. 379ff.

3. Über »Arier und die Folgen« vgl. Klaus Arnold, Kind und Gesellschaft in Mittelalter und Renaissance. Beiträge und Texte zur Geschichte der Kindheit, Paderborn 1980, S. 10f ., 59ff.

4. Ornamenta ecclesiae. Kunst und Künstler der Romanik in Köln. Katalog zur Aus- stellung des Schnütgen-Museums in der Josef-Haubrich-Kunsthalle, Köln 1985, Band 2, hrsg. von Anton Legner, S. 375ff.: F2 (Siegburger Madonna), F3 (Hovener Ma- donna). Katalog der Ausstellung Rhein und Maas. Kunst und Kultur 800-1400. Köln 1972, Nr. J 31, S. 300f. (Siegburger Madonna), Nr. J 33, S. 302 (Hoverer Madonna). Katalog der Ausstellung. Die Zeit der Staufer. Geschichte - Kunst - Kultur, Stutt- gart 1977, Bd. 1, Nr. 469, S. 351ff. mit Abb. 272 (Rainer Hausherr, Siegburger Ma- donna). - Verwandte Werke sind die thronende Muttergottes mit Kind aus Schil- lingskapellen (um 1170) im Frankfurter Liebieghaus (I. N. 1057, vgl. Liebieghaus - Museum alter Plunk. Führer durch die Sammlungen. Bildwerke des Mittelalters I, von Herbert Beck, Frankfurt am Main 1980, AT 37, S. 56f£) und die thronende Madonna mit drei Engeln und den Heiliger drei Königen der Pfarrkirche St. Pan- kratius in Oberpleis (Köln, um 1160-1170: vgl. Monumenta Annonis. Köln und Siegburg. Weltbild und Kunst im hohen Mittelalter. Eine Ausstellung des Schnüt- gen-Museums der Stadt Köln in der Cäcilienkirche vom 30. April bis zum 27. Juli 1975, Köln 1975, F 5, S. 221ff.; ebd. S. 216 if. über die Siegburger Madonna).

5. Ilene H. Forsyth, The Throne of Wisdom: Wood Sculpture of the Madonna in Ro- manesque France, Princeton 1972; dies., Children in Early Medieval Art: Ninth through Twelfth Centuries, in: History of Childhood Quarterly 4 (1976/77), S. 31-70.

6. Bergmann, Holzskulpturen (wie Anm. 1), Nr. 15, S. 157ff. Ornamenta Ecclesiae (wie Anm. 4), F 7, S. 382f.

7. Anstelle mittelalterlicher Kleiderordnungen und moderner kostümgeschichtlicher Studien mag hier der Bericht über das Leben der heiligen Schwestern zu Weiler (gedr. Bühler, Klosterleben, wie unten Anm. 17, S. 499) stehen: >Wir hatten eine heilige Schwester, die hieß Schwester Heiltraut von Bernhausen. Ihr begann unser Herr seine Gnade zu schenken, als sie noch in der Welt lebte, wo sie einem Mann gegeben ward, der ihr in den Gnaden und guten Werken viele Schwierigkeiten machte. Einstmals wollte sie zur Kirche gehen, da begegnete ihr eine arme Frau, die sie in unserer Frauen (d. h. Marias) Ehre um ein Almosen bat. Heiltrud hatte eben nichts zu geben, da zog sie ihren seidenen Schleier vom Haupte und gab ihn der Bettlerin. In diesem Augenblick kam ihr Mann des Weges und sah den Vorgang. Da erschrak sie sehr, weil sie seinen Zorn fürchtete. Als er aber nach Hause kam, da erschien ihm unsere Frau und hatte den Schleier, den Heiltrud verschenkt hatte, auf ihrem Haupte und sprach zum Manne: Hiermit hat mich deine ehrbare Hausfrau bedeckt. ««

S. Man denke an die flandrische Tafelmalerei der Spätgotik, etwa an die »Luc- ca-Madonna« des Jan van Eyck.

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9. Ernst Guldan, Eva und Maria. Eine Antithese als Bildmotiv, Graz/Köln 1966, bes. S. 112.

10. Bergmann, Holzskulpturen (wie Anm. 1), Nrn. 23 und 26, S. 174f., 178ff.

11. Für die italienische Malerei des 13. und 14. Jahrhunderts hat Dorothy C Shorr, The Christ Child in Devotional Images in Italy during the XIV' century, New York 1954, bes. S. 6ff., 38ff., 58ff., 116ff., 172ff. eine reiche Materialsammlung für die unterschiedlichen Bidtypen einer Interaktion zwischen Mutter und Kind vorgelegt.

12. Brinkmann, Holzskulpturen (wie Anm. 1) Nr. 32, S. 189ff.

13. Danielle Gaborit-Chopin, Elfenbeinkunst im Mittelalter, Berlin 1978, Kat. Nr. 141, Abb. 156, S. 135,205f.; dies., La Vierge ä l'Enfant d'ivoire de la Sainte-Chapelle, in: Bulletin Monumental 130 (1972), S. 213-224. Robert Suckale, Studien zu Stilbildung und Stilwandel der Madonnenstatuen der Ile-, de-France zwischen 1230 und 1300, München 1971, S. 109ff.

14. Bergmann, Holzskulpturen (wie Anm. 1), Nr. 46 und 56, S. 230ff., 253ff.; vgl. ebd. die thronende Muttergottes Nr. 59, S. 258ff. - Eng verwandt und etwa gleichzeitig entstanden ist die aus Altenberg bei Köln stammende Sitzmadonna des Bayerischen Nationalmuseums München Inv. Nr. L 81/57; vgl. die Abb. im Führer durch die Schausammlungen, 41. Ausgabe 1983, S. 20.

15. Bergmann, Holzskulpturen (wie Anm. 1), Nr. 78, S. 291ff.

16. Nachweise bei Bergmann, Holzskulpturen (wie Anm. 1), S. 293 und im Katalog Vor Stefan Lochner. Die Kölner Maler von 1300 bis 1430. Wallraf-Richartz-Museum Köln 29. März bis 7. Juli 1974, S. 62f. (Handschriften), S. 76ff. Nm. 10 und 11 (Kla- renaltar).

17. Johannes von Ellenbogen, Liber de vita venerabilium monachorum monasterii sui, gedr. B. Pez, Bibliotheca ascetica, Bd. VIII, 1725, S. 466-490; hier nach der Über- setzung von Johannes Bühler, Klosterleben im Mittelalter, hrsg. von Georg A. Narriß (insel taschenbuch 1135), Frankfurt am Main 1989, S. 298f. Zu Autor und Werk vgl. Volker Honemann in: Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon. 2., völlig neu bearb. Aufl., Bd. 4, Berlin 1983. Sp. 581ff.

18. Bühler, Klosterleben (wie Anm. 17), S. 498. - Zum Ganzen: Rosemarie Rode, Studien zu den mittelalterlichen Kind-Jesu-Visionen, Diss. phil. Frankfurt am Main 1957 (freundlicher Hinweis von Wolfgang Brückner/Würzburg), bes. S. 34ff.

19. Ausgabe von A. C. Peltier, Bonaventurae Opera omnia, vol. 3QI, Paris 1868, S. 509-630. Übersetzungen: Des Bruders Johannes de Caulibus Betrachtungen vom Leben Jesu Christi. I. Teil, verdeutscht von Vincenz Rock, Berlin 1928; Meditations on the Life of Christ. An Illustrated Manuscript of the Fourteenth Century, trans- lated by Isa Ragusa and Rosalie B. Green, Princeton 1961. - Zu Überlieferung und Rezeption des Werks Kurt Ruh in: Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfas- serlexikon. 2., völlig neu bearbeitete Aufl., Bd. 6, Berlin 1989, Sp. 282-290; dort Sp. 289 auch der Hinweis, daß für die im Vergleich zu den romanischen Ländern eher karge volkssprachliche Uberlieferung in Deutschland die Textkonkurrenz der Vita Christi Ludolfs von Sachsen verantwortlich sein dürfte.

20. Michael Thomas, Zur Rolle der 'Meditationen vitae Christi« innerhalb der 20en ur- opäischen Bild-Entwicklung der Giotto-Zeit, in: Miscellanea Codicologica F. Masai dicata, ed. P. Cockshaw, Al. C. Garaud, P. Jodogne, Bd. 2, Gent 1979, S. 319-330; ders., Der pädagogische Gedanke der }Meditationen vitae Christi« und ihre Anwen-

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dung der inneren Imagination, in: Paedagogica Historica 15,2 (1975), S. 426-456. Helene Bryda, Die »Meditationes vitae Christi« und ihr Verhältnis zur bildenden Kunst, phil. Diss. (maschr. ) Wien 1926, bes. S. 92-156.

21. Neu formuliert nach Ragusa/Green, Meditations (wie Anm. 19), S. 33ff.; Rock, Be- trachtungen (wie Anm. 19), S. 53f.

22. Ragusa/Gneen, Meditations (wie Anm. 19), S. 38f. Rock, Betrachtungen (wie Anm. 19), S. 57f.

23. Hanna Egger, Franziskanischer Geist in mittelalterlichen Bildvorstellungen. Versuch einer franziskanischen Ikonographie, in: 800 Jahre Franz von Assisi. Franziskanische Kunst und Kultur des Mittelalters. Krems-Stein, Minoritenkinche, 15. Mai-17. Okto- ber 1982, S. 471-505, bes. S. 499f. - Einen Überblick über die deutschsprachige Ma- rien- und Leben-Jesu-Dichtung bietet der entsprechende Abschnitt von Achim Masser in: Die Deutsche Literatur im späten Mittelalter. 1250-1370.2. Teil: Reimpaargedich- te, Drama, Prosa, hrsg. von Ingeborg Glier, München 1987 (Geschichte der Deut- schen Literatur, begründet von Helmut de Boor und Richard Newald, Bd. 3/2), S. 142-152; dens., Bibel, Apokryphen und Legenden. Geburt und Kindheit Jesu in der

religiösen Epik des deutschen Mittelalters, Berlin 1969.

24. Egger, Franziskanischer Geist (wie Anm. 23), S. 503. Rode, Kindheit-Jesu-Visionen (zit. Anm. 18), bes. S. 72ff. Elisabeth Vavra, Bildmotiv und Frauenmystik - Funk- tion und Rezeption, in: Frauenmystik im Mittelalter, hrsg. von Peter Dinzelbzcher und Dieter R. Bauer, Ostfiildern 1985, S. 201-230.

25. Vgl. Hanna Egger, Graphik und Inkunabeln. Franziskanische Bildthemen in Inku- nabeln und Einblattholzschnitten, in: 800 Jahre Franz von Assisi (zit. Anm. 23), S. 650-665, bes. S. 660f. Lothar Schultes, Franziskanische Plastik, ebd., S. 666-686.

26. Ursula Schlegel, The Christchild as Devotional Image in Medieval Italian Sculpture, in: Art Bulletin 52 (1970), S. 1-10. Vgl. Rainer Hausherr, (Artikel) Jesuskind, in: Lexikon der christlichen Ikonographie, Bd. 2, Freiburg 1970, Sp. 400-406. Hans Wentzel, (Artikel) Christkind, in: Reallexikon zur deutschen Kunstgeschichte 3 (1954), Sp. 590ff. - Als »schönstes deutsches Christkind der Zeit um 1500« hat Wentzel den Christusknaben im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe bezeichnet: Inv. Nr. 1953.35, Abb. in: Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg. Handbuch, München 1980, Nr. 133, S. 72.

27. An sant Stephans tag (26. Dezember) gab mir min herre ain minneklich gaube minen begirden, daz mir wart gesendet von Wene ain minneklichez bilde, daz was ain Ihesus in ainer wiegen, und dem dienten vier guldin enge!. Und von dem kinde wart mir aines nahtez geben, daz ich ez sach in der wiegen spilen mit fröden und fuor vast mit im selber. Do sprach ich zuo ime:

zwar umb bist du nit zühtig und last mich nit schlaf. fen? Nu ban ich dich doch wol geleý` Do sprach daz kint: Ich wil dich nit Lan schlaf- fen, du muost mich zuo dir nemen. ` Azo nam ich ez mit begirden und mit fröden uz der wiegen und stalle ez uf min schosse. do was ez ain liplich kint. Do sprach ich: Küs. se mich, so wil ich Jazzen vorn, daz du mich geunruowet hast. ̀ Do fiel ez umb mich mit sirren armen und Kiels mich und küsset mich. Rode, Kind-Jesu-Visionen (wie Anm. 18). S. 74.

28. Bergmann, Holzskulpturen (wie Anm. 1), Nr. 82, S. 301ff.

29. Reiches Material bei Friedrich von Zglinicki, Die Wiege, Regensburg 1979

30. Brinkmann, Holzskulpturen (wie Anm. 1), Nr. 96, S. 330f.

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31. Das Motiv der »Maria lactans« scheint häufiger in der Malerei als in der Skulptur zur Darstellung gekommen zu sein: um 1400 etwa auf einem Kölner Flügelaltärchen (Vor Stefan Lochner [wie Anm. 16] Kat. Nr. 40, S. 102 mit Farbtafel S. 173); zu Beginn des 15. Jahrhunderts bei Conrad von Soest (Horst Appuhn, Maria mater misericordiae, ein kleines Andachtsbild der Maria lactans aus der Werkstatt des Conrad von Soest, in: Die Gottesmutter. Marienbild in Rheinland und Westfalen 1, hrsg. von L Klippers, Recklinghausen 1974, S. 215-226; dens. in: Die Parler und der Schöne Stil 1350-1400. Europäische Kunst unter den Luxemburgern. Ein Handbuch zur Ausstellung des Schnütgen-Museums in der Kunsthalle Köln, Band 1, Köln 1978, S. 225f. ); um 1430 als Madonna dell'Umiltä des Maestro del Bambino Vispo (800 Jahre Franz von Assisi [wie Anm. 23], S. 611 mit Farbtafel 20). - Am Anfang der Entwicklung steht für die bildende Kunst die »Vierge de Dom Rupert« (Lüttich, um 1149-1158): Katalog Rhein und Maas (wie Anm. 4), S. 281f. mit Abb.; weitere Bei- spiele: 800 Jahre Franz von Assisi (wie Anm. 23), S. 678f. mit Abb. 115 sowie die um 1380 zu datierende »Maria lactans« von Mariazell in der Steiermark (vgl, unten Anm. 34). - Vgl. auch Paul Eich, Die Maria Lactans, Frankfurt am Main 1953. Franz J. Ronig, Zum theologischen Gehalt des Bildes der stillenden Gottesmutter, in. Die Gottesmutter, hrsg. von Leonhard Köppers, Recklinghausen 1974,1, S. 197ff.

32. Ungewöhnlich mag auch das Ergebnis von Margaret R. Miles, The virgin's one bare breast: Female nudity and religious meaning in Tuscan early Renaissance culture, in: The Female Body in Western Culture. Contemporary perspectives, ed. by Susan Rubin Suleiman, Cambridge, Mass. 1986, S. 193-28, S. 207 erscheinen: Images of the Virgin with one blare breast both formulate and attempt to control one of the most awesome powers of women, the power to nourish.

33. Arnold, Kind und Gesellschaft (wie Anm. 3), S. 57 f. und Register s. v. Ammen.

34. Heute im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg. vgl. den Tätigkeitsbericht des Museums 1987, S. 62 und den Katalog Die Parler (wie Anm. 31), S. 428 sowie ebd. Resultatband, Köln 1980, T. 130.

35. Paulus Maria von Loe, Hrs .,

Alberts des Großen Homilie zu Luc. 11,27, Bonn 1961, S. 10f.; auch bei Arnold, Kind und Gesellschaft (wie Anm. 3), S. 120.

36. Ragusa/Green, Meditations (wie Anm. 19), S. 54f. Rock, Betrachtungen (wie Anm. 19), S. 69f. (mit Auslassungen).

37. Eine eher seltene Ausnahme bildet Mantegnas Darstellung im Tempel von etwa 1465 in Berlin: Abb. Tav. VIII und IX in. L'opera completa del Mantegna. Presen- tazione di Maria Bellonci, apparati critici e fililogici di Niny Garavagla, Mailand 1967 (Classici dell'arte 8).

38. Bergmann, Holzskulpturen (wie Anm. 1), Nr. 111, S. 358ff. - Mit der »Madonna in der Sonnen in engem Zusammenhang zu sehen sind die Kölner Friesentormadonna (ebd. Nr. 108, S. 349ff. ) und die um 1390 entstandene Kölner Madonna mit Kind der Sammlung Thyssen-Bornemisza in Lugano (Die Parler, wie Anm. 31, Bd. 1, S. 173, Resultatband T. 66).

39. Die Legends aurea des Jacobus de Voragine, aus dem Lateinischen übersetzt von Richard Benz, Heidelberg 1°1984, S. 52.

40. Romano Guardini, Kultbild und Andachtsbild, Würzburg 1939.

41. Von vergleichbaren Ansätzen am Beispiel der Florentiner Kunst des 15. Jahrhun- derts geht aus: Ronald G. Kecks, Naturstudium und ikonographische Bildtradition. Madonna und Kind in der Kunst des Quattrocento, in: Die Kunst und das Studium

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der Natur vom 14. zum 16. Jahrhundert, hrsg. von Wolfram Prinz und Andenas Beyer, Weinheim 1987, S. 479-300 (freundlicher Hinweis von K Krüger/Rom). - dens., Madonna und Kind. Das häusliche Andachtsbild im Florenz des 15. Jahr- hunderts, Berlin 1988. Die Arbeit von Moshe Barash, Giotto and the Language of Gesture (Cambridge Studies in the History of Art), Cambridge 1987 war mir noch nicht zugänglich.

Bildnachweis:

Alle Kunstwerke befinden sich im Besitz des Kölner Schnütgen-Museums; die Abbil- dungsvorlagen sind entnommen aus: Schnütgen-Museum. Die Holzskulpturen des Mittel- alters (1000-1400), bearbeitet von Ulrike Bergmann, Köln 1989, Nm. 14,15,32,34,78, 82,96,111.