HEUKING KÜHN LÜER WOJTEK Wilhelm Moll Arbeitsrecht in der Insolvenz.

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HEUKING KÜHN LÜER WOJTEK

Wilhelm Moll

Arbeitsrecht in der Insolvenz

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Vorläufiger Insolvenzverwalter

Alternativen

1. § 21 Abs. 2 Nr. 1 InsO (Grundfall)

2. § 21 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 InsO (Zustimmungsrecht)

3. § 21 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 InsO i.V.m. § 22 Abs. 1 InsO („starker“)

4. § 21 Abs. 2 Nr. 1 InsO i.V.m. § 22 Abs. 2 InsO (BGH)

Bestimmung durch das Insolvenzgericht

Bindung des Arbeitsgerichts

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Freistellung durch Insolvenzverwalter Freistellungsrecht?

1. Insolvenzsituation?→ Argumentation:§ 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO§ 209 Abs. 2 Nr. 3 InsO→ Nein:§§ 55, 209 InsO setzen voraus, dass der Insolvenzverwalter die Tätigkeit in

Anspruch nimmt oder nicht. Sie sagen nichts über die Berechtigung einer

Freistellung.2. ArbR Grundsätze!3. § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG: Nein!4. § 99 Abs. 1 BetrVG: Nein!5 § 315 BGB!6. Möglichkeit einer einstweiligen Verfügung?

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Entgeltansprüche der Arbeitnehmer

3 Phasen

Entstehungszeitpunkte:

1. Vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens

2. Ab Einsetzung des vorläufigen Insolvenzverwalters

3. Ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens

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Entgeltansprüche der Arbeitnehmer3 Phasen

1. Entstehung vor EröffnungInsolvenzforderungen (§§ 38, 108 Abs. 2 InsO)

2. Entstehung im Eröffnungsverfahren

a) Masseverbindlichkeiten bei „starkem“ vorl. Verwalter (§ 55 Abs. 2 Satz 2 InsO Arbeitsleistung)

b) Insolvenzforderungen (§§ 38, 108 Abs. 2 InsO) in anderen Fällen

3. Entstehung ab Insolvenzeröffnung

a) Masseverbindlichkeiten (§§ 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO)

b) Differenzierung bei Masseunzulänglichkeit: Ansprüche nach erstem Kündigungs- termin (§ 209 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 209 Abs. 2 Nr. 2 InsO; Ansprüche aus tatsächlich geleisteter Arbeit (§ 209 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 209 Abs. 2 Nr. 3 InsO)

4. Abgrenzung bei Jahressonderzahlungen: Art und Charakter der Leistung!

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Abfindungsansprüche I

1.Abfindungsvergleich/Aufhebungsvereinbarung vor Insolvenz Beendigungstermin nach Insolvenz→ § 38 InsOBAG 06.12.1984 - 2 AZR 348/81BAG 12.06.2002 - 10 AZR 180/01

2.Sozialplan vor InsolvenzKündigung vor InsolvenzBeendigungstermin nach Insolvenz→ § 38 InsOBAG 27.10.1998 - 1 AZR 94/98

3.Abfindungsvereinbarung vor InsolvenzeröffnungKündigung nach Insolvenzeröffnung→ § 38 InsO→ BAG 25.02.1981 - 5 AZR 922/78

4.Sozialplan vor InsolvenzKündigung nach Insolvenz→ § 38 InsOBAG 31.07.2002 - 10 AZR 275/01

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1. Der Anspruch auf Abfindung, der auf einer Vereinbarung zwischen dem Schuldner und dem Arbeitnehmer beruht, ist nur als Insolvenzforderung anzusehen, auch wenn er erst nach Insolvenzeröffnung entsteht. BAG 27.09.2007 - 6 AZR 975/06

2. § 1a KSchG?

Es dürfte nicht auf das Entstehen durch Ablauf der Klagefrist oder Ablauf der Kündigungsfrist ankommen, sondern darauf, wann das Schreiben nach § 1a KSchG zugegangen ist, weil damit der Grund gelegt worden ist.

3. Aufhebungsvertrag oder Prozessvergleich nach Insolvenzeröffnung

→ § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO

BAG 12.06.2002 - 10 AZR 180/01

4. Nichtausübung der Widerrufsmöglichkeit nach § 124 Abs. 1 InsO ohne Bedeutung

5. Sonderfall: § 55 Abs. 2 InsO

Abfindungsansprüche II

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„Freigabe“

BAG 10.04.2008 - 6 AZR 368/07, DB 2008, S. 1866

Differenzierung:

1. Erwerbstätigkeit mit nicht der Pfändung (§ 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO) und damit nicht dem Beschlag (§§ 35, 36 InsO) unterliegenden Betriebsmitteln

Rechtsfolge:

Schuldner „wirtschaftet“ auf eigene Rechnung.

Ansprüche allein gegen Schuldner.

2. Echte Freigabevereinbarung

Möglichkeit der konstitutiven Freigabe

Rechtsfolge:

Schuldner hat Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis!

Abschluss von Arbeitsverträgen nicht zu Lasten der Masse.

Beibehaltung der zu Lasten der Masse bereits bestehenden Arbeitsverträge außer nach „§ 613a BGB“.

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Anfechtung

wegen

Entgeltzahlung vor Insolvenzeröffnung

Grundsatz: BAG 27.10.2004 – 10 AZR 123/04

Rechtsweg: BAG 27.02.2008 – 5 AZB 43/07

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Masseunzulänglichkeit

§ 209 Abs. 1 Nr. 2 InsO: Neumasseverbindlichkeiten

Gleichstellung: § 209 Abs. 2 InsO

Nr. 1: Erfüllungswahl nach Masseunzulänglichkeitsanzeige

Nr. 2: Ansprüche für die Zeit nach dem ersten möglichen Endtermin aufgrund Kündigung

Nr. 3: Inanspruchnahme der Arbeitsleistung

- Entgeltansprüche!

- Urlaub!

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Altersteilzeit

1. Kündigunga) Arbeitsphase: betriebsbedingt kündbarb) Freizeitphase: nicht betriebsbedingt kündbar

2. Anspruchsqualifizierung a) Arbeitsphase: Allgemeine Grundsätze

b) Freizeitphase: „Erdienen“! „Spiegelbildlichkeit“- Insolvenzforderung: soweit Arbeitsphase vor Insolvenzeröffnung liegt- Masseverbindlichkeit: soweit Arbeitsphase nach Insolvenzeröffnung liegt

3. Masseunzulänglichkeita) Arbeitsphase: Allgemeine Grundsätzeb) Freizeitphase: - § 209 Abs. 2 Nr. 3 InsO: Grundsatz ist Altmasseverbindlichkeit wegen Nichterbringung der Arbeitsleistung.

- § 209 Abs. 2 Nr. 2 InsO: Neumasseverbindlichkeit nach Ablauf des nächstmöglichen Kündigungstermins.

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Direktversicherung

Widerruflichkeit?

BAG 22.05.2007 - 3 AZR 334/06

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Betriebsbedingte Kündigung

1. Fehlen von Beschäftigungsmöglichkeitena) Wegfall der bisherigen Beschäftigungsmöglichkeit (Unternehmerische

Entscheidung)b) Fehlen anderer Beschäftigungsmöglichkeiten

aa) Vergleichbare Arbeitsplätzebb) Andere Arbeitsplätze mit geänderten Arbeitsbedingungencc) Keine Beförderungsstellen

c) Beweislast (§ 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG)2. Sozialauswahl

a) Vergleichbarkeitb) Auswahl nach sozialen Gesichtspunktenc) Betriebswichtige Arbeitnehmer (§ 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG)d) Darlegungslast im Anschluss an § 1 Abs. 3 Satz 1 Hs. 2 und Satz 3 KSchG

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Kündigung: Prozessuales

1. Klagegegner:

Vor Insolvenzeröffnung→ Schuldner→ „Starker“ vorläufiger Verwalter

Nach Insolvenzeröffnung→ Insolvenzverwalter

- es kommt auf den Zeitpunkt der Klageerhebung an, d.h. der Insolvenzverwalter ist nach Insolvenzeröffnung zu verklagen, auch wenn die Kündigung vor Insolvenzeröffnung erklärt ist -

2. Gerichtsstand: § 19a ZPO neben(!) § 29 ZPO

3. Klagefrist: § 4 KSchG

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Prozessuales: Unterbrechung

1. § 240 ZPO Unterbrechung

BAG 06.12.2006 - 5 AZR 844/06

Revisionsgrund bei gleichwohl ergehender Sachentscheidung (§ 574 Nr. 4 ZPO)

2. Auslandsinsolvenz: § 352 Abs. 1 InsO

BAG 27.02.2007 - 3 AZR 618/06

3. Fortbestand der Prozessvollmacht zur Geltendmachung der Unterbrechung

4. Aufnahme von Kündigungsschutzverfahren durch Arbeitnehmer (§ 86 Abs. 1 Nr. 3 InsO)

BAG 18.10.2006 - 2 AZR 563/05

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§ 113 Sätze 1 und 2 InsO

1. Dauerdienstverhältnis mit Kündigungsfrist länger als 3 MonateVerkürzung der Frist auf 3 Monate

2. Fristverträge ohne ordentliches Kündigungsrecht- Ermöglichung der ordentlichen Kündigung: Satz 1- Fristberechnung: Satz 2

3. Vereinbarte „Unkündbarkeit“(Kündigungserschwerung?)

- Ermöglichung der ordentlichen Kündigung: Satz 1- Fristberechnung: Satz 2

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§ 113 Sätze 1 und 2 InsO

Arbeitsverträge nach Insolvenzeröffnung?

LAG Berlin-Brandenburg 11.07.2007 - 23 Sa 450/07

Henkel, ZIP 2008, S. 1265 ff.

Wortlaut?Sinn und Zweck?

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Schadensersatz des AN(§ 113 Satz 3 InsO)

1. Schadensersatzverpflichteter:Insolvenzverwalter

2. Vorzeitige Beendigung des Dienstverhältnissesa) Verkürzung einer längeren Kündigungsfristb) Durchbrechung des Befristungszeitraumsc) Aufhebung der Unkündbarkeit

3. Verfrühungsschadena) Zukunftsbetrachtung sämtlicher Bezüge und Anwartschaftenb) Vorteilsanrechnungc) Mitverursachung (§ 254 Abs. 1 BGB)d) Schadensminderungspflicht (§ 254 Abs. 2 Satz 1 BGB)e) Hypothetischer Kausalverlauf; Reserveursachef) Grenze u.U. ordentliche Kündigungsfrist wegen der Möglichkeit der außerordentlichen betriebsbedingten Kündigung (auch) außerhalb der Insolvenz

4. Geltendmachung als Insolvenzgläubiger (§§ 174 ff. InsO)

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§ 113 Satz 3 InsO

Schadenersatzproblematik:

- Begrenzung auf die längste ordentliche Kündigungsfrist!

- Mitverschulden?

BAG 16.05.2007 - 8 AZR 772/06, AP Nr. 24 zu § 113 InsO mit Anm. Moll

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Änderungen von Arbeitsbedingungen

Entgelte und Nebenleistungen

- Arbeitsvertrag(1) Änderungsvereinbarung(2) Änderungskündigung(3) Widerruf(4) Befristung

- Betriebsvereinbarung(1) Ablösung(2) Kündigung

- Tarifvertrag

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Änderungen von Arbeitsbedingungen

Versorgungsregelungen

- Arbeitsvertrag- Betriebsvereinbarung

(1) Ablösung} 3-Stufen-Konzept

(2) Kündigung

- Tarifvertrag

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Ordentliche Kündigung einer Betriebsvereinbarung (§ 120 Abs. 1 InsO)

1. Betriebsvereinbarung i.S.v. § 120 Abs. 1 InsOa) erzwingbare und freiwilligeb) Gesamt- u. Konzernbetriebsvereinbarungenc) Regelungsabreden (eingeschränkt)

2. Belastung der Insolvenzmasse durch Leistungena) Zahlungspflichten des Arbeitgebersb) Organisationspflichten, soweit sie Leistungspflichten auslösen (strittig!)

Bsp.: Zuschläge wg. Arbeitszeitregelung

3. Aufforderung zu Verhandlungen keine Wirksamkeitsvoraussetzung4. Beiderseitige Höchstkündigungsfrist: 3 Monate5. Kündigungsgrund nicht erforderlich!

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Nachwirkung von Betriebsvereinbarungen(§ 77 Abs. 6 BetrVG)

1. Mitbestimmungspflichtige Betriebsvereinbarung Nachwirkung (+)bis:Zustandekommen einer neuen Betriebsvereinbarung

2. Teilmitbestimmte Betriebsvereinbarunga) ohne Nachwirkung bei Kündigung zur Einstellung der Leistungenb) mit Nachwirkung bei Kündigung zur Herabsetzung der Leistungen:

- geändertes Mittelvolumen - geänderter Verteilungsschlüssel

Hinweis: Die Parteien können die Wirkung des § 77 Abs. 6 BetrVG abbedingen!

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Auslöser des Beteiligungsverfahrens

1. § 111 Satz 1 BetrVGa) Unternehmen (!) mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmernb) „Betriebsänderung“c) Wesentliche Nachteile d) Gesamte Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft e) Planung

2. § 111 Satz 3 BetrVGa) Katalog Nr. 1-5b) Beispiele oder Enumeration?c) Fiktionswirkung

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Beteiligungsverfahren: Interessenausgleich

1. Der Betriebsrat ist rechtzeitig und umfassend über die geplante Betriebsänderung zu unterrichten (§ 111 Satz 1 BetrVG)

2. Mit dem Betriebsrat ist die geplante Betriebsänderung zu beraten (§ 111 Satz 1 BetrVG)3. Arbeitgeber/Insolvenzverwalter ist verpflichtet, den Versuch der Herbeiführung eines

Interessenausgleichs zu unternehmen (§ 112 Abs. 1 Satz 1 BetrVG)4. Vorstand der Bundesagentur für Arbeit (§ 112 Abs. 2 Satz 1 BetrVG)5. Anrufung der Einigungsstelle nach Scheitern der Beratungen/Verhandlungen außerhalb

der Einigungsstelle (§ 112 Abs. 2 Satz 2 BetrVG)6. Bestellungsverfahren: 2 Instanzen7. Einigungsstellen-Verhandlung § 112 Abs. 3 BetrVG

- Vorschläge (Satz 1)- Einigungsversuche (Satz 2)- Abschluß des Interessenausgleichs (Satz 3)

8. Betriebsrat oder Gesamtbetriebsrat

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Gerichtliche Zustimmung zur Betriebsänderung(§ 122 InsO)

I. Antragsvoraussetzungen1. Geplante Betriebsänderung i.S.v. § 111 BetrVG2. Rechtzeitige und umfassende Unterrichtung des Betriebsrats3. Kein Interessenausgleich innerhalb von drei Wochen nach Verhandlungsbeginn oder

schriftlicher Aufforderung zur Aufnahme der VerhandlungenII. Sachentscheidung (§ 122 Abs. 2 Satz 1 InsO):

- Erforderlichkeit der sofortigen Durchführung aufgrund der wirtschaftlichen Lage- Berücksichtigung sozialer Belange

III. Beschlußverfahren (§ 122 Abs. 2 Satz 2 Hs. 1 InsO)- Beteiligte (§ 122 Abs. 2 Satz 2 Hs. 2 InsO)- Beschleunigung des Verfahrens (§ 122 Abs. 2 Satz 3 InsO)- Verfahrungsgrundsätze (§§ 80 ff. ArbGG)- Rechtsmittel (§ 122 Abs. 3 InsO)- Einstweilige Verfügung

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Interessenausgleich und Kündigungsschutz(§ 125 InsO)

Voraussetzungen:

1. Planung einer Betriebsänderung i.S.v. § 111 BetrVG

2. Abschluß eines Interessenausgleichs mit Namenslistea) Schriftformerfordernisb) Namentliche Individualisierung der betroffenen Arbeitnehmerc) Beschreibung der durchzuführenden Betriebsänderungd) Angabe der Sozialauswahlerwägungen???

3. Kündigung in sachlichem und zeitlichem Zusammenhang mit Betriebsänderung

Problem: Möglichkeit einer Teil-Namensliste?

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Interessenausgleich und Kündigungsschutz(§ 125 InsO)

1. Vermutung der Betriebsbedingtheit der Kündigung (§ 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO: Rechts- und Tatsachenvermutung [§ 292 ZPO])a) Wegfall der bisherigen Beschäftigungsmöglichkeitb) Fehlen anderweitiger Beschäftigungsmöglichkeiten im Unternehmen

2. Modifizierung der Sozialauswahlprüfung (§ 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO)a) Beschränkung auf drei bestimmte Kriterien b) Überprüfung nur auf grobe Fehlerhaftigkeitc) Anerkennung einer ausgewogenen Personalstruktur als berechtigtes betriebliches Interessed) AGG: Altersdiskriminierung?

Hinweis: Kein Eintritt der Rechtswirkungen bei wesentlicher Änderung der Sachlage

Rechtsfolgen:

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§ 125 InsO / § 1 V KSchG / § 1 III KSchGAlter als Kriterium für Abwägung und Gruppenbildung - “Aufregung” durch ArbG OsnabrückAngemessenheit BAG 06.07.2006: Altersgruppenbildung/PunktetabelleBAG 19.06.2007: Altersgruppenbildung/PunktetabelleBAG 06.09.2007: Altersgruppenbildung/PunktetabelleBAG 06.11.2008: Altersgruppenbildung/Punktetabelle1. Diskriminierungsverbot gilt im Rahmen des KSchG2. Verbot der Altersdiskriminierung steht der Berücksichtigung des Lebensalters (§ 1 III 1 KSchG) und

einer Altersgruppenbildung (§ 1 III 2 KSchG) nicht entgegen.3. Punktetabelle auch mit Punkten für Lebensalter4. Altersgruppen

- bis 25- bis 35- bis 45- ab 55

5. Rechtfertigung i.S.v. § 10 Satz 1 AGGa) im Zusammenspiel mit anderen Kriterien findet keine Überbewertung des Lebensalters stattb) Altersgruppenbildung - Vermeidung einer Überalterung!

- Milderung der Bevorzugung!

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Beschlußverfahren zum Kündigungsschutz(§ 126 InsO)

1. Inhalt: Feststellung der Betriebsbedingtheit der Kündigung

2. Zulässigkeitsvoraussetzungen:a) Nichtzustandekommen eines Interessenausgleichs nach § 125 Abs. 1 Satz 1 InsOb) Rechtzeitige und umfassende Unterrichtung des Betriebsratsc) Verhandlungen über Interessenausgleich mit Namenliste oder Aufforderung zur

Aufnahme von Verhandlungend) Fristablauf

aa) Ohne Betriebsrat: sofort!bb) Sonst: 3 Wochen seit Verhandlungsbeginn/Aufforderung

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Rechtsfolgen § 126 InsO

1. Reduzierung der Sozialauswahlprüfung auf drei Kriterien (§ 126 Abs. 1 Satz 2 InsO)

2. Verfahrena) Beschlussverfahrenb) Beteiligte (§ 126 Abs. 2 Satz 1 Hs. 2 InsO): Insolvenzverwalter, Betriebsrat,

Arbeitnehmer (Betriebserwerber, § 128 Abs. 1 Satz 3 InsO)c) Verweis auf § 122 Abs. 2 Satz 3 und Abs. 3 InsO: Vorrangige Erledigung

nach § 61a Abs. 3 Satz 6 ArbGG und Rechtsbeschwerde an das BAG bei Zulassung. Frist: 1 Monatd) Keine Kostenerstattungsansprüche der Beteiligten (§ 126 Abs. 3 Satz 1 InsO, § 12a Abs. 1 Satz 1 und 2 ArbGG)

Aber: § 40 BetrVG!3. Bindungswirkung der Entscheidung für das Kündigungsschutzverfahren (§ 127 Abs.

1 InsO); strittig bei negativer Entscheidung)

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Betriebsübergang

Wahrung der Identität der wirtschaftlichen Einheit:Gesamtschau und Kriterien!

Entwicklung der EuGH-Rechtsprechung

„Christel Schmidt“ EuGH 14.04.1994 - Rs.C-392/92, Slg. I 1004, S. 1311.

„Ayse Süzen“ EuGH 11.03.1997 - Rs.C-13/95, Slg. I 1997, S. 1259.

„Abler“ EuGH 20.11.2003 - Rs.C-340/01, Slg. I 2003,S. 14023.

„Güney Görres“ EuGH 15.12.2005 - Rs.C-232/04, Slg. I 2005, S. 11237.

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§ 613a BGB

Gesamtabwägungs-Kriterien im Anschluß an „Ayse Süzen“

- Art des betreffenden Betriebs oder Unternehmens- Ähnlichkeit der Tätigkeit nach und vor dem Übergang- Arbeitsorganisation- Betriebsmethoden/Produktionsmethoden - Betriebsmittel (immaterielle/materielle) - Führungskräfte und Personal (Übernahme der Hauptbelegschaft)- Außenbeziehungen und Kundschaft- Unterbrechung der Betriebstätigkeit

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BetriebsübergangAnknüpfungspunkte und Fälle

Fortführung OrganisationseinheitGesamtwürdigung: Identitätswahrung!Kern des für die Wertschöpfung maßgeblichen Funktionszusammenhangs

Bsp.: Möbeleinzelhandel BAG 13.07.2006 - 8 AZR 331/05Einkaufs- u. Verkaufskonzept

Bsp.: Dachdeckerbetrieb BAG 26.07.2007 - 8 AZR 769/06Betriebsmittel nicht Kern! Gesamtumstände: Aufträge, Konzepte, Kunden, Marktstellung, Organisation, Personal, Trennung!

Bsp.: KH Service GmbH BAG 21.05.2008 - 8 AZR 481/07Personalgestellung an KH! Identitätswahrung durch Personal u. Tätigkeit!

Bsp.: Bewachungsauftrag BAG 25.09.2008 - 8 AZR 607/07Auftragsnachfolge ≠ Betriebsübergang!Kriterium Personalübernahme

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Haftungsbeschränkung bei Betriebsveräußerung in der Insolvenz

1. Betriebsveräußerung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens - Gestaltungsmöglichkeiten

2. 3 Phasen a) Ansprüche bis Verfahrenseröffnung: = Insolvenzforderungen (Versorgungsanwartschaften: Pensions-Sicherungs-Verein) b) Ansprüche zwischen Verfahrenseröffnung und Betriebsübergang = von der Masse zu tragen (str./unklar) c) Ansprüche ab Betriebsübergang: = vom Betriebserwerber zu tragen

Hinweis: Haftungsbegrenzung wird durch spätere Einstellung des Verfahrens nicht beseitigt!

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Betriebsübergang: Fortsetzungsanspruch/Wiedereinstellungsanspruch

1. Außerhalb Insolvenza) Grundsatz: Kündigungsfristb) Anwendung bei betriebsmittelarmen Betrieben („Hauptbelegschaft“) auch bei

Betriebsübergang nach Kündigungsfristc) Offen, ob dies auch bei Betrieben gilt, die nicht betriebsmittelarm sind

2. Innerhalb Insolvenz a) Anwendung in der Insolvenz jedenfalls nicht bei Betriebsübergang nach

Kündigungsfrist (3 Monate)b) Betriebsübergang am Folgetag und nach Ablauf der Kündigungsfrist ohne Relevanzc) Änderung oder Planung innerhalb der Kündigungsfrist ohne Relevanz - der

Betriebsübergang selbst muss stattfinden - d) das BAG hat offen gelassen, ob Fortsetzung/Wiedereinstellung beim Betriebsübergang innerhalb der Kündigungsfrist (3 Monate) in der Insolvenz

gewährt wird

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§ 613a BGB - Aufhebungsverträge

1. Grundsatz: Ja!Dem Arbeitnehmer darf nicht wahrheitswidrig eine Betriebsstilllegung vorgespiegelt werden.

2. Kein Scheingeschäft!3. Der Vertrag muss auf das Ausscheiden gerichtet sein und darf nicht nur auf eine

Beseitigung der Kontinuität der Arbeitsbedingungen abzielen.4. Keine Umgehung der Sozialauswahl???5. LEMGOER MODELL6. TRANSFERGESELLSCHAFT

(Dreiseitiger Vertrag)Differenzierung:- Fortsetzung- Nichtfortsetzung- „Risikogeschäft“

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§ 128 InsO

1. Betriebsänderung nach Betriebsübergang2. Maßnahmen zu Gunsten des Erwerbers vor Betriebsübergang

a) Interessenausgleich mit Namenlisteb) Beschlußverfahren

3. Beteiligtenstellung des Erwerbers (§ 128 Abs. 1 Satz 2 InsO) im Beschlussverfahren nach § 126 Abs. 1 InsO

4. Rechtswirkungen (§ 128 Abs. 1 Satz 1 InsO)a) Vermutungswirkung und Sozialauswahlprivilegierungb) Feststellungswirkung

5. Klarstellung für Abgrenzung gegenüber Kündigung wegen Betriebsübergangs(§ 128 Abs. 2 InsO)

Achtung: Rechtswirkung tritt nicht ein bei wesentlicher Änderung der Sachlage(§ 128 i.V.m. § 125 Abs. 1 Satz 2 InsO)(§ 128 i.V.m. § 127 Abs. 1 Satz 2 InsO)

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Situation nach Widerspruch

1. Kein Arbeitsverhältnisübergang

2. Keine „Rücknahme“ und kein „Widerruf“

3. Beschäftigungsanspruch/Freistellung

4. Annahmeverzugsentgelt/§ 615 Satz 2 BGB

5. Betriebsänderungsregeln (§§ 111 ff. BetrVG, § 122 InsO, § 123 InsO, Abfindungsausschluss)

6. Massenentlassungsregeln

7. Betriebsbedingte Kündigung (Sozialauswahl nach Widerspruch? §§ 125-127 InsO!)

8. Kündigungsfristenregelung (§ 113 InsO)

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Sozialplan in der Insolvenz§§ 123, 124 InsO

1. Aufstellung des Sozialplans früher als 3 Monate vor Eröffnungsantrag (§§ 123, 124 InsO): NeinOrdentliche Kündigung (§ 120 Abs. 1 Satz 2 InsO)Außerordentliche Kündigung (§ 120 Abs. 2 InsO)

2. Aufstellung des Sozialplans innerhalb von 3 Monaten vor Eröffnungsantrag bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens- Beidseitiges Widerrufsrecht (§ 124 Abs. 1 InsO)- Entfallen der Rechtswirkungen bei Widerruf (§ 124 Abs. 2 InsO)- Ausschluss der Rückforderung (§ 124 Abs. 3 Satz 1 InsO)- Anrechnung auf Obergrenze eines neuen Sozialpans (§ 124 Abs. 3 Satz 2 InsO)

3. Aufstellung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens- Absolute Obergrenze (§ 123 Abs. 1 InsO)- Relative Obergrenze (§ 123 Abs. 2 Satz 2 InsO)- Masseverbindlichkeit (§ 123 Abs. 2 Satz 1 InsO)- Vollstreckungsverbot (§ 123 Abs. 3 Satz 2 InsO)