Historische Tatsachen - Nr. 23 - Udo Walendy - Zigeuner Bewaeltigen Eine Halbe Million (1984, 40 S.,...

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Historische Tatsachen Nr. 23

- Wissenschaftliche Zeitschrift -

Dipl. Pol. Udo Walendy

Zigeuner bewältigen

IOn "Die Todesopfer der Zigeuner unter der national­sozialististischen Barbarei in Zahlen ausdrücken zu wollen, wird dem psychischen und physischen Leiden der Erm ordeten und Überlebenden nicht gerecht.

Dieses Heft ist vor Drucklegung juristisch dahingehend überprüft worden, daß weder Inhalt noch Aufmachung irgendwelche BAD-Strafgesetze verletzen oder sozial­ethische Verwirrung unter Jugend Iichen

auslösen_

Die meisten Autoren einigten sich auf eine halbe Million, wobei diese in keinster Weise durch Karteien, Listen oder Lagerbücher nachzuweisen ist."

Justus-Liebig-Universität Gießen, Fachbereich Gesellschafts­wissenschaften, Institut für Soziologie, Projekt Tsiganologie, 1978, von Bern hard Streck, S. 27

D•D•D•D•D•D•D•D•D•D•D•D•D•D•D•D•D•D•D•D•

Copyright

by

V er lag für Volkstum und Zeitgeschichtsforschung

D-4973 Vlotho/Weser Postfach 1643

1985

Konten des Verlages: Postscheck Essen 116162-433 Kreissparkasse H erford 250 00 2532

(BLZ: 494 501 20) Postscheck Wien: 7598.326

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Druck: Kölle Druck, D-4994 Pr. Oldendorf

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Ein neues Thema

soll fe stgesc h rieben werden:

"50 0.0 0 0 ermordete Zigeuner"

Würden sich nicht offizielle Behörden zwecks "Beein­

flussung der öffentlichen Meinung" und in offensichtlich

ebenso vorsätzlicher wie hemmungsloser Diskri­

rrumerung der "nationalsozialistischen Gewaltherr­

schaft" zum Schaden des deutschen Volkes auch für

Gegenwart und Zukunft für die Verfestigung der

Legende von der "Ermordung von 500.000 Zigeunern

während des Zweiten Weltkrieges" zum "offenkundigen

historischen Tatbestand" eingesetzt haben, so würde

man über solche Behauptungen kein Wort mehr ver­

lieren. Doch sie taten es in "amtlichen" Druckschriften und Schriftsätzen bzw. sie ließen zur Tarnung und "Absicherung" solche Druckschriften, finanziert mit offiziellen Geldern, von "unabhängigen" Instituten und politischen Bildungsstellen in die Öffentlichkeit lancie-

ren. Die "unabhängige" Welt-Presse machte den Assi­

stenten und verstand ihr Geschäft in unablässigen

Wiederholungen und abgewandelten Variationen. Als

Brennpunkt blieb angesteuert: 500.000 ermordete Zi­

geuner und eine weitere unbekannte Anzahl sterilisiert,

- durch die "NB-Gewaltherrscher".

Aus den genannten Gründen ist es für die historische

Forschung unerläßlich geworden, dieses Thema zu

analysieren, seinen Ursprüngen nachzugehen, die Beweis­

lage zu prüfen. Auch ist der Frage nachzugehen, welche

Kriterien dafür verantwortlich sind, daß derartige Be­

hauptungen sowohl in der Welt-Presse als auch amt­

licherseits bisher weder auf Widerstand gestoßen noch

überhaupt kritisiert oder detailliert untersucht worden

sind. Wie ist es schließlich möglich, daß derartige

Pauschalbehauptungen in ihrer unpräzisen Art und mit

absurden Globalzahlen aufdringlich propagiert werden?-

Man ist unverzüglich an Nahum Goldmann erinnert,

wie er seine Verhandlungen mit Dr. Konrad Adenauer

und dessen Ministern in der Nachkriegszeit schilderte.

Man lese z.B. den Abschnitt in seinem Buch "Das jüdische Paradox" mit der Oberschrift "Wie man mit

Geschichten erzählen Millionen verdient". 1) Nicht nur

1) Nahum Goldmann, "Das jüdische Paradox", Köln· Frankfurt/M 1978,

S. 172- 182

die Art seines Vorgehens hat offensichtlich Schule ge­macht. Nutznießer des allüerten Sieges von 1945 hatten zweifellos erkannt, daß die bundesrepublikanischen

Führungsstrategen von einer Geistesverfassung geprägt

sind, die es ihnen weder erlaubt, Greuelbehauptungen gegenüber den "Nazis" zu untersuchen, zu dementieren noch gar Unrechtshandlungen oder Morde an Deutschen

als solche zu bezeichnen oder womöglich hierfür Wieder­

gutmachung zu verlangen.

Nicht nur die Art, "wie man mit Geschichten er­

zählen Millionen verdient", ist eines historischen

Rückblickes wert, sondern auch, wie mit diesen "er­

zählten Geschichten" angebliche "historische Tatbe­

stände" festgeschrieben werden, ohne sie je untersucht

zu haben. So schrieb Nah um Goldmann (er war immer­hin 39 Jahre Präsident des Jüdischen Weltkongresses und verwaltete "als Diktator" Budgets von einer Größenordnung ganzer Staaten):

" ... nannte ich sofort die Vorbedingung für die eigentlichen

Verhandlungen: Die Bundesrepublik müsse die Forderung Israels

- eine Milliarde Dollar - nicht als zu erreichendes Ziel, sondern

als Ausgangspunkt akzeptieren . ....

Im allgemeinen habe ich nichts für große Worte übrig, aber die

Stunde, in der der Vertreter des jüdischen Volkes dem Regierungs­

chef der deutschen Nation gegenübersteht, die sechs Millionen

Juden ermordet hat, muß historisch genannt werden, und ich

möchte Ihnen auch erklären, weshalb. Ich bitte Sie nur darum,

mich zwanzig Minuten lang ohne Unterbrechung sprechen zu

lassen . ....

Adenauer sah mich an, bevor er antwortete:

'Herr Goldmann, ich hatte bisher nie das Vergnügen, Ihnen zu

begegnen . ....

Sie kennen mich nun seit einer halben Stunde ..... Adenauer:

'Gehen Sie bitte nach nebenan. Ich schicke Ihnen meine

Sekretärin: diktieren Sie ihr den Brief, und ich werde ihn

unterschreiben . ... Schicken Sie Herrn Barou heute nachmittag zu

mir; ich werde ihm den unterzeichneten Brief übergeben.'

Für den Fall, daß Journalisten Wind bekommen sollten,

wollten wir beide abstreiten, einander je begegnet zu sein . ....

Ich sage immer, daß ein Präsident ein Mann ist, der ein

Abkommen unterzeichnet, ohne dessen Inhalt zu kennen. Ich bin

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e ine Art Gro ß händler und habe keinerlei G e duld, die Paragraphen einz eln zu untersuchen. Schäffer 2) drängte j e do c h weit e r .

'Unser Experte Ro binson s c h ä t z t die Gesamt s u m m e a u f u nge­fä hr se c hs Milliarden Mark', sagte ich.

' Aber unse re Sac hverständige n sind auf acht M illiar de n ge­ko mmen, und das ist viel zu viel", ant wo rt e te e r .

In Wirkli chkeit zahlte Deutsc hland bis z u m heut ige n Tage sechzig Milliarden Mark , und die G e sa m ts u m m e wird sic h auf

ac htzig Milliarden belau fen . . . . . 3) Der Bundeskanz ler fragte mich, was ich dazu zu sagen hät t e .

Daraufhin erz ählte ich ihm folgende G e schic hte: ' Ein I sraeli fragt e inen anderen: 'Waru m hat Israel eine

Milliarde Do llar von den De utsc hen verlangt? Wieso weiß die Re gier ung, daß die Inte grat ion von 5 0 0 . 000 Flüchtli nge n genau

eine Milliarde ko stet? Tat säc hlich kost e t es vielle icht z e hn

Millionen we niger, vielle icht z wanzig Millionen m e hr . Warum also e ine Milliarde? '

Darauf ant wo rte t e der ande r e : 'In meine m Dorf gab e s eine n Le bens mitt c l händle r , der st ottert e . Eines Tage s ko mmt eine alte J üdin in sein Ge sc häft und fragte: Moshe, wiev!el kostet ein Kilo Karto ffeln? - Zwanzig Kopeken. - Und e in Viert e l B utt er? -Zwanz ig Ko peken. - A u f j e de Frage antwortet er: Zwanzig Ko peken. - Nach einer We ile wundert s ich die Alte: Wie ist e s denn möglic h, Mo she, daß a l l e s zwanzig Kopeken kostet? - U n d

M o s h e antworte t : 'We il sich das leichter sagt .' Adenauer läc helte , verstand aber nicht, worauf ich hinaus­

wo llte . 'St el len Sie sic h vo r , daß ich nac h se c h s monatigen Verhand­

lungen mit dreihunde rt fünfzig Mil lionen Do llar nach New York

zurückke hre', erklärte ich. 'Das re ißt ke inen vo m Stuhl . Fünf­hundert Millionen aber sind e ine glat te runde S u m m e , ge gen die nie mand e t was e inwenden wird. '

'Gut , dann e ben e ine halbe Mi lliarde', ent schied der Kanzler.

Und nun zur zweiten Epi sode des Kapit e l s 'Wie ver die nt man Geld, indem man Gesc hic hten erzählt'; sie sp ielte sich viele J ahre später ab, an einem Tag, an dem Israe l dringend zwanzig M il lio nen .\lark bcniitigc . .... " 1)

•••••••••••••••••••••••••

Zigeuner und J enisehe zu­sammen auf der Reise (um 19 2;))

I Hie rmann Arnold, "Die Zigeuner", Freiburg 19651

21 Bundesfinanzminister Fritz Schaffer

31 Auch diese Summe ist längst über­

schritten

41 Sefton Delmer, "Die Deutschen und

ich", Hamburg 1962, S. 632.

Wir verzichten auf die Wiedergabe we iterer solcher Belege , mit denen historische Sachverhalte festge­schrieben worden sind, we il einige Politiker in solcher Art Konversation einander "Geschichten erzählten " , wobe i s ie sich darin einig waren , die Öffentlichkeit bei Bedarf zu beschwindeln. D iese moralische Grund­haltung , die hier von Nahum Goldmann eingestanden wurde , k ann sich jedoch nicht nur darauf beschränken ,

eine persönliche Begegnung abzustreiten oder nicht, sondern bezieht sich naturgemäß auf den Gesamtinhalt

der Gespräche ebenso. Man denke auch an den briti­

schen Chef-Greuelpropagandisten von 1940 - 1946,

Sefton Delmer :

• 0 • 0

"Über unsere Methoden weiß die Öffentlichkeit nichts. Das muß so bleiben." 4)

• 0 • 0

• • O•O•O•O•O•O•O•D•D•D•D•D•D•D•O•D•D••D•D

Die Einblendung dieser P assagen über die Regelung der Wiedergutmachungsthematik gegenüber dem jüdi­schen Volk erscheint bei der Abhandlung des h ier zur Untersuchung anstehenden Komplexes sachgeboten. Denn augenfällige Parallelen zeichnen sich ab , zwar nicht w as die bundesrepublikanische Zahlungsfreudigkeit an­betrifft , doch was die Vorgeschichte und die Begleitum­

stände kennzeichnet. Man hat schließlich von den ande­ren gelernt - und diese anderen halfen ja auch das Zigeunerthema bearbeiten ! Dient diese Zusammen­arbeit doch dem gleichen Ziel : den "Verbrechens­kom plex Deutschland" so umfassend und einmalig wie nie zuvor etwas in der menschlichen Geschichte aus zuweiten und auszubauen.

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Der us-amerikanische Präsident Ronald Reagan hatte

sich am 11.8.1984 in e iner Sprechprobe, die jedoch

Eingang in alle Medien fand, zu dem nahezu unglaub­

lichen , gefährlichen und makabren Ausspruch hinreißen

lassen ( man stelle sich vor, Adolf Hitler wäre solches

nachzusagen ! ):

•••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••• • • • • • • ! "Ich freue mich, Ihnen mitteilen zu können, daß ich ! ! gerade ein Gesetz unterzeichnet habe, das Rußland für ! • • • vogelfrei erklärt. Das Bombardement beginnt in fünf • • • : Minuten." ! • • • • ••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••

Die hier zum Ausdruck gekommene Mentalität ent­hüllt dramatisch , was in Wirklichkeit seit dem Ersten Weltkrieg gegenüber dem deutschen Volk , bzw. den dieses Volk repräsentierenden Reichsregierungen unab­lässig praktiziert worden war: Sie sind für vogelfrei erklärt worden, und zwar von den Weltmächten der westlichen ebenso wie der östlichen Hemisphäre. Dies

schließt ein, daß selbst amtlich verbreitete Lügen jed­

weder Art zur Diskriminierung dieses - wie überhaupt

eines so lchen die Einheit eines deutschen politischen

Willens verk örpernden - Machtträgers legalisiert sind .

Sie gehören zur Tagesordnung der offiziellen Feindbild­

strategie und werden "wissenschaftlich perfektioniert"

dargereicht. Da infolge der bedingungslosen Kapitulation

Deutschlands der Weltpropaganda keinerlei Widerstand

mehr entgegengesetzt werden konnte , brauchten sich d ie

Besitzer der bzw. die Verfüger über d ie Medien keinerlei

Hemmungen mehr aufzuerlegen , diese nach wie vor für

"vogelfrei erklärten " Herrschaftsordnungen zu ver­

leumden , wie immer sie wo llen. Erklärte einst Sefton Delmer als Devise für sein Handeln: "Deckung, Dreck,

Deckung, Deckung, Dreck , Deckung, Dreck " 5) , so

brauchte man nach Beendigung des Krieges d ie Deckung

nicht mehr. Sollte j emand meinen, d as hier bezeichnete Schleudern vo n "Dreck " sei seit dem 8. Mai 1945 beendet , so möge der Beweis dafür geliefert werden. Niemand wird auch nur Ansätze für eine solche Um ­stellung der unmoralischen Kriegspropagandamaßstäbe in Friedensmaßstäbe, die auf Wahrheit und Ehrlichkeit verpflichtet wären , nachweisen können ! Man muß als Historiker diese Faktenlage so ungeschminkt sezieren , auch auf die unzähligen Fälschungen von Dokumenten verweisen, die in die offiziellen deutschen Akten einge­schmuggelt worden sind , will man überhaupt Zugang zu

faktengetreuen Geschichtsvorgängen finden.

Kein einziger Bundes- oder Landtagsabgeordneter hat

sich bislang - immerhin über 40 Jahre nach Kriegsende

- gegen die amtliche , offiziöse oder die in der "freien ,

unabhängigen " Presse und Publizistik sich nieder-

5) S. Delmer aaO. S. 497.

schlagende Verunglimpfung der deutschen Geschichte

zur Wehr gesetzt , ihre Methoden, ihre Lügen ange­

prangert und sich für eine objektive Geschichts­

schreibung in bezug auf die deutsche Vergangenheit

eingesetzt . Ein beschämendes Zeugnis für eine angeb­

lich deutsche " Souveränität " und einen "freien demo­kratischen Staat "! Das gilt für die BRD in gleicher Weise

wie für die "DDR " . Wobei das Urteil der Geschichte für

die "Demokraten in Bonn " noch sehr viel beschämender

ausfällt als für die "Volksvertreter " in Berlin-Pankow, da

sie ganz andere Möglichkeiten der Information und des

öffentlichen Auftretens haben. Quer durch die Parteien

scheint ein Politritual als offensichtlich existenznot­

wendig erkannt : nichts darf die internationalen Be­

ziehungen trüben, was so viel heißt, daß alles kritiklos auszuführen ist , was an Grundsatzsprachregelungen vom

Ausland vorgegeben wird, so mit auch an Propaganda­

richtlinien.

Und die internationalen Propagandamaschinen gegen

Deutschland arbeiten im Rotationsverfahren. Das Bei­

spiel " Volksmord an den Zigeunern" ist eines ihrer

Nebenthemen . So wird's gemacht :

Bis 27 Jahre nach Kriegsende 1945, also bis 197 2 , •••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••

gab es so gut wie keinerlei erbeutete deutsche Doku-•••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••

mente oder sonstige historische Nachweise von einem •••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••

"NS-Rassenmord " an Zigeunern . Auf einen solchen ••••••••••••••••••••••••••••••••

"N S-Rassenmord" abzielende vereinzelte Behauptungen

wurden sogar offiziell bestritten . Am 2 2 . Februar 1950

teilte z .B . das baden-württembergische Landesamt für

Wiedergutmachung m einem Runderlaß (E 19 -

202/1330 ) mit :

"Die Prüfung der Wiedergutmachungsberechtigung von

?igeunern und Zigeunermischlingen nach den Vorschriften des

Entschädigungsgesetzes habe zu dem E rgebnis geführt, daß der

genannte Personenkreis überwiegend nicht aus rassischen

Gründen, sondern wegen seiner asozialen und kriminellen Haltung

verfolgt und inhaftiert worden sei." 6)

Auch der Bundesgerichtshof entschied am 7 .1.1956 , daß die Deportationen von 2 .500 Zigeunern im Jahre 1940 als sicherheitspolizeiliche Maßnahmen und nieht als Rassenverfolgung anzusehen seien (AZ : IV ZR 211/55) . Auch das Oberlandesgericht München be­streitet am 1. März 1961 (AZ : 9 EU 475/59 ) den Charakter einer Rassenverfolgung bei kriegsbedingten Deportationen , u .a . mit der Begründung : 6)

"Sie lebten in offenen Lagern, verlassenen Judenvierteln oder auf dem Lande bei Bauern, meist recht primitiv, aber doch frei. Sie wurden verschiedentlich auch zur Arbeit in Rüstungs· werken oder auch zum Straßen- und Stellungsbau herangezogen

6) Rechtsprechung zum Wiedergutmachungsrecht, 12. Jg., Heft 7, Mün· chen, Juli 1961, S. 313

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und zwangsverpflichtet. Daß sie solche Arbeit unter Aufsicht · und unter einem gewissen Zwang verrichten mußten, lag in der Natur der Sache. Die Arbeit war aber aus diesem Grunde allein noch keine Zwangsarbeit unter haftähnlichen Bedingungen, da die Arbeitsverpflichteten außerhalb ihrer Arbeitszeit im allge­meinen in ihrer Freiheit nicht beschränkt waren. Im übrigen war die Behandlung der in Polen lebenden Zigeuner deutscher Her­kunft sicher unterschiedlich. Mißhandlungen sind zweifellos vor­gekommen, besonders wenn sich einzelne weniger arbeitsfähig oder arbeitswillig zeigten. Gelegentlich wurden die Zigeuner auch von Polizei, SS oder Wehrmachtsdienststellen festgenom­men und kürzere oder längere Zeit in Gefängnissen oder geschlos­senen Lagern festgehalten. Dies alles geschah jedoch nicht, um sie aus Gründen der Rasse zu verfolgen, sondern weil sie ziel- und planlos umherzogen, sich über ihre Person nicht ausweisen konn­ten oder für Spione gehalten wurden." 7)

Mit dem Jahre 1972 ändert sich die "Offenkundig­keit der Tatsachen". Denn in diesem Jahr erscheint erstmals in London ein Buch von den beiden Autoren Grattan Puxon und Dr. Donald Kenrick mit dem Titel "The Destiny of Europe's Gypsies" (in deutscher Über­setzung 1981 erschienen mit dem veränderten Titel: "Sinti und Roma, - die Vernichtung eines Volkes im NS- Staat", herausgegeben von der "Gesellschaft für be­drohte Völker", Verlag, Göttingen, Reihe pogrom 69/70). Ergebnis: "Gesicherte Vernichtungszahl:

219.000 Zigeuner-Opfer der NS-Rassenpolitik"; "die

meisten in- und ausländischen Autoren schätzen heute

die Zahl dieser Opfer auf eine halbe Million". (S. 2) Wer sind die Autoren?

Grattan Puxon, geb. 1939, britischer Fahrender,

Generalsekretär des Weltverbandes der Zigeuner, der

"Roma-Union", wohnhaft in Serbien, im kommu­

nistischen Regime.

Dr. Donald Kenrick, jüdischer Linguist aus England,

Direktor des dortigen Instituts für zeitgeschichtliche

Zigeunerforschung.

Finanziert wurde die genannte Schrift, die als

"Forschungsarbeit" weitergereicht wird, von einer

Stiftung "Columbus" der Sussex-Universität (England),

dem American Jewish Committee, dem Erzbischof von

Canterbury, der Wiener Library, nicht zuletzt auch von der deutschen "Gesellschaft für christlich-jüdische Zu­sammenarbeit". Diese Proteg�s im Hintergrund scheinen schon per se zu verbürgen, daß die so kreierte litera­rische Schöpfung die Wahrheit, nichts als die Wahrheit, - wissenschaftliche Erkenntnis ist. Denn seitdem dieses Buch auf diese Weise in die Öffentlichkeit, ja unmittel­bar "in die Wissenschaft" eingeführt worden ist, erhält es allerorten als neues "Evangelium" seinen Segen. Wobei nicht etwa auf die "gesicherte Zahl von 219.000" abgehoben wird, sondern sogleich auf die "halbe

Million". ("Es spricht sich einfacher").

Keinem dieser Rezensenten scheint aufzufallen -niemanden gar zu stören -, daß in dem ganzen Buch noch nicht einmal ein einziger Ansatz dazu enthalten ist, auch nur die Zahl von 219.000 zu beweisen oder

Der Agitation folgt die Tat: Die Lage unseres Volkes: Geschlagen und vertrieben in der eigenen Heimat: Anläßlich eines friedlichen Veteranentreffens ehemaliger Waffen-SS-Angehöriger prügeln Zigeuner unter Berufung auf ihr "Vergangenheitssyndrom" auf die einstigen Soldaten ein. Notwehr würde den ehemaligen Soldaten von den Medienherrschern und ihren Schreiberlingen als extremistische Gewalt gegen die armen und verfolgten Sinti-Überlebenden ausgelegt.

7) "I II. Welt-Roma-Kongreß 1981 ", Sonde rausgabepogrom-Zeitschrift für bedrohte Völker, Göttingen, S. 68

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darzutun, wieso man vo n "gesicherter Erk enntnis " sprechen kann .

Daß dann die nachfolgenden 5 00 . 000 auch nur eine

"Schätzung " - "von den meisten in- und ausländischen

Auto ren ", welchen eigentlich? -ist und wo rauf deren

Schätzung aufbaut , erwähnt der Einfachheit halb er k ei­

ner dieser Publizisten mehr, geschweige denn fragt da­

nach . Bleibt also "eine halbe Millio n Zigeuner , die

vergast , erschossen , verhungert sind " . So "Die Welt am Sonntag'' vo m 1 8 . Juni 1 9 7 8 .

Z u den "meisten in- und ausländischen Autoren " -

die Vielzahl von Autoren gilt o ffenb ar schon als Beweis

für die Richtigkeit dessen, was sie schreiben ! - gesellte

sich 1 9 7 9 ein Tilman Zülch, Vorstandsmitglied der

"Gesellschaft für bedro hte Völker" , um ebenfalls in

eigener Sache Geschichte zu schreiben, - im rororo­aktuell Taschenbuch Nr. 4430 s) mit dem Titel "In

Auschwitz vergast , bis heute verfolgt " . Ein schon un­wissenschaftlicher Titel : Wer bis 1 9 4 5 zu Tode vergast worden sein soll, kann wohl anschließend nicht m ehr

verfolgt werden. Aber was macht das schon . Jedenfalls : Aus den bisherigen " Schätzungen " ungenannter Schätzer und ungenannter Anhaltspunkte für die

"Schätzungen " ist inzwischen o hne j egliche Beweis­

führung ein "historischer Tatbestand" gewo rden, j a das Minimum eines wahrscheinlich weit größeren Massen­mordes. Seite 12 klärt uns auf:

"Mindestens e ine halbe Million europäischer Zigeuner fie len der Rassenpolitik des Dritten Reiches zum Opfer. Sie s ind nicht nur in den Konzentrationslagern verhungert , wurden dort vergast oder erschossen . Zehntausende starbe n auch durch Deportatio nen oder durch die Erschießungskommandos in vielen Teilen des natio nalso z ialistisch besetzten Europas. E inem der Satelliten· regimcs des Dritten Reiches, dem Kroatien der Ustaschas , gelang sogar die fast totale ' Endlösung der Zigeunerfrage' in ihrem Herrsc haftsgebiet. ''

Zieht man Bilanz aus diesen nahezu endlosen Unge­reimtheiten, die jeglicher wissenschaftlichen Sorgfalts­

pflicht entbehren , so ergibt sich, d aß die Autoren

Kenrick , Puxon und Zülch keinen Anspruch auf wissen­

schaftliche Ernsthaftigkeit für ihre Gesamtaussagen be­

anspruchen können. Sie schwatzen anklagend in eigener Sache daher, was ihnen gerade sinnvoll erscheint , ohne Korrektheit , ohne Beweisführung, ohne kritische Distanz den von ihnen verwendeten Quellen gegenüber, ohne technische, organisatorische Details , ohne zuverlässiges Belegsystem , ohne Berücksichtigung der Herrschaft sver­

hältnisse im bolschewistischen Regime , d as schließlich den gesamten o steuropäischen Raum für neutrale , wissenschaftliche Forschungen unzugänglich macht, ohne gesicherte Dokumentationen, selbst o hne wie auch immer beeidete Zeugenaussagen . Die Demokratie sichert

8 ) Til ma n Zü l ch H rsg . , "ln Au schwit z v erg a st , b is heu t e v erfo lgt - Z u r Sit ua t io n d er R o ma (Z ig eu n er) i n D eu t sc h l a nd u n d E u ropa", Ha rn b u rg 1 983, roro ro -Tasc h en b u c h Nr. 4 4 30

ihnen Rede- und Meinungsfreiheit , aber auch jedwede

D iffamierungsmöglichkeit gegenüber dem "NB-Unrecht­

staat" zu, aber auch die Freiheit , zu b ehaupten , daß das, was sie publiziert haben, "wissenschaftliche Erkennt­nisse " seien.

Doch solche Behauptungen o hne d ie d azu not­wendigen Qualitätsmerkmale zerfallen in ein Nichts und bleiben Romanschrift stellerei mit üblem , vo lksver­hetzendem Beigeschmack . So wird man dem Andenken

der Toten des Zweiten Weltkrieges nicht gerecht, wobei

anzumerken bleibt , daß den Toten des Weltkrieges

beider Seiten der Fro nten ein gleichwertiges Andenken

gebührt und nicht etwa nur den ehemaligen Angehörigen

der schließlich siegreichen Truppe .

Unter der Strafrechtsdrohung, d as Andenken nur

ganz bestimmter V erstorbener nicht verunglimpfen zu

dürfen - anderer hingegen durchaus -, lassen sich weder

Willkürb.ehauptungen noch Übertreibungen angeblicher Tötungsakte oder gar eines " Völkermo rdes " in wissen­schaftliche Qualität umfunktionieren . Die Verun­glimpfung von Verstorb enen der anderen Seite wäre damit impliziert . Eine so lche Einseitigkeit verträgt die Wissenschaft nicht . Ein " Rechtsstaat " widerspricht seinen Grundsätzen, der eine gesonderte H andhabung zum Schutz des Andenkens nur ganz bestimmter Ver­sto rb ener j uristisch kodifiziert. Zur Groteske wirkt sich aus , wenn ein Staat solchermaßen ungleiches Recht noch zu m Nachteil des eigenen Volkes im Strafgesetzbuch

verankert , wie es beim westdeutschen Strafgesetzbuch­paragraphen 1 8 9 d er Fall ist . Normalerweise müßte ein

solc her Fall, wie er im vorliegend en Heft seziert worden ist , unver züglich aus d er Welt zu schaffen sein. U nd zwar dadurch, daß ein V erunglimpfer d er ehemaligen d eut schen Wehrmacht oder anderer ehemaliger d eut­sc her Wehrverbände nach V eröffentlic hung solcher Anklagen, wie sie z. B . Kenrick, Puxo n, Zülch, das In­st itut für Zeitgeschichte in München, d ie politische Bild ungsstelle Nied ersachsen, Dir Zeit, Die Welt., !Jcr Spiegel und andere Zeitungen veröffentlicht haben, zu veranlassen w ären, die Beweise auf den Tisch zu le­gen. A nd ernfalls hätten sie d erartige Anklagen unter Strafdrohung, d ie sich auf Gesetze b eziehen, die sie gl eic hermaße n für sich in Anspruch nehmen können, zurüc kzunehme n b zw. grund sätzlic h zu unterlassen.

Doch im b esiegten, zerstüc kelte n, geteilten, freundbe­setzten Deutschland sind die Verhältnisse o ffensichtlich anders , was sich naturgemäß auch bei den Zigeunern herumgespro chen hat . Für die Wissenschaft sind dies

jedo ch keine verbindlichen Maßstäb e .

Um dies verständlich werden z u lassen , sei eine weitere Rückblende gestattet.

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Zigeuner mit einem gerichtlichen Durch­suchungsbefehl der Bundesrepublik Deutschland. - Nach Auskunft des Bundesfamilienministe­riums erhalten 63% der sich in Westdeutschland aufhaltenden Zigeuner Sozialhilfe; von Wie­dergutmachungsgeldern zu schweigen.

DEMOKRA TISCHE VORBILDER "Im J ahre 1925 befa nden sich b e i der Zigeunerpolizeistelle

München bereits über 14.000 Z igeunerakten u nd ·Vormerkunge n aus ganz Deutschland.

Die im J ahre 1925 während der 'Internationalen Polizei­technischen Ausstellung in Karlsruhe gegründete 'Deutsche Kri ­minalpo lizeiliche Komm ission' nahm auf ih rer ersten Tagung in Karlsruhe eine Entsc hließung a n , in der ein geschlossenes Vor­gehen sämt licher deutschen Länderregierungen zur Bekämpfung der Z igeunerplage gefordert wurde. Am 16. 7 .I 926 erließ Bayern ein Gesetz zur Bekämpfung vo n Zigeunern , Landfahrern und Arbeitsscheuen.

Für Preußen war schon am 17 .2.1906 (MBI . S. 53) e ine Minist.-Anwcisung betre ffend Bekämpfung der Zigeunerp lage ergangen Ein Erlaß des Preu ßischen M inisters des I nnern vo m 3.11.192 7 ( M BliV S. 1045) betreffend F ingerabdruckverfahren bei Zigeunern schrieb die F ingerabdrucknahme vo n allen nicht seßhaften Zigeunern und nach Zigeunerart herumziehenden Personen und die Mit führung vo n Bescheinigungen über die erfolgte F inge rabdrucknahme , m it F ingerabdruck für die se Perso nen vor. In der Zeit vom 23.-2 6.11.192 7 wurde p lanmäßig die F ingerabdr�cknahme der Zige uner usw . im ganzen Lande Preußen durchgeführt . Diesem Vorgehen Preußens schlo ssen sich die meisten anderen Länder an. In Preußen wurden in diese n Tagen mehr als 8.000 so lc her Personen daktyloskop iert .

In Verfolg der Vorschläge der Deutschen Krim inalpolizeil ichen Kommission kam eine Ländervereinbarung über R ichtl inien für die Bekämpfung der Zigeunerplage vo m 16./17 .4.1929 zustande und da mit e ine zentralisierte überwach ung für das ganze Reich durch die Zige unerpolizeiste lle München ... . .

•••••••••••••••••••••••••••

Nach A u fhebung des Bayer. Geset zes zur Bekämpfu ng von Zigeunern, Landfahrern und Arbeitsscheuen vo m 16.7.1926

9 1 H a n n s El l e r , "Die Zig e u n er- Ein Problem" in : Kriminn/istik, H a rnb u rg 1 9 54 , 5. 1 24

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durch die M ilitärregierung am 28.7.1947 hat �ich das Landfahrer­unwe se n in Bayern zu einer allgemeinen Landplage entwickelt. Eine Neuregelung war daher unerläßlich . Nach schwierigen und langwierigen Vorarbeiten hat n unmehr der Bayerische Landtag am 22.12.5 3 ( Bay. G VBI. Nr. 2 7 /53 ) e ine Landfahrerordnung heraus­gegeben , die in großen Zügen folgende Bestimmungen enthält :

'Landfahrer bedürfen zum Umherziehen mit Fahrzeugen insbes. mit Wohnwagen oder Wohn karren , der Erlaub nis der zuständigen Kreisverwaltungsbehörde.

Landfahrer dürfen nicht m it Schulpflicht ige n umherziehe n . Landfahrer benötigen zum Umherz iehen mit Tieren der Er ­

laub ni s. Landfahrer bedürfen zum Besitz von H ieb- oder St ichwaffen ,

Messern , die im Griffe fe ststehen oder festste llbar sind , Schuß­waffen o der M unit ion e iner beso nderen Erlaubnis.

Landfahrer , die i m Fam ilienverband oder in emer Horde umherziehen , müssen in einem gemeinsamen Landfahrerbuch eingetragen sei n , das vo m Oberhaupt der Fam ilie oder Horde mitzuführen ist.

Landfahrer dürfen nur an Plätzen , die ihnen vo m Geme inderat angewiesen werden und nur für die vom Gemeinderat be;timmte Ze itdauer , unterm freien Himmel lagern oder ihre Fahrzeuge aufstellen. Mit der Anweisung des Platzes können Auflag,�n in bezug auf Benutzung und Sicherhe itsleistung verbunden werden.

Landfahrer haben sich beim Geme inderat ihres jeweilige n Übernachtungsorte s sofort nach der Ankunft anzumelden und sich über ihre Perso n und die vo n ihnen m itgeführten Tiere auszuwei sen.

Außer den in anderen gesetzlichen Best immungen vorge ­sehenen F älle n kann die zuständige Kreisverwaltungsbehörde zur Vorbeugung gegen strafbare Handlunge n , Landfahrer , die vorbe ­straft sind , beso nderen Aufenthaltsbeschränkungen unterwerfe n .

M i t Haft b is zu 6 Wo chen oder m it Ge ldstrafe b is z u 150 ,-- DM werden Landfahrer be straft , wenn sie vorsätzlich oder fahrlässig gegen die oben genannten Vorschriften zuwiderhandeln'." 9)

Page 9: Historische Tatsachen - Nr. 23 - Udo Walendy - Zigeuner Bewaeltigen Eine Halbe Million (1984, 40 S., Scan-Text)

"Spiegel"-"Gesch ichtsch re i bung"

Liest man die in der Zigeuner-Literatur - "vier von

fünf sind jüdische Autoren" 1o) - immer wieder als

"historischen Beweis"-Beleg zitierte Seite 198 des "Spie­gel" vom 5 . 3 .1979 - Nr. 10/1979 -, so muß dazu

zunächst Grundsätzliches über die Rechtsordnung der

Bundesrepublik und speziell über das Rollenverständnis

des "Spiegel" vorangeschickt werden:

Die deutschstämmigen politischen Vertreter der Bun­

desrepublik verstehen sich seit der Zeit, als die west­

lichen Siegermächte ihnen Erlaubnis, rechtmäßige Ab­

sicherung und Struktu rordnung für ihr öffentlichkeits­

wirken eingeräumt haben, als "Anti-fa-Kämpfer" im

Schutze der westlichen Großmächte. Die täglich laut­

starke Verteufelung des Nationalsozialismus gehört zu

ihren wesentlichen Existenzgrundlagen. Sie wissen sehr

gerlau, daß "man" dies seit Anbeginn der Lizenzertei­

lung durch die allüerten Besatzungsmächte von ihnen

erwartet. Dieser Diffamierungshaß, dessen sie sich seit­

her befleißigen, ist für diese Leute auch völlig ungefähr­

lich, da der Gegner tot ist und sich nicht mehr wehren

kann. Wohingegen die lebende Generation, die sich

historische Wahrheiten nicht dialektisch ins Gegenteil

verkehren lassen will, durch Strafrechtsparagraphen,

überwältigende, im Gleichstrom anflutende Presse­

schwemme und für den Fall einer selbst parteipolitisch­

parlamentarischen Gegenwehr mittels vielfältiger staat­

licher Methoden ihrer Existenzgrundlagen beraubt wird.

Wie einfach ist es, unter solchen Voraussetzungen daher­

zuschreiben, was Sefton Delmer sachgerecht mit unent­

wegtem "Dreckschleudern" gegenüber dem zum öffent­

lichen Freiwild erklärten Regime bezeichnete. Solche

Dreckschleuderei ist jedoch nocQ lange keine historische Beweisführung oder auch nur Geschichtsschreibung .

Und Leute, die sich auf Zitate solcher Provenienz

berufen, sind selber nicht viel besser. Denn entweder

wissen s ie um die Unseriosität so fundierter Aussagen

eines, wenn auch weltweit verbreiteten, Wochenmaga­

zins, oder aber, falls sie es nicht wissen, sind ihre

10) Fr i tz Gr eu ß i n g , Götti n g en , "Die Ko n ti n u it ät der NS-Zigeu n erfo r ­s c h un g ", Zeitschri ft f ür K ult uraustaus ch , Instit ut für Aus l andsbe z ie h ­u ngen, St utt gart , Ch arlo ttenpl atz 1 7, Heft 4/1 981 , S. 405.

- Fr i tz Greu ß i n g i st Vo rst a n dsmi tg l i ed d er G es el l schaft f ür b ed ro hte V ö l k er

diesbezüglichen Quellenhinweise schon aus diesem Grun­

de historisch ohne Wert.

"Der Spiegel" ist ein Polit-Magazin zur Festigung

einer bestimmten politischen Zielrichtung. Er ist jedoch

kein wissenschaftlich fachqualifiziertes Publikations­

organ. Weder die Fülle der allerorten zusammengetra­

genen Informationen noch die Auflagenhöhe und publi­

zistische Reichweite selbst in die Kreise der Intelligenz

hinein qualifizieren für die von der Wissenschaft gefor­

derten Ansprüche.

Es ist hier nicht das Thema, um diesen Sachverhalt an

Hand unzähliger Beispiele für total abwegige historische

Darstellungen des "Spiegel" nachzuweisen, sondern es

mag hier das Beispiel "Die Zigeuner der Hitler-Ära" in

der Ausgabe Nr. 1 0 /1979 vom 5.3.1979, Seite 198 genügen. Dort heißt es u.a.:

"Kein Buch hält ihr Maxtyrium fest, keine Monographie

beschreibt ihren Weg in die Gaskammern und vor die Exekutions­kommandos des Dritten Reiches.

Dabei hatten sie, proportional gesehen, kaum weniger Men­schenopfer zu beklagen als Juden oder Slawen: Fast eine halbe Million Zigeuner (Gesamtzahl in Europa: 3 Millionen 11)) wurden von SS und Wehrmacht ermordet, allein von den Zigeunern Mitteleuropas kamen 80.000 um, unter ihnen die meisten der etwa 40.000 deutschen Zigeuner. 12)

Ihre Vernichtung wurde freilich so lautlos und geheim betrie­ben, daß noch der Bundesgerichtshof 1956 in einem Urteil erklärte, die ersten Deportationen deutscher Zigeuner nach dem Osten seien primär nicht Aktionen der NS-Verfolgung gewesen, sondern polizeiliche Maßnahmen im Interesse der militärischen Sicherheit."

Also: "Fast eine halbe Million von SS und Wehr­

macht ermordet, .... unter ihnen die meisten der etwa

4 0.00 0 deutschen Zigeuner".

Einen Nachweis hat der "Spiegel" weder für die "fast

eine halbe Million" erbracht noch für "die meisten der

etwa 40.000 deutschen Zigeuner". - Es wird einfach

b ehauptet ! - Sprechblasen !

Die Ungeheuerlichkeit solcher Behauptungen w ird für den Spiegel durch das "Recht auf freie Meinung, L ehr- und Pressefreiheit" usw . gew ährleistet. Andere

1 1 ) Au ch d i ese Za h l ist f al s c h : ca. 1 M i l l io n , v erg l . Se i t e 1 4

1 2 ) Au c h d i ese Zah l i st f al s c h : ca. 2 0.0 00 Z i g eu n er l ebten i m eh e m al i g en Re i c hsge b i et ; s i e h e S. 1 8

9

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Publiz isten , die nur Anzuz weifeln o der gar in Abrede zu stellen wagen - so gar ihre Darlegungen wissenschaftl ich

beweiskräft ig belegen - landen vor den Gro ßen Straf­kammern de s Lande s. So bleiben dann derartige publi­zi erte Un geheuerlichkeiten de m öffentlichen Anschein

nach unwiderspro chen.

Und in einigen Jahren hat man sich daran gewöhnt. Die Jugend - o hne hin jahre lan g zusätz lich zu den

ein seitigen Schulri chtlin ien zum Geschichtsunterricht von "j ugendgefähr denden" gru ndsätz lichen historisch­wi ssenschaftliche n Untersu chungen abgeschirmt "weiß es" na ch einigen Jahren im wahlberechtigten Alter, "daß es so war". Schließlich haben j a die Poli­

tiker, Professoren, Jo urnalisten, Lehrer und Theo lo gen ihnen das alles jahrelan g unwidersprochen vo rerz ählt.

Und das sind j a schließlich "intelligente" Leute. Und jene , die dazu ge schwie gen haben, "konnten offenbar nicht widerspre chen", weil es " e ben Fakten waren".­

Vo m Oppo rtunismu s der beamteten o der angestellten

Intellige nz , von den real en Auswir ku ngen selbst "demo­kratischer" Machtverhältn isse in einem freundbesetzten Land weiß die Jugend freilich n o ch nichts. Sie hat

schließ lich bisher noch kein Geld verdienen, sich nicht

an passen - man könnte auch sagen "gleichr ichten" -müssen. Doch wen n sie es schließlich lernt, fehlt ihr entweder das Wissen oder a u c h die Courage, in je­dem F all die "im mer alles richtig , besser wissend e Mehrheit".

Wie weit gehend der Frei­brief für Leute vo m Schlage

des "Spiegel" ist, z eigt das Bei­

spiel au s der Springer- Presse :

Die ''Bild-Zeitung'' hatte am

1 7.5 . 1 9 84 dem in Chile v er­

storbenen ehemaligen S S- Ober­sturmbannführer Rauff ange­lastet, persö nlich für den Mord

an 250 Mill ionen Juden verant­

wortlich zu se in . De n darauf­

hin ge ge n den Sprin ger- Verlag

angestre ngten Strafantrag we­ge n Verungli mpfu ng des An­

denkens Verstorbener , Vo lks­v e r h e tzung, Aufstachel.ung zum Rassenhaß und Verlet - ·

zung der presserechtlich vo r­

gesc hriebenen Sorgpfaltspfli cht wies die Staatsanwaltschaft

Harnb urg mit der Begründun g

ab, daß durc h so lche Be haupt­

ungen keinerlei Straftat bestän­

de erfüll t worden se ien. Auf

Wie "har mlo s" mache n sich demgegenüber die Zahlen

und Behauptungen des "Spiegel" aus ! Braucht ein Chef

des "Spiegel"-Magazins oder ein "S'piegel"-Re dakteur

unter solchen Vorau ssetzungen irgendwelche Gewissens­

bisse oder Beklemmungen zu haben, wenn er folg endes sc hreibt?

"Als die deutschen Armeen in Rußland einfielen, befahl Himmler die Ausro ttung des Zigeunertums .... "

Weder der Chef noch sein Re dakteur sind schließlich beweispflichtig. We der benötigen sie Angaben über Text,

Datum, Ort, Befehlsweg e ines solchen " Ausrottungs­

b efehls für das Zigeunertum" n o ch Beweisstücke für die vo llzo gene "Ausrottun g", keine Daten, Orte, Fundst ät­te n, Namen, Einheiten, - n ichts . Sie können auch weiter

schreiben:

"Doch inmi tten des Mordens, 1942, verlangsamte Himmler plötzlich seinen Vernichtungsfeldzug. Der Rassenfanatiker Himm­ler hatte Bedenken, Leute ermorden zu lassen, die er für Nach­fahren der indogermanischen Urvölker hielt, und rette te sich aus seinem Dilemma mit einem abstrusen Projekt: Die 6.000 Ange­hörigen der angeblich reinrassigen Zigeunerstämme Sinte und Lallerie wollte er unter Denkmalschutz stellen und am Neusiedler See ansiedeln, dagegen die restlichen deutschen Zigeuner in Konzentrationslager bringen.

Noch 1942 wurden die deutschen Zigeuner verhaftet und in KZ geschleppt, die meisten nach Auschwitz. Dort trat ein RKPA­Kommando (RKPA = Reichskriminalpolizeiamt) zusammen, um

Se ite 36 der Nr. 2 1 "Hi.-tori­.-che Tat.-achen" sei die sbezüg-

Polizei kontrolliert Wauderzigeuner in Oberschwaben (um 19 25)

lieh verwiesen.

10

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im Familienlager die Sinte- und Lallerie-Zigeuner herauszufinden, die der Reichsführer-SS umjeden Preis haben wollte.

Von den übriggebliebenen 20.943 Zigeunern, in überfüllten

Baracken zusammengepfercht, Hunger und Seuchen ausgesetzt, durften nur die Arbeitsfähigen am Leben bleiben. In der Nacht

vom 31. Juli zum 1. August 1944 w urden die letzten Zigeuner

vergast- 4.000 Menschen."

So makaber es sich anhört, doch so urteilen nun

einmal weltweite Großverleger, wie z.B. Rupert Mur­

doch (vgl. "Historische Tatsachen" Nr. 2 2, Seite 40):

Man ist schließlich in der "Unterhaltungsbranche", in

der eben alles erlaubt ist. Vom Denkmalschutz für

Menschen bis zur Vergasung von 4.000 M e ns ch en in

einer Nacht in Auschwitz (die Bevölkerung einer Klein­

stadt! , in einer Nacht! ) , "der letzten Zigeuner". - Alles

auf Veranlassung eines einzelnen Mannes i m Dritten

Reich, der noch nicht einmal der Diktator selber war,

aber dennoch offenbar ohne jegliche Erlaubnis der

Staatsführung nach persönlichem Gutdünken Millionen

von Menschen umbringen konnte. Mitten im Krieg, wo

offenbar nichts'

anderes seine Zeit und Arbeitskraft in

Anspruch genommen hat, wo ihm offenbar trotz Feh-

Zigeuner (bei K&ln): "Wohin wir sollen, sagt uns niemand"

lens aller notwendigen Kompetenzen, Materialien, Ver­

kehrsmittel, Energien, Personalreserven usw. usw. alles

reibungslos und ohne Spuren zu hinterlassen gelungen

ist, was er "wollte". Er, der weder der Wehrmacht noch

den Gauleitern Befehle erteilen konnte, brauchte mitten

im Krieg offenbar nur etwas zu "wollen ", und alle

machten sich s pontan zu Mittätern in einem millionen­

fachen Mordgeschehen, das jedoch außerordentlich ge­

heim blieb? Sie alle hatten im Krieg nichts anderes zu

tun?

1956 - 11 Jahre nach Kriegsende - war selbst dem

Bundesgerichtshof davon nichts bekannt. Doch im Jahre

1979 soll alles wie selbstverständlich auch ohne jegliche

Beweisführung als '�bekannt vorausgesetzt" werden, da man anscheinend keinen anderen Wortschatz mehr zu

kennen scheint?

Solches ist keine Geschichtsschreibung, ist nicht se­

riös. Es ist schlicht gesagt: Volksverhetzung! Gleicher­

maßen einzustufen sind jene Behauptungen ähnlichen

oder gleichlautenden Inhalts anderer Autoren, die sich

auf solche Ausführungen des "Spiegel" als "Beweis-Beleg

berufen.

"Bei Hitler waren wir wenigstens Deutsche" Zigeuner in der Bundesrepublik - noch immer verfolgt?

Das Zitat der Bildunterschrift des Spiegel vom 22. Okt. 1979, S. 97 gibt offensichtlich die Meinung der betroffenen Erlebenszeugen wieder, die - insbesondere weil sie vom Kommentator des Spiegel in Fettdruck unter das Foto gesetzt w urde -historisch beachtliches Gewicht hat.

ll

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"Ke iner der NS-Mörder vo n 500.000 Sint i u nd Ro ma verurte i lt"

Mehr als 1 oder 6

Million Überlebende Zu den neuzeitlichen Autoren, die Do nald Kenrick,

Grattan Puxo n und Tilman Zülch literarisch zur Seite treten, gehört Fritz Greußin g. t3) Seine Quellen sind die gleichen wie die der anderen. Man beruft sich gegenseitig au f das vo m Anderen Behauptete u nd suggeriert damit de m L€ser, histori sche Fakte nbewe ise geliefert zu haben. Der Verweis auf viele Namen u nd Behauptungen au s de m Bereich des "Endlösun gs"-Ko mplexes scheint Nach­weise o hnehin zu erübri gen.

Vo n Herrn Greußing erfahren wir jedoch manch bedeutende Einzelheit über Sachverhalte, die in d en anderen Schriften nicht zur Sprache gek o m men sind:

a) Erst zu Beginn des Krieges wurden im Reichsge­biet (fast 20.000) Genealogien über die Sinti und Roma zusammengestellt, eine behördliche Erfassung, d ie im November 1942 abgeschlossen wurde.

"Ober die e igent liche NS-Ra ssekarte i, die eingangs b e schrie­benen ant hropo lo gisc hen Vermessungen von fa st 20 . 0 0 0 Sinti und Roma und die zugehörigen Genealogien, hüllt e sich das B undes­arc hiv und auch da s Bunde sinnenm inist erium in Schweigen, ob­wo hl b e i den alle we sent lichen Einzelheiten des nachfo lgend be­schrie benen Skandals genau b ekannt waren." (S . 388)

"Die 'rassischen Begutac htungen' von 18 . 922 Sint i und Roma wurden ab 1939 be gonnen und im Nove m b er 1942 abgeschlos· sen. " (S. 390)

b) Die Behörden der Bundesrepublik Deutschland, die seit Jahrzehnten einen weltge schichtlich nie dage­wesenen Übereifer entwickelte n, um ja alle Verbrechen des Vor gän gerregime s aufzudecken, abzustrafen und publizistisch präsent zu er halten - bei Auskla mmerung aller Schandtaten Anderer o der auch von A nlässen und Zusamme nhängen -, haben sich weder um die se Zigeu­nerakten je gekümmert, noch irgendwelche Folgerun gen

13) Fritz Greu ßing, Göttingen, "Die Kontinuität der NS-Zigeuner-forschung", Zeitschrift für Kulturaustausch, Institut für Auslands­

beziehungen, StuttgJrt, Charlottenplatz 17, Heft 4/1981 Wie gesagt: Vorstandsmitglied der Gesellschaft für bedrohte Vcilker, also Schreiber in eigener Sache. Und jeder kann ja schreiben, was er will, - sofern er nicht von Amts wegen als "offenkundig" bezeichne­

te "historische Tahachen" leugnet, verharmlost oder in der Art des Verharmlosans "in die Nähe des Billigans gerät". Doch diese S traf­grenzen gelten nur für Hersteller "rechtsextremistischer" Schriften. ln diesem Gefahrenbereich bewegt sich Herr Greußing nicht. Ihm ist freies Schußfeld für jedes Kaliber zugebilligt.

12

daraus gezoge n. Sie haben bisher "keinen NS-Mörder

von 500.000 Sinti und Roma verurteilt". Dies ist doch nur dadurch zu er klären , daß es für derart ige Behauptun­

gen keinerlei Beweise und so mit auch keine Täter, keine konkreten Belege gibt!

" . . . die Länder und der B und nie um diese fast 2 0 .000 NS­Zi geunerrasseakten und G enealugien kümm erten, mit denen An­tragsteller i hre rassische Verfo lgung sofort hätten b elegen kön­nen." (S . 391)

" Angesichts der Tat sa c h e, daß sich das B unde sarchiv und die Bundesregierung nie u m die Sicherst e ll ung von B eweismaterial für den Völkermord an Sinti und Roma ernsthaft kümmert en, son­dern NS- Zi geunerakte n in den K ellern vo n Po lizeibehörden,

Staatsanwalt schaften und Inst ituten verschwunden sein lie ßen

und der öffentlic hen Aufarbeitung vo rent h ie lten, ist e s weiter nicht verwunderlic h , daß keiner der NS- Mörder von 5 0 0 . 0 00 Sinti und Ro ma verurt eilt wurde und daß die Richt er von Majdanek nach 35 Jahren den angeblichen Mangel von Beweismaterial

b edauern konnt en. " (S . 3 91)

c) Gleichermaßen gibt es kein e ernst hafte wissen­schaftliche , u nparte iische Arbe it für das anstehende The­ma .

o;Til m an Zülch, B unde svorstandsmitglied der 'Gesellschaft für bedro hte Völker', nahm die fest liche G e legenh eit (J ahreskongreß der Deutschen Ge sel l schaft für Ant hro po logie und Hum angenetik Ende Sept ember I 981), zum Anlaß und warf den reno m m ierten Wi ssensc haft lern in e ine m kurzentschlossenen Re ferat bei Kon­greßeröffnung vor:

. . . 'Daß e s bis heute keine ernsth afte wissenschaftliche Arb eit e ines aus der NS-Zeit unb elasteten Anthro po logen geb e , in der das Pro ble m der Zigeunerverni c h t ung aufgearbeitet worden sei .' . . . "

( s. 392)

"Während in den vergangeneu dreieinhalb J ahrzehnt en z ahl­reiche Bücher über den an den e uro päischen .Juden b egangenen Völkermord ersch ienen sind, hat die deutsche Gesch ichts- und So z ialwi ssenschaft b is 197 9 der Erforschung des Geno z ids an den Sinti und Ro m a keinerle i Aufm erksamkeit geschenkt .

0".1 s bisher e inzige Standardwerk von Kenrick und Puxon zur Vernicht ung der euro päischen Roma wurde zunäc hst nur in englischer, franz ösis cher und ita lienis cher Sprach e publiziert und

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erschien in Deutschland erst 1981. Auch die Arbeiten von Selma Steinmetz {Wien) und Miriam Novitch 0 erusalem) sowie Ben Sijes {Amsterdam) fanden im deutschen Sprachgebiet kaum Wider­hall." ( S. 405)

" ... Vier der fünf genannten Autoren - Kenrick, Steinmetz,

Sijes und Novitch - gehören dem jüdischen Volk an, eine Tatsache, die sicherlich auch als Zeichen der Solidarität von jüdischer Seite gegenüber den Rarna-Leidensgenossen interpretiert werden könnte .... " {8. 405)

d) Es gab im Dritten Reich kein rassistisches Anti­

Zigeuner-Gesetz. Dennoch versteht es Herr Greußing,

gerade daraus eine Schuld abzuleiten. Das geschieht

dann so:

"Mit theoretischen Lücken in der rassistischen Gesetzgebung bis 1942 oder in Erlassen der Nazis und damit, daß sich die Zigeunervernichtung auf kein logisch nachvollziehbares Konzept festlegen lasse, eine rassische Verfolgung 198 1 leugnen zu wollen, wie Dr. Streck es tut, ist vor allem dann peinlich, wenn er noch 19 7 8 unter der Oberschrift 'Das nie verabschiedete Zigeuner­gesetz' formulierte {veröffentlicht 197 9 im rororo -aktuell von T. Zülch 'In Auschwitz vergast...'), daß den Nazis lange die Anti­Zigeunergesetze aus der Weimarer Zeit für ihre Verfolgungs­

maßnahmen ausgereicht hätten und daß Himmler und die 'NS· Spitzen im Falle der Zigeuner bewußt auf eine gesetzliche Grundlage verzichtet hätten, um nicht von Justiz und Behörden behind�rt zu werden.' {Streck stimmt dabei mit Hans Buchheim, "Die Verfolgung der Zigeuner aus rassischen Gründen ... ", 1958, üherein.) ... " (S. 417)

e) Nicht unbedeutende Leute warnen davor, den Zeu­genaussagen der Zigeuner o hne weit eres Glauben zu schenken:

"In seiner vorerst letzten Veröffentlichung 'Ein Menschenalter danach' warnt Arnold (angesehener 'Zigeunersachverständiger ')

davor, Zeugenaussagen und Berichten der Sinti und Roma, die das

Dritte Reich und Auschwitz überlebt haben, ohne weiteres Glauben zu schen-ken und spricht die NS- Rasseforscher, die �lediziner Dr. Robert Ritter und Dr. Eva J ustin, von ihrer Mitverantwor-tung an der NS- Roma-Verfolgung frei." ... (S. 405) 14)

Arnold, überzeugter Vertreter der Eugenik und Rassenhygiene, war min­destens bis 197 6 Mitglied des Sachver­ständigenrates für Zigeuerfragen beim Bundesministe1ium für Jugend, Familie und Gesundheit, dem jedoch kein ein­ziger Sinto oder Rom angehörte, sowie langjähriger ßerater der katholischen Caritas." ... (S. 405)

f) Mehr als eine Mill ion Si nti und Roma haben den

Krieg 1945 in Europa überlebt. Doch ein großer Teil von

ihnen stellte keine Wiedergutmachungsanträge, obgleich

das Entschädigungsgesetz noch nicht einmal handfeste

Nachweise für rassische Verfolgung vorgesehen hat:

"1953, acht Jahre, nachdem die letzten der Oberlebenden aus den Konzentrationslagern entlassen worden waren, wurde das erste von zwei Gesetzen verabschiedet, das Opfern eine Wiedergut­machung zugesteht. Es dauerte eine Weile, bis diese Nachricht zu den Roma und Sinti durchsickerte, von denen wenige Zeitung lesen. Als sie schließlich von einer möglichen Wiedergutmachung hörten, gab es bei der Anmeldung von Ansprüchen keinen plötz­lichen Ansturm. Vielen verbaten ihre moralischen Grundsätze, für einen toten Vater, eine tote Mutter oder ein totes Kind Geld zu kassieren. Andere nahmen das schwierige Unterfangen auf sich, einen Rechtsanwalt zu finden, der sowohl willens war, den Fall zu übernehmen, als auch wohlwollend gegenüber Klienten, die mög­licherweise ihren Geburtstag oder den Namen nicht kannten, unter dem sie registriert worden sein könnten. " (S. 395)

"Weitere vom Bundesgerichtshof 1958 und 196 1 gefällte Urteile erreichten neue Höhen der Absurdität. Sie entschieden, daß ein seßhafter Sinto mit festem Arbeitsplatz, der 1938 verhaf­tet worden war, nicht aus rassischen Gründen verhaftet worden sei. Die Polizei habe im Sinne des Gesetzes korrekt gehandelt, ihn als 'arbeitsscheu' zu verhaften, da sie damals - natürlich zu Unrecht - glaubte, daß er dies sei. Die vorinstanzliehe Ent­scheidung, Wiedergutmachung zu leisten, wurde verworfen. Der Erfolg der Bundesgerichtsentscheidungen war, daß niemandem Wiedergutmachung für vor März 1943 Erlittenes gezahlt wurde, dem Datum, an dem auf Himmlers Befehl die Sinti und Roma

nach Auschwitz geschickt wurden. Jede davor ergriffene Maß­nahme war entsprechend der Entscheidung keine rassische Ver­folgung . ... " ( S. 39 6)

"Drei Jahre später legte das dritte und letzte Ent­schädigungsgesetz fest, daß Roma und Sinti zur Berechtigung einer Wiedergutmachung nicht den Nachweis zu erbringen hätten,

14) Der eh ema lig e Leiter d er Ra sseh yg ieni­schen u n d Kr imin a l b iologisch en F o r­sch u n gsstell e in B er l in , D r . Dr . R itter , wa r 19 48 ein em Er mittl u ng sv erfa h r en u n ter · warf en wo r d en , da s jed o c h o hn e An k l ag e­verf ah ren eing estel l t wo rd en ist. (StA Fra n k f u r t/ M . 55/3 Js 5582 /48) . Dr. R itter i st na ch E in stel l u ng d es V erf a h r en s g esto r ­ben . - Vier tel j a hr sh ef te f ü r Z eitg esc hich te

4/1959 , S. 428 .

"Zigeunersiedlung, Müllkippe Kistnersgrund: 'Noch ein halbes Jahr

- Der Spiegel Nr. 43, 22. Okt. 1979, S. 114 V erg l . hier S. 24 r ec h te Spal te. Bil d - u nd Tex t-F o r tsetz u ng Seite 16

13

Page 14: Historische Tatsachen - Nr. 23 - Udo Walendy - Zigeuner Bewaeltigen Eine Halbe Million (1984, 40 S., Scan-Text)

daß die Ver fo lgung im Ze itraum 1 93 8 bis 1943 rassische Gründe gehabt habe. Es wurde vorausge setzt , daß e ine solche Ver fo lgung rassische Mo t ive hatte , so lange die Ger ichte nicht gegenteilige Bewe ise finden k onnten. Die Frist für Schadensforderungen wurde bis 1 969 verlängert und j eder , dessen Schadensforderung die J a hre 1 93 8 bis 1 943 betreffend abgewiesen worden war , konnte die Wiederaufna hme se ines Fal le s fordern . . . . " (S . 3 9 6 )

" Mehr als eine Mill ion Ü berlebende und deren Ver­wandte hatten rechtmä ßige Entschädigungsforderungen, die We stdeutschland oder den Regier ungen ge genüber hät­ten gestellt werden sollen, der en Staatsangehör ige s ie wa­ren . " (S. 3 9 6 )

Aber halt ! Das sind keineswegs a 1 1 e überlebenden !

S e c h s Millionen haben überlebt , will man den j üdi­

schen und zigeunerischen Publizisten des ro ro ro ­

Tasche nbuche s ' ' In Auschwitz vergast , b is heute ver-

folgt " Glauben schenken :

I "Mit r u nd sechs Millio nen s ind d ie R oma die größte ,

n i c ht ter r ito r i a l gebundene nationale Minderheit in E u ro pa . " 1 s ) I " . . . . e in großer Tei l der Sinti und Roma als analphabetische

u nd verängstigte Überleb ende bis zum Ablauf der Wiedergut­m a c h u ngsfris t e n k ein e Wiedergutmachungsanträge zu ste lle n wa,g t c n. " ( Greußing S. 404)

D as Institut fü r Zeit ge schic hte in M ünche n best ätigte im Jahre 1 9 5 9, daß bis dato in Ent schädigu ngs prozessen

"nur wenig beweiskräftiges Mat erial vorgelegen" hat und

die Zigeuner- Leben ssitu at io n nur selte n rekonstruierbar war. 1 6 ) A ngesichts d er b ehaupteten angebliche n l\I ordziffer vo n einer halb en Million ist d ies doch wohl eine sensatio nelle Meldung j e ner Leute, die seit Jahren d ie Umerz iehung d es d eut sche n Volkes im Siegerin .. teresse n icht unwesentlich m itgestaltet hab en. Immer­hin waren dam als bereits 1 4 Jahre nach Kriegsend e verga ngen, u nd d ie Trib unale und ihre unzähligen H elfer aus nahen und fernen Länder n hatten alles zu­sam me ngetrage n , was sie wußten. D o ch es war " nur wenig beweiskräft iges Mat erial ' ' !

"W ähre nd die Verfo lgung der J uden durch den Nat io nalso zia­li smus zahlre iche Darste llun �n �funden hat und gleichwo hl noch zu unserer ' unbewälti gt en Ver gange n he it ' ge hört, ist die Beha n dlung der Zigeuner, der ' zweiten ' Gruppe der ' Fremdvölki­sche n' in Deut schland, selbst unter Berücksicht igung i hres gerin­ge n Umfan gs se hr wenig untersucht wor den . Eine Rolle spielt dabei der Umstand, daß Maßnahmen, die sich gegen die Zige u ner

r ichteten, n icht immer o der auss c hl ie ßlich aus 'ra ssischen' Grün­den er klärt w er den kön nen bzw. er klärt zu werde n brauchen.

Schon deshalb wir d in Entschädi gu ngsprozessen für die geltend ge machte rassische Verfolgu ng oft nu r wenig beweisk räftige s Material vorgelegt .

Überdies läßt sich die Le be nssitu ation des einzel nen Zigeuners für eine bestimmte Zeit mit e iner ju ristischen Ansprüchen genügende n Sicherhe it nur selte n re konstru­iere n.

Es ist allge me in be kannt , da ß die mittlere und namentlich die Bagatell-Krimi nalität der Zigeu ner -- insbe so ndere der Zigeun er­mi schl in ge - be deute nd hö her lie gt als die der se ßhaften , nicht

1 5 ) Ti I ma n Z ü l c h H r sg . , " l n A u schw i t z verga st , b i s heute verfo lgt " aa O . S. 29 ( r o ro r o T a s c he n b u c h )

zige uneris chen Bevölker ung. Als der nat io nalsozialist ische Staat mit Be gin n der sogenannten 'vorbeu genden Verbreche nsbe kämpf­ung' durc h die Po lizei in den Jahren 1 9 3 7 /3 8 Maßnahme n von eine m Umfan g ergriff, die ihre sgleichen in frü heren Zeiten nicht hatten, trafe n die se da her an s ich begreiflicherwei�e die Zi geuner härter a ls je de andere Gruppe . . . . " 1 6)

g) Eine Aner kennung steht no ch aus :

" . . . I n der Frage e iner globalen Zahlung i st seit mehreren J ahren keine o ffizie lle Stellungnahme erfo lgt.

Bis zu e iner halben Million Tote und weit mehr p hysisch und psychisch Verletzte . Un d doch sind in den darauffolge nden 35 J ahren le diglich ein paar der Mörder mehr als nur symboli sch verurtei lt und wenige der Opfer entschädigt wo rden. Die Über ­lebende n erwarten noch immer vo n der deutschen Re gierung eine reelle Abbitte i n Gestalt vo n barer Münze , um de n de m Volk der Ro mani zugefügten Schaden wiedergutzumachen und die Dis­kriminierung zu b eenden , unter der die überlebenden Sinti und Ro ma noch immer le iden . " ( Greußing, S. 3 9 7 )

" E ine der wichtigsten Anerkennunge n der Anliegen deutscher Sinti und Roma und der Ro ma im internatio nale n Au sland blieb aber bis heute immer noch aus : Die Erklärung des Kanzlers der deutschen Bundesregierung . die das Bedauern über den Völker ­mord i m Dritten Reich ausdrückt . Nachdem der B undeskanzler einen Empfang von Sint i- und Ro m a-Delegierten im Anschluß an die Gede nkkundgebung in Bergeu-Belsen 1 97 9 ablehnte , das Kanzleramt , die wesentliche n F orderungen des Memorandums unmitte lbar vor Beginn des Hungerstreiks in Dachau 1980 negativ besc hied und die Förderung eines e igenen Kulturzentrums für Sinti und Ro ma u nter Hinwe is auf e inen in Köln bereits geförder­

ten Sinti-Kindergarten ablehnte , nah m der 'VDS' das Bekannt ­werden rassistisc her Methoden der Erfassung und Datenspeiche­rung der 'Zigeunernamen ' be i Po l ize i und .J ust iz und andere 'kriminalpräventive Maßnahmen ' vo n Behörden nach Prinzipien des NS-Staate s erneut zum Anlaß , sich im November 1981 an den Bundeskanzler mit e inem e indr inglichen Schreiben zu wenden und auf der längst fällige n Erfüllung der Forderungen zu beste hen.

Der ' VDS' tei lte dem B undeskanzler mit , daß sich Sint i und Roma nie ht länger auf e in Gespräch und e ine Anerkennung des NS­Ho locaust vertrösten la ssen können, so ndern daß dieses stat t · fin den muß als moralische Wie dergutmachung durch die Bundes­regierung, so wie sie ge genüber den jüdisch en Le idensgeno sse n sc ho n u nter A denauer e ingesetzt hat.. .. " (S. 42 1 )

h ) Vor dem Krieg lebten im gesamten Reichsgebiet

20.0 0 0 , zuz üglich je ner 1 1 . 2 0 0 in Österreich = 3 1 . 200,

von denen jedo c h 2 1 . 5 0 0 umgebracht wor den sein sol­len, was ihre verbli ebene An zahl auf rund 1 0 . 0 0 0 ver­

mindert haben wür de . Doch nach dem Kr ie g - im Jahre

1 9 80 - lebte n allein in der kleinen Bundet;re pub lik 50.0 00 von ihnen.

Oder in e ine m anderen Zahlenvergleich ausgedrückt :

In der " Encyclopedia Americana - Internation al Edition " , Band ( volume ) 1 3 sind unter dem Stichwort

" Gypsies" als Vorkriegsz ahlen für Euro pa = 7 5 0 . 000, 1

Million o der 1 , 5 Mill ionen Zi geuner ausgewi ese n.

Nach eigenen Aussagen der maßgebenden Zigeu ner­und j üdischen Autoren haben davon 1 Mill ion Zigeuner

den Krie g überlebt . 1 7) Nach Aussa gen derselben Leute

1 6 ) Viert e l j a h r s hefte f ü r Ze itge sch ichte , M ü n c h e n 4 / 1 959 , S . 4 1 8 .

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leben nach Kriegsende in Euro pa "als di e größte, nicht territorial gebundene natio nale Minderheit " = "rund

sechs Millionen" ! 1 8 ) Die selben Leute bestäti gen weiter :

" Bi sla n g u n ge klärt is t die Fra ge , von wem un d zu welche m Ze itpu nkt der Befe hl zur Liqui dierun g der in de r Sowjetunion lebe n den Roma ge geben wur de . Außer de m ist e s auch nicht möglich, mi t ein i ge rma ßen genauen Zahlen die Gesamt zahl der Opfer anzuge ben . . . .

Es e x istieren keine schrift lichen Do ku mente me hr über B e­fehle, die zur Ma ssen e x e ku t io n vo n Ro ma u n d J u de n in der So wjetunion erla sse n wor de n sin d . . . .

Di e Ei nsat z gruppen hatte n mit Sicher he it kein e n verbind lichen Befe hl , Ro ma zu t öten, insbe sondere Frauen und K in der . . . .

Natürlich haben s ich die R o ma a l s Par t isanen a kt iv a m W i der­stand in der U d S S R beteili gt . . . .

:VIa n kan n j e doch darau s schl ie ßen, da ß e in v er hält n is mäßig gro ßer Te il der russischen Ro ma de n Krieg ü berle bt e . " 1 9 )

Folgt man Herrn Greußin g weiter, so ergibt sich noch

etwas Erstaunliches :

" We n n die Zahl der Sinti und R o m a in der B u ndesrepub lik

i n z wischen - o h ne die Gastarb e it er -- etwa 5 0 . 0 0 0 M e n schen

erreicht hat , so geht da s nicht nur zurüc k auf die ho he Geburt e n ­quot e dieser Volksgruppe , so ndern a u c h a u f die Einwanderung zahlreicher o steuropäischer Ro ma s e it Kricgse nde . . . . " ( S . 400)

"In den 5 0er J a hren trafe n im Rahmen der Umsiedlun g vo n Ostde uts chen aus de n b is 1 9 4 5 deutschen Ost ge b iete n a u ch

po ln ische Ro ma aus de m eige ntlichen Po le n in dn B undesr e pu­blik e in . . . . " ( S . 400 )

Also auc h Roma aus Polen haben in nennenswerter Anzahl den Krie g üb erlebt . Und sie kamen offenbar gern zu diesem "bö sen Volk der Deut sc hen " zurück. 50.000 blie ben hier. Sie hätten ja auch weiterziehen k önnen, wo anscheinend "be ssere Menschen " leben, die ihnen n icht so lches Le id an getan haben . Warum wohl blieben sie hier?

Ein ganz erstaunliches Vol k ! Für wie dumm hält man eigentlich die Deutschen ?

" E in kon zipierter und in d ie Tat umgesetzter Plan zum konsequenten G enozid (d.h. Völkerm ord )

d er Zigeuner konnte nicht rekonstruiert werd en."

T z igano loge D r . Streck i n : leitsch rif't für Kult ura ns ta usch , S t uttgart, 3 2 . J g. 1 9 8 1 , Nr. 4 , S . 4 1 8

* • * • *• *• *• * • * • *• ......................................................................................................................................................... .......

" Ve rn i c h t u n g e i nes Vo l l<e s i m N S - Staat '' Gre ife n wir an dere Beispiele herau s : Von den 1 1 . 200 Zi geunern , die 19 39 für Österreich

ange ge ben wer den , so llen nach Kenrick und Puxon 6. 5 0 0 , a lso mehr a ls die Hälfte ermordet worden se in . 2 0 ) Als Be le g w ir d auf die Schrift Se lma St einmet z " Ö sterre ichs Zige uner im N S - Staat " , Wien , Europa Ver­lag 1 9 6 6 verwiesen . Nicht s weiter . Alles was dort ge­schrieben steht , so ll so mit richtig sein . Behauptun gen e ine s an dere n dienen als historischer Beweis, ohne jeg­liche Be gr ü ndung dafür , warum das Behau ptete beweis­kräfti g se i . So er spart man sich Ein zelheiten und Nach­fragen o der gar Detailbelege .

Weder Ke nric k und Puxon noch Selma Steinmet z sehe n s ich in dessen für die se Mordziffe r auch nur zu der gerin gste n seri ö se n Beweisführun g veranlaßt .

An deres Be ispie l : Dona ld Kenrick un d Grattan Puxon in ihrem Buch

1 7 ) F ritz G reu ßing , " Die Kon ti n u i t ät d e r Z i geuner- Fors c h ung " aa O . S .

39 6. 1 8 ) T i lman Zül c h , " l n Aus c h w i tz ver gast , b is heute verfolgt " , rororo

Rowo h l t T as c henbu c h N r _ 4430 , Ha rnburg 1 97 9 , S . 29.

1 9 ) Donald Kenrick und Gratt an Puxon, " Sinti und R o ma - die V ernich­

t u ng e ines Vo lkes i m NS- St aat", Reihe po gro m s..q no, G öttingen 1 98 1 , S. 1 0 2, 1 0 3, 1 05.

20 1 Dona ld Kenri c k und Gratt an Puxon, " S int i und Roma, d ie Vern i c htun g eines Volkes im NS -Staat " , Reihe

po gro m 69 / 70 , G öt t i n ge n 1 9 8 1 , S . 1 35 "Statis ti k"

"Sinti und Roma - Die Vernichtung eine s Volke s im NS-Staat " . übrigens ein Titel , der schon in sich sach­

widrig ist , da Sinti und Roma nachgewiesenermaß en noch am Leben sind , dieses " Volk also n i c h t ver­nichtet " i st . 2 1 ) Greifen wir die Seiten 56 und 57 heraus :

" Neben der Deporta t io n war ein e z we it e ra dikale Lösu n g vor gesehe n , d i e Sterilisierun g. De n erste n do k u me ntar ischen Hin· wei s a uf Sterilis ierung, den wir in Deut s c hlan d gefunden haben, dati ert a us de m J ahre 1 9 3 7 , als im Reichsverwaltungsb latt ( Nr . 1 0 ) mit get e i lt wur de , da ß 9 9 % der Ro ma·Kinder i n Redebu rg reif für die Ste r ilis ierung se ie n . Aber wa hrscheinlich lasse n sich auch noch friihere B e lege fin den . "

Wir haben das Reichsverwaltun gsblatt Nr . 10 aus 19 37 nachge prü ft : Dort hat der Bürgermeister von Ber­leburg, Dr. Günther , einen Artikel veröffentli cht mit dem Titel " Seßhafte Zigeuner " . Dort erwähnt er neben ein em hi sto ri schen Rüc kblic k u . a. , daß bis 19 37 in bezug auf Zigeuner seit der Ministerialanweisun g vom 1 7 .2.1906 keinerlei geset zliche Bestimmun gen ergan gen sind, daß di e Seßhaftmachung von Zigeunern zahlreiche

Probleme mit sich gebracht habe, u . a . auch Erbschäden durch In zucht . Er wirft danach die Frage auf, ob ir gendwann , wenn solche Gefahren der Inzucht nicht anders vermieden werden können , mö glicherwei se ir-

2 1 ) Man beachte d i e Ver meh rungsquote Sei ten 1 4 + 1 8

1 5

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gendwelche Maßnahmen zur Verhütung erb­kranken Nachwuchses bedacht ( "notwen­dig" ) werden sollten. Erbschäden seien au­genblicklich zwar noch nicht häufig, sie würden j edoch bei fortschreitender Inzucht zu erwarten sein, vor allem vererbbarer

Schwachsinn. Und dann komm t der zitierte

Satz :

"Denn e me Umfrage bei den Schulleitern hat ergeben, daß die 52 katholischen und 2 evangeli­schen Zigeunerschulkinder zu 99 v . H . reif für die Sterilisierung seien . "

Es war die politisch unverbindliche Auf­fassung e1mger Schulleiter, die sie aus bereits vorliegenden vererbliehen Krank ­heitssymptomen hergeleitet hatten. Diese unverbindliche Auffassung auf Grund kon­kreter Einzelfälle wird von D . Kenrick und G. Puxon in eine " von der politischen Führung des Dritten Reiches vorgesehene radikale Lösung, die Sterilisierung " um ­funktioniert .

. * • * • * • * • * •

� * •

dan n haben wir sie zugeschüttet ": Kistnersgrund ·Bewohner "

Bundesrepublik Deutschland im Jahr 1 979: O rt : Bad Hersfeld

- Der Spiegel, Nr. 4 3 , 22 . Okt . 1979, S. 1 14

Wie verwerflich j edoch die Verfäl­schungsabsicht historischer Sachverhalte dieser beiden Autoren ist, wird erst richtig ermessen, wer die nachfolgenden Texte die­ses Reichsverwaltungsblattes liest, und zwar von Regierungsrat Rohne, Regierung Lieg­nitz ( Schlesien) . Dort heißt es u .a . :

Wie sähe wohl die Propaganda aus, w ürden diese Bilder und Texte S. 1 3 + 1 6 aus dem Dritten R1!ich stammen? - Nicht auszudenken! *

• • • ••••••••••••••• •••••••• ••••• • • ••••• •• ••• • • •• ••• ••••• •• •••• •••• ••

"Die Zi geuner s ind fremdes Blut. Wir können sie daher nicht zum deutschen Volke zählen . Betrachten w ir sie aber als ein fremdes V olks tum, so w ollen wir uns einerseits der oft ausge ­spr ochenen Worte des Führers erinnern, daß das nat . -soz . Deutsch­land weit davon entfern t ist, fremdes V olkstum deshalb zu mißachten, wei l es nicht deutsch is t .

Auf die Zi geunerfrage angewendet, bedeutet dies, daß keine Maßnahme nach Inhalt, Form und Zweck nur g e gen den Fremd­rassi gen als solchen zu richten is t . Was nicht schadet oder das Nützliche nicht hin dert, braucht deshalb nicht Ge genstand staat­li cher Re gelung zu sein . Hieraus er gibt sich aber schon k lar, was durch den Staat erlaßt werden muß : Dem fremdrassigen Zi geuner unter uns kann Ei gen gestaltung nur insoweit zugebilligt werden, als er dami t die völkische Ordnung der Deutschen nicht stör t . . . . .

W ir sind als V olk stark und selbstbewußt genug, um die Lebens gestaltung dieses un ter uns lebenden Fremdstammes ohne Haß und unvoreingenommen re geln zu können, w ir sind uns aber der V erantw ortung vor dem Leben unserer ei genen Nation zu se hr bewußt, als daß w ir die gerin gste Schädigung durch frem drassige Einflüsse hinnehmen könnten, und wir sind entschl ossen, uns diese klare Erkenntnis durch keine Gefühlsduselei trüben zu lassen . So betrachtet, muß die Bekämpfung des Zigeunerunwe­sens, also desjenigen Verhaltens der Zigeuner , das eine V o lk s­schädigung darstellt, e ine wichtige Auf gabe wer den, der unbeding t mehr A ufmerksamkeit zuzuwenden ist, als dies seit 1906 ge­schehen is t.

Die Er gebnisse, die s taatliche Einw irkung zu erzielen vermag, hän gen in ers ter Linie davon ab, wi e der S taat mit dem e ingebo­renen Wandertrieb des Zi geuners und der damit verbundenen Lebens haltung fer tig wir d . Soweit es sich um ausländische Zigeu­ner handelt, ist die Lösung nic ht schwer und bietet sich von selbs t an : Es wer den ihnen die deutschen Grenzen gesperr t oder sie

16

werden, wenn sie sich schon Eingang in das Inlan d zu verschaffen gewußt haben , aus gewiese n .

Für die in ländischen Zi geuner ist der Kernpunkt an sich schon 1906 er kannt w orden : Wenn der im Lande h erumziehende Zi­geuner seßhaft gemacht w erden könnte, so wäre damit das Pr oblem im wesentlichen gelöst . Was übrig bliebe, wäre eine Sache

örtlicher Behörden, die 'Landplag e ' wäre gebannt . So w urde also schon in der genannten äl teren V O . vorgeschrieben, da ß anzu­streben sei, die Zi geuner mög lichst an einem bestimmten Ort seßhaft zu machen .

Für das Gelin gen dieses Vorhabens fehl ten aber alle Vorau s­setzun gen . Es war ein Irr tum, zu glauben, die Seßhaftigkeit d ieser Nomaden mit der Erschwerung des Umh erziehens und des Le­benserwerbs in dieser Form erzw in gen zu können . Mit manchen dieser Maßnahmen hat man genau das Gegenteil erreicht. So wurde eine s ys tema tische po lizei liche Beobachtung in der Weise ein geführt , daß die Or tspolizeibehörden bei jedem Auftauchen von Zi geunern sogleich die Gendarmerie zu verständigen hatten, die ihrerseits den Weiterzu·g bis zur Grenze ihres Dienstbereichs nicht aus den Augen zu lassen und ge gebenenfalls auch den Nachbarbereich von dem Anrücken zu benachr ich tigen hatte . Auch die Landräte waren zu un terrichten und hatten Vorsor ge zu treffen, daß die Zi geuner unter dauernder Beobachtung blieben und weiter gemelde t wurden .

Bei Viehseuchen gefa hr mußte seit 19 27 sogar ein Polizei­beamter die Zigeuner s tändig begleiten, um für Beachtung der viehseuchenpolizeilichen V orschrif ten zu sor gen. Alle diese Vor· schriften, die ja noch heu te geltendes Recht dars tellen, waren unter den gegebenen Umständen an sich richtig und v ernünfti g, wenn man n ur darauf be dacht w ar, d ie Ausw irkun gen ein es als Gefahr im polizeilichen Sinne sich ausw irkenden Zustandes ab· zu wehren oder ganz unschädlich zu machen . . . .

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Es geht aber nicht an , daß Landrat und Gen darmerie ihre ein zige Aufgabe darin sehen, j eden Wauderzug an der Kreisgrenze in Empfang zu ne hmen und auf kiirzeste m Wege aus de m Kreis wieder herauszuführen in der Gewißhe it oder der A nnahme, im Na chbar kreise wür de es ebenso ge ma cht, diese m tue man a lso nicht weh , zu ma l man von ihm jeder zeit die gleiche Maßna hme aus der anderen Richtun g zu ertrage n ge nötigt und bere it sei . Es ist klar , daß e ine solche organisiert e , aber in i hrer W irkung do ch

planlose We it erle itung nach dem Grundsatz : ' M öge n d ie Z igeuner bleiben , wo sie wo l len , nur n i cht in me ine m Kreise ' , vo m Ganzen her gese he n, e in lJn ding is t . Damit wird der Wandertrieb der Zigeuner , de ssen Ge fahren man zu be ge gnen wünscht , behördlich geför dert . . . . .

E s mu ß dabei zunächst i n gewissem Umfan ge mit der Einstel­lung gebrochen werden , da ß anzie hende Zige uner, wenn sie wir klich e inmal in einem Ort zu längere m o der dauerndem Verbleib sich po lize ilich anmelden wollen, mit a llen gesetzlic h nur irgendwie gre ifbaren Mitte ln daran zu h in dern un d schl eun igst wieder auf die La ndstraße zu setzen sin d, da mit sie n ur rasch außer Sicht ko mmen , gl eichgiilt ig, wo sie dann bleiben.

Bis j etzt ist es in ganz weit gehende m :\1aße so - und man kann es de n Bür ger me is te rn nicht e in mal verübeln, da ß sie sich so verhalten anges ichts der zu erwarte nden Fürso rge lasten un d der Beläst igung der Bevö lk erung. Es ist e in e immer wieder kehrende Erfa hru ng: Wo Zigeu ner s ich für längere Zeit niederlassen , neh­men die B e schwerden aus der Nac hbarschaft wegen aller mög­li c hen übelst ände kein Ende.

W ie sich hierau s ergibt, i�t e s mit e iner 'Se ß haftmachung' der Z ige uner in der We ise , daß ma n ihnen nur sozusage n gesetz liche Bre msk lötze vor die Räder ihrer Wohnwagen schiebt, n icht getan. :\1an mu ß vie lmehr die Wo hnwa ge n in fe ste Behausunge n um­wan de ln und die \1e nschen dar in a us No ma den zu bo denst ändigen Einwo hnern zu ma che n versu c hen, die sich mit fortschre ite nder

Se ßhafti gkeit und o hne die Aussicht a uf künft ige W anderfahrten auch auf einen or dent lichen und gere ge lte n Lebensunter halt umstellen .

Diese s Zie l zu erre iche n, darf kein geeign et erscheinendes

Mi tte l unversucht ge la ssen wer den . D ie Schäden der Wan derung o der auch ihrer nur ge legentl ichen L'nterbre chung sin d zu gro ß, als daß s ie auf di e Dauer ertrage n o der mit b lo ßen Ab wehr mitte ln be kämpft werden könnten . . . . .

Nebe nhe r müßte da s B estreben ge hen, dem Zigeuner die so ziale E in gl ie derung nach :\lögl ichkeit z u erle ichtern. Es wurde schon erwä hnt , da ß die blo ße Abwehr vo lksschädigenden Ver ha l­t en s, vo m völkische n St an dpunkt aus ge se hen, n icht ge nügt. Man muß es vielmehr da hin brin ge n, daß so lche Abwehr überhaupt me hr und me hr unnötig wir d.

Das gi lt auch dann , wenn d ie Z ige uner in Sie dlun gen zusam­men ge iaßt se in wer den . Daß die se so ziale Einglie der un g nicht etwa in dem Be stre ben bestehen k ann , eine lan gsa me ' Assimil­at ion ' durch Ver mischung mit der deutschen Bevölkerun g zu erre iche n, bedarf im nat . - so z . Staate keiner näheren Darlegung . .\Ian mu ß aher versuchen, de m Zige une r das Verständnis dafür beizubr ingen , da ß er als Bewo hner deutschen Bo dens und als Nut znießer deut schen Vo lksfr iedens Pfl ichten ge genüb er seinem Gastvo lk hat . Hi er öffne t s ich für die Schulerziehung der Z ige u­ner kinder ein lo hne n des Feld. Aber auch die Erwachsenen könnten, so lange s ie noch n icht durch die entspre chende Schul­bildung gegangen sind, se hr wo hl e in er solchen Schulung unter­worfen wer den . I m Zusa mmenwirken zwische n Parte i- und Staats­st el len wür de sich hierfür die r icht ige Form nicht allzu schwer fin den lassen .

Alle euro päischen Staaten habe n me hr o der weniger unter der Zi geunerpla ge zu le i den . Sie haben desha lb die ' Internatio nale Zentra lste lle zur Be kämpfu ng des Zigeu nerunwesens ' geschaffe n,

die in Wien ihre n Sit z hat und mit der auch das D eutsc he Reich über die da mit beauftragte Polizeidire kt io n in Münc hen zusam­menarbe itet . Es handelt s ich dabei in der Hauptsache um die kriminalpo lizeiliche Erfassung. Das ruhelo se Umherziehen dieses No mandenvolkes und die dauern de Be unruhigung der Gastvölker durc h se ine An ge höri ge n sind e in in ternatio nales Problem ge wor­den . Gehe n wir in Euro pa bei der Lösung d ieser Fragen voran und geben wir dadurc h der Umwelt e in B eispiel, wie man das fried­liche Zusammenleben der Völker fördert , inde m man bei s ich se lbst e in e schwieri ge Auf gabe so bewält igt , wie das Wo hl des eigenen Volkes es ver la ngt ! "

Die s alles haben - wie ge sagt - D . Kenrick und G. Puxon auch gel esen . Ebenso gut ko nnten sie ein e private und unverbindliche Auffassun g eines örtlichen Bürger­meisters von der a mt lichen Darle gun g ein es Regierun gs­

vert reters unterscheiden . Do ch das paßte nicht in ihr

Konzept. Un d daher sin d ihre Darlegun gen un seriös un d geschichtswidri g !

Ver ge genw ärtigt man sich aber den Sachver halt, daß die Nie ders ächsische Lan deszentrale für po litische Bil­dung in Hanno ver in der vo n ihr ver öffentlichten Pub li­kation dieser beide n Autoren darauf verweist, daß die dort fe hle nden Quellenbele ge in der deutschen Über­set zung von " Destin y of Euro pe ' s Gypsie s " , also in dem hier zitierten Buch " Sinti un d Roma, die Vernichtun g eines Vo lkes im NS- Staat " zu fin den seien ( sie he dort aus Hanno ver Seite 7 3 ) , dann schauderts einen wegen der po litis chen Verantwortun gslo sigkeit , mit der hier amtlich üble Greuelagit atio n de m deuts chen Vo lk vor

die Füße gewo rfen wird . Wir kommen auf Seite 2 5 ff darauf zurüc k .

Romani R ose ( Sohn des Bundesverdienstkreuzträgers Vinzenz Rose ? ) , selbsternannter Zigeunerkönig von Deutschland, läßt sich aus dem Rathaus von Darmstadt schleifen, das er zusammen mit einigen Vergangenheitsbewältigern unter Mitführung von R atten zu stürmen versucht hatte. ( Deutsche N at i o na l z e it u ng , 4 . 5 . 1 984)

17

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"Der berühmte Zigeunerkönig Vaj da Vojvod spricht von

3. 5 0 0.0 0 0 getöteten Zigeunern "

2 2)

Prüfen wir die Zahlen, die für e ine Bevölkerungs­statistik der Zigeuner uns

Sie vergaßen zwar die Summe zu ziehen (oder war es Absicht ? ), weil sie offenbar auf die " Schätzung " von

a) allgemein zur Verfügung stehen , 219. 000 Mordo pfer fixiert waren , die ko mmentarlos

b ) speziell von den " Experten " der Zigeuner-Holo ­caust- Literatur geboten werden .

danebengesetzt worden war, doch die Gesamtzahl be­

trägt hiernach - also im Jahre 1939 in Europa -93 5 . 000 Lebend e . Die " Encyclo pedia Americana International

Edition", Val . 13 weist unter dem Stichwo rt " Gypsie s " aus, daß i n der Vorkriegszeit , also bis 1939, i n D eutsch­land ca 2 0 . 0 0 0 und in ganz Europa zwischen 7 5 0 . 000 und 1,5 Millionen Zigeuner gelebt haben, j e nachdem, in welchen Regionen man Osteuro pa abgrenzt und welche statistisch nicht erfaßbare Dunkelziffer man berück­sichtigt.

Auf Seite 12 ff haben wir nachgewiesen , das die­

selben Leute für Euro pa n a c h dem Krieg, also für 1 9 4 5 und danach 1 Million, ja 6 Millionen Lebende

auswiesen. Bei diesem Zahlenvergleich bleibt für die

unterstellte " Vernichtung eines Vo lkes im NS- Staat "

kein Zahlenspektrum mehr übrig . Man sollte dieser

6 5 . 000 bzw. 5 Millionen plus 65 .000 Vermehrungsquote

in fünf - möglicherweise in 40 - Jahren die deutschen

Krie gs v e r l u s t e vo n über 10 Millionen gegenüb er ­

stellen und auch die historisch gesicherten Einzelb elege

Donald Kenrick und Grattan Puxon wissen es j edo ch genauer. In ihrem Buch " Sinti und Roma - die Ver­nichtung eines Volkes im NS- Staat " spezifizieren sie auf Seite 1 3 5 wie fo lgt :

für diese ungeheure Größeno rdnung !

Land Bevölkerung im

Todesziffer Jahr 1 939 Belgien 500 400 Böhmen 13.000 6.500 Deutschland 20.000 15 .000 Estland 1.000 1.000 Frankreich 40.000 15.000 Holland 500 500 Ita lien 25.000 1.000 Kroatien 28.500 28.000 Lettland 5.000 2.500 Litauen 1.000 1.000 Luxemburg 200 200 Österreich 1 1.200 6.500 Polen 50 .000 35.000 Rumänien 300 .000 36.000 Serbien 60.000 12.000 * ) Slowakei 80.000 1.000 Ungarn 100.000 28.000 UdSS R 200.000 30.000 * )

• • • • • • • • •

� In sgesamt : 2 19.600

Diese Sum 1 939 in me Wurde " Europa Leb vergessen ''· ende: 935 .

. ooo

Quellenangaben (Tod .ziffer) \ Wenn ein Befehl zur Ermordung der Zigeuner

\ vorge legen hätte und, wie unterstellt wird, Schätzung \ die Reichsregierung sogar "industriemäßig Horvathova � . " _ . Schätzung ( siehe Sip pe l in Spiege l) � ausgestattete Vernichtungszentren ms -

Schätzung \'-< besondere in Auschwitz - zur Massenver -D . L 'b . � ro z t e t 1 erte \'-1 nichtung vo n Menschen eingerichtet hätte Schätzung % '

Schätzung \'-1 so wären ne ben den Zigeunern aus Polen % Uhlik % ( auf die wir noch zu sprechen ko mmen

\\ Kochanowski ( 1946) \\ werden ) mit Sicherheit zunächst j ene Schätzung \\ \\ aus der Slowakei in den Sog dieser Schätzung \\ Steinmetz \\ "Aktio n " geraten. Sie nämlich be-

Schätzung '1.�1 fanden sich in unmittelbarer Nach -Rumänische Kommi ssion für Krieg sverbrechen \\barschaft vo n Auschwitz . Man hätte s h ' ' >?' c �tzung 11 die geringsten Transpo rtpro bleme, Schatzung >0 . . Nacizmus üldözötteinen Bizottsaga I wenn uberhaupt welche gehabt .

Schätzung 1 Denn man hätte sie praktisch zu Fuß

1 in Marsch setzen können . Die bündnis-

2 4)

1 treue slowak ische Regierung hätte pro b ­

,/ lernlos mit Sympathie geholfen , j ene 8 0 .000 :r/ "=r� "=r � "=r >0'" Sinti abzuschieben.

* ) M öglicherweise werde n sich d ie se Za hle n als viel höher erwe ise n , we n n we itere s Do k u mentat io n smateria l vo rliegt .

22 ) Selma Stein metz, "Ö sterreichs Zig e u ner im NS-Staat", Wien - Fra n k ­fu rt/M - Z ürich 1 966, S. 4 5

2 3) D. Ken rick + G . P u x o n , "Sin ti u n d R o ma - d ie Vernicht u ng !ilines V o lk e s im NS-Staat" , G ött in g e n 1 981 , R eihe pogrom 69/70, S. 99

24) D. K e n r i ck + G . P u x o n , "Sinti u nd R o ma" a ao . , S 1 3 5

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Do ch ausgerechnet hier we ist die von Kenrick und Puxon beweislo s angeführte Schätzung nur 1 . 0 0 0 Opfer , no ch nicht ein mal Mordo pfer , sondern Kriegsopfer aus . Besondere Gründe für diese hier im Vergleich zu anderen Ländern relativ geringfügige Anz ahl werden nicht ge­nannt . Auf Seite 99 desselben Buches sto cken sie die Sinti- Lebendz iffer für die Slowakei 1 9 39 auf 1 0 0 . 0 0 0

auf, reduz ieren hingegen die Kriegsopferzahl auf "nur

einige Hundert " . 2 3 ) Sie scheinen ihre eigenen Zahlen

nic ht verglichen zu haben .

8 0. 000 bzw. 1 0 0 . 0 0 0 in der Slowakei ehemals lebenden Zigeuner und ihre genannte Kriegso pferzahl - "einige Hundert " bzw. 1 . 0 0 0 - unter Berücksichtigung ihrer Partisanentätigkeit mit den Ausführungen desselben Autoren Puxon im genannten rororo -Taschenbuch s) S . 56 vergleicht . Dort weist e r z u m Jahr 1 9 8 0 für die Tschechoslowakei über 4 0 0 . 0 0 0 Zigeuner aus , wo laut

seiner Statistik-Schätzung 24) nur 8 5 . 0 0 0 überlebt haben

so llen . - Eine unfaßliche Wachstumsrate , zumal ange­

sic hts von " Völkermo rd " und " Vergasung in

Auschwitz" !

Nun zu den Zigeunern in Polen :

Obgleich es uns selb st widerlich

aufstößt , immer wieder gleichartig unpräzise und sadistisch unt ermalte Greuelgeschichten lesen zu müssen, kann es dem Leser nicht ersp art

bleiben , wenigstens beispielhaft j ene

Art der " Beweisführung " zur Kennt ­nis zu nehmen , wie j ene Leute Mord­politik in die deutsche Ge schichte festschreiben wollen . Ganze Bücher sind zu Tausenden in dieser Diktion in nicht endenwo llendem Federfluß

geschrieb�n wo rden und vergiften

die internationale Verständigung . Denn das , was in derartigen Büchern

zur Darstellung gebracht wird , kenn­

zeichnet allgemein das Agitations­niveau auch gegenüber anderen poli­tischen Gegnern. Lediglich der Grad der Unverfrorenheit richtet sich nach den Perspektiven der Machtver -

- Zigeuner u m 1 909 - Le benswe ise schon da m a l s prob lemati sch hältnisse , je nachdem , ob es riskant oder nicht riskant erscheint , ein an­deres Volk oder R egime für "vo gel­frei " zu erklären , um auf den Aus ­druck vo n Ronald Reagan zurück ­zuko mmen .

/!er Spiegel. N r . 4 3 , 2 2 . O k t . 1 9 7 9 , S . 1 0 3

Prü ft man ihre Abschnitte d o rt auf den Seiten 9 9 -

1 0 0 genauer, so befindet man sich zunächst im So mmer 1 9 44 und erfährt , daß "sich die Ro ma in der Slowakei

aktiv am nationalen Aufstand gegen das Marionetten­regime beteiligt " haben . Dann wird man zurückversetzt

in den No vember 1 94 3 in ein Dorf in Böhmen und Mähren , um schließlich zusammenhanglos am 1 . Septem­ber 1 9 39 in Po len und im we stpreußischen Korridor zu

landen . Der hier zum Ausdruck kommende Glied erungs­

wirrwarr ist kennzeichne nd sowohl für den Gliederungs­und Gedankenaufbau des ganzen Buches als auch für die

geistigen Substrate, die sich vie lfach widersprechen und

durchgängig der ko nkreten Details und Beweisführungen entbehren.

Geradezu läc herlich grotesk wirkt es , wenn man j ene

So meinen auch o ffenbar Kenrick und Puxon Ge­

schichte schreiben zu können :

"In viele n Teilen Polens fielen von 1942 an die Roma syste· matischen Massakern zum Opfer , die häufig von ukrainischen und po lnischen F aschisten verübt wurden . Andere Roma-Gruppen wurden in Konzentrations- und Vernichtungslager depo rtiert . I nsgesam t wurden 1942 = 1 15 Roma in Lohaczy ermordet , J 94 3 = 96 in Szczuro wa und 15 in Berna, 10 4 in Zahro czyma, 30 in Gro chow und etwa 50 in Karczwe umgebracht . Erschossen wurde die ge samte Roma-Bevölkerung von Olyce. Auch in Pyrach , Zyradow, Targowka, Radom , Sluzeca u n d Komorow spielten sich solche Gemetzel ab . In Posen hetzte man Hunde auf die Roma.

In Wolhynien und in den Karpate n fanden Massene xekutionen stat t , in Wolhynien töteten deutsche und ukrainische Faschisten etwa 3 .000 · 4.000 Roma. Erschossen wurden nur die Er­wachsenen , die Kinder ermordete man meist , indem man sie an den Beinen faßte und da nn den Kopf an e inem Baumstamm zerschmettert e . Außerdem wurden die mobilen Vergasungswagen

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ei ngesetzt. Ei ne Roma-Gruppe wurde ertränkt, indem man die Opfer auf eine n Fluß mit einer nur sehr dü nne n Eisdecke trieb.

Tausende Roma fielen diesen wahllose n Morden und Massaker n zum Opfer, den anderen drohte die Deportatio n nach Auschwitz, Belse n, Chelm no, Majdanek und Treblinka. Etwa 600 polaisehe Roma und 2 .600 Roma aus Bial ystok wurden nac hweis­lich nach Auschwitz deportiert. ... "

Im September 1944 begann dann schließlich die Vernichtung der überwiege nden Mehrheit der noch in den Ghettos lebe nden Roma. Ma n schätzt, daß während des Nazi -Regimes etwa 35 .000 Roma (zwei Drittel der gesamte n pol nische n Rom a-Bevölkerung) ermordet w urden . .. . "

In diese m Stil geht es unentwegt weiter. B eweis­führung : ihre Quellenangaben : ko mmunistisch-po lnische Literatur , in der das von Kenrick und Puxon Behauptete auch nicht ko nkretisiert und bewiesen wird , so ndern lediglich vo rher auch schon einmal in gleicher unpräziser Diktio n b e h a u p t e t wo rden ist , entweder als Zeugenaussage vor einem kommunistischen G ericht oder in einer Publikation eines die Meinungsfreiheit be­

k ä m p f e n d e n k o m m u n i s tischen Staatsverlages. Vorbehalte gegenüber so lchen Quellen hab en Kenrick und Puxon in keinem einzigen Fall dargetan. Sie schöpfen geradezu ständig aus d iesen für sie uoentb ehr­lichen und offensichtlich unversiegbaren Quellen.

Immerhin : der vo n Kenrick und Puxon zitierte polnisch-ko mmunistische Kronzeuge Ficowski gibt für die Zigeunerverlustziffer in Polen " eine geringere Zahl an " ( S . 1 6 5 ) , o hne d aß Kenrick und Puxon j ene Zahl benennen oder sich damit sachlich b efassen . Das nennt

sich dann b ei ihnen "wissenschaftliche Auseinander­

setzung " .

Daß bei Kenrick und Puxon a b und z u k urze Sachver­

halte einfließen, die zutreffen , wertet die übrigen Aus­

sagen in keiner Weise auf. So ist auf fo lgende Aussagen

aufmerksam zu machen :

" Bis 1 944 blieben die Roma jedoch im Ghetto von Lemberg und durfte n sich frei bewegen und konnte n ihre traditionellen Berufe ausüben. "

" Bislang u ngeklärt ist die Frage, von wem und zu welchem Zeitpunkt der Befehl zur Li quidierung der in der Sowjetu nion lebe nden Roma gegeben wurde. Außerdem ist es auch nicht möglich, mit ei nigermaßen ge nauen Zahle n die Gesamtzahl der Opfer anzugeben . . . ..

Es e xistieren keine schriftlichen Dokumente mehr über Be­fehle, die zur Masse ne xekution von Roma und Juden i n der Sowjetu nion erlasse n worden si nd."

"Die Ei nsatzgruppen hatte n mit Sicherheit keine n verbind ­liche n Befehl, Roma zu töten, i nsbesondere Frauen u nd Ki nder. "

"Natürlich haben sich die Roma als Partisanen aktiv am Widerstand in der UdSSR beteil igt."

"Ma n kann jedoch daraus schließen, daß ein verhältnismäßig großer Teil der russi schen Roma den Krieg überlebte. "

"In ei nem Bericht der pol nischen 'Hauptkommissio n zur Untersuchung von Naziverbrechen i n Polen ' wird angegeben, daß 5.000 Roma in Chelm no ermordet worden seien, aber genaue Einzelheiten s ind bisher noch nicht bekannt. In einer anderen Quelle wird die Zahl von 15 .000 Ermordete n angegebe n, von insgesamt 1.300 .000 Mens chen, die dort ver nichtet wurden."

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Wie gesagt , "genaue Einz elheiten sind bisher no ch nicht bekannt " , nicht einmal für die 5 . 0 0 0 , was j edoch

nicht hindert , anschließend d ie Zahlen sogleich weiter aufzusto cken . Alles wird als "historische Tatsache " aus­gegeben , was von einer ko mmunistischen ! 'Hauptkom­missio n " bzw. anderen kommunistischen Desinforma­tio nszentren ohne j e gliche neutrale und wissenschaft ­

lic he Beweisführung in hemmungsloser Umkehr der wah­

ren Tatsachen den Öffentlichkeitsmedien der Welt in

Verfolg eigener Macht- und Herrschaftsinteressen zu­

gespielt wird.

Das gesamte Argumentatio nsniveau entbehrt den An ­sprüchen , die eine wissenschaftliche Untersuchung er­fo rdert . Quellenhinweise - wie z . B . des Instituts für Zeitgeschichte oder der Zentralstelle für politische Bildung und anderer Publikationsorgane - auf diese Schriften von Kenrick und Puxon oder auch Zülch (das ro roro -Taschenbuch , in dem Puxon ebenfalls als Ver­fasser aufscheint , enthält das gleiche Diskussio nsniveau ) , k önnen somit keinerlei wissenschaftlichen Wert haben.

Selbst in Fällen, da Zeugen Beh auptungen aufgestellt haben , oder "Dokumente " Sachverhalte ausweisen , die sich tech..'1isch, physikali sch , o rganisato risch als völlig

unmöglich erwiesen, ist bis 40 Jahre nach Kriegse nde so gut wie niemals der Meineidcharakter einer Zeugenaus­sage bzw. die Dokumentenfälschung eingestanden und die damit verbundene Greuelaussage fallengelassen oder gar dementiert wo rden . Das einzige Mal , da dies ge ­schehen ist , dürfte das offizielle Eingeständnis gewe sen sein , daß es - ent gegen ursprünglichen offiziellen Ver­lautbarungen - in Dachau k e i n e Gaskammern ge­geben habe. Doch selbst hier wagte man lediglich zu verbessern, sie seien bis 1 94 5 "nicht in Betrieb ge­

wesen " . Daß die Sieger grundsätzlich gelo gen hatt en und

eine " Gaskammer " nach Kriegsende durch gefangene

SS- Angehörige haben bauen lassen , wagte man hier nicht "von Amts wegen " deutli ch zu machen . Die Lügen behielten somit auch hier weiterh in hoc hrangigen Stellenwert bei allen j enen, die mittels Publizistik ihr Brot verdienten.

Was waren das noch für Zeiten , als nach dem Ersten

Weltkrieg ho chrangige britische P olitik er vo n der Tri­

büne des Unterhauses in London o ffizie ll die ungeheuer ­

lichen Kriegslügen zwischen 1 9 1 4 und 1 9 1 8 eingestan­den , bedauert und Abhilfe gefordert hatten ! - Nach

1 9 4 5 hat man in der we stlichen Welt le diglich von der

Dachau- , Seifen - und Lamp enschirmlüge stillschweigend

- und selbst dies auch nur teilweise und zeitweilig ! -

Abstand geno mmen. Bedauert h aben die Sieger und

Mitsieger - j edenfalls offiziell - ni cht s . Sie spielen

weiter die Ankläger . Die Verlogenheit geht we iter . Mehr

denn j e . Sie setzt die Zeichen für die Geschichtsschrei­

bung der Menschheit , aber auch für die Existenzgefähr­

dung der Menschheit in unmittelb arer Zukunft , was no ch ungeheuerlicher ist !

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I m S i n n d e r S e t t o n D e l m e r - S c h u l e

Es ist zwar nicht unseres Amtes, Staatsanwälten und Richtern die Paragraphen des Strafgesetzbuches zur Lektüre zu empfehlen oder zu unterbreiten. Doch wenn hier der § 1 93 StG B vorangestellt wird , so hat das seinen besandem Grund darin , um alle , die es an­geht , daran zu erinnern , daß es e inen solchen Para­graphen gibt , d er leider im Verfahren der Gro ßen Strafkammer Bielefeld in bezug auf das H eft Nr . 15 dieser Schriftenreihe " Kenntnismängel der Alliierten" im Jahre 1 984 mißachtet wurde. Dort hatte nämlich die Große Strafkammer "die H erabsetzung anderer Autoren" zum Strafdelikt erklärt . Wir erinnern daher insbesondere hier bei der Abhandlung des Vorurteils­forschers Hobmann an diesen Paragraphen 19 3 StGB, der da lautet :

" 9 1 9 3 . Wahrne h mung berecht igt er Interesse n .

Lul d n d c l 1 r t e i l c ü b e r w issensc ha ftlic he, kün stlerische o d er ge­werb l i c h e L e i s t u ng e n , d e sgleic h e n A. u ßerungcn, welc h e z ur Aus­führung oder Vert e id igung von R echten o d er zur W a hrnehm u ng b erec htigter I nteressen gemac h t werde n, . . . . sind nur inso fern stra fbar, als das Vorhandensein einer B ele id igung aus der F orm der A u fkrun g oder a u s den C m ständen, unter welchen sie ge­sc ha h , h nvorc;e h t . "

Joachim S . Hohmann, Geburtsjahrgang 1 949 , Dr . phil . und Dr. rer. so z . , Wissenschaftspublizist , schwer­punktmäßig mit Vorurteilsforsch ung befaßt, hat in seinem neuen Ruch " G eschichte der Zigeunerverfolgung in Deutschland " , Campus Verlag ( Auslieferung : H erder Verlag ) , Frankfurt/M - N ew Y ork 1981, noch einmal alles zusammengetragen und erneut "wissenschaftlich verpackt " , was die Weltpropagandisten in Ost und West in V er leumd ung Deutschlands sich bereits seit Jahr­zehnten bemüht haben, publiz istisch zu " o ffenkundi­gen historischen Tatsachen " zu machen. Alles, was diese Leute für ihr Repertoire benötigen, wird als "wissenschaftliche Erkenntnis " serviert :

Von den " etwa eine halbe M illion umgebrachter Z i­

geuner" ( S . 1 4 4 , 1 7 8 - 1 7 9 ) bis zu den " Deportationen zum Z w ecke der Ausrottung in großem Umfang" (S . 1 7 2 ) ;

von emer " freilich nicht näher umrissenen 'Gesamt­lösung ' des Zigeunerproblems , die die Abteilung für Erb- und Rassenpflege des Reichsgesundheitsamtes bereits vor dem Zweiten Weltkrieg als ihre Aufgabe angesehen hat" ( S. 138 - 139 ) bis zur E uthanasie­

ermordung von ' 'Hunderttausenden von H omosexuellen,

Kommunisten und Zigeunern" ;

von der Zwangssterilisation "zwischen 200.000 bis 350 .000 Personen " ( S . 140 ) bis zur "Ermordung mindestens e iner halben Million Zigeuner durch den per S chnellbrief vom R eichssicherheitshauptamt am 29. Januar 1943 verschickten Auschwitz-Erlaß -ein Befehl H immlers - ( "Anstoß zur Endlösung der Z igeunerfrage") " ;

von dem Gaskammertod der schließlich als Zigeuner erkannten Wehrmachtsangehörigen selbst mit Tapfer­keitsauszeichnungen ( S . 158) bis zu Kälteversuchen an männlichen G efangenen mit anschließendem Auf­wärmen durch - natürlich nackte - weibliche H äft­linge ( S . 1 64 ) ;

von "Zerstörungen von Gaskammern i m April 1945 durch die SS " ( S. 17 6 ) , die in Wirklichkeit niemals existiert haben, bis zu den vor dem Krieg "bürokratisch und juristisch nach P lan vorbereiteten Maßnahmen" ( S. 167 ) ;

von den absurdesten, total unseriösen kommunisti­schen Quellen bis zu notorisch bekannten Meineidzeu­gen in westlicher sowie in östlicher Gefangenschaft ( z . B . Mr. Gräbe und Broad S . 158) , bis zum Umfunktio­nieren belletristischer Erzählungen in Faktenbeweise für historisches Geschehen. (Martha Adler u.a.)

" S chicken Sie Ihr e n Mann ( ein für das Afrikakorps vorgese h e ner

Soldat , der, weil Z igeuner , angeblich aus der W e hrmacht ausge­st oßen, später sterilisiert u nd dann in A uschwitz ermordet S . 1 2 2 ) , wenn er z urüc k ist , z u uns hier herauf : denn es ist wegen der Ster ilisation. Wie Ihnen vielle icht b e kannt sein dürft e , werden

die Zigeune r alle sterilisiert . " ( S . 1 1 4, 1 5 0)

Vorurteilsforscher Hobmann verwunderte sich indes

seltsamerweise nicht , daß Martha Adler nicht des o ffen­

bar beabsichtigten Eingriffs wegen sogleich dortbehalten

wurde, zumal auch gerade Zeit fi.ir einen derartigen

"kriegswichtigen " E insatz war .

Wie unseriös er arbeitet , zeigt sich insbesondere an j enen Beispielen seiner eigenen Wortwahl , d ie nach­weisen, daß er historisch geschehene Sachverhalte be­hauptet , den Quellenbezug für d iese Aussagen j edoch selbst in die M öglichkeitsform kleidet . B eispiele:

"war man wo hl b ereits 1 9 3 8 e ntschlossen, z umind est die ' Z igeunermischling e ' u nd die nach Z igeun erart umherziehenden 'Aso z iale n ' in Lagern u nterz ub ringen u nd z u sterilisieren . " ( S . 1 3 9 )

" S terilisierungs- u nd Kastratio nsexperim ente a n Zigeunern und anderen Häftlingen wurden versuchsweise d urchgeführt , um die dabei erprobten Me thoden später eve nt uell in gr ößerem Maße z ur Unfruchtbarmachung von Zigeunern und ' A so ziale n ' einzusetze n . " ( S . 1 6 5 )

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"Die Erlaubnis zur Durchführung der Menschenversuche hatten die SS-Mediziner teilweise bereits im Sommer 1 9 42 von Heinrich HIMMLER, dem Reichsführer-SS oder seinem persönlichen Adjutanten bekommen." (S . 1 6 5 )

" Da man besonders in 'Mischrassigen ' die bedeutendste Gefahr für das 'deutsche Blut ' sah, forderten die 'Rassehygieniker ' die Sterilisierung von Zigeunermischlingen ersten und zweiten Gr ades, solcher Zigeuner also, die mit 'asozialen Deutschen ' zusammen­lebten bzw. die Frucht einer solchen Beziehung waren . " (S. 1 1 4)

"Der Nationalsozialismus ging das 'Zigeunerproblem ' zunächst auf der Grundlage der bereits bestehenden Gesetze an, um mit der ihm eigenen verbrecherischen Akribie das übernommene kriminalpolizeiliche und rassenbiologische Material Zug um Zug zu überprüfen . " (S . 1 3 2 )

Man achte auf die W orte des Vorurteilsforschers, "man war wohl bereiL� 1 938 entschlo.s­.sen " ( also nichts G enaues weiß d er V orurteilsforscher ! ) , "später erentuell in grijßerem Maße . . . . einzus e tze n " ( auch hier stolpert der Vorurteils­forscher in die Sprechblasen­E ventualität ! ) . Und ob Himm­ler oder sein Adj utant "die Fr­la ub ni.s rrt eilt ' ' hat , wagte er auch nicht zu überprüfen oder ist an der Prüfung offensicht­lich gescheitert . Weder hat er Belege für seine Behauptungen angegeben noch dargetan, weshalb er hier keine Klä­rung vornehmen konnte . Doch diese offene Frage ver­anlaßt ihn keineswegs z ur Zu-

gerichtsillstanzen vorgeschaltet waren, daß Erbkrank­heiten in der Verwandt schaft keineswegs von diesem Gesetz erfaßt wurden, auch keine vererbbaren Ver­brechensmerkmale , daß D eutschland damals keines­wegs als das einzige Land der Welt eine so lche Ge­setzgebung angemessen fand , hat der Vorurteils­

forscher Rohmann daher auch gar nicht erst ange­

schnitten . S o war das erste G esetz zur Verhütung erbkranken

Nachwuchses im Jahre 1 9 0 7 im US- Staat Indiana ver­abschiedet worden. Zwar hob im Jahre 1 9 1 9 der dortige Bezirksgerichtsho f das G esetz als verfassungs­widrig wieder auf, doch in den USA folgten andere Staaten mit Gesetzen zur Verhütung erbkranken

rückhaltung im Urteil, ob es überhaupt ein e solche "Erumb­ni.� " gegeben hat.

Rom-Zigeuner aus dem Burgenland (um 1939 in Wien)

Schließlich weiß der V orurteilsforscher zu berich­ten : "_l !a n sa h in den 'Mis ch rassigen ' die bed e u tend­s te Gefahr", - ohne dem wißbegierigen L eser nun klaren Wein einschenken zu wollen oder zu k önnen, wer denn diese "rna n " nun eigentlich waren.

Vorurteilsforscher Rohmann läßt sich zwar seiten­lang über Sterilisierung zu Hund erttause nden im Dritten Reich aus , beruft s ich auch auf damals er­schienene Presseartikel, die d iesen Begriff beinhal­teten, und erweckt beim L eser den E indruck, als habe die diktatorische F ührung im Dritten R eich wie selb stverständlich d ie M öglichkeit gehabt, j eden zu sterilisieren, den sie "wollte" . M it keinem einzig en Wort hat er "das Gesetz zur Verhütung erbkranken N achwuc hses" vom 1 4 . 7 . 1 9 3 4 erwähnt , in d em genau festgelegt war, wer unter w elchen Voraussetzungen der nachgewiesenen E rbkrankheiten wie angebo rene m Schwachsinn , Schizophrenie, zirkulärem (manisch-de­pressivem) Irresein , erblicher Fallsucht , erblichem Veitstanz, erblicher Blindheit , erblic her Ta.ubheit, schwerer körperlicher M ißbildung, schwerem Alko­ho lismus auch zwangsweise sterilisiert w erden konnte. Daß hier mehrere F achärzte und zwei E rbgesundheits-

2 2

Nachwuchses, die i n bestimmten F ällen schwerer Erbkrankheiten eine Zwangssterilisierung vorsahe n : C alifornia 1 9 1 3 , 1 9 1 7 , 1 9 2 3 , 1 9 2 9 mit j eweils ent­sprechenden Änderungen, Arizona 1 92 9 , Delaware 1 9 2 3 , ldaho 1 9 2 3 - 1 9 2 9 , Indiana 1 9 0 7 - 1 9 2 7 , Iowa 1 9 1 5 - 1 9 2 4 , 1 9 2 9 , Kansas 1 9 1 7 , Maine 1 9 2 5 , Michi­gan 1 9 2 9 , M innesota 1 9 2 5 , M ississippi 1 9 2 8 , M ontana 1 9 2 3 , North Carolina 1 9 2 9 , North Dakota 1 9 1 3 , Oregon 1 9 2 3 , Utah 1 9 2 5 , Virginia 1 92 4, Nebraska 1 9 1 5 , Newada 1 9 1 2 , N ew Hamshire 1 9 2 6 - 1 9 2 9 , N e w Jersey 1 9 2 9 , Washington 1 9 09 - 1 9 2 1 , West­Virginia 1 9 2 9 , Wisconsin 1 9 1 7 - 1 9 1 9 , Oklahoma 1 9 3 1 , Alabama und Co nnecticut 1 9 09 - 1 9 1 9 , South D akota 1 9 1 7 , 1 9 1 9 , 1 9 2 5 schlie ßlich Vermont.

Außer den genannten Staaten in den USA sind gleichartige G esetze erlassen worden in der Provinz Alberta in Kanada ( 1 92 8 ) , 1 9 2 5 im Kanton Waadt

in der Schweiz , 1 9 3 3 in British C olumbia, 1 9 3 4 in N orwegen, D änemark und Schweden. Auch in E ngland , F innland, Japan, Neuseeland , P olen und anderen Län­dern s ind die intensiven Verhandlungen der Gesund ­heitsministeriell mit dem Z iel , derartige Gesetz e zu ver­abschieden, geführt worden , wenn es auch bei Gesetz-

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entwürfen geblieben war .

Bis zum 1 . Januar 1 9 3 7 wurden z . B . i n d e n U S A rund 25 . 0 0 0 M enschen, davon allein in Kalifornien 1 1 . 5 00 sterilisiert . 2 s)

Einem Informationsbrief von D- 7 2 9 0 Freude nstadt- F rutenho f, entnehmen wir folgende M eld ung :

Jo achim N ehring, vom M ärz 1 9 8 1

"70 .000 Zwangssterili sierungen i n den USA Erst jetzt wurde gegen den amerikanischen B undesstaat Virgi­

nia ein Verfahren wegen A nwendung E ugenisc her Gesetze durch Zwangssterilisierung e ingeleitet . 7 0 .000 Perso nen sollen zwisc hen den zwanziger und sieb ziger J a hren ( ! ) in 30 am erika­nischen Bundesstaaten oh ne ihr Wissen sterilisiert worden sein . Nach Angaben der 'American Civic Libert ies Unio n ' w urden die Eingriffe in Nervenhei lanstalte n unter dem D eckmantel vo n Erbgesundheitsgesetzen praktiziert, ' um die Gesellschaft von Asozialen und Geisteskranken zu säubern ' . "

I n Deutschland w ar es Reichskanzler Bethmann­Hollweg, der am 5 . 7 . 1 9 1 4 dem Reichstag einen ent­sprechenden Gesetzentwurf vorgelegt hatte, in dem eine Regelung der Unfruchtbarmachung und Schwanger­schaftsunterbrechung in bestimmten erbkranken Fällen vorgesehen war. War dieser Entwurf auc h infolge des Ersten Weltkrieges nicht mehr weiter erö rtert worden , so hat doch vornehmlich d as Land Preußen in den zwanziger Jahren an einem neuen diesbezügli chen Ge­setz gearbeitet , und der Preußische Landesgesundheits­rat hat am 2. 7 . 1 93 2 diesen G esetzentwurf der Ö ffent­lichkeit vorgelegt . Dieser noch in der Weimarer Zeit öffentlich stark diskutierte Entwurf wurde späterhin die Grundlage für das NS-G esetz zur Verhütung erb­kranken Nachwuchses. Es ist hier nicht der Platz, die­ses Thema naturwissenschaftlich oder j uristisch umfas­send zu erörtern . Es sei auf die diesbezügliche Literatur verwiesen. 2 6)

Aus Gründen der R assehygiene war die Unfrucht­barmachung in Deutschland gesetzlich weder in der Form der Sterilisation noch der Kastration erlaubt . 2 7)

Doch die s war lediglich ein kurzer N achtrag zu dem , was V orurteilsforscher Hohmann vergessen hatte zu erwähn en, die and eren neuzeitlichen S chreiber über dieses Thema -freilich ebenfalls . Sie haben leider alle

ähnliche Merkmale , indem sie d a s behaupten, was and ere ebenfalls behaupten, d a s mit zweifelhaftes­ten "Quellen" belegen, was die and eren auch auf die gleiche Provenienz zurückführe n, - und d a s ver­schweigen , wovon die anderen anscheinend auch nichts wissen oder wissen wollen. Sie haben sogar n o c h

25 ) H .J . D ö r i n g , " D i e Z i g e u n e r i m N S·Staat" , H a mb urg 1 964, S. 1 7 5 , 1 76

Wa l t e r Kopp , " G e se t z l i che U n f r u c htbarma c h u n g " , K i e l · Le i pz ig 1 9 34 B . Ste i n wa l l n e r , " R asse hyg ie n i sche G esetzg eb u ng und - M a ß n a h m e n

im A u s l a nd i n : " F ot s c h r itte der E rb pa t h o l og i e , R asse n hyg i e n e u n d i h re

G renzgeb i ete " , 1 . Jg . Le i pz i g 1 9 37 /38 , S. 206

26) G en a n nte H i nweise i n : D r . Hans F r a n k , " N at i o n a lso z i a l i st i sches H a n d b u c h f ü r R e c ht und G e· setzgeb ung" , M ü n chen 1 9 35, S. 8 1 2 · 827 .

27 ) Se i t d e m 24 . 1 1 . 1 933 k o n n t e n d i e St rafg e r i c hte a u s G r ünden d e r K r i · m i n a l präve n t i o n kraft § 42 k StG B Kastrat io n anord ne n , sofe r n e i n rückf ä l l i g gewordener Se x u a l verbrecher n a c h m i ndestens zwe i m a l iger Ver urte i l u ng z u F re i he itsstrafen von e i n em ha lben Jahr u nd b e i G esamt· b ewert u n g d e r Tate n a l s gef ä h r l i cher Sit t l i c h k e i t sverb recher z u e r ke n ne n i st .

etwas Gemeinsames : Keinerlei V orbehalt gegenüber selbst den unwahrscheinlichsten " Z eugenaussagen' ' oder " D okumenten" mit eine m gegen Deutschland , sprich das Dritte Reich, aussagenden Inhalt .

Von " Umerziehung " , D okumentenfälschungen, of­fiziellen, also amtlichen, "Desinformations "-praktiken, ideologisch von einer diktatorisch regierenden Welt­m achtführung vorgeschriebenen " dialektischen Be­trachtungsweise " , - von all dem haben sie , folgt man ihren Publikatio nen , noch nie etwas gehört . Vorur­teilsforscher Rohmann gehört zu diesen Leuten.

Aussichtsreicher , als sich mit d en auf d ie Jahre v o r 1 9 4 5 beziehenden Behauptungen bei Herrn Roh­mann zu befassen, scheint es, seine Sezierungen der N achkriegsverhältnisse zu beachten, als da sind :

1 . ) Seite 1 8 6 : Es wird auf eine o ffizielle V eröffent­lichung des Bayerischen L andeskriminalamtes in "Krimi­nalist ik ", Hamb urg , M ai 1 9 5 4 , S . 1 2 4 ff verwiesen. Dort hat Krirn .- Amtmann Hanns E ller unter dem Titel " Die Z igeuner - ein Problem " vermerkt :

"Während des Dritten Reiches wurde e ine A nzahl zigeuneri­scher Personen wegen ihrer teils aso ziale n , teils kriminellen L ebensweise als polizeiliche Vorbeugungshäftlinge in KZ-Haft genommen. Erst im J ahre 1 943 wurde auch die familienweise E inweisung von Zigeunern in KZ-Lager verfügt. Inwieweit und unter welchen Um ständen hierbei Zigeuner ihr Leben lasse n m ußten, kann mangels konkreter U nterlagen nicht festgestellt werden. Soweit j edoch b ekannt, wurden auch viele Zigeuner ein Opfer von S euchen, die z um Teil auf die mangelhafte U nter· bringung in Lagern , zum Teil aber auch auf die persönliche und angeborene Unsaub erkeit der Betroffenen selbst z urückz uführen ist . Eine rassische Verfolgung schlechthin muß aber im Gegensatz zu der J udenverfolgung verneint werden. "

V orurteilsforscher Rohmann bestätigt zwar, daß das Bayeris che Landeskriminalamt "bei der E rmitt­lung von NS-Straftätern " eingeschaltet gewesen w ar, al­so hätte Kenntnis in der Sache haben m üssen. Doch ver­meidet er , konkrete Beweise oder Unterlagen vorzule­gen, die die Aussagen des Bayeris chen Landeskriminal­amtes Lügen strafen würden. Der Hinweis auf das "ras­senkundliche " Material des R eichskriminalpolizeiamtes Berlin ist total unsubstantiell und reicht hierfür nicht , wo es s chließlich um H underttausende gehen soll .

2 . ) S eite 1 8 9 : Der Vorurteilsforscher schreibt :

"So teilte das baden-württembergische Landesamt für Wieder­gutmachung in einem Runderlaß E 1 9 vom 2 2 . F ebruar 1 95 0 (AZ : 2 0 2 / 1 3 3 0 ) m i t , die Prüfung der Wiedergutmachungsberech­tigung von Z igeunern und 'Z igeunermischlingen ' nach den Vor­schriften des Entschädigungsgesetzes habe z u dem Ergebnis ge­führt , daß ' der genannte Personenkreis überwiegend nicht aus ras­sischen Gründen, so ndern wegen seiner aso zialen und kriminellen Haltung verfolgt und inhaftiert worden' sei. "

3 .) Seiten 1 89 und 1 9 7 : Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 7 . 1 . 1 9 5 6 ( A Z : IV Z R 2 1 1 / 5 5 ) festge­stellt , daß die Deportation von 2 . 500 Z igeunern aus d em Reichsgebiet im Jahr 1 9 4 0 in das Generalgo uvernement nicht aus Gründen rassischer V erfolgung angeordnet worden sei, sondern als sicherheitspolizeiliche Maßnah­me . Seite 1 9 7 :

2 3

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Zigeum�r-Phakat 500 000 umgebracht

So "D('r SJiicge l ' ' i n W ahrnehmung seiner

Meinungsfreiheit am 6. Okt. 1980, Nr. 4 1, S eite 98

"Noch am 3 0 . Oktober 1 95 9 hatte der B undesgerichtshof die A nsicht vertreten , die - ... - Sterilisierungsdrohungen gegen Zi ­geuner seien ebenso wie bei der A ndro hung der Verbringung in e in KZ nur ein Mittel gewesen , die deportierten Z igeuner m ög­l ichst wirksam von einem Verlassen ihres Deportatio nsortes abzuhalten . "

Der Bundesgerichtshof hat die Behauptungen von Zwangssterilisationen - zumal bei "Abertausenden " - "nicht in Betracht gezogen " .

N o c h 1 967 wies d a s Oberlandesgericht München "verschiedene Ents chädigungsansprüche von Z igeunern zurück " . - Das Wort " verschiedene" läßt darauf schlie­ßen, daß es wohl nicht allzu zahlreiche Anträge gewesen sein dürften.

4.) Seite 1 9 8 :

" Die Zigeunerwissenschaft der Nachkriegszeit wurde in den ersten J ahren besonders durch zwei Autoren und ihre Veröffent­lichungen geprägt : Hermann ARNOLD mit seinen B üchern über 'Vagante n , Kom ödianten, F ieranten und Briganten ' und 'Die Z igeuner' - und Hans-J oachim DÖRING mit seiner in e in er kriminologischen Schriftenreihe veröffentlichten D issertatio n über 'Die Z igeuner im NS-Staat '. "

24

Arnold und D öring bestätigten die E rgebnisse der b und esdeutschen Behörden. Ja, Arnold war lang e Z eit Mitglied des Z igeunerrats des Banner Familienministe­riums und verfügte über das sippe- und rassenkund­liehe M aterial des einstigen Berliner Instituts. Immerhin, Vorurteilsfors cher Hohmann rechnete die Arbeiten von Arnold und D öring der Wissens ch aft zu. Man wird ihre Ergebnisse also auc h heute nicht verschweigen und ohne n eue Nachweise , also lediglich mit Behauptungen umfäl­schen können.

5 . ) Der ehemalige L eiter der rassehygienischen F orschungsstelle des R eichsgesundheitsamtes in Berlin­Dahlem, Dr . Robert Ritter , ist trotz seiner - von Vor­urteilsforscher H ob mann auf S eite 200 bestätigten -Weiterarbeit bis z um Jahre 1 944 nach dem Kriege kei­nerlei Strafprozessen unterzogen worden, obgleich ein E rmittlungsverfahren anhängig gemac ht w orden war.

" Eine A nzeige führic 1 948 zu e inem staatsanwaltschaft­l iehen Ermittlungsverfahre n ( StA. Frankfurt /Main 5 5 /3 .J S 5 5 8 2 /4 8 ) , das im A ugust 1 950 e ingestellt wurde, nachdem 62 Perso nen - z um Teil r ichterlic h - vernomme n worden waren. Die Verfügung b egründet die E instellung des Verfahrens damit, daß Ritters U nterlagen wo hl für die E inweisung in zahlreichen F älle n ursächlich gewesen sind, ihm aber nicht nachz uweisen ist , daß er zur Z eit der U ntersuchungen wußte , wo zu seine Aufzeichnungen in Zukunft dienen werden . . . . "

2 8)

Angesichts die ser Sachlage und j ahrzehntelangem

Verfo lgungseifer d er bundesrepublikanischen Behörden gegen "N B-Straftäter" sind die Behauptungen des V or­urteilsforschers H obmann auf Seite 1 6 8 grotesl�, denen­zufolge dieser Mann " für den Tod von Tausenden von Z igeunern verantwortlich war " , und " alle diese M af3nah­men in den Jahren zuvor (vor dem Krieg) b ürokratisch und j uristisch nach Plan vorbereitet worden waren " ( S . 1 6 7 ) . Grotesk, wie s o vieles i n diesem Buch.

Würde der nachkriegsgeborene Vorurteilsforscher, der nicht die geringste eigene Erleb nisresonanz für sein Thema mitbringt, inzwis che n wirklich begriffen haben, was V murteile sind, so wäre sein Buch siche r and ers ausgefallen. Doch er bleibt gefangen von Vorur­teilen, die es ihm augenscheinlich unm öglic h machen, zur wissenschaftlichen Unvoreingenom menheit zu fin­den . Und dies trotz der akademischen Grade Dr . phil . +

Dr . rer . so z . Es muß wo hl auch an den Doktorvät ern

lie gen . Die Umerziehung dauert j a schließlich schon zwei

Generationen !

E i n e persö n l i c h e A nfrage d e s Verf . über d e n Ca m p u s- V e r l a g

be i H er r n H o h m a n n , u m we l c h e G a ska m m e r n es s i c h hande lte, d i e se i n e n A u sf ü h r u ng e n z u fo l g e im A p r i l 1 945 vo n d er SS zer­st ört wo r d e n s e i n so l l e n , wo der von ihm erwä h nte H i m m l e r­B e f e h l vom 1 6 . 1 2 . 1 9 42 ( " A u srott u ng d e r Z ig e u n e r " ) nachzu­prüf e n s e i u sw . , b l ie b u n b ea n twortet. T y p i sch !

28) H .J . Dör i ng , " Di e Z igeuner i m N S -Staat " , H a rn b u rg 1 964, S. 82

Verg l . h i e r S . 1 3 F u ßnote 1 4 )

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A m t l i c h g e f ö r d e r t e

Der Steuerzahler, der " mündige Bürger" bezahlt heutzutage noch die Literatur, die amtlich für seine V er­dum mung in Umlauf gesetzt wird. E inen solch "hohen"

Stellenwert genießt seine Wahlstimme bei den gegen­wärtig herrschenden "D emokraten". Und hier ist es tatsächlich einmal angebracht , einen gewissen Pauschal­begriff anzuwenden, denn von "den herrschenden De­mokraten " hat sich seit Jahrzehnten niemand mit er­kennbarem Nachdruck gegen die M ethode d er gegen das deutsche Volk gerichteten verleumderischen histo­rischen Darstellungen mit Hilfe von Falschaussagen und gefälschten Unterlagen zur Wehr gesetzt.

Wir befassen uns mit der Veröffentlichung der Nie­dersächsischen Landeszentrale für politische Bildung von Donald Kenrick, Grattan Puxon und Tilman Zülch mit dem Titel "Die Zigeuner verkannt , verachtet, ver­fo lgt " , Hannover 1 9 8 0 .

D a sich vieles wiederholt , was bereits in den übrigen Publikationen genannt ist , können wir hier nur Bei­spiele herausgreifen.

Diese Broschüre, die als Leitwort voranste llt , " D ie Würde des M enschen ist unantastbar". hat für "die Würde d er Deutschen" nicht einmal einen N ebensatz vorgesehen. V on den über 1 0 Millionen D eutschen die im Verlauf und nach E nde des Zweiten Weltkriege� ihr Leben - davon viele in grauenhafter Weise - haben

lassen müssen , ist kein Wort erwähnt ! Folgt man den

Publizisten der Gesellschaft für bedro hte Völker , so

hatten die Repräsentanten der Deutschen während des

furchtbarsten aller b isherigen Kriege o ffenbar nur Sinn

für sadistische Experimente und Morde , und die gleich

in Größenordnungen über Hunderttausende bis unmit­telbar zum Z eitpunkt der Kapitulation der deutschen Wehrmacht. Dafür war offenbar Z eit , Personal, Traus­portraum und E nergie , auch zum Beseitigen aller Spu­ren , in ausreiche ndem Um fang vorhanden, wie bei den and eren gleichartigen Geschichten auch.

In der gesamten Broschüre ist selbst keinerlei wissen­schaftlicher Quellenbeleg angeführt, obgleich durch­gängig graue nh afteste historische Vorgänge in F orm von Behauptungen abgehandelt werden. Die kommunisti­sche " polnische K ommission für Knegsverbrechen " ist doch wohl ni cht als ein solcher wissenschaftlicher Quellenbeleg zu bewerten ! Zwar wird darauf verwiesen, daß bereits ein Buch in englischer Sprache "The D estiny of Europes G ypsie s " erschienen sei , das demn ächst in deutscher Übersetzung auf den M arkt kommen werde (was inzwischen geschehen ist 2 9 ) ) , doch offensichtlich

2 9 ) D o na ld K e n r i ck u . G ratta n P u x o n , "Si n t i u n d R o m a - d ie V e r n i c h ­t u n g ei nes Vo l k e s im N S-Staat " , G eitt i ng e n 1 9 8 1 , R e i he pog r o m 69/70

" p o l i t i s c h e B i l d u n g "

haben die Verantwortlichen der Niedersächsischen Landeszentrale für politische Bildung keine einzige der dort genannten Quellen überprüft . Dieser bereits beim ersten überfliegen der S eiten aus H annover aufkeimende V erdacht wurde d urch den anschließenden Schrift­wechsel mit der Landeszentrale bestätigt .

Was dort an geschichtswidrigen Sachverhalten mit unseriösen Quellenbezügen behauptet wird , ist geradezu schauerlich. Die Landeszentrale für politische Bildung nahm noch nicht einmal daran Anstoß , daß die Autoren die deutschen Dokumente o ffensichtlich selbst niemals eingesehen haben, auf die sie sich berufen, sondern auf die "englisch-sprachige V ersion der deutschen Doku­mente" verwiesen ( S . 74) . Sie nahmen auch keinen An­stoß daran, wenn es in zwei aufeinander folgenden Ab­sätzen heiß t : (Bezug : Auschwitz, 2. August 1944)

" D a n n m u ßten die Z urüc kgeb lieb enen zum Appell antreten. Um 2 0 U hr kame n die Lastwagen an. J edem einzelnen wurde eine Brotratio n und Salam i gegebe n , als sie aus ihren H ütten kam en. Z unäch st fuhren die Lastwagen in Richtung Krem atorium ab . . . .

Wir befanden u n s i n H örweite der s c hrec klic hen letzten S ze­ne �: als deutsche kriminelle Gefangene unter F ührung der SS m it K nuppe l n und Hunden im Lager auf d ie Fraue n , Kinder und alten Män ner lo sgelassen wurden. Sc hließlich wurde n alle Insassen in die Lastwagen gepfercht und weggefahren. Frauen und Kinder flehten auf K nie n : Habt Mitleid , habt Mitleid mit un s ! E s half nichts. Sie wurde n niedergeschlagen, brutal getreten und in die Wagen getrieben . . . . "

Also entweder stimmt das eine o der d as andere.

Niemals beides zugleich. Doch es sind für das eine wie für das andere nur Behauptungen. Beweise werden wed er für das eine no ch für das andere vorgelegt . Z eu­genaussagen reichen nach alledem, was man seit 1945 über dieses Thema hat hören müssen, nicht aus. Die Unterstellungen, in Auschwitz seien zu j ener Z eit "bis Oktober 1944'' täglich bis zu 20.000 (allein nachts zuweilen über 4.000 ) M enschen vergast, verbrannt und zu Kunstdüngerasche zermahlen oder auch in F orm von Knochenasche "in die Weichsel geworfen" worden 3 0) die V erbrennung von "bis zu drei L eichen in einer Ofen� kammer" habe " im Durchschnitt nur 20 Minuten gedau­ert" 2 9) , usw. sind wissenschaftlich längst widerlegt. 3 1)

30) " Ko m m a nd a n t i n A u s c h w i t z - A u t o b i ogra p h i s c h e A u fze i c h n u n g e n vo n R ud o l f H ei ß " , h rs g . v. I n st i t u t für Z e i tgesch i c hte M ün ch e n 1 958 s. 1 6 7

' •

3 1 1 An H a nd der che m i s c h - p h y s i k a l i s c h e n W i r k we i se vo n Z y k l o n- S , d e r F o tod o k u m e nte d e r U S-A 11·- F o rce A u f k l ärer vom " T a t o r t u nd Tat­ze i t p u n k t " a us säm t l i c h e n F r ü hj a h rs- , So m m e r - und H er b st m o nate n d es J a h res _ 1 944 � an H an d d e r E rfa h r u n gswerte d e r K r e m a to r i e n u n d ":'e i t e r e n Vi e l f a l t i g e n N a c hwe i s e n . - V e rg l . vo r n e h m l i c h llistorische 1 atsachen N r . 5, 9, 1 5 , "A u s c h w i t z i m I G - F a rbe n P r o z e ß - H o l o ca u std o k u me n te ? " h rsg v. Udo Wa l e n d y ,

- ' ·

D r. W i l h e l m Stäg l i c h , " D er A u sc h w i t z - M y t h o s " , T üb i n g e n 1 9 79 , P r o f . D r . A r t h u r B u t z , " D e r J a h r h u ndertbet r u g " , V l o t h o 1 9 7 7 u . a .

25

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Anderes Beispiel :

"In N atzweiler wurden Experi­

mente mit Typhusbazillen an Z igeu· nern vorgenommen. 1 9 44 w urden achtzig Leute in zwei Gruppen auf­geteilt und in zwei getre nnten Räu­men untergebracht. Während jene in dem einen Z immer eine experime n· teile Schutzimp fung gegen Typhus erhielten, bekamen die anderen kei­ne. Dann wurden be iden Gruppen Typhusbazillen inj iziert , sie wurden in ihre Räume zurückgebracht und eingesperrt. In einem Zentrum in Da­chau wurden Exp erimente veranstal­tet, bei denen man eine Salzlösung injizierte. Später im Jahre 1 944 wur· de eine Gruppe Zigeuner und U ngarn fünf Tage lang in einem Raum einge· schlo ssen. Man gab ihnen nichts anderes als Salzwasser zu tr inken. Anderen Gefangenen gelang es, E ssen in den Raum zu schmuggeln, und so üb erlebten s1e. In Sachsenhausen gab man Z igeunern eine Injektion gegen Gas, und dann wurden sie in einen mit Senfgas gefüllten Raum Zigeunersiedlung bei Oberwarth/Burgenland gebracht. Das Gegengift wirkte nicht • •• • • •+ •+ • + • + • + •+ •+ •+ • + • + • + •+ •+ • + • + •+ • + •+ • + •+ • + •+ •+ •+ • + • + • + • + •+ •+ •

und vier P erso nen starben b ei diesem Experime nt. E s wurde mit in eine Gaskammer gebracht würden ? Sie starben natür-zehn anderen Leute n wiederholt, zweien davon, die als Kontroll- lieh auch . - Das ist doch wirklich schauerlichste Kriegs-gruppe die nten, spritzte man das Gegengift nicht ein. Sie starb en.

propaganda in Friedenszeiten 1 9 8 1 , amtlich herausge-Einer der Überleb enden wurde später getötet und seziert. In Buchenwald wiederum wurden sechsundzwanzig Z igcuern F leck- geben von der Niedersächsischen Landeszentrale für po-

fieberviren inj iziert , und sechs von ihnen starben. Im seihen Lager litische Bild ung ! wurd e an vier Frauen experime ntiert , um festzustellen, wie Men-schen sich bei extremer Kälte verhalten. Wie gesagt , " Die Würde des M enschen ist unantast-

Dr. M engele war insbesondere an Z igeunern interessiert. N eben seinen Experim enten mit Zwillingen spritzte er Zigeunern in Auschwitz Phenol. Vo n ihm wird auch behauptet, daß er einige Zigeuner getötet habe , weil er die "Farbe ihrer A ugen interessant fand. Er soll die Augen zur Untersuchung in ein Labor nach ßer· lin geschickt haben. Die entsetzlichsten Experimente waren j e­doch die, bei denen man versuchte , neue schnelle Methoden zur Sterilisatio n zu finden . . . . .

E in Z igeuner erinnerte sich , wie e r ohne ein B etäub ungsmitte l sterilisiert wurde . Nach der Operation war er fiir sechs Wochen im Krankenb lock. Die Männer, die sterilisiert worden waren, wurden dann aufgefordert , sich freiwillig zum Militärdie nst zu melden. J ene, die sich nicht meldeten, wurden vcrgast . " (S . 7 1 - 7 2 )

I n diesem Stil geht "die politische Bildung" w eiter !

So "gab man " (wer eigentlich ? Doch wohl e inige

Ärzte? Welche ? Wann ? Wem ? - alles bleibt anonym ! ) den Leuten " eine Inj ektion gegen Gas " . Der " V ersuch" scheiterte. Sie starben im mit S enfgas gefüllten Raum .

Dann wird " das E xperiment " wiederho lt und "man versuchte es als Kontrollgruppe mit L euten, denen

nichts inj iziert wurde " . Sie starben erstaunlicherweise

auch . Eine gewiß überraschende Erkenntnis . -

Aber das geh ört j a auch zum System , selb st d ie

deutsche In telligenz einschließlich der medizinischen E xperten als so sadistisch, dumm, ja schizophren darzu­

stellen, daß sie selb st unsinnigste Sachverhalte nicht er­

kennen. Die deutschen Ärzte waren ja o ffenbar so d äm­

lich, daß sie erwarteten, d aß wom öglich diese so " imunisierten Häftlinge " überleben könnten, wenn sie

26

bar " .

Wir sind darauf gespannt , ob nicht i n künftigen

Jahren jemand mit der G eschichte aufwartet, daß deut­

sche Ärzte - natürlich wieder kurz vor dem Zusammen­bruch des R eiches, als anscheinend besonders viel Z eit für "E xperimente mit G efangene n" war, aber eben­so natürlich die Erlebniszeugen nicht mehr da sein k ön­nen, die die wahren L ebensverhältnisse am " Tatort" belegen k önnten - den KZ-H äftlingen Inj ektionen gegen den Ertrinkungstod verabreicht und sie anschließend ins tiefe Wasser getaucht haben, um mit Hilfe dieses " E xpe rimente s " zu ergründen, ob ein solches Serum vielleicht doch Erfolg verspricht. An die " Kontroll­gruppe " sei erinnert , die das " E xperiment" vielleicht auch o hne Serum durchste ht . M öglicherweise gehen sol­

che "politischen Bildungsinhalte " auch dann noch amt­lich, mit H ilfe von Ste uergeldern über die Bühne. Gemes­

sen an dem heutigen Niveau ist das nicht ausgeschlossen. Schließlich erfahren wir auch erstmals am 5 . 2 . 1 98 5 aus dem BersPnbriic k er 1\rPis b la t t von einem israelischen " Augen- und Erlebniszeugen " , der im großen H örsaal

der H o lo caust-Gedenkstätte Jad Waschern sich unter

Q ualen d aran " erinnerte " , daß der Dr. med. M engele

seinerzeit in Auschwitz " ein Zwillingspaar wie Siame­sische Zwillinge aneinandergenäht " hatte. - Man hatte nach 1 94 5 doch immer den Eindruck, das Bisherige ko nnte noch nicht die letzte Variation im R epertoire

sein.

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Weiteres Beispiel : Der " Wahrheitsbeweis" wird von den Autoren zu­

weilen d ad urch " erbracht " , daß sie ein anderes Buch

zitieren. -- Wir gre ifen eines heraus : Selma Steinm etz, " Ö sterreichs Zigeuner im NB-Staat ", Wien 1 9 6 6 .

Schaut man sich die d ürftige Broschüre von Selma Steinmetz an, so gelte n neben den bereits genannten obskuren Quellen sämtliche o ffiziellen kommunistischen Be haupt ungen als Wahrhe itsbeweise ohne j ede Nach­frage . W ie einfach und unseriös ! Oder an anderer Stelle :

" Erst das Häftl ingskale ndarium erm öglichte eine exakte Sta­t i s t ik iih er die Häftlingszahlen und die Zahl der Opfer im KZ A uschwit z . "

( S . 3 1 ) . Selma Steinmetz hat sich damit aber nicht

weiter aufgehalten , weder mit der technisch-medizini­

schen Untersuchung dieser "Methode " noch mit Einzel­

heiten wie Namen und Belegen . - Wahrlich eine " wür­

dige histo risch-wis senschaftliche Quelle " , auf die sich

Leute wie Kenrick , Puxon , Zülch , Hohmann sowie die

Niedersäc hsische Landeszentrale für po litische Bildung berufen !

Ende November 1 9 8 4 wurde der Niedersächsischen Landeszentrale für politische Bildung ein F ragenkatalog vorgelegt , inwiefern man dort die Angaben von Kenrick, Puxon und Z ülch überprüft habe und wie diese und j ene Behauptungen über historische Sachverhalte zu verifi­zieren seien. - Ohne auf die Fragen überhaupt einzu-

Di ese Angabe ist in 2-facher Hinsicht aufschlußreich : h ·

d V t tl ' h d N ' d ··

h ·

ge en, verwws er eran war 1c e er 1e ersac sl-1 . ) Das "Häftlingskalendarium " , ohnehin anonym, sehen Bildungsstelle , Dr. Loebel, auf den von ihm als

ist kommunistisch-polnischen Ursprungs . Sein e Angaben " kompetent " ausg ewiesenen Tilman Z ülch und leitete sind in bezug auf Richtigkeit keinerlei neutraler Be- kurzerhand den Brief weiter an die G esellschaft für be-weisprüfung unterzogen worden. drohte Völker in G öttingen, von der Antwort zu erwar-

2 .) " E rst das Häftlingskalend arium erm öglichte" , - ten sei , die dann j edoch nicht gekommen ist .

heißt doch nichts and eres, als daß keinerlei andere Be- Dr. Loebel vergaß nicht, auf den beachtlichen " U n ·

weise für d i e dort ge nannten Z ahlen und Angaben er- tersc hied z u r Sch u l u ng i n u n se l i ge n Zeiten " zu verweisen

bracht werden k önne n . Und die s , obgleich man mit Hilfe und lobpreise nd hervorzuheb en, daß glücklicherweise

aller internationalen Macht - und Expertenmittel über 20 in der nunmehrigen D emo kratie mittels Steuergelder

Jahre Zeit zur Ermit tlung hatte und dabei noch unge- "zu jewei l s e i nem po l iti schen Pro b l e m versch iedene l nfo rmatio -

stört dik tatorische Vollmachten auswerten konnte . nen u n d Me i n u ngen a ngeboten " werde n , und "es dem Leser

über la sse n b l ieb e , s ich se lbst e i n absch l i eßendes Urte i l zu Allein die se Tatsache ist ausreichend , r;=======.:==::;;:::::;;;;=======i! b i lden " .

die se s " H äft lingskalendarium " als histori-

sehe Quelle für den Nachweis Hunderttau-H o ch erfreut über diese Seg-

nungen der D emokratie bot ich sender , ja Millionen Menschen zu verwer- prompt d arauf schriftlich an, ein fen . Selma Stein met z gest eht auf Seite 45 : solches M anuskript frist- und um­

" D ie stat is t isc hen Angab e n über d ie Z igeuner beru hen auf S chätz ungen . "

Damit entwertet sie selbst ihre nachfol­ge nde A ussage, d erzufolge "das Häft­lingskalendarium eme exakte Statistik erm öglichte " . " S chät zungen" k önnen j a

wo hl nicht "exakt " sein ! Dazu fehle n j eg­

liche Angaben , wer eigentlich "geschätzt "

hat und nach welchen Anh altspunkten !

Grund sätzlich um den Ruf einer wis­senschaftlich ernst zunehmenden Autorin bringt sich Sdma Steinmetz j edoch mit

der B eha uptung schon auf S eite 3 1 ihres

Buches, demz ufo lge im KZ Rave nsbrück " seit Dezember

1 9 4 4 Sterilisat io nsversuche " vo rgeno mmen worden sei­

en, wo hingegen anderen Autoren zufo lge zu j enem

Zeit punkt "die Zwangssterili sation bereit s bei Hundert ­

tausenden vollzogen " wo rden sein so ll . - H ier also erst

" Versuche seit Dezember 1 9 4 4 " angesichts zusammen­

brechender Fronten in Ost und West und einer Totalzer­

st örung der deutsc hen Städt e und Verkehrswege durch

britisch-amerikanische Bomberpulks bei Tag und Nacht !

Die Feinde waren bereits über die Reichsgrenze vorge­

drungen , als " noch wenige Wochen vo r der Befreiung des

Lagers Raven sbrück Sterilisierungen mittels mehrm aliger

Röntgeneinsprit zung vorgeno mm en " worden sein sollen

fanggerecht einzureichen, in dem die zahllo sen Falschdarstellungen von Kenrick, Puxon und Z ülch widerlegt seien. Ich verwies noch betonend auf die G ewissenser­leichterung, die die Niedersächsi­sche Lande szentrale für politi­sche Bildung empfinden müsse , wenn sie von dem Vorwurf, wis­sentlich unwahre historische Bachdarstellungen - zudem zum Schaden des deutschen Volkes ­publiziert zu haben, dadurch ent­lastet würde, wenn sie nunmehr "den andere n Informationen und

Meinungen " Platz einräume . Doch am 2 8 . 1 2 . 1 984 so rgte der fle xible Dr . Loe bel für die Ernüchterung des mündi­gen Staatsbürgers :

" Unsere derze itige Haushaltsituatio n erlaub t es nicht , uns wei­terhin m it diesem Problem politischer Bildung zu befassen. "

Welch überzeugender " U nterschied zur Schulung in unseligen Zeiten " ! - E i n Untersc hied freilich ist gravierend : Der Niedersächsischen Landesz entrale für politis che Bildung wurde vorgeworfen, amtlich, mit öffentlichen Geldern historische Falschdarstellungen -zum Schaden unseres V olkes - , im Klartext : Lügen, publiziert zu haben ! Die Weigerung - ganz gleic h , aus welchen Gründe n -, diese ric htigzustellen, ist leider seit 1 9 4 5 d urchgängig zu kon statiere n .

27

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HALBWEGS Das in der gesamten uns vorliegenden " Z igeuner­

Literatur" mit Abstand qualifizierteste Buch ist jenes von Hans-Joachim D öring "Die Zigeuner im nationalso­zialistischen Staat " , Kriminalistik V erlag Hamb urg, 1 96 4 . H.J. Döring hat recht umfangreich recherchiert , seine Publikation als Band 1 2 der " Kriminologischen Schriftenreihe" trägt auch einen gewissermaßen amt­lichen Charakter.

Denno ch fordert dieses Buch z u folgender Kritik heraus : 3 2)

H . J . Döring hat vielfach k eine Distanz gegenüber

Dokumenten und Zeugenaussagen erkennen lassen, die

die Sie germächte und ihre Helfer unter Ausnutzung der

deutsc hen Niederlage und Wehrlo sigkeit zur Moti­vierung eigener Interessen vorgelegt, vorgetragen, zu "Beweismitteln " und schließlich " historischen Tatbe­ständen" aufgewertet haben, die in Wirklichkeit j edoch bis heute keinerlei neutraler Beweisprüfung unterzogen

worden sind . E s findet sich bei H .J. D öring kein Hinweis auf die

grundsätzliche Fragwürdigkeit der von kommunistischen Autoren, Zeugen, Politikern, Publiziste n vorgebrachten Aussagen und " D okume ntationen " , obgleich er wissen müßte , daß der d ogmatis che Zwang zur "Diale ktik " , spric h "Parteilichkeit " , und damit zu L üge und Betrug zum offiziellen Ritus der kommunistischen Diktaturen in der po litischen Auseinandersetzung mit Freund und Feind gehört. Die Fälschung von historischen Sachver­halten hat bei der Bekämpfung des " Hitler-F aschismus" einen wohl historis ch einmaligen Höhepunkt bis zur Stunde erreicht, --- bewerkstelligt von den ideologisch einseitig vorge henden Sowj ets im Verein mit ihren auf das gleichP Ziel der machtp olitischen Z erschlagung eines ge einte n Deutschland hin arbeitenden westlichen V er­bündeten . Auc h deren Geselle nstücke in dieser Branche sind seit 1 9 1 4 Legion.

Doch davon weiß H . J . D öring nichts, o der besser ge­sagt, davo n gib t H .J. D öring keine Kenntnis. Zwar em pfindet es ein Sach kenner schon als wohltuend , von allzu vielen Greuelgeschichten verschont zu werden und sich auf ein allgemein hohes Niveau konzent rie­ren zu können , d o c h ohne die seit Jahrzehnten gewohn­ten Pflichtübungen in Grundsatz fragen geht es auch bei H .J. Döring nich t . Ein solches Buch wie "M edizin ohne Menschlichkeit - Dokumente des Nürnberger Ärzte­prozesses" , hrsg . von A. Mitscherlieh und F . Mielke

( Fischer Büc herei , Frankfu rt/M - Harnburg 1 96 0 / 1 9 6 2 )

3 2 ) D i e Gro ße St ra f k a m mer B i e le f e l d se i a u c h h i e r w i e d e r vo rab a n d e n § 1 93 St G B e r i n n ert , d e r e i n e K r i t i k a nd e r e r A u t o r e n f ü r st r a f f r e i a u swe i st , so w e i t d i ese s i c h n i c ht se l bst a l s b e l e id igt b e s c h w e r e n u nd d ie Kr it i k k e i ne B e l e i d i g u ng e n t h ä l t .

2 8

SACHL I CH

rangiert bei ihm unter Abk ürzung "Wissenschaft " , -

allerdings o hne Anführungszeichen ! Wir verweisen zur

Skizzierung die se s Buches auf die dortigen Seiten 17 4 ff

"Jüdische Skelettsammlung ". Die sachgebotene Richtig­stellung dieses Themas findet der Leser in His to ris che Ta tsachen Nr . 1 8 " Adolf Eichmann und die Skelett ­sammlung des Ahnenerbe e . V . " . Auch fo lgendes Buch gehört zu seinen " seriösen Quellen " : Eugen Kogo n "Der

SS-Staat " , Berlin 1 9 4 7 , ein Buch, das laut Landgerichts­urteil München I, 1 0 . Zivilkammer (AZ : 1 0-0 4 09 / 5 8 )

vo m 1 3 . Dezember 1 95 8 als Pamphlet bezeichnet wer­

den darf, was Herr Döring schon beim überfliegen eines

solchen Buches hätte erkennen müssen .

Zwar vermerkt H .J. D öring auf Seite 1 1 , daß es nach dem Kriege vielfach genügte , Insasse eines Konzen­trationslagers gewe sen zu sein , um bevorzugte Gerichts­urteile zu bekommen. Zwar verweist er auch einmal ( S . 1 6 7 ) darauf, daß d e r Bundesgerichtsho f fehl gehe , wenn er als verfolgtes Endziel des R SHA-Schnellbriefes vom 2 9 . 1 . 1 943 "deutlich die gänzliche Ausrottung der im Herrschaftsbereich der ns-Gewalttäter lebenden Zigeuner" feststellen zu können glaubt. - Doch über­nimmt er in vie len anderen F ällen unkritisch Gerichts­urteile und wertet dortige F eststellungen als "histori­sche Tatbestände " , ohne selbst die jenen Urteilen zu­grundeliegenden " D o kumente" oder Z eugenaussagen sowie den politischen Hintergrund dieser Proz esse mit Sorgfalt zu analysieren.

Solche F ehlleistungen von H .J . Döring führen natUr­lieh bei ihm zu groben Falschdarste llung en in zahlrei­chen Einzelheiten ..

Dennoch bleibt vieles beachtenswert :

" . . . V erfo lgte Z igeuner und nichtverf o lgtc Z igcuner konnten sich (nach dem Kriege ) aus me hrerlei Gründ en hisweilen S traf­taten leisten, o hne daß sie deshalb vor den Ric hter kamen . Führte e in eingeleitetes Ermitl iungsverfahren zur Erhebung der Anklage, dann gen:igte in manchen F ällen die friihnc llaft in einem Konzentratio nslager (KL ) , u m <:> ine recht weitgehende Strafmilderung z u erre ichen . . . (S . 1 1 ) .

Wichtige U nterlagen vcnlanken wir einem Krim inalbeam ten, der die Erlaßsammlung Nr . 1 5 'vorbeugende Verhrechensbe­k ämpfung ' nach dem Kriege vergraben hatte und später dam it nachweise n konnte, daß se ine früheren �aßnahmen nic ht auf persönlicher Willkür, sondern auf Grund von gc lwimen Erlassen des R eichskriminalpolizeiamtes getroffen worden waren.

Leider ist auch der größte Teil der Materialien der Rassen­hygienischen und b evölkerungsbio logischen Forschungsstelle des R eichsgesundheitsamtes durch den Krieg verloren gegangen.

Soweit die Zigeuner d urch die G eheim e Staatsp olizei ( G estapo ) in Konzcntratio nslager ge langten , fehlen U nterlagcn nahezu völlig. J edoch genügten sie , um wenigstens einige Rückschlüsse

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auf d ie Be handlung der Z igeunerfrage von dieser Se ite zu z iehen . . . . ( S . 1 3 )

M it der Z igeunerfrage spez iell beschäftigte sich die damalige ' Reichsregierung überhaupt nicht . . . . ( S . 3 4 )

Als schärfstes M ittel war d ie poliz eiliche Vorbeugungshaft vorgese hen. Das Verh ängen d ieser Haft setzte voraus, daß es sic h um Berufsverbrecher handelte , die wegen aus Gewinnsucht begangener Straftaten mindestens dreimal zu Zuchthaus oder z u GcLingnis von mindestens se chs Mo nate n rechtskräftig ver­urtei lt waren (A , I I , I , b ) . Gewo h n he itsverbrecher mit e ntsprech­enden Stra ftate n, die sie 'aus verbrecherischem Trieb oder ver­brecherischer N cigung ' begangen haben, konnten ebenfalls eingewiese n werden (A , I I , I , c ) . Die Bestimmungen setzte n \\' ert ungen mit erheblichen Konseq uenzen für die Vorbestraften voraus, welche b isher nur Richter vornehmen durften. Vo n die ser :\laßnahme wurd en aber nur we nige Zigeuner betroffen. Wesentliche B edeutung hingegen hatte für Z igeuner die Bestim­mung, wo nach j eder , der ' ohne Berufs- und Gewohnheitsver­brecher zu sein, d urc h sein aso ziales Verhalten d ie Allgemein­heit gefährdet ' , in polizeil iche Vorbe ugungshaft genommen wer­den kon nte (A , I I , I , c ) .

Bei asoz ialem V erhalten genügte zur Haft scho n eine bloße G cfiihrdung . . . . (S. 5 0 )

Vielm e hr heißt es e infach : 'Als Aso zialer gilt , wer durch gemeinschaftswidriges, wenn auch nicht verbrecherisches Ver­halten zci,gt, daß er sich nicht in die Gemeinschaft einfügen will. ' . . . ( S . 5 1 ) 3 3 )

' :\ soz ial sind Personen , die auf Grund anlagebedingter und da­her nich t besserungsfähiger G eisteshaltung fortgesetzt mit den Stra fgeset zen , d er Polizei und den Behörden in Ko nflikt geraten oder arb eit sscheu sind und den U nterhalt für sich und ihre Kinder laufend öffentlichen oder privaten Wohlfa hrt seinric htungen, ins­besondere der N S V und d em WHW aufzubürden suchen. ' . . . ( S . 5 l ) 3 4 )

Die po lizeiliche Vo rbeugungshaft wurde n u r offiz iell i n Besse ­ru ngs- und Arbeits lagern vo llzogen . Zum Bau die ser Lager ist es jedoch nie gekomme n. O ffizie ll bemühte man sich j edoch b i s in d ie Kriegsze it , den A nsch ein zu erwecken, daß Vorbcu­gungs hiiftlinge n icht mit den Ko nzentratio nslagern in Berüh­rung kam e n . . . . ( S . 5 3 )

Die Dauer der Haft wurde dem Häftling grundsätzlich nicht mitgeteilt. Die Entlassung erfolgte me ist ebenso überraschend wie die Festsetzung. Die polizeiliche Vorbeugungshaft wurde durch d ie Krim inalpolizeistellen angeordnet und b edurfte in den ersten J ahren stets der Bestätigung durch das RKP A . 3 5) Die erste E inweisung von Z igeunern ohne Haftbestätigung erfolgte im März 1 943 . Auf die Gestaltung der Haft in den KL hatte das RKP A keinen E influß. Es entschied über d ie E nt­lassungen.

Tatsächlich hat d ie polizeiliche Vorbeugungshaft bei Z i­geunern in viele n Fällen länger bzw. bis Kriegsende gedauert, wie aus den Akten zahlreicher Wiedergutmachungsverfahren hervorgeht. Einzelne Gruppen wurden seit 1 940 im Gegen­satz zu Deutschblütigen grundsätzlich nicht überprüft . . . . ( S . 53 )

Doch schon Anfang 1 94 1 stand nicht mehr die Z igeuner­forschung, sondern die U ntersuch ung der J ugendkriminali­tät im Vordergrund . . . . ( S . 6 9 )

E s i s t aber sehr fraglich , ob im Herb st 1 93 9 geplant gewesen war, die evakuierten Z igeuner in Polen in Lagern unterzubringen. Die west- und nordwestdeutschen Z igeuner wurden nach ihrer Umsiedlung jedenfalls nicht alle in Lagern festgesetzt. Im D istrikt Radom sind no ch im J ahre 1 943 häufig bettelnde Z i­geuner anzutreffen gewesen, die nicht in Lager e ingewiesen wurdei_l· . . . ( S . 94) 3 6)

In Radom erhielten d ie Z igeuner Wohnungen, durften sich frei bewegen, doch die Stadt nicht verlassen, keine deutschen Lokale besuchen und sich abends nicht auf der Straße aufhalten. Für ihre Arbeit erhielten sie kein G eld, sondern lediglich gemein­same Verpflegung.

Nach anderen J! eststellungen 3 7) wurden die Zigeuner in der Regel in Wo hnungen untergebracht, die zuvor J uden innehatten und die noch mit deren Möbeln ausgestattet waren. In and eren Gegenden wiederum wurden sie in Lager eingewiesen und vo n dort zur Arb eit geführt. Die Z igeuner aus Karlsruhe hatten im Generalgouvernement so fort e inen Arbeitsplatz gefunden und sich durch Vermittlung der Kriminalpolizei ihr Arbeitsbuch, F ührerschein usw. nachschicken lasse n. Es ist sogar ein Fall be­kannt, daß ein umgesiedelter Z igeuner in die deutsche Poli­zei im Generalgo uvernement eintrat , unter F eldpostn ummer mit Karlsruhe korrespondierte , sich vo n dem S tandesamt Urkunden schicken ließ und vo n Pole n aus die Kriminalpolizei in Karls­ruhe bat, ihm d ie dortige Habe an Brennmaterial usw. zu ver-

kaufen. Die Kriminalpolizei hat dieser Bitte entspro chen, weil die Reichsbank eine Devisenge­nehm igung zur Überweisung er­teilte.

Einige Mitglieder einer Z igeuner­familie wurden in einem Vorort vo n Krakau in eine polnische Wo hnung eingewiesen und wan­derten über N eurnarkt b is nach Mosty in den Beskid cn. 3 8)

D ie Freizügigkeit d er Z igeuner im G ennalgo uvernemcnt ist dem­nach r echt untersch iedlich be­sc hränkt gewesen. Während sich manche i n ko nzentrat ionslager­iihnl ichen Verhältniss en befanden, lebte n andere m Städten und Dörfern, i n denen sie b ei E in­halte n vcrsehiedener Einschrän­kungen unbehelligt b lieben . . . . (S . 99 )

Zi;!CliiH'raussicd lun� aus dem Rheinland im S ommer 1 9 38 und

lagcrm iifüge linterbring:u ng in ßcrlin

Als später die Evakuierung der Z igeuner aus anderen R eichsgeb ie­ten nach Pok n nicht mehr beab­sic htigt war , hat das RSHA

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nicht e inmal ihre geschlo ssene Zusammenfassung in Lagern für die Kriegsdauer befohlen.

Im Kriege werden Personen mit ausländischer Staatsange­hörigkeit immer mit besonderem Argwo hn behandelt. Das stei­gert sich verständlicherweise in Grenzgeb ieten. Wenn von den Evakuierungsaktio nen aber gerade Zigeuner mit ausländischer Staatsangehörigkeit ausgenommen blieben, spricht das nicht gerade für militärische Gründe, aber umsomehr für die Vorsicht, mit der man die Umsiedlung behandelte .

Nachdem die west- und nordwestdeutschen Z igeuner in das Generalgouvernement abgeschoben worden waren, sind weitere Zigeunertransporte aus anderen G ebieten unterblieben. Der Schnellbrief 3 9) vom 3 1 . Oktober 1 940 über die Behandlung der Österreichischen Z igeuner drückt dies mit den Worten aus, daß 'die vorgesehene Umsiedlung von 6 .000 Z igeunern aus der Ost­mark nach dem Generalgouvernement ' z-n unterbleib en hat, 'weil nach dem Kriege eine andere Regelung der Z igeunerfrage vorgesehen ist ' . . . . ( S . 1 09 )

Nach Abwägen aller Argumente sind wir der Ansicht, daß die Um siedlung grundsätzlich aller Zigeuner , die sich im deut­schen R eichsgeb iet aufhielte n, schon im Oktober 1 93 9 nach dem Generalgouvernement geplant gewesen war. Wir sind davon üb erzeugt , daß diese Absicht e inwandfrei spätestens in dem Umsiedlungserlaß vom 27. April 1 940 zum Ausdruck kommt. Die Um siedlung der west- und nordwestdeutschen Z igeuner stellte nur den verschobenen B eginn der Evakuierung aller Z i­geuner nach Polen dar. D ieser Plan wurde - vermutlich wegen anderer Z iele in der Ostpolitik spätestens im Oktober 1 940 aufgegeben . . . . ( S . 1 1 0 )

Für die im J uni 1 93 8 i n polize iliche Vorbeugungshaft ge­nommenen Aso zialen war die Haftprüfung spätestens nach zwei Jahren, d.h. im J uni 1 940 fällig. Ein Schnellbrief des RSHA (RSHA V A - Nr. 1 2 7 7 /40 - vertraulich -) vom 1 8. J uni 1 940 ordnete an, daß bei diese n Personen ' im Hinb lick auf die Kriegs­zeit' ein besonders strenger Maßstab anzulegen und die F ort­dauer d er Haft u.a. be i J uden und Z igeunern auf j eden F all geboten sei.

Der Schnellbrief führte unter den Häftlingen, bei denen eine Haftprüfung nicht vorgenommen werden sollte, zuerst die Aso­zialen an, deren kriminelles Vorleben über den Rahmen der kleinen Kriminalität hinausging , und dann Asoziale, die wieder­holt wegen B etteins und Landstreicherd vorb estraft und ins­besondere keinen festen Wohnsitz hatten. Erst dann werden J uden ' im Hinblick auf die augenblickli che Lage Unm öglich­keit der Auswanderung ' und an letzter Stelle die Z igeuner o hne Begründung genannt . . . . ( S . 1 1 2 )

Bei Kriegsausbruch bestanden 6 KL mit 2 1 .400 H äftlingen. 4 0) Davon zählen ca. 1 0 .000 zu den polizeilichen Vorbeugungs­häftlingen.

Allerdings wurden später auch Zigeuner entlassen, die zum Teil kurzfristig eingeliefert worden waren. So z .B . eine Zigeuner­kapelle, der man wegen anstößigen Benehmens gegenüber Fraue n und Mädchen nicht nur das weitere Auftreten untersagte, sondern sie auch für 4 Monate in das KL Dachau einwies . . . . (S . 1 1 3 ) 4 1)

33) 1 . D V . - E r l . z u r VO über A r b e i t s l o se n h i lfe vo m 5 . 9 . 1 939 ( D t . R e i c h s­und Pr . Staatsanze iger N r . 2 1 3/39)

34) R i cht l i n i e n des R ei c h s m i n i sters des l n ne r n f ü r d i e B e u rte i l u ng der E rbges u n d h e i t vom 1 8 . 7 . 1 940 i n : M i n i ster i a l b l att des R e i c hs- und Pre u ßisch e n M i n ister i u ms d es l n n e r n , S . 1 559 ff .

35) R e i ch sk r i m i na I po l i ze ia mt

36) B e r i cht des Leiters der A bt . G e s u nd he itswese n i m D i s t r i k t Rado m v.

2 6 . 5 . 1 943 i n : F ra n k -Tageb u c h Bd . 2 6 , i n : I MT Bd . XXI X , S . 593 f f .

37 ) LG K a r l s r u he WG I I 88, - Sc h r i ftsatz d e s J u st i z m i n . Bade n-Württem-berg , Abt. W i e d e rg utma ch u ng , 2 0 2 - E K 7 4 /50 v. 1 9. 8 . 1 950

38 ) LG K a r l s r u h e , Besc h l u ß v. 23. 1 2 . 1 952 - W G I I 8 7 7

3 9 ) R e i chsm i n ister d e s l n n e r n , Pol S V B 2 N r . 1 2 64/40 I V .

40) C h ef d e s W i rtschafts-ve rwa l t u n g s- H a u ptamtes C h . Po / H a 2 1 92 /42g v. 30.4. 1 942 = Dok. 1 29- R i n : I M T , Bd . X X X V I I I , S. 363 f f .

41 ) Landesa mt f ü r K r i m i n a l e r k e n n u ng sd i e nst + Po l i ze i stat ist i k W ürttem­l>erg- Bad e n , Abt. 1 /5 Tg b . - N r . 1 1 5 , S / 5 1 N m .

3 0

a ) Burgenländische Z igeuner (II ) Sie bestanden zu zwei Dritteln aus Frauen und Kindern.

Sicher läßt sich dieser Z ustand mit der polizeilichen Vorbeu­gungshaft von 2 .000 burgenländischen Z igeunern erklären, die bereits früher eingewiesen worden waren. Als seßhafte Z igeuner wohnten sie in dürftigen Lehmhütten. Um sie besser überwachen z u k önnen, sollten die Wohnhütten kleinerer Siedlungen (bis zu 50 Personen) abgebrochen und auf die nächstliegenden grö­ßeren S iedlungen ' sippenweise verte ilt ' werden. Lastkraftwagen der Polizei führten bei größerer Entfernung den Hausrat und auch Abbruchmaterial nach. Für die se 'kleine Umsiedlung ' hatten die Aufnahmesiedlungen mittello sen Zigeunern Stro h und Lehm zu stellen. Das RKP A versäumte nicht, auf das spätere Entwanzen der Lastkraftwagen hinzuweisen. Siedlungen mit mehr als 300 Personen erhielten eine ständige Wache der Ordnungspolizei, die mit zwei B eamten besetzt war. Kein Z igeuner durfte die Siedlung ohne schriftliche Genehmigung verlassen. F erner sollten G em einschaftsküchen eingerich tet werden. Um die bisherigen erheblichen Lasten der F ürsorge zu vermindern, ordnete der Erlaß an, 'die Arbeitskraft der Z igeuner in weitestgehendem Maße produktiv' auszunutzen. Deshalb hatte die Kriminalpolizei-Leit· stelle dafür zu sorgen, daß die männlichen Zigeuner an den großen Arbeitsplätzen in Linz und Eisenerz eingesetzt wurden.

S ie sollten zwangsweise über die nächsten Arbeitslager dort­hin transportiert und in Baracken bei Gemeinschaftsverpflegung untergebracht werden. N ur Zigeuner , die seit längerer Zeit in Arbeit standen und ' zumindest als gelernte Arbeiter zu be­trachten ' waren, ko nnten 'aus Zweckmäßigkeitsgründen' an ihrem bisherigen Arbeitsplatz bleiben.

Diese Arbeitslager 4 2) leiteten Kriminalbeamte in V niform ; diesen standen Zigeuner als Barackenälteste usw. zur Seite , die z u diesem Zweck 'versuchsweise ' aus der polizeilichen Vor­beugungshaft entlassen worden waren . . . . (S. 1 1 4)

Diese Arb eitslager gehören nicht zu den ersten Zusammen­fassungen von Z igeunern . Bereits 1 93 7 bestand ein Zigeuner­lager in Biebrich/Rhein, in dem wiederholt Sc hlachten statt­gefunden haben. 4 3) W eitcr bestand ein Zigeunerlager in Lacken­bach bei Wien m it einem Auße narbeitslager in Le�poklsdorf. 44) Das im Kriege eingerichtete Z igeunerlager bei Königsberg/Pr. bestand bis 1 945 . Weitere Lager befanden sich bei Salzburg und bei Fulda. 4 5) F erner in Berlin-Marzahn und in Pölitz bei Stettin. Auch in Po itiers (Frankreich) existierte im Jahre 1 94 2 ein 'Camp d e s Nomandes ' , von dem ein Z igeunerlager durch Stacheldraht abgetrennt war .

Die in den übrigen Österreichischen Landen befindlichen 700 Z igeuner wurden in den einzelnen Gemeinden in einer 'geeigneten Unterkunft ' zusammengezogen, die sie nur mit Genehm igung der Ortspo lizeibehörde verlassen durften. Arbeits­fähige Z igeuner hatten die nicht-arb eitsfähigen weitgehend m it zu unterhalten, um diesen ein 'notdürftiges E xistenzmini­mum ' zu sichern. Ersatzweise sollte die F iirsorge eingreifen. . . . (S. 1 1 5 )

Wir hatten festgestellt , daß für Z igeuner und Zigeuner-Misch­linge keine Sonderbestimm ungen galten und sie zum Arbeits­und Wehrdienst in gleicher Weise wie Deutschb lütige einberufen werden m ußten.

Eine E ntscheidung im Rahmen der Wiedergutmachungsbe­stimmungen führte einen 'geheimen Runderlaß ' des Reichs­kriegsm inisteriums vom 26. Novemb er 1 93 7 an, nach dem Zi­geuner keinen Wehrdienst leisten d urften und der Ersatzreser­ve II zu überweisen waren.

Am 1 0 . J uni 1 942 verbot eine Verfügung des Oberkommandos der Wehrmacht 'aus rassenpolitischen Gründen ' , Z i « e u n er u nd Z igeuner-Mischlinge - auch als Freiwillige - i n (I(')] aktiven

42 ) St A Fra nk f u rt / Ma i n 55/3 J S 5582 /48 , S .

43) 0 LG F ra n k f u rt / Ma i n , Besch l . v . 1 3 . 1 . 1 95 3 - 2 W 834/5 1 2b (2) W i k E

1 5 7 . 44) O LG M ü n c he n , W E G 5 1 /52 E K 358 1 /50 Besch l . v . 1 5 .9 . 1 9 5 2 . 4 5 ) 0 L G Fra n kf u rt / M . Besch l . v . 5 .8 . 1 9 5 2 - 2 W 1 5 /52 2b ( 2 ) W W i k E

509.

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Wehrdie nst einz ustellen. Während Zigeuner den Ausschließungsschein erhielten, sollten Zigeuner-Misc hlin­ge der Ersatzreserve II b zw. der Landwehr überwiesen werden. Z u diesem Zweck so llte n die Krimi­nalpolizei( leit) stelle n die Perso nen den Wehrdienststeilen mitteilen. So­weit Zigeuner und Z igeuner-Misch­linge no ch in der Wehrmacht Dienst taten, waren sie 'wegen mangelnder Eignung' ( § 24, II b WG) aus dem aktiven W ehrdie nst zu entlasse n und wie nicht einberufene Zigeu­ner zu behandeln . . . . ( 1 3 3 ) .

Die So nderregelungen für Zi­geuner bis zum Jahre 1 9 42 zeigen, daß hinsic htlich dieser Frage selb st nach zehnj ähriger natio nalso zialisti­scher Herrschaft noch keine ein heit­lic he Linie festzustellen ist . . . . ( S . 1 3 9 )

Währe nd schon seit 1 93 3 grundsätzlich die N eigung b estand, die Zigeuner aus sämtlic hen Orga-nisatio nen der Part ei herauszuhal­te n, sind doch mehrere Fälle b e­kannt , in denen Zigeuner nicht nur den Gliederungen der N S DAP, ins­beso ndere der Hitler-J ugend und

SA, so wie der N S V, so ndern auch der Partei angehörten . . ,. ( S . 146)

Ouo vadis mit der Meinu ngsfreiheit i n der B undesrepub l i k Deutsch land, speziel l jener für d ie wisse nschaft l iche Forschung? - Die Herren Min ister für I n neres ( Zi m mermann, l i n ks i .B .) und Justiz ( E ngel hard ( rechts i .B .) u neins? - Übrigens: I m R evisio nsverfah ren bezüg l ich der Nr. 1 5 Historische Ta tsachen - siehe Heft Nr. 21 - hat der B u ndesger ichtshof m it Besch luß vo m 27 . 1 1 . 1 984 die vo m Verfasser bea ntragte Revision e insti m m ig "a ls u nbegründet verwo rfen, da die Nachprüfu ng des Urte i ls . . . keinen Rechtsfeh ler zum N achte i l des Ei nziehu ngsbetei l igten ergeben hat" (Saiger, Knobl ich, Ruß, Goydke, Meyer-Goßner - AZ: 4 St R 683/84) . Auch d ie Verfassungsbeschwerde i st mit Urte i l des Bu ndesverfassu ngsger ichts vo m 1 2. 3. 1 985 ( AZ: 2 BvR 1 645/84) d u rch d ie R ichter Ze id ler, Träger und K lein

Gegen die Inhaftierung der im Auschwitz·Erlaß genannten Ausnah­men spricht , daß selb st noch am 1 . , . ,.. �,p.ewiesen wo rden. ·

September 1 944 m Deutschland ,.. + *+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*

1 4. 5 7 4 J ude n außerhalb der Ko nzentratio nslager lebten . 4 6). Aus hältnis von 1 1 6 zu 2 0 1 A nträgen, daß zahlreiche Zigeuner den damaligen Verhältnissen ist zu schließe n, daß sich am 1 0 . nicht in die Konzentratio nslager e ingewiesen worden sind.

März 1 944 mindestens die gle iche Anzahl J uden, eher mehr , in Diese Z ahl erhöht sich no ch, wenn man b erücksichtigt , daß

Freiheit befunden haben müssen . Wie es aber b ei den J uden einig e Zigeuner überhaupt nicht versucht haben, einen Antrag

Ausnahmen gegeben hat , bestanden sie b ei Zigeunern, die der zu stelle n, weil sie nicht im Konzentratio nslager gewesen waren. Nicht wenige Z igeuner sind üb erhaupt niemals festgesetzt

rassischen Verfolgung bisher grundsätzlich nicht so stark ausge-worden oder wurden bei Razzien inhaftiert und nach kürzerer

setzt waren, zumindest in gleicher Weise . Das läßt sich aus zahlreichen Fest stellungen belegen.

In den heutigen Regie rungsbezirken Nordbaden und Nord­württemb erg wurden in den J ahren 1 9 5 0 bis 1 9 5 2 auf A ntrag des damaligen württemb erg-badischen J ustizministeriums die Wiedergutmachungsanträge vo n 2 0 1 zigeunerischen Personen überprüft. 4 7) Hiervo n erhoben 1 1 2 Personen Anspruch wegen erlittener Haft in Konzentratio nslagern 4 8) und 44 wegen Evakuierung in das Generalgouvernement im J a hre 1 940. Bei 1 7 4 Zigeunern ko nnten die Verfolgungsgründe einwandfrei bzw. mit grö ßter Wahrscheinlichkeit geklärt werden.

Nur in 7 2 Fällen lagen rassische Motive vor. Da die Erhebung allerdings die Evakuierung in das Generalgo uvernement als militärische Maßnahme ansieht, würde sich die Zahl nach unserer Ansicht auf 1 1 6 erhöhen. Selb st wenn man unter­stellt, daß alle 44 A nträge b erechtigt waren {das ist sehr zweifel­haft, da z.B. vo n 2 0 1 Perso nen allein 48 Zigeuner ihre Perso­nalien nachweislich falsch angegeben hatten), zeigt das Ver-

46) Nach einer stat ist ischen E r heb ung der ' R ei chsvere i n i g u n g der J u d e n i n Deutsc h l a nd " , d i e vo m R SH A m o n at l i ch ve r la ngt w u rde, i n : B r u no B l a u , " D i e Kr i m i n a l it ät i n Deutsch l a nd während d es zweiten We ltkr ieges" i n :

Zeitschrift für d ie gesamte Strafrec htsw issenschaft, 64. Bd ., B erl i n 1 952, S . 1 0, 3 1 ff, i nsb. S . 6 5 ff

47) La ndesk r i m i na lamt Bade n-W ürttemberg, J a hresber icht 1 952, Tei l I I , A I 2 c, S. 85

48) H i erbei ist zu berücks icht igen, d a ß v ie le Z i g e u ner a l s Aso zia le i n d ie KZ ei ngewiese n wo rd e n war e n . R i tter schätzt, d a ß ' k a u m d ie H älfte' a l ler Zigeu ner als Asoz i a l e in die K L g e l a ngten.

oder längerer Haft wieder e ntlassen, wie sich aus zahlr eichen Wiedergutmachungsakten ergibt ... (S. 1 7 0 - 1 7 1 )

Vo n 4 2 9 Z igeunern, bei denen wir i n Baden-Württemberg nach dem Kriege b egangene Straftate n festgestellt haben, waren 253 in Baden-Württemberg, 53 im übrigen W estdeutschland, 1 4 i n Mitteldeutschland und 1 1 i n Ostdeutschland ( unter polnischer und r ussischer Verwaltung stehender Gebiete ) , das heißt 3 3 1 Per­so nen in den Grenzen vo n 1 9 3 7 , geboren, während bei 98 Per­so nen der Geburtsort im Ausland (davon 5 1 allein in der Tsche­choslowakei) lag.

Aus die sen spärlich en B eispielen und den nach dem Kriege gestellten Wiedergutmach ungsanträgen kann nur geschlossen wer­den, daß eine generelle z wangsweise Sterilisatio n, die nach einer bestimmten Frist abgeschlo sse n sein so llte , nicht stattgefunden hat . . . . (S. 1 7 8 )

. . . . scheinen bei den Zigeunern diese Sele ktio nen ausgeblie­ben zu sein. Sie kamen m itsamt ihren Familien - was sonst in Konzentrationslagern bei Nicht-Zigeunern nie üblich war - in ein beso nderes Z igeunerlager innerhalb des KL Auschwitz, in dem selbst die arbeitsfähigen M änner nicht zu arbeiten brauchte n und alle mindestens zehn Mo nate unbehelligt blieben . . . . ( S . 1 6 2 )

Gegenüber der Lage während d e s Polenfeldzuges hatte sich die innere Sicherheit des Reiches bedeute nd gewandelt. Es waren bei weitem mehr M änner als j e z uvor zum W ehrdienst eingezogen. Allein im J ahre 1 94 2 wurden zwei Millionen zur Wehrmacht ein­berufen. A ndererseits strömten im gleichen Z eitraum drei Millio­nen ausländische Arbeitskräfte nach Deutschland ein . . . . ( S. 1 6 1 )

3 1

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Bei den Rom-Zigeunern ist sicher, daß sie der Kriminalpolizei bisher die meisten Schwierig keiten b ereiteten, und auch deshalb als geschlo ssene Gruppe eingewiesen wurden . . . . ( S. 1 62 )

Glüc klicherweise haben sich die nach dem Kriege geäußerten Befürchtungen und Behauptungen über das Schicksal der Zigeu­ner nicht b ewahrheitet. " ( S . 1 9 1 )

Wären die Zigeuner . . . der Vernichtung zum Op fer gefalle n, würden die heute in Baden-Württemberg leb e nden Z igeuner nicht in so hohem Maße in Deutschland geboren sein, so ndern aus Gebieten außerhalb Deutschlands stammen.

Aus diesen Gründen kann die Evakuierung und Isolierung der Zigeuner kaum im Sinne einer ausnahmslosen Entfernung aus dem Reic h gemeint gewesen sein. Z u m indest ist sie j edenfalls nicht in dieser F orm durchgeführt wo rden . . . . ( S. 1 7 1 )

Wirklich so zial augepaßt leb ende Z igeuner sind nur in den selteste n F ällen in ein Ko nze ntratio nslager eingewiesen wor­den. 4 9)

49) A ussage L i n LG St uttgart, Wk I I E G R 330 (S . 24 ff ) : E G R 1 234 ; E G R 38

A ussage R i n : E G R 1 546 B I . 2 1 /2 2 G uta c ht e n vo n Uscho ld : LG M ünchen I E K 34/5 1 ( L E A : 1 0 56 / 1 / 7 4 1 )

A ussage A i n : LG St uttgart , W k I I , Besch l u ß v. 23.8 . 1 95 1 , ES 5590/ E G R 1 26 1 sowie LG St uttga rt, Wk I I , Besch l u ß v. 1 3.9 . 1 9 5 1 - ES 0577 E G R 38 Der Besc h l u ß erwä hnt be i sp ie lsweise sechs Verfa hre n d ieser Kammer, aus denen s ich in zwei V erfa h r e n d ie E nt l ass ung j e e i n es Z igeuners in den Jahren 1 943 und 1 944 ergeben hat . • . . (S. 1 70 - 1 7 1 ) .

D e r S c h n e l l b r i e f d e s RSHA

D er ohne Unterschrift, ohne N ennung eines Verant­wortlichen, ohne Stempel gedruckt vorliegende Schnell­brief des R eichssicherheitshauptamtes ( RSHA) vom 2 9 . 1 . 1 9 4 3 so) ist d er " Schrifte nreihe des R eichskrimi­nalpolizeiamtes Berlin Nr. 1 5 - Vorbeugende Ver­brechensbekämpfung - E rlaßsammlung" entnommen. Unseren N achforschungsbemühungen stand lediglich die im Institut für Z eitgeschichte, M ünchen, in F oto­kopie vorliegende E rlaßsammlung zur V erfügung, die von einem offensichtlichen Original in einer us-ameri­kanischen Bibliothek gefertigt wurde ( L ib rary L egal Divion OM GUS APO 7 4 2 , N o . G 4 1 9 . 5 7 ) .

Um es sogleich vorwegzunehmen : D a s Blatt 3 2 4 mit dem nachfolgenden noch zu analysierenden Para­graphen III ist als einziges in der gesamten Sammlung nachträglich hineingeklebt w orden. Das ursprüngliche Blatt 3 2 4 ist sauber herausgeschnitten. Die Druck­type unterscheidet sich zwar nicht vom übrigen Text. -­

Wir kommen darauf zurück.

Die Bedeutung dieses " S chnellbriefes des RSHA", vom 2 9 . 1 . 1 9 4 3 erhellt dadurch, daß er in der neu­zeitlichen Literatur als " systemtypisch" , als "den Willen des Nationalsozialismus ausdrückend " ausge­wiesen und dem ganzen deutschen Volk angelastet wird , so , als hätte es stets allem begeistert z ugestimmt , was irgendj emand einmal damals in irgendeiner Be­hörde geräuspert hat .

Bei näherem Hinsehen stellt sich indessen heraus , daß in einem augenscheinlich authentischen D okument

nachträglich ein ganzer Abschnitt verfälschend ausge­wechselt worden ist. Wir haben diese M ethode kürzlich im sogenannten " Stahlecker- Bericht " vom 1 5 . 1 0 . 1 94 1

50) " E i ne A usfert i g u n g d es Sc h ne l l b r i efes k o n nte i n d e n i m B u nd es·

3 2

arch iv n u r l ücken haft über l ieferten Akten i n sbeso ndere d e s R S H A n i cht e rmi tte lt werd e n , a u c h n i cht d er Befe h l d e s Re i chsf ü h re rs-SS vo m 1 6. 1 2. 1 94 2 . " - Schre i ben d es B u n d esa r c h i vs an Verf . v. 1 5 . Ja n u a r 1 98 5.

nachgewiesen ( siehe Historis c h e Ta tsa c h e n Heft Nr. 16 - " Einsatzgruppen im V erband e des Heeres" 1 . Teil, s. 34 ff) .

Der Abschnitt hier, auf d e n sich der Fälschungs­vorwurf bezieht , ist der Abschnitt III dieses Schnell­briefes. E r lautet :

" I II. So weit der unter II 3 - 9 angeführte Personenkreis vo n der Einweisung in das Konzentratio nslager ausgenom me n wird, ist wie fo lgt z u verfahr e n : 1 . D i e E inwilligung z ur U nfruchtbarmachung d e r üb er 1 2 J ahre

alten aber noch nicht sterile n zigeunerischen Perso nen ist anz ustreb e n ;

2 . Vo llj ährige Personen haben im Falle d e r E inwilligung eine unterschriftliche oder mit d em Abdruck des rechten Zeigefingcrs versehene Erklär ung abz ugeb e n , die dem Reic hskriminalpolizeiamt unter Angab e der Personalien in zw eifacher Ausfertigung zu üb ersenden ist.

3. Bei Minderj ä hrigen üb er 1 2 J ahre ist die Erklärung vom ge­setzlichen Vertreter ab zugeb e n .

4. Im F all der Weigerung entscheidet n a c h Darlegung der Gründe das Reichskriminalpolizeiamt über das zu Ver· anlassende . "

Während alle übrigen Abschnitte eine kurzge­faßte und fett gesetzte Überschrift hab en ( I . Ein­weisung von Zigeunermischlingen, Rom-Zigeunern und balkanischen Zigeunern in ein Konzentrations­lager, II. Von der Einweisung bleiben ausgenommen, IV. Verhängung der Vorbeugungshaft, V. Haftunter­lagen, V I . Sonstiges) , weicht Abschnitt I I I um ständ­lich davon ab und verläßt auch im Inhalt den Betreff des gesamte n Schnellbrie fes , der sich lediglich auf die E inweisung in ein Konzentrationslager be zie ht . Er überschreitet auch die Kompetenzen des RSHA sowie die vorhandenen Gesetze .

D er " B etreff" des Schnellbriefes befaßt sich nicht damit. , was mit Personen zu geschehen habe, die aus Sicherheitsgründ en n i c h t in ein Konzentrations-

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lager eingewiesen werden sollen, schon gar nic ht be­in haltet er " Unfruchtb armachung" .

Beachtet man die R echtslage im damaligen Deutschland , Befehlswege und Kompetenzen der ein­zelnen Behörden, schließlich den Z e itpunkt der Sta­lingrad- Katastro phe, des amerikanischen V ordringens in Nord- Afrika, des sich verschärfende n zivilen Bom­benkrieges, so erweist sich der Schnellbrie f-Text, der eine " U nfruchtbarmachung" ein es " angeführten Per­sonenkreises anzustreben" befiehlt , als so abartig, daß er zweifello s ein Kriegsgerichtsverfahren ausgelöst h ätte. Als ob es in Deutschland gerade in diesem Zeit­punkt nicht andere Sorgen gegeben hätte ! Und dann schaue man sich d en " in I I . 3 - 9 angeführten Per­sonenkreis " einmal genau an : Es sind ausg ere chnet j e ne Leute, für die eine Sicherungsverwahrung nicht

nötig schie n : Rechtsgültig mit Deutschblütigen Ver­

heiratete , so zial angepaßt Lebende, die in fester

Arbeit standen , und Versehrte, mit Tapferk eitsaus­

zeichnungen Deko rierte . Wed er ist ein Gesetz genannt, nach d em dies

m öglich gewesen wäre, noch eine Begründung w a r u m eine U nfruchtbarm achung ausgerechnet bei jenem "Personenkreis" im Gegensatz zu den als sicherheitsgefährdend angesehenen anderen Personen­kreisen " an z ustreben ist " . Ein Arbeitsbeschaffungs­programm für Arzte hatte das RSHA 1 943 auch nicht nötig , - man versetze sich in dieses Kriegsjahr ! Außerdem w äre es dafür auch nicht zuständig ge­wese n !

Analysieren wir den Sprachstil d e s Abschnittes li I :

E i ne " sterile P erson " gibt es nicht . Steril bedeutet keimfrei. E ine F ormulierung "noch nicht sterilen zigeunerischen Personen" ist somit Unsinn . Wenn mit d ieser F arm ulierung " sterilisierte" Personen gemeint gewesen seien, so hat der Schreiber solcher Z eilen keine Sprachkenntnis . Ein solcher Mann wäre im RSHA niemals auf einen Posten avanciert , der es ihm erlaubt hätte , Schnellbriefe des RSHA zu fo rmulieren, zu überprüfen, zu verantworten, zu versenden ! Doch weiter :

Position 2 : Eine " unterschriftliche Er klärung" sei ab zuge ben. - E in ebensolcher Schwachsinn ! E s gibt alle nfalls e ine Erklärung, die zu unter­schreib en ist, niemals aber eine " unterschriftliche Erklärung " . -- Po sition 4 : "Im F alle der Weig erung entscheid et nach Darlegung der Gründe d as R eichs­kriminalpolizeiamt über das zu Veranlassende". -Wenn laut P o s . 1 " Die Einwilligung . . . . anzustreben ist " , so set zt Pos. 4 dieses wid ersprüchlich dadurch außer Kraft, daß dem R eichskriminalpolizeiamt " im F alle der Weigerung" Vollm acht erteilt wird , o u ch o h n l ' [in lr illif!ll f lg über d ie " U nfruchtbar­machung " zu entscheid en, - "Nach Darlegung der Gründ e " , versteht sich. Welche Gründ e sollen dafür sch on " dargelegt " werden? Will man wirk­lich die Welt glauben machen, das RSHA hätte zu damaliger Z eit nichts anderes zu tun gehabt ? -Abartiges, Gesetzloses, Undurchführbares, Kriegs-

unwichtiges , Widersprüchliches als täglicher Dienst­plan für die deutsche Polizei in den Jahren 1 94 3 , 1 944, 1 94 5 ?

Verständlich wird das freilich alles, wenn man sich der ausländischen " Schwarzkünstler" erinnert . Dann bekommt das Abartige seinen Sinn !

Wir haben den Ab satz III dieses Do kumentes näher untersucht . Auf das fein säuberlich ausgeschnittene und neu eingeklebte Blatt 3 2 4 haben wir b ereits verwiesen. Die Druckb uchstab en inclusive der für SS damals übli­chen Siegrunenzeichen stimmen mit den übrigen S eiten der Erlaßsammlung überein. Dieser Sachverhalt ist je­d och kein schlüssiger Beweis für die vollständige Authen­tizität dieses " D o kumentes" . Eine Vielzahl von Fäl­schungen der sogenannten " S chwarzpro pagandisten"

in britischen, sowj etischen und amerikanischen Diensten enthalten ang ebliche " Originale" an Stempeln, Brief­köpfen , Schrifttypen u.ä Klischeeanfertigungen. Man lese hierzu Sefton Delmer, " Die D eutschen und ich" oder Ellic Howe " Die schwarze Pro paganda - Ein In sider- Bericht über die geheimsten Operationen des britischen G eheimdienstes im Zweiten Weltkrieg" (M ünchen 1 9 8 3 ) . Auch die Einschmuggelung solcher Fäls chungen in d ie deutschen Akten war nicht nur ein Anliegen, dem sich S eft on D elmer und sein Stab nach Kriegsende in Deutschland mit besonderer Vorliebe angenommen hatte .

Das Institut für Zeitgeschichte teilte mit Schreiben v .

1 8 . 1 2 . 1 98 4 mit , daß d i e Erlaßsammlung "Vorbeugende

Verbrechensbekämpfung " in einer vertraulichen Auflage

"im Dezember 1 9 4 1 in Berlin gedruckt wurde " . - Es ist

kaum anzunehmen, d aß die späteren Schnellbriefe eben­

falls noch während des Krieges gedruckt wo rden sind,

dafür waren dam als die M öglichkeiten für "S chnell­

briefe " , zumal mit nur geringem Verteiler , infolge der

Kriegsbedingungen k aum mehr vorhanden . . Jedenfalls

wäre das einer Nachprüfung wert , was uns bisher kon­

kret zu beantworten nicht möglich war . Fest steht

indessen, daß die Siegermächte nach dem Mai 1 9 4 5 die

ehemals deutschen Druckbuchstaben für ehemals offi­

ziellen deutschen Dokumententext zur Publizierung der

von ihnen dann herausgegebenen Akten verwendet

haben .

Ein ko nkretes Beispiel dafür sei aufgezeigt , wie ein

angebliche s deutsche s Dok ument , das nach 1 9 4 5

von al liierter Seite mit SS-Siegrunenzeichen gedruckt , im Text zudem verfälscht wurde : Es handelt sich um

das in den A kten des Nürnberger Militärtrib unals im Band XXVI unter der Dokume ntenbe zeichnung 1 0 6 1 -P S als letzte M eld ung angehängte Fernschreiben des S B- Brigadeführers Stroop vom 1 6 . Mai 1 943 an den H öhere n SS- und Polizeiführer Krüger über die Nieder­werfung des Aufstand es im Ghetto von Warschau. Dort heißt es u.a .

"G esamt zahl der erfaßtcn und nachweislich vernichteten J uden b eträgt insgesamt 5 6 . 0 6 5 . "

Aus den übrigen Einzelb erichten des s ogenannten

3 3

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" Stroop- Berichtes " , die unter d erselben Dok.Nr. abgedruckt sind , geht eindeutig hervor, und zwar durchgängig , daß sich diese Z ahl 5 6 . 0 6 5 zusammen­setzt aus der Z ahl der Toten und der " Umgelagerten", d .h . der an andere Orte V erbrachten, wobei selbst die "aus Bunkern Erfaßten" von den Toten bzw. Er­scho ssenen numerisch gesondert genannt wurden, beide Kategorien jedoch in die Gesamtsumme der Umgelagerten und Toten aufgenommen wurden . Stro op hatte am 1 6 . Mai 1 94 3 also nicht s chreiben können " und nachweislich vernichtet". Im übrigen liegt zum Warschauer Ghetto-Aufstand auch eine umfangreiche Schilderung der jüdischen Aufständi­schen vor : Y uri Suhl, " They fought back" , N ew Y ork 1 9 7 5 ( " Sie schlugen zurück" ) . Nirgendwo in dieser Beschreib ung des Aufstandes im Ghetto von War­schau ist von einem Massenmord der Deutschen die Rede, schon gar nicht an 5 6 . 0 0 0 M enschen, sondern

ausschließlich von Kampfhandlungen. Die deutschen Verluste in diesen Kämpfen werden dort mit 3 6 0 Toten und 1 . 0 0 0 Verwund�ten ang egeben ( S . 1 1 5 ) .

Nach Kenntnis dieser Sachverhalte kann e s nicht verwundern, wenn diese von den Alliierten nach Kriegs­ende nachweislich verwendeten - und auch für Text-Verfäls chungen verwendeten !

noch für andere " D okumente"

und ihre Bearbeitung b e nutzt wurden.

Druckstöcke auch

Mit Ausnahme dieses Schnellbriefes des RSHA gibt es we der eine einzige überlieferte Reaktion der zahlreichen Empfänger oder der vo n ihnen in Bewegung gesetzten

nachgeordneten Instanzen noch überhaupt einen Nach­

weis für "eine generelle zwangsweise Sterilisatio n " . Dies

ist erweislich aus den nach dem Krie g vorgetragenen

Wiedergutmachungsanträgen bzw. durchgeführten

-verfahren. 5 1 ) Der Abschnitt III dieses Schnellbriefes ,

der - allein schon seinem Sprachstil nach zu urteilen �­

von einem Ausländer formuliert wurde, ist für diesen

Sachverhalt wie derum sympto matisch .

In der gesamten E rlaßsammlung des RSHA ist in bezug auf Männer stets von "Entmannung " , in bezug auf Frauen von " Unfruchtbarmachung" die Rede . Einen Hinweis auf " Sterilisation, Entmannung oder Unfruchtbarmachung von Zigeunern " gibt es im Sach­register dieser E rlaßsammlung nicht .

So auch schon früher im Deutschen R eich. Beispiel :

" D er Reichsführer�S S . . . . B erlin SW 1 1 , d e n 20.5 . 1 939 . An das Reichskriminalpolizeiamt Betrifft : Freiwillige Entmannung vo n Vorbeugungshäftlingen Im Runderlaß des Reichs· und Preußischen Ministers des

Innern und des Reichsjustizministers vom 23 . 1 .36 (RMBliV. S. 2 5 8 ) ist ausgeführt , daß die }'reiwilligkeit des Entschlusses zur E ntmannung durch keinen - auch keinen mittelbare n -Zwang beeinträchtigt werden darf. ' Insbeso ndere ' heißt es dort,

• • • • • •

Der zwe ite Vo rsitzende des Ze ntra l rats Deutscher S i nt i u nd Roma, Oskar B i rken·

telder ( re c hts) n i m mt a us den H ä nden d es F re i b u rger Ob erbürgermeisters Böhme das Verdienstk reuz am Ba nde des Verd iensto rde n s der B u n d esrepu b l i k Deutsch land ent·

• • • • • ...

: gege n . • ...

Wo schließlich ist in den damaligen deutschen Gesetzen auch nur der geringste Hinweis dafür gegeben, daß E ltern durch bloße Willenserklärung körperliche Eingriffe in den Lebe nsstatus ihrer minder­jährigen Kinder - Sterilisie­rung wäre ein solcher gewalt­samer Eingriff - hätten ver­fügen können ? So etwas z u unterstellen ist schon eine Ungeheuerlichkeit in sich ! Als ob auch je zu erwarten war -wie es Abschnitt III des ge­nannten Sc hnellbriefes unter­stellt daß Eltern einer solchen Z umut ung irgend­welcher staatlichen Behörden gegenüber ihren " Kindern ab 12 Jahren" auch nur die geringsten C hancen gäben ! " F reiwilligkeit war ja anzu­streben" ! Und solche Abartig­keit soll in ein em "Sc hnell­brief des RSHA" ohne weitere Erläuterung der d urch einen solchen Text völlig verwirrten und aufgebrachten Polizeibe­amten übermittelt w orden sein?

: N a c h A u s k u nft d e r O rd e n ska nz l e i d es B u nd espräs i d ia l a m tes e r h i e l t H err • ... • ...

34

• • B i r k e nfe l d e r d i ese A u sz e i c h n u n g a u f G ru nd d e r von i h m konz i p i erte n u n d • : e ntwi c k e l t e n soz i a l e n B e ra t u ngsste l l e n, o rga n i s i erter B ü rger rechtsa rbe it , se i �

: nes E i n satzes f ü r d i e V ö l k e rverstä nd i g u n g u n d - so wört l i c h :

: "Die A nerk e n n ung natio n a lwzialis ti.� clw n Un recht .� a n Sin t i u n d R mna : d urch die Rundesrrgierung im Ja hre 1 982 l1 eruh t e a uf se iner in tensive n

• ... • ... • ... • • • ...

: Mita rb eit. " •

• 5 1 ) H .J . D ö r i n g , " D i e Z ig eu ner im N S-Staat " , Harnb urg 1 964 , S. 1 78

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' ist es daher unz ulä ssig, d ie (� ewähr u n g b ed i ngter Strafaus­s e t z u ng vo n d er E i n willigung abhängig z u m a c h e n ' .

Vm einer fals c h e n A uslegung d ieser B estim m ung vor z ub eugen, b e t o n e ich im E i nver n e h m e n m it dem Reichsminister d er J ustiz , daß die nach d er B estim m u ng des § 14 A b s. 2 des G esetzes zur

Ve r hütung erbkra nke n Na chwuchse s erforderliche Freiwilligkeit nic ht in Frage geste llt werden darf , wenn der i n Vo rb eugungshaft befindliche Sitt li chkeit sverbr echer darüber bele hrt wird , da ß na ch Vo rna h me der Entmannung wahrsche inlich seine Ent lassung aus der Vo rbeugungshaft wir d erfolgen könne n .

I c h ersuc he , i n geeignete n F ällen entsprechend zu verfahre n . "

Weiteres Beispiel :

" R eichssic h er h e i t s ha uptamt B erlin, den 1 3 . M a i 1 9 4 2

A n alle Kriminalp o l i z cileit stelle n u n d -ab teilungen B e tri fft : Sc hwangere Prostituierte Auf G r u nd d er m i r vo n d e n Krim inalpo lizei ( Ieit ) stell e n über­

sa ndten B erichte über h e ka n ntgewor d e n e Sc hwangersc hafte n vo n Pro st i t u ierten habe ich beim Rei c h s m inisterium des Innern eine gr u n dsät zl iche K lärung der Frage der Unt erbr echung die ser Schwa nge rsc haft angeregt .

Der Re ic hs minister des lnnern hat n u n m ehr durch Erlaß vo m

2 8 . 4 . 1 9 4 2 -- IV b 7 4 6 /4 2 / 1 0 6 7 - an d ie Gesundheitsäm ter und ihre :\u fsi c h t s h e hiird e n fo lg endes a ngeord n e t : . . . .

I c h weise darauf h i n , daß d erart ige F älle i n d e n Rahm e n m e ines E rlasses vo m 1 9 . Septe m b er 1 9 40 . . . falle n und daher b e i m ir die C e n c h m ig u ng z ur Schwa ngerschaftsunterbrechung und die etwa notw e nd �7 gc haltc nc U n fruchthar m a chung nachgesucht werden k a n n . . . . .

A m 1 3. O ktober 1 942 hatte Himmler in einem Erlaß bek anntgemacht, daß die reinrassigen Binte-Zi­geuner sowie di e von ihnen aufgenommenen Zigeuner­mischlinge, sofern sie sich einwandfrei verhalten und zu keinerlei Beanstandungen Anlaß geben, eine gewisse Bewegungsfreiheit erhalten sollen und ihrer arteigenen Besch äfti gung nachg ehen können. Für das Reichsgebiet si nd neun ihrer Sprecher bestellt worden, deren Anträge au f Wand ergewerbescheine und Zulass ung zur Reichs­m usikkammer zu unterstützen s eien. M ag sich dieser E rlaß au c h lediglic h auf di e Sinte-Zigeuner beziehen, so zeigt si ch doch hier , daß ihnen - offensichtlich a us guten G ründ en - eine besondere Bevorzugung zu­erkannt wo rd e n war. Doc h folgt man dem Abschnitt I I I des " S c hnellbrie fes vom 29.1. 1 943 " , der sich auf emcn ni cht au fge fund enen Befehl Himmlers vom 1 6 . 1 2 . 1 94 2 beru ft - also zwei Monate später datiert ist , so falle n ausge rechnet auch diese bevorzugten Si nte-Zigeu ner unter j enen " angeführten P ersonen­kreis , deren Einwilligung zur Un fruchtbarmachung anzustreben ist" , denn (Position 9 ) ihre " Einw eisung in das Zigeunerlager war j a aus zusetzen". Das wider­spricht sich d och alles !

Im N ürnberger Mi litärtribunal der Si egermächte 1 9 4 5 - 1 94 6 scheint im Stichwortregister das Wort " Sterilisati o n " zweimal auf : Es verweist auf die Seiten 3 4 4 und 3 4 5 Band V I I I . D er sowj etische Ankläger Oberst Smirnow verliest Texte zweier Zeugen, die angeblich irgend wo ausgesagt h aben, sie seien mit " 2 0 0 M ann " bzw. " alle jungen Männer zwischen 1 8 u nd 20 Jahren" seien i n Auschwit z- Bir kenau mittels Röntgenstrahlen sterilisiert und anschließend kastriert worden. Als nächstes ve rweist er auf eine " von der

Außerordentlichen staatlichen Kommiss ion beglaubigte " Mitteilung des Leutnant Frank, derzufolge die Zi­geunerin Lucia Strasdinsch erst dann wieder in Libau wohnen dürfe , wenn sie sich sterilisieren ließe . Der Präfekt der Stadt, H. G auds, schreibt , daß das "hiesige Krankenhaus " die durchgeführte Sterilisa­tion der L ucia Strasdinsch schriftlich bestätigt habe . Zur Beweisführung für das alles legte Sowjetoberst Smimow dem IMT vier Stücke Papier vor. Mehr Be­weise dafür gibt es bis heute nicht. - Es war die große Rede des Herrn Smirnow am 2 7 . Febr. 1946, in der er noch "ein Stück Seife aus Menschenfett" vorlegte . Schließlich handelte es sich in Nürnberg um jenes Verfahren, das auch sein amerikanischer Anklage­kollege Jackson als "hochgradige Lynchparty" auf­faßte s 2) . Wozu als o sich um Wahrheit bemühen! -Immerhin : eine einzige Z igeunerin wurde dem Tri­bunal genannt , nicht etwa Hunderttausende , wie man sie 40 Jahre später aus dem Ärmel zaubert .

Abschließend ist festzustellen, d aß es uns weder gelungen ist , irgendwelche historisch gesicherten

Belege dafür zu finden, daß jemand über das Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses hinaus­gehend im Herrschaftsbereich des Nationalsozialis­mus zwangssterilisiert worden ist oder zur frei­willigen Anerkenntnis e iner Sterilisierung veranlaßt oder gedrängt und unter solchen Voraussetzungen eine Sterilisierung durchgeführt worden ist. - Jeder Leser dieser Zeilen ist aufgerufen, uns Beweise zu­gänglich zu m achen, die Gegenteiliges belegen sollten. Wir gewährleisten, in einer künftigen Ausgabe der "llis toris c lz c n Ta tsache n " nach sachgerechter Prüfung solche Belege zu publizieren. Bloße Behauptungen, auf Hörensagen beruhende Zeugenaussagen oder auch auf Vermutungen gestützte Wiedergutmachungsurteile würden freilich für eine wissenschaftliche B eweisführung nicht ausreichen.

Im übrigen verweisen wir noch auf den bereits wäh­rend des Ersten Weltkrieges praktizierten Sachverhalt hin, daß die M anager der psychologischen Kriegführung vielfach ihrem deutschen Kriegsgegner das an grauen­h aftem Tun unterstellt h aben, was sie selbst durch­geführt haben oder aber zu tun beabsichtigten . H ierfür wurde bereits damals der Begriff " Spiegelgedanke " ge­

prägt (vergl. "llis t o ri.� c h r Ta t.�a ch c n " Nr. 2 2 , S. 32) . Jene "Schwarzkünstler" versuchten entweder von ihren eigenen Initiativen abzulenken oder dies e als " Reak­tion " auf die "deutsche Barbarei " zu "rechtfertigen".

D er hier beschriebene Zusammenhang "Sterilisa­tion " in Verbindung mit dem RSHA liegt auf der Hand : Bereits 1941 hatte in den USA mit offizie ller Unterstützung der Roosevelt-Administration eine Bro­schüre weiteste Verbreitung gefunden, die als Ziel us-amerikanischer Politik die Zwangssterilisation des gesamten deutschen Volkes zum Inhalt h atte . Ihr Verfasser war der Präsident der " amerikanischen

5 2 ) Thomas M ason, " Harlan Fi ske Stone - P i llar of the Law", New York 1 956 , S . 7 1 6.

3 5

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Friedensliga" , Theodor Nathan Kaufman !

" De utschland muß für im mer untergehen - in der Wirklich­keit , nicht in der Fanta sie . Es bleibt also nur e ine Art , die Welt für immer vo m Ger manent u rn zu befreien , da s ist : die Quelle zu verstopfen, aus der die se kriegsgierigen Se elen ent springen, indem man das deut sche Vo lk für alle Zeiten daran hindert , seine Art fortzupflanzen.

Nach der vo lle ndeten Sterilisatio n wird in Deutschland keine Geburtenziffer mehr vorhanden sein . Bei der normalen To desrate vo n 2% im J a hr werden 1 ,5 Millionen De utsche j ährlich sterbe11.

Daher wird in e inem Ze itraum vo n zwei Generationen die Ver ­

nichtung d e s Ger manismus u n d seiner Träger volle ndete Tatsac he

se in . . . . Das stet ige allmähliche Verschwinden der Deutschen aus

Euro pa wir d keine ungün stigere Wirk ung auf die sen Erdteil haben, als da s allmähliche Verschwinden der Indianer i n Amerika . . . .

Ne hmen wir a n , De utschland habe den Krieg verloren und bitte u m Frie de n. Die gebieterischen Fo rderungen des Sieger­volkes, daß Deutschland für i mmer vernichtet werde , macht es für die Sie ger notwendig, die Massensterilisatio n der Deutschen als

das beste Mittel, sie für immer auszulösch en, durchz uführen. " 53)

Dieses Buch ist geschrieben , veröffentlicht und vo m

Präsi denten der USA, F . D . Roosevelt gefördert worden,

bevor sich die Vereinigten Staaten überhaupt im Krie gs­

zustand mit Deutschland befunden haben ! Auch das

sollte man nicht vergessen !

F . D . Roo sevelt ,

"der haupt sächlic hste Schmied der W erkzeuge, die zur Mob il­machung der Welt gegen Hitler geführt hätten, obwohl sein Land nicht unmittelbar gefährdet gewesen sei" , 54)

53) T h . Nat ha n Ka ufma n , "Ger ma n y must per i s h " , New Yo rk 1 94 1 54) A usspruch Sta l i n s a m 8 .2 . 1 945 a uf d e r Ko nferenz i n Ja lta . D ie Ja lta- D o k u me nte, G ött ingen 1 956, S. 2 2 5 .

36

Der so wj etische Mord hetzer l lj a E h renburg, während des Kri eges haßbl ind vo m Tötu ngs­wa h n gegen a l le Deutschen, auch Frauen und Ki nder, d ie er sä mt l i c h a ls Tiere verschrie, nach dem vo n ihm m i terru nge­ne n "Sieg" bei se i ne m ( r . i . B . ) "a lten F reund Picasso" i n N izza/ Frankreich .

Foto : U P I

hatte sich nicht nur die Sterilisierungspläne Th . Nathan Kaufmans zu eigen gemacht . Sondern er betrieb -besonders ein deutig abgestimmt mit seinem sowj eti ­schen Kriegsverbündeten - grundsätzlich eine Poli­

tik der Vernichtung des deutschen Volkes, was nicht nur im Morgenthau-Plan seinen offiziellen Ausdruck fand . In der Tat wurde von j enen L euten dem deutschen Volk " das Menschsein abgespro chen " . Man denke auch an den sowj etischen Chefpropagandisten, der mit seinen westlichen Glaubensbrüdern in enger Verbindung stand und jahrelang die Sowj etarmisten mit den sowj et­

offiziellen Parolen anfeuerte :

" T ötet die Deutschen, die Deutschen sind keine Menschen! "

" Diesen Stam m (die Deutsche n ) werden wir vern ichte n . Aber den let zten Fritzen kann man dann in den Zoop ark setzen , mit der Über schrift : ' F rit z vulgaris , der nach den Bemühungen des Dr .

Gepke aus dem Menschen entstand ' . "

Der britische Premierminister Winston Churchill ,

Hauptkriegsbrandstifter und Entfacher des Bomben­

krieges gegen die Z ivilbevölkerung am 1 0 . Mai 1 9 4 0 , auf

der Jalta-Konferenz "der Großen Drei " am 7 .2 . 1945 :

" . . . in bezug auf die Frage des Raumes in Deutschland für diese deportierten Personen ( 1 8 Millio nen zu vertreib ende Deutsche aus den deut schen Ostgebieten sowie aus Südost -Europa, - d . Verf.) glaube er , daß die Tatsache , daß Deutschland im Kriege sechs bis sie ben Millio nen Menschen verloren hab e und vorau ssichtlich noch eine Millio n mehr verlieren werde , dieses Problem verein ­fachen wer de . " s s)

Oder gegen Kriegsende zum exilpo lnischen Minister­

präsidenten Mikolaj cyk :

"Machen Sie sich keine Sorge über die fünf oder mehr Millio nen Deutscher . . . . Stalin wird sich darum kümmern. Sie

55 ) Die Ja l ta-Do k u me nte , G ött i ngen 1 956, S. 1 64 .

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werden mit ihnen keine Schwierigkeiten habe n : Sie werde n zu exist ieren aufhören . " 5 6)

Diese Haßorgien, die sich in bestialischen Morden an Millionen · D eutschen, insbesondere auch an Frauen und Kindern auswirkten, sind in ihrer Größenordnung und Schauerlichkeit gar nicht zu vergleichen mit den hier untersuchten Formulierungen angeblicher Passagen aus deutschen Dokumenten. Allein der Morgenthau­Plan hätte nach Aussagen amerikanischer Fachleute , wäre er so durchgeführt worden, wie ihn Präsident Roosevelt in Gang gesetzt hatt e , mindestens 2 8 Millio­

nen Deutschen das Leben geko stet , - und zwar nach Beendigung des Krieges! 5 7)

Und auch in der anschließend " b efreiten" sowj eti­schen Besat zungszone - also auch hier n a c h Kriegs­ende - blieb diese offizielle Vernichtungsstrategie reale

Praxis. Wir k önnen hier

geben:

nur ein kleines Beispiel

" Der sowj etische Befehl 2 0 1 wies d ie Zo nenregierung an, 3 .432 deut sche Frauen und Männer aus den aufgelösten Inter­nierungslagern Mitt eldeutschlands nach Ko ntro llrat sdirektiven abzuurteilen.

Die nach der Nummer des sowj et ischen Befehls kurz ' 2 0 1 er ' genannte n Deut schen hatte n zum allergrößten Te il bereits seit 1 9 45 in so wj etischen Internierungslagern auf deutschem Bo den

j ämmerlich dahinveget iert , o hne daß ihnen die So\\jets einen Pro zeß ge macht hatten. Solche Internierungslager bestanden in: Bautzen, Buchenwald bei Weimar , Hohenschö nhause n bei Berlin ,

J amlitz bei Liebero se , Ketschendorf bei Fürste nwalde , Landsb erg an der Warthe, Mühlberg bei Riesa , Neubrandenb urg (auch Fünf­eichen genannt ) , Po sen, Sachsenhausen bei Oranienb urg, Torgau an der Eibe mit F ort Zinna , Tost in Schlesien und Weesow bei Werneuchen . . . . .

Aus der Zahl vo n rund 1 8 5 .000 i n die Internierungslager versc hleppten Frauen und Männer waren 40.000 in die So\\jet ­unio n deportiert wo rde n ; vo n den i n den Lagern Mittel- und Ostdeutschlands verbliebenen Internierten sind nach vorsichtiger und sorgfältiger Berec hnung 65%, also annähernd 1 00 .000 Men­schen mit Wille n und Wissen der So \\jets umgekommen.

Die auf mittel- und ostdeutschem B o den Internierten waren vo n der Besatzungsmacht zu Klassenfeinden und St örern des demo kratischen Aufbaus ge stempelt und zur Abschreckung aller ideo logischen Gegner in der Sowjetzo ne zur physischen Ver ­nichtung auserse he n . S ie wurde n weder zu Aufbauarbeiten heran­ge zogen , noch bedienten sich die Sowj ets ihrer zum eigenen Nutzen. Nach einem teuflis chen Plane sollten sie allmählich ver hu ngern und erfrieren. E rst nachdem aus den fast hermetisch abgeschlossenen Internierungslagern Mittelde utschlands er­

schreckende Nachrichten vo m Massensterben in die freie We lt hinausge sickert waren , sahen sich die Sowjets gezwungen , die Zustände in de n Lagern ein wenig zu bessern und im Februar 1 95 0 die letzten aufzulö sen . Ein kleiner Rest se ltener E xemplare menschlicher Lebensz ähigkeit , schwer ange schlage n an Körper und Seele , wurden der in zwischen im sowjetisch -kommu nistischen Sinne herangebildeten mittelde utschen J ustiz übergeb e n , fast drei­einhalbtausend wahllo s zusam mengewürfelte deutsche Frauen und Männer .

56) "R evie w of World Affa irs " , New York , 5 . Okt . 1 945 ; - s iehe a u ch : E mmanue l J . R e i chenberger , "Wider Wi l l k ür u nd Machtra u sch " , G ra z ­G ött i nge n 1 95 5 , S. 400 .

5 7 ) Corde i l H u l l , "The Me mo i r s of Co rde i l H u l l " , New York 1 948 , B d . l l , S . 1 6 1 7

Das muskauhörige Regime in Pankow zögerte auch keine Minut e , mit der Verurteilung der fast 3 . 5 00 Zweihu ndert einser einen ein maligen Rechtsbruch in der Ge schichte der deutschen J ustiz der Neuzeit zu begeh en und in der Zeit vo m 2 1 . April 1 95 0 bis Anfang J uli 1 9 5 0 alle die se Männer und Frauen o h ne eine Ausna hme zu ho hen F reiheit sstrafen, in vie le n Fällen auf Leb ens­zeit und in zweiunddreißig Fällen zum To de zu verurteilen . . . . " ss)

....................

Antwo rte n an den münd igen Bürger

A n die Lan deszentrale für po lit ische Bildung

Po st fach 3000 Hanno ver

den 29 . 1 1 . 1 9 8 4 Se hr geehrte Dame n und Herre n ! Mit Intere sse habe ich die Bro schüre Ihres Hause s vo n

Donald Ke nrick, Grattau Puxo n un d Til rna n Zülch " Die Zigeuner ver kannt , verachtet, verfo lgt " durchgelesen.

Zwecks weit erer Verarbeitung habe ich mi c h b ereits an da s In st it ut für Ze it ge sc hichte in München gewendet, um mir noch ein iges weitere Material zu diesen fast ver gessenen Vorgän gen zu besc haffe n . Ich möchte dieses The ma nämlich me inerseits noch publizistisch bearbeiten, damit es me hr als bisher ins öffentliche Bewußt se in gelan gt . Hi erfür scheint es mir j edo c h sinnvo ll, mich hier und dort n o c h etwa s besser que llen mäß ig abzusichern.

Daher wäre ich für die Beant wort un g fo lgender Fragen dank­bar :

a) A uf Se ite 7 3 ist als Que lle ver mer kt : Ke nrick und Puxon: Destiny of Euro pe 's Gypsie s, Be ine mann 1 9 7 2 ( Deutsche Über­set zun g in Vorbereitung) . - D iese Aussage bezieht sich auf das Jahr 1 9 80 . Ist die deutsche Üb ersetzung inzwischen erschienen, wenn ja, wo ? W as ist unter " He in ernann 1 9 7 2" zu verstehen? In

unserer Biblio t he k wu ßt e da mit n ie mand etwa s anzufan ge n, so daß ich das Buch bisher n icht habe besorgen können.

b ) Kann ich, wenn ich die in Ihrer Broschüre dargest ellten historischen Vor gänge unter B erufung auf Ihre Veröffe nt lic hun g darlege , davon ausge hen, da ß Sie die vo n Ihnen veröffentlichten Sachver halte auf ihre histor ische Richtigkeit hin überprüft haben? - Ich ho ffe, daß e s so ist , aber ich wurde etwas st utzi g, als ich auf Seite 71 letz te Ze ile la s , daß die Nazis den Zigeuner n so gar Inj e kt io n en gegen Ga s verabreicht haben, um zu ermitteln, ob dies zu ein er Re sistenz gegen Senfgas führ e . Da ich weder Che mi ker noch Me diziner b in, möchte ich mich jedo c h mit einer so lchen be merken swert en Neuheit ( m . E. ! ) nicht wo möglich falsch äußern.

Bi tte verschaffen Sie mir auch in diesem Sachver halt Gewißhe it darüber, daß hier keine Falsc hin fo r mat io n vor lie gt.

c ) Le ide r sind die in I hrer Bro schüre genannte n F älle der Sterilisatio n vo n Zige uner� st ets nur mit Buchstabenab kürzun ge n genannt, was auf d e n Leser etwas ano nym wirkt. Ich möchte mich dazu etwa s - für die "sk eptische J uge nd" scheint mir das notwendig - beweiskräfti ger äußern. Vi elleicht könnten S ie mir hierfür irgen dwelche nac hprüfbar en Beweisunt er lage n b enennen o der e inen Betro ffe nen namhaft machen.

d) Auf Se ite 62 ist vo n einer Vero r dnun g Hi m mlers vo m 1 5 . No ve mber 1 9 43 die Re de , die mich in ihrer G esamt heit inter· essieren wür de . Wo kann ich vo n die ser Veror dnun g e in e Kopie er halten ? . . . . . Mit fre un dlichem Gruß

58) " D i e Zwei h u n d erte i n ser - B e r i cht über den Sc h i ck sa l sweg der in d e n Wa ld he imer Pro zessen vo n A pr i l b i s Anfang J u l i 1 9 50 ver u rte i l t e n d e utschen F r a u e n u nd M ä n ner , bearb . v . F r i tz G ö h ler , E s s e n o . J . ( 1 959 )

3 7

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Antwort :

" N ie dersächsische Lande szentrale für politische Bildung Ho he nzo llernstraße 46 D 3000 Hannover

Hannover 4. De z. 1 9 8 4 Sehr geehrt er Herr besten Da nk für Ihre Zuschrift vo m 2 9. Nove mber. Wir haben

Ihr Schreiben an die Ge sellscha ft für bedro ht e Völk er in Gött in­gen mi t der Bitte um Erledigun g weitergeleit et . Sie werden vo n dort B esche id erhalten .

Leider ist un sere Auflage seit lan ge m vergriffen. Ich ver mag da her Ihrer Bitte um Zuse ndun g vo n weit er en Exemplaren nicht

zu entspre chen . Mit freundlichen Grüßen Ihr Im Auftra ge Dr. Loe bel "

Erneute A nfrage :

An die Landeszent rale für politische Bildung Ho henzo llern str. 46 3. 000 Hannover

7 . 1 2 . 1 9 84

Be zug: Die Bro schüre Ihre s Hau se s : Donald Kenr ick, Gratta n Puxon und Tilman Zülch " Die Z ige uner ver kannt, ver ac htet, verfo lgt "

Se hr geehrter Herr Dr. Loe bel ! Be sten Dank für Ihre Antwort vo m 4. 1 2. 1 9 84. Le ider haben Sie keine me iner Fragen b eant wort et. - Ich

möchte keine Antwo rt von der Gesellschaft für b e dr o hte Völker in Göttin gen, so n dern ich möchte mein e Fra ge n gern e vo n � beantwortet haben, da Sie die o . g. Broschüre amtlich veröffent ­li cht habe n. Ich ste lle meine Fragen daher noch e inmal : . . .

Ich hoffe , Sie haben Verst ändnis dafür , da ß i c h als mündiger Bürger einen Unterschied mache zwischen dem Verfasser eines so lchen Themas, der wo möglich Partei ist , und dem amtlichen Herausgeber einer die sbezügliche n Bro schüre . Daher ist m ir I hre Antwort wi chtiger , als die der Verfasser , denn Sie zeichnen schließlich mit der He rausgabe als amtliche St elle auch für die

Richt igk eit des Inhalts vera ntwo rtlich.

38

Mit freundlichem Gruß

Auf diese Korrespo nde nz erfolgte keine Antwort mehr, weder seitens der Nieder­säc hsisc hen Landeszentrale für politisc he Bildung, noch seitens der Gesellschaft für be­dro hte Völk er .

Herrn

D er nachfolgende Schriftwechsel ist separat vom Verfasser direkt geführt word e n :

GESELLSCHAFT FÜR BEDROHTE VÖLKER Menscllenr8cht901gB111aatlon IOrwrfolgte Olhnlache, - und rellg- MI-on

Gernolnnützlgor -society for endangerad peoples assoclatlon pour l'alde aux peuples menaces

asociaciOn para Ia defensa de los pueblos indigenas

Survlval International, Deutsche Sel<tlon

BundesbOro: Postfach 20 24 0·3400 GOI! I ngen

Udo Wa l endy Telefon (0551) 5 58 22 / 23 Teletex: 551 8101 = GfbVGoe Telex: 17 551 8101

4973 V l otho

6. 1 2 . 1 9 8 4 " Sehr geehrt er Herr Waiendy !

Unsere Verpflichtungen gegenüber verfo lgten Sint i verbietet es, die Akt enzeichen und Inhalt e der un s vorliegenden Entschädi­gun gsfälle wegen Zwangssterilisatio nen an uns unbekannt e Per­sonen mit zute ilen . Ob und in welcher For m mit dem Mat erial an die Öffent lichkeit gegangen wird, bedarf zudem nicht nur der Zustimmung der betro ffenen Sint i , so ndern auch der Sinti-Ver­bän de , die den Rahmen der po litischen- und Öffentlichkeitsarbeit ab stecke n . Mit freundlichem Gruß

(Katrin Re emtsma ) .L.- .....lo. .L- � .L- ....:O.. .L._ ....:O.. ..L_ -.!1.. .L._ ....:O.. .L- -.!1.. .L_ ---r � -r .....-- -r """'"" --r .....-- ---r -..:--- --r � --r .....-- --,.

An die Ge se llsc haft für bedro ht e Völker z .H. Frau Katr in Re emst ma Postfach 20 2 4 D- 3 400 Göttin gen

Se hr gee hrte Frau Ree mt s ma !

Vlotho , 7 . 1 2 . 1 9 84

Für Ihren Br ie f vo m 6. 1 2 . 8 4 bedanke ich mich

Ihre Ant wort hat mein A nlie gen jedoch le ider nicht erfaßt, weder in der einen no ch in der anderen Fra ge .

Me in zweites Anliegen betraf dok ume ntierte Nachweise für Ste ri lisier ungen vo n Zigeunern während der NS-Zeit, die hier in der Bun desrepublik ja do ch nun in unzähliger Anzahl vor liegen müssen. Das kann un d braucht do ch nicht " ge heim" zu bleiben un d a bhän gi g ge macht w er den vo n der Z ust immung der Sint i­Verbän de! Schlie ßlich war es do ch die Ge se llschaft bedro hter Völker, die darüber so umfangreich berichtet ha t, so daß man do c h er warten kann, daß die Be weise für das in den Büchern Be hauptete , de m Le ser jedo c h da mit noch nicht Be wiesene, nun auch an Hand der vor han denen Beweise im Falle e iner Nachfrage selbstverständlich zur Verfügung stehen müßt en. · · · · · · · ·

Mit fre un dlic he m Gruß

�************ * * * * * * * * * ******** * * * * * **

Aus der von unserem Verlag weiterhin veranlaßten Korrespondenz sind folge nde Antworten beachtlich :

1 ) Die Z entrale Stelle der Justizverwaltungen, Lud­wigsburg verwe ist "bezüglic h der während des Dritten

Reic hes vorgeno mmenen Sterilisierungen" an das Insti-

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tut für Zeitgeschichte in München 19, Leonrodstr. 46 b und das Bundesarchiv Koblenz, Am Wöllershof 12. ,(Brief v. 11 . 1 . 1985 )

2 ) Der Bundesminister der Justiz kann das erbetene Material nicht beschaffen und verweist auf den Bundes­minister des Innem. ( Brief v. 1 1 .1 .1985)

"keine amtliche Untersuchung über die während des NS­Regimes vorgeno mmenen Zwangssterilisationen verfügbar ist , jedoch eine Forschungsarbeit darüber im kommenden J ahr publi­ziert werden so ll . " ( Brief v. 1 0. 1 2 . 1 984)

Falls die angekündigte Arbeit erscheint, werden wir sie prüfen und darüber berichten.

3) Das Bundesinnenministerium verwies telefonisch

an das Bundesarchiv in Koblenz . 4) Das Institut für Z eitgeschichte teilte mit,

"Leid er läßt sich der Himmler-Erlaß bei uns nicht nach­weisen. Da er auch unter den Nürnberger Dokumenten nicht auftaucht, ist eine Anfrage beim Staatsarchiv Nürnberg zweck­lo s. Wir empfehlen Ihnen vielmehr eine Anfrage beim B undes­archiv Koblenz (Po stfach 3 2 0 ) . " ( B rief v. 1 1 . 1 2. 1 984)

"daß unser Archiv eine kleinere Sammlung von Do kume nten

6) Das Staatsarchiv Nürnberg verwies auf die Nürn­

berger Militärtribunale der Siegermächte , speziell auf die

Unterlagen des .Ärzte-Prozesses ( KV- Prozesse, Fall 1 ) , des Oswald Pohl-Pro zesses ( KV-Prozesse , Fall 4) sowie auf die Reihe der NO-Anklagedokumente. Da uns die

Art dieser NO-Anklagedokumente bereits seit langem

bekannt ist ( siehe Beispiele in His torische Tatsachf!.n Nr . 2 S. 35) und sie sich im übrigen in der bisherigen

zur Zigeunerfrage im Dritten Reich besitzt, die in unserem Zigeunerliteratur überhaupt nicht niedergeschlagen ha-

Lesesaal eingesehen werden kann. Die Art vo n Do kum e nten, die ben, weil sie offensichtlich von keinem der Autoren Sie suchen, dürften darunter allerdings am wenigsten zu finden ernst genommen worden waren, haben wir in diesem sein. " ( B rief v. 1 8. 1 2 . 1 9841

5) D B d hi t ·u "t Heft auf ihre Analyse verzichtet . Wir kommen jedoch

as un esarc v e1 e m1 , daß dort darauf zurück. O O O D O O O O O O O D O O O D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D D O

Welcher Leser unserer Analyse glaubt noch nach dem Vergleich mit nachfolgenden Pressemeldungen an die Unabhängigkeit und Meinungsvielfalt der bundesdeutschen Presse?

Aus Platzmangel nur wenige Beispiele. Seitens der Bundesregierung ist sowieso nichts zu bringen, da sie _selbst zum Thema schweigt und "die Unabhängigkeit der Presse " gewähren läßt. - Wußten Sie schon, daß Sie als demokratischer Wähler die Zeitungskonzernbosse gar nicht abwählen können? Veranlassen Sie also die Regierung zum Handeln , aber bitte nicht im Sinne einer Strafverfolgung der Presse-Kritiker, auf dem Sektor herrscht schon genug Aktivität !

So wjetunion heute v . Sept . 1 984 S. 1 5 :

"Die SS-Männer . . . ha ben ... die Liquidierung von 520. 000 Zigeunern . . . auf dem Gewissen. "

Welt am Sonntag vo m Frankfurter Allge- Der Rhe inische Mer- D e r S P i e g e i Washingto n Jo urnal 1 8 . J u n i 1 97 8 : meine 1 6 . Okto ber 1 97 9 : kur/Christ und Welt vo m 6. 1 0. 1 980, s . 97 , N r . br ingt a m 1 8. Apr i l 1 980

"In deutschen Konzentra- "... der nationalsozialis- 1 8. Ap r i l 1 980 sch reibt : 4 1 /1 98 0 : auf Seite 2 d iese l be tio ns'n�rn starben �'ast f isc h e n S c hreckensherr- "Zum besseren uersta""nd - Nachricht wie d i e F AZ oue� J ' I r ' "Während der Nazizeit 500. 000 Zigeuner. " schaft ..• fielen mit1 Sicherheit nis sollten wir wissen, dap vo m 8. 4. 1 980. - E i n Bei -

ji .. . n.. d d z· wurden viele Zigeuner Ver-Frankfurter Allge-

unJ .. un erttausen 1geuner während der NS . Zeit 1'. spie l da für, wie sogar 0 .1'. A 1 A J olgt und vertrieben, an die zum PJ er. m · ugust 500. 000 Roma (Ro ma = Ge - Amer "1kaner bere"1ts vo n meine 8. Apr i l 1 980: 1 944 d " Iet t d ' 500. 000 i n Konzentratio ns-war 1e z e Jeser samtheit a ller Zigeuner- lagern umgebracht. " den deutschen Medien

"Zur Erinnerung an die Ma uenvernichtungsak tionen Sippen) , darunter Zehn-. L A h · übernehmen. "Wenn d ie mehr als 500.000 Zigeuner I m ager usc 'WitZ · tausende deutscher Sinti und unter den Opfern des Birkenau: viereinhalbtausend fast alle La llerli, ermordet De utsc hen es schon Natio nalsozia lismus hatte am Zigeuner starben allein an wurden. (Sinti und Lallerli se l bst schre iben " , - wa s Karfreitag in Dachau eine jenem Tag in den Gas- sind die deutschen Sippen so l l man da nn vo n den Gedenkfeier &tattgefunden. " ka mmern. " der Roma) . " a nderen erwarten ? ••D ••D ••D ••D ••D • .. D •• D ••••D•• ••D•• D ••• D•• D• • D • D •• D ••D • D ••D•• D • D • D•• D•• D•D • D•• D• • D•• D•

Orig ina ltext : Übersetzung umseit ig S . 40 : On February 29, 1 944 the B r it i sh M i n istry of I nformation se nt the fo l lowi ng note to the h igher B r it i sh clergy a nd to t h e B B C :

"Sir, I am directed by the Ministry to send you the following circular Ietter : It is often the duty of the good citizens and of the pious Christians to turn a blind eye on the peculiarities of those associated with

us. But the time comes when such peculiarities, while still denied in public, must be taken into account when action by us is called for. We know the methods of rule employed by the Bolshevik dictator in Russia itself from, for example , the writing and speecbes of

the Prime Minister hirnself during the last twenty years. We know bow the Red Army bebaved in Poland in 1920 and in Finnland , Estonia, Latvia, Galicia , and Bessarabia only recently.

We must, therefore, take into account how the Red Army will certainly behave when it overruns Central Europe. Unless precautions are taken, the obviously inevitable horrors which will result will throw an undue strain on public opinion in th1s country.

We cannot reform the Bolsheviks but we can do our best to save them - and ourselves - from the consequences of their acts . The disclosures of the past quarter of a century will render mere denials unconvincing. The only alternative to denial is to distract public attention from the whole subject. ·

Experience has shown that the best distraction is atrocity propaganda directed against the enemy. Unfortunately the public is np Ionger so susceptible as in the days of the 'Corpse Factory', the 'Mutilated Belgian Babies' and the 'Crucified Canadiens'.

Your cooperation is therefore earnestly sought to distract public attention from the doings of the Red Army by your wholehearted support of various charges against the Germans and Japanese which have been and will be put into circulation by the Ministry.

Your expression of belief in such may convince others. I am, Sir, Your obedient servant,

(Signed) H. Hewet, Assistant Secretary The Ministry can enter into no correspondence of any kind with regard to this communication which should only be disclosed to

responsible persons. "

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Des britischen Premiers Winston Churchill engste Berater : Links : Informationsminister und Erster Lord der Admiralität , Brendan Bracken ( siehe das hier abgedruckte, von ihm veranlafite Rundschreiben vom 29.2. 1 944) im Gespräch mit Lord Beaverbrook, dem Besitzer des Londoner Expre.� 8 und Evening Sta ndard , dessen langjähriger Auslands­korrespondent Sefton Delmer war. (L ife , 1 1 .6.1 945 )

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Able nk u ng der Öffentl ichk e it m itte l s verstä rkter

G reue l pro paganda gegen d ie Deutschen

" Am 29. 2 . 1 944 gab das britische Informations­

ministerium eine Note an alle h öheren B ea1pten und Gestalter der öffentlichen Meinung in Umlauf, durch die

sie angewiesen wurden , vo n den zu erwartenden Greueln der nach Mitteleuro pa vorstoßenden Roten Armee durch eine 'gegen den Feind gerichtete Greuelpro paganda ab­zulenken ' :

'Sir, ich bin vo m M i n i ste r i u m a ngewiesen,

I hnen den folgenden Rundbr ief zu über ­senden: Es i st oft die Pf l i cht guter Bürger und f ro mmer Christen , e i n Auge zuzu mache n gegenüber Beso nderheiten je ner, d ie m it uns verbü ndet s ind.

Aber es ko m mt d ie Ze i t , da so lche Be­sonderheiten, wä h rend sie noch in der Öffent­l i c hkeit ge leu gnet werden, berück sicht igt werden müsse n , we nn e i ne Ste l l u ngnahme vo n uns gefo rdert wird.

W i r kennen d ie vo m bo lschewistischen D iktato r a ngewa ndten Herrsch aftsmethoden i n Rußland se lbst , u nd zwa r du rch d ie Artikel und Re den des Premiermin isters persönl ich i m Ver lauf der letzten zwanzig J a h re . W i r wi ssen, wi e d ie Rote Armee s i c h i n Po len 1 920 ver hielt u nd in F i nn land, Est land , Lita u en, G a l i z ien u nd Bessa rabien erst kürz­l ich.

Wir mü ssen da her i n Rech n u ng stel len, wie d ie Rote Ar mee sich sicher l ich ver ha lten wird, wenn s ie Zent r a i - E u ropa über rennen wi rd. Wenn nicht Vorsichts maßna h men in Angr iff

ge no m men werden , da nn werden d ie augen­sche i n l ich u nver me i d l i chen Schrecken, die si ch ergeben, e i ne un passende Belastung auf die öffent l i che Me inung in diesem Lande werfen. Wi r k önnen die Bo lschewisten ni cht refo rmieren, a ber wir können u nse r Bestes tun, um sie - und uns - vo r den Konse ­quenzen i h res H a n d e i n s zu retten. Die E nt­hü l l u ngen des letzten Vi ertels e i nes Jahr­hu nderts geben le d i g l i ch n i cht überzeugende Leugnu nge n wieder . Die e inz ige Alter nati ve zu r Leugnung i st, d ie öffent l i che Aufmerk ­sa mkeit vo n dem ga nzen T hema a bzu lenken.

Erfahrung hat geze igt, daß d ie beste Ab­le nk u ng e i ne gegen den Feind ger ichtete Gre u e l pro paga nda ist . Unglück l i cherwe ise ist die Öffent l ichkeit n icht meh r so empfä ngl ich wie i n den Tagen der ' Le ichen -Fabr iken ' , der 'verstümmelten belgischen K i nder' u nd der 'gek reuzigten Kana dier' .

I hre Zu sa m mena rbeit ist da her e r nsth aft er beten, u m d ie öffentl i che Aufmerk samkeit vo n den Taten der Rote n Armee abzu lenken, und zwa r d u rch I hre vo l le Unterstützu ng der verschiedena rt i gsten An k l agen gegen d ie Deutschen u nd Japaner, welche bere its vo m M i n ister i u m i n Um lauf gebracht wo rden s ind u n d we iter i n Umla uf gebracht werde n .

I hre zu m Ausdruck geb rachte Anschau u ng in diesen Di ngen möge andere überzeugen.

Ich bin, Sir, I h r ergebener Diener, geze ichnet H. He wet , Assista nt Secreta ry

Das M i n i ster i u m kann i n keiner le i Korres­pondenz über d iese Mitte i l u ng, we lche n u r verantwortl i chen Persön l i chkeiten eröffnet werden so l lte, e i ngehen."

59)

59) Edward J . Rozek , "A I I ied Wart i me D i p lo macy - A Patter n in Po land " ,

Lo ndo n 1 958, 209 - 2 1 0 .

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