HÖFFE - Aristoteles' Politik + liberale Demokratie

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12 Otfried Höffe Aristoteles’ Politik: Vorgriff auf eine liberale Demokratie? 12.1 Eine nur antike Freiheit? In einer berühmten Abhandlung vergleicht der französische Schriftsteller und Politi- ker Benjamin Constant den antiken mit dem modernen Freiheitsbegriff und behauptet, der Antike käme es auf die politische, der Neuzeit dagegen auf die persönliche Freiheit an: De la liberté des anciens comparée à celle des modernes (1819). Mit dieser Behauptung korrigiert er die vorher dominierenden Einschätzungen: Während nach Hume die Grie- chen und Römer die Freiheit zwar preisen, aber nicht praktizieren, nach Montesquieu dagegen der freie Bürger am öffentlichen Leben nur als Teil des ihn verpflichtenden Ganzen teilnimmt, besteht nach Constant die antike Freiheit in aktiver Teilnahme an der kollektiven Macht. Die moderne Freiheit dagegen fehle: sowohl die individuelle Unabhängigkeit und private Sicherheit, die die Freiheit von der Politik einschließen, als auch deren universale Geltung für alle Personen jeden Standes. Verantwortlich dafür seien die nach dem Absolutismus erfolgte Trennung von Staat und Wirtschaftsgesell- schaft und die Zuerkennung unveräußerlicher Rechte an jedes Individuum. Diese Gegenüberstellung trifft, von Aristoteles aus gesehen, nicht einmal als holz- schnittartige Vereinfachung zu. Im Vorbild einer Verfassung, dem „Bürgerstaat“ der Politie, sind zwar nicht alle Menschen freie Bürger, die Frauen, die Sklaven und die Metöken, die niedergelassenen Ausländer sind ausgeschlossen. Die freien Bürger ver- fügen aber über eine mindestens dreidimensionale Freiheit. Sie erfreuen sich außer einer wirtschaftlichen Freiheit auch einer positiven politischen Freiheit, der demokrati- schen Mitbestimmung, die sogar weiter als die unserer Demokratien reicht. Und im Fall der radikalen Demokratie verfügen sie sogar über die negative politische Frei- heit, die persönliche Freiheit. Denn sie haben hier das Recht, nach eigenen Vorlieben und Vorstellungen zu leben, auch wenn dieses Recht nicht grundrechtlich verbürgt ist und keine Religionsfreiheit einschließt. Im übrigen darf man bei dieser zweiten Ein- Unangemeldet | 188.98.182.252 Heruntergeladen am | 08.08.13 02:20

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Aristoteles' Politik

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    Otfried Hffe

    Aristoteles Politik: Vorgriffauf eine liberale Demokratie?

    12.1 Eine nur antike Freiheit?

    In einer berhmten Abhandlung vergleicht der franzsische Schriftsteller und Politi-ker Benjamin Constant den antiken mit dem modernen Freiheitsbegriff und behauptet,der Antike kme es auf die politische, der Neuzeit dagegen auf die persnliche Freiheitan: De la libert des anciens compare celle des modernes (1819). Mit dieser Behauptungkorrigiert er die vorher dominierendenEinschtzungen:Whrend nachHume dieGrie-chen und Rmer die Freiheit zwar preisen, aber nicht praktizieren, nach Montesquieudagegen der freie Brger am ffentlichen Leben nur als Teil des ihn verpf lichtendenGanzen teilnimmt, besteht nach Constant die antike Freiheit in aktiver Teilnahme ander kollektiven Macht. Die moderne Freiheit dagegen fehle: sowohl die individuelleUnabhngigkeit und private Sicherheit, die die Freiheit von der Politik einschlieen,als auch deren universale Geltung fr alle Personen jeden Standes. Verantwortlich dafrseien die nach dem Absolutismus erfolgte Trennung von Staat und Wirtschaftsgesell-schaft und die Zuerkennung unveruerlicher Rechte an jedes Individuum.Diese Gegenberstellung trifft, von Aristoteles aus gesehen, nicht einmal als holz-

    schnittartige Vereinfachung zu. Im Vorbild einer Verfassung, dem Brgerstaat derPolitie, sind zwar nicht alle Menschen freie Brger, die Frauen, die Sklaven und dieMetken, die niedergelassenen Auslnder sind ausgeschlossen. Die freien Brger ver-fgen aber ber eine mindestens dreidimensionale Freiheit. Sie erfreuen sich auereiner wirtschaftlichen Freiheit auch einer positiven politischen Freiheit, der demokrati-schen Mitbestimmung, die sogar weiter als die unserer Demokratien reicht. Und imFall der radikalen Demokratie verfgen sie sogar ber die negative politische Frei-heit, die persnliche Freiheit. Denn sie haben hier das Recht, nach eigenen Vorliebenund Vorstellungen zu leben, auch wenn dieses Recht nicht grundrechtlich verbrgt istund keine Religionsfreiheit einschliet. Im brigen darf man bei dieser zweiten Ein-

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    schrnkung nicht vergessen, da der griechische Polytheismus weit toleranter als derjdischchristlich-islamische Monotheismus ist, da insbesondere die mit einer ausge-bauten Theologie einhergehenden Gefahr weit geringer entwickelt ist, da man zumHretiker und als dieser zum Opfer religiser Verfolgung wird. ber Sokrates Schick-sal wissen wir zwar, da Gottlosigkeit als Kapitalverbrechen gilt. Es werden aber keinereligisen Gruppen als Abspaltungen (Sekten) betrachtet, deren Mitglieder verfolgtwerden.Eine umsichtige Beurteilung beginnt mit der Einsicht, da Aristoteles wie

    berhaupt die Griechen unser Begriffsfeld Freiheit nicht als eine Einheit ansehen.Obwohl ihnen der gemeinsame Oberbegriff fehlt oder sie zu Recht die angeblicheEinheitlichkeit des Phnomens bezweifeln , verfgen sie ber ein reiches unddifferenziertes Problembewutsein. Es tritt in einem komplexen Netz einschlgigerBegriffe zutage. Dazu gehren die Begriffe (1) des Freiwilligen (hekn bzw. hekousion:EN III 1 3) und (2) der Entscheidung (prohairesis: EN III 4 7), die bei Aristoteleseine derart vorbildliche Untersuchung finden, da sie Hegel als das Beste bis aufdie neuesten Zeiten rhmt (Vorlesung ber die Geschichte der Philosophie, 221). (3) Einweiterer Begriff von Freiheit ist im Rundum-Genughaben, der autarkeia, enthalten.(4) In einem moralisch-praktischen Sinn ist frei, wer, statt an seinem Vermgen zuhngen oder es zu verschwenden, mit ueren Gtern einen souvernen Umgangpf legt, sich mithin durch Freigebigkeit (eleutheriots) auszeichnet (EN IV 1 3); ihreSteigerung heit Groartigkeit (megaloprepeia). (5) Ferner ist ein Gemeinwesen frei,das, niemandes Sklaven oder Untertan (Aischylos, Die Perser, Vers 241 f.), sich selbstdie Gesetze gibt, also ber autonomia verfgt.(6) Der fr eine Debatte mit Constant entscheidende Begriff, die persnliche Frei-

    heit, heit eleutheria. Dazu gehrt die fr die Griechen elementare wirtschaftliche Frei-heit, da man innerhalb des Hauses (oikos) nicht als Sklave einem anderen, sondern alsHerr sich selbst gehrt. Im elementar-konomischen Sinn ist frei, wer um seiner selbst(vgl. Met. A 2, 982b26; Pol. I 4, 1254a14 f.) und zugleich um des guten Lebens willenexistiert. Die konomische Freiheit reicht noch weiter. Der Freie nimmt weder einesubalterne Stellung ein, noch geht er einer Lohnarbeit nach (VIII 2, 1337b5 ff.); dankseines Reichtums kann er die Sorge um die Subsistenz des Lebens anderen, insbeson-dere den Sklaven, berlassen und sich selbst den ffentlichen Angelegenheiten widmen.berdies klammert er sich nicht ngstlich an sein Geld, zeichnet sich vielmehr durchdie genannte Freigebigkeit aus.Im Zusammenleben mit seinesgleichen nur dem Gesetz und einem Reihendienst von

    mtern unterworfen, zeichnet er sich zudemdurch eine doppelte politische Freiheit aus:(7) Im positiven Sinn ist er politisch frei, weil er sich hchster politischer Partizipationerfreut und imWechsel regiert und regiert wird (VI 2, 1317b2 f.). (8) Und im negativenSinn ist er politisch frei, weil er leben darf, wie er will (b12; s. VII 12, 1216b24; VIII 4,1319b30). Diesen weiteren Begriff von Freiheit, die exousia, die Willkrfreiheit, die in

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    der radikalen Demokratie Athens praktiziert wird, lehnt Aristoteles allerdings ab (V 9,1310a17 f.).Als politisch liberal erweist er sich auch in der Auseinandersetzung mit Platons Poli-

    teia. Zu dessen politisch anstigen Elementen gehren allerdings nur auf den Standder Wchter bezogen das Verbot von Privateigentum (Plat. Rep. 416d ff.) und dasGebot einer Frauen- und Kindergemeinschaft (457b ff.), ferner das generelle Verbotder berlieferten Dichtung (377b ff.) und das jeder verweichlichenden oder enthem-menden Musik (398c ff.). E contrario, indem er all diese in der Regel als antiliberaleingeschtzten Elemente ablehnt, erweist sich Aristoteles selber als liberal. Nirgendwoverlangt er, die Autonomie der Dichter, Wissenschaftler und Philosophen einzuschrn-ken. In derMusik gilt zwar eine Tonart, die dorische, als die geeignete fr die Erziehung.Aristoteles verbietet aber die anderen nicht; imGegenteil seien alle Tonarten zu verwen-den (Pol. VII 7, 1341b19 ff.).Vor allem ist die Wirtschaft autonom. Dem Vorlufer der Betriebs-Wirtschaft, der

    Haus-Wirtschaft, wird sogar eine eigene und eigenstndige Abhandlung gewidmet,wobei gewisse Elemente, etwa die Theorie des Geldes, auch volkswirtschaftlichenCharakter haben (I 3 12). Ohnehin ist die Politik autonom, und zwar sowohlim auenpolitischen Sinn, da sie sich nicht anderen Staaten unterwirft, als auchim innenpolitischen Sinn, da sie ihren eigenen Gesetzmigkeiten folgt. De factopraktiziert also schon Aristoteles, was die soziologische Systemtheorie eines Luhmann(1980) erst fr weit spter feststellt, fr die Zeit nach Auf lsung der alteuropischenGesellschaft, fr die Epoche seit der Franzsischen Revolution: da sich die verschiede-nen Gesellschaftsbereiche Wirtschaft, Wissenschaft, Dichtung und Politik eigenenGesetzmigkeiten unterwerfen. Auf der anderen Seite bernimmt er aber nicht einElement aus Platon (Rep. V, 451c ff.), das zweifellos liberalen und emanzipatorischenCharakter hat: die provokative Forderung nach einer Gleichberechtigung von Mannund Frau, allerdings nur innerhalb des Wchterstandes.Aristoteles wendet sich gegen Platons Erwartung (vgl. Rep. V, 464b-465c), durch eine

    wunderbare Freundschaft aller mit allen knne man jeden Streit, jeden Meineid undalle Schmeichelei bei den Reichen aus der Stadt verbannen (Pol. II 5, 1263b16 22).Er teilt diesen Optimismus deshalb nicht, weil er fr die genannten bel eine andereUrsache sieht: nicht fehlende Gemeinschaft, sondern eine zum Menschen gehrendeSchlechtigkeit. Da man bei einer Gtergemeinschaft sogar mehr Streit als bei einerGtertrennung erwarten msse, hlt er das von Platon entworfene Leben fr ganz un-mglich (Pol. II 5, 1263b27 29).Aristoteles bezweifelt sogar, da mit Platons Vorschlgen die gesuchte Freundschaft

    aller mit allen berhaupt zu erreichen sei. Denn solange man dieWchter von den Bau-ern und Handwerkern scharf trenne, wrden sie von diesen als eine Art Besatzungangesehen (Pol. II 5, 1264a26; vgl. Rep. III 415d-417b). Dieses Argument bercksich-tigt allerdings nicht Platons Argument, der Verzicht auf eigenes Land undWohnungen

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    mit Gold mildere die Privilegien der Herrscherklasse ab. Wenn die Wchter nur dieHerrschaft ausben und nicht zustzlich ber Reichtum verfgen, so erregen sie we-niger Neid und werden vielleicht nicht zu dem, was Aristoteles befrchtet, zu rauhenGebietern anstatt Bundesgenossen (Rep. III 417a-b).Die Kritik an Platons berma an Einheit begngt sich brigens nicht mit dem prag-

    matischen Einwand, der reale Mensch werde berfordert. Aristoteles erhebt vielmehrden grundstzlicheren Einwand, das berma zerstre das Wesen (Natur) des Staa-tes. Er pervertiere zu einer oikia, einer knstlich ins Riesige gesteigerten Familien- undHausgemeinschaft, und diese pervertiere sogar zu einem einzelnen Menschen (Pol. II2, 1261a18 20; vgl. Rep. V, 462c; im zweiten Teil des Arguments deutet sich Hob-bes Leviathan an, da er als ein ins Riesige gesteigerter knstlicher Mensch gilt:Leviathan, Einleitung). Auerdem erscheint bei der von Platon angenommenen Zahlvon eintausend Waffentrgern (Rep. IV, 423a) die kollektive Form von Gemeinsam-keit als kontraproduktiv. Wo jeder Brger tausend Shne hat ... und jeder beliebigegleichmig Sohn von jedem beliebigen ist (Pol. II 3, 1262a38 40), wird man nachdem Grundsatz was den meisten gemeinsam ist, erfhrt am wenigsten Frsorge (II 3,1261b33 f.) alle gleichmig vernachlssigen (b38 40). Nicht zuletzt werden dabeidie freundschaftlichen Beziehungen verwssert (II 4, 1262b3 f.).Ziehen wir zu Constants Einschtzung der Antike Bilanz: Weil Aristoteles die drei

    entscheidenden Dimensionen der Freiheit kennt, eine konomische, namentlich ele-mentar-konomische Freiheit, mit Vorbehalten die negative politische und die positivepolitische Freiheit, die demokratische Partizipation, darf er freilich nur in Grenzen als Vorlufer eines modernen politischen Liberalismus gelten.

    12.2 Herrschaft von Freien ber Freie

    Da eineGesellschaftHerrschaft undRegierung braucht, zieht Aristoteles nirgendwo inZweifel. Die radikale Legitimationsfrage, die nach einer polislegitimierendenGerechtig-keit: Warum darf es berhaupt eine Herrschaft vonMenschen berMenschen geben?wirft er nicht auf. Allenfalls kann man darauf hinweisen, da sich die politische Anthro-pologie von Kapitel I 2 auf eine Minimalbedingung sozialer Legitimitt, auf wechsel-seitigen Vorteil, beruft. Infolgedessen stellt die politische Organisation jedenMenschenbesser, so da sie im Verhltnis zu ihrem Fehlen gerecht ist. In ihrer Legitimation derPolis bleibt aber die Zwangsbefugnis, der Herrschaftscharakter, im Hintergrund (s. o.Kap. 2).Nicht blo Aristoteles, sondern so gut wie allen Griechen ist die radikale Legitima-

    tionsfrage fremd. Nur Herodot (Historien 3, 80 83) berichtet von einem persischenGroen, Otanes, der sich mit dem Argument fr eine vollkommene Demokratie ein-setzte, da er weder herrschen noch beherrscht werden wolle. Da die politische Phi-

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    losophie der Griechen sich mit diesem Argument nicht auseinandersetzt, knnte einenGrund in ihrem Begriff der Herrschaft als arch haben. Der Ausdruck hebt nmlich we-niger auf den Zwangscharakter der Herrschaft als auf das Moment von Ordnung undLenkung ab, weshalb man das Fehlen der arch so gut wie ausschlielich negativ wahr-nimmt.Wie schonHomer (Ilias II 703 und 726), Herodot (Historien IX 23, 2), Euripides(Hekabe V. 607; Iphigenie auf Aulis V. 914) und Platon (Rep. VIII 558c und 560e), sosieht auch Aristoteles in der an-archia, Herrschaftsfreiheit nicht wie in der Neuzeitetwa der junge Edmund Burke (A Vindication of Natural Society, 1756) eine Chance frFreiheit. Er verbindet mit ihr nur Zgellosigkeit, Unordnung, Fhrungslosigkeit undUngesetzlichkeit sowie einen Grund fr militrischen und politischenNiedergang (Pol.V 3, 1302b27 31). Herrschaftsfreiheit gilt als so wenig erstrebenswert wie ein Schiff das klassische Bild fr den Staat im Kleinen (III 4, 1276b20 ff.; vgl. schon Platon, Rep.VI, 488a ff.) , das ohne Kapitn fhrt. Die arch betrachtet Aristoteles dagegen als einFaktum von Natur aus (Pol. I 2, 1252a31 34). Nur an einer Stelle spricht er von marchesthai (VI 2, 1317b15), vom Nicht-Regiertwerden. Er fragt sich dort aber nur, obman die Demokratie wie es Otanes nach Herodot zu tun scheint in diesem Sinninterpretieren knne, und er verwirft die Interpretation.So selbstverstndlich fr Aristoteles das Bestehen von Herrschaft ist, so wenig selbst-

    verstndlich ist die nhere Art. Trgt man die verschiedenen Elemente zusammen, sofindet man fnf Kriterien. Sie haben zusammen die Bedeutung der systematisch zweitenDimension, der polisnormierenden Gerechtigkeit: Die erste Grenze ist im differenzier-tem Herrschaftsbegriff enthalten. Ihm zufolge ist es etwas grundlegend verschiedenes,ob man eine Polis lenke, als Knig herrsche, einem Haus vorstehe oder Sklaven be-fehlige (I 1, 1252a7 13; vgl. VII 3, 1325a27 30). Insbesondere herrscht der Hausherr(despots) ber Unfreie, der Polislenker dagegen ber Freie, was die Herrschaft vomBrger und Rechtssubjekt her definiert und zugleich von ihm begrenzt.2. Whrend Platon im Philosophenknigssatz fr den guten Herrscher pldiert (Rep.

    V 473c-d), setzt sich Aristoteles fr das (gute) Gesetz ein (vgl. Pol. III 16, 1287a18ff.; auch IV 4, 1292a2 u. v. a.). Ob Monarchie (IV 10), Oligarchie (IV 6, 1293a30 f.)oder Demokratie (IV 4, 1292a6 f.) die jeweils verwerf lichste Form liegt dort vor, wokein Gesetz bindet. Letztlich soll nicht der Mensch, sondern das leidenschaftslose Gesetz regieren, da der Mensch lieber sein eigenes Wohl verfolgt und dabei gern zumTyrannenwird (vgl. ENV10, 1134a35b2). Bei der Ablsung des PlatonischenModells,der personalen Herrschaft einer Fhrungselite, durch die apersonale Herrschaft mittelsgenereller Regeln folgt Aristoteles dem in Griechenland hochverehrten Dichter Pindar.Denn er nennt das Gesetz Knig der Sterblichen und Unsterblichen (nach Platon,Gorgias 484b, vgl. Briefe, VIII 3 54c).Die zweite Begrenzung gerechter Herrschaft besteht in dieser Rule of Law (Pol.

    III 11, 1282b2 f.; vgl. IV 4, 1292b32 34). Durch allgemeine und fr die Betreffen-den gleich anzuwendende Bestimmungen wird jene Rechtsgleichheit geschaffen, die

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    der Gefahr, zum Tyrannen zu werden, entgegenwirkt. Ferner sind Gesetze nicht blovon allen Leidenschaften frei (III 15, 1286a17 21), sie gehen auch aus langwhrendenErwgungen hervor (Rhet. I 1, 1354b2), sind daher in der Regel erfahrungsreich undwohlerwogen. Ihre Rechtsgleichheit beschrnkt sich allerdings auf eine erste Stufe, dieunparteiische Regelanwendung. Die in den modernen Verfassungen enthaltene Rechts-gleichheit zweiter Stufe da jemand wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung,seiner Rasse, seines Glaubens nicht benachteiligt werden darf fehlt bei den Griechen.AuchAristoteles nimmt an der ungleichenRechtsstellung von Frauen, Sklaven undMet-ken keinen Ansto.3. Mit der Unterscheidung von drei ffentlichen Gewalten (Pol. IV 14 16; vgl. VI

    2, 1317b25 ff.) drfte Aristoteles den Gedanken der Gewaltenteilung vorwegnehmenund zugleich eine weitere Herrschaftsbegrenzung einfhren (IV 14, 1292b37 ff.): Dieberatende Instanz (in VI 2 die Vollversammlung: ekklsia) entspricht in etwa der Le-gislative; denn sie entscheidet ber Krieg und Frieden, ber Bndnisse und Vertrge,ber Gesetze, die Wahl und Rechenschaft der Beamten (EN VI 8, 1141b32 f. fhrt dieGesetzgebung eigens und im Unterschied zur Beratung an). Der Exekutive entspre-chen die Beamten; dabei mu man den Ausdruck in Anfhrungszeichen setzen, daes zwar teils gewhlte, teils erloste Amtsinhaber, aber keine professionell ausgebildetenBeamten gibt. Die dritte Gewalt liegt bei der Rechtsprechung, fr die es ebenfalls keineprofessionell Ausgebildeten, keine juristischen Richter, sondern blo Laien Richter,Schffen, gibt. De facto bestehen in Griechenland noch eine zweite und eine dritte Artvon Gewaltenteilung, auf die Aristoteles aber nicht eingeht. Einerseits teilen innerhalbvon Hellas die verschiedenen Stadtstaaten die Macht; andererseits teilt die Gesamtheitder Stadtstaaten dieMachtmitDelphi, dem geistlichen Zentrum, das zugleich gewissepolitische Befugnisse besitzt.4. In seiner wirkungsmchtigen Lehre der Verfassungen bzw. Staatsformen, ihrer

    Klassifizierung in zweimal drei Formen, setzt Aristoteles die am Gemeinwohl (to koinsympheron) orientierten Verfassungen von den amHerrscherwohl (to tn archontn) orien-tierten ab und nennt die ersten schlechthin gerecht, die anderen hingegen verfehlt (III6, 1279a17 20). Je nach Zahl der Herrschenden einer, einige oder aber viele bzw. alle gibt es je drei legitime und illegitime (entartete) Verfassungen. Schon Pindar unter-scheidet in der zweiten pythischen Ode, Vers 160, drei Staatsformen: die Tyrannis, hierim neutralen Sinn als Monarchie: Einzelherrschaft, die Herrschaft der ungestmenMenge, sprich: Demokratie, und die Herrschaft der Weisen, sprich: Aristokratie; da-gegen fehlt die von Aristoteles eingefhrte normative Unterscheidung nach Eigen- undGemeinwohl (vgl. schon Plat. Politic. 291d f.).Nach Aristoteles sind legitim: das Knigtum, aber nicht die Tyrannis (IV 10 und V 10

    f.), die Aristokratie, aber nicht dieOligarchie (da es sich vornehmlich um eineHerrschaftvon Reichen handelt, heit letztere besser Plutokratie; IV 5 7 und VI 6 f.), schlielichdie Politie (IV 8 f.), aber nicht die Demokratie. Denn zumindest in Aristoteles Begriff

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    extremer Demokratie fehlt die Bindung an die Gesetze (IV 4, 1291a5 ff.), womit er sichvon Thukydides berhmten Grabrede des Perikles (Peloponnesischer Krieg II 37,1), auchvon Euripides Hiketiden (Vers 399 ff.) unterscheidet.Auerdem qualifiziert er ein so wichtiges Element moderner Demokratie wie die

    Bestellung einer starken Regierung durch freie Wahl als oligarchisch oder aristo-kratisch, als demokratisch hingegen die Auswahl durch das Los (IV 9, 1294b8 f.). Undsoziokonomisch versteht Aristoteles unter der Demokratie eineHerrschaft der Armen.Freilich gilt sie unter den schlechten Verfassungen als die noch ertrglichste (IV 2,1289b2 5; zur Unterscheidung verschiedener Arten von Demokratie s. IV 4, 6 und VI1 5)Die Tyrannis ist brigens nicht mit den neuzeitlichen Gestalten vom Absolutismus

    oder Diktatur zu vergleichen, von den totalitren Herrschaften des 20. Jahrhunderts zuschweigen. Ein griechischer Tyrann verfgt nicht annhernd ber die Kontroll- undUnterdrckungsmglichkeiten moderner Staatsapparate. Aus einer der fhrenden Fa-milien stammend, pf legt er wie etwa Peisistratos und seine Shne sich zunchst einebewaffnete Gefolgschaft zu sammeln und spter, sobald die Herrschaft gefestigt ist,sie durch ffentliche Bauten, etwa Tempel, Brunnenanlagen und Befestigungen, alsodurchaus durch Beitrge zum Gemeinwohl, zu legitimieren, wozu auch die Frderungvon Dichtern, bildenden Knstlern und kultischen Festen gehrt. Ein Tyrann, der sichin dieser Weise entwickelt, folgt einem Ratschlag, der nur auf den ersten Blick machia-vellistisch klingt: Um ein erfolgreicher zu sein, darf man nicht im besonders hohen,sondern nur in einem abgeschwchten Sinn Tyrann sein. Ein Tyrann, der mglichstlange herrschen will, gibt die reine, nur am Herrscherwohl orientierte, Tyrannis aufund wird zu einem halbwegs guten, nmlich auch dem Gemeinwohl verpf lichtetenHerrscher (V 11, 1314a31 1315b10; Aristoteles Empfehlungen zu einer Radikalisie-rung der Tyrannis nhern sich allerdings dem modernen Absolutismus, vielleicht sogarTotalitarismus an: V 11, 1313a34 1314a29).Einemoralisch-politische Bewertung griechischer Tyrannis darf nicht bersehen, da

    es auch einen neutralen Begriff gibt: den Tyrannen als einen Alleinherrscher (Mon-arch), der nicht durch Erbfolge an die Macht gekommen ist. In diesem Sinn verstehtPindar den Begriff und trgt Sophokles Tragdie den Titel Oidipous tyrannos (di-pus, der Tyrann), obwohl dipus seine Herrschaft gemeinwohlorientiert und bei hoherZustimmung der Untertanen ausbt. Auch bei Aristoteles entsprechen zwei von dreiTyrannisarten (IV 10) dem neutralen Begriff: Sowohl im Falle der unumschrnkten Al-leinherrschaft bei gewissen Barbaren als auch der sogenannten Aisymnetenherrschaft imarchaischen Griechenland (vgl. III 14 f.) beruht die Herrschaft auf gesetzlicher Grund-lage und richtet sich, weil vomVolk gewhlt, auf freiwilligGehorchende (IV 10, 1295a15f.; da trotzdem nachGutdnken regiert werde, a17, erscheint als ein inkonsistenter Zu-satz). Erst die dritte und eigentliche Tyrannis erfllt das Kriterium der Verwerf lichkeit:(1) Ohne einer Rechenschaft zu unterliegen, regiert der Alleinherrscher (2) ber alle,

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    die seinesgleichen und noch besser als er sind; weiterhin geschieht es vor allem (3) zumeigenen Vorteil und nicht zu dem der Untertanen; und (4) keiner von ihnen gehorchtfreiwillig (a19 22).Obwohl das Gemeinwohl legitime von illegitimen Verfassungen unterscheidet, bleibt

    der Begriff eigentmlich bla. Eine unmittelbare Erluterung fehlt; aus dem Bild, dasAristoteles von der idealen Polis zeichnet, lassen sich aber einige Elemente gewinnen.Ein erstes Element bildet die Landesverteidigung. Ob es um die geographische Lageder Polis (VII 5, 1326b39 1327a7), einschlielich der Verbindung zum Meer (VII 6,1327a18 25), ob es um die Landeserweiterung (VII 10, 1330a16 23) oder um die An-lage der Straen (VII 11, 1330b17 31) geht Aristoteles legt stets auf militrischeSicherheit wert. Ein zweites Element sind Handelsbeziehungen (VII 5, 1327a7 10)oder allgemeine Fragen der Wirtschaftspolitik. Wichtig ist drittens die Aufteilung desAckerlandes, fr die Aristoteles zwei Mal zwei Teile vorschlgt, ohne deren Gleichheitzu fordern (VII 10, 1330a9 23). Aristoteles Mischsystem aus Gemein- und Privat-eigentum richtet sich gegen beide Extreme, gegen eine vollstndige Verstaatlichung(Sozialisierung) von Grund und Boden und gegen einen blo privaten Grundbesitz:(1) Der Gemeinbesitz, das Staatsland, soll durch seinen Ertrag die beiden ffentlicheAufgaben finanzieren: (1.1) die Kosten der Kulthandlungen und (1.2) die Kosten fr ge-meinsame Mahlzeiten, wobei Aristoteles dem Vorbild von Kreta und nicht von Spartafolgt (II 10, 1272a12 ff.). (2) Beim Privatbesitz erhlt jeder Brger, sowohl aus Grn-den der Gerechtigkeit als auch umEinmtigkeit gegen feindlicheNachbarn zu erzielen,zwei Parzellen: (2.1) eine zur Landesgrenze hin und (2.2) eine im Landesinneren, naheder Stadt gelegen.In der zweiten Aufgabe des Gemeineigentums finden sich Anstze von Sozial-

    staatlichkeit; die gemeinsamen Mahlzeiten sichern nmlich fr jeden Brger einenhinreichenden Lebensunterhalt. Und in der Verteilung des Privateigentums zeigt sichVerteilungsgerechtigkeit. Andererseits darf man die Reichweite der Sozialstaatlichkeitnicht wie bei Nussbaum (1990) zu hoch veranschlagen. Denn Aristoteles wendet sichgegen demokratische Institutionen wie Sitzungsgelder (VI 5, 1320a17 ff.), obwohlsie doch den rmeren die Teilnahme an der Volksversammlung ermglichen. Auch einanderes Element lt sich allenfalls auf den ersten Blick sozialstaatlich interpretieren:da Aristoteles im Rahmen seiner Platonkritik (II 1 5) fr eine Mischform desEigentums pldiert, nach der der Besitz (ktsis) privat bleibe, whrend die Nutzung(chrsis) gemeinsam erfolge (II 5). Die gemeinsame Nutzung htte nmlich nur danneine sozialstaatliche Bedeutung, wenn sie staatlich vermittelt wrde. Aristoteles votiertjedoch nicht fr die staatliche, sowohl anonyme als auch zwangsbefugte Form eineskollektiven Gebrauchs, sondern fr die persnliche und freiwillige Form einer durchFreigebigkeit ausgezeichneten Freundschaft (II 5, 1263a29 ff., trotz VII 10, 1329b39ff.). Die rmeren haben hier keinen sozialstaatlichen Anspruch auf Nutzung fremdenBesitzes. Der Gtermangel anderer gibt vielmehr die Gelegenheit zur Freigebigkeit,

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    womit nicht den Armen ein subjektives Recht zusteht, sondern die Reichen zur TugendderWohlttigkeit angehalten werden. Im brigen geht es im Rahmen der Freundschaftweniger um die einseitige Hilfe an den rmeren als um die wechselseitige Hilfe der imPrinzip schon Begterten.Gegen eine deutlich sozialstaatliche Interpretation der Politik spricht auch der aristo-

    kratische Charakter der idealen Polis. So wird der Boden zwar auf alle Brger verteilt,aber von Sklaven bewirtschaftet (VII 10, 1330a25 30). Und aus der Brgerschaft sindnicht blo die Sklaven und Metken, sondern auch die Handwerker, Kauf leute undgewhnlichen Bauern ausgeschlossen. brig bleibt eine kleine Gruppe, die nach heu-tigem Verstndnis eine bestimmte Art von Aristokraten sind: Nichterwerbsttige, diesich in der Jugend demWaffendienst, imMannesalter der Staatsverwaltung und Rechts-pf lege und im Alter den priesterlichen Aufgaben widmen (VII 9). Selbst dort, wo sichAristoteles fr Armutsbekmpfung einsetzt, geschieht es nicht im Namen der sozialenGerechtigkeit, sondern der politischen Stabilitt: Armut birgt politischen Konf liktstoff,und ab einem bestimmten Ausma wird sie fr das Gemeinwesen gefhrlich (VI 5).Verbindet man Aristoteles zwei vorrangige Bestimmungen, die Abgrenzung gegen

    die Despotie und die Verpf lichtung aufs Gemeinwohl, so schliet die legitime Herr-schaft sowohl politische Unterdrckung (Regierung ber Unfreie) als auch Ausbeu-tung (Herrschaft zum Eigenwohl des Herrschenden) aus. Es geschieht freilich nur imRahmen der eigentlichen Brgerschaft; die Gleichberechtigung aller Menschen bleibtnachdrcklich ausgeschlossen.5. Bei den gemeinwohlorientierten Staatsformen schlielich zieht Aristoteles die

    Herrschaft der Vielen, die Politie, den Verfassungen vor, in denen einer, der Knig,oder einige wenige, die Aristokraten, regieren. Merkwrdigerweise gilt aber in ENVIII 12, 1160a32 36 die Politie bzw. Timokratie als schlechter denn Monarchie undAristokratie. Das lt sich aber insofern mit der Politik vereinbaren, als Aristoteleshier vor allem aus pragmatischen Grnden fr die Politie pldiert (IV 8, 1294a15f.). Die Politie ist die politische Verfassung tout court, die politische Polis oderder Brgerstaat, in dem sich die Brgerschaft durch die politische Partizipation imemphatischen Sinn, durch die Beteiligung an der allen ffentlichen Gewalten: derGesetzgebung der Regierung und der Gerichtsbarkeit, definiert.Vermittelt ber die lateinische bersetzung res publica, Republik, ist die Politie in al-

    len europischen Sprachen als Ideal eingegangen. (Die komplizierte Begriffsgeschichtebraucht hier nicht erinnert zu werden: da res publica zunchst den an der Gemeinsam-keit von Recht und Nutzen orientierten Staatsverband meint: Cicero, De re publica I2 5,3 9, unabhngig davon, ob er monarchisch oder demokratisch verfat ist und daer, von einigen Tacitus-Stellen abgesehen, erst ab dem spten Mittelalter jenes kom-munale Brgerregiment bezeichnet, das in etwa dem altrmischen Freistaat entspricht;vgl. Mager 1984 und 1992) Heute bezeichnen Republik und die deutsche berset-

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    zung Freistaat einen Staat, in dem der Knig und der Adel jedes Herrschaftsprivilegverloren haben.Zum griechischen Vorbild gehren zwei weitere Elemente: die auch in Ciceros Re-

    publik-Begriff gegenwrtige Verpf lichtung der Herrschaft aufs Gemeinwohl und einhohes Ma an direkter Demokratie. Die Brger im vollen Sinn haben an allen f-fentlichen Gewalten Anteil (III 5, 1278a36) und regieren sich abwechselnd selbst (I1, 1252a15 f.; III 4, 1277a25 f.). Dabei wird ein Groteil der mter nach dem Losvergeben, dem allerdings eine Vorauswahl voranzugehen pf legt. (Vgl. Staat der Athe-ner Kap. 42 69, wo die Flle der mter und amtsartigen Funktionen bis ins Kleinste,samt Bestellungsweisen, Amtsfristen undVergtungen, aufgefhrt wird; dazuChambers1990. Zur Herausbildung der griechischen Demokratie s. auch Eucken 1999.) Auf dieseWeise wird jene Verfestigung derMacht verhindert, die in denmodernenDemokratien,wegen ihres Reprsentationssystems und der Professionalisierung der Reprsentantenvorherrscht, aber auch wegen der berwltigenden Macht der Parteien.Deshalb diese zweite Zwischenbilanz: Nach Aristoteles gehrt zur rundum legitimen

    Herrschaft eine Gegenseitigkeit und Symmetrie, die dem Verhltnis von Geschwisternentspricht, die in Abwesenheit eines Vaters, gewissermaen alsWaise, sich abwechselndregieren. In der Polis, zu der der Mensch von Natur aus bestimmt ist, sind die BrgerEbenbrtige, Peers: einander gleichgestellt wie die Lords im Englischen Oberhaus, dieConfrres in der Franzsischen Akademie und die Ordinarien in der klassischen Uni-versitt.

    12.3 Brgerstaat oder Demokratie?

    Der moderne Staat ruht legitimatorisch auf zwei Pfeilern, auf dem verfassungs-theoretischen Begriff der Demokratie (Alle Gewalt geht vom Volk aus) und aufdem menschenrechtlichen Begriff der Gleichheit. Da Aristoteles an verschiedenenStellen Vorbehalte gegen die Demokratie uert (III 7, 1279b4 ff.; V 1, 1301a28 ff.)und da er den menschenrechtlichen Begriff der Gleichheit nicht kennt, knnte seinpolitisches Ideal doch als entschieden vormodern erscheinen. In seiner Kritik derDemokratie spricht er sich aber nicht fr jene Verfassung aus, die durch die neuzeitlicheDemokratie abgelst wird: die Monarchie. In seinen Demokratieanalysen erscheinteine Verfassung als ideal, die zwar nach Aristoteles Begriffen von Demokratie undOligarchie eine Mischform darstellt (IV 8 und 11), nach heutigen Begriffen sich abereiner rechtsstaatlichen und reprsentativen Demokratie annhert. Denn die Herrschaftdes Gesetzes, einschlielich der Rechenschaftspf licht der Regierenden (VI 4, 1318b37f.), also: die Rechtsstaatlichkeit, verbindet sich mit dem demokratischen Element,da alle freien Brger an der Herrschaft partizipieren, und darber hinaus mit dem

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    Element reprsentativer Demokratie, da nicht alle mter durch Los, sondern gewissedurch Fachkompetenz und Wahl bestimmt werden.Aristoteles Errterung ber die Demokratie ergnzt die verfassungstheoretische

    Frage, wer der Souvern (kyrios) sei, mit der soziokonomischen Frage nach der dieSouvernitt innehabenden Bevlkerungsgruppe. In der zur Demokratie wichtigstenAlternative, der Oligarchie, sind die Reichen souvern, in der Aristotelischen Demo-kratie nicht etwa das gesamte Volk, sondern die Gruppe der Armen (IV 4, 1290b1f.), worunter freilich nicht Sozialhilfeempfnger oder gar Bettler zu verstehen sind,sondern Bauern, Lohnarbeiter und Handwerker, selbst rzte und Kauf leute.Je nach dem Kreis der zur Herrschaft zugelassenen, regimentsfhigen Brger und

    der Reichweite ihrer Herrschaftskompetenz unterscheidet Aristoteles im vierten Buch(Kap. 4) mindestens vier Formen von Demokratie, was auf einen komparativen Begriffvon Demokratie hinausluft. Es handelt sich hier eher um eine theoretische Konstruk-tion, als wie man gelegentlich annimmt um Stufen der realen Entwicklung Athens(vgl. Staat der Athener Kap. 29 33): Die erste und schwchste Form von Demokratierichtet sich nach einer Steuereinschtzung (Zensus). In der zweiten, strkeren Formzhlt die einwandfreie Abkunft; beide Eltern mssen Brger sein. In der dritten, nochstrker demokratischen Form wird das Abstammungskriterium gelockert, und alle Br-ger sind regimentsfhig. Aber erst dort, wo sie tatschlich Zugang zu den mtern habenund darber hinaus die Bindung an das Gesetz aufgehoben wird, erreicht die Demokra-tie ihre nach Aristoteles radikale oder vollendete Form. In ihr sind nicht blo alle Brgerregimentsfhig, sondern die Brgerschaft macht sich, von Volksfhrern (dmaggoi) an-gestachelt, von allen gesetzlichen Vorgaben frei und erlaubt sich, indem es ber allesentscheidet, sogar eklatante Rechtsbrche. Weil es dabei nicht aufs Gemeinwohl, son-dern nur das eigene Wohl zu achten pf legt, herrscht es ber die Besseren despotisch:Die radikale Demokratie wird zu einer Tyrannis der Mehrheit (IV 4, 1292a15 ff.; vgl.IV 14, 1298a31 33 u. .).Die zweite Darstellung der vier Demokratieformen (IV 6) nennt einen soziokono-

    mischen Grund fr die Anerkennung oder aber Nichtanerkennung der Gesetze: Wodie Demokratie von der Bauernschaft getragen wird, fehlt dem Souvern die Mue(schol) fr permanente Politik, und er lt die Gesetze herrschen. Gehren dagegendie Kauf leute, Handwerker und Lohnarbeiter zum Souvern (vgl. IV 12, 1296b29 f.)und haben sie auch dank entsprechender Sitzungsgelder die erforderliche Mue fr Po-litik, so setzt man sich ber das Gesetz hinweg und bernimmt die gesamte Herrschaft(IV 6, 1292b41 1293a10).Der radikalen Demokratie wirft Aristoteles eine sowohl fachliche als auch moralische

    Inkompetenz vor (III 11, 1281b25 ff.). Blickt man auf den Peloponnesischen Krieg, dervon den Reichen sie sollten die Flotte bezahlen abgelehnt, von derMehrheit, den Ar-men, hingegen vehement untersttzt wurde, so hat er vielleicht Recht. Denn der Kriegendet mit der Niederlage von Athen und dem Untergang von vielem, was die Nach-

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    welt an der griechischen Kultur schtzt. Auf der anderen Seite relativiert Aristotelesden Vorwurf der Inkompetenz, wenn er die Mehrheit fr kompetenter als eine kleineElite hlt (III 11, 1281a39 ff.). Die Begrndung ist zwar nicht unproblematisch, da sichdie Tugend und die Klugheit vieler Menschen addieren lasse, so da eine sowohl cha-rakterliche als auch intellektuelle berlegene Kollektivkompetenz herauskomme. DerGehalt des Arguments ist aber offensichtlich prodemokratisch.Aristoteles Brgerstaat mischt bewut demokratische und oligarchische Elemente

    miteinander. Nicht etwa deduktiv gewonnen, bringt das Ideal die in Athen seit Solons(594), spter Kleisthenes (508/7), mit Ephialtes Reformen (462 61) sich abzeichnendeRealitt auf den Begriff; sie nimmt allerdings gegen Tendenzen extremer Demokra-tie auch Elemente von Sparta auf. Erneut verbindet Aristoteles verfassungstheoretischeGesichtspunkte mit denen einer politischen Soziologie: Zum Zweck eines politischenund zugleich sozialen Ausgleichs zwischen der (reichen) Fhrungselite und der (nicht soreichen) Menge, spricht er sich fr die Frderung eines breiten Mittelstandes aus. Beieinem mittleren Besitz gehorche man nmlich am ehesten der Vernunft, ferner stelltensich leichter Freundschaften ein, auerdem drohten am wenigsten Aufruhr und Streit,nicht zuletzt seien die besten Gesetzgeber: Solon, Lykurg und Charondas, aus demMit-telstand hervorgegangen (Pol. IV 11).Daraus ergibt sich eine dritte Zwischenbilanz: Die der modernen Demokratie

    zugrundeliegende radikale Legitimationsfrage stellt sich Aristoteles zwar nicht. Teilsausdrcklich, teils stillschweigend verwirft er aber die zur heutigen Demokratiealternativen Legitimationsformen: da alle Gewalt von Gott oder von einer ber-legenen Macht oder von entsprechender Geburt ausgeht. Und da berdies seineMischverfassung auf das Gemeinwohl verpf lichtet ist und die wichtigen Entschei-dungen von der Volksversammlung (ekklsia) treffen lt, kann sie sowohl von ihrerLegitimationsgrundlage als auch von wichtigen Institutionen aus als im heutigenSinn weitgehend demokratisch gelten. Im brigen rumt Aristoteles selber ein, dadas, was wir heute Politie nennen, frher Demokratie hie (Pol. IV 13, 1297b24f.). Auch wenn dem griechischen Brgerstaat Institutionen wie die Grund- undMenschenrechte, die Presse und ein Verfassungsgericht fehlen und es Parteien nur inAnstzen, als Hetrien, Vereinigungen von Freunden, gibt, lt sich kaum leugnen,da das republikanische Denken, insofern die Politie der Republik entspricht, seinenUrsprung weder in der amerikanischen noch in der franzsischen Revolution, auchnicht erst im republikanischen Rom, sondern schon in Athen nimmt. Und hier ist derwichtigste Theoretiker Aristoteles.

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    12.4 Liberalismus oder Kommunitarismus

    Gegen den Liberalismus hat sich in der politischen Philosophie ein neuer Gegnerprofiliert. Es ist der keineswegs homogene, sondern im Gegenteil vielschichtigeKommunitarismus, der sich in seiner Kritik an Liberalismus, auch an Aufklrung undUniversalismus, gern auf Aristoteles beruft.Zu einem sachgerechten politischen Liberalismus gehren mindestens sechs

    aufeinander aufbauende Elemente: (1) Das Zusammenleben der Menschen wirdzwangsbefugten Regeln unterworfen, deren Inbegriff das Recht, die (Teil-) Gram-matik der Gesellschaft darstellt. (2) Das Recht wird nicht irgendwelchen, sondernallseits anerkennungswrdigen Regeln unterworfen. (3) In der Neuzeit werden sieals universale Prinzipien, als Menschenrechte, ausgewiesen und im Fortgang derModerne um Sozialstaatlichkeit erweitert. (4) Sowohl die nhere Bestimmung des(universalistischen) Rechts als auch seine Durchsetzung, nicht zuletzt die autoritativeEntscheidung ber Streitflle erfolgen nicht durch private Meinungen und privateMacht, sondern durch ffentliche Gewalten. (5) Deren Legitimation erfolgt letztlichaus der Zustimmung aller Betroffenen; alle Gewalt geht vom Volk aus. (6) Schonwegen der unterschiedlichen Aufgaben, aber auch um einem Machtmibrauchentgegenzuwirken, werden die ffentlichen Gewalten geteilt und einer wechselseitigenKontrolle unterworfen.Mit Ausnahme des dritten Elements finden sich schon bei Aristoteles all diese Ele-

    mente eines politischenLiberalismus.Die entsprechendenKommunitaristen behauptenin ihrer Berufung auf Aristoteles zwar, schon er sei gegen universale Gerechtigkeits-prinzipien skeptisch gewesen und habe statt dessen fr die partikularen Lebensformenkleiner Gemeinschaften pldiert. In Wahrheit relativiert Aristoteles aber die Traditio-nen der eigenen Gesellschaft, wei er doch um die Verschiedenartigkeit des Gutenund Gerechten; und statt sich blo auf das Herkommen, den Nomos, zu berufen, setzter sich fr vor- und berpositive Instanzen ein, die er physei dikaion, von Natur ausgerecht, nennt (EN V 10, 1134b18 ff.). Nirgendwo verteidigt er Gewohnheiten undTraditionen, die nicht vorab an streng universalen Verbindlichkeiten gemessen sind,letztlich am Glck, definiert als schlechthin hchstes Ziel und als ein Leben nicht ohneVernunft.Auch wenn man Tugenden wie Kommunitaristen zu Recht sagen nicht in ei-

    ner vagen Weltgesellschaft, sondern nur innerhalb der eigenen Gemeinschaft lernt,folgt daraus nicht, man lebe sich dabei lediglich in die Besonderheiten der eigenen Ge-meinschaft ein. Die entsprechenden Kommunitaristen (z. B. MacIntyre 1988, 122 f.)verwechseln hier den gemeinschaftsgebundenen, insofern partikularen Erwerb der Tu-genden mit ihrem universalen Begriff samt der ebenso universalen Rechtfertigung. Daman Tugenden durch Einben, mithin innerhalb der eigenen Gemeinschaft erwirbtund dabei durchaus gemeinschaftsabhngige Besonderheiten bernimmt, braucht eine

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    universalistische Ethik nicht in Zweifel zu ziehen. ber den gemeinschaftsabhngigenEinfrbungen bersieht sie aber nicht den allgemeingltigen Kern. Nach Aristoteleslernt man in erster Linie, auf allgemeingltige, nmlich mit der conditio humana ge-gebene Herausforderungen allgemeingltig zu antworten: Auf Gefahren reagiere manweder feige noch tollkhn, vielmehr tapfer; mit Geld geheman weder verschwenderischnoch knauserig, sondern freigebig um; und in bezug auf Schmerz und Lust zeichne mansich durch Besonnenheit aus.In gewisser Weise erkennt Aristoteles sogar universale Gerechtigkeitsprinzipien

    an. Er stellt zwar keinen Katalog von Grund- und Menschenrechten auf, rechtfertigtselbst die Sklaverei und hlt Frauen und Barbaren weder fr gleichwertig noch frgleichberechtigt. Er fhrt aber Rechtsverbote an, die wie die Verbote von Diebstahl,Mihandlung, Raub, Totschlag und Beleidigung (EN V 5, 1131a6 ff.) sich indirektfr die entsprechenden Grundrechte einsetzen. Und in den meisten der behandeltenVerfassungen verstehen sich zumindest gewisse politische Mitwirkungsrechte fastvon selbst. Auch das Gute einer Gemeinschaft hat nicht den von Kommunitaristenvermuteten antiuniversalistischen Einschlag. Aristoteles geht es um die Gemeinsamkeitvon Gut und Schlecht, Recht und Unrecht sowie um das zwar vage, aber der Intentionnach universalistische Kriterium des Gemeinwohls.Wenn andereKommunitaristen fr einmglichst staatsfreies Zusammenleben pldie-

    ren und sich dann erneut auf Aristoteles berufen, namentlich auf seine Wertschtzungder Freundschaft (M. Taylor 1982), so bersehen sie, da Aristoteles die Polis zwar aufVerschwgerungen und Geschlechtsverbnde und Opfergenossenschaften und For-men des geselligen Lebens angewiesen sieht und sie alle fr das Werk der Freund-schaft hlt, denn Freundschaft sei nichts anderes als die Entscheidung, miteinander zuleben (III 9, 1280b31 ff.). Er betont also den Wert von Zugehrigkeiten und persnli-chen Beziehungen, indirekt auch von gemeinsamen berlieferungen, von Traditionen.Zugleich wei er aber, da sie weder die Rechtsordnung noch politische mter bzw.ffentliche Gewalten ersetzen. Gegen Herrschaftsfreiheit pf legt er eine tiefe Skepsis;statt dessen hlt er eine Rechts- und Staatsordnung fr erforderlich.Es ist zwar richtig, da Aristoteles denWert der Gerechtigkeit zugunsten der Freund-

    schaft (EN VII 1, 1155a22 28) relativiert. Diese Priorittsthese Freundschaft vorGerechtigkeit bedeutet fr ihn aber nicht, im Konf liktfall erlaube die Freundschaft,Rechts- oder Gerechtigkeitsgebote zu verletzen. Fr Aristoteles stiftet die FreundschaftEintracht und vertreibt die Zwietracht, die eine Feindschaft ist (ENVIII 1, 1155a24 26). In diesem Sinn relativiert die Freundschaft die Gerechtigkeit grundlegend undzugleich umfassend. Sie korrigiert nicht etwa die Gerechtigkeit, wie es die Billigkeitunternimmt (ENV14), sondern berwindet schon deren Anwendungsbedingung: Kon-f likt und Konkurrenz. Solange es Konf likte gibt, bleibt aber die Gerechtigkeit gefragtund als gelegentliches Korrektiv zustzlich die Billigkeit. Noch besser, als Konf likte ge-recht und billig zu lsen, ist aber, was bei freundschaftlichen Beziehungen die Regel ist:

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    da die Konf likte erst gar nicht aufkommen. Man knnte noch weitergehen und einZusammenleben ganz ohne Konf likte als mglich behaupten wollen. Aristoteles stelltdiese Behauptung aber nicht auf, widmet im Gegenteil der fr Konf likte zustndigenTugend, der Gerechtigkeit, einen groen Raum.Der Kommunitarismus setzt sich unter Berufung auf Aristoteles noch fr eine zweite

    Prioritt ein, die des Guten (im Sinne des glcklich-gelungenen Lebens) vor dem Ge-rechten. Auch hier wird er Aristoteles aber nicht gerecht, da es ihm auf eine andereAlternative ankommt, und sich bei ihr die eine Seite, das gute Leben (eu zn) im Un-terschied zum bloen Leben (zn), durch die Gemeinsamkeit von Recht und Unrechtauszeichnet (Pol. I 2, 1253a17 f.). Aristoteles vertritt hier keine Alternative zum Libera-lismus, sondern bekrftigt ihn, da er statt einer Prioritt des Guten vor dem Gerechtenihre Identitt behauptet: Das Gute einer Gemeinschaft bzw. Gesellschaft liegt in derAnerkennung gemeinsamer Prinzipien von Recht undUnrecht. Aristoteles vertritt zwarkeine vollstndige Identitt. Indem er nur die genannte Gemeinsamkeit hervorhebt, er-klrt er sie aber fr wesentlich, stellt etwaige weitere Elemente des Guten ins zweiteGlied und setzt sich fr die genaue Umkehrung der heute diskutierten Prioritt ein:Soweit das Gute nicht mit dem Gerechten zusammenfllt, gebhrt dem Gerechten derVorrang vor dem Guten.Der hier durch sechs Elemente definierte politische Liberalismus kennt zwar not-

    wendige Bedingungen einer legitimen Vergesellschaftung; erhebt aber keinen Anspruchauf Vollendungsbedingungen. Insbesondere behauptet er weder, die Gesellschaft werdeausschlielich durch das Recht organisiert, noch das Recht bestehe lediglich aus univer-salistischen Elementen. Vom universalistischen Recht erwartet er zwar einen Beitragzur Identitt von Gruppen und von Individuen. Die Aufgabe, jene runde und volleIdentitt zu stiften, die ein anspruchsvoller Begriff des guten Lebens meint, berlt eraber anderen Krften. Trotzdem wei er sich darin mit Aristoteles einig, da das Ge-meinwesen mehr als lediglich ein instrumentaler Verband: eine bloe Assoziation vonIndividuen und Gruppen, ist, die primr ihre eigenen Ziele verfolgen. Das Gemeinwe-sen baut sich vielmehr auf schon existierende Gemeinsamkeiten (der Sprache oder abereiner wohldefinierten Mehrsprachigkeit, der Kultur, des Rechts, der Geschichte, man-cherorts auch der Religion) auf. Und im Zuge der Organisation gemeinsamer Zweckebilden sich die Gemeinsamkeiten noch fort; auch in Rechts- und Staatswesen gibt es einausgeprgtes Wir-Gefhl.Aus diesem Grund folgt eine vierte Zwischenbilanz: Wer Aristoteles selbst liest, fin-

    det keinen Ahnherrn eines Kommunitarismus, der sich als Alternative zumLiberalismusund Universalismus versteht. Stattdessen stt er auf Grundzge jener Art von politi-scher Philosophie und Sozialphilosophie, die auch heute berzeugen drfte, auf einenliberalen Universalismus, der seine universalistischen Prinzipien mit der Einsicht in dasRecht, sogar die Notwendigkeit partikularer Zugehrigkeiten verbindet.

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    Literatur

    Chambers, M. 1990: Aristoteles. Der Staat der Athener, Akademie: BerlinEucken, Chr. 1999: Zur Entstehung des Verfassungsdenkens in der Antike, in: Traditionen der Republik

    Wege zur Demokratie, hrsg. von P. Blickle, Bern u. a., 11 40Hegel, G. W. F. 1971: Vorlesungen ber die Geschichte der Philosophie, in: Werke in zwanzig Bnden, hrsg.

    von E. Moldenhauer und K. M. Michel, Frankfurt/M. 1971, Bd. 19 Kenny, A. 1992: Aristotle on theperfect life, Oxford

    Kraut, R. 1989: Aristotle on the human good, PrincetonLuhmann, N. 1980: Gesellschaftsstruktur und Semantik. Studien zur Wissenssoziologie der modernen

    Gesellschaft, Bd. 1, Frankfurt/M.MacIntyre, A. 1988: Whose justice? Whose rationality?, LondonMager, W. 1984: Art. Republik, in: Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch-sozialen

    Sprache in Deutschland, hrsg. von D. Brunner, W. Conze und R. Kosellek, Stuttgart, Bd. 5, 549 691Mager, W. 1992: Art. Republik, in: Hist. Wrterbuch der Philosophie, hrsg. von J. Ritter, K. Grnder, Basel,

    Bd. 8, 858 878Nussbaum, M. 1990: Aristotelian social democracy, in: R. B. Douglas/G. Mara/H. S. Richardson (Hrsg.):

    Liberalism and the good, LondonTaylor, M. 1982: Community, anarchy, and liberty, Cambridge u. a.

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